Ob zu Recht oder Unrecht - zu allen Zeiten gerieten Wissenschaftler mit dem Gesetz in Konflikt und mussten sich für ihre Forschung vor Gericht verantworten. ›Wissenschaft im Kreuzverhör‹ rollt viele dieser Fälle neu auf und erzählt ihre spannende Geschichte. Die Auswahl der Forscher reicht dabei vom Renaissance-Genie über den Nobelpreisträger bis hin zu offenkundigen Scharlatanen, wobei auch die Plagiatsvorwürfe gegen deutsche Politiker nicht unerwähnt bleiben. Heinrich Zankl zeigt auch diesmal wieder die allzu menschliche Seite der Wissenschaft, die so gern perfekt wäre – es aber so selten ist.
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Heinrich Zankl
25 spektakuläre Fälle von Galilei bis Guttenberg
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.
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© 2012 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), DarmstadtDie Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitgliederder WBG ermöglicht.Umschlaggestaltung: Peter Lohse, HeppenheimBild: PhotoDisc (Nr. 37), The Signature Series, Colorful Contrasts 2Satz: Lichtsatz Michael Glaese GmbH, Hemsbach
Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.deISBN 978-3-534-23771-5
Die Buchhandelsausgabe erscheint beim Primus VerlagUmschlaggestaltung: Christian Hahn, FrankfurtBild: © picture-alliance/EB-StockISBN 978-3-86312-325-3www.primusverlag.de
Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich:eBook (PDF): 978-3-534-72814-5 (für Mitglieder der WBG)eBook (epub): 978-534-72815-2 (für Mitglieder der WBG)eBook (PDF): 978-3-86312-792-3 (Buchhandel)eBook (epub): 978-3-86312-793-0 (Buchhandel)
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Innentitel
Inhaltsverzeichnis
Informationen zum Buch
Informationen zum Autor
Impressum
Einleitung
Die Wissenschaft als juristisches Streitobjekt
Geisteswissenschaften
Amerikanischer Affenprozess
Die Evolutionstheorie vor Gericht
Steile Karriere
Hitlers „Auslandswissenschaftler“
Merkwürdige Gestalt
Generalsekretär im Zwielicht
Streitsüchtiger Rechtsextremist
Der Prozess um den Holocaust
Politisches Verfahren
Friedensforscher vor Gericht
Fragwürdige Nutzung
Plagiatsvorwürfe gegen Juristen und Politiker
Anrüchige Geschäfte
Sex für gute Noten, Geld für Titel
Naturwissenschaften
Erzwungener Widerruf
Kirchlicher Prozess gegen Galilei
Üble Beleidigungen
Dr. Lankas Auftritte vor Gericht
Unterschlagene Schädel
Anthropologe mit krimineller Energie
Arme Affen
Auseinandersetzungen um Primatenversuche
Unethische Forschung?
Streit um Stammzell-Patente
Angst vor Strahlung
Betrug bei Mobilfunk-Tests
Tiefer Sturz
Fälschungen eines Klonforschers
Regenwald in Not
Sonderforschungsbereich auf Abwegen
Mörderischer Ehrgeiz
Amoklauf einer Professorin
Medizinische Wissenschaften
Grauenvolle Menschenversuche
NS-Ärzte vor Gericht
Skrupellose Forschung
Tests an Menschen in der Nachkriegszeit
Viel Qualm
Streit um das Passivrauchen
Dubioses Geld
Drittmittelforschung im Zwielicht
Unsauberer Sport
Doping in Ost und West
Bezahltes Lob
Pharmaindustrie am Pranger
Gefährliche Selbstanzeige
Juristische Probleme der Präimplantationsdiagnostik
Umstrittener Starchirurg
Berühmter Chefarzt vor Gericht
Viel Phantasie
Anästhesie-Professor erfindet Studie
Literaturverzeichnis
Register
Wissenschaftler (und natürlich ebenso Wissenschaftlerinnen) sind ja eigentlich auch nur Menschen mit den üblichen Fehlern und Schwächen und deshalb ist es nicht besonders verwunderlich, dass einige von ihnen auch mal mit den Gesetzen mehr oder minder heftig in Konflikt kommen. Daher kann man sich durchaus die Frage stellen, ob das Thema „Wissenschaft im Kreuzverhör“ ausreichend ergiebig ist, um darüber ein ganzes Buch zu schreiben. Die Antwort ist aus Sicht des Autors ein klares „Ja“. Einer der wichtigsten Gründe dafür liegt in der rechtlichen Sonderstellung, die der wissenschaftliche Bereich durch den Artikel 5 (Absatz 3, Satz 1) des Grundgesetzes genießt. Er weist die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre als ein besonders geschütztes Grundrecht aus und stellt sie mit der Freiheit der Kunst auf eine Stufe. Über die Frage, wo die wissenschaftliche Freiheit endet, weil sie mit anderen Rechtsgütern kollidiert, lässt sich trefflich streiten.
