Wyatt Earp 2 – Western - William Mark - E-Book

Wyatt Earp 2 – Western E-Book

William Mark

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Beschreibung

"Vor seinem Colt hatte selbst der Teufel Respekt!" (Mark Twain) Der Lieblingssatz des berühmten US Marshals: "Abenteuer? Ich habe sie nie gesucht. Weiß der Teufel wie es kam, dass sie immer dort waren, wohin ich ritt." Diese Romane müssen Sie als Western-Fan einfach lesen! Dreißig Meilen südlich vom Canadian, wo die gefürchtete gelbe Ebene beginnt, lag die kleine Texasstadt Panhandle. Ihr Name war zu Beginn der siebziger Jahre im alten Westen so bekannt wie Santa Fé, Dodge City und Wichita. Bekannt und berüchtigt. Die größten Ranches der Staaten lagen im Pfannenstiel, wie das Land um die Stadt genannt wurde. Harte, große und zähe Männer hatte dieses Land, Männer, die ob ihrer Qualitäten bis hinauf nach Montana so bekannt waren wie die großen Ranches und die hervorragenden Rinder. Aber leider kamen auch die berüchtigten Revolvermänner aus dem Panhandle, meistens sogar aus der Stadt selbst, die ja den gleichen Namen trug wie die Landschaft, in der sie lag. Der Schießer Ed Ferguson hatte dem Panhandle eine traurige Berühmtheit eingebracht. Lane Carringer und Cass Brisbane sollten noch fünf Jahre später oben am Arkansas dafür sorgen, dass dieser traurige Ruhm der kleinen Texasstadt nicht in Vergessenheit geriet. Hal Flanagan jedoch sollte sie alle in den Schatten stellen. Er war der unheimlichste Mann, den dieses staubige Land je ausgespuckt hatte. Er war mittelgroß, hager, hatte breite Schultern und schmale Hüften. Sein kantiges Gesicht, das meist tief im Schatten des grellweißen Hutes lag, war gipsfarben und von scharfen Falten zersägt. Schiefergrau steckten die scharfen Augen in engen Schlitzen. Die Brauen waren in einem schwarzen Strich über der Nasenwurzel zusammengewachsen. Der Mund sah aus wie die scharfe Narbe eines Peitschenschlages, dünn, lang, hart und blassrot. Das Kinn schob sich weit und eckig nach vorn: Es war ein kaltes, rigoroses Gesicht, das von den grauen Augen beherrscht wurde. In Panhandle genoss dieser Mann so etwas wie eine stummängstliche Verehrung. Er war der berühmteste Sohn der kleinen Texasstadt. Und als er jetzt auf seinem schwarzen Hengst staubbedeckt in die breite Mainstreet einritt, blieben die Leute auf den Stepwalks stehen und sahen zu ihm hinüber. Gewiss, es rief keiner: »Hallo, da kommt Hal Flanagan!

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Wyatt Earp – 2 –

Im Sand von Texas

William Mark

Dreißig Meilen südlich vom Canadian, wo die gefürchtete gelbe Ebene beginnt, lag die kleine Texasstadt Panhandle. Ihr Name war zu Beginn der siebziger Jahre im alten Westen so bekannt wie Santa Fé, Dodge City und Wichita. Bekannt und berüchtigt. Die größten Ranches der Staaten lagen im Pfannenstiel, wie das Land um die Stadt genannt wurde. Harte, große und zähe Männer hatte dieses Land, Männer, die ob ihrer Qualitäten bis hinauf nach Montana so bekannt waren wie die großen Ranches und die hervorragenden Rinder.

Aber leider kamen auch die berüchtigten Revolvermänner aus dem Panhandle, meistens sogar aus der Stadt selbst, die ja den gleichen Namen trug wie die Landschaft, in der sie lag. Der Schießer Ed Ferguson hatte dem Panhandle eine traurige Berühmtheit eingebracht. Lane Carringer und Cass Brisbane sollten noch fünf Jahre später oben am Arkansas dafür sorgen, dass dieser traurige Ruhm der kleinen Texasstadt nicht in Vergessenheit geriet.

