Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 15 - Martina Meier - E-Book

Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 15 E-Book

Martina Meier

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Beschreibung

Im Wald und auf den Feldern funkelt der Schnee in der Wintersonne. Der See ist zugefroren und im Wald sieht man die Tiere herumtollen und Fangen spielen. Die Kinder aus dem Dorf machen eine Schneeballschlacht oder fahren mit ihren Schlitten um die Wette. Man sagt, dass der Winter einen besonderen Zauber hat. Das Dorf wird Jahr für Jahr festlich geschmückt. Auf dem Marktplatz steht ein großer Weihnachtsbaum, der in allen Farben schimmert, wenn die Kerzen leuchten. Und wenn Heiligabend ist, versammelt sich das ganze Dorf um ihn. Es werden Weihnachtslieder gesungen und Geschenke ausgetauscht. ... (Anke Ortmann) Ja, wir alle kennen das - die Advents- und Weihnachtszeit ist doch für viele von uns noch immer die schönste Zeit des Jahres. Seit 15 Jahren stimmen wir unsere Leserinnen und Leser, Klein und Groß, Jung und Alt, mit unseren Geschichten aus dem Wunder-Weihnachtsland auf diese besonderen Tage ein. Und so haben wir auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Erzählungen, Märchen und Gedichte für ein paar besinnliche Stunden zusammengetragen, die uns hoffentlich alle über die Alltagssorgen hinwegtrösten können.

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Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland

Erzählungen, Märchen und Gedichte zur Advents- und Weihnachtszeit

Band 15

Martina Meier (Hrsg.)

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Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet - www.papierfresserchen.de

Herausgegeben von Martina Meier – www.cat-creativ.at im Auftrag von

© 2022 – Papierfresserchens MTM-Verlag

Mühlstraße 10, 88085 Langenargen

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten. Erstauflage 2022

Herstellung: CATCreativ – www.cat-creativ.at

Titelbild: © Heike Georgi

ISBN: 978-3-99051-070-4 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-99051-087-2 - E-Book

*

Inhalt

Der Dieb im Adventskalender

Ein Schneeflockentraum

Stallweihnacht

Weihnachtsmann

Der Strohhalm

Wer kennt ihn?

Eine Fee im Tannenbaum

Winternacht

„Mama, wo ist die Oma jetzt eigentlich?“

Weihnachtszauber

Ein besonderer Wunsch

Vorfreude auf Weihnachten

Ein besonderer 25. Dezember

23. Dezember 1945

Schneeflockentanz

Der Weihnachtskuss

Ein Brief aus der Ferne

Im Blick

Drottning, die Gänsekönigin

Wintermeer

Winterfest

Der Weihnachtsmann

Mein Schutzengel trägt Turnschuhe ...

Als der Osterhase Weihnachten rettete

Irren ist himmlisch

Weihnachtliches Geheimnis

Der verwunschene Weihnachtsmarkt

Sehnsüchte einer Wunschtanne

Wolf im weihnachtlichen Stimmungstief

Wolf im weihnachtlichen Stimmungstief

Zweiter Advent

Weihnachtsminiaturen

Wald-Weihnacht

Das Monster unterm Weihnachtsbaum

Ein kleines Weihnachtswunder

Eine Zeichnung für Mogeli

Das Christkind und die Weihnachtskerze …

Die elf Weinachtskugeln

Das unausgepackte Geschenk

Das Rentier mit dem verbogenen Geweih

Eine schwierige Frage

Hilfe für den Weihnachtsmann

Der Schornstein ist weg

Der Pfefferkuchenmann, der den Sommer erleben wollte

Das schönste Weihnachten

Weihnachtszeit

Nikoläuse und Mümmelmänner

Vorweihnachtszeit

Gottes Besuch an Weihnachten

Die kleine Feldmaus

Grüß Mama ...

Alle Jahre wieder?

Lockdown, Likör oder das Ende der Weihnacht

Das ist Weihnacht

Die Weihnachtsbäckerei brennt

Die Weihnachtsgeschichte

Wenn das Hobby zur Geschäftsidee wird ...

Die Zugfahrt

Die stille Weihnacht

Der Glanz der Weihnachtskugel

Mehr als ein Weihnachtsbaum

Endlich wieder Weihnachtszeit

Der orange Weihnachtsstrumpf

Der kleine Hase und das Weihnachtsfest

Sterntaler

Rick, der kleine Tannenbaum

Weihnachtswunder im Wald

Endlich ist Heiligabend da

Das Weihnachtschaos

Die lange Nacht der Bescherung

Wie Hamster Timo und Ziesel Sam Weihnachten feierten

*

Der Dieb im Adventskalender

Eigentlich kam Ina früh nur sehr schwer aus dem Bett. Aber im Dezember war das anders. Denn da gab es jeden Tag ein kleines Geschenk. Für Ina die beste Zeit im Jahr.

Und so lief sie auch heute Morgen zügig ins Wohnzimmer. An der Wand hingen 24 kleine braune Säckchen, auf denen ein roter oder blauer Stern aufgenäht war. Und auf dem Stern standen weiße Zahlen. Heute war die Nummer 7 dran und sie musste ganz schön tief greifen, so klein war die Überraschung. Doch dann wurde Ina stutzig, denn sie konnte nichts finden. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um ganz in das Säckchen sehen zu können, aber da war nichts drin. „Mama!“, rief Ina und ging in die Küche. „Mein Adventskalender ist leer.“

Ihre Mama legte den Spüllappen beiseite und gemeinsam sahen sie noch einmal nach. „Ich bin mir ganz sicher, dass ich überall etwas reingetan habe“, sagte ihre Mama und starrte an die Wand. „Weißt du was, vielleicht habe ich das heutige Säckchen auch vergessen. Ich gehe nachher noch etwas besorgen.“

Ina nickte und sah ihrer Mama nach, die sichtlich verwirrt wieder in die Küche ging. Jetzt musste Ina nur etwas finden, mit dem sie sich ablenken konnte. Aber das war gar nicht so leicht. Immer wenn sie etwas anfing, war sie kurz darauf mit den Gedanken wieder bei dem Geschenk, das sie heute Abend noch bekam. Und so gab sie es irgendwann auf, legte sich aufs Bett und starrte an die Decke.

Kurz vor dem Abendessen konnte Ina dann endlich ihr Geschenk aus dem Adventskalender holen: Trinkschokolade am Stiel, die Ina nach dem Abendessen auch noch trinken durfte. Doch auch als sie im Bett lag, kam sie nicht zur Ruhe. Was, wenn morgen wieder nichts drin war?

Am nächsten Morgen ging sie mit einem mulmigen Gefühl zum Adventskalender. Ihre Mama folgte ihr. Doch die 8 war leer.

„Ich verstehe das nicht“, murmelte ihre Mama, als sie das Wohnzimmer verließ. Ina ließ sich auf die Couch fallen. Heute war Sonntag, da konnte ihre Mama kein neues Geschenk kaufen. Außerdem konnte sie sich nicht vorstellen, dass ihre Mama es schon wieder vergessen haben sollte. Also gab es nur eine Erklärung: Irgendjemand klaute ihre Geschenke.

Und es kam, wie es kommen musste. Auch die 9 war am nächsten Morgen leer. Ina wollte sich schon abwenden, als sie auf dem Boden unter Säckchen Nummer 7 Glitzerfarbe entdeckte.

Ina zögerte kurz, griff dann aber in das Säckchen mit der 7 und zog drei Glitzerstifte heraus. Doch die Freude darüber hielt nicht lange. Denn so, wie die Stifte außen dran mit Farbe verschmiert waren, hatte die schon jemand benutzt.

Als sie nach weiteren Hinweisen suchte, sah sie in der Ecke eine Murmel liegen. Das war definitiv keine, die sie beim Spielen hier vergessen hatte. Denn dieses gewellte Muster kannte sie noch nicht. Jetzt hatte Ina aber genug. Sie setzte sich auf die Couch und ließ den Adventskalender nicht mehr aus den Augen.

„Zeit fürs Bett, Ina“, sagte ihr Vater am Abend.

„Ich muss aber den Geschenkedieb auf frischer Tat ertappen“, sagte Ina.

Ihre Eltern sahen sich an. „Aber das ist eine Ausnahme“, sagte ihr Vater.

Ina nickte, kuschelte sich in die Decke und wartete darauf, dass der Dieb sich zeigte. Doch mit der Zeit wurde sie ganz müde und schlief schließlich auf der Couch ein.

Am nächsten Morgen ärgerte sie sich, dass sie eingeschlafen war. Und auch, wenn sie wenig Hoffnung hatte, so ein kleiner Funke Hoffnung war da doch in ihr, dass heute etwas im Säckchen war. Aber die 10 war leer.

„Verflixt noch mal!“, schimpfte Ina und verschränkte die Arme vor der Brust. Doch dann sah sie Trockenobstkrümel auf dem Boden unter Säckchen Nummer 9. Als sie sich das Säckchen genauer ansah, sah sie, dass sich der Stoff ausdehnte und wieder zusammenzog. Dazu kam ein leises Schnaufen und oben spitzte eine Socke heraus. „Jetzt habe ich dich du kleiner Dieb“, murmelte Ina und zog an der Socke.

In dem Socken steckte der Kopf eines kleinen Wesens, das sie verschlafen, aber grinsend ansah. Wohl wissend, dass es etwas ausgeheckt hatte. Die Socke drückte es sich mit den kleinen Händchen gegen den Kopf. Anders wäre es wohl zu Boden gefallen. Und bevor es das wirklich noch tat, setzte Ina es auf ihre Hand.

