Wilm Ollenpricks Insel - Walther Kabel - E-Book

Wilm Ollenpricks Insel E-Book

Walther Kabel

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Beschreibung

»Sie haben doch sicherlich in Ihrem Leben mancherlei Sonderbares kennen gelernt, Ollenprick … Erzählen Sie uns als Dank dafür, daß Ihre Sonnenuhr jetzt nicht mehr mit Stearin beträufelt wird, und daß niemand mehr mit einer Luftbüchse nach Ihnen schießt, das seltsamste Erlebnis aus Ihrem fünfzigjährigen Seemannsdasein … Es muß aber auch wirklich etwas Seltsames und … etwas Wahres sein, Freund Käpten … Kein Schiffslatein, keine Seemünchausiade!«
Ollenprick kniff die Augen etwas zu und qualmte mächtige Wolken aus seiner Piep …

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Der Detektiv

Kriminalerzählungen

von

Walther Kabel.

 

 

 

Band 179

Wilm Ollenpricks Insel

1926

 

 

© 2023 Librorium Editions

ISBN : 9782383837893

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

Wilm Ollenpricks Insel

1. Kapitel.

2. Kapitel.

3. Kapitel.

4. Kapitel.

5. Kapitel.

Die Rache zweier Wildlinge.

1. Kapitel.

2. Kapitel.

3. Kapitel.

4. Kapitel.

5. Kapitel.

 

 

 

 

 

 

1. Kapitel.

Der Schiffskapitän a. D. Wilhelm Ollenprick war glücklich.

Wir saßen in der Weinlaube vor seinem Häuschen, das da so gemütlich am rechten Ufer der Swine liegt, mit Aussicht auf Fluß, Hafen und Leuchtturm …

Wir saßen im Halbdunkel … Nur durch das eine Zimmerfenster, wo die elektrische Deckenlampe brannte, fiel ein breiter Lichtstrom über den Laubentisch und die Bowle und die alten, geschliffenen Römer.

Harst nahm einen langen Schluck der köstlichen Erdbeerbowle und erwiderte sinnend:

»Sie haben doch sicherlich in Ihrem Leben mancherlei Sonderbares kennen gelernt, Ollenprick … Erzählen Sie uns als Dank dafür, daß Ihre Sonnenuhr jetzt nicht mehr mit Stearin beträufelt wird, und daß niemand mehr mit einer Luftbüchse nach Ihnen schießt, das seltsamste Erlebnis aus Ihrem fünfzigjährigen Seemannsdasein … Es muß aber auch wirklich etwas Seltsames und … etwas Wahres sein, Freund Käpten … Kein Schiffslatein, keine Seemünchausiade!«

Ollenprick kniff die Augen etwas zu und qualmte mächtige Wolken aus seiner Piep …

»Hm — etwas Seltsames … Dja — das ist schwer, lieber Harst, denn Sie sind in dieser Beziehung verdammt verwöhnt … Aber … — etwas habe ich doch mal erlebt, das ich stets ganz für mich behalten habe … Denn — — es hätte mir ja doch niemand die Geschichte geglaubt …«

»Wenn sie nur wahr ist!« schmunzelte Harald …

»Mein Wort darauf,« meinte der alte Käpten sehr ernst … »Mein Wort darauf, daß die Insel existiert, wenn sie auch auf keiner Seekarte verzeichnet ist …«

Als Ollenprick so von einer Insel zu sprechen begann, konnte ich, Max Schraut, eine Handbewegung der Enttäuschung nicht ganz unterdrücken.

Der Käpten sah’s …

Sagte: »Schraut, auch Sie werden bei meiner Erzählung auf Ihre Kosten kommen … auch Sie! — — Also hören Sie … — Es war im Jahre 1914, im Juni. Da lag ich mit meinem Frachtdampfer im Hafen von Madras … Der Dampfer mußte ins Dock, damit die am Schiffsboden wuchernden Muscheln mal gründlich entfernt würden … Ich hatte also volle acht Tage nichts zu tun und unternahm deshalb mit dem Großboot des Dampfers, das vorzüglich segelte, einmal eine längere Tour in den Meerbusen von Bengalen. Außer mir waren nur noch zwei malaiische Matrosen auf dem Boot.

Natürlich hatten wir das übliche Pech … Sturm kam auf, steigerte sich zum Orkan, und eine niederträchtige Woge spülte mir meine beiden Begleiter über Bord …

Arme Kerle! Es war nachts, und an Rettung nicht zu denken … ich mußte froh sein, daß das Boot vor dem Winde dahinjagte und ich nicht auch zu viel Wasser schluckte …

Morgens ließ der Orkan nach …

Und mit einem Male war die Sonne da, und ich erblickte ein paar Seemeilen vor mir ein kleines Felseninselchen mit grünen Bäumen …

Ich rieb mir ordentlich die Augen, denn ich glaubte zu träumen …

Wußte ich doch genau, daß es hier im Bengalischen Meerbusen unmöglich an dieser Stelle eine Insel geben könnte …

Ich umrundete das lütte Ding, das ich auf zweitausend Meter Durchmesser schätzte …

Da war denn auch an der Ostseite eine schmale Bucht …

Ich steuere die Bucht an, komme in einen kleinen, waldumgebenen Binnensee …

Das reine Paradies, meine Herren! Da waren Papageien, lustige Affen, — kurz, da tummelten sich auf und im Wasser und auf dem Lande so ziemlich alle harmlosen Vertreter des Tierreichs der Tropen umher …

Ich war erstaunt über diese Menge Viehzeug …!

