Wohin geht die Liebe, wenn sie durch den Magen durch ist? - Dr. med. Eckart von Hirschhausen - E-Book
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Dr. med. Eckart von Hirschhausen

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Beschreibung

Liebe geht durch den Magen. Aber Wohin geht die Liebe, wenn sie durch den Magen durch ist?? Geht sie ins Blut, ins Herz oder in die Hose? Eckart von Hirschhausen findet verblüffende Erklärungen für die großen und kleinen Gefühle, die Komik im Paarungsverhalten und die Marotten unseres Miteinanders: Warum benehmen sich Makaken im Fahrstuhl emotional intelligenter als Menschen? Was haben weibliche Flirtversuche auf einer Party mit Fruchtfliegen zu tun und Fernbedienungen mit dem männlichen Jagdinstinkt? Hier können endlich Männer und Frauen über Frauen und Männer lachen! Paare über Singles und Singles über Paare. Auf einmalige Art wird Wissenschaft mit Alltag und Humor verbunden. Geldscheine zählen hilft gegen Schmerzen. Botox macht die Stirnfalten und auch das Gefühlsleben platt. Und die Nippel-Konfusion aus der Stillzeit kann bei Männern ein Leben lang anhalten. Und ganz nebenbei erfahren Sie, was bei Liebeskummer wirklich hilft, wie Sie besser streiten können und wie Sie aus einem gemeinsamen Urlaub auch wieder gemeinsam zurückkehren. Wohin geht die Liebe? Das finden Sie am besten selbst heraus. Nur eins ist sicher: Die Wegbeschreibung allein ist schon höchst vergnüglich.

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Seitenzahl: 342

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Dr. med. Eckart von Hirschhausen

Wohin geht die Liebe, wenn sie durch den Magen durch ist?

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Liebe geht durch den Magen. Aber wohin geht die Liebe, wenn sie durch den Magen durch ist? Geht sie ins Blut, ins Herz oder in die Hose? Eckart von Hirschhausen findet verblüffende Erklärungen für die großen und kleinen Gefühle, die Komik im Paarungsverhalten und die Marotten unseres Miteinanders: Warum benehmen sich Makaken im Fahrstuhl emotional intelligenter als Menschen? Was haben weibliche Flirtversuche auf einer Party mit Fruchtfliegen zu tun und Fernbedienungen mit dem männlichen Jagdinstinkt? Hier können endlich Männer und Frauen über Frauen und Männer lachen! Paare über Singles und Singles über Paare.

Auf einmalige Art wird Wissenschaft mit Alltag und Humor verbunden. Geldscheine zählen hilft gegen Schmerzen. Botox macht die Stirnfalten und auch das Gefühlsleben platt. Und die Nippel-Konfusion aus der Stillzeit kann bei Männern ein Leben lang anhalten.

Und ganz nebenbei erfahren Sie, was bei Liebeskummer wirklich hilft, wie Sie besser streiten können und wie Sie aus einem gemeinsamen Urlaub auch wieder gemeinsam zurückkehren.

Über Dr. med. Eckart von Hirschhausen

Dr. med. Eckart von Hirschhausen (Jahrgang 1967) studierte Medizin und Wissenschaftsjournalismus in Berlin, London und Heidelberg. Von Kindheit an begeisterte er sich für die Zauberei und ist Ehrenmitglied im Magischen Zirkel von Deutschland. Seit über 20 Jahren ist er als Komiker, Autor und Moderator in den Medien und auf allen großen Bühnen Deutschlands unterwegs. Seine Spezialität: medizinische Inhalte auf humorvolle Art und Weise zu vermitteln und gesundes Lachen mit nachhaltigen Botschaften zu verbinden. Die Bücher «Die Leber wächst mit ihren Aufgaben», «Glück kommt selten allein …» und «Wohin geht die Liebe, wenn sie durch den Magen durch ist?» machten ihn zu einem der erfolgreichsten Autoren Deutschlands. Mit seinem Bühnenprogramm «Wunderheiler – Wie sich das Unerklärliche erklärt» ist er auf Tournee. In der ARD moderiert Eckart von Hirschhausen die Wissensshows «Frag doch mal die Maus» und «Hirschhausens Quiz des Menschen». Hinter den Kulissen engagiert sich Eckart von Hirschhausen mit seiner Stiftung HUMOR HILFT HEILEN für mehr gesundes Lachen im Krankenhaus, Forschungs- und Schulprojekte und hat einen Lehrauftrag für Sprache der Medizin. Als Botschafter und Beirat ist er für die Deutsche Krebshilfe, die Stiftung Deutsche Depressionshilfe, die Stiftung Lesen und «Klasse2000» Gesundheitsbildung für Kinder aktiv.

Mehr über Eckart von Hirschhausen erfahren Sie unter: www.hirschhausen.com und www.humorhilftheilen.de

Große Liebesgeschichten beginnen oft mit einem einfachen Hallo. Aber damit sie und nicht die Frauen weitergehen, müssen Männer sich schon mehr einfallen lassen. (Hier in Rio de Janeiro im Rahmen eines Kunstprojekts von ART HELPS.)

Vorwort

Die Liebe – ein Thema, so unerschöpflich wie ein Teller Brühe für den, der nur eine Gabel hat. Wir sind alle zwischen zwei unvereinbaren Positionen zerrissen, zwischen Romantik und Realismus. Der Romantiker in uns sagt, dass es für jeden Menschen auf der Welt genau einen richtigen Partner gibt. Und der Realist sagt: «Da muss ja nur einer den Falschen nehmen, und dann geht’s für alle nicht mehr auf.»

Herzlich willkommen zu einem Liebesbuch, das es so noch nicht gegeben hat. Sie werden nichts von Schuhen oder Parklücken lesen. Denn es gibt genau zwei Arten von Menschen: solche, die alles in zwei Gruppen einteilen, und solche, die wissen, dass so etwas Quatsch ist. Ich weiß, dass wissenschaftlich größtenteils unsinnig ist, was über Männer und Frauen kursiert. Aber für Komiker gibt es nichts Dankbareres als die Marotten unseres Miteinanders. Was also tun? Dieses Buch soll gleichermaßen stimmig und erheiternd sein. Und so beziehen sich die Kernaussagen immer auf ein hartes Stück Recherche. Aber das, was mir dazu in den Sinn kommt, ist manchmal auch Unsinn. Und ich traue Ihnen zu, den Unterschied zu erkennen.

