Wolfsbau - Tobias Haars - E-Book

Wolfsbau E-Book

Tobias Haars

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Beschreibung

Endlich ist es soweit. Der 23-jährige Theo begibt sich gemeinsam mit seinem besten Freund Maik auf eine lang ersehnte Reise entlang der amerikanischen Westküste. Für den schüchternen und tollpatschigen BWL-Studenten soll es der nächste Schritt zu mehr Eigenständigkeit und Selbstsicherheit sein. Als der extrovertierte Frauenheld Maik ein Date mit zwei jungen Frauen im schillernden Las Vegas vereinbart, muss sich Theo auch prompt seinen Selbstzweifeln stellen. Vor allem die 21-jährige Julia weckt bisher unbekannte Gefühle in Theo und stellt seine Welt komplett auf den Kopf. Doch dann verschwindet die hinreißende Julia spurlos und stürzt den verzweifelten Theo in ein schier undurchdringbares Gefühlschaos. Eine mysteriöse Entdeckung im verwüsteten Hotelzimmer der Freundinnen erweckt einen ungeheuerlichen Verdacht und führt Theo und Maik geradewegs auf eine riskante Suche in eine völlig fremde und erbarmungslose Welt. Es beginnt ein fesselnder Wettlauf gegen die Zeit, der die beiden Freunde immer tiefer in einen bedrohlichen Sog des Verbrechens, der Gewalt und des Grauens zieht.

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Seitenzahl: 567

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Das Buch

Endlich ist es soweit. Der 23-jährige Theo begibt sich gemeinsam mit seinem besten Freund Maik auf eine lang ersehnte Reise entlang der amerikanischen Westküste. Für den schüchternen und tollpatschigen BWL-Studenten soll es der nächste Schritt zu mehr Eigenständigkeit und Selbstsicherheit sein. Als der extrovertierte Frauenheld Maik ein Date mit zwei jungen Frauen im schillernden Las Vegas vereinbart, muss sich Theo auch prompt seinen Selbstzweifeln stellen. Vor allem die 21-jährige Julia weckt bisher unbekannte Gefühle in Theo und stellt seine Welt komplett auf den Kopf.

Doch dann verschwindet die hinreißende Julia spurlos und stürzt den verzweifelten Theo in ein schier undurchdringbares Gefühlschaos. Eine mysteriöse Entdeckung im verwüsteten Hotelzimmer der Freundinnen erweckt einen ungeheuerlichen Verdacht und führt Theo und Maik geradewegs auf eine riskante Suche in eine völlig fremde und erbarmungslose Welt. Es beginnt ein fesselnder Wettlauf gegen die Zeit, der die beiden Freunde immer tiefer in einen bedrohlichen Sog des Verbrechens, der Gewalt und des Grauens zieht.

Der Autor

Tobias Haars wurde 1987 geboren und lebt mit seiner Frau in Neu Wulmstorf. Tobias Haars hat Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hamburg studiert und arbeitet nach seinem Abschluss in einer Laborgesellschaft. Inspiriert durch seine Reisen entlang der amerikanischen Westküste und Mexiko veröffentlicht Tobias Haars mit „Wolfsbau“ seinen ersten Roman. Während viele der Orte real sind, entspringen die Figuren und Geschehnisse der Phantasie des Autors.

Danksagung

Vielen Dank an all jene, die diesen Roman erst möglich gemacht haben. Ganz besonders an meine Frau Patrycja für ihre Geduld mit meiner konstanten Realitätsflucht und die vielen hilfreichen Ratschläge, an meine Eltern für die stete Unterstützung in allen Bereichen und schließlich an Nicole Riedler für das Korrekturlesen und das ehrliche Feedback. Plan B nimmt Formen an.

Ein guter Freund ist der, der in der Not für dich da ist, auch wenn er eigentlich ganz woanders sein wollte. - Willy Meurer -

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Tag 1

Tag 2

Tag 3

Tag 4

Tag 5

Tag 6

Tag X

Epilog

Prolog

Es war wieder mal einer dieser tristen, kalten und regnerischen Wintertage an denen der Tag genau so grau begann wie er endete und man lieber keinen Fuß vor die Tür setzen sollte. Der Regen prasselte bereits seit mehreren Stunden ununterbrochen auf den Boden und es bildeten sich die ersten größeren Pfützen am Bahnsteig von Neugraben, wo ich seit geschlagenen zwanzig Minuten vergeblich auf die S-Bahn in Richtung Innenstadt wartete. An solchen Tagen bereute ich es in Hamburg zu wohnen. Anstatt schönem Winterwetter mit Schnee und blauem Himmel, wie man es eigentlich für Anfang Februar erwarten sollte, gab es ständig nur diesen nervtötenden Regen.

Ich zog mir die Kapuze meiner Winterjacke tiefer ins Gesicht, um mich vor dem kalten Wind zu schützen, der über den Bahnsteig fegte und griff nach meinem Handy. Es war eines dieser Smartphones mit übergroßem Display und zahlreichen Sonderfunktionen, die ich noch nicht mal im Ansatz alle ausprobiert hatte und auf die man zum größten Teil wohl auch getrost verzichten konnte. Eine spezielle Funktion hatte es mir allerdings angetan und das war die innovative Spracherkennung, die bereits erstaunlich ausgereift war. Diese bot vor allem im Winter einen entscheidenden Vorteil. Man konnte das Handy benutzen, ohne die warmen Wollhandschuhe ausziehen zu müssen, mit denen eine Bedienung über das Touchdisplay ansonsten so gut wie unmöglich war. Ich warf einen kurzen Blick zu beiden Seiten um mich zu vergewissern, dass von den wenigen Menschen, die sich zu der Zeit am Bahnsteig aufhielten, keiner in unmittelbarer Hörweite befand. Gerade für ältere Menschen wirkte es schon ganz schön befremdlich, wenn man mit seinem eigenen Handy sprach. Das hatte mir in der Vergangenheit schon den einen oder anderen kritischen, manchmal mitleidigen Blick eingebracht. Mit einem kurzen Tastendruck aktivierte ich die Spracherkennung. Prompt ertönte, die mir inzwischen wohl vertraute Stimme der Sprecherin hinter der intelligenten App. “Wie kann ich behilflich sein?“

„Wähle die Handynummer von Maik“, antwortete ich. Bereits wenige Augenblicke später erschien die Nummer meines bestens Freundes auf dem Display und der Wahlvorgang wurde gestartet. Ein wahres Wunder der Technik.

Nach dem fünften Freizeichen vernahm ich die dunkle, tiefe Stimme von Maik. „Hey, Theo. Wo steckst du denn schon wieder?“, fragte er mit einem hörbar genervten Unterton. „Ich warte schon seit einer guten halbe Stunde auf dich!“ Geduld gehörte nicht gerade zu seinen Stärken.

„Hi Maik. Sorry, aber ich hänge hier noch immer aufm Neugrabener Bahnhof fest. Die S-Bahn lässt mal wieder auf sich warten“, versuchte ich ihn zu beschwichtigen. „Dauert wohl noch eine halbe Stunde bis ich da bin.“

„Noch eine halbe STUNDE?“, wiederholte er mit lauter Stimme. „Kann doch nicht dein Ernst sein. Immer dasselbe mit dir. Ständig muss ich auf dich warten“, motzte er.

„Diesmal trifft mich aber keine Schuld. War halbwegs pünktlich am Bahnhof. Kann ja nicht damit rechnen, dass die Bahn Verspätung hat“, rechtfertigte ich mich.

„Nee, natürlich nicht. Fährt ja sonst immer pünktlich“, spottete Maik. „Naja was soll‘s. Sieh zu das du hier antanzt.“

Ich setzte gerade zu einer beschwichtigenden Antwort an, als das Telefonat auch schon unterbrochen wurde. Maik hatte aufgelegt. Das war mal wieder typisch für ihn, dachte ich halb verärgert, halb amüsiert. Wir hatten uns für 16:00 Uhr bei ihm in der Wohnung verabredet und jetzt war es gerade mal 16:02 Uhr. Diese läppischen zwei Minuten reichten jedoch bereits aus, um Maiks Unmut über mich hereinbrechen zu lassen. Er hasste Unpünktlichkeit und war bei der kleinsten Verspätung schnell genervt. Da ich eher zu der verträumten Sorte Mensch gehörte und schnell mal die Zeit vergaß, hatte diese Unstimmigkeit zwischen uns schon häufiger zu Auseinandersetzungen geführt, die jedoch in der Regel nicht von langer Dauer waren. Ansonsten hätte unsere innige Freundschaft sicherlich nicht so lange gehalten.

Schon während der Schulzeit waren wir nahezu unzertrennlich gewesen und haben dementsprechend viele prägende Erfahrungen in der emotionalen und aufwühlenden Zeit der Adoleszenz miteinander geteilt. Es war eine verrückte Zeit, an die ich mich gerne zurückerinnerte.