„Wer und was bist du?“

Das kleine Wesen stellte sich auf ihre Hand. „Eddie. Ich bin ein Wichtel“, sagte er und streckte ihr seine Hand entgegen.

Ina drückte sie leicht. „Ein Wichtel?“

Eddie nickte.

„Du hast meine Geschenke geklaut.“

„Woher willst du das wissen?“, entgegnete Eddie sofort.

Ina sah den Wichtel mit großen Augen an. „Dein Fell ist voll mit Glitzerfarbe. In deiner Jackentasche steckt eine Murmel und du hast Krümel im Haar. Brauche ich noch mehr Beweise?“

Eddie sah ertappt auf ihre Hand. „Ich habe mich wohl sehr ungeschickt angestellt“, gab er zu und sah vorsichtig zu ihr auf. „Aber weißt du, ich habe noch nie einen Adventskalender gehabt. Und als ich deinen gesehen habe, dachte ich ... na ja, du warst nicht da. Ich hatte gehofft, es würde dir nicht auffallen.“

„Hast du wirklich geglaubt, einem Kind würde nicht auffallen, wenn seine Geschenke fehlen?“

„Es tut mir leid. Bitte sei mir nicht böse.“ Eddie sah sie mit großen Augen und Schmollmund an.

Ina fiel es schwer, dem kleinen Wichtel wirklich böse zu sein. „Warum wünschst du dir nicht auch einen Adventskalender?“

„Wichtel bringen Geschenke, aber wir bekommen keine.“

Das fand Ina nicht in Ordnung. Aber es war auch nicht in Ordnung, dass Eddie deshalb ihre Geschenke nahm.

„Was machen wir jetzt mit deinen Geschenken, die ich genommen habe?“, fragte Eddie leise.

„Die Stifte sind toll, aber du kannst sie haben. Die Murmel brauche ich aber für meine Sammlung.“

Der Wichtel gab ihr die Murmel zurück und zog sich den Socken vom Kopf. Zum Vorschein kamen lange, spitze Ohren. „Den gebe ich dir besser auch zurück. Mir ist er ja doch zu groß.“

Ina nahm ihn entgegen und erklärte: „Das ist übrigens ein Socken. Der gehört an die Füße und nicht auf den Kopf.“

„Ich habe mir schon so etwas gedacht“, sagte Eddie nachdenklich. „Aber egal, ob ich ihn mir über den Kopf oder die Füße stülpe, ich könnte komplett darin verschwinden.“ Ina lachte und Eddie stimmte mit ein.

„Was hältst du davon, wenn du dir ganz dolle einen eigenen Adventskalender wünscht?“, schlug Ina vor und sah ihre Mama dabei an, die gerade ins Wohnzimmer gekommen war.

„Aber wer soll mir schon Geschenke bringen?“, fragte Eddie.

„Einen Versuch ist es wert.“

„Na schön.“ Eddie schloss die Augen und murmelte etwas vor sich hin, ehe er sie wieder ansah. „Erledigt. Was machen wir jetzt?“

„Wir können mit meinen Murmeln spielen“, schlug Ina vor und rannte mit Eddie auf der Schulter in ihr Zimmer.

Als sie am nächsten Morgen ins Wohnzimmer ging, hoffte sie, dass ihre Mama Eddies Wunsch erfüllt hatte.

„Das gibt es doch nicht“, sagte Eddie und deutete auf den zweiten Adventskalender an der Wand. „Glaubst du, der ist für mich?“

„Natürlich, für wen denn sonst.“

Eddie hüpfte von ihrer Hand und kletterte am Säckchen nach oben. Und Schwups war er in das Säckchen hineingerutscht. Ina lachte und als Eddie wieder herausschaute, hielt er eine Murmel in der Hand und strahlte über das ganze Gesicht.

Eddie blieb bis Heiligabend und die zwei spielten und lachten viel zusammen. Bevor das Christkind das Glöckchen läutete, verabschiedete Eddie sich und versprach, im nächsten Jahr wieder vorbeizuschauen.

Christina Emmerlingwurde 1992 in Würzburg geboren, wo sie auch heute noch lebt. Neben Kurzgeschichten schreibt sie Fantasyromane für Kinder und Jugendliche. Ihre erste Kurzgeschichte wurde 2013 in einer Anthologie veröffentlicht.

*

Ein Schneeflockentraum

Als Marlo ihre Decke bis zur Nasenspitze gezogen hatte, saß Opa bereits auf dem gemütlichen Sessel neben dem Bett und blickte gedankenverloren zum Fenster.

„Ich kann sie schon sehen, die kleinen Winterelfen“, brummte er.

Marlo hob den Kopf ein kleines bisschen und starrte in die schwarze Nacht, die hinter den Scheiben die Straße und die Häuser gegenüber verschluckte.

„Du kennst doch Zilly und Tuuli?“

Marlo schüttelte den Kopf, doch Opa konnte das nicht sehen, denn sein Blick ruhte unverändert auf dem Geschehen vor dem Fenster.

„Es ist schon eine Ewigkeit her, da sprangen die kleinen Winterelfen Zilly und Tuuli ausgelassen von einem Stern zum nächsten …“

„Fang mich doch“, juchzte Tuuli, die so schnell wie der Wind über den nächtlichen Winterhimmel huschte. Doch Zilly spürte schon im Voraus die Bewegungen der Freundin und noch ehe Tuuli die Richtung geändert hatte, empfing Zilly sie freudig auf einem Glitzerstern. Im Sauseschritt tobten die beiden weiter, ihre Flügel flatterten wild, bis sie sich prustend, mitten auf dem Mond, auf den Hosenboden plumpsen ließen.

„Hast du denn schon eine Schneefee getroffen?“, wollte Tuuli wissen.

„Nein“, antwortete Zilly, „aber ich freu’ mich schon so sehr darauf, wenn sie wieder fliegen und ihre Winterflocken in den Himmel pusten.“

Da schüttelte sich der Mond, sodass die Winterelfen kräftig durchgerüttelt wurden. „Da könnt ihr aber lange warten“, lachte der Mond. „Vielleicht sitzt ihr sogar noch nächstes Jahr hier und wartet auf die Schneefeen. Weil sie nämlich vom Eisigen Bären bewacht werden – und niemand traut sich an ihm vorbei.“

Erschrocken blickten sich Tuuli und Zilly an. „Wer ist der Eisige Bär?“, fragte Tuuli.

„Und warum geht niemand an ihm vorbei? Was hat das überhaupt mit den Schneefeen zu tun?“, wollte Zilly wissen.

„Langsam, langsam, meine Damen“, flüsterte der Mond, „ich will es euch ja erzählen.“

Die Winterelfen verstummten, setzten sich und warteten gespannt darauf, dass der Mond mit seiner Geschichte begann.

„Die Schneefeen schlafen seit Anbeginn der Zeit in den Gärten des Polarsterns. Im Winter und ganz besonders zur Weihnachtszeit werden sie von den Polarwichteln geweckt. Erst recken und strecken sie sich, dann fliegen sie zur Erde herab. Sie sind dann so ausgelassen und voller Freude, dass sie unentwegt glitzernde Schneesterne in die Luft pusten.“

„Die Schneeflocken!“, rief Zilly.

„Doch leider“, der Mond schnaufte betrübt, „leider ist im Sommer ein riesiger Eisbär in eine Höhle vor den Gärten eingezogen. Es ist so ein großer Eisbär, dass sich die Polarwichtel einfach nicht an ihm vorbeitrauen.“

„Ich trau mich!“, rief Tuuli und ihre silbrigen Flügel zitterten vor Aufregung.

Der Mond schaukelte sanft und es schien, als würde er seine Stirn nachdenklich in Falten legen. „Das ist noch nicht alles! Im Garten steht eine Eiche und die Schneefeen erwachen nur, wenn man sieben Blätter von ihr abpflückt und diese zu Staub verreibt.“

„Davon werden Schneefeen wach?“, staunte Zilly und kratzte sich nachdenklich ihr spitzes Ohr. Was für merkwürdige Wesen doch diese Schneefeen waren.

„Wenn sie den Staub in die Nase bekommen, dann kitzelt er sie wach“, kicherte der Mond und fast hätte er bei dieser Vorstellung selbst niesen müssen.

„Wir wecken die Schneefeen!“, jubelte Tuuli ausgelassen und Zilly stimmte ihr zu.

Der Mond hatte ihnen genau erklärt, was sie machen mussten. Zuerst führte ihr Weg vorbei am Großen Wagen, dann waren sie schon fast am Polarstern. Ihn zu finden, war ein Kinderspiel, denn kein Stern leuchtete so hell und strahlend wie er.

„Wo können wir landen?“, flüsterte Tuuli, die sich auf das feine Gespür ihrer Freundin verlassen konnte. Auf Zillys Intuition war immer Verlass und so entschied sie, dass ein kleines Plateau über der Bärenhöhle der beste Landeplatz war. Nur wenige Augenblicke später standen die beiden auf dem eisigen Boden des Polarsterns.

„Jetzt wird es ernst“, murmelte Tuuli, doch die zwei Winterelfen hatten sich längst einen Plan ausgetüftelt. „Aber wir schaffen das!“

Mit einem freudigen Hüpfer erhob sich Zilly in die Luft, um dann Kurs auf den Eingang der Bärenhöhle zu nehmen. Tuuli flatterte dem schmiedeeisernen Gartentor entgegen.

