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Allein in einer Bucht sitzt Anca Yamel und blickt aufs Meer. Ihr Leben beginnt an ihr vorbeizuziehen. Eine zerrissene Kindheit, das Erwachsenwerden, Muttersein und zwei große Lieben und schließlich die Ehe mit ihrer Frau. Doch es fällt ihr schwer, ihre nun erwachsenen Kinder in die Welt ziehen zu lassen. Was bleibt von ihr über, wenn sie loslässt. Wer ist sie in dem Leben das ihr fremd wird? Doch da sind auch schöne Erinnerungen, die sie tragen. Wie kann sie weitermachen? Wie glücklich sein? Wie verbunden bleiben mit ihren Liebsten? Anca spürt, dass sie bei sich selbst anfangen muss. Doch dazu muss sie tief in ihr Inneres eintauchen und endlich Frieden schließen mit den Dämonen ihrer Vergangenheit – eine schmerzhafte, aber auch heilende Reise, die sie zurück zu sich selbst führen könnte.
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Seitenzahl: 169
Veröffentlichungsjahr: 2025
Impressum
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© 2025 novum publishing gmbh
Rathausgasse 73, A-7311 Neckenmarkt
ISBN Printausgabe: 978-3-7116-0604-4
ISBN e-book: 978-3-7116-0605-1
Lektorat: Katharina Kirchner
Umschlagfoto: Yevhenii Tryfonov | Dreamstime.com
Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh
www.novumverlag.com
Wir haben den gleichen Himmel
Was passiert mit mir? Tausend Gefühle schleichen sich zu mir. Unausweichlich stehe ich hier und lasse sie zu. Kann mich nicht wehren, schon lange nicht mehr. Gedanken mischen sich zu ihnen und ich kann sie nicht ordnen. Will so gern zu Hause sein in mir, doch weiß ich nicht mehr, wie sich das anfühlt, zuhause in mir. Ich mag mich manchmal schon ganz gerne, ein Grund, weshalb ich nicht schon längst verloren gegangen bin. Untergegangen in all meinen Sehnsüchten, in einem Meer aus ganz viel ungeliebter Zärtlichkeit. Bin noch nicht untergegangen, bin noch da! Manchmal so impulsiv, kraft- und schwungvoll alles ausschöpfend, was da kommt an Empfindungen, um danach in meiner Trauer zu versinken, weil ich sehe, dass ich nichts von all dem behalten kann. Möchte festhalten, gehalten zu werden! Bitte – bitte dich so sehr. Lass mich rein, ganz tief und lass mich dort ruhen, wo du so herrlich duftest. Lass mich vergraben, wo du deine Stille erlebst, nimm mich an dein Herz, sag ich gehöre dir – von Zeit zu Zeit, denn für diesen Moment würde ich sterben, in deinen Armen versinken, lächelnd, nie wiedererwachend! Doch ich würde auch gehen. Hinaus in ein anderes Leben, um mich zu zeigen, strahlend und als guter Mensch. Ich werde nach diesem Weg suchen. Bin bereit, vieles zurückzulassen, möchte mit Hoffnung angefüllt sein und die Leichtigkeit der Welt finden, von Zeit zu Zeit, in Gedanken an die Stille deiner Brust, deines Herzschlags.
Aber nun sitze ich halt hier. Ganz tief unten und blicke nach oben ins Licht. Alles ist still, nur die Wellen höre ich brausend über mir. Sie schlagen gegen Felsen. Die Sonne bricht sich zu einem Glänzen auf den Wogen. Sie brechen, brechen auf und doch fließen sie weiter. Sie bleiben eins bis zum Schluss. Fließen ans Ufer und wieder zurück. Sind sie eins? Ja! Obwohl einige Schaumkronen höher und weißer sind. Keine ist gleich, doch entstammen sie einem Meer. Mit ruhigem, festem Blick sehe ich nach oben und kann trotz des Wassers meine Tränen spüren. Bilder, ich sehe so viele. Sie ziehen vorbei wie die Wolken so hoch da oben. Wo ist mein ewiger, stiller, innerer Strom? Wo ist meine ewig mitfließende Welle, die mich umhüllt und neben mir verläuft, in einem gemeinsamen Strom des Lebens?