Hal Flanagan jedoch sollte sie alle in den Schatten stellen. Er war der unheimlichste Mann, den dieses staubige Land je ausgespuckt hatte. Er war mittelgroß, hager, hatte breite Schultern und schmale Hüften. Sein kantiges Gesicht, das meist tief im Schatten des grellweißen Hutes lag, war gipsfarben und von scharfen Falten zersägt. Schiefergrau steckten die scharfen Augen in engen Schlitzen. Die Brauen waren in einem schwarzen Strich über der Nasenwurzel zusammengewachsen. Der Mund sah aus wie die scharfe Narbe eines Peitschenschlages, dünn, lang, hart und blassrot. Das Kinn schob sich weit und eckig nach vorn: Es war ein kaltes, rigoroses Gesicht, das von den grauen Augen beherrscht wurde.

In Panhandle genoss dieser Mann so etwas wie eine stummängstliche Verehrung. Er war der berühmteste Sohn der kleinen Texasstadt.

Und als er jetzt auf seinem schwarzen Hengst staubbedeckt in die breite Mainstreet einritt, blieben die Leute auf den Stepwalks stehen und sahen zu ihm hinüber.

Gewiss, es rief keiner: »Hallo, da kommt Hal Flanagan! Der große Flanagan! Hal, wie geht’s? Bist du endlich wieder da? …« Nein. Es blieb still in der Straße.

Die Abendsonne schickte ihre flammend roten Strahlen in die Stadt, und alle Gegenstände warfen riesenlange Schatten.

Vor dem Farewell-Hotel brachte Flanagan seinen Hengst zum Stehen, rutschte unsäglich langsam aus dem Sattel und schlang die Zügelleine um den Querholm. Ehe er auf den Vorbau zuschritt, lockerte er die beiden großen Revolver in den Halftern, die er tief auf den Oberschenkeln trug, wandte sich noch einmal um und blickte die Straße hinunter.

Gap Lonegan, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen Geräte-Handel hatte, zuckte zusammen, als ihn der Blick des Revolvermannes traf. Schnell hob er die Hand und winkte dem »Heimkehrer« gequält lächelnd zu.

Flanagan erwiderte diesen Gruß nicht.

Auch Joe Carpentier, der die Sattlerei nebenan hatte, sah mit nicht ganz glücklichen Augen auf den Schießer.

Tub Harringay stand hinter den Gardinen seiner kleinen Bank, hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt und die Lippen zusammengepresst. Sein massiger Schädel war vorgebeugt. Plötzlich zuckte er zusammen. Er hatte das Gefühl, der Mann drüben müsse ihn durch die Gardinen gesehen haben.

Harringay wandte sich um, riss seinen Hut vom Haken, rief vorn im Schalterraum einem Clerk etwas zu und stampfte über die Straße.

Der Schießer sah ihm ausdruckslos entgegen.

Der Bankier streckte beide Hände aus, so, als wolle er den anderen herzlich begrüßen.

Flanagan übersah diese Geste.

»Hallo! Ich sah zufällig durchs Fenster und denke: Du träumst! Er kann es doch gar nicht sein! Aber er ist es! Hal, alter Junge! Willkommen daheim …«

Die Lippen des Schießers sprangen auseinander. Hohl und rostig klang seine Stimme.

»Was willst du?«

Der Bankier versuchte, diese brüske Abweisung zu überspielen.

»Darf ich dich zu einem Drink einladen, Hal? Du hast sicher einen langen Ritt hinter dir …«

Der Revolvermann wandte sich ab. Wortlos ging er auf das Hotel zu.

Auf dem Vorbau hatten mehrere alte Männer mit knorrigen, verbrannten Gesichtern gesessen. Sie standen auf, als der Mann mit dem weißen Hut an ihnen vorbeikam.

»Hal?«

»Hallo, Hal!«

»Wie geht’s?«

»Wieder im Lande?«

Der Schießer beachtete dieses Verlegenheitsgestammel nicht. Mit der linken Stiefelspitze stieß er den Hoteleingang auf und blickte in das Halbdämmer der Halle.

Rechts, an dem kleinen Rezeptionstisch, stand ein alter, gebeugter Mann mit kahlem Schädel und ausgetrocknetem Gesicht. Unsicher blickte er den Ankömmling an.

Flanagan hielt auf ihn zu. »Ein Zimmer!«, schnarrte er.

Jeffries Abeathy schüttelte den Kopf.

»Tut mir leid, Mister. – Alles besetzt! Der Pferdemarkt, übermorgen …«

Flanagan trat nahe an den Rezeptionstisch.