Es herrschte totale Stille auf dem Polarstern – bis zu der Sekunde, in der das Tor geöffnet wurde. Die Scharniere quietschten so sehr, dass sich beide Winterelfen die Ohren zuhalten mussten. Schließlich huschte Tuuli in den Garten, wo sie das sanfte Geräusch schnarchender Schneefeen vernahm.

Das Quietschen hatte den Eisbären aufgeschreckt. Mit einem lauten Gebrüll war er vor seine Höhle gelaufen, in Erwartung, einem bösen Feind gegenüberzustehen, doch da war nur ein kleiner Schmetterling herumgeflattert, der lautlos im Garten verschwand. Und ein zweiter Schmetterling saß nun auf seiner Nase und sprach zu ihm: „Ich heiße Zilly und ich erzähle dir eine Gutenachtgeschichte, wenn du mir verrätst, wie du heißt.“

„Ich heiße Rudolph“, raunte der Eisbär zufrieden, während sich Zilly auf seinen Kopf setzte und begann, ihn hinter dem linken Ohr zu kraulen. „Eine Geschichte über die Heilige Nacht wäre wunderschön.“

Tuulis Arbeit war nun schnell vollbracht. Die Eiche war so groß und mächtig, dass sie allen Schneefeen einen gemütlichen Schlafplatz bieten konnte. Die sieben Blätter waren fix gepflückt und zwischen Tuulis Händen zerrieben. Nun flog sie zum Baumwipfel, öffnete die Hände, in denen der Eichenstaub lag, und blies mit aller Kraft ihrer Lungen.

Wie in einem Zaubermärchen wurde die Eiche in feinstes Gold gehüllt. Fröhliches Geplapper, lustiges Geschnatter und ausgelassenes Gelächter erfüllte die Luft und mit der Wucht eines Feuerwerks stoben die Schneefeen aus der Baumkrone und tanzten über den Winterhimmel.

Es war vollbracht! Nun würden bald weiße Flocken zur Erde herab purzeln.

„Wir müssen los!“ Tuuli flog über einen riesigen Eisbären, der sich genüsslich streckte, während Zilly auf seinem Rücken saß und seinen Nacken massierte.

„Er ist einfach nur einsam“, rief sie. „Wir müssen den Wichteln sagen, sie brauchen keine Angst vor ihm zu haben. Sie sollen ihm Geschichten erzählen. Er liebt Weihnachtsgeschichten so sehr!“

Tuuli lachte und gab ihrer Freundin ein Zeichen, dass sie nun die Heimreise antreten mussten.

„Er denkt, ich bin ein Schmetterling“, kicherte Zilly, dann flatterte sie hoch in den Weihnachtshimmel und dann Richtung Mond.

„Nun wird es richtig Winter werden“, freute sich der Mond, als er die beiden Winterelfen am Horizont erblickte. Die erste Schneefee war gerade eben an ihm vorbeigetanzt. Viele weitere werden folgen. „Weiße Weihnachten“, hauchte er glücklich.

Opa hatte aufgehört, zu erzählen. Er drehte den Kopf zu Marlo, die ihn ebenfalls ansah.

„Was für eine schöne Geschichte“, lächelte das Mädchen, während Opa aufstand, sanft ihre Stirn streichelte und dann zur Tür ging.

„Du wirst schon sehen“, waren seine letzten Worte, bevor er im Flur verschwand. Wenige Minuten später war Marlo eingeschlafen.

Als Marlo erwachte, rieb sie sich verschlafen die Augen und blinzelte ins Licht. Die Welt da draußen war plötzlich nicht mehr dunkel, sondern weiß vom vielen Schnee, der durch die Luft wirbelte und sich hier und da niederließ.

„So viele kleine Schneefeen“, hauchte Marlo erstaunt und lief zum Fenster. „Und eine hat ganz spitze Ohren!“

Zilly nickte dem Mädchen freundlich zu, bevor sie im Glitzermeer der unendlich vielen Schneeflocken verschwand.

„Ein richtiger Schneeflockentraum. Das werden wunderschöne weiße Weihnachten!“

Ramona Stolle wurde in Berlin geboren, wo sie noch heute lebt und sich Geschichten und Gedichte für kleine und große Leserinnen und Leser ausdenkt. Obwohl sie schon immer geschrieben hat, studierte sie zunächst Grundschulpädagogik und ließ ihre Schüler die kreative Welt des Schreibens entdecken.

*

Stallweihnacht

Fred schlug die Augen auf und brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. Was war das denn für ein Geräusch? Warum waren die anderen Tiere so unruhig? Fred streckte sich und schaute dann zu seinem Bruder Emil hinüber, doch der schlief tief und fest. Der Mäuserich begann, sich durch das Stroh zu wühlen, um nach der Ursache der Aufregung zu schauen. Er schnüffelte, seine Barthaare bewegten sich hektisch, da roch es doch nach Rauch! Mit schnellen Bewegungen schaufelte er sich regelrecht zwischen den Halmen hindurch, streckte seinen Kopf nach draußen und erstarrte – es brannte! Das Stroh am anderen Ende der Scheune stand in hellen Flammen und alle Tiere, die hier in der Scheune zu Hause waren, suchten nach einem Ausweg, um dem Feuer zu entkommen. Fred kroch, so schnell er konnte, zu seinem Bruder zurück und rüttelte ihn unsanft. „Wach auf! Es brennt, wir müssen so schnell wie möglich hier raus!“

„Lass mich in Ruhe“, sagte Emil schlaftrunken und drehte sich um.

„Das gibt es jetzt doch nicht!“ Fred schüttelte Emil energischer, so lange, bis dieser sich mit einem Seufzen aufrichtete.

„Kannst du mich nicht in Ruhe lassen“, moserte er seinen Bruder an. „Ich bin noch müde … warte mal, da riecht es doch nach Rauch.“

„Halleluja, er hat es gemerkt – de Scheune brennt! Lass uns sofort hier abhauen!“

Jetzt war auch Emil hellwach und zusammen mit seinem Bruder wühlte er sich durch das Stroh. Die beiden Mäuse sprangen auf den Boden und rannten zum Tor der Scheune, um sich dort durch eine der Spalten im Holz zu zwängen. Draußen angekommen, rannten sie weiter, bis sie den nahen Wald erreichten. Dort drehten sich Fred und Emil um und sahen zurück zur Scheune, die inzwischen lichterloh in Flammen stand.

„Und was machen wir jetzt? Wir haben zum zweiten Mal unser Zuhause verloren.“ Fred seufzte.

Nachdem die Familie Sockenmockel sie im April mit einer Lebendfalle gefangen und irgendwo auf dem Land frei gelassen hatten, waren sie auf der Suche nach einer neuen Heimat lange unterwegs gewesen. Sie hatten dabei festgestellt, dass nicht alle Menschen so nett zu Mäusen waren wie die Familie, bei der sie im letzten Winter gelebt hatten. Ein Mann hatte seinen Hund auf sie gehetzt, welchem sie nur mit knapper Not entkommen waren, eine Katze hatte Emil fast am Schlafittchen gehabt. Erst hier in dieser Scheune hatten sie ein neues Zuhause gefunden.

„Es hilft nichts, wir müssen nach einer neuen Unterkunft suchen. Komm, lass uns gehen.“

Nach einem letzten Blick auf die Scheune drehten sich die Mäuse um und machten sich auf den Weg in eine ungewisse Zukunft.

Zwei Wochen später waren Fred und Emil immer noch auf Wanderschaft. Bisher war der Winter mild gewesen, sodass sie genügend zum Fressen gefunden hatten und nicht frieren mussten, aber gestern hatte es angefangen zu schneien und es war kalt geworden.

„Wenn wir nicht bald etwas finden, wo wir den Winter verbringen können, sehe ich schwarz.“

„Ach, du immer mit deiner ewigen Unkerei. Schau dich doch um, der Schnee glitzert wunderschön, alles ist so ruhig. Man hört rein gar nichts, man könnte gerade meinen, wir zwei sind alleine auf der Welt. Dieser Frieden, so sollte es … hatschi!“ Verlegen schaute Emil seinen Bruder an. „Entschuldige, aber die Schneeflocken kitzeln auf der Nase.“

„Die Schneeflocken sind mir herzlich egal, mir ist kalt, ich habe Hunger, ich bin es leid, durch diese weiße Pampe zu laufen.“

Doch Emil hatte seinem Bruder gar nicht zugehört. „Schau mal, da vorne, der See ist zugefroren, da können wir drüberschlittern.“

Emil lief los und nahm Anlauf. Mit Schwung sprang er auf das Eis und flog schnell wie der Wind darüber. Mitten auf dem See endete seine Fahrt und er strahlte über das ganze Gesicht. Was hatte das Spaß gemacht, da würde er gleich noch mal machen. Doch bevor es dazu kam, knirschte und knackte es unter ihm, das Eis bekam Risse und Emil brach ein. Er konnte sich mit den Vorderpfoten gerade noch festhalten. „Hilfe! Fred, hilf mir!“

Sein Bruder lief auf das Eis, kehrte aber sofort um, weil er Angst hatte, ebenfalls einzubrechen. Er konnte seinen Bruder alleine nicht retten, deshalb begann auch er, laut um Hilfe zu rufen.

Die Eule schlug die Augen auf. Wer rief denn da so laut um Hilfe? Sie breitete ihre Schwingen aus und erhob sich in die Lüfte. Schaute sich die Landschaft, die unter ihr lag, genau an. So entdeckte sie die beiden Mäuse schnell und flog tiefer. Fred sah den Schatten des Vogels und lief in Deckung. Unter einem schneebedeckten Busch kauernd musste er mit ansehen, wie die Eule seinen Bruder packte, aus dem Wasser zog und mit ihm davonflog. Tränen liefen ihm über die Wangen, er wusste, seinen Bruder würde er nie wiedersehen.