Leider änderte sich dies nach unserem Schulabschluss vor knapp vier Jahren. Eigentlich war der Plan, dass wir zusammen Betriebswirtschaftslehre an der Uni Hamburg studierten. Doch dies war aufgrund des relativ hohen Numerus clausus für Maik nicht möglich und so schrieb er sich stattdessen für ein Studium des Fahrzeugbaus an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg ein. Nach dem Motto aus den Augen aus dem Sinn brach der Kontakt zwischen uns immer weiter ab, so dass wir uns zuletzt nur noch sehr unregelmäßig trafen. Dies störte uns beide sehr und so war ich sofort Feuer und Flamme, als Maik auf einer Kneipentour im letzten Sommer vorschlug, unsere eingerostete Freundschaft durch einen Roadtrip entlang der amerikanischen Westküste wiederzubeleben. Es war ein langgehegter Traum, den wir aber aufgrund von Zeitmangel und den fehlenden finanziellen Mitteln bisher nicht realisieren konnten. Diesmal zögerten wir nicht lange und buchten kurze Zeit später die Flüge sowie einen Mietwagen für unsere zweiwöchige Reise, die von Las Vegas über San Diego und Los Angeles bis hoch nach San Francisco führen sollte.

Kurz danach begann jedoch das Wintersemester und unsere Planung geriet ins Stocken. Für mich war es das letzte Semester meines Bachelorstudiums und ich musste mich gezwungenermaßen der Erstellung meiner Abschlussarbeit widmen, die dann doch mehr Zeit in Anspruch nahm, als ich im Vorfeld gedacht hatte. Aus diesem Grund hatten wir jetzt, einen Tag vor der Abreise, noch immer keine Vorauswahl an Übernachtungsmöglichkeiten getroffen. Wir hatten zwar geplant in dieser Hinsicht möglichst flexibel zu bleiben, aber wir wollten zumindest für die ersten vier Nächte in Las Vegas das Internet nach passenden Hotels durchsuchen. Dies war der Hauptgrund, warum ich mich an so einem verregneten Tag überhaupt vor die Tür wagte.

Gefühlt zum tausendsten Mal warf ich einen Blick in die Richtung aus der die S-Bahn in den Bahnsteig einfahren musste und entdeckte zu meiner großen Erleichterung endlich zwei helle Scheinwerfer aus dem dichten Vorhang des Regens auftauchen. Halb erfroren und mit durchnässten Schuhen betrat ich die S-Bahn und fuhr die vier Stationen bis zum Bahnhof Hamburg-Harburg.

Auf dem Weg zu Maiks Wohnung, welche zum Glück nur wenige Gehminuten vom Bahnhof entfernt lag, besorgte ich noch ein Sechserpack seines Lieblingsbiers. Sozusagen als kleine Entschuldigung für mein Zuspätkommen. Maik war zwar schnell auf hundertachtzig und konnte sich stundenlang über Kleinigkeiten aufregen, war andererseits aber auch wieder schnell zu beruhigen. Das klappte am besten mit Bier.

Daher machte ich mir auch keine großen Sorgen als ich schließlich vor der Tür des Mehrfamilienhauses stand und die Klingel betätigte. Wenige Augenblicke später erklang das charakteristische Summen des Türöffners und ich betrat das Gebäude. Es war eines dieser typischen, mehrstöckigen Mehrfamilienhäuser aus den siebziger Jahren, die eher einfach gehalten waren und so nur wenig Charme versprühten. Ich nahm den Aufzug in den vierten Stock, wo ich bereits von Maik erwartet wurde. Er stand mit verschränkten Armen im Rahmen seiner Wohnungstür und starrte mich mit zusammengekniffenen Augen böse an. Sein schulterlanges, braunes Haar war hinter seinem Kopf zu einem lockeren Zopf gebunden und er trug sein schwarz-weiß kariertes Lieblingshemd. Mit einer Körpergröße von einem Meter neunzig und einem Gewicht von knappen 115 Kilogramm hätte sein bedrohliches Posing bei fremden Personen sicherlich einen größeren Eindruck hinterlassen, aber ich ließ mich davon nicht beeindrucken, dafür kannte ich ihn viel zu gut

Maik trainierte bereits seit fast vier Jahren nahezu täglich in einem nahegelegenen Fitnesscenter und hatte vor allem in den letzten Monaten mithilfe diverser Steroide ordentlich an Muskelmasse zugelegt. So drückte er auf der Hantelbank bereits ohne Probleme an die 180 Kilogramm. Damit prahlte er zumindest bei jeder sich bietenden Möglichkeit. Aufgrund seiner Größe, der breiten Schultern und seinen massigen Armen ähnelte er von der Statur her eher einem Gewichtheber als einem Bodybuilder, was ihn jedoch noch bedrohlicher wirken ließ. Ich war mit meinen 186 Zentimetern zwar nur etwas kleiner als Maik, wirkte mit meiner eher schmächtigen Figur neben ihm jedoch wie ein kleiner Schuljunge.

„Na markierst du wieder den starken Mann?“, fragte ich Maik, während ich spöttisch lächelnd auf ihn zuging.

„Da bist du ja endlich, Theo. War schon kurz davor eine Vermisstenanzeige aufzugeben. Komm rein, damit wir endlich loslegen können!“, erwiderte er, ohne auch nur annähernd auf meine Frage einzugehen und vollführte mit seinem rechten Arm eine einladende Geste.

Maiks Zimmer war relativ spärlich eingerichtet und hatte sich in den vielen Jahren, in denen ich ihn nun kannte, kaum verändert. Es gab einen großen Kleiderschrank, einen schwarzen Ledersessel, der schon erhebliche Abnutzungsspuren aufwies und ein rotes Sofa, welches man mit wenigen Handgriffen in ein Bett umwandeln konnte. Davor stand ein gläserner Couchtisch auf dem jede Menge beschriebene Zettel lagen, die allem Anschein nach von den letzten Klausurvorbereitungen stammten und seitdem als Staubfänger dienten. Ansonsten gab es nicht viel zu entdecken und vor allem Dekorationsgegenstände suchte man vergeblich. Lediglich an den Wänden hingen dutzende eingerahmte Fotos, die eine Vielzahl von Autos zeigten, die Maik bereits selbst gefahren hatte oder zumindest in ihnen sitzen durfte. Die Sammlung war sein ganzer Stolz und dementsprechend war er ständig auf der Suche nach neuen Trophäen, die er ablichten und eingerahmt an seinen Zimmerwänden verewigen konnte.

Autos und alles andere mit zwei oder vier Rädern, waren neben dem Bodybuilding seine größte Leidenschaft. Er verbrachte den größten Teil seiner Freizeit in der KFZ-Werkstatt seines Vaters und schraubte dort an alten Fahrzeugen, die er billig aufkaufte, sie reparierte und restaurierte, um sie dann mit Gewinn wieder zu verkaufen. Das klappte zwar nicht immer, aber meistens holte er noch zwei- bis dreihundert Euro aus den alten Kisten heraus. In der Hinsicht war er mit seiner charmanten und offenen Art ein echtes Verkaufstalent. Er hatte noch nie Probleme damit gehabt auf andere Menschen zuzugehen und kam mit seinem selbstbewussten und sicheren Auftreten besonders bei Frauen sehr gut an. Um diese Selbstsicherheit beneidete ich ihn. Dem weiblichen Geschlecht gegenüber zeigte ich mich leider distanziert und unsicher. Schöne Frauen machten mich einfach nervös und ich fand nie die richtigen Worte, falls sich mal ein kurzes Gespräch oder sogar ein kleiner Flirt ergab. Das ärgerte mich sehr, aber ich konnte nichts daran ändern.

Ich betrat das Zimmer und ließ mich mit einem Seufzer der Erleichterung in den Sessel sinken, stellte das Bier auf den Couchtisch und positionierte meine Füße auf dem Selbigen.

Maik klopfte mir auf die Schulter. „Komm rein und setz dich doch. Fühl dich ganz wie zu Hause, Theo“, feixte er in einem spöttischen Tonfall.

„Danke dir. Reizend wie eh und je“, erwiderte ich breit grinsend. Ich schnappte mir das Bier und fummelte umständlich zwei Flaschen aus der Verpackung. „Soll ich dir eins aufmachen?“, fragte ich Maik.

„Klar! Was für eine Frage. Ich bin schon am verdursten.“

Ich öffnete die beiden Flaschen und drückte eine davon Maik in die Hand. Wir stießen an und gönnten uns jeder ein paar Schlucke kaltes Bier, bevor ich Maik ausführlich über meinen nervenzerreißenden Kampf mit meiner Bachelorarbeit in den letzten Wochen berichtete.

Nach einer Weile begannen wir dann das Internet nach einer passenden Unterbringung für die ersten Nächte in Las Vegas zu durchforsten. Dies gestaltete sich allerdings komplizierter als gedacht und wir waren knapp zwei Stunden damit beschäftigt, mögliche Motels und Hotels miteinander zu vergleichen, Bewertungen zu lesen und verschiedene Foren nach Erfahrungsberichten zu durchsuchen. Es gab einfach eine zu große Auswahl an Übernachtungsmöglichkeiten, die alle sehr ähnlich waren und sowohl etwas schlechtere als auch sehr gute Bewertungen hatten. Freie Zimmer gab es glücklicherweise noch in Hülle und Fülle. Das viel größere Problem war am Ende dann doch der Preis für die vier Übernachtungen von Donnerstag bis Montag. Daher entschieden wir uns schließlich für ein Doppelzimmer in einem etwas kleineren, unbekannten Hotel namens Royal Resort.

Mit einem erleichterten Gesichtsausdruck klappte Maik das Notebook zu. „Das wäre geschafft! Hätte nicht gedacht, dass die Suche solange dauert.“

„Aber am Ende hat sich es sich doch gelohnt. Das Hotel hat gute Bewertungen bekommen, ist mit fünfzig Euro pro Nacht relativ günstig und liegt zentral in Vegas. Besser geht es kaum“, fasste ich die Erkenntnisse unserer Recherche zusammen. Ich griff nach meiner Bierflasche und hielt sie Maik entgegen. „Auf unseren Urlaub!“, rief ich feierlich.