»Ein Zimmer!«, wiederholte er mit leiser, drohender Eindringlichkeit.

Der alte Abeathy zuckte mit den Schultern.

»Ich bedaure sehr, Mister …« Er kannte Flanagan nicht, er war erst ein halbes Jahr in Panhandle.

Die Linke des Revolverschwingers zuckte über den Rezeptionstisch, krallte sich in die abgetragene Jacke des alten Mannes, die Rechte flog mehrmals in kurzen, harten Schlägen in Abeathys blasses Gesicht, wo sie rote Flecken hinterließ.

Aus dem linken Mundwinkel des entsetzten Hotelportiers rann ein dünner Blutfaden.

»Ein Zimmer!«, zischte Flanagan.

Da kam aus dem Büro ein großer hagerer Mann mit braunen Augen und scharfem Gesicht.

»Aber, Mister Abeathy, das ist doch Mister Flanagan! Für ihn ist hier immer ein Zimmer frei!«

Der Hoteleigner wandte sich nach einem farbigen Jungen um.

»Los, schaff den dicken Morris aus Zimmer neun! Das Zimmer bekommt Mister Flanagan!«

Der Boy nickte und schnellte die läuferbelegte Treppe hinauf.

Jimmy Dycoster, der Hoteleigner, lächelte Flanagan dünn an.

»Alles in Ordnung, Hal?«

Das schien eine passendere Behandlung für den Schießer zu sein. Er nickte, schob sich den weißen Hut aus der Stirn und knurrte: »Ein Steak, aber tellergroß, sonst werde ich ärgerlich. Und wenn ich ärgerlich werde …« Ein galliges Lächeln kroch um seine harten Lippen. »Na, du weißt schon, Jim!«

Der Hoteleigner nickte. Dann ging er in die Küche und rief dem dicken verschwitzten Koch zu: »Ein Steak, aber groß – und salze es nicht zufällig mit Rattengift!«

*

Flanagan verzehrte schmatzend sein Mahl, wischte seine Hände am Tischtuch ab und zündete sich dann genießerisch eine lange, dünne ebenholzfarbene Virginia an.

In der Hotelhalle herrschte ängstliches Schweigen. Alles dienerte um den staubigen Mann herum, mühte sich, ihm nicht unangenehm aufzufallen.

Vier Männer, die ein Pokerquartett hatten eröffnen wollen, hockten still auf ihren Plätzen und strengten sich an, den Mann mit dem weißen Hut nicht anzusehen.

Plötzlich ging die Tür auf, und ein schwerer Mann mit rotem Gesicht und Froschaugen schob sich in die Hotelhalle. Er trug elegantes graues Tuchzeug nach letzter St. Louis-Mode, hatte einen breitrandigen Melbahut auf und geschnürte Bostonstiefel an den Füßen. Über seiner schwarzen bestickten Samtweste sprang ein rüschenbesetztes weißes Hemd mit schwarzer Seidenbinde hervor.

Der Mann nahm den Hut ab und fuhr sich über das schüttere dunkle Haar. Dann blickte er über die Tische hinweg. Sein Auge blieb an dem weißen Hut des Schießers hängen.

Flanagan sah kurz auf, als der Mann an seinen Tisch trat.

»Evening, Mister Flanagan. Ich bin Ed Holyoke und möchte mit Ihnen sprechen.«

Der Revolvermann hob den Kopf und schob das Kinn vor.

»Was wollen Sie?«

»Kann ich mich dazu einen Augenblick setzen?«, fragte Holyoke, wobei er sich schon einen Stuhl heranzog.

Flanagan antwortete nicht.

Holyoke setzte sich. Er hatte seine gepflegten Hände auf der Krempe seines Hutes liegen.

»Mister Flanagan, ich habe einen Job für Sie.«

Der Revolverschwinger sog an seiner dünnen Zigarre, blies den Rauch ungeniert vor sich hin, dem anderen Mann entgegen.

Holyoke ließ sich nicht beirren. Er war ein Mann Ende der vierzig, der das Leben von allen Seiten zu kennen schien. Seine wachen wasserblauen Augen hingen an dem gipsfarbenen Gesicht des Schießers.

»Es ist ein guter Job, Mister Flanagan!«

Er machte keinen Fehler, der Menschenkenner Holyoke. Er sagte nicht: He, Flanagan! Dazu war er nicht dumm genug, er nannte ihn Mister. Und vielleicht war es das, was dem Schießer behagte.