Der Gedankenstrom fing vor ein paar Tagen an. Ich saß allein in dieser Bucht, die mir so vertraut ist. Zwei Kinder laufen die Treppen herunter. Ihr Lachen durchbricht die drückende Stimmung in mir. Ich sehe euch. Liebe steigt in mir hoch und Wehmut. Kindertage, Leichtigkeit, Glück, lachen, weinen, wiegen, behüten. Ja, ich habe es gekonnt, habe es geschafft, euch zwei zu begleiten. Nun aber sitze ich hier allein. Bin vor Tagen aufgebrochen auf diese Reise. Allein sein, einfach weg. Du sagtest noch: „Ganz allein bist du ja nicht. Hast ja immer Menschen, die du kennst.“ Mir taten deine Worte weh. Wie unverstanden kam ich mir vor. Was ist allein? Welche Empfindungen verbinden wir mit diesem Wort?
Ich, du, wer auch immer. Jeder trägt ein Alleinsein in sich. Ich bin oft allein, auch wenn es laut ist um mich herum. War früh allein, hatte Angst und entschloss mich, ein lauter Mensch zu werden. In den schnellen Bewegungen, der Rastlosigkeit und vielen Worten, die unentwegt die Richtungen wechselten, stand die Angst still. Hummeln im Hintern, wie einfach erklärte meine Mutter mein Sein. Nicht gut hingeschaut. Bin nicht erkannt, also allein. Ich habe mich in der Stille nicht lang wohlgefühlt. Ich fand kein Zuhause in mir, keinen Platz. Da war so viel leer geblieben. Nun also war ich aufgebrochen, um nachzusehen, welche Seiten sich in den letzten Jahren gefüllt haben und welche ich noch beschreiben muss.
Also sitze ich in meiner Bucht und höre dem Meer zu und hänge den Gedanken nach. Du sagtest: „Schreib ein Buch. Du schreibst so schön, vielleicht findest du dich in deinen Worten wieder. Lernst, dich zu sehen.“ Vielleicht hast du recht. Also lass’ ich mich leiten. Nehme Buch und Stift mit hier hinunter und lasse den Blick schweifen. Worüber schreibe ich? Soll ich über unsere ungewöhnliche Liebe schreiben? Über die Jahre der geheimen Leidenschaft Ich habe dich gefunden – zwischen meiner Therapie bei dir und einem Museumsbesuch, den ich dir abringen konnte. Ich wusste einfach, dass du mein Mensch bist. Du warst so zerbrechlich und hattest dieses wunderbare Blau des Meeres in deinen Augen. Und obwohl ich eine Trauer spürte, glänzten deine Augen. Du hattest einen goldenen Schein, eine zauberhafte Zartheit. Wenn du sprachst, dann langsam, mit Pausen. Dein Klang war so liebevoll und weich, ein wenig tiefer als bei anderen Frauen. Du hattest eine romantisch-erotische Tonart. Sie weckte in mir ein Verlangen nach deinem Leben. Würdest du mich etwas hineinlassen können? Ich sehnte mich sehr bald nach dir. Die Therapiestunden vergingen zu schnell, doch verschaffte jede weitere ein bisschen mehr Nähe. Du legtest deine Hand an meine Wange, um zu prüfen, wie fest mein Kiefer ist, legtest die Hand auf meinen Bauch und auf meine Brust, um meine Atmung zu spüren. Du solltest meine Stimmbänder wieder fit machen. Sie waren von den schnellen, lauten Zeiten schon müde. Deine Hände waren schmal und große Ringe zierten deine zarten Finger. So große Ringe für deine kleinen Finger, ich dachte, wie schwer sie daran tragen. Die Nägel, sehr gepflegt und lackiert. Wie ruhig deine Hände liegen konnten. Du trugst Steine, warum Steine? Kein Gold, keine Edelsteine, nur Kraftsteine. Ich spürte deine Kraft, trotz der Verletzlichkeit. Ich wollte bei dir sein. Bei dir füllte sich etwas in mir. Da war die Angst nicht mehr da. Da war es stiller in mir. Ich schaffte es, dich ins Museum einzuladen. Ich sah nur dich. Wie du dich zwischen der Kunst bewegtest. Deine Blicke schweiften umher und dein Haar umrahmte dein schmales Gesicht, das Blau deiner Augen und deinen zarten, rosa Teint. In dir lag ein besonderer Esprit und ein Geruch umgab dich, der mich wissen ließ, dass ich dich lieben werde. Immer, wie auch immer. Du hattest eine spirituelle Stärke und eine unbändige Kraft. Es wurde meine Aufgabe, dich immer wieder zu bezwingen. Die Eroberung deiner Liebe dauerte einige Monate, doch ich wollte dieses eine Zuhause. Nachdem das erste junge Glück schon zerbrochen war.