Männer und Frauen stammen nicht von Mars und Venus. Beide sind von der Erde, wollen gerne in den siebten Himmel und dafür andere zwischenzeitlich auf den Mond schießen. Und wenn es einen Unterschied gibt, dann die Tatsache, dass Frauen mehr Bücher kaufen als Männer. Aber das ist nicht angeboren. Und es hat auch nichts mit der Steinzeit zu tun. Liebe bleibt bei aller Wissenschaft ein Wunder – das größte überhaupt. Und womöglich hält sie die Welt noch ganz anders zusammen als jedes Elementarteilchen, das wir entdecken.

Dieses Buch ist nicht vollständig. Wie auch, bei einem Thema, das alles umspannt? Wenn Sie bestimmte Dinge vermissen, wie die Liebe zu Freunden, die Anatomie des Genusses und die Bindung zu Kindern, liegt es daran, dass ich darüber in meinem letzten Buch Glück kommt selten allein schon geschrieben habe. Ich bemühte mich, Überschneidungen zu vermeiden. Aber Glück, Sinn und Liebe gehören eben zusammen. Ich biete Ihnen hier auch keine Rezepte oder Konzepte; vielmehr sind es Puzzlesteine, die erst in Ihrem Kopf mit Ihren eigenen Erfahrungen zu einem Ganzen werden. Im besten Fall. Und einige Geschichten haben auch gar nichts mit Liebe zu tun. Einfach so.

Als Arzt fasziniert mich, wie in den letzten Jahren das Bewusstsein dafür gewachsen ist, dass Menschen sich durch positive Gefühle gesund halten und gegenseitig heilen. Leben Verheiratete länger, oder kommt es ihnen nur so vor? Kein Witz, die Liebe ist im wahrsten Sinne lebensentscheidend! Sie beschleunigt die Wundheilung, verhindert Herzinfarkte, und den größten Gewinn an Lebenserwartung haben Menschen, die sich für andere einsetzen. Wir brauchen andere Menschen, um glücklich zu sein. Allein glücklich sein zu wollen, ist so sinnlos, wie sich selbst zu kitzeln. Ähnlich ist es beim Sex: Wird er immer nur allein praktiziert, fehlt irgendwann die Überraschung. Man denkt sich: Es war schön, aber ich habe es kommen sehen. Sex kann zu zweit schöner sein, muss aber nicht.

Frisch Verliebte sind psychiatrisch betrachtet in ihrem Denken bisweilen sehr eingeengt. «Ah, guck mal, da fährt ein rotes Auto. Mein Schatz fährt auch ein rotes Auto. Das beweist, dass er gerade an mich denkt.» Es macht zwar einen großen Unterschied, ob man solche Sätze zu einem Arzt in einer Nervenklinik oder zu seiner besten Freundin sagt, aber beide werden im Zweifelsfall nichts unternehmen, denn diese Störung geht von allein vorbei. Das hat die Natur so eingerichtet, sonst käme man zu nichts mehr. Das Gesunde an der Liebe ist weniger der dramatische Dopamin-Rausch der Ekstase, sondern eher das stille Oxytocin-Glück des Zusammengehörens. Wir sind keine Chemiebaukästen, aber ich glaube, erst wenn man die Biologie der Attraktion versteht, kann man vielleicht verhindern, dass man sich so richtig immer nur in die Falschen verliebt.

Vieles ändert sich: Vor zwanzig Jahren war es noch verpönt, Pornos anzuschauen. Heute gilt man als verklemmt, wenn man es nicht tut – und in zwanzig Jahren wird man wahrscheinlich ausgelacht, wenn man keine eigenen ins Netz stellt.

Ein Wort zu den Schreibweisen: Wenn ich von Männern spreche, verwende ich oft nur die männliche Form. Ich bitte Sie, mir das nachzusehen. Auch jeder, der andere Präferenzen hat, möge mir verzeihen, wenn ich viele Formen der Liebe jenseits von Männlein und Weiblein nicht erwähne, weil ich davon noch weniger Ahnung habe. Ich schreibe dieses Buch aus der Sicht eines Mannes, der Frauen liebt. Gleichzeitig bin ich oft neidisch auf die Frauen. Alle sind neidisch: Wer in einer Beziehung lebt, beneidet die Singles, und wer Single ist, die Paare. Und viele Ehefrauen beneiden ihren Mann, weil der so glücklich verheiratet ist.

Dieses Buch entstand über einen Zeitraum von drei Jahren. Mit dem Thema Liebe habe ich mich wie wohl jeder Mensch etwa seit dem fünfzehnten Lebensjahr beschäftigt, mit sehr durchwachsenem Ergebnis. Aber Komik ist ja Tragik plus Zeit, und so entstand aus Recherche, persönlichem Erleben und Musik mein Bühnenprogramm Liebesbeweise, damit es auch bei den großen Gefühlen etwas zu lachen gibt.

Und weil ich das Interaktive liebe, spreche ich den Leser, also Sie, immer wieder direkt an. Wenn ich aber über Männer oder Frauen spreche, meine ich NIE Sie persönlich. Nur die Menschen, die Sie kennen.

Während meiner Auftritte entsteht gemeinsam mit dem Publikum viel Unerwartetes, was teilweise seinen Weg in dieses Buch gefunden hat; beispielsweise die Streit- und Liebeskarten, die meine Zuschauer in der Pause ausfüllen: «Ich geh mit dir bis ans Ende der Welt – und dann schubs ich dich!» oder «Ich soll Dir noch liebe Grüße von Deinem Niveau ausrichten. Ihr seht Euch ja nicht so oft.» So etwas kann sich keiner ausdenken. Zudem singe ich, daher die Liedtexte, falls Sie sich wundern, was plötzlich die Poesie soll. Was jedoch nicht abgebildet werden kann – die Befreiung, wenn tausend Menschen gleichzeitig lachen und jeder merkt: Ich bin nicht allein.

Dieses Buch muss niemanden verändern. Wahrscheinlich sind Sie sehr okay und liebenswert, so wie Sie sind. Wenn jedoch jeder Leser auch nur eine einzige Idee mitnimmt, sind das schon viele tausend Ideen, die Sie alle hoffentlich leichter und herzlicher durch die nächsten Tage gehen lassen. Mich haben zum Beispiel die free hugs begeistert: Menschen bieten auf öffentlichen Plätzen Umarmungen an, ohne Hintergedanken und ohne Geld dafür zu nehmen. Ich habe es einmal selbst am Alexanderplatz in Berlin ausprobiert. Es ist verrückt, dass so etwas Einfaches, wie in den Arm genommen zu werden, vielen Menschen offenbar fehlt. Und es ist herzerwärmend, wie gelöst coole Großstädter nach der Berührung lächelnd ihrer Wege ziehen. Dass uns Körperkontakt guttut, gerade bei Stress, weiß inzwischen auch die Wissenschaft.