Flanagan kniff das linke Auge ein und legte den Kopf etwas auf die Seite.

»Was ist drin?«

»Siebenhundert Dollar.«

»Und auf der anderen Seite?«, forschte der Schießer lauernd.

»Alles.«

Flanagan nickte unangenehm grinsend. Und bei diesem Grinsen kroch auch über den Rücken des abgebrühten Holzhändlers Ed Holyoke ein eisiger Schauer.

Was für ein Mensch war das, der da vor ihm saß? Der blassgesichtige Hal Flanagan. Ein Mann, der gegen gute Bucks einen Auftrag ausführte. So wie man einen Cowboy schicken konnte, ein Rudel Rinder einzutreiben, so konnte man ihn schicken, einen Mann zu töten.

Holyoke sah, dass die Hände Flanagans in dünnen schwarzen Lederhandschuhen steckten, deren weiß gegerbte Stulpen umgeschlagen waren.

Auch beim Essen hatte der Schießer sie nicht abgenommen.

Holyoke spürte ein leises Würgen im Hals.

Da fragte Flanagan: »Wo?«

»In Joplin.«

Der Texaner kniff beide Augen ein. »In Missouri?«

»Yeah.«

»Achthundert«, versetzte der Schießer gelassen.

Holyoke nickte nur.

Und dann kam die dritte Frage des Revolvermannes: »Wer?«

»Das erfahren Sie beim Abschluss des Geschäftes.«

Flanagans Hände rutschten vom Tisch.

»Haben Sie schon einmal einen Mann gesehen, der eine Katze im Sack kauft?«

Holyoke konterte sofort: »Haben Sie schon mal einen Mann gesehen, der sich selbst einen Handel verdirbt?«

Flanagan hob den Kopf etwas höher. Jetzt sah man deutlich, dass von seinen Mundwinkeln scharfe, harte Falten nach unten liefen. Sie gaben seinem bleichen Gesicht etwas Hölzernes. Es sah so aus, als sei der Unterkiefer wie bei einer Marionette beweglich eingesetzt worden.

Holyoke nahm eine Zigarre aus der Tasche, zündete sie an und meinte dann: »Sie könnten zu ihm reisen und ihm von meinem Einfall erzählen. Vielleicht bietet er Ihnen dann das Doppelte, wenn Sie mich töten. In jedem Falle aber haben Sie dann die Chance, sich den Meistbietenden von uns beiden auszusuchen.«

Flanagan schob mit dem behandschuhten Zeigefinger den Hut etwas zurück. Sein Gesicht blieb ausdruckslos.

Holyoke feixte. »All right?«

»Dann macht es tausend«, versetzte Flanagan ruhig.

Holyoke stand auf. »Natürlich, das hatte ich auch einkalkuliert.« Er griff in die Tasche und warf ein Geldbündel auf den Tisch. »Das sind fünfhundert. Morgen früh um sechs reiten Sie ab. Ich sage Ihnen am Stadtausgang den Namen.«

»Um sieben«, versetzte Flanagan.

»Um sechs!«

Da schob der Schießer mit der rechten Handkante das Geldnotenbündel zur Seite.

»Weshalb um sieben?«, forschte der Holzhändler, ohne das Geld zu nehmen.

»Weil ich bis halb sieben schlafe.«

»All right. Also um sieben. Ich bin genau am zweiundzwanzigsten September in Lamar.«

»Sie wohnen da?«

»Ja, da ist mein Geschäft. Sie bekommen an diesem Tag die restlichen fünfhundert.«

»Am vierundzwanzigsten«, entgegnete der Schießer.

Holyoke zog die Brauen zusammen.

»Was soll das? Weshalb sind Sie so eigensinnig?«

Flanagan grinste, es sah aus wie eine Teufelsgrimasse.

»Am dreiundzwanzigsten habe ich Geburtstag. Sie werden nicht verlangen, dass ich da arbeite oder reite.«

Holyoke stieß die Luft durch die Nase aus.

»Good«, knurrte er, »also erwarte ich Sie am vierundzwanzigsten September in meinem Haus in Lamar. Es ist nicht sehr weit von Joplin.«

Flanagan nickte leicht, nahm das Geldbündel auf, steckte es in die Tasche und sagte scharf: »Sie können gehen!«

Holyoke hatte kein sehr angenehmes Gefühl im Magen, als er durch die Halle ging.