Wollte dich bei mir halten, festhalten, deine Wärme spüren und dich riechen können. Wollte dich erreichen und berühren. Wollte, dass du dich berührt fühlst von meiner Zärtlichkeit, dass du mich berührend findest. Unseren ersten Kuss werde ich nie vergessen. Ich kann den Moment noch heute in meine Sinne rufen, noch immer erreicht er mich in jeder Zelle.
Nun leben wir schon fünfzehn Jahre zusammen und es ist immer noch die aufregendste Liebe in meinem Leben. Es waren nicht viele. Ich verliebte mich nicht schnell. Es war mir unangenehm, länger enger zusammen mit jemandem zu sein. Ich spürte mich nicht und war nicht echt. Es fühlte sich unreal an. Ich konnte nichts Sinnhaftes mit der Zeit in Zweisamkeit entdecken. Da war dann die Einsamkeit stärker zu spüren. Es kam Haltlosigkeit auf, ich brach aus, musste weg.
Als kleines Mädchen war ich nie im Kindergarten und dadurch oft allein. Ich spielte bewusst das erste Mal mit Puppen. Ich baute in einem Regalschrank ein Haus für sie und war so sehr ein Teil des Lebens in diesem Schrank. Da war alles in Ordnung. Schöne Tage, freundliche, einfache Dialoge, ich sprach alle fünf Puppen in unterschiedlichen, immer gleichen Tonarten und mich selbst. Ich liebte dieses Regal, diese Struktur und nie passierte etwas Böses. Wenn es außerhalb meines Schranklebens unruhig und im wahren Haus das Streiten lauter wurde, ging ich raus. Ging durch die Siedlungsstraßen und sang. Irgendwelche selbst ausgedachten Lieder, ich wählte beim Rhythmus gern eine Art Countrymusik. Ich fühlte mich frei und sicher. Das Singen beruhigte mich und heute noch singt es in mir in schwierigen Situationen.
Erstaunlich, denn mit dir fand ich einen Menschen, der wirklich singen konnte. Als ich dich das erste Mal auf der Bühne sah, hatte ich Tränen in den Augen. Der Atem blieb mir stehen, genau wie die Zeit und die Bilder um mich herum. Du berührst mich noch heute. Es ist wie ein Hauch, der durch Bäume zieht und seine Melodie findet. Der Klang durchdringt meine Welt und alles, was ich empfinde, ist Liebe. Jede Zeile heißt, ich liebe dich. Ein großes Gefühl von Glück zieht in mir auf, wie damals in der Siedlungsstraße. So ein kleines Glück, was es in mir bewegt.
Das ist, was mir gut gelungen ist. Ich kann kleine Dinge, Gerüche, Lichtstimmungen und Geräusche wahrnehmen. Ich entdecke Veränderungen oder neue Kleinigkeiten. Wie Pflanzen, Keimlinge und Blüten. Sehe Wolkenformationen, Sterne oder Gesichter im Vorbeigehen. Viele tragen ein bestimmtes Leuchten in sich. Ein Leben kann sich für Sekunden darin spiegeln, ein Lächeln sich warm einbrennen. Es sind Geräusche, wie das Rauschen der Blätter im Wind, das Plätschern eines Bachlaufes. Greifvögel schreien und ziehen scharf empor und weitere Vögel, die zusammen nicht schweigen wollen. Am schönsten ist es, die großen Vögel zu beobachten. Ihr Gleiten, wie leicht sie die Lüfte zerschneiden. Elegant lautlos schweben sie, weiche Linien zeichnend, höher und höher und erspähen doch alles. Bis sie herabstürzen, zielsicher, stark und schnell, ohne Furcht. Ich kann beobachten und dabei alles um mich herum vergessen und abtauchen in meine Welt. Wundersames stilles Glück!