Mit schlurfenden Schritten lief Fred durch den Wald. Die Trauer hielt sein Herz fest in den Händen. Wie sollte er ohne Emil weiterleben? Sie waren ihr ganzes Leben lang zusammen gewesen, nie getrennt, wie siamesische Zwillinge. Der Mäuserich bemerkte in seiner Trauer nicht, dass der Wald zurückwich und einer unter dem Schnee begrabenen Wiese Platz machte. Diese grenzte an einen Stall, welcher zu einem Bauernhof gehörte. Ein Hund bellte, weshalb Fred den Kopf hob. Er entschloss sich erst einmal, hierzubleiben, die Nacht kam mit Riesenschritten und es würde bitterkalt werden. Bei aller Trauer um seinen Bruder hing er doch sehr an seinem Leben. Schnell lief er zu dem Stall, fand ein loses Brett und zwängte sich hindurch ... und traute seinen Augen nicht – da saß Emil und ließ es sich gut gehen! In eine dicke Decke eingewickelt trank er warme Milch, wahrscheinlich direkt von der Kuh, die nicht allzu weit von ihm entfernt stand.

Emil blickte auf und entdeckte seinen Bruder. „Da bist du ja endlich! Komm her, hier sind alle total nett. Selbst die Menschenfrau, der der Stall gehört. Sie hat mir die Decke und die Milch gebracht, weil ich nur am Zittern war. Man, ich war halb erfroren, als mich die Eule aus dem See geholt hat. Ich dachte, mein letztes Stündchen hätte geschlagen, aber sie hat mich hierhergeflogen und vor dem Tor abgesetzt. Ich glaube, hier bleiben wir, besser können wir es gar nicht treffen.“

Fred lief zu seinem Bruder, packte und schüttelte ihn. „Ich dachte, du bist tot! Ich dachte, ich sehe dich nie wieder! Und du sitzt hier und lässt es dir gut gehen! Ich könnte dich gerade ...“

„Nein“, sagte da die Kuh. „Ich kann verstehen, dass du wütend bist, aber wir leben hier in Frieden.“

Fred ließ seinen Bruder los und setzte sich neben Emil. Alle Kraft verließ ihn, ihm fielen die Augen zu und er schlief von einer Sekunde auf die andere ein.

Der Stall war mit Tannenzweigen geschmückt, an denen Christbaumkugeln hingen. Kerzen gab es wegen der Feuergefahr keine, aber Äpfel und Lebkuchen. Fred stand am Eingang des Stalls und schaute in die Ferne.

„Woran denkst du?“, fragte ihn sein Bruder.

„An unser letztes Weihnachtsfest. An Theodor, den Lebkuchenmann, und Klaus, die Tanne.“

„Ich wünschte, die beiden wären hier.“

„Ja, das wäre wirklich schön.“

„Erinnerst du dich an die entsetzten Gesichter der Tochter und der Enkelin der Familie Sockenmockel, als sie uns gesehen haben?“ Fred lachte, das war das absolute Highlight am letzten Heiligen Abend gewesen.

„Komm, lass uns zu den anderen gehen. Hier sind wir jetzt zu Hause.“

Hunde und Katzen, Pferde und Kühe, Mäuse und Ratten, Eulen und anderes Getier – sie alle feierten an diesem Abend zusammen. Es ging ihnen nicht um Materielles, niemand fühlte sich übervorteilt oder ungeliebt, alles war harmonisch und voller Frieden – diese Tiere lebten den Geist der Weihnacht.

Ingrid Hägele,Jahrgang 1961, ist Single und wohnt in Stuttgart, wo sie auch geboren wurde. Sie ist Rentnerin und schreibt mit Unterbrechungen seit Jugendtagen. Frau Hägele in allen Genres zu Hause, ihre bevorzugten Themen sind aber Indianer und Pferde. Einige ihrer Kurzgeschichten wurden bereits in verschiedenen Anthologien veröffentlicht.

*

Weihnachtsmann

Oh, du lieber Weihnachtsmann,

Auch Knecht Ruprecht genannt,

Zu Weihnachtszeit – da kommst du her,

Das fällt dir gar nicht schwer.

Ja, am Nordpol ist dein Haus.

Zur Weihnachtszeit fährst du mit deinem Schlitten

in die weite Welt hinaus.

Christian Minin: neun Jahre alt, wohnt in Leipzig. Er liebt Musik, spielt Klavier und schreibt Geschichten. Außerdem mag er neue Länder und Städte erkunden, mit seinen Freunden spielen und er ist sehr kreativ.

*

Der Strohhalm

Es war vor vielen Jahren auf einem großen Roggenfeld, da wuchs die Saat dieses Frühlings heran und freute sich des Lebens.

Einer dieser Setzlinge hieß Roger und er genoss es, mit seinen Freunden zu wachsen – sie strengten sich ordentlich an und wetteiferten, wer am schnellsten wachsen würde. Tagsüber reckten und streckten sie sich immer in Richtung Sonne und nachts tranken sie vom lauwarmen Landregen. Eines Abends, es war schon fast Herbst, da erzählten sich die Roggensetzlinge, wie schön ihr Leben nach der Ernte wird. Der eine sagte, wie sehr er sich darauf freuen würde, Mehl für Brot zu werden. Andere erzählten, wie sehr sie sich auf den Stall der Tiere freuen würden, wo sie als Heu in der Scheune dann noch enger zusammenleben und immer ganz doll kuscheln konnten. Das alles hörte sich für Roger toll an und auch er freute sich schon sehr auf diesen Tag.

Die nächste Woche war sehr heiß und trocken. Die Roggenpflanzen wurden immer aufgeregter und freuten sich schon sehr auf ihr zukünftiges Leben. Auch Roger freute sich auf die rosige Zukunft, obwohl er nicht sicher war, ob er lieber Mehl für Brot oder Heu für die Scheune werden wollte.

Eines Tages, es war noch fast dunkel draußen und alle schliefen, begann ein ohrenbetäubender Lärm. Alle erschraken, denn sonst war es hier sehr still und man hörte nur Vogelgezwitscher. Was war denn hier nur los?

Roger schaute sich, so gut er es nur konnte, ängstlich um, denn mittlerweile war er fertig ausgewachsen und so groß und schwer, dass er sich nicht mehr so leicht umdrehen konnte. Ein großer Schatten bewegte sich auf ihn zu und wurde immer lauter und lauter. Da sah er es – ein riesiges Monster kam auf ihn zu und verschluckte seine Freunde mit Haut und Haar.

Roger rief und schrie, so laut er konnte: „Biegt euch nach unten! Das Monster verschluckt euch sonst! Aah!“ Er wollte alle warnen und bog sich selbst so tief herab, wie er nur konnte. Der Lärm war kaum noch auszuhalten, und als es über ihm laut und ganz dunkel wurde, wurde er ohnmächtig.

Eine Stunde später kam Roger zu sich und schnellte nach oben. Niemand war mehr da, er war ganz allein, das Feld war – bis auf ihn – komplett leer. Mühselig schaute er sich um und ließ traurig den Kopf hängen. Als es abends zu dämmern begann, schlief er müde und erschöpft ein.

Wochenlang war er allein auf dem Feld, doch plötzlich hörte er es rascheln und piepsen. Jemand versuchte, ihn zu Boden zu drücken, doch Roger war stark und hielt stand. Er richtete sich auf und wiegte sich leicht im Wind, um wieder einzuschlafen, da merkte er, dass etwas Flauschiges mit Krallen an seinem Strohhalm hochkroch. Er schwang sich heftig hin und her, doch dieses flauschige Teil hielt sich sehr gut fest und schaffte es bis zu seiner Ähre und ließ alle Roggenkörner zu Boden fallen. Dort warteten noch mehr von seiner Sorte und nahmen alle Körner mit. Roger war ganz verzweifelt, denn nun hatte er auch keine Chance mehr, Mehl zu werden. Er weinte sich in den Schlaf und am nächsten Morgen wurde er nicht von der warmen Sonne wach, sondern durch die Kälte. Er klapperte so laut, dass er davon selbst wach wurde. Über Nacht war der Frost ins Land gekommen.

Roger stand einsam und allein auf dem Feld und träumte vom warmen Stall, als er plötzlich warme Hände an seinem Strohhalm spürte.

Es war ein kleines Mädchen, das zu ihm sagte: „Hallo, du bist aber schön gerade gewachsen! Nur leider bist du ganz alleine hier, willst du mit zu mir nach Hause kommen?“ Es knipste ihn ganz unten dicht über dem Boden ab und nahm den vor Kälte klappernden Strohhalm mit nach Hause.

Hier angekommen, spürte Roger die Wärme im Haus und fühlte sich gleich ganz und gar geborgen. Das Mädchen stellte Roger neben die Heizung, um ihn schön durchzuwärmen und zu trocknen. Dabei konnte er aus dem Fenster die vielen bunten Lichter sehen, die die Menschen in ihre Fenster hingen, um die dunkle Jahreszeit zu verschönern. Dabei liefen ihm Tränen vor Glück über den Körper.