Wenn’s doch nur so einfach wäre. Doch vielleicht ist es das ja. Liebe dich selbst, dann können die anderen dich gernhaben. Liebe ist Weg und Ziel. Aber Umwege erhöhen die Ortskenntnis. Im Song «Nature boy» heißt es: «The greatest thing you ever learn is just to love and be loved in return.» Das Großartigste, was man überhaupt lernen kann: lieben und geliebt zu werden. Das wünsche ich Ihnen und allen und mir auch. Viel Freude mit den Puzzleteilen, Augen auf, Herz auf!

 

Ihr

1.Die Liebe kommt selten allein

Romantik, Oxytocin und Dopamin, Schnittblumen und Topfpflanzen, Taille-Hüfte-Quotient, Exponentialfunktion, Chromosomen, mate copying, Fruchtfliegen, Streithähne, Polygamie, Kavaliere, Hormonspiegel, Unterhaltungselektronik, Redebedarf

Ein großer Schritt für ihn, ein kleiner Schritt für die Menschheit.

Die Bedingungen der bedingungslosen Liebe

Das Wunder der Geburt: Unsere Mutter hat uns auf Anhieb gemocht. Das ist alles andere als selbstverständlich! Wir haben sie über Monate von innen getreten und nächtelang wach gehalten, sorgten für Sodbrennen, Wadenkrämpfe und eine Gewichtszunahme von zwanzig Kilo, von denen sich nach der Geburt nur drei erklärten. Und dann pressten wir uns durch eine sehr empfindliche Körperregion auf die Welt – und bescherten ihr unglaubliche Schmerzen. Mutti dachte, dass wir vielleicht lächeln und rosig sein würden. Aber nein! Wir liefen blau an und plärrten! Doch Mutti sah uns und hatte uns lieb, sozusagen frisch gepresst.

Wie ist das möglich? Nur mit massivem Einsatz einer bewusstseinsverändernden Droge, des Hormons Oxytocin. Dieser zentrale Botenstoff in unserem Gehirn wird auch gerne als «Kuschelhormon» bezeichnet. Es hat für unsere Bindungen und unser soziales Verhalten jedoch noch viel komplexere Funktionen, die die Wissenschaft derzeit nur ansatzweise versteht. Als Erstes taucht Oxytocin massiv direkt nach der Geburt auf, als die rosa Brille der Evolution: Jede Mutter der Welt blickt auf ein käsig verschmiertes Etwas und sagt: «Das ist das schönste Kind, das jemals geboren wurde!» Und du stehst als Arzt daneben und möchtest diesen kostbaren Moment nicht zerstören. Aber in deinen Adern ist weniger Oxytocin präsent, stattdessen viel mehr Adrenalin. Was sagt man dann? «Ja, stimmt, jetzt wo Sie es sagen. Gut, es gab hier auf der Station schon ein paar Geburten, aber so ein hübsches Kind, nein, das ist wirklich das schönste!»

Ein Gegenbeispiel: Wenn einen Mann ein Nierenstein plagt, der auch über einen natürlichen Weg ins Freie muss, dann tut das ebenfalls sehr weh und dauert Stunden. Aber ich habe noch nie erlebt, dass ein Mann in dem Moment, in dem das verdammte Ding endlich draußen war, spontan zärtliche Gefühle für den Stein entwickelte. Ich kenne auch keinen Patienten, der seinen Stein mit nach Hause genommen hat, sich ein Leben lang für ihn verantwortlich fühlte und im Nachhinein sagte: «Das war der schönste Moment in meinem Leben.» Da fehlt einfach das Hormon.

Oxytocin spielt auch nach der Geburt eine große Rolle. Es sorgt für den Milcheinschuss und dafür, dass sich die Gebärmutter wieder zusammenzieht, was noch einmal sehr weh tun kann. Mütter haben dennoch beim Stillen oft einen friedlichen Gesichtsausdruck. Dahinter steckt ebenfalls das Kuschelhormon. Es gelangt über die Milch ins Kind, deshalb heißt es ja auch Stillen: weil das Kind danach still ist. Rundum befriedigt, satt und selig schläft es ein. Auch beim Sex wird Oxytocin freigesetzt, was wiederum erklärt, warum der Mann danach rundum befriedigt, satt und selig einschläft. Liebe Frauen, schaut euren Männern dann einmal ins Gesicht, ihr seid ja noch wach. Das ist das Gesicht eines satten Säuglings. Und weder einem Schlafenden noch einem Säugling kann man ernsthaft böse sein, oder? Die Idee der «bedingungslosen Liebe» stammt meines Erachtens aus der Stillzeit. Sie ist ein Ideal.

In der Realität geht es leider viel zu oft schief. Jede siebte Mutter hat nach der Geburt kaum positive Regungen, sondern eine Wochenbettdepression, die nicht immer erkannt wird. Und auch jeder zehnte Vater wird im ersten Jahr depressiv. Dabei haben die Väter in den ersten Monaten schon eine wichtige Funktion, wenn sie denn da sind. Eine aktuelle britische Studie zeigt, dass insbesondere Jungen sich besser entwickeln und später weniger verhaltensauffällig werden, wenn der Vater im ersten Lebensjahr liebevoll mit ihnen umgeht. Ein einfühlsamer Vater tut nicht nur dem Kind gut; auch sein eigenes Gehirn verändert sich so massiv wie seit der Pubertät nicht mehr. Dank des Bindungshormons entwickeln sich seine sanften Seiten. Das Testosteron sinkt – im Gegensatz zum Körpergewicht. Und während die Frauen den Kugelbauch nach der Schwangerschaft verlieren, bleibt er den Männern oft erhalten. Dafür erleben Eltern einen neuen Sinn und neue Prioritäten im Leben. Zum Beispiel: Schlaf!

Wer selbst keine sicheren Beziehungserfahrungen gemacht hat, tut sich schwer, selbst Stabilität an die nächste Generation weiterzugeben. Und mit der bedingungslosen Liebe ist es nach ein paar Monaten für alle nicht mehr ganz so einfach. Denn die setzt ein symbiotisches Verhältnis voraus, ein Verschmelzen zu einer großen Einheit. Wenn jedoch das Baby beginnt, seinen eigenen Willen zu entwickeln, wird es anstrengender. Gut, das erste Mal hebt jeder noch gerne den Schnuller vom Boden auf. Aber auch das achte Mal, wenn offensichtlich ist, dass er nicht durch Zufall dorthin gelangt ist?