„Auf einen geilen Urlaub und auf die amerikanischen Ladys, die wir aufreißen werden“, erwiderte er begeistert, während seine Flasche mit einem lauten Knall gegen meine stieß.

„Wie willst du dort Frauen aufreißen, wenn du nicht mal vernünftig Englisch sprechen kannst?“, frage ich lachend, nachdem ich mein Bier geleert hatte. Ich fragte mich schon seit der Schulzeit was Maik eigentlich die ganze Zeit im Englischunterricht getrieben hatte. Aufgepasst hatte er zumindest nicht. Soviel stand fest. Seine Englischkenntnisse waren so rudimentär, dass wahrscheinlich selbst ein Fünftklässler besser Englisch sprechen konnte.

„Ach das geht schon. Wieso sollen die Frauen in den USA anders sein als hier in Deutschland? Ich hab ja schließlich auch andere überzeugende Argumente“, antwortete Maik leicht verärgert und fuhr sich mit der linken Hand durch sein langes Haar. Seit er vor ein paar Jahren aus heiterem Himmel beschlossen hatte nicht mehr zum Friseur zu gehen, war dies eine Handbewegung, die man in regelmäßigen Abständen bei ihm beobachten konnte. Auch diesmal spannte sich dabei sein gewaltiger Bizeps unter seinem enganliegenden Hemd und ich ahnte, dass er mit seiner arroganten Aussage wohl nicht ganz so unrecht hatte. Wenn er am Wochenende auf die Reeperbahn zog, redete er schließlich auch nicht viel mit den Frauen, die er dort in den zahlreichen Clubs kennenlernte und die dann nicht selten kurze Zeit später mit ihm im Bett landeten. Zumindest prahlte er ständig mit seiner hohen Erfolgsquote bei Frauen und dass ihm keine widerstehen könne. Er selbst nannte es Weiberjagd und tatsächlich erinnerte sein Verhalten in vielerlei Hinsicht an einen hungrigen Löwen, der sich auf der Jagd nach seiner nächsten Beute befand. Sobald Maik eine Disco betrat, sondierte er mit einem kurzen umfassenden Blick die Lage und hielt auf der Tanzfläche nach potentieller Beute Ausschau. Hatte er etwas Passendes entdeckt, nahm er die Witterung auf und schlug dann durch eine Abfolge von genau einstudierten Tanzbewegungen blitzartig zu. Ich verglich diese skurrilen Tanzschritte gerne mit dem Balzverhalten einer Taube, aber diesen Vergleich hörte er nicht gerne und warf mir vor, dass ich doch nur neidisch auf seine Tanzkünste sei. Da ich selber überhaupt nicht tanzen konnte, hatte er da wahrscheinlich nicht so ganz unrecht, aber das gab ich natürlich nicht zu.

Worum ich ihn allerdings gar nicht beneidete waren seine vielen One-Night-Stands. Ich war im Gegensatz zu Maik, alleine schon aufgrund meiner schüchternen und unsicheren Art, überhaupt nicht der Typ für eine schnelle Nummer auf der Toilette. Klar hatte ich schon mit zwei oder drei Mädchen in der Disco rumgemacht, die genau so betrunken waren wie ich und an deren Namen ich mich nicht mal erinnern konnte. Aber das war schon ein paar Jahre her und ich hatte schnell gemerkt, dass dies nicht die Art von Kontakt mit dem weiblichen Geschlecht war, den ich suchte. Stattdessen sehnte ich mich nach einer festen Beziehung mit einer Frau, die charakterlich zu mir passte. So eine Frau war mir allerdings bisher noch nicht über den Weg gelaufen.

Nachdem wir uns noch eine Weile in den Tiefen des Internets über mögliche Ausflugsziele informiert hatten, beschloss ich, dass es an der Zeit war, mich auf den Weg nach Hause zu begeben. Dort wartete schließlich noch ein ungepackter Koffer auf mich. Ich verabschiedete mich von Maik und befand mich wenige Minuten später wieder draußen auf dem Weg zum Bahnhof. Es war inzwischen 19:00 Uhr und dementsprechend war es bereits stockdunkel. Ich zog mir meine Kapuze tief ins Gesicht und gesellte mich zu den anderen, geduckt laufenden Menschen auf den Gehweg.

Zurück in Neugraben nahm ich den Bus der Linie 250 und fuhr zur Haltestelle Rostweg. Von da aus war es nur noch ein kurzer Fußweg zu der Doppelhaushälfte, in der ich zusammen mit meinen Eltern lebte. Aus finanziellen Gründen hatte es bei mir bisher noch nicht für eine eigene Wohnung gereicht und von daher genoss ich das Hotel Mama noch in vollen Zügen. Als sich der Regen verstärkte, legte ich einen kurzen Sprint ein und war völlig außer Atem, als ich vor der Haustür stand und nach meinem Schlüssel kramte.

Keuchend öffnete ich die Haustür und wunderte mich nicht, als meine Mutter wenige Sekunden später den Hausflur betrat und mich mit einer Umarmung begrüßte. „Da bist du ja wieder mein Junge“, stellte sie fest und betrachtete mich mit kritischem Blick. „Oha. Du bist ja ganz schön durchnässt. Hast du etwa deinen Regenschirm nicht mitgenommen, Theodor?“, fragte sie mit sorgenvoller Stimme.

„Nee, Mama. Den habe ich vergessen mitzunehmen. So doll hat es aber nicht geregnet“, log ich etwas unbeholfen.

Meine Mutter runzelte die Stirn. „Es hat doch den ganzen Tag geregnet. Was erzählst du denn da? Komm lieber schnell rein ins warme Wohnzimmer. Ich mach dir einen Tee und eine Schüssel Kartoffelsuppe warm. Nicht dass du dir, kurz vor eurem Urlaub, noch eine Erkältung zuziehst“, verkündete sie in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete.

Obwohl ich bereits dreiundzwanzig war, behandelte mich meine Mutter noch wie ein kleines Kind, welches sie von hinten bis vorne bemuttern musste. Besonders peinlich war es, wenn sie dies in der Öffentlichkeit oder vor meinen Freunden tat. Das ging mir tierisch auf die Nerven. Aber nach etlichen erfolglosen Versuchen ihr das Verhalten abzugewöhnen, hatte ich es schließlich aufgegeben. So ergab ich mich meinem Schicksal, stimmte ihr mit einem kurzen Kopfnicken zu und setze mich im Wohnzimmer auf unser großes, braunes Ledersofa.

Kurze Zeit später stellte meine Mutter auch schon einen dampfenden Teller voll köstlich duftender Kartoffelsuppe, sowie einen Becher mit Tee vor mir ab. „Lass es dir schmecken, mein Schatz. Pass aber auf. Die Suppe ist heiß.“

Ich stöhnte innerlich auf, ließ mir aber nichts anmerken. Ich bedankte mich stattdessen und probierte die Suppe. Natürlich verbrühte ich mir prompt die obere Lippe an der doch sehr heißen Suppe. Während ich die nächsten Löffel, nun deutlich vorsichtiger in den Mund steckte, merkte ich den angespannten und sorgenvollen Blick meiner Mutter. Ein klares Anzeichen für die nun folgende Befragung, die so unausweichlich einsetzten würde wie der Tod. In dieser Hinsicht erinnerte sie mich stark an einen katholischen Inquisitor aus dem Mittelalter. Es war sehr schwer etwas vor ihr zu verbergen und wenn man es versuchte, löcherte sie einen mit dutzenden Nachfragen bis man zwangsläufig doch das erzählte, was sie wissen wollte. Statt Daumenschrauben oder einer Streckbank bestanden ihre Folterinstrumente aus Vorwürfen und schlechtem Gewissen, die anstatt körperlicher Schmerzen, psychische Qualen verursachten. Dies würde auch an diesem Abend nicht anders sein und so gönnte sie mir noch einen letzten Löffel Suppe bevor ich mich auch schon mit den ersten Fragen konfrontiert sah.

„So mein Junge. Wie war es bei Maik? Was habt ihr erreicht? Habt ihr ein passendes Hotel gefunden? Habt ihr eure Reise etwas genauer geplant?“, begann sie mit einer nicht enden wollenden Flut von Fragen. Während ich noch überlegte auf welche Frage ich zuerst antworten sollte, hakte sie schon ungeduldig nach. „THEODOR. Mach es doch nicht so spannend. Muss ich dir alles einzeln aus der Nase ziehen?“

„Ist ja gut. Ich erzähl dir ja schon alles“, fügte ich mich meinem Schicksal. „Haben ein Hotel für die ersten Nächste in Vegas gebucht. Scheint ganz in Ordnung zu sein“, erzählte ich, während ich mit meinem Löffel nach einem besonders großen Kartoffelstück fischte.

Die Augen meiner Mutter verengten sich zu zwei dünnen Schlitzen. „THEODOR. Mehr Details! Was ist das für ein Hotel? Wo habt ihr gebucht und wie viel habt ihr bezahlt?“

Ich seufzte resigniert, warf einen letzten sehnsüchtigen Blick auf meine Suppe, legte dann den Löffel zur Seite und schilderte ihr detailliert die Geschehnisse bei Maik.