So unbeschwert lässt es sich laufen, wenn das Glück der Motor ist. Durchs Leben purzeln und schreien vor Freude! Nun muss ich lächeln hier am Meer, in der Bucht und nur, weil ich mich erinnere, wie du gesungen hast – wie ich gesungen habe.
Wo steckt jetzt das kleine Glück? Vielleicht entspringt es wie ein Fluss zwischen den Felsen?
Ich schaue unwillkürlich auf die Klippen. Dort steht ein Mann. Ein Mallorquiner, kräftig mit schwarzem Haar. Er schaut auch aufs Meer. Er schaut genau hin und geht mit geübten, festen Schritten über die Felswand. Unsere Blicke treffen sich. Wir nehmen uns wahr. Er schaut sehr sanft und besonnen. Was er wohl denkt oder hier zu tun hat? Hat er eine Aufgabe hier? Wie ich auch? Meine Aufgabe ist es, mich anzusehen und mich einzufühlen in die Welt hier mit mir. Einen Augenblick lang ist er mein Verbündeter, eine flüchtige Begegnung in diesen einsamen Nachmittagsstunden. Er schaut wieder zu mir rüber und ich kann förmlich hören, dass auch er sich die Fragen stellt, was ich hier unten tue. Vielleicht überlegt er auch, mich anzusprechen? Für mich ein Mensch, der wie ich aufs Meer schaut. Er dort hinten und ich hier unter am Ufer. Beide suchen wir etwas im Wasser. Oder hören einfach nur. Ich fühle für einen Moment eine Verbundenheit, ein wenig schlagen in dieser Bucht zwei Herzen im Klang der Wellen. Danke, großer fremder Mensch. Ich wünsche mir, dass du geliebt wirst und glücklich bist.
Du hattest vielleicht recht, ich bin nie wirklich allein. Es lauern überall Verbündete.
Tatsächlich habe ich im Laufe der Zeit so einige Verbündete gesammelt. Überall, wo ich war, waren Menschen, die mit Worten, Blicken oder Gesten einige Tage oder nur für Momente bei mir blieben. Fremde, die ich noch heute im Herzen trage. Ich habe auch darum gerungen, mich mit dem Leben zu verbünden. Ein Bündnis, das stärker ist als der Tod. Aber das lag noch in weiter Ferne. Erst mal sammelte ich diese Begegnungen des Herzens! Einmal angefangen zu sammeln, ist es schwer, aufzuhören. Der Moment der totalen Begeisterung löst eine Glückseligkeit aus. Der Fund ist nicht vorhersehbar, nicht gewünscht, der findet mich! Vor mir der kleine, helle Stein, weich gewaschen vom Meer. Er hebt sich für diesen einen kurzen Augenblick von den anderen ab. Er will, dass ich ihn entdecke, und ich schaue ihn an und er wird mir vertraut. Ich fokussiere ihn und fange an zu träumen. Er schenkt mir Gelassenheit. Still liegt er da, nichts bewegt ihn, absolutes Stillstehen, Anhalten, flach atmen und lauschen. Der Klang der Wellen erinnert mich und bringt Bilder hervor. Kleine Traumbilder, von so großartigen Funden. So unterschiedlich wie Orte, Bäume, Sterne, Felsen und Menschen. Nichts, was ich behalten konnte, außer unzähligen Steinen, die überall im Haus lagern und ihre Geschichten flüstern. Und dann der Fund meines Lebens. Dich habe ich gefunden. Sah dich, sah genau hin und der Moment der Begeisterung war ein zarter Augenblick. Dich durfte ich behalten, kann dich berühren und finde dich in der Tiefe der Nacht immer wieder aufs Neue. Danke, dass du von mir gefunden werden wolltest. Du hast mich immer wieder angetrieben, weiterzugehen, mich aufzumachen.