Eine moderne Theorie der Liebe zwischen Mann und Frau behauptet, sie sei ein «Abfallprodukt» der Liebe zwischen Mutter und Kind. Diese Ur-Bindung, welche für unser Überleben als Säugetiere entwickelt wurde, ist im Laufe der Evolution zur partnerschaftlichen Beziehung erweitert worden, aber unter Verwendung derselben Andockstellen und hormonellen Systeme. Das würde erklären, warum sich frisch Verliebte so gerne füttern und kitzeln und ihr Wortschatz wochenlang nur aus «Dududu» besteht. Anderseits macht dies auch plausibel, warum wir uns, wenn wir von einem Partner verlassen werden, wie ein kleines Kind verhalten. Wir fühlen uns hilflos, schreien und heulen, als hätte uns Mama mit vier Jahren im Supermarkt vergessen. Und über allem steht der Wunsch, geliebt zu werden, wie man ist, angenommen zu sein wie damals an der Mutterbrust. Aber das ist im wahrsten Sinne ein bisschen infantil.

Was mich als Komiker immer gewundert hat: Warum gibt es so unendlich viele schlechte Witze über Schwiegermütter? Vielleicht hängen diese auch mit unserem Bindungssystem zusammen, denn jeder Partner weiß, dass er in Intensität und «Vorlauf» niemals an die Mutter-Kind-Beziehung herankommen kann. Die Schwiegermutter kannte unseren Partner zuerst. Sie war die erste große Liebe. Und auch wenn jemand schon andere Partner vor uns hatte, eine andere Mutter hatte er nie! Womöglich kommt daher die latente Eifersucht auf jemanden, dem man letztendlich zu verdanken hat, dass es den Partner überhaupt gibt. Nach meinen bundesweiten Umfragen ist die häufigste Äußerung im Streit: «Du wirst deiner Mutter immer ähnlicher.»

Zur Bindungs- und Herzensbildung gehören in unserer Kultur sehr widersprüchliche Dinge: «sich selbst verwirklichen» und «selbstlos sein». Ob Kinder glücklich machen, hängt davon ab, ob man sie als Hindernis zur Selbstverwirklichung erlebt – oder als Weg dorthin. Oder als Wert an sich. Elternschaft erzeugt insbesondere in Männern viele positive Gefühle, weil sie mit den Kindern eine neue Dimension von Sinnhaftigkeit erfahren. Gut, sie leisten auch meist nicht die anstrengende Dauerbetreuung. In einer Studie zeigte sich, dass reiche Eltern weniger Freude mit ihren Kindern erleben, vielleicht, weil sie versuchen, viele andere Optionen für ihr Leben parallel zu verwirklichen. Das wird auch mit mehr Kindergeld nicht besser. Es ist wie immer komplex.

«All you need is love», sangen die Beatles. Alles, was man braucht, ist Liebe?

Aus der Medizin weiß ich, dass es kaum ein wirksameres Medikament gibt als Zuwendung. Was lange mit dem Spruch «Das ist doch nur Placebo» abgetan wurde, hat große heilende Effekte. Es ist in der Testung von Medikamenten ein reales Problem, den Einfluss von Glaube, Liebe und Hoffnung von der tatsächlichen Wirkung des Medikamentes zu trennen. Vielleicht war es auch ein Irrweg, statt einzelner Medikamente nicht ebenso akribisch die Wirkung von liebevoller Zuwendung zu untersuchen. Aber all das ändert sich ja gerade rasant.

Kann man sich selbst Liebe als Medikament verordnen? Eine Übung, die aus der buddhistischen Tradition stammt, aber auch in vielen Varianten in unserem Kulturkreis praktiziert wird, ist die loving kindness-Meditation. Mit ihrer Hilfe versucht man, diesem ursprünglichen Gefühl grenzenloser Liebe nahezukommen und es im wahrsten Sinne zu kultivieren. Zuerst stellt man sich jemanden vor, den man sehr gerne mag. Man beobachtet, welche Gefühle sich dabei in der Brust einstellen, und lässt sie wachsen und stärker werden. Dann versucht man, dieses warmherzige Gefühl aufrechtzuerhalten, während man an andere Menschen denkt, die einem nicht so nahestehen. Die einfachere Variante empfahl Mark Twain: «Ehe man anfängt, seine Feinde zu lieben, sollte man seine Freunde besser behandeln.»

Ein paradoxes Ergebnis der Meditationsforschung: Die Fähigkeit zum Mitgefühl für andere wird trainiert, während man allein auf einem Kissen sitzt und seinem Atem folgt. Kurse für MBSR – Mindfulness-Based Stress Reduction, auf Deutsch «Achtsamkeitstraining» – gibt es inzwischen auch «auf Kasse». Augen zu, atmen, schmunzeln, und wenn man die Augen wieder aufmacht, merkt man, was alles schon da ist, man staunt wie ein Kind und verliebt sich ins Leben.

Buddhisten haben mehrere Lebenszyklen auf der Erde, um bedingungslose Liebe zu erreichen. Sie ahnten schon lange vor uns, dass etwas Lebensentscheidendes in uns schlummert, was genährt werden möchte, obwohl sie noch gar nichts von Oxytocin wussten. Und wir sind gerade erst dabei, diese Zusammenhänge zu entdecken, die uns von Beginn unseres Lebens an prägen.

In einem berühmten jüdischen Witz streiten sich ein Protestant, ein Katholik und ein Rabbi, wann das Leben beginnt: «Mit dem ersten Atemzug», meint der Pastor. «Nein, bereits mit der Einnistung der Eizelle», kontert der Priester. Der Rabbi schüttelt nur schmunzelnd den Kopf: «Wann beginnt das Leben? Wenn die Kinder aus dem Haus sind und der Hund tot!»

Lied und Schatten

«Wie soll ich meine Seele halten, daß sie nicht an deine rührt?» In dem «Liebeslied» von Rainer Maria Rilke klingt ein großes Thema an: Liebe und Musik. »Doch alles, was uns anrührt, dich und mich, nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich, der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.»

Ein schönes Bild für die Harmonie, die nicht darin besteht, dass die zwei Saiten verschmelzen, sondern gegenseitig zum Klingen gebracht werden. Deshalb ragt es bis heute aus dem Meer der deutschen Liebeslyrik heraus. Indes – dieses Meer hat mehr Untiefen als Tiefen. Gerade weil so vieles an der Liebe unaussprechlich ist, gibt es so unsagbar viele idiotische Liebeslieder. Da zweifelt man am Volk der Dichter und Denker, wobei die deutschen Denker immer äußerst skeptisch ihrer Gefühlswelt gegenüber waren.

Immanuel Kant meinte, die Ehe sei ein Gesellschaftsvertrag zur gegenseitigen Nutzung der Geschlechtsorgane. Da fragt man sich doch heute: Mensch, gibt es nicht auch Leasing? De facto kannte Kant kaum Frauen, er kam nie aus seiner engen Studierstube in Königsberg heraus. Das einzig Warme, Runde und Weiche, was er kennenlernte, waren Klopse. Er war besessen von der Suche nach dem «Ding an sich» und machte wohl nie die Erfahrung, wie viel schöner es ist, wenn jemand anders es an dir findet. Nietzsche wiederum tönte: «Gehst du zum Weibe, vergiss die Peitsche nicht!» Da fragt man sich heute: Was kannte der für Frauen, die keine eigene Peitsche haben?