Nach einer guten Viertelstunde war ihr Wissensdurst genau wie mein Hunger halbwegs gestillt. Bevor meiner Mutter noch weitere Fragen einfielen mit denen sie mich quälen konnte, erhob ich mich schnell vom Sofa, bedankte mich für die Suppe und verschwand nach oben in mein Zimmer

Dort telefonierte ich erst mit meinem Vater, der heute Abend leider nicht zuhause sein konnte, da er einen erkrankten Kollegen auf einer dreitägigen Messe in Frankfurt vertreten musste, packte danach meinen Koffer und konnte mich dann endlich in mein so verlockend warmes Bett legen. Unser erster Flug von Hamburg nach London Heathrow, von wo aus wir über Dallas weiter nach Las Vegas fliegen sollten, startete morgen um 07:10 Uhr, was bedeutete, dass wir bereits um 04:00 Uhr in Richtung Hamburger Flughafen aufbrechen mussten. Somit war es höchste Zeit etwas Schlaf zu finden. Ich zog mir meine dicke Winterdecke bis knapp unter die Nase, genoss für einen Augenblick die wohltuende Wärme und war kurze Zeit später bereits eingeschlafen.

Tag 1

Knappe 12.000 Meter über dem Meeresgrund betrachtete ich durch ein schmales, ovales Fenster fasziniert den dunkelblauen atlantischen Ozean, der sich soweit das Auge reichte unter uns erstreckte. Nur hier und da durchbrach eine weiße Wolke das Blau des Ozeans und erinnerte mich daran, dass wir uns in einem Flugzeug auf dem Weg nach Dallas befanden. Endlich war es soweit. Unsere Ankunft in den USA war nur noch wenige Stunden entfernt. Ich konnte es immer noch nicht so richtig fassen, dass unsere Reise nach monatelanger Warterei nun endlich losging. Ich verspürte eine enorme Vorfreude auf die nächsten Tage, hatte allerdings auch leichte Bedenken. Soweit weg von Zuhause war ich noch nie gewesen. Was wenn etwas schiefging?

Ich verdrängte den Gedanken und ließ stattdessen den bisherigen Reiseverlauf Revue passieren. Der kurze Flug von Hamburg nach London Heathrow war ohne größere Probleme verlaufen und auch der mit 2 Stunden knapp bemessene Aufenthalt am Londoner Flughafen reichte locker dazu aus die Sicherheitskontrollen zu passieren sowie das Terminal zu wechseln, um unseren Anschlussflug nach Dallas, Texas, zu erwischen. Der Flug von London nach Dallas sollte insgesamt 10 Stunden dauern und war damit die längste Etappe unserer Anreise nach Las Vegas.

Das Flugzeug war eine riesige Boeing 747 in der bestimmt über 300 Passagiere Platz fanden. Es gab an beiden Seiten Sitzreihen mit jeweils drei Plätzen nebeneinander und in der Mitte eine etwas größere Reihe mit vier Plätzen. Unsere Plätze befanden sich relativ mittig auf der linken Seite im Flugzeug. Maik hatte aufgrund seiner Größe gehofft einen Platz am Gang zu bekommen, aber das war leider nicht mehr möglich gewesen. So entschied er sich für den Platz am Fenster, um so zumindest die Aussicht genießen zu können. Der Platz rechts neben mir war bis kurz vor dem Start leer geblieben. Buchstäblich mit dem Schließen der Flugzeugtüren hatte sich dann doch noch mein Sitznachbar eingefunden. Es war ein Mann mittleren Alters von eher schmächtiger Statur. Er trug eine große, verdunkelte Sonnenbrille auf seiner gekrümmten Nase und hatte einen buschigen Schnurrbart. Gekleidet war er mit braunen Cowboystiefeln, einer braunen Stoffhose sowie einer schwarzen Lederjacke, die ihm sicherlich drei Nummern zu groß war.

Der Start war reibungslos verlaufen und ich hatte mit Maik die bisherige Flugzeit mit ein paar Runden Poker totgeschlagen, welches man über das Multimedia System des Flugzeuges gegeneinander spielen konnte.

Nachdem ich Maik nun bereits zum dritten Mal kurz vor einer Niederlage hatte, unterbrach er genervt das Spiel. „So bringt das keinen Spaß. Bekomme nur scheiß Karten zugelost und wenn ich dann mal endlich was Vernünftiges auf der Hand habe, hast du das bessere Blatt. Hast scheinbar mal wieder das Glück auf deiner Seite“, stellte er resigniert fest.

„Mit Glück hat das nicht viel zu tun mein Lieber“, erwiderte ich und konnte nur mit viel Mühe ein Lächeln verkneifen. „Du spielst deine guten Karten einfach zu berechenbar und wenn du nichts auf der Hand hast, merkt man das sofort. Solltest dir mal langsam eine neue Taktik überlegen, sonst wird das nichts mit dem Millionengewinn in Vegas.“ Ich zwinkerte ihm zu und konnte mir ein Grinsen dann doch nicht ganz verkneifen.

„Ach laber doch nicht. Pures Glück ist das. Du schummelst doch irgendwie“, beschwerte sich Maik genervt und schaltete kurzerhand seinen Bildschirm aus.

„Lass uns doch noch ne Runde spielen. Vielleicht läuft es ja jetzt besser für dich“, versuchte ich ihn zu überreden. Ich hatte zwar auch keine große Lust mehr, aber so verging die Zeit zumindest einigermaßen zügig.

„Nee, Theo. Hab echt kein Bock mehr. Versuche lieber eine Runde zu schlafen. Die Nacht war schließlich sehr kurz und wir haben noch eine lange Reise vor uns“, antwortete Maik und stellte die Rückenlehne seines Sitzes nach hinten. Von hinten erklang eine empörte Frauenstimme, die Maik aber ignorierte und sich stattdessen in eine halbwegs gemütliche, seitliche Schlafposition begab.

Ich überlegte kurz, ob ich nicht auch versuchen sollte etwas Schlaf zu finden, verwarf die Idee aber wieder, da ich in diesem stickigen, lauten und engen Flugzeug sowieso nicht schlafen konnte. Also startete ich ein neues Pokerturnier und wählte diesmal sieben computergesteuerte Mitspieler als Gegner aus, die hoffentlich schwerer zu spielen waren als Maik.

Mir wurde gerade ein Pik Ass und ein Herz Ass zugelost, als ich von der rechten Seite ein leises Räuspern vernahm. Ich riskierte einen kurzen Blick zur Seite und bemerkte wie mich mein Sitznachbar durch seine große, verdunkelte Sonnenbrille musterte. Darauf schien er nur gewartet zu haben. Er nahm mit der linken Hand seine Sonnenbrille ab und streckte mir die rechte Hand, freudestrahlend entgegen. „Hallo mein Freund. Sorry, das ich dich bei deinem Spiel unterbreche, aber ich hatte vorhin ganz vergessen mich vorzustellen. Mein Name ist Fred Mitchell“, stellte er sich in brüchigem Englisch vor. Unter der Sonnenbrille kamen eingefallene Augen zum Vorschein, die eingerahmt von buschigen, schwarzen Augenbrauen etwas verloren in seinem schmalen Gesicht wirkten.

Er erinnerte mich sofort an einen mexikanischen Cowboy, wie ich sie schon häufig in den alten Western durch die Prärie reiten gesehen hatte. Fehlte nur noch ein übergroßer Sombrero und ein bunter Poncho und das Bild wäre perfekt. Sein ausgeprägter spanischer Akzent verstärkte diesen Eindruck zusätzlich und ich war mir ziemlich sicher, dass er ursprünglich aus Mexiko stammen musste. Ich ergriff zögerlich seine Hand. „Hallo. Mein Name ist Theo“, erwiderte ich ebenfalls in Englisch. Trotz seiner schmalen Statur hatte er einen überraschend starken Händedruck.

„Freut mich dich kennenzulernen. Wo kommst du her?“

„Komme aus Deutschland, Hamburg, und bin auf den Weg nach Las Vegas“, antwortete ich. Schien ja ziemlich neugierig zu sein dieser Fred Mitchell. Was will der Typ von mir, fragte ich mich verwundert.

„Ah Las Vegas. Ich liebe diese Stadt. Fährst du beruflich hin oder um Poker zu spielen“, fragte er mich grinsend und deutete auf meinen Bildschirm.

„Weder noch. Ich mache zusammen mit meinem Freund eine Rundreise entlang der Westküste und wir starten unsere Reise in Vegas“, antwortete ich und zeigte auf Maik, der scheinbar bereits eingeschlafen war. Zumindest kam keinerlei Reaktion von ihm.

„Cool“, schnarrte Fred. „Ich besitze zufällig einen Waffenladen mit einem großen Schießstand und einer unglaublich großen Auswahl an Waffen in Vegas. Wolltest du nicht schon immer mal mit einer deutschen Walther P38 auf ein paar Dosen schießen oder mit einer AK47 Löcher in eine Zielscheibe ballern? Wir können das und noch viel mehr für dich und deinen amigo möglich machen“, schwärmte er. „Hier ist meine Visitenkarte. Da steht auch unsere Internetseite drauf, wo du dir alle Angebote nochmal genau angucken kannst“, fügte er hinzu, griff in die Innentasche seiner schwarzen Lederjacke und drückte mir eine aufwändig gestaltete, laminierte Karte in der Größe einer Kreditkarte in die Hand.

Daher also diese aufgesetzte Freundlichkeit. Fred sah in uns scheinbar potentielle Kunden für seinen Schießstand. „Danke“, sagte ich knapp und guckte mir dir Karte etwas genauer an. „The Gun Paradies - Pahrump“ stand in großen Buchstaben mittig auf der Karte und am Rand waren zahlreiche Pistolen und Gewehre abgebildet.