In der Tür schob sich ein kleiner Mann mit grauen Haaren und scharfem Gesicht an ihm vorbei. Auf seiner linken Westenseite blinkte ein sechszackiger Stern.

Der Hoteleigner sah dem Sheriff mit Unbehagen nach, als dieser auf den Tisch des Revolvermannes zuging.

»Hallo, Flanagan!«

Der Schießer blickte auf. »Hallo, Sheriff.«

Der Hüter des Gesetzes steckte seine Hände hinten in den Waffengurt.

»Sie sind wieder in der Stadt?«

»Es sieht so aus.«

»Und was kommt nach?«, fragte der Sheriff.

Flanagan stand auf. Ganz dicht war sein bleiches Gesicht vor dem Sheriff.

»Was wollen Sie?«

»Ich habe für Ordnung zu sorgen. Ich frage Sie nur, wo Sie herkommen.«

»Das geht Sie nichts an, Dublin!«

»In Santa Fé haben Sie einen Mann erschossen!«

»Wenn Sie es schon wissen, ist es ja gut. Es war ein Falschspieler, er hat zuerst gezogen.«

»Natürlich«, versetzte der Sheriff hart. »Immer ziehen die anderen zuerst – und Sie treffen!«

»Yeah.«

»Hier herrschen Ruhe und Ordnung.«

»Yeah. Das war schon so, ehe Sie kamen, Dublin.«

»Vor allem, als Sie fort waren«, giftete der Sheriff.

»Kümmert mich nicht!«

»Ich will Sie nur darauf hinweisen, dass ich aus Kansas stamme und für Gesindel Ihrer Art nichts übrig …«

Der Revolverkolben Flanagans sauste krachend an die Schläfe des Sheriffs.

Jeff Dublin sackte in sich zusammen. Flanagan blickte sich um.

Drüben an der Rezeption standen zwei Farbige.

»Schafft ihn weg!«, rief der Schießer ihnen zu.

Zögernd kamen die Schwarzen heran!

»Weg!«, zischte Flanagan und ließ seinen Colt um den Mittelfinger rotieren, ehe er ihn zurück ins Halfter gleiten ließ.

Die Schwarzen sahen mit angstgeweiteten Augen auf die Schusswaffe und dann in das harte Gesicht des weißen Mannes.

Der ohnmächtige Sheriff wurde hinausgetragen.

Flanagan setzte sich wieder, kaute an seiner Zigarre herum und starrte vor sich hin.

Eine Viertelstunde später kamen zwei jüngere Männer in die Hotelhalle. Sie steuerten sofort auf den Schießer zu.

»He, Hal, wie geht’s?«

Flanagan sah die beiden an. Sein Gesicht blieb ausdruckslos. Er tat, als sähe er zwei Fremde. Dabei waren die beiden seine Freunde, mit denen er drüben in der alten Scheune vor vielen Jahren die Schulbank gedrückt hatte, mit denen er die ersten Kälber gestohlen und auch den großen Brand drüben in der Hillergasse gelegt hatte.

Wynn Hotter und Silk Vaugham waren inzwischen Männer geworden, vernünftige Männer. Der eine hatte einen Barbershop, und der andere arbeitete unten auf der großen Looney-Ranch. Ihre Jugendstreiche hatten sie längst vergessen. Nicht aber ihren alten Kameraden Hal Flanagan.

»Du bist zurückgekommen?«, fragte Hotter und rieb sich das Kinn. »Das ist fein, Hal. Wir haben uns fast ein halbes Jahr nicht gesehen. Inzwischen haben wir ein paarmal von dir gehört. Bist ja ein berühmter Mann geworden.«

»Yeah«, setzte Vaugham hinzu, »ich finde, die Stadt kann stolz auf dich sein!«

Flanagan blickte auf. »Was wollt ihr?« Die beiden sahen einander betreten an. »Wir dachten …«

»Haut ab!«, knurrte der Schießer.

Hotter wich erschrocken zurück.

»Ja, wenn du meinst, Hal. Natürlich wollen wir dich nicht belästigen. Komm, Silk. Dann wollen wir mal wieder Leine ziehen …«

Flanagan saß wieder allein.