Viel hat sich geändert in den letzten hundert Jahren, aber im Denken durchgesetzt haben sich nicht die Denker, sondern die Dichter der Deutschen. Sie preisen seit Jahrhunderten unverändert das Hohelied der romantischen Liebe, voller Sturm und Drang, voller Willkommen und Abschied, voller großer Gefühle und mit vollem Griff ins Klo. Ihre Aussagen sind gefährlich, denn es wird stets davon ausgegangen, dass es diese eine wahnsinnige Liebe gibt, und wenn die vorüber ist, erfriert man in der Hölle («Hölle, Hölle, Hölle»). Entschuldigung? Frieren in der Hölle? Das ist theologisch und thermodynamisch ein himmelschreiender Unsinn. Aber das sind die Bilder, mit denen wir alle kollektiv unbewusst herumlaufen. Man wundert sich doch auf Partys immer wieder, wie viele gebildete Menschen alle Schlagertexte auswendig mitsingen können. Zeit also, diese Texte einmal einer kritischen Würdigung zu unterziehen.

Das erste Liebeslied, an das ich mich erinnern kann, hörte ich bei meiner Oma. Sie liebte Operette, hatte noch alte Platten von Franz Lehár, mit so einprägsamen Liedzeilen wie: «Dein ist mein ganzes Herz, wo du nicht bist, kann ich nicht sein.» Wie oft habe ich als kleiner Junge darüber nachgedacht, was damit wohl gemeint sein könnte. Wo du nicht bist, kann ich nicht sein? Hä? Das widersprach aller meiner bis dahin gesammelten Lebenserfahrung. Und je länger ich über diesen Sachverhalt nachdachte, desto weniger Sinn machte er. Rückblickend lässt sich daraus aber schließen:

Regel Nummer eins für erfolgreiche Liebeslyrik: Schnell weitersingen, bevor jemand ins Grübeln kommt.

Regel Nummer zwei: Alle Liebeslieder haben ähnliche Inhalte, die Form jedoch wird ab und an modernisiert.

Dementsprechend hat Heinz Rudolf Kunze dieses Lied durch die denkwürdige Zeile variiert: «Dein ist mein ganzes Herz, du bist mein Reim auf Schmerz.» Du bist mein Reim auf Schmerz? Meine Oma hörte immer: «Du bist mein Rheumaschmerz.» Und fühlte sich von diesem Mann total verstanden. Ich habe sie selbstverständlich in dem Glauben gelassen.

Denn Regel Nummer drei lautet: Sing undeutlich, damit jeder das heraushört, was er gerne hören möchte und gerade braucht. Und verwende Bilder, die so allgemein sind, dass jeder denkt: Genau wie bei mir! Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert auch ein guter Teil der Psychotherapie.

Regel Nummer vier: Sing auf Englisch. Dann weiß eh keiner genau, worum es geht. Das Lied «Blähung des Wechselgeldes» wäre in deutscher Sprache kein Hit geworden. «Wind of Change» dagegen funktioniert weltweit. Ich weiß bis heute nicht, worum es in dem Lied geht, aber es ist mir auch egal. Ich hole einfach das Feuerzeug heraus und fühle mich gut. Darauf kommt es an. Der Inhalt wird überbewertet.

Regel Nummer fünf: Franzosen sind auch nicht besser: «L’amour c’est comme une cigarette.» Liebe ist wie eine Zigarette. Also am Anfang Feuer, am Ende Asche und alles Gift im Mundstück.

Haben Frauen bessere Liebeslieder gesungen? Marianne Rosenberg zum Beispiel: «Er gehört zu mir wie mein Name an der Tür …» Ich habe dieses Lied nie verstanden. Welcher Name soll denn da sonst stehen? Mustermann – wenn die Klingel neu ist. Aber was will die Metaphorik dieses Songs uns sagen? Kein Mann möchte mit einer Klingel gleichgesetzt werden. Eine Klingel bedeutet: Du hängst draußen rum und darfst nicht rein. Vielleicht ist das ja eine versteckte Botschaft an den Mann von der GEZ?

Diese Jougend!

Man darf über Liebeslieder nicht nachdenken, denn streng genommen gibt es nur zwei Grundmuster:

Kategorie Nummer eins: «Oho, wenn du doch da wärst.»

Kategorie Nummer zwei: «Oho, wenn du doch zurückkämst.»

Sollte es uns nicht stutzig machen, dass es so wenige Lieder gibt mit dem Motto «Wo du nun schon mal da bist»? Kennen Sie eins? Fehlanzeige. Das Drama herrscht vor. Es geht immer um den Beginn oder das Ende, Verlieben und Trennen, aber so selten um den Mittelteil. Ich habe nun ein Loblied auf die Langzeitbeziehung geschrieben. (Und wenn Sie es hier nicht nur lesen möchten [siehe Seite 227], sondern auch sehen oder hören, dann lade ich Sie herzlich zu meinem Bühnenprogramm Liebesbeweise ein. Und zum Laut-Mitsingen ist es auch auf der DVD zum Programm erhältlich.)

Ein weiterer Dauererfolg und Ohrwurm stammt von Peter Maffay: «Und es war Sommer, das erste Mal im Leben. Es war Sommer, das allererste Mal. Und als Mann sah ich die Sonne aufgehn, und es war Sommer …»

Welch seltsame Mischung aus Redundanz und Penetranz, Transpiration und Penetration. Geht es ums Wetter? Nein! Dieses Lied macht nur Sinn, wenn man voraussetzt, dass Sommer ein anderes Wort für Geschlechtsverkehr ist. Ein Synonym für Sex. Und dann versteht man auch, was Rudi Carrell meinte: «Wann wird’s mal wieder richtig Sommer, ein Sommer, wie er früher einmal war?» Wenn es nicht mehr so ist, wie es früher einmal war – gehen Sie zum Arzt. In den allermeisten Fällen kann geholfen werden.

Aber den absoluten Tiefpunkt deutscher Liebeslyrik erreichte Roland Kaiser mit dieser Textzeile: «Manchmal möchte ich schon mit dir eine Nacht das Wort Begehren buchstabieren.» Die Ergebnisse der Pisa-Studie waren schon schlecht, aber dass jemand eine ganze Nacht braucht, um das Wort B-e-g-e-h-r-e-n zu buchstabieren … Ist das ein würdiger Satz für das Land der Dichter und Denker?