Der Autor ist außerdem der Meinung, dass Wissenschaftler sich oft mit anderen juristischen Problemen konfrontiert sehen als die Durchschnittsbevölkerung. Beispielsweise spielen Fragen des geistigen Eigentums im wissenschaftlichen Bereich eine ganz zentrale Rolle, während normale Bürger damit wohl eher selten Probleme haben. Auch dürften in der Forschung tätige Menschen häufiger als andere in die Versuchung kommen, sich durch die Fälschung von Ergebnissen ungerechtfertigte Vorteile gegenüber ihren Konkurrenten zu verschaffen. Wissenschaftler stehen außerdem vergleichsweise oft vor der Frage, ob ihre Arbeit ethisch noch vertretbar ist. Diese Problematik tritt wohl besonders häufig im Bereich der naturwissenschaftlichen und medizinischen Forschung auf und führt manchmal sogar dazu, dass neue Gesetze erlassen werden müssen, um die Grenzen des Erlaubten abzustecken. Besondere Gefahren lauern vor allem in den Bereichen der Wissenschaft, in denen nicht nur der reine Forscherdrang das Geschehen bestimmt, sondern wo es auch um viel Geld geht. Hier entstehen leicht Interessenskonflikte, die durchaus auch zu strafrechtlichen Konsequenzen führen können, ohne dass Tatbestände wie Bestechung oder Bestechlichkeit eindeutig erfüllt sind. Zu all diesen Problemfeldern stellt der Autor interessante Einzelbeispiele vor, die unter anderem auch deutlich machen, wie schwierig es sein kann, diese Fälle mit den allgemein üblichen juristischen Maßstäben zu bewerten.
Aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit und Vergleichbarkeit sind in dem vorliegenden Buch die Fallbeschreibungen grob nach Wissenschaftsbereichen geordnet, wobei die Zuordnung jedoch notgedrungen manchmal etwas willkürlich ist. Da ich selbst kein Jurist bin, habe ich mich in dieser Hinsicht von meinem Bruder Peter Zankl beraten lassen, der lange Jahre als Rechtsanwalt und Justitiar einer großen Firma tätig gewesen ist. Für seine vielen wertvollen Ratschläge möchte ich ihm an dieser Stelle herzlich danken. Ein besonderer Dank gebührt auch meiner Frau Dr. med. Merve Zankl, die sich wieder als kritische Korrekturleserin sehr bewährt hat. Von Seiten der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft hat insbesondere Herr Dr. Rainer Aschemeier das Buchprojekt lange wohlwollend und hilfreich begleitet, wofür ich mich bei ihm ausdrücklich bedanke. Nach seinem Weggang hat Herr Dr. Jens Seeling das Projekt in dankenswerter Weise weiter betreut.
Frühjahr 2011
Heinrich Zankl
Als Charles Darwin 1859 sein Hauptwerk „Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl“ publizierte, war ihm bewusst, dass er sich damit sehr viel Ärger einhandeln würde. Seine in diesem Buch veröffentlichten Vorstellungen über die stammesgeschichtliche Entwicklung der Tier- und Pflanzenarten widersprach eindeutig der biblischen Schöpfungslehre. Vermutlich war die Furcht vor heftigen Auseinandersetzungen mit der damals noch sehr mächtigen Kirche einer der Hauptgründe dafür, dass Darwin viele Jahre zögerte, bevor er seine Evolutionstheorie veröffentlichte. In dem Werk von 1859 vermied Darwin auch noch weitgehend, seine Theorie auch auf den Menschen anzuwenden, was seine Gegner aber nicht daran hinderte, sich höchst abfällig und beleidigend über sein Buch zu äußern. So meinte beispielsweise Adam Sedgwick, bei dem Darwin sogar studiert hatte, die Theorien der Evolution und der spontanen Entstehung der Arten seien in einer „gesetzwidrigen Ehe“ vereinigt worden. Es sei daher notwendig, dieser „ekelhaften Ausgeburt den Kopf zu zerschmettern und damit ihren Zuckungen ein Ende zu setzen“. Darwin ließ sich jedoch von solchen unqualifizierten Äußerungen nicht einschüchtern, sondern veröffentlichte 1871 das zweibändige Werk „Die Abstammung des Menschen“, in dem er darlegte, wie sich nach seiner Theorie der Mensch durch viele Evolutionsschritte aus einem affenähnlichen Vorfahren entwickelt hat. Dadurch löste er eine neue Welle der Empörung aus, weil nicht nur kirchliche Kreise es damals für undenkbar hielten, dass eine stammesgeschichtliche Verwandtschaft zwischen Affen und Menschen bestehen könnte.