Na — ich sollte noch weit mehr staunen …!!

Ich landete …

Und mit einem Male kommt da aus den Büschen ein splitternackter kleiner Junge hervor …

Strammes, braungebranntes Kerlchen, höchstens drei Jahre alt.

Dieser Knirps bleibt stehen, beäugt mich und kräht dann in deutscher Sprache:

»Du mußt hier wieder weg, fremder Mann! Hier darf niemand landen …!«

Ich lache, daß mir rein die Puste wegbleibt …

Dann sage ich:

»Mein Jung’, ich bin auch ein Deutscher … Und zwar der Käpten Wilhelm Ollenprick … Wer bist du denn, kleiner Landsmann?«

»Das weiß ich nicht, Fremder,« erwidert der Kleine. »Und danach darfst du auch gar nicht fragen … Du mußt schnell wieder davonsegeln … Wenn dich Jupp und Strupp sehen, töten sie dich. Sie haben noch keinen Menschen, der hier landete, lebend wieder weggelassen …« — Nun, Sie können sich wohl denken, lieber Harst, welchen Eindruck diese Warnung des Kindes auf mich alten Seebären machte: gar keine!

Ich lachte … Der kleine braungebrannte Kerl war ja auch zu ulkig …

»Wer sind denn Jupp und Strupp?« fragte ich abermals, indem ich für alle Fälle in die Tasche faßte und meine Mauserpistole hervorholte …

Der Knirps guckte die Pistole an und schnitt ein höchst geringschätziges Gesicht …

Erwiderte nur: »Fremder — — verschwinde!! Mit Jupp und Strupp ist nicht zu spaßen — gar nicht zu spaßen!!«

Nun wurde mir aber die Geschichte doch zu dumm …

Ich trat noch näher an den kleinen blonden Bengel heran, der mir im übrigen ausgezeichnet gefiel …

Da war das Bürschlein aber auch schon wie ein Blitz in den Sträuchern untergetaucht, indem er mehrmals sehr schrill und überraschend laut »Kui — Kui!!« rief …

In das Dickicht getraute ich mich doch nicht hinein … Denn ich sagte mir, daß dieses Kui — Kui wohl eine Art Alarmsignal sei …

So stand ich denn und musterte mißtrauisch die Büsche, als rechts von mir auf ein paar kahlen, steilen Felsen plötzlich der Knirps in Begleitung eines genau so großen und ebenfalls splitternackten Mädelchens auftauchte …

Die Kinder ähnelten einander so auffallend, daß ich mir sofort dachte, es müßten Zwillinge sein …

Sie gaben mir jetzt beide durchs lebhafte Zeichen zu verstehen, ich solle schleunigst fliehen. Dies lag nun durchaus nicht in meiner Absicht, denn ich ahnte, daß es sich hier um ein Rätsel ganz besonderer Art handeln müsse, dessen Eigenart noch durch den Umstand verstärkt wurde, daß diese Insel ohne Zweifel völlig unbekannt sein müsse, was immerhin glaubhaft erschien, weil sie weit außerhalb der den Meerbusen von Bengalen durchschneidenden Dampferlinien lag und weil die Küstenfischer sich niemals so weit vom Lande weg wagen, um dieses felsige Eiland etwa wie ich durch einen Zufall entdecken zu können.

Nein, ich hatte keineswegs die Absicht, die Insel zu verlassen, bevor ich nicht in Erfahrung gebracht, was es mit diesen Kindern auf sich haben könnte.

Immerhin bewies mir das Benehmen der nackten, blonden Zwillinge, daß mir tatsächlich Gefahr drohte. Und als ich dann noch aus den Tiefen der Inselwälder jetzt dasselbe schrille Kui-Kui vernahm, merkte ich, daß sich Leute näherten, die ich mir doch besser vom Boote aus ansehen wollte.

So kletterte ich denn wieder in mein Fahrzeug hinein und hielt meine Pistole schußbereit.

Das laute, schrille Kui-Kui kam näher und näher …

Die Kinder winkten immer eifriger …

Ich weiß nun nicht, Herr Harst, ob Sie jemals in Australien waren …«

»Gewiß, Käpten,« nickte Harald eifrig. »Wir waren dort … Und ich glaube zu ahnen, weshalb Sie danach fragen … Kui-Kui ist der Jagdruf der Australneger. Das ist uns sehr wohl bekannt …«