Auch Butch Heather, der krummbeinige struppige Mann, der seit fünfzehn Jahren an der Ecke der Clovestreet die kleine Gazette für die Umgebung druckte, schob sich an seinen Tisch.

»Ah«, tat er überrascht, »wen sehe ich denn da? Das ist ja eine Freude! Flanagan! Wie geht’s, alter Freund?«

Er wollte dem Schießer kameradschaftlich auf die Schulter klopfen.

Der aber wich zur Seite. »Was wollen Sie?«, knurrte er auch den Zeitungsmann an.

Heather hatte plötzlich helle Angst in den kleinen von dunklen Ringen umgebenen Augen.

»Ich dachte nur …, ich habe einen großen Artikel gebracht, als Sie Cap Ronney in Santa Fé fertig gemacht haben. Panhandle-Man stoppt Falschspieler in Santa Fé. Ein Sohn unserer Stadt.«

»Halt’s Maul!«, unterbrach ihn der Schießer grob.

Von da an blieb es still um den eisigen Mann.

Bis neun Uhr.

Er wollte eben aufstehen, um auf sein Zimmer zu gehen, als sich die Tür der Halle öffnete und ein alter eisgrauer Mann hereinkam.

Er blinzelte unter buschigen Brauen durch den weiten Raum und kam dann an Flanagans Tisch.

Der Schießer blickte nicht auf.

Da bekam er plötzlich eine schallende Ohrfeige.

Wie von einer Viper gebissen schnellte er hoch, stieß den Colt vor – und hielt erschrocken inne.

Der alte Mann vor ihm blitzte ihn an. »Das war für die Ohrfeige, die du dem Sheriff gegeben hast! Hier steckst du also? Du Herumtreiber! Weshalb bist du nicht nach Hause gekommen? Müssen uns erst die Leute sagen, dass du in der Stadt bist?«

Flanagan ließ den Colt ins Halfter gleiten und setzte sich mit einem Ruck wieder hin.

»Los, komm mit!«, sagte der Alte rau.

Flanagan rührte sich nicht. Auf seiner linken Wange brannte ein roter Fleck.

Da stieß der Alte ihn an.

»Hör zu, Hal! – Dreihundert Yards von hier ist dein Elternhaus. Du hast es nicht nötig, hier wie ein Fremder zu hocken …«

»Lass mich!« Flanagan stieß den Vater zurück.

Die Augen des Alten blitzten.

»Deine Mutter wartet auf dich! Ev ist seit drei Monaten krank, sie will dich auch sehen. Und ich will auch mit dir sprechen, daheim.«

»Lass mich in Ruhe!«

Jack Flanagan legte seine zittrige Hand auf den Unterarm seines Sohnes.

»Hal«, sagte er mit brüchiger Stimme, »was du auch getan haben magst: Komm nach Hause.«

Da stieß Hal den Vater brutal zurück und fauchte: »Lasst mich zufrieden!«

Gebeugt und mit schleppendem Schritt verließ der Alte das Farewell-Hotel.

*

Und doch waren sie in Panhandle stolz auf Hal Flanagan.

Auf eine heimliche, verbotene Art.

Sie wussten ja, dass ein Revolvermann nicht die ungeteilte Achtung aller Menschen fand.

Aber Hal war ein ganz Großer. Und deshalb glaubten sie trotz allem, stolz auf ihn sein zu dürfen.

Er hatte Cap Ronney ausgelöscht. Oben in Santa Fé, inmitten von zahllosen Zeugen.

Und er hatte in Wichita Dave Bleasdale getroffen, mit einem einzigen Schuss ins Herz.

In der Zeitung hatte es gestanden.

Und Jim Donegan hatte die Nachricht außerdem noch mit der Overland hergebracht.

Aber er war anders geworden, seit er zurückgekommen war, dieser Hal Flanagan. Was war mit ihm los? Weshalb sprach er nicht einmal mehr mit seinem Vater und mit seiner kranken Schwester, die er früher doch so gernhatte?

Es gab niemanden in Panhandle, der ihn begriff …

Als er am nächsten Morgen beim ersten scheuen Sonnenstrahl, etwas vorgebeugt im Sattel sitzend, auf seinem Rappen durch die Mainstreet dem nördlichen Stadtausgang zuritt, standen sie hinter den Gardinen und sahen ihm nach, die Bürger von Panhandle.

Ihrem großen Hal Flanagan!