Nach einigen Tagen kam das kleine Mädchen zu Roger und fragte ihn: „Willst du für immer bei uns bleiben, dann werde ich aus dir einen Strohstern basteln! Ich kann mit dir unseren Weihnachtsbaum wunderschön schmücken!“

Roger fragte sich, was wohl ein Strohstern sei, auch einen Weihnachtsbaum kannte er nicht. Die Kleine aber war so nett zu ihm, dass er sich freute, bei ihr bleiben zu dürfen! Das Mädchen schnitt Roger in viele kleine Teile und band diese dann zu einem wunderschönen großen Strohstern zusammen.

Als Roger sah, wie wunderschön er nun war und als das Mädchen ihn auch noch mit goldenem Schimmer überstreute, leuchtete er von innen heraus noch mehr. Nun war es so weit, er wurde von dem Mädchen mit einem Anhänger versehen, und dann lief das Kind zu seinen Eltern ins Wohnzimmer. Dort war ein riesengroßer Baum geschmückt mit vielen bunten Kugeln, Lichtern und goldenen Fäden. Der Baum sah einfach toll aus. Das Mädchen zeigte seinen Eltern den so wunderschönen Roger und fragte, ob er auch an den Baum gehängt werden dürfe. Die Eltern waren begeistert und hoben das Mädchen mit Roger in der Hand hoch, nun konnte es den Strohstern an den Weihnachtsbaum hängen. Von da an war Roger jedes Jahr der schönste Schmuck am Weihnachtsbaum.

Susanne Kühnist 47 Jahre alt. Sie arbeitet ehrenamtlich an der Mildred-Harnack-Schule und leitet hier mit meiner Kollegin den Buchclub und die Kreativ AG der Schule.

*

Wer kennt ihn?

Der liebe Mann kommt nur einmal im Jahr,

Und ist für alle Kinder auf dieser Welt da.

Ein roter Mantel mit flauschiger Mütze

Und Stiefel gehören dazu –

Und fertig gekleidet ist er im Nu.

Sein weißer Bart ist auch zu nennen,

An dem kann man ihn gut erkennen.

Seine fleißigen Elfen bepacken den Schlitten

Mit einem großen Sack,

In dem es ganz viele Geschenke hat.

Klingeln der Glöckchen, Ertönen vieler Lieder,

Der Weihnachtszauber geschieht aufs Neue wieder.

Rentiere helfen ihm, durch die eisige Kälte zu fliegen,

Damit alle Kinder ihre Geschenke kriegen.

Durch den Schornstein klettert er ins Haus hinein,

Drinnen ist es warm und riecht nach Plätzchen fein.

Die Geschenke legt er unter den Tannenbaum,

Danach schleicht er leise aus dem Raum.

Wer hat den Kindern gebracht die Geschenke groß und klein?

Richtig – es muss der Weihnachtsmann sein.

Fiona Walterist 21 Jahre alt. Ursprünglich kommt sie aus einem kleinen Dorf namens Oberschopfheim in Südbaden. Aktuell studiert sie BWL in Konstanz. Sowohl die Freude, Gedichte zu schreiben, die sie schon über sechs Jahre begleitet, als auch der Trampolin-Sport prägen ihre Freizeit.

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Eine Fee im Tannenbaum

Markus stellte die letzte Kiste auf den Boden. Erschöpft ließ er sich auf das Sofa fallen. Den ganzen Morgen war er damit beschäftigt gewesen, seinen Weihnachtsschmuck vom Dachboden zu holen.

Plötzlich hörte er ein komisches Geräusch. Es war ein Rascheln, das von seinem Tannenbaum gekommen war. Wieder raschelte es. Diesmal bewegten sich auch Äste. Irgendetwas schien in dem Baum zu sein. Hatte er einen Vogel oder ein Eichhörnchen in sein Haus gebracht?

Vorsichtig näherte er sich dem Baum. Er schob ein paar Äste zur Seite. Ein Schock durchfuhr ihn. Er konnte seinen Augen nicht trauen. Ein winziger Mensch schien in seinem Tannenbaum zu sitzen, der sich verängstigt an den Stamm klammerte.

Markus rieb sich die Augen. Das konnte nicht wahr sein! Er musste sich täuschen, doch als er wieder hinsah, war die winzige Person immer noch da. Vielleicht war es im Baum auch einfach zu dunkel und er konnte dadurch nicht richtig erkennen, was dort genau saß. Das musste es sein! Am besten wäre es, wenn er den Winzling ins Licht holen würde. Er hielt ihm seine offene Hand hin. Der Winzling zuckte zusammen und klammerte sich noch fester an den Stamm.

„Keine Angst. Ich will dir nur helfen“, versuchte Markus, ihn zu beruhigen.

Für einen Moment schaute der Winzling ihm in den Augen. Sie funkelten. Tränen rannen über das kleine Gesicht. Markus lächelte ihm ermutigend zu. Langsam löste sich der Winzling vom Stamm. Ein paar Schritte machte er auf die Hand zu, blieb dann aber stehen. Er schien ein letztes Mal zu überlegen. Dann stieg er auf Markus’ Hand.

Im Licht wurden auch seine letzten Zweifel verworfen. Auf Markus’ Hand saß ein winziges, menschenähnliches Wesen. Federleicht fühlte es sich an. Jetzt erst bemerkte er die Flügel auf dem Rücken. Sie waren durchsichtig wie die eines Käfers und glänzten. Der Kleine musste eine Fee sein. Markus setzte ihn auf einem der Sofakissen ab. Erschöpft ließ er sich dort nieder. Markus kniete sich vor das Sofa, um sich seinen Besucher genauer ansehen zu können. Der Winzling hatte langes, silbernes Haar, grüne Augen und spitze Ohren. Er trug ein weißes Kleid und ein paar spitze Stiefel. Genau wie man sich eine Fee vorstellte.

Markus fuhr sich an den Kopf. Das alles musste ein Traum sein. Jeden Moment würde er auf dem Sofa aufwachen. Während Markus weiter versuchte, aufzuwachen, schaute der Winzling gespannt zu ihm hoch.

Erst als selbst das zehnte Mal Zwicken nichts brachte, gab Markus auf und erwiderte den Blick des Winzlings. „Bist du eine Fee?“, fragte er.

Die Flügel des Winzlings flatterten einmal schnell auf. Stolz nickte er.

Markus lächelte. „Wusste ich es doch! So hübsch wie du bist. Mein Name ist Markus. Hast du auch einen Namen?“

Der Kopf der Fee wurde knallrot wie eine Tomate. Sie öffnete den Mund, als ob sie etwas sagen wollte, doch es kam nur ein klingelndes Geräusch heraus. War das die Sprache der Feen? Die Flügel der Fee setzten sich wieder in Bewegung. Sie versuchte, zu fliegen, jedoch gaben ihre Flügel nach. Erschöpft fiel sie zurück auf das Kissen.

„Das ist schon in Ordnung.“ Markus stand von seinem Platz auf. „Ruh dich erst einmal aus. Ich bring dir etwas zur Stärkung.“

In der Küche blieb er ruckartig stehen. Was genau aßen Feen eigentlich? Fragen konnte er sie nicht. Er überlegte. Am besten etwas, das sie auch draußen in der Natur finden konnte. Sein Blick fiel auf die Obstschale. Ein paar Äpfel hatte er noch. Er schnitt einen in kleine Stücke und brachte ihn der Fee.

Nachdem sie einen Bissen von dem Apfel genommen hatte, legte sie ihn zur Seite. Sie zeigte auf den Teller mit den Plätzchen, die auf dem Tisch stand.

„Ach, du isst auch so was, das habe ich nicht gewusst.“ Er reichte ihr den Teller.

Sofort stürzte sich die Fee auf die Plätzchen. Markus nahm sein Handy heraus und machte ein Foto. Später, wenn er jemandem von der Fee erzählen würde, würde er es als Beweis nutzen. Doch als er auf das Foto schaute, war die Fee nicht darauf zu sehen. Er machte noch weitere Fotos, aber auch auf denen war sie nicht zu sehen.

Ganze drei Plätzchen, die halb so groß wie sie selbst waren, aß die Fee. Dann rüttelte sie sich auf und flog einmal durch den Raum. Verzaubert schaute ihr Markus zu. Nach ihrem Rundflug landete sie auf der Kiste, die Markus heruntergebracht hatte. Sie versuchte, hineinzusehen, aber schaffte es nicht, die Kiste zu öffnen.

„Da ist der Schmuck für meinen Baum drin“, sagte Markus.

Die Fee antwortete mit einem aufgeregten Klingeln. Markus glaubte, zu verstehen, was sie wollte. Er öffnete die Kiste und zeigte ihr die Strohsterne, Christbaumkugeln und die Lichterketten. Begeistert hörte die Fee ihm zu, besonders schienen ihr die Strohsterne mit der roten Glitzerumrandung zu gefallen.

„Wenn du willst, kannst du einen davon haben.“ Markus reichte ihr einen der kleinen Sterne.

Freudestrahlend nahm sie das Geschenk an. Sie flog zurück zum Kissen und legte den Stern dort ab. Während Markus sie dabei beobachtete, kam ihm eine Idee. „Willst du mir beim Schmücken helfen?“

Blitzschnell kam die Fee zurückgeflogen. Sie blieb direkt vor Markus’ Gesicht stehen. Energisch nickte sie mit dem Kopf. Markus gab ihr eine Kugel, die sie sofort an den Baum hängte. Zusammen hatten sie den Baum innerhalb einer Stunde geschmückt.

Stolz begutachteten sie ihr Werk. Die Fee klang zufrieden, zumindest hörte es sich für Markus so an. Er hob seine Hand, damit die Fee darauf landen konnte. „Sag mal, hättest du nicht Lust, Weihnachten mit mir zu verbringen?“

Langsam ließ sie sich auf die Hand sinken. Sie setze sich in den Schneidersitz und nahm die Einladung mit einem erneuten Nicken an. Markus wusste, dass dieses Weihnachten etwas Besonderes werden würde.