„Der Shop ist etwas außerhalb von Vegas, ist aber mit dem Auto schnell zu erreichen. Wenn ihr Zeit habt, könnt ihr ja vorbeikommen. Würde mich freuen. Ich mach euch einen guten Preis von compa zu compa“, verkündete Fred und guckte mich mit einem erwartungsvollen Grinsen an.

Ich hatte zwar persönlich kein großes Bedürfnis danach eine Waffe abzufeuern, aber Maik stand auf sowas. Das wusste ich. In Deutschland gab es so gut wie keine Möglichkeit legal ohne Waffenschein eine Waffe abzufeuern. Für Maik wäre dies also eine einmalige Möglichkeit und sicherlich ein unvergessliches Erlebnis auf unserer Reise. Vielleicht konnte ich ihm damit ja auch eine kleine Überraschung bereiten.

Ich guckte kurz zu ihm rüber, aber er schien tatsächlich zu schlafen und hatte nichts von dem Gespräch mitbekommen. Selbst wenn, hätte er wahrscheinlich sowieso kein Wort verstanden. „Klingt gut“, stimmte ich schließlich zu und steckte mir die Visitenkarte in die Hosentasche.

„Great. Ich habe noch ein paar geschäftliche Dinge in Dallas zu erledigen, bin dann aber ab Freitagnachmittag und dann das ganze Wochenende über in Vegas. Fragt einfach nach Fred Mitchell wenn ihr im Laden seid.“

„Werden wir machen“, versicherte ich ihm und hoffte, dass er mit der Antwort zufrieden war. Dieser Fred schien ja ein ganz netter Kerl zu sein, aber ich verspürte keine große Lust mich noch weiter mit ihm zu unterhalten.

Fred erging das glücklicherweise ähnlich. Er setzte seine Sonnenbrille wieder auf, löste seinen Sicherheitsgurt, kletterte etwas umständlich aus seinem Sitz und ging in Richtung hintere Toiletten. Komischer Kauz, dachte ich und widmete mich wieder meinem Pokerspiel. Ein Ass Pärchen auf der Hand bedeutete in der Regel den sicheren Sieg.

Nach knappen 10 Stunden Flugzeit landeten wir pünktlich in Dallas, passierten dort problemlos die Einreiskontrolle und begaben uns zu unserem Gate für den Weiterflug nach Las Vegas, wo wir uns auf einer kleinen, bequemen Bank niederließen. Erschöpft streckte ich meine Beine aus. Ich fühlte mich inzwischen sehr ausgelaugt von den bisherigen Reisestrapazen und hatte mit den Auswirkungen des Schlafmangels zu kämpfen. Maik hingegen hatte mehrere Stunden im Flugzeug schlafen können und sprühte nur so vor Elan. Er redete ununterbrochen über sein Lieblingsthema Autos und was für vielfältige Tuning Möglichkeiten man in den Vereinigten Staaten doch hatte. Ich hörte nicht wirklich zu und war mit den Gedanken schon beim nun folgenden letzten Flug. Dieser sollte noch mal knapp drei Stunden dauern, so dass wir gegen 18:25 Uhr Ortszeit in Vegas landen würden. Das war schon echt krass. Wir waren am frühen Morgen in Deutschland losgeflogen und landeten am späten Nachmittag in Vegas. Dazwischen lagen aber mehr als 24 Stunden Reisezeit. Verrückte Welt.

Unsere Sitzplätze lagen diesmal im hinteren Teil des Flugzeuges. Maik überließ mir großzügig den Sitz direkt am Fenster. Der Sitz am Gang neben uns blieb glücklicherweise frei und so konnte sich Maik über zwei Sitze ausbreiten.

Kurz nachdem der letzte Passagier das Flugzeug betreten und seinen Platz eingenommen hatte, wurden auch schon die Türen geschlossen. Das Flugzeug setzte sich gerade in Richtung Startbahn in Bewegung, als sich der Pilot über die Lautsprecher zu Wort meldete. Ich verstand nicht genau was er sagte, da seine Stimme zum größten Teil durch das Rauschen der Lautsprecher überdeckt wurde, aber er schien sich kurz vorzustellen und etwas über die geplante Flugzeit zu erzählen. Dann erwähnte er auf einmal etwas von möglichen kleineren Turbulenzen, die kurz nach dem Start auftreten konnten. Das hatte mir ja gerade noch gefehlt. Auch wenn ich sonst mit dem Fliegen keinerlei Probleme hatte, gab es da doch eine latente Angst vor einem Absturz, welche sich tief in meinem Bewusstsein verankert hatte. Ich riskierte einen Blick aus dem kleinen, ovalen Fenster und tatsächlich hatten sich über den Flughafen dunkle, fast schon schwarze Wolken zusammengebraut. Das sah ganz und gar nicht gut aus. Ich stieß Maik in die Seite. „Hey, Maik. Hast du gehört? Soll Turbulenzen geben!“

„Ja?“, fragte er und blickte an mir vorbei nach draußen. „Sind doch nur ein paar dunkle Wolken am Himmel. Wird schon nicht so schlimm werden.“

„Hoffentlich hast du recht“, entgegnete ich, während ich meinen Sicherheitsgurt noch mal ein ganzes Stück enger zog.

Natürlich behielt Maik mit seiner Einschätzung nicht recht und so wurde das Flugzeug schon kurz nach dem Start heftig in der Luft hin und her geschüttelt. Als die ersten panischen Schreie durch das Flugzeug hallten, meldete sich der Pilot wieder zu Wort und versuchte seine Passagiere zu beruhigen. „Sehr geehrte Damen und Herren. Mit steigender Flughöhe sollten die Turbulenzen schwächer werden. Bitte bleiben sie solange unbedingt angeschnallt auf Ihren Plätzen sitzen“, nuschelte er in einem schlecht zu verstehenden Englisch, als plötzlich das Flugzeug um mehrere Meter absackte. Mir wurde sofort übel und spätestens in diesem Moment erfasste mich die nackte Panik. Ich fühlte wie sich mein ganzer Körper verkrampfte und konnte nur mit Mühe einen panischen Schrei unterdrücken. Jetzt nur nicht durchdrehen, versuchte ich mich zu beruhigen. Wegen ein paar läppischen Turbulenzen stürzt ein Flugzeug schließlich nicht ab. Ich schloss die Augen und versuchte an etwas Schönes zu denken, doch ein ohrenbetäubender Knall aus dem hinteren Teil des Flugzeugs brachte mich mit aller Brutalität wieder zurück in die Wirklichkeit. Zum allen Überfluss verspürte ich plötzliche stechende Bauschmerzen. Ich hätte verdammt nochmal die Finger von dem Mittagessen lassen sollen, welches uns auf dem Flug nach Dallas serviert wurde. Wenn ich innerhalb der nächsten Minuten keine Toilette erreichen würde, endete das Ganze in einer peinlichen Katastrophe, schoss es mir durch den Kopf. Ich ignorierte meine Angst und das rot leuchtende Anschnallzeichen, welches mir von der Decke aus ins Auge stach, löste meinen Sicherheitsgurt, kletterte kurzerhand über den neben mir sitzenden Maik und torkelte im Rhythmus der Turbulenzen in Richtung Cockpit. Ich hörte Maik etwas rufen, beachtete dies aber genauso wenig wie das wilde Gestikulieren der Stewardessen und erreichte gerade noch rechtzeitig die kleine Toilettenkabine.

Als ich diese zehn Minuten später wieder verließ, guckte ich in gut hundert Gesichter die mich alle verwundert und teilweise schadenfroh musterten. Peinlicher Auftritt, dachte ich und ging mit gesenktem, hochroten Kopf zurück zu meinem Platz. Zumindest gab es keine Turbulenzen mehr und so bewältigte ich den Weg diesmal deutlich souveräner.

Maik erhob sich von seinem Platz und musterte mich besorgt. „Alles klar bei dir? Was war los?“, fragte er besorgt, als ich mich an ihm vorbeiquetschte und zurück in meinen Sitz fallen ließ.

„Durchfall-Attacke. Hätte dieses verdammte Hühnchen nicht essen sollen“, flüsterte ich ihm möglichst leise zu.

„Scheiße“, erwiderte Maik.

„Im wahrsten Sinne des Wortes“, entgegnete ich und wischte mir den Schweiß aus dem Gesicht.

„Na wenigsten hast du deinen Galgenhumor nicht verloren. Geht’s dir denn wieder besser?“, fragte er.

„Einigermaßen. Hoffe das war es jetzt. Hab keine Lust noch mal nach vorne zu müssen und mich den schadenfrohen Blicken der Passagiere zu stellen“, erwiderte ich geknickt.

Maik formte seine rechte Hand zu einer Faust und schüttelte sie bedrohlich. „Sollte dir jemand dumm kommen, sag Bescheid. Den knöpf ich mir vor“, drohte er mit zusammengekniffenen Augen.

„Danke. Das werde ich machen“, antwortete ich und fühlte mich gleich wieder ein ganzes Stück besser. Das war eine der Eigenschaften die ich besonders an Maik mochte. Auf Außenstehende wirkt er mit seiner aufbrausenden und egozentrischen Art häufig sehr negativ und wurde bereits des Öfteren vorschnell als egoistisches Arschloch abgestempelt. Hinter seinen oberflächlichen Macho-Sprüchen und seinem ständigen Geprahle verbarg sich jedoch ein ehrlicher und loyaler Mensch, auf den man sich in schwierigen Situationen hundertprozentig verlassen konnte.