So, jetzt habe ich mich aber lange genug über schlechte Poesie in Liebesliedern lustig gemacht. Viel wichtiger ist es doch, einmal zu sagen, was einem gefällt! Und tatsächlich habe ich schöne Metaphern für die Liebe in zwei Songs gefunden, allerdings auf Englisch. Bette Midler singt in «The Rose»: «Some say love, it is a river that drowns the tender reed. Some say love, it is a razor that leads your soul to bleed.» Die Liebe ist eine Rasierklinge. Das stimmt. Erst wird man eingeseift, eine Weile läuft es glatt, und – zack – hast du dich geschnitten. Aber man kann sich doch jetzt aus Angst vor Verletzungen nicht nur noch trocken rasieren. Liebe und Rasieren sind durch elektrische Geräte nicht zu ersetzen!

Und weiter heißt es: «Just remember in the winter, far be-neath the bitter snow, lies the seed that with the sun’s love, in the spring becomes the rose.» Die Liebe ist ein Samenkorn, welches im Erdreich wartet, bis die Sonne alle Bitterkeit zum Schmelzen bringt. Dann erst wächst es heran, durch das Erdreich hindurch, und erblüht im nächsten Frühjahr zu einer Rose.

Wer bitte hat so viel Zeit? Es gibt doch auch Schnittblumen!

Schnittblume oder Topfpflanze, das ist die Lebensentscheidung bezüglich der Liebe und einer Beziehung. Denn beide Modelle haben etwas für sich. Die Schnittblume ist schön, lässt aber rasch den Kopf hängen, und dann muss die nächste Schnittblume gefunden werden. Eine nach der anderen, Hauptsache, immer frisch. Dieses Modell heißt wissenschaftlich «serielle Monogamie». Im Volksmund «Modell Matthäus». Und ich meine nicht den Evangelisten. Muss ich ja bei so gebildeten Lesern dazusagen. Das Modell Schnittblume hat einen entscheidenden Nachteil. Wenn es mit einer der getriebenen Blüten doch ernst wird, kann eine Schnittblume niemals Wurzeln schlagen.

Das spricht für das Gegenmodell: die Topfpflanze. Menschen, die sich dafür entscheiden, sagen: «Davon hat man einfach länger etwas!» Hinter vorgehaltener Hand geben sie zu, dass im Topf nicht immer Frühling ist. Die Pflanze ist auch nicht so in den Himmel gewachsen, wie man sich das einmal vorgestellt hat. Und manchmal herrscht Dürre. Dann muss schon mal der Nachbar helfen, wenn einer unterwegs ist, mit dem Feuchthalten. Aber man bleibt bei seinem Topf.

Welches Modell ist nun besser? Mein zweites Lieblingsliebeslied ist von John Denver. Er hat seine Zweifel: «Perhaps love is like a window, perhaps an open door, it invites you to come closer, it wants to show you more, and even if you lose yourself, and don’t know what to do, the memory of love will see you thru.» Liebe ist ein offenes Fenster und eine offene Tür. Klingt total offen, aber auch ein bisschen zugig. Nicht, dass sich wer erkältet. Wenn Beziehungen sehr offen sind, ist leicht einer mal verschnupft. «And some say love is holding on, and some say letting go, and some say love is everything, some say they don’t know.»

Liebe ist alles, alles ist Liebe. Was wissen wir davon? Nischt! Danke, John Denver.

Aufreißkalender.

Was dem einen sein Pferd, ist dem anderen sein Hengst, seine Pussycat oder sein Zendungsbewusstsein.

Wonach suchen wir eigentlich?

Eine der wichtigsten Entscheidungen überhaupt ist die Partnerwahl. Davon hängt nicht nur die Qualität unseres Lebens ab, sondern auch die der nächsten Generation. Und so leiten die Evolutionspsychologen seit Jahren praktisch alles menschliche Verhalten aus diesem Dilemma ab: Wie findet man den Richtigen? Wie bekommt man seine Gene in die nächste Runde? Die Standarderklärung von Geschlechterklischees lautet: weil das schon in der menschlichen Evolution ganz früh so angelegt wurde … Deshalb würden Männer nach knallharten Kriterien wie dem «Taille-Hüfte-Quotienten» gehen, sogar die, die nicht wissen, was ein Quotient ist. Das ist der Vorteil von angeborenen Reiz-Reaktions-Mechanismen. Sie funktionieren auch ohne Verstand.

Fragt man Männer, was ihnen als Erstes an einer Frau auffällt, antworten sie gerne: «Die Augen!» Frauen fällt dagegen bei Männern zuerst auf, wie schlecht sie lügen. Was nach einer Studie daran liegt, dass der Anblick einer schönen Frau tatsächlich die kognitiven Fähigkeiten eines Mannes schwinden lässt, auch wenn er sie sich nur vorstellt, zum Beispiel am Telefon oder am Computer. Ich habe mir das nicht ausgedacht, mir ist es auch peinlich. Gerade wenn Männer beeindruckt sind und unbedingt einen guten Eindruck machen wollen, fehlen ihnen die Ausdrucksmittel, und sie können nur noch stammeln.

Breite Hüften verraten Fruchtbarkeit, und deshalb fahren Männer auf Rundungen ab. In der Praxis ist es im 21. Jahrhundert so, dass Männer nicht wirklich darauf stehen, wenn die Frau sich bereits drei Wochen nach dem Kennenlernen als fruchtbar herausstellt. Andersherum stehen Frauen traditionell evolutionär auf Typen, die Bäume ausreißen können, haben aber oft gar keinen passenden Garten dazu. Also, höchste Zeit, unsere Muster zu durchschauen und zu überlegen, welche denn heute tatsächlich noch Sinn machen.

Zum Ersten: In der Steinzeit war ja keiner dabei. Wie es damals wirklich zugegangen ist, ob die Männer immer Bären und die Frauen immer nur Beeren sammelten, weiß kein Mensch. Zum Zweiten: Vor zehntausend Jahren muss etwas Entscheidendes passiert sein, was sich bis heute nachweisen lässt. Auf den Chromosomen gibt es sehr lange Abschnitte, die sich über Generationen nicht verändern. Anhand der Varianten, die man bei verschiedenen Menschen findet, kann man zurückrechnen und fiktive Stammbäume basteln. Dann kann man abschätzen, wie eng zwei lebende Menschen miteinander verwandt sind. Und man kann Landkarten erstellen, die zeigen, wo welche Gene heutzutage noch häufig oder selten sind. Und so findet man ansatzweise heraus, wer in Urzeiten was miteinander gehabt haben muss, ohne dass Illustrierte aus dieser Zeit überliefert sind.