Lina Sommerfeld:1996 geboren, studiert zurzeit in Saarbrücken. Schreibt schon seit der Grundschule ihre eigenen Geschichten.

*

Winternacht

Des Frostes Hände hinterließen

Eis’ge Blüten kalt und starr

Wie Ströme hellen Silbers fließen

Mondlichtpfade in das Tal

Sanft wiegen Fichten sich im Winde

Weiß leuchtend in dem Kleid aus Schnee

Silbern glitzert ihre Rinde

Sich spiegelnd in dem blassen See

Am Abendhimmel funkeln Sterne

Alles liegt in tiefer Ruh’

Horch, eine Glocke klingt von Ferne

Welt erwache, höre zu!

Zart klingt ein Lied durch alle Straßen

Taucht die Stadt in warmen Schein

Erhellt, erwärmt die dunklen Gassen

Und kehrt in die Herzen ein

Leandra Och erblickte im Jahr 2000 in Oberhausen das Licht der Welt. Heute studiert sie Psychologie in Essen und liebt es, mit Wörtern verträumte Welten zu erschaffen. Bereits als Kind war es ihre Leidenschaft, Geschichten und Gedichte zu schreiben und manchmal so sehr darin zu versinken, dass die Realität sie feste am Ohrläppchen zupfen musste, um sie wieder in die Gegenwart zu bringen.

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„Mama, wo ist die Oma jetzt eigentlich?“

Einen Tag, bevor ihre Oma starb, hatte Rebecca sie mit Mama daheim besucht. Sie hatte den ganzen Tag geschlafen und Rebecca hatte lange ihre Hand gehalten. Oma hatte sie manchmal ganz leicht gedrückt. Vielleicht hatte sie ja gespürt, dass Rebecca da war? Gestern war die Beerdigung.

Und nun hat Mama viel zu tun. Sie sortiert Papiere in Omas Wohnung, räumt den Kleiderschrank aus und telefoniert oft. Jetzt macht sie eine Pause und sitzt müde auf dem Sofa. Rebecca setzt sich dazu. „Mama, wo ist die Oma jetzt eigentlich?“, fragt sie.

„So genau weiß ich das auch nicht, Rebecca.“ Mama denkt nach, bevor sie weiterspricht. „Ich bin mir aber ganz sicher, dass es ihr gut geht. Vielleicht sieht sie uns gerade und wünscht sich, dass wir nicht so traurig ihretwegen sind.“

Diese Vorstellung gefällt Rebecca und sie malt sich in Gedanken aus, wie die Oma in ihrem Lieblingsstuhl sitzt und ihnen zuschaut.

Ihr geht die Oma jetzt schon ab. Die gemeinsamen Kartenspiele wird sie vermissen. Den Kakao mit Sahne, den sie beide so gerne mochten. Und das Plätzchenbacken jedes Jahr vor Weihnachten. Rebecca hat sich immer neue Rezepte ausgedacht und Oma hat dann gesagt: „Das hast du von mir!“

Heuer war die Weihnachtsbäckerei ausgefallen, Oma war schon zu schwach gewesen.

„Mama, darf ich mir etwas von Omas Sachen aussuchen? Dann habe ich immer etwas, was mich an sie erinnert.“

„Ja klar“, meint Mama, „das ist eine schöne Idee. Du kannst dich ja in der Wohnung umschauen.“

Nach einer Weile kommt Rebecca zu Mama zurück und zeigt ihr, was sie gerne behalten möchte: den grünen Schal, der so schön kuschelig ist und den Oma immer getragen hat, egal, ob es warm oder kalt draußen war. Er war ein Geschenk von Opa, den Rebecca nur aus Erzählungen und von den Fotos im Wohnzimmer kennt. Er ist gestorben, bevor sie auf die Welt kam. Auch ihre Lieblingsspielkarten in dem bunten Stoffsäckchen hat sie sich ausgesucht. Dazu das Backbuch mit den handgeschriebenen Weihnachtsrezepten und die beiden Kakaotassen, aus denen nur Oma und Rebecca getrunken haben. Den kleinen roten Emailletopf mit den weißen Punkten möchte sie auch mitnehmen. In dem hat Oma immer die Milch heiß gemacht. Mama sagt, dass sie die Sachen in den Karton im Flur stellen kann, den sie nachher mit nach Hause nehmen. Rebecca trägt alles hinaus.

Dabei kommt ihr eine Idee. Sie nimmt die Tassen und den Topf mit zurück in die Küche, macht die restliche Milch aus dem Kühlschrank heiß und rührt ein paar Löffel Kakaopulver aus der bunten Blechdose hinein. Sie hat Oma immer genau zugeschaut. Darum weiß sie, wie es geht. Sahne ist leider keine mehr da, aber das macht nichts. Der Kakao reicht genau für die beiden Tassen. Sie stellt sie auf ein kleines Tablett und schwingt sich Omas Schal mehrmals um den Hals.

„Oh, hier riecht es aber gut!“ Mama hebt den Kopf. „Du hast Kakao für uns gekocht? Den kann ich jetzt wirklich gut gebrauchen! Du bist ein Schatz!“ Rebecca stellt das Tablett auf den Tisch vor dem Sofa. Eine Tasse gibt sie Mama, die andere nimmt sie sich selbst. Ohne zu sprechen, sitzen sie nebeneinander.

Nach einer Weile wandert Mamas Blick zu Rebecca. „Mit dem grünen Schal und der Tasse in der Hand siehst du der Oma sehr ähnlich. Früher waren ihre Haare so dunkelbraun wie deine. Auch die grünen Augen hast du von ihr geerbt. Der Schal bringt sie richtig zum Leuchten!“

Rebecca ist glücklich über das, was Mama sagt. Sie fühlt sich ihrer Oma tatsächlich sehr nah. Und beim Kakaokochen hat sie sich etwas überlegt: An Weihnachten wird sie einen Platz für Oma am Familientisch decken. Sie weiß, dass Omas Augen dann strahlen werden. Auch ohne Schal. Egal, wo sie ist. Ganz bestimmt.

Stefanie Waizer-Fichtlist 1963 in München geboren und lebt und arbeitet dort. Die Ideen, sich kreativ auszudrücken, gehen ihr nicht aus – meist entstehen sie auf dem Fahrrad, ihrem täglichen Begleiter. Zum literarischen Schreiben fand sie im Frühjahr 2020.

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Weihnachtszauber

Im Wald und auf den Feldern funkelt der Schnee in der Wintersonne. Der See ist zugefroren und im Wald sieht man die Tiere herumtollen und Fangen spielen. Die Kinder aus dem Dorf machen eine Schneeballschlacht oder fahren mit ihren Schlitten um die Wette. Man sagt, dass der Winter einen besonderen Zauber hat. Das Dorf wird Jahr für Jahr festlich geschmückt. Auf dem Marktplatz steht ein großer Weihnachtsbaum, der in allen Farben schimmert, wenn die Kerzen leuchten. Und wenn Heiligabend ist, versammelt sich das ganze Dorf um ihn. Es werden Weihnachtslieder gesungen und Geschenke ausgetauscht.

Jeder hatte große Freude daran. Alle waren eine Familie. Ob groß oder klein. Ob Mensch oder Tier. Jeder spürte zur Weihnachtszeit die Wärme und die Liebe, die von jedem ausging.

Doch eines Tages begann der Schnee immer weniger zu werden. Die Stimmung der Menschen wurde trostlos und sie verloren ihr Interesse, gemeinsam das Weihnachtsfest zu verbringen. Auch die Tiere sah man kaum noch, die sonst munter im Wald spielten. Schließlich geschah das, was viele befürchtet hatten – es gab keinen Schnee mehr. Die Jahre vergingen und die Menschen vergaßen, wie das Weihnachtsfest einst gewesen war.

Am Rande des Dorfes aber lebte eine kleine Familie. Sie waren zu dritt: Vater, Mutter und Marie. Sie war zwölf Jahre alt und half ihren Eltern, wo sie nur konnte. Sie hatten nicht viel. Aber genug zum Leben. Die meisten Männer waren Fischer und die Frauen verkauften ihre Sachen auf dem Markt. Marie und ihre Mutter hatten auch einen kleinen Stand. Im Sommer verkauften sie Obst und Gemüse. Im Herbst kamen Pilze und Beeren dazu, die Marie im Wald gesammelt hatte. Im Winter verkaufte Maries Mutter heiße Maronen und kleine Deckchen, die Marie bestickt hatte. Der Vater war Fischer. Nur im Winter war er Holzfäller und verkaufte sein Holz. Doch seit Jahren gab es keinen Winter mehr, deshalb half er seiner Familie auf dem Markt. Nur ab und zu stieg er in seinen Boot, um zu fischen.

Das Jahr war fast vorbei und die Tage wurden kürzer. Als Marie und ihre Eltern am Tisch saßen und darauf warteten, dass die Suppe fertig wurde, schaute der Vater aus dem Fenster und stieß einen Seufzer aus.

„Vater, was hast du?“

„Ach, Marie. Ich vermisse den Winter, die Schneestürme. Wie alles in der Wintersonne glitzerte. Oder wie die Kinder draußen im Schnee gespielt haben. Selbst die Tiere, die im Wald spielten. Oder das gemeinsame Weihnachtsfest mit allen Dorfbewohnern. Das war immer eine große Freude.“

„Das war eine schöne Zeit. Es sah alles aus wie in einem Märchen“, sagte die Mutter.