Ich lehnte mich halbwegs entspannt zurück in meinen Sitz und riskierte einen Blick aus dem Seitenfenster. Die schwarzen Wolken waren glücklicherweise so schnell verschwunden wie sie aufgetaucht waren und so hatte ich einen freien Blick auf die Landschaft mehrere tausend Kilometer unter uns. Wir befanden uns gerade direkt über dem Grand Canyon und für einen kurzen Moment vergaß ich meine Magenschmerzen, meine Müdigkeit und den ganzen Stress der vergangenen Tage. Mir bot sich ein wahrlich atemberaubender Anblick. Soweit das Auge reichte, tat sich ein riesiger, von Wind und Wasser geformter Canyon in der Landschaft auf, der sich, umschlossen von teilweise bizarr wirkenden Felsformationen, durch die Landschaft zu schlängeln schien. Etwas Vergleichbares hatte ich noch nie zuvor in meinem Leben gesehen und war total fasziniert von den vielen verschiedenen roten und braunen Tönen, in denen der Canyon in der Sonne glänzte. So eine Landschaft hätte ich vielleicht auf dem Mond oder dem Mars erwartet, aber nicht hier auf der Erde. Dieses Naturwunder musste ich unbedingt aus der Nähe betrachten und ich nahm mir fest vor Maik von einer Fahrt zum Grand Canyon zu überzeugen, die wir im Vorfeld aufgrund der großen Entfernung eigentlich ausgeschlossen hatten. Mit jedem Kilometer den wir vorankamen, entdeckte ich neue Facetten in der Canyon Landschaft und verbrachte so den restlichen Flug staunend vor dem kleinen Fenster.

Trotz der Turbulenzen landeten wir pünktlich am McCarren International Airport von Las Vegas. Um zu der Gepäckausgabe zu gelangen, folgten wir der Beschilderung und erreichten die große Eingangshalle des Flughafens, wo wir beide erst einmal verdutzt stehen blieben. Es war als hätten wir eine fremde Welt betreten. An den Wänden hingen ringsherum imposante Bildschirme, die Ausschnitte verschiedenster Shows und Attraktionen zeigten und die Halle mit den unterschiedlichsten Tönen und Farben füllten. In der Mitte standen unzählige Spielautomaten, die bunt blinkten und von erwartungsvollen Leuten umgeben waren, die ihr Glück gutgelaunt auf die Probe stellten.

Willkommen in Vegas, dachte ich fasziniert und auch Maik wurde direkt von der euphorischen Stimmung angesteckt, die von den vielen Menschen in dieser imposanten Halle ausgestrahlt wurde. Er reckte beide Arme in die Luft. „Endlich sind wir da. Ein Traum wird wahr, Theo! Endlich sind wir in Fucking Vegas!“

Nachdem wir unsere Koffer eingesammelt hatten, brachte uns ein kleiner Bus zu einem nahegelegenen Parkhaus, wo wir die Papiere sowie den Schlüssel für unseren Mietwagen erhielten, der sich als bordeaux farbener Ford Focus mit Stufenheck entpuppte. Laut Maik handelte es sich um ein Titanium EcoBoost Modell 1.6 aus dem Jahr 2013 mit 150 PS und nach seinem zufriedenen Gesichtsausdruck zu deuten hatten wir damit einen guten "Fang“ gemacht.

Kurze Zeit später verließen wir das Parkhaus und fuhren auf den Las Vegas Freeway, wo wir direkt in einen Stau gerieten. Dies verzögerte zwar unsere Ankunft im Hotel, aber so bekamen wir zumindest die Möglichkeit einen ersten Eindruck vom berühmten Las Vegas Strip zu erlangen, da dieser parallel zum Freeway verlief.

Es war inzwischen schon dunkel geworden und ich betrachtete fasziniert die riesigen Hotelkomplexe, die sich in den bizarrsten Formen am Las Vegas Strip reihten. Mir stach sofort ein pyramidenförmiges Hotelgebilde ins Auge, welches von außen ganz aus schwarzem Glas zu bestehen schien und mindestens dreißig Stockwerke hoch war. Die Lichter der angrenzenden Hotels reflektierten sich in der Glasverkleidung und verliehen dem Hotel etwas Magisches. Getoppt wurde das Ganze von einem gewaltigen Lichtstrahl der ausgehend von der Spitze der Pyramide senkrecht in den Himmel ragte. Ein paar Meter weiter erhob sich ein riesiges Schloss, das geradezu direkt aus einem Märchenfilm zu stammen schien. Die bunten Spitzen der zahlreichen Türme leuchteten geheimnisvoll in der Nacht und die beiden angrenzenden riesigen Hotelgebäude wirkten wie eine undurchdringbare, schützende Mauer, die selbst den Angriff eines Drachens standhalten konnte. Es war eine glitzernde Traumwelt, die mich sofort in ihren Bann zog.

Am nördlichen Ende des Las Vegas Strips verließen wir den Freeway und erreichten nach wenigen Metern unser Hotel. Dieses erkannte ich sofort an der großen Werbetafel, die vor dem weißen, siebenstöckigen Gebäude aufragte.

Das Einchecken verlief ohne Probleme und wenige Minuten später betraten wir unser Zimmer. Dieses machte auf den ersten Blick sogar einen ganz ordentlichen Eindruck, obwohl es zweckmäßig eingerichtet und nur mit dem Nötigsten ausgestattet war. „Sieht ja tatsächlich ganz anständig aus. Hätte ich mir für den Preis schlimmer vorgestellt. Das Bett scheint auch noch gut in Schuss zu sein. Ich schlaf auf der Fensterseite“, rief Maik, schmiss Koffer in die Ecke und ließ sich rücklings auf die linke Seite des Doppelbetts fallen.

Am liebsten hätte ich mich sofort zu Maik ins Bett gelegt, musste aber vorher noch eine SMS an meine Mutter und meinen Vater verfassen, da beide sicherlich schon ungeduldig auf eine Nachricht von mir warteten.

Da ich kaum noch einen klaren Gedanken fassen konnte, formulierte ich nur eine kurze Nachricht und legte dann das Handy erschöpft zur Seite. Mit einem lauten Seufzer ließ ich mich neben Maiks ins Bett fallen. So platt war ich schon lange nicht mehr gewesen. Unser Abflug in Hamburg vor mehr als 24 Stunden kam mir bereits wie eine halbe Ewigkeit vor und ich war sehr froh endlich im Hotel angekommen zu sein. Maik rief mir noch etwas zu, was ich allerdings schon gar nicht mehr richtig wahrnahm. Kurze Zeit später war ich bereits eingeschlafen.

Tag 2

Als ich erwachte, brauchte ich einen Augenblick bis ich realisierte, dass ich nicht zu Hause in meinem Bett lag, sondern in einem Hotelzimmer mitten in Las Vegas.

Im Zimmer war es drückend warm und noch ziemlich dunkel. Lediglich von der Balkontür schimmerte etwas künstliches, blaues Licht durch die geschlossenen Vorhänge und erhellte den kleinen Raum so weit, dass man zumindest die groben Konturen der Möbelstücke in unserem Hotelzimmer ausmachen konnte. Es musste noch mitten in der Nacht sein. Ich rieb mir verschlafen die Augen und bemerkte ein leises Schnarchen auf meiner rechten Seite. Dort hatte sich Maik auf seiner Seite des Bettes ausgebreitet und schien tief und fest zu schlafen. Möglichst leise richtete ich mich auf, öffnete meinen Koffer, griff nach einer Boxershorts, meinem Kulturbeutel sowie einem T-Shirt und schlurfte ins Badezimmer.

Dort angekommen zerrte ich mir meine verschwitzten Klamotten vom Leib und riskierte einen Blick in den Spiegel. Meine sonst so akribisch zu einem Seitenscheitel gestylten, braunen Haare standen in alle möglichen Richtungen ab und mein blasses Gesicht schaute mir mit müden und von dunklen Ringen umgebenen Augen entgegen.

Selten hatte mich so auf eine kalte Dusche gefreut wie in diesem Moment. Ich zog den Vorhang zur Badewanne zurück, die auch gleichzeitig als Dusche diente, stellte mich unter die kleine Handbrause und drehte das Wasser auf. Für einen Augenblick genoss ich das kalte, erfrischende Wasser, bevor ich den Temperaturregler höher stellte bis das Wasser eine angenehme Temperatur aufwies.

Ich konnte es immer noch nicht ganz fassen, dass ich mich jetzt tatsächlich mitten in den Vereinigten Staaten befand. Seit ich in meiner Kindheit den ersten Western mit diesen endlosen Prärien und wunderschönen Landschaften gesehen hatte, träumte ich bereits von einer solchen Reise durch den Westen der USA. Und nun war es endlich soweit.

Voller Vorfreude auf den heutigen Tag stieg ich nach ein paar Minuten halbwegs wach aus der Dusche, zog mich an und begab mich in Richtung Balkon, um mir einen Überblick über die Lage unseres Hotels zu verschaffen.

