Wyatt Earp 235 – Western - William Mark - E-Book

Wyatt Earp 235 – Western E-Book

William Mark

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Beschreibung

"Vor seinem Colt hatte selbst der Teufel Respekt!" (Mark Twain) Der Lieblingssatz des berühmten US Marshals: "Abenteuer? Ich habe sie nie gesucht. Weiß der Teufel wie es kam, dass sie immer dort waren, wohin ich ritt." Diese Romane müssen Sie als Western-Fan einfach lesen! Er stand mitten im dunklen Hof der alten Santa Fé Bar und blickte auf das Türviereck, das sich scharf durch den Lichtschein der Kerosinlampe vom Haus abzeichnete. Vor Minuten war da die große Gestalt des Gangsters Mat Allison verschwunden. Der Marshal fuhr sich mit der Linken durchs Gesicht, als müsse er da etwas wegwischen, etwas verscheuchen. Noch hallten die Worte des Desperados in seinen Ohren: "Ich habe gehört, dass Doc Holliday abhanden gekommen sein soll!" Wyatt wandte sich langsam um und ging zum Tor. Die Straße von La Punta lag nicht etwa in tiefster Stille da, sondern war ganz im Gegenteil mit turbulentem Leben erfüllt. Von allen Seiten kamen Reiter in die Stadt, und Planwagen aller Größe zogen mit knirschenden Rädern durch die Main Street. Der große Dodger Gesetzesmann Wyatt Earp war zusammen mit seinem Freund Doc Holliday auf dem Ritt von Tombstone nach Dodge City gewesen und in Tirone aufgehalten worden. In Tirone war ein siebzehnjähriger Cowboy namens Jerry Scotland in der Schenke des Griechen Serge Osakis spurlos verschwunden. Die Tochter des Wirtes, Ruth Osakis, hatte behauptet, dass der Desperado Jonny Allison den Cowboy ausgelöscht hätte. Wyatt, der auf seiner Suche nach dem verschwundenen Cowboy hart mit dem Griechen zusammengeprallt war, hatte herausgefunden, dass in Tirone eine Bande von Falschspielern ihr Unwesen trieb. Er hatte einen Bandenführer namens Sticker zur Strecke gebracht und seine Kumpane mattgesetzt. Hinter einer Scheunenwand entdeckte er die Leiche des Cowboys. Von dem Mörder fehlte bisher jede Spur. Zusammen mit Ruth Osakis und ihrem Vater waren die beiden Westmänner auf dem Wege nach La Punta gewesen, wo Wyatt Earp hoffte, John Allison zu finden. Unterwegs auf einer Pferdewechselstation wurde Doc Holliday von einem schweren Krankheitsfall niedergeworfen. Sie konnten nicht weiter und mussten auf einer verlassenen Pferdewechselstation Rast machen. In der zweiten Nacht wurden sie überfallen, und Wyatt wurde von mehreren Männern auf eine entlegene Farm geschleppt, von wo ihm aber bald die Flucht gelang. Als er an die Pferdewechselstation zurückkam, musste er feststellen, dass Doc Holliday verschwunden war. Nur das Buch, in dem er zuletzt gelesen hatte, fand er auf dem Boden neben dem Lager des Spielers.

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Wyatt Earp – 235 –

Drahtverhau im Weidegras

William Mark

Er stand mitten im dunklen Hof der alten Santa Fé Bar und blickte auf das Türviereck, das sich scharf durch den Lichtschein der Kerosinlampe vom Haus abzeichnete.

Vor Minuten war da die große Gestalt des Gangsters Mat Allison verschwunden.

Der Marshal fuhr sich mit der Linken durchs Gesicht, als müsse er da etwas wegwischen, etwas verscheuchen. Noch hallten die Worte des Desperados in seinen Ohren: »Ich habe gehört, dass Doc Holliday abhanden gekommen sein soll!«

Wyatt wandte sich langsam um und ging zum Tor.

Die Straße von La Punta lag nicht etwa in tiefster Stille da, sondern war ganz im Gegenteil mit turbulentem Leben erfüllt.

Von allen Seiten kamen Reiter in die Stadt, und Planwagen aller Größe zogen mit knirschenden Rädern durch die Main Street.

Der große Dodger Gesetzesmann Wyatt Earp war zusammen mit seinem Freund Doc Holliday auf dem Ritt von Tombstone nach Dodge City gewesen und in Tirone aufgehalten worden. In Tirone war ein siebzehnjähriger Cowboy namens Jerry Scotland in der Schenke des Griechen Serge Osakis spurlos verschwunden. Die Tochter des Wirtes, Ruth Osakis, hatte behauptet, dass der Desperado Jonny Allison den Cowboy ausgelöscht hätte.