„Warum schneit es nicht mehr? Es muss doch einen Grund geben“, fragte Marie.

„Das stimmt. Diese Frage habe ich mir auch schon gestellt. Ob es an ...? Ich hoffe nur ...“ Der Vater sprach nicht mehr weiter und schaute wieder zum Fenster hinaus.

„Was meinst du, Vater?“, fragte Marie.

Sein Blick ging zu ihr. „Ich glaube, es ist an der Zeit, dir die Geschichte von der kleinen Winterelfe zu erzählen.“

„Winterelfe?“, fragte Marie verwundert.

„Ja, Marie. Ich war noch ein kleiner Junge, als ich eine Elfe auf einem Baumstamm tanzen sah. Um sie flatterten kleine Schneeflocken. Als sie dann ihre Arme hob, fing es überall zu schneien an. Dann verschwand sie im Schnee. Die Tage darauf suchte ich sie erneut. Aus den Tagen wurden Wochen. Und aus den Wochen wurden Monate. Aber ich fand sie nicht mehr und gab die Suche auf. Als ein Jahr rum war, wollte ich es wissen und ging erneut in den Wald. Der Winter stand vor der Tür. Ich ging zu dem Baumstamm und legte mich auf die Lauer. Es dauerte nicht lange und die kleine Elfe zeigte sich erneut. Sie tanzte wieder und ließ es schneien. Da wusste ich, dass es die Winterelfe war. Deshalb hoffe ich, dass der Winterelfe nichts geschehen ist“, erzählte der Vater.

„Dann will ich versuchen, sie zu finden. Ich werde morgen früh in den Wald gehen“, sagte Marie.

Am nächsten Morgen stand Marie früh auf. Sie nahm die Brote, die ihre Mutter fertig gemacht hatte, und ging in den Wald. Auf der Suche nach der Winterelfe sammelte sie nebenbei noch einige Maronen und Pilze. Marie ging immer tiefer in den Wald hinein, bis es plötzlich kälter wurde. Je tiefer sie in den Wald ging, umso mehr Schnee lag auf dem Boden. Marie traute ihre Augen kaum.

„So sieht also Schnee aus! Genauso, wie Vater ihn beschrieben hat. Und wie er in der Sonne glitzert. Kein Wunder, dass die Menschen den Winter so lieben. Er hat etwas Magisches an sich. Die Winterelfe muss ganz in der Nähe sein.“ Marie stellte ihren Korb neben einen Baum. Da hörte sie ein leises Wimmern. Marie versteckte sich hinter einer kleinen Tanne und drückte langsam einen Ast hinunter. Da saht sie die kleine Elfe weinend auf einem Baumstamm sitzen. Um sie saßen Tiere herum und sahen sie traurig an.

Da hörte Marie die Elfe sprechen: „Es ist lieb von euch, dass ihr mich trösten wollt. Aber wisst ihr, seitdem ich damals den Jungen sah und ihm bis zu seinem Dorf folgte, wurde mir bewusst, dass ich einsam bin. Überall war es festlich geschmückt. Auf dem Markt stand ein großer Baum, der in allen Farben glitzerte. Die Leute standen herum und sagen Lieder. Danach wurden Geschenke verteilt und alle nahmen sich in den Arm. So eine liebliche Wärme hatte ich bis dahin noch nie gespürt. Seitdem verlor ich den Spaß, die Flocken tanzen zu lassen. Ach, wenn ich doch das auch erleben könnte?“ Da liefen ihr erneut die Tränen die Wange hinunter.

Als Marie das hörte, wurde sie traurig und konnte sich nicht länger zurückhalten. Langsam trat sie aus ihrem Versteck. Die Tiere erschraken sehr und rannten weg. Auch die Elfe wollte sich verkriechen, als sie Marie sah.

„Warte bitte, liebe Elfe“, rief Marie. „Ich tue dir nichts. Ich bin Marie. Ich habe alles gehört, was du gesagt hast. Du musst nicht einsam bleiben. Komme mit allen Tieren zu unserem Fest. Ihr seid von ganzem Herzen zu unserem Weihnachtsfest eingeladen. Niemand sollte zu Weihnachten alleine sein.“

Vorsichtig lugte die kleine Elfe hinter dem Baumstamm hervor. „Meinst du das ernst? Du lädst mich wirklich ein?“

„Ja“, antwortete Marie freundlich.

Da jubelte die kleine Elfe auf und flatterte freudig herum. Dann setzte sie sich auf dem Baumstamm und sagte: „Ich heiße Lily.“

„Es tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe. Aber deine Geschichte hat mich so traurig gemacht, da konnte ich nicht anders.“

„Das macht nichts. Ich bin so froh, dass ich an eurem Fest teilnehmen darf.“

„Dann komme morgen auf den Marktplatz, wenn die Kirchenglocken läuten.“

„Ich werde da sein“, sagte Lily freudig. Sie verabschiedeten sich und jeder ging seiner Wege.

Am nächsten Tag war Lily aufgeregt. Sie konnte es kaum erwarten, bis sie in das Dorf gehen konnte. Schließlich kam die Zeit und Lily ging mit den Tieren in den Ort. Als sie dort ankam, war es merkwürdig ruhig.

„Nanu, wo sind denn alle?“ Lily flog weiter bis zum Marktplatz. Sie bekam große Augen, als alle Dorfbewohner vor dem großen, geschmückten Baum standen und zu ihr sagten: „Herzlich willkommen! Es ist schön, dass ihr Weihnachten mit uns zusammen feiern wollt.“

Marie ging auf Lily zu und überreichte ihr ein kleines Geschenk. „Das ist für dich. Ich habe dir einen kleinen Schal gemacht, den ich mit Blumen bestickt habe.“

Lily traten vor Freude Tränen in die Augen. Sie war so glücklich, dass sie vor Freude um den Weihnachtsbaum flog und es schneien ließ. Und oben auf der Spitze des Baumes setzte sie einen großen Stern, der hell leuchtete. Alle jubelten auf und die Menschen begann, Weihnachtslieder zu singen.

Seitdem kommt Lily jedes Jahr in das Dorf und alle feiern gemeinsam ein friedliches Weihnachtsfest.

Anke Ortmann, 45 Jahre alt und arbeitet als Betreuerin in der Mildred-Harnack-Schule. Dort leitet sie mit einer Kollegin den Buchclub der Schule und nimmt mit den Schülern an unterschiedlichen Ausschreibungen teil.

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Ein besonderer Wunsch

Zum Geburtstag

wie auch zu Weihnachten

hat so manch einer

einen besonderen Wunsch.

Ich tue mal meinen kund

(nach den ächzenden Corona-Runden

und Europas schlimmer Kriegs-Wunde):

Ein neuer Laptop wäre top,

aber Krankheiten, Leid und Kriege

sind doch der größte Flop.

Drum wünsche ich Gesundheit,

eine herzerwärmende Familienzeit,

gemütliches Beisammensein,

ein bisschen Besinnlichkeit

und ganz viel Zufriedenheit.

Gott möge uns behüten

und unsere Wünsche eintüten.

Wenigstens ein bisschen Frieden

unter den Menschen, die sich lieben.

Juliane Barth,Jahrgang 1982, lebt im Südwesten Deutschlands. Schreibt als Hobby seit jeher sehr gerne, u. a. Lyrik, Kurzgeschichten und Sachtexte. Veröffentlichungen in diversen Anthologien: https://sacrydecs.hpage.com.

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Vorfreude auf Weihnachten

„Heute ist Johannistag“, belehrte mich mein Mann neulich beim Spaziergang mit Hündin Polly. Er hob zu ausschweifenden Erklärungen zur Bedeutung des 24. Juni an, denen ich zuzuhören vortäuschte, indem ich – ähnlich wie ein Wackel-Dackel – unablässig nickte. Meine stets an den richtigen Stellen eingeworfenen Staunenslaute wie „Ach!“ und „Echt?“ spornten Martin zu weiteren und leider auch sehr wissenschaftlichen Erläuterungen an. Mein Mann ist nämlich sehr gebildet.

„Und heute in sechs Monaten ist Weihnachten!“, unterbrach ich ihn freudig.

Martin blieb abrupt stehen und starrte mich an. „Wie kannst du jetzt an Weihnachten denken? Es ist doch gerade erst Sommer!“

Der gemeinsame Spaziergang verlief nun eher wortkarg, was mir aber nur recht war. So konnte ich meine Gedanken in Ruhe reisen lassen – nämlich Richtung Dezember.

Zu Hause angekommen, inspizierte ich sogleich die zwei untersten, prall gefüllten Schieber des Gefrierschranks. Da lagen sie und funkelten mich in ihren glitzernden Verpackungen verlockend an. All die herrlichen süßen Kostbarkeiten, die ich im letzten Jahr am 27. Dezember gekauft hatte, und zwar für die Hälfte des regulären Preises.