Wenn man sich die Chromosomen im Detail anschaut, entdeckt man etwas Erstaunliches: Vor etwa zehntausend Jahren wurde eins der erfolgreichsten Fernsehformate der Neuzeit erfunden – Bauer sucht Frau! Wobei ich hier aus Loyalität zur ARD einmal betonen möchte, dass es vor Inka Bause schon Ina Müller war, die mit Land & Liebe eine rustikale Kuppelshow mit vielen Anhängern und Anhängerkupplungen präsentierte. Aber wer hat es erfunden? Menschen im Neolithikum, nicht zu verwechseln mit ZDF Neo. Andere Zielgruppe. Bauernpräsident Gerd Sonnleitner behauptete: «Bauer sucht Frau hat mit der Realität nichts zu tun.» Dem widersprechen jetzt britische Wissenschaftler. Sie haben die genetische Vielfalt der europäischen Bevölkerung untersucht. Und die große Überraschung: Anhand der heutigen europäischen Y-Chromosomen lässt sich rekonstruieren, dass damals Männer von anderen Stämmen eingewandert sein müssen, die die hier ansässigen Frauen irgendwie begeistern konnten. Was hatten diese Männer, was unsere Dorfjugend nicht hatte? Falsche Frage. Es gab keine Dorfjugend, denn in Zentraleuropa wurde noch gejagt und gesammelt. Die angereisten Kerle stammten aus Anatolien und hatten ein Erfolgsrezept: Ackerbau! Offenbar waren die Frauen aus der Region das ewige Jagen und Sammeln leid und ließen sich gerne mit den Fremden erst ein und dann häuslich nieder. Und was sagten sie womöglich zum Abschied zu ihren ausgestochenen Ex-Partnern? «Mach dich vom Acker!»

Bauer sucht Frau ist somit nicht das Ende der abendländischen Kultur, sondern ihr Anfang! An ein paar Grundwahrheiten des Lebens kommt das Fernsehen eben nicht vorbei. Oder wie es die geschätzte Kollegin Ina Müller auf den Punkt bringt: «Schöönheit vergeiht, Hektar besteiht.»

Aber vor zehntausend Jahren konnte ja keiner ahnen, dass der Siegeszug der Sesshaftigkeit einmal auf dem Fernsehsessel enden würde. Hat sich seitdem an den Mustern der Partnerwahl gar nichts mehr geändert? Doch, die Auswahl auf unseren Partnerbörsen ist ins fast Unendliche gewachsen! Früher reichte es, der oder die Schönste im Dorf zu sein, heute ist der Stress viel größer: Es gilt unter sieben Milliarden Menschen den einen Richtigen zu finden.

Aber wonach wählen wir aus? Was bestimmt den berühmten ersten Eindruck, und wie lässt der sich manipulieren?

Dank moderner Computertechnik lassen sich Fotos «morphen», das heißt, man macht aus zwei Gesichtern ein «gemischtes». So erscheint ein Gesicht zum Beispiel männlicher, wenn man mit Schatten und Kanten die Knochen härter hervorspringen lässt. Entsprechend wird es weiblicher durch mehr Polster an den Wangen. Eigene persönliche Gesichtszüge wie Augenabstand, Farbe, Nasenwinkel etc. lassen sich so abgestuft in ein fremdes Bild rechnen, dass man sich zwar nicht direkt erkennt, aber dass das so entstandene Gesicht einem automatisch vertraut vorkommt.

Lässt man diese manipulierten Fotos bewerten, mögen wir die «Personen» am meisten, in deren künstlichem Gesicht Anteile von unserem eigenen enthalten sind. Wen suchen wir im anderen? Uns selbst! Die Evolutionspsychologen meinen, dass man aus der Ähnlichkeit im Gesicht auf gemeinsame Gene schließt und lieber mit jemandem die Kinder großzieht, der gut zur Familie passt, als mit jemandem, der ganz anders ist. Es heißt ja immer, dass Paare sich über die Zeit ähnlicher werden. Das stimmt. Das gilt auch für Hunde und ihre Herrchen. Ein Teil der Erklärung ist, dass ein gemeinsamer Lebensstil eine parallele Gewichtszunahme nahelegt. Und wenn beide oft lachen oder beide oft grollen, sich auch das in ähnlichen Gesichtszügen langfristig niederschlägt. Die viel einfachere Erklärung aber lautet: Man wird sich ähnlich, weil man sich von Beginn an ähnlich war und sich deshalb gegenseitig ausgesucht hat.

Nach diesem Muster funktionierte auch folgende Studie: Ausgerechnet im tiefkatholischen Trier sollten fünfzig Männer Fotos von nackten Frauen beurteilen. Bei einem Teil der Frauen hatte man Merkmale des männlichen Betrachters dem Bild beigemengt, in das Gesicht, versteht sich. Gerade so viel, dass es nicht groß auffiel, das Bild aber vertrauter wirkte. Die Hälfte der Männer wurde künstlich unter Stress gesetzt, indem sie eine Hand drei Minuten in eiskaltes Wasser halten mussten – Herzfrequenz, Blutdruck und Stresshormone stiegen. Männer aus der Ins-kalte-Wasser-geworfen-Gruppe entschieden sich signifikant öfter für Frauen, die keine Ähnlichkeit mit ihnen aufwiesen. Entspannte Männer wählten Frauen, die ihnen selbst glichen. Gegensätze ziehen sich an? Offenbar nur, wenn wir unter Strom stehen.

Für stabile Partnerschaften gilt wissenschaftlich eindeutig belegt das Motto: «Gleich und Gleich gesellt sich gern.» Was uns vertraut vorkommt, ist vertrauenswürdig und hilft, die eigenen und ähnliche Merkmale weiterzugeben. Wählt man genervt eher Andersartige, kommt es zu den typischen Übersprunghandlungen in Torschlusspanik: Je verzweifelter man sucht, desto eher gerät man an den oder die Falsche.

Für mich wirft der Versuch aber neue Fragen auf. In der Studie steht, auch von anderen Tieren sei bekannt, dass Stress den Reproduktionstrieb steigere. Ich kenne genug Leute, die unter vier Augen versichern, unter Stress versiege der Reproduktionsdrang. Könnte es sein, dass man eigentlich einen guten Partner hat, ihn aber unter Stress irrtümlich für ungeeignet hält? Was mir auch schleierhaft bleibt: Warum verändert man die Gesichter, wenn man dann doch Nacktbilder zeigt? Wozu kaltes Wasser vorher, wenn man fünfzig nackte Frauen betrachten soll? Braucht man es nicht eher danach?