Wyatt, der auf seiner Suche nach dem verschwundenen Cowboy hart mit dem Griechen zusammengeprallt war, hatte herausgefunden, dass in Tirone eine Bande von Falschspielern ihr Unwesen trieb. Er hatte einen Bandenführer namens Sticker zur Strecke gebracht und seine Kumpane mattgesetzt. Hinter einer Scheunenwand entdeckte er die Leiche des Cowboys. Von dem Mörder fehlte bisher jede Spur. Zusammen mit Ruth Osakis und ihrem Vater waren die beiden Westmänner auf dem Wege nach La Punta gewesen, wo Wyatt Earp hoffte, John Allison zu finden. Unterwegs auf einer Pferdewechselstation wurde Doc Holliday von einem schweren Krankheitsfall niedergeworfen. Sie konnten nicht weiter und mussten auf einer verlassenen Pferdewechselstation Rast machen. In der zweiten Nacht wurden sie überfallen, und Wyatt wurde von mehreren Männern auf eine entlegene Farm geschleppt, von wo ihm aber bald die Flucht gelang. Als er an die Pferdewechselstation zurückkam, musste er feststellen, dass Doc Holliday verschwunden war. Nur das Buch, in dem er zuletzt gelesen hatte, fand er auf dem Boden neben dem Lager des Spielers.

Wo war Doc Holliday?

Einzig dieser Gedanke beherrschte den Marshal seit jener bitteren Stunde.

Hatte Doc Holliday den Überfall nicht lebend überstanden? Wohin hatten sie ihn geschleppt?

Auf der Ranch war er nicht und auch nicht im Rest der niedergebrannten Stadt Tirone.

In Tirone geriet der Marshal mit dem wieder auf freien Fuß gekommenen Griechen zusammen und konnte ihn schließlich festnehmen und zusammen mit seiner Tochter aus der Stadt führen.

Auf dem Weg nach La Punta erlitt der griechische Spielhöllenbesitzer Osakis einen Herzschlag. Ruth Osakis gelang es, sich mithilfe einiger Cowboys aus der Hand des Marshals zu befreien.

Wyatt kam allein nach La Punta.

Es war keine gewöhnliche Stadt, dieses winzige Nest an der Südgrenze Colorados. Es war die Stadt des

größten Briganten, der je im Westen gelebt hatte: Sein Name war Clay Allison!

Wyatt hatte auf dem Weg von Tombstone, wo er zusammen mit Doc Holliday seinem Bruder Virgil im Kampf gegen eine Verbrecherbande beigestanden hatte, alles versucht, dieses La Punta zu umgehen. Aber mit magischer Kraft schien die Stadt ihn anzuziehen.

Als er La Punta erreicht hatte, suchte er sofort das Haus der Allisons auf.

Aber er konnte nur mit dem Vater der Allison-Brothers sprechen. Der Alte sagte, dass er nicht wüsste, wo Jonny, sein jüngster Sohn, jetzt wäre. Wyatt hatte das Anwesen unverrichteter Dinge verlassen müssen und war hier im Hof der Santa Fé Bar auf Mat Allison, dem Ältesten der Brüder, gestoßen. Und der hatte ihm entgegengeschleudert: »Ich hörte, dass Doc Holliday abhanden gekommen sein sollte!«

Der Missourier stand im offenen Tor und starrte auf die Straße hinaus.

Mehr als zehn Jahre war er mit dem Georgier John Henry Holliday durch dieses Land geritten. Der wirklich studierte Doktor der Medizin, der Doktor der Wund- und Zahnheilkunde, hatte, nachdem er in Boston in ganz jungen Jahren schon von einer schweren Krankheit befallen worden war, die Ostküste der Staaten verlassen und war in den Westen gekommen, um hier auf den Tod zu warten. Aber der Tod ließ den jungen Doktor Holliday noch warten. Er wurde ein Spieler, der schließlich ein Revolverschütze, ohne es eigentlich recht gewollt zu haben. Eines Tages war er dann dem Marshal Earp begegnet. Wie die beiden so ungleichen Männer schließlich einen gemeinsamen Weg gingen, habe ich in den ersten Bänden eingehend geschildert. Sie wurden Freunde. Es war eine stumme, eiserne und einzigartige Freundschaft. Und nun sollte Doc Holliday plötzlich verschwunden sein. Es war schwer gewesen, den verschwundenen Cowboy Scotland zu finden. Aber der Marshal hatte ihn gefunden. Und auf der Jagd nach dem Mörder des Cowboys hatte er den Freund verloren!