Das mache ich immer so. Nach Weihnachten im großen Stil die ehemals sündhaft teuren, aber nun reduzierten Süßigkeiten kaufen und fürs nächste Weihnachtsfest einfrieren. Am ersten Advent werden diese dann aus ihrem eiskalten Gefängnis befreit und auf Porzellan mit weihnachtlichem Dekor drapiert. Niemand, wirklich niemand merkt, dass das Blätterkrokant, die Marzipan-Nuss-Füllung oder der zart schmelzende Nougat jemals tiefgefroren waren. Noch nicht einmal die Konsistenz der Alkohol-Fläschchen leidet darunter. Die Geschmacksrichtungen von Williams Christ, Himbeergeist und Kirschwasser lassen sich durchaus noch deutlich feststellen. Mit Freunden führte ich sogar einmal einen Test durch. Einige den Sommer im Gefrierschrank verbrachte und solche aus dem aktuellen Angebot wurden bei einem vorweihnachtlichen Treffen zur Verkostung gereicht. Niemand, wirklich niemand stellte einen geschmacklichen Unterschied fest. Sie sollten das auch einmal ausprobieren. Nebenbei sparen Sie mit dieser Methode eine Menge Geld, das Sie dann in Geschenke investieren können.

Doch zurück zum Nachmittag des 24. Juni, dem Johannistag. Durch den verlockenden Anblick des Inhalts der Gefrierfächer stellte sich bei mir auf der Stelle ein heimeliges Gefühl der Vorfreude auf das schönste Fest des Jahres ein. Um dieses zu verstärken, entnahm ich dem Fach eine Packung Nürnberger Elisenlebkuchen. In der Mikrowelle waren sie schnell aufgetaut und schmeckten auch bei hochsommerlicher Außentemperatur köstlich. Frische Lebkuchen gibt es in den Supermärkten ja leider erst ab August, aber ich kann dieses köstliche Gebäck dank meiner genialen Einfriermethode zum Glück ganzjährig genießen.

Weihnachten wird gemeinhin als Fest der Ruhe und Besinnung bezeichnet. Für mich ist es aber auch das Fest meiner mir im Blut liegenden Gigantomanie. Ausleben ist das Stichwort. Leider darf ich das aber nur in den Innenräumen unseres Hauses. Für den Außenbereich hat Martin mir nur eine armselige Lichterkette erlaubt, wegen seiner selbst, der Nachbarn und der Umwelt.

Mit Martin habe ich einen Deal – zu seinem Selbstschutz, wie er gerne betont. So wie einst in Harald Schmidts Late-Night-Show die Draußen nur Kännchen-Regel gilt bei uns die Erst-ab-dem-Ersten-Advent-Regel. Für mich definitiv zu spät, aber ich habe wie immer großmütig zugestimmt. Häusliche Harmonie ist ja schließlich auch wichtig, gerade zur Weihnachtszeit.

Wenn ich dann endlich offiziell grünes Licht habe, lege ich los. Dekorieren heißt jetzt das Stichwort. Zuallererst hole ich die ebenfalls tiefgefrorenen, hochwertig befüllten Adventskalender – im letzten Jahr erworben zum halben Preis – aus dem für sie bestimmten Tiefkühlfach und hänge in jedes Zimmer unseres Hauses einen, sogar ins Bad und in die Gästetoilette. Ich habe solche Freude daran, täglich die vielen Kalendertürchen zu öffnen und mich überraschen zu lassen. Das erinnert mich nämlich auch an meine schöne und unbeschwerte Kindheit. Schon damals fuhr ich voll auf Weihnachten ab. So sagt man ja heute. Wenn dann auch die bereits erwähnten mehrere Kilogramm wiegenden Schoko-Weihnachtsmänner und Co. des Vorjahres in ihren glitzernden Outfits verführerisch zum Vernaschen aufgebaut sind, geht es an die Details. Vier prall mit Weihnachtsdeko gefüllte Kartons werden ausgepackt, gesichtet und schließlich wohl überlegend in allen Räumen verteilt. Denn es soll ja nicht nur schön aussehen, sondern sich auch von der letztjährigen Dekoration unterscheiden. Da selbstverständlich jedes Jahr neue Artikel zu meiner Sammlung hinzukommen, gelingt es mir letztendlich immer, sämtliche Räume unseres Hauses in ein Weihnachtswunderland zu verzaubern. Nur das Schlafzimmer muss außen vor bleiben. Raten Sie, wem es das zu verdanken hat! Aber vorhin hat mir Alexa verraten, dass meine bestellte Bettwäsche mit weihnachtlichem Dekor heute noch geliefert wird. Natürlich wird Martin diese erst am ersten Advent beim Zubettgehen zu sehen bekommen. Ich werde ihn dann aber entsprechend ablenken, wenn Sie verstehen, was ich meine. Er wird diese Bettwäsche lieben!

Ein absoluter Hingucker ist auch unser Christbaum. Der nadelt nicht und muss nicht sterben, nachdem er seine Schuldigkeit getan hat. Seit einigen Jahren haben wir einen Weihnachtsbaum, der echt wie echt aussieht. Echt! Sogar mein skeptischer Mann ist begeistert. Als musischer und hochsensibler Mensch ist sein Handwerkergen recht unterentwickelt, aber selbst er ist in der Lage, mit nur wenigen Handgriffen die einzelnen Teile zusammenzustecken und in Form zu zupfen.

Steht der Baum endlich in seiner grünen Pracht bereit, juckt es mich in den Fingern und fast kann ich die nackten Zweige mir zurufen hören: „Schmücke uns!“ Leider muss ich mich noch gedulden, denn zuerst übernimmt Martin noch seinen einzigen aktiven Part beim Schmücken, nämlich das Anbringen der Kerzen, kabellos und mit der Fernbedienung in verschiedenen Modi zu bedienen. Nur sehr selten mische ich mich ein, um andere Positionen der Kerzen an den Zweigen vorzuschlagen, was gelegentlich zu Diskussionen führt. Aber im Großen und Ganzen macht er alles zu meiner Zufriedenheit und ich spare nicht mit Lob. Wenn er dann nach getaner Arbeit zum Bier greift und leise vor sich hin murmelnd den Raum verlässt, um sich dem Gitarrenspiel zu widmen, beginnt mein Part. Und das bedeutet, dass sich der nackte Plastikbaum binnen weniger Stunden in den schönsten und prächtigsten Weihnachtsbaum verwandelt, den wir je hatten. Das ist alljährlich meine einhellige Meinung. Unter die nunmehr schweren Zweige platziere ich Dutzende Kartons und Tüten mit weihnachtlichem Dekor und viel Glitzer, sogenannte Fake-Geschenke. Die echten Geschenke werden erst am Heiligen Abend daruntergelegt. Auf Geschenke lege ich Wert, denn was wäre Weihnachten ohne diese? Ich schreibe eine Wunschliste, die aber sehr leicht zu erfüllen ist. Martin wünscht sich leider jedes Jahr nichts, außer Weltfrieden. Aber ich erfreue ihn immer mit schönen Dingen, mehr oder weniger nützlich. Letztes Jahr überraschte ich ihn mit einem hochpreisigen Saugroboter und einem Netflix-Abo. Beide Geschenke entpuppten sich im Laufe des Jahres als Hit. Und ich weiß definitiv: Ohne dieses Fest hätten wir keines von beiden. So kann Weihnachten! Ich liebe es einfach!

Susanne Noll,Jahrgang 1954, wohnhaft in Eberbach/Neckar. Lehrerin im Ruhestand, verheiratet, eine Tochter, drei Enkelkinder. Aktiv im Kampf für Frauen- und Tierrechte. Seit fast einem halben Jahrhundert Fan von Alice Schwarzer, Albert Schweitzer und Udo Lindenberg und dem Panikorchester. Veröffentlichung der Kurzgeschichte „Die kleine Taube Cinderella“ im Buch „respekTiere – Tiergeschichten für Kinder“.

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Ein besonderer 25. Dezember

Seit dem letzten Weihnachtsfest haben sich Madeleine und Josepha mit Ida und Viktoria vom Waisenhaus nebenan angefreundet. Viele Winter-, Frühlings-, Herbst- und Sommertage haben sie seither zusammen verbracht.

Nun stand wieder Weihnachten vor der Türe und somit auch der erste Jahrestag ihres Kennenlernens. Zwei wichtige Tage im Leben des Vierergespanns, die ordentlich begangen werden sollten. Es war Anfang Dezember und es hatte auch schon ziemlich fest geschneit. Die Mädchen hatten sich ein Schneeiglu gebaut, in dem sie nun schon seit ein paar Stunden etwas ausheckten. Nicht etwa Streiche, nein, sie waren ja allesamt recht anständige Mädchen! Sie diskutierten über die Möglichkeiten, wie sie gemeinsam Weihnachten und ihren Jahrestag feiern konnten.

Genug Ideen hatten sie.

„Na, wie wäre es, wenn wir uns eine Schneebar bauen mit Apfelpunsch und Plätzchen?“, fragte Ida.

„Ich weiß nicht, wir haben uns ja jetzt schon vor Weihnachten ordentlich die Wampe vollgeschlagen mit den Zuckerkringeln“, entgegnete Josepha und knabberte dabei nachdenklich an einem Vanillekipferl.

„Warum gehen wir nicht Schlittschuhlaufen?“, schlug Madeleine vor.

Viktoria sprang auf: „Ich hab’s! Das ist die Idee!“

„Na los, sag schon!“, drängelten die anderen drei.

Viktoria machte ein verschwörerisches Gesicht. „Also: An Weihnachten kochen alle viel zu viel und mampfen alle viel zu viel und es bleibt trotzdem viel zu viel über. Jedes Jahr dasselbe. Während im Seniorenheim manche Leute sehnsüchtig und vergebens an Weihnachten auf Besucher warten und ihr Essen gar nicht genießen können vor Kummer und Einsamkeit. Nun könnten wir doch das, was viel zu viel ist, am 25. Dezember auf Schlitten packen, rüber zu den Senioren marschieren und mit ihnen gemeinsam ein paar Stunden verbringen.“