Allzu ernst darf man Studien zum Paarungsverhalten nicht nehmen, denn diese werden meist an Psychologiestudenten durchgeführt. Die größte Studie ist das Leben selbst: Wären wir nur eine Marionette unserer Gene, müsste man erwarten, dass eineiige Zwillinge mit gleicher Erbsubstanz sich auch sehr ähnliche Partner suchen. Tun sie aber nicht. Es gibt also Spielraum, sich immer wieder überraschen zu lassen und eigene Wege zu gehen.

Natürlich haben wir einen evolutionären Auftrag und eine genetische Komponente, die mitbestimmt, wen und was wir aufregend finden. Wenn die Geschlechtsorgane zwischen den Armen lägen, würde man vielleicht sagen: Sie haben so schöne lange Arme, wer weiß?

Und: Warum hat man nur Männer untersucht? Seit wann haben die etwas mit der Partnerwahl zu tun? Der Mann wirbt, wählen tut die Frau. Den meisten Stress kann man sich als Mann ersparen, wenn man sich für eine Frau entscheidet, die einen bereits gewählt hat. Männer können einen Namen und ein Herz in den Schnee pinkeln. Aber die Frau setzt den Punkt.

Die Bilder, die wir von Sex im Kopf haben, sind oft weit von der Realität entfernt.

Sextipps, die wirklich funktionieren

Sie sind auf diese Überschrift reingefallen? Auf unzähligen Zeitschriftencovern werden einem die ultimativen Sex- und Diättipps versprochen. Und immer wieder kauft man das Heft, in der Hoffnung, schlank und sexy in einer Woche zu werden. Gut, dass es nächste Woche wieder ein neues Heft gibt, für den Fall, dass die eine Woche nicht gereicht hat, aus uns eine Jennifer Lopez oder einen Brad Pitt zu machen. Wobei ich gar nicht weiß, wie viel Spaß und Sex die beiden im wirklichen Leben haben. Wenn die überhaupt ein wirkliches Leben haben. Oder Sex. Jedenfalls nicht miteinander. Das hätte man gehört. Da ist wieder auf die Hefte Verlass!

Neulich stand auf einem Cover: «Supertipps für Outdoor-Abenteuer». Erwartungsfroh kaufte ich die Zeitschrift, zu Recherchezwecken und weil ich dachte, wer weiß, vielleicht kann ich noch etwas lernen. Und dann stand dort wörtlich als Supertipp: «Nehmen Sie eine Decke mit!»

Erst ärgerte ich mich über das Heft, dann über meine Naivität, zu glauben, dass für so etwas wie Sex, was seit Millionen Jahren auf diesem Planeten praktiziert wird, in der letzten Woche irgendetwas fundamental Neues erfunden worden sei. In einer anderen Frauenzeitschrift – ich war beim Friseur – hieß es, man solle die Frau überraschen und auch mal Dominanzspiele ausprobieren: spielerisch an den Haaren packen und ins Bett zerren. Stand in einer Frauenzeitschrift! Und im gleichen Heft: Kurzhaarfrisuren. Da weißt du doch schon, die glauben ihren Quatsch selbst nicht.

Weiter war zu lesen: Man solle auch mal ungewöhnliche Orte aufsuchen, zum Beispiel den Keller oder die Waschküche. Dann solle man sich auf die Waschmaschine setzen, und spätestens beim Schleudergang seien ungekannte Hochgefühle garantiert. Sie dürfen sich jetzt gerne fremdschämen, aber ohne ins Detail zu gehen – ich habe es versucht und darf verraten: Es war nicht so. Es lag aber auch an mir. Ich merkte zu spät, wir saßen auf dem Trockner.

Gibt es denn gar nichts Vernünftiges zu diesem Thema? Ein Hauch Wissenschaft gefällig?

In Langzeitbeziehungen nimmt die Beischlaffrequenz in einer Exponentialfunktion ab. Konkret heißt das: Wenn Sie für jeden Geschlechtsverkehr in den ersten beiden Jahren der Beziehung eine Murmel in ein Glas tun und ab dem dritten Jahr für jedes Mal wieder eine Murmel aus dem Glas entfernen, wird das Glas bei den meisten nicht mehr leer. Rein statistisch. Ich will Sie nicht frustrieren, im Gegenteil. Sie sind wahrscheinlich normaler, als Sie denken! Andere Menschen haben auch nicht mehr Sex als Sie. Überraschenderweise ist es also keine Frage des Alters, sondern der Dauer der Beziehung. Zwei Fünfzigjährige, die sich erst zwei Jahre kennen, haben im Durchschnitt mehr Sex als zwei Dreißigjährige, die schon zehn Jahre zusammen sind. Also, egal wie alt Sie sind, werden Sie ein bisschen erwachsen.

Es ist naiv zu glauben, dass man nach zehn Jahren plötzlich so übereinander herfällt wie in den ersten Wochen. Wie soll man jemanden vermissen, wenn er immer da ist? Dass blindes Begehren schwindet, hat die Natur extra so eingerichtet, sonst käme man ja zu nix mehr im Leben. Andererseits: Würden wir uns erst fortpflanzen, wenn der Zauber der ersten Zeit vorbei ist, wären wir wahrscheinlich ausgestorben. Das Dilemma unserer Kultur: Wir wollen alles, immer, gleichzeitig, und das sogar auch noch mit einem Menschen. Das mag es geben, ist aber unwahrscheinlich. Den meisten Menschen geht es so, dass sie entweder vertraut miteinander oder scharf aufeinander sind. Auch in unserem Gehirn gibt es dafür zwei verschiedene Hormonsysteme: Zu Beginn der Beziehung dominiert das Dopamin, der Rausch, die Ekstase, das Verbotene, das Fremde, das Huhuhuhuhu. Einige erinnern sich. Auf Dauer nimmt jedoch das Oxytocin zu, das Vertraute, das Verbindende: gemeinsame Erlebnisse, Ziele, Kinder, Immobilien und Kredite, das ganze Programm der langfristigen Bindungen. Oder etwas poetischer: Liebe macht blind, aber eine Beziehung stellt die Sehkraft wieder her. Wie soll man jemanden jagen, wenn er schon nackig neben einem liegt? Da fehlt einfach die triebhafte Spannung. Tiere vermehren sich auch nicht in Gefangenschaft.

Deshalb stellen sich viele insgeheim beim Sex jemand anders vor, damit es aufregender wird. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, solange man keine falschen Namen ruft. Ein echtes Selbstwertproblem hat man eigentlich erst, wenn man sich vorstellt, man selbst wäre jemand anders. Männer sind beim Sex Feuerwehrmänner. Wenn die Glut aufflackert, gilt es, schnell zu handeln. Frauen sind eher wie Kaminholz, bereit, sich entzünden zu lassen, aber nur, wenn alle Rahmenbedingungen stimmen. Über Sex kann man auch viel von Hunden lernen: das stundenlange Betteln und das «Ich stell mich tot»-Spiel.