Hast in nächtelanger Behutsamkeit Fragen gestellt, Worte gewählt, um mich zu hören, mich zu erkennen. Hast mich gelehrt, mich zu erkennen. Es hat mich unendliche Kraft gekostet und du hieltest mich fest. Nicht enden wollendes Festhalten. Mein Rücken an deiner Brust, deine Arme verschlossen an meinem Bauch. Dein Atem in meinem Haar. Ich spürte dein Herz schlagen. Jeder Schlag eine liebevolle Mahnung an mich, still zu sein und nachzuspüren. Nichts um mich herum, kein Laut, kein Bild. Keine Angst, keine Sorgen, kein Morgen, nur der Augenblick. Nur du und ich. Ich habe diese Stunden auch als Sammelstücke bei mir. Und nun grad kann ich das Gefühl so intensiv spüren. Ich muss weinen, von ganz tief unten hole ich Tränen und ende mit einem langen Seufzen. Einer dieser befreienden Seufzer. Ich muss mich zwingen, dich nicht anzurufen. Muss in mir bleiben und die Gefühle einordnen. In mich hören, ein Seufzer der Trauer? Des Glücks?
Es fließt zusammen wie die Wellen zurück ins Meer. In die Weite, welch unglaubliche Weite nun auch in mir aufzieht. Was hätte ich dir am Telefon gesagt? Liebe überall Liebe, großes Gefühl überall in mir? Aber auch gleichzeitig Trauer und Verlust. Ich tue mir leid und falle ins Alleinsein. Ich vermisse dein Halten. Ich bin oft allein bei dir und erkenne es ganz deutlich. Brauche ich dich so sehr, dass ich es nicht schaffe, auch ohne deine Nähe ich zu sein? Vertrauensvoll und im Leben zu Hause? Ich habe selbst angefangen, mich zu entfernen, ich weiß! Ich tat es aus Angst. Ich wollte Dich und unsere Zärtlichkeit und Verbundenheit nicht schmerzhaft vermissen. Es tat so weh. Das Zuhause, welches du mir gabst, war für mich die Welt. Ich fühlte mich wohl, glücklich und zufrieden. Ich bin eine hoffnungslose Romantikerin. Die Wolke sieben sollte meine sein. Ja, wir waren tief verwachsen. Wir teilten unsere Liebe mit niemandem. Zwei Frauen, die sich lieben lernen, es war noch nicht alltäglich. Wir liebten im Geheimen. Wir waren nicht bereit, Menschen zu uns zu lassen. Manchmal wünschte ich, hätten wir es auch nicht getan. Damit zog eine Scham und eine Besonderheit von außen zu uns ein. Wir, zwei zarten Pflanzen, die sich als Schutz an einem Baum aus geheimen Nächten festhielten. Dieser Baum verliert allmählich seine Blätter. Und so sehr ich es versuchte, keinen Wind aufkommen zu lassen, damit die Blätter nicht fielen, schafften wir es doch nicht. Es kam mir so vor, als lebten wir am gleichen Baum, nur zu unterschiedlichen Jahreszeiten. Lass uns die Zeit wie damals wieder stoppen und den Raum verlassen für einen Moment der Ewigkeit und einen Moment ganz sorgenfrei.
Nun bin losgefahren, einem Traum folgend und habe dich zu Hause gelassen. Was tust du jetzt? Wie fühlt es sich an, ohne mich? Stiller sicherlich. Wir haben viel gekämpft miteinander, du wirst deinen Frieden genießen. Wenn wir kämpfen, tun wir das hart. Verletzen uns und man müsste von außen meinen, dass wir auseinandergehen sollten. Aber daran denken wir nicht. Wir haben trotzdem eine tiefe Verbundenheit in uns. Wir gehören zusammen und sind füreinander bestimmt.
Wir lieben uns nach jedem Kampf mehr. Ich überwinde mich durchs Kämpfen, mein Ego. Meine Banalität, die hoffnungslose Romantik, das Vermissen. Auf dem Schlachtfeld der Gefühle bleiben die Fetzen der eigenen Machtlosigkeit über mich selbst. Wahre Liebe braucht wenig. Das ist mir bewusst, nur kann ich nicht lang über Schatten springen, Erschöpfung macht sich breit und es zieht mich runter und ich erlebe unstillbare Sehnsucht. Und wie ein trotziges Kind heule ich in mich hinein. Ein Soldat übernimmt mein Herz und der Verstand sucht den Kampf, manchmal ums Überleben und ums vernichtende Ego. Worum kämpfst du, wurde ich gefragt. Ich habe die Antwort noch nicht gefunden, ich kann es noch nicht verstehen.