Ich öffnete die Schiebetür zum Balkon möglichst geräuschlos und betrat den Balkon. Draußen war es überraschend frisch und ich verschränkte unwillkürlich die Arme vor der Brust. Selbst mitten in der Mojave-Wüste, in der die Stadt Las Vegas erbaut wurde, war es scheinbar im Winter doch etwas kälter. Zumindest mitten in der Nacht. Aus der Ferne vernahm ich schwache Verkehrsgeräusche, die vermutlich vom Freeway stammten. Ansonsten war es jedoch überraschend ruhig, was sicherlich daran lag, dass unser Balkon Richtung Norden zeigte und der Las Vegas Strip somit hinter uns lag. Auf der linken Seite entdeckte ich einen Supermarkt, der gerade von einer Gruppe Jugendlicher betreten wurde. Daneben befand sich ein Klamottenladen mit dem passenden Namen „Dress for Less“. Dieser hatte scheinbar im Gegensatz zum Supermarkt nicht rund um die Uhr geöffnet und so wirkte der riesige angrenzende Parkplatz gespenstisch leer. Es waren lediglich einzelne hagere Gestalten zu erkennen, die ziellos über den Parkplatz wankten, oder in Gruppen auf dem Boden saßen und sich lauthals unterhielten. Eine Gestalt stand weit vornübergebeugt über einen großen Müllcontainer und ich rechnete jeden Moment damit, dass sie das Gleichgewicht verlor und kopfüber in den Container kippte. Doch stattdessen richtete sie sich nach kurzer Zeit wieder auf, drehte sich einmal um die eigene Achse und ließ sich dann auf einem Stück Pappe nieder, welches ihr allem Anschein nach als Bett diente. Die ganze Situation machte einen ziemlich unwirklichen Eindruck auf mich und erinnerte mich an eine Serie, die ich vor kurzem im Internet gesehen hatte. In der postapokalyptischen Serie wurde die Welt von Untoten beherrscht und die wenigen übriggebliebenen Menschen kämpften Tag für Tag ums nackte Überleben. Diese traurigen, abgemagerten Gestalten unten auf dem Parkplatz bewegten sich genauso ziellos und unbeholfen durch die Gegend, wie die Zombies in dieser bescheuerten Serie. Im Gegensatz zu den Untoten motivierte sie dabei wahrscheinlich nicht die Gier nach Menschenfleisch sondern stattdessen die Hoffnung auf ein bisschen Kleingeld, etwas Essbarem oder der Gedanke an die nächste Dröhnung.

Ich beobachte die Obdachlosen noch eine Weile, bis es mir schließlich zu kalt wurde und ich zitternd zurück ins Bett kroch. Doch der Anblick der mittellosen Menschen da unten auf dem Parkplatz wollte mich nicht loslassen. Ich fragte mich warum es in der reichen Supermacht USA so viele Menschen gab, die auf der Straße leben mussten. In Deutschland gab es zwar auch viele Obdachlose, die meisten Arbeitslosen wurden jedoch vom sozialen System aufgefangen und durch den Staat finanziell unterstützt. In den USA gab es so etwas Vergleichbares nicht und so starben jedes Jahr tausende Obdachlose auf den Straßen der Großstädte. Hier herrschte noch das Recht des Stärkeren. Die schwächeren, sozial benachteiligten Menschen lebten am Rande des Systems, hielten sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und wurden bei einem Scheitern gnadenlos fallen gelassen. Mit diesen Gedanken im Kopf schlief ich wieder ein.

Kurz vor 08:00 Uhr wurde ich von der Stimme einer Nachrichtensprecherin geweckt, die gerade das Wetter für das Wochenende ankündigte. Maik saß an dem kleinen Tisch in der Nähe des Badezimmers und war über sein Smartphone gebeugt. „Moin Maik. Bist schon länger wach?“, fragte ich mit rauer Stimme.

Maik fuhr erschrocken hoch, fing sich dann aber schnell wieder und grinste mich an. „Moin Theo. Bin schon seit sieben Uhr auf den Beinen, du Schlafmütze. Während du faul im Bett gelegen hast, habe ich uns schon was zu trinken besorgt“, antwortete er und griff nach einer Flasche Wasser, die neben ihm auf dem Tisch stand. „Hier, die ist für dich“, rief er und warf mir die Flasche zu.

„Danke. Wo hast die denn her?“, fragte ich, während ich den Deckel der gut gekühlten Wasserflasche öffnete.

„War unten bei unserer Karre und habe ein paar Fotos für meine Sammlung gemacht. Das eine Foto habe ich gerade schon bei Facebook gepostet. Mal gucken was meine Kommilitonen dazu sagen.“ Er zeigte mir stolz ein Foto, dass ihn mit einem breiten Grinsen im Vordergrund des roten Ford Focus zeigte. „Naja und auf dem Rückweg bin ich an einem Getränkeautomaten vorbeigekommen. Der steht hier oben im Flur gleich neben den Fahrstühlen. Akzeptiert zum Glück auch Geldscheine“, ergänzte er seine Erzählung.

„Da bist ja schon weit rumgekommen“, scherzte ich und genehmigte mir ein paar große Schlucke Wasser. „Danke für das Wasser. Hast du zufällig auch etwas zu Essen mitgebracht?“, fragte ich voller Hoffnung. Unsere letzte vernünftige Mahlzeit hatten wir während unseres Flugs von London nach Dallas bekommen und die hatte sich leider nicht lange in meinem Magen gehalten. Dementsprechend verspürte ich einen großen Hunger.

„Nee, Theo. Damit kann ich nicht dienen. Hab aber gesehen, dass es direkt gegenüber so eine Art Supermarkt gibt. Können da ja gleich mal vorbeigucken und uns ein ordentliches Frühstück genehmigen. Es sei denn du willst den ganzen Tag im Bett verbringen?“

„Nee, nee“, antwortete ich lachend. „Frühstück klingt gut. Ich zieh mich noch kurz an und dann kann es losgehen.“

Zehn Minuten später betraten wir den Supermarkt auf der anderen Seite der Straße. Maik kaufte sich zwei belegte Brote mit Eiersalat, eine Tüte Chips und dazu einen großen Becher Kaffee. Meine Wahl viel auf ein halbes Baguette, welches mit Schinken, Käse und Salat belegt war und dazu genehmigte ich mir eine Flasche Dr. Pepper. Unter einem vernünftigen Frühstück verstand man sicherlich etwas anderes, aber für den Anfang sollte das reichen. Wir bezahlten die fast dreißig Dollar für die Einkäufe an der Kasse und setzten uns draußen auf eine kleine Bank. Inzwischen war es wärmer geworden und man konnte es schon gut mit kurzer Hose und T-Shirt draußen aushalten.

„Ganz schön teuer“, stellt Maik fest, was ihn jedoch nicht daran hinderte ein großes Stück von seinem Brot abzubeißen.

„Naja, sind natürlich auch mitten in Vegas am Boulevard. Denke mal, dass wir in den Vororten günstiger an Essen und Trinken kommen. Können ja später mal nach anderen Supermärkten Ausschau halten“, schlug ich vor.

„Jo, da hast du wohl recht. Apropos. Was wollen wir eigentlich heute machen? Was hast du geplant?“

„Hm, da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Denke aber mal, dass wir uns zuerst einen kleinen Überblick über den Strip verschaffen sollten. Können ja gleich nach dem Frühstück mal ein bisschen rumschlendern und gucken was sich so in der Nähe befindet. Was meinst du?“

„Ist eine gute Idee. Bin ich dafür. Sollten dann auf jeden Fall auch schon mal nach guten Clubs und Bars Ausschau halten. Heute Abend wird gefeiert!“

„Ja, mal sehn“, erwiderte ich ausweichend. Maiks Gedanken drehten sich scheinbar mal wieder nur ums Feiern. Aber nur für die Partys und Discos waren wir schließlich nicht in die USA gekommen. Es wäre wohl das Beste wenn ich die Planung für die nächsten Tage übernahm, entschied ich. Ansonsten würden wir wohl nicht viel von der vielfältigen Landschaft zu Gesicht bekommen und das wäre sehr schade.

„Ich hatte mir vor unserer Abreise im Internet die beliebtesten Ausflugsziele rund um Vegas angeguckt und bin da auf ein paar Sachen gestoßen, die wir uns unbedingt ansehen sollten. Da wäre zum einen das Death Valley, welches rund zwei Stunden von hier entfernt liegt und natürlich der Grand Canyon“, zählte ich auf.

„Der Grand Canyon sah schon ziemlich beeindruckend von oben aus, aber ist der nicht ziemlich weit entfernt?“, fragte Maik mit vollem Mund.

„Ja, sind gute vier Stunden Fahrt bis zum South Rim, von wo aus man den besten Blick haben soll. Sollten also schon einen Tag dafür einplanen. Aber ich glaube die lange Fahrt lohnt sich. Denke Sonntag wäre am besten dafür, oder? Montag geht’s dann ja schon weiter nach San Diego.“

„Entscheide du das, Theo. Ich bin für das Abendprogramm zuständig und du für das Tagesprogramm. Deal?“

„Jo, machen wir so.“ Das war ja doch einfacher als gedacht, dachte ich zufrieden und widmete mich meinem halben Baguette.

Nachdem wir uns gestärkt hatten, machten wir uns auf den Weg zum Las Vegas Strip, der dann doch weiter entfernt war als gedacht. Die ersten großen Hotels konnten wir zwar schon von dem kleinen Supermarkt aus erkennen, aber bis wir da waren, vergingen knappe zehn Minuten.