In den folgenden Jahrzehnten wurden aber immer mehr Beweise für die Richtigkeit der Darwinschen Vorstellungen entdeckt (siehe auch S. 14), sodass zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Evolutionstheorie von den meisten Fachwissenschaftlern zumindest in ihren Grundzügen anerkannt wurde. Die öffentliche Diskussion über dieses Reizthema ließ insbesondere in Europa nach, da inzwischen ein verstärkter Nationalismus und heraufziehende Kriegsgefahren die Menschen wohl erheblich mehr beschäftigten als eine wissenschaftliche Abhandlung über die Entstehung des Menschen. Auch in den USA wurde es um die Evolutionstheorie zeitweilig etwas ruhiger, sie blieb aber vor allem für fundamentalistisch orientierte Christen in den Südstaaten weiterhin ein völlig unverzeihlicher Angriff auf die biblische Wahrheit. An ihre Spitze setzte sich der Politiker William J. Bryan, nachdem es ihm Anfang des 20. Jahrhunderts auch im dritten Anlauf nicht gelungen war, Präsident der Vereinigten Staaten zu werden. Dank seiner großen rhetorischen Begabung gelang es Bryan, die Massen in den Südstaaten gegen die Evolutionstheorie zu mobilisieren. Vor allem durch diese Kampagne sahen sich die Parlamente der Staaten Oklahoma, Florida und Tennessee veranlasst, Gesetze zu erlassen, die es verboten, die Evolutionstheorie im Schulunterricht darzustellen. Das im Frühjahr des Jahres 1925 in Tennessee beschlossene Gesetz war am schärfsten formuliert, denn es verbot nicht nur die Unterrichtung der Darwinschen Lehre an allen öffentlichen Schulen und Universitäten, sondern machte daraus sogar einen Straftatbestand. Es bildete sich aber bald eine Gegenbewegung, die in diesen Gesetzen einen Verstoß gegen die amerikanische Verfassung sah. Ein Anhänger dieser Bewegung war der Biologielehrer John T. Scopes, der an einer High School in der Stadt Dayton unterrichtete, die im Rhea County des Staates Tennessee liegt. Scopes hielt kurz nach dem Inkrafttreten des Gesetzes in Tennessee eine Unterrichtsstunde ab, in der er seine Schüler mit der Evolutionstheorie vertraut machte. In geschickter Weise setzte er dabei ein Lehrbuch der Biologie ein, dessen Gebrauch von den Behörden noch nicht verboten worden war. Umgehend wurde Scopes angezeigt und es kam ein Strafverfahren in Gang, das auf der ganzen Welt mit Spannung verfolgt wurde. Dafür sorgte vor allem William Bryan, der sich gemeinsam mit seinem Sohn sehr publikumswirksam als Beistand der Anklagebehörde zur Verfügung stellte. Vier weitere Anwälte aus Dayton unterstützten ebenfalls die Anklage, die von offizieller Seite durch den Leiter der Anklagebehörde des Staates Tennessee General McKenzie und den Generalstaatsanwalt Steward vertreten war. Auf der anderen Seite wurde aber auch mächtig aufgerüstet, denn die einflussreiche „American Civil Liberties Union“ stellte dem Angeklagten ihren sehr erfahrenen Anwalt Arthur G. Hays aus New York zur Verfügung. Er wurde unterstützt von Clarence Darrow aus Chicago, der damals einer der besten Strafverteidiger der USA war und sich kostenlos an der Verteidigung von Scopes beteiligte. Hinzu kam aus New York auch noch, ebenfalls ohne Honorar, der Anwalt Dudley F. Malone, der pikanterweise früher für Bryan gearbeitet hatte. Als seinen lokalen Anwalt benannte Scopes den ehemaligen Rechtsprofessor John R. Neal. Der Beginn des Gerichtsverfahrens wurde wegen des großen öffentlichen Interesses enorm beschleunigt, sodass bereits wenige Wochen nach Eingang der Anzeige die offizielle Anklageerhebung in Dayton stattfand. Der Beginn der Hauptverhandlung wurde auf Freitag, den 10. Juli 1925 festgelegt.
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