Auch deswegen bin ich hier, weil ich zurück möchte. Nur wie, wohin? Vielleicht bedeutet „zurück“ auch zurück zu mir. „Rückzug“, zurückziehen, weiterziehen, runterziehen? Am Ende hoffe ich, es wird mir verziehen!
Zurück zur Meertiefe. Die Luft wird knapp, neigt sich dem Ende. Schaffe den letzten Rest nicht mehr. Ein Sonnenstrahl findet den Weg zu mir hier unten. Streichelt mich sanft und tröstet mich. Weckt mich auf und scheint direkt in mein Herz. Sanftheit erfüllt den schwachen Körper. Muss ich schwach sein, um zu mir zukommen? Um mir meiner bewusst zu werden? Zu schwach zum Leben aber der Sonnenstrahl bringt Licht in die kleine Seele. Ein Funke entfacht. Heute nicht, ich treibe an die Wasseroberfläche. Atmen, bleib wach ruft es in mir!
Dort am Strand, fragend, ob mir verziehen werden würde, verzeihe ich zuerst dir!
Ich mache es dir oft nicht leicht. Unbewusst verlange ich von dir ab was unerfüllt war in meinem Leben. Die Welt ist nicht immer rosa. Warum erreiche ich dich oft nicht?
Ich wollte dich wie damals in unseren ersten Nächten. Wollte deine Zärtlichkeit und die Leichtigkeit jener Tage. Der Zauber, der uns schützte, verlor seine Kraft. Je inniger und offener wir uns lebten, je mehr Gewohnheit gesellte sich dazu. Empfand ich es falsch? War es Vertrautheit, die sich festigte?
Ich war nicht vorbereitet auf die Ernsthaftigkeit einer Beziehung wie dieser. Auf der einen Seite wollte ich für dich da sein, mich um dich sorgen, aber ich wollte dich nicht teilen. Du solltest nur für mich da sein. Ich war verantwortlich dafür, dass du dich erdrückt fühltest. Ich konnte es nicht ertragen, wenn du dich zurückzogst. Endlich sollte es einen Menschen geben, der nur mich wollte. Angst machte sich breit, die Angst alter Tage. Nicht du verließest mich, die alten Geister waren es, die die Wut in mir antrieben. Die Wut, die die Unfähigkeit der Wahrheit ins Gesicht zu sehen, verdrängen sollte.
Ich kam in der Realität nicht zurecht. Ich lebte in der Liebe zu dir einen Tagtraum. Niemand erreichte mich, keiner konnte mich ängstigen oder etwas verlangen. Ich brauchte nichts tun, nur auf den Abend warten. Deine Augen, dein Lachen sehen. Erfüllende Gespräche, warmes Licht, Musik und Wein. Leichtigkeit, unendliches Schweben. Der Raum so groß, so weit. Die Körper geborgen gebettet, ausruhen. Stille, nur wir. Nichts muss, nur sein. Atmen, die Herzen schlugen, pumpten Blut in jede Zelle und Freude floss mit. Eine unheimliche starke Freude! Drohte der Traum für Momente oder Stunden zu platzen, brach in mir alles zusammen. Ich wurde schroff, sprach hart oder lief weg. Dann machtest du zu. Ich allein, nicht zu ertragen. Konnte dich nicht berühren. Wir waren doch die zwei, die sich ganze Nächte hielten. Du warst mein Zuhause und ich wollte Dich tragen, durch meine kleine Welt. Wollte doch auf dich aufpassen. Bei all der großen Liebe zu dir, hatte ich meine zu mir noch nicht gefunden.
Hätte ich meine Liebe damals schon gehabt, ich hätte dich nicht erdrückt. Und hätte ertragen können, dass nicht jeder Tag wie der andere war. Ich wollte, dass es innig blieb und einen Alltag konnte ich nicht gebrauchen. Ich wollte endlich alles bekommen, was mir fehlte. Wie schön es sich doch anfühlte, wenn jemand da ist, der auf mich wartete. Auf mich! Der sich sehnte nach gemeinsamer Zeit, dem ich nicht Schweres aufbürde, der glücklich ist, weil es mich gibt. Egoistisch? Ist es zu viel, wenn man nach ungeteilter Aufmerksamkeit strebt.