Der erste Eindruck von gestern Abend bestätigte sich auch bei Tageslicht. Las Vegas war eine schillernde Traumwelt und eine erfrischende Abwechslung zu dem sonst eher grauen Alltag. Kein Wunder, dass es jedes Jahr Millionen von Besuchern nach Vegas zog, die ihr Glück in den zahlreichen Casinos suchten, oder sich in den vielen Clubs und Shows vergnügten. Die vielen Themenhotels, die rechts und links von uns in die Höhe schossen, orientierten sich in diesem Abschnitt des Strips fast ausschließlich an weltbekannten Orten aus Europa. So gab es das Venetian Resort Hotel, das seinem Vorbild Venedig detailgetreu nachgebaut wurde und durchzogen von großflächigen Wasserkanälen natürlich auch die typischen Gondelfahrten im Programm hatte. Etwas weiter befand sich das weltberühmte Caesars Palace, dass dem alten Rom zur Zeit des legendären Julius Caeser nachempfunden wurde. Mein persönliches Highlight war jedoch der schräg gegenüber vom Caesars Palace stehende Nachbau des Eiffelturms. Dieser war zwar nur halb so groß wie sein Original in Paris, aber immer noch gewaltig hoch und beeindruckend anzuschauen. Irgendwo hatte ich gelesen, dass sich an der Spitze des Turms eine Aussichtsplattform befand, von der aus man einen fantastischen Blick über ganz Las Vegas bis hin zum angrenzenden Wüstengebiet haben soll. Das durfte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen und ich nahm mir fest vor an einem der nächsten Tage dort hochzufahren.

Für den Moment hatten wir aber erst mal genug gesehen und beschlossen uns auf den Rückweg Richtung Hotel zu begeben. Dieses erreichten wir mit schmerzenden Füßen und ziemlich ausgelaugt gegen 13 Uhr. Wir hatten in der Nacht zwar gut geschlafen, aber uns steckte immer noch die anstrengende Reise in den Knochen. Zudem machte sich so langsam auch die enorme Zeitverschiebung bemerkbar. In Deutschland war es bereits 22 Uhr und damit später Abend. Der Körper schaltete dementsprechend schon langsam auf Sparflamme und so befanden wir es für das Beste, uns noch für ein oder zwei Stunden schlafen zu legen, um genug Kraft für den Nachmittag und das Abendprogramm tanken zu können.

Als wir unser stickiges Zimmer betraten, stellte Maik als erstes die Klimaanlage ein und holte dann sein Smartphone aus der Hosentasche. „So. Ich ruf noch kurz bei meinem Vater durch und dann steht Erholung auf dem Programm. Willst du nicht auch noch kurz deine Mutter anrufen? Die macht sich bestimmt schon Sorgen um dich.“

„Jo, da hast du wohl recht“, antwortete ich resignierend. Ich konnte mir meine Mutter fast bildlich vorstellen, wie sie zu Hause vor dem Fernseher saß und minütlich auf das Telefon starrte, in der Angst einen Anruf von mir zu verpassen. Sie machte sich selbst schon Sorgen wenn ich mal eine halbe Stunde zu spät aus der Uni kam. So konnte das echt nicht weitergehen. Ich war schließlich kein Kind mehr und ging meine eigenen Wege. Es war allmählich an der Zeit, dass meiner Mutter klar zu machen. Mein Vater machte ja schließlich auch nicht ständig so ein Theater. Vielleicht war ja gerade dieser Urlaub dafür eine gute Möglichkeit, überlegte ich.

Voller Zuversicht nahm ich mein Smartphone in die Hand, schaltete es aus und öffnete die Akkuabdeckung auf der Rückseite. Im Vorfeld der Reise hatte ich im Internet eine amerikanische SIM-Karte gekauft, mit der das Telefonieren nach Deutschland deutlich günstiger war als mit meinem deutschen Mobilfunkvertrag. Ich wechselte routiniert die SIM-Karte, startete das Handy und wählte kurze Zeit später die mir wohlbekannte Nummer meiner Mutter.

Bereits nach dem ersten Freizeichen erklang ihre sorgenerfüllte Stimme am Telefon. „Hallo Theodor. Bist du das?“

„Hi Mama. Jo, ich bin es. Wollte mich kurz mal …“

„Na endlich“, fiel mir meine Mutter ins Wort. „Ich warte schon den ganzen Tag auf deinen Anruf. Wieso hast du dich noch nicht gemeldet?“, warf sie mir empört vor.

Na das Telefonat ging ja gut los, dachte ich und ließ fünf Sekunden verstreichen ehe ich auf die Frage antwortete. „Ich hatte doch dir und Dad ne SMS geschickt. Habt ihr die nicht bekommen?“

„Doch. Natürlich. Aber das war heute Morgen, inzwischen ist es 22 Uhr“, rief sie vorwurfsvoll ins Telefon.

„Mama. Wir haben hier neun Stunden Zeitverschiebung. Erinnerst du dich? Wir sind erst seit ein paar Stunden wach“, erwiderte ich genervt.

„Ach stimmt. Hatte ich ganz vergessen. Aber hättest dich ja trotzdem schon mal früher melden können, mein Junge. Du weißt ja was für Sorgen ich mir immer mache.“

Dies wäre eigentlich der perfekte Augenblick gewesen meiner Mutter mal eine klare Ansage zu machen. Allerdings waren meine Vorsätze plötzlich wie weggeblasen. „Ich weiß Mama. Melde mich nächstes Mal früher“, sagte ich stattdessen und hätte mir am liebsten selbst auf die Zunge gebissen. Ich wählte wieder den einfachen Weg und brachte es einfach nicht über das Herz ihr mal ordentlich die Meinung zu sagen.

Meine Mutter schien sich auch tatsächlich mit der Antwort zufrieden zu geben und startete stattdessen ihre wissbegierige Befragung. So verbrachte ich die folgenden, gefühlt zwanzig Minuten mit detaillierten aber emotionslosen Schilderungen unserer bisherigen Erlebnisse.

Nachdem sie endlich aufgelegt hatte, ließ ich enttäuscht das Handy sinken. Maik schien zu bemerken, dass irgendwas nicht stimmte und musterte mich stirnrunzelnd. „Hey, Theo. Alles klar? Wie lief das Gespräch mit deiner Mutter?“

„Ja, nicht so gut“, murmelte ich geknickt. „Sie denkt immer noch ich wäre ein kleines Kind und würde nichts alleine auf die Reihe bekommen.“

„Hm … meiner Meinung nach trägst du daran auch eine gewisse Mitschuld“, erwiderte Maik zögernd. „Überleg doch mal. Sie macht die Wäsche für dich, sie trägt dir alles hinterher, sie räumt dein Zimmer auf und gibt dir nach wie vor noch Taschengeld. Ich meine du bist jetzt dreiundzwanzig Jahre alt. Wird langsam Zeit, dass du selbstständiger wirst, Theo. So machst du dich von ihr abhängig und sie denkt nach wie vor, dass du alleine nicht klar kommen würdest. Kein Wunder, dass sie sich dann solche Sorgen um dich macht und dich ständig bemuttert.“

Ich überlegte kurz und wollte zu einer deftigen Erwiderung ansetzen, zögerte aber. Innerlich wusste ich, dass Maik recht hatte. Es war ein Dilemma in das ich mich selbst manövriert hatte und aus dem ich mich auch nur selbst wieder befreien konnte. Doch wie brachte ich das fertig, ohne meine Mutter dabei allzu sehr zu verletzten. Mir wollte keine Möglichkeit einfallen. Betrübt ließ ich den Kopf hängen.

„Naja, genug schlechte Laune verbreitet, Theo. Wir sind in Vegas. Schon vergessen? Heute Abend wird Party gemacht!“, versuchte mich Maik abzulenken. Er klopfte mir aufmunternd auf die Schulter.

Im Gegensatz zu mir scheute Maik nicht davor zurück unangenehme Dinge offen anzusprechen. Dabei war er jedoch stets darauf bedacht, seine Kritik so zu verpacken, dass sie nicht verletzend oder abwertend klang, sondern in erster Linie aufmunternd und hilfreich rüberkam. Dafür war ich ihm sehr dankbar und er hatte mich damit schon des Öfteren vor dem einen oder anderen Fehler bewahrt.

„Hast recht. Im Urlaub sollten wir uns über so etwas keine Gedanken machen“, stimmte ich ihm zu und steckte das Handy, nun deutlich besser gelaunt, wieder zurück in die Hosentasche. Dabei bemerkte ich aus den Augenwinkeln einen kleinen, viereckigen Gegenstand, der vor mir auf dem Boden lag. Ich bückte mich danach, hob ihn auf und erkannte, dass es die Visitenkarte war, die mir dieser Fred Mitchell während des Flugs nach Dallas gegeben hatte und die mir anscheinend aus der Hostentasche gefallen sein musste. Diese skurrile Begegnung hatte ich ja schon total verdrängt, brachte mich aber auf eine Idee. Jetzt war es mal an der Zeit Maik eine Freude zu bereiten. „Hey, Maik“, rief ich und drehte mich in seine Richtung. „Erinnerst du dich an meinen Sitznachbarn auf dem Flug nach Dallas?“

„Jo. Glaub schon. Trug der nicht den ganzen Flug über diese riesige Sonnenbrille, die sein halbes Gesicht verdeckte?“, fragte Maik und ließ sich, nur mit Boxershorts und Shirt bekleidet, rücklings auf sein Bett fallen.

„Ja, genau der Typ. Ich hatte mich mit ihm auf dem Flug nach Dallas gezwungenermaßen unterhalten, während du mit Schlafen beschäftigt warst. Er kommt aus Vegas und führt hier einen kleinen Schießstand am Stadtrand. Er meinte, dass er uns ein gutes Angebot machen würde. Hat scheinbar viele Waffen zur Auswahl“, sagte ich und hielt ihm die Visitenkarte entgegen.