Die Sorge um Doc Hollidays Gesundheit war eigentlich das Schlimmste. Denn wäre er in einer anderen körperlichen Verfassung gewesen, so hätte sich der Marshal nicht so große Sorgen um ihn zu machen brauchen. Wenn es in diesem Lande einen Mann gab, der seinen Weg zu gehen verstand und der sich zu helfen wusste, dann war es der unvergleichliche Doc Holliday.

Hatte der Bandenführer Jason Sticker ihn getötet?

Wyatt hatte mit Sticker nicht mehr darüber sprechen können. Und jetzt war Sticker tot. Auch der andere, der ihm vielleicht etwas darüber hätte sagen können, nämlich der Grieche Osakis, lag unter der Erde.

Vielleicht wusste das Mädchen doch etwas. Aber wohin hatte er sich gewandt? War die Behauptung der Ruth Osakis, dass Jonny Allison den Cowboy ermordet hatte, eine Lüge?

Wyatt hatte in der Spielhölle einen Schuldschein von Jonny Allison über siebenhundert Dollar gefunden. Der einzige Beweis, dass Jonny Allison tatsächlich in der Spielhölle verkehrt hatte. Aber war das auch schon ein Beweis dafür, dass er der Mörder des Cowboys war?

Es war durchaus möglich, dass Osakis selbst den Burschen beseitigt hatte. Einerseits, weil er ihm lästig war und seiner Tochter nachstellte und andererseits möglicherweise, weil er hinter die Machenschaften des Griechen gekommen war. Weil Scotland herausgefunden hatte, welchen Geschäften der Salooner nachging.

Wyatt hatte keine andere Möglichkeit, er musste John Allison suchen. Er wandte sich um und ging mit federndem Schritt durch den Hof. Als er den Hausflur betreten hatte, schlug ihm der Lärm aus der Schenke entgegen.

Die Tür zum Schankraum stand etwas offen.

Wyatt zog sie weiter auf und blickte in das Gewühl, das den nicht allzu großen Raum erfüllte. Über dem Gewühle der Menschen lagen schwere Rauchschwaden in der Luft. Ein grauhaariger Mann hämmerte mit verkrampften Gesten auf einem verstimmten Piano herum. Schrilles Frauenlachen und wildes Männergebrüll rundeten das Ganze ab.

Wyatt sah den Desperado sofort. Er lehnte drüben am Stirnende der Theke und hatte ihm den Rücken zugekehrt. Wyatt ging auf ihn zu, blieb hinter ihm stehen und sagte nur: »Mat.«

Langsam wandte der Gangster den Kopf.

Wyatt blickte in seine dunklen Augen. Es waren Augen, die etwas von dem phosphoreszierenden Glanz der Indianeraugen hatten.

»Ich habe eine Frage, Mat.«

Der Gangster schwieg und blickte ihn nur groß an.

»Wo ist Jonny?«

Mat griff mit der Rechten hinter sich und nahm aus dem zinnernen Becher eine halblange Strohhalmzigarre, zog ein Zündholz aus der Tasche, biss die Spitze ab und schob es in das Zigarillomundstück.

Während er sich ein Zündholz unter der Thekenkante anriss, entgegnete er: »Sie sind ein überraschender Mann, Marshal. Ich dachte, wir hätten uns schon verabschiedet.«

Das Auftauchen des Fremden hatte einiges Misstrauen erweckt. Die Leute, die den Marshal nicht kannten, hatten verwundert aufgeblickt, als er plötzlich hereingekommen und hinter Mat Allison stehengeblieben war. Als Mat sich dann umwandte, hatte die Spannung noch zugenommen.

Als sich der Bandit jetzt mit beiden Ellbogen auf der Thekenkante aufstützte, den rechten Fuß anzog und mit den großen Sternradsporen ratschend über die Thekenbordwand fuhr, war es plötzlich sehr still in der Schenke geworden. Mit einem wimmernden Missakkord erstarb der Lärm des Pianos.

»Hören Sie, Earp, Sie werden doch nicht glauben, dass ich Ihnen Auskunft über den Verbleib meiner Brüder gebe. Im Gegenteil werde ich Ihnen etwas anderes sagen: Sehen Sie zu, dass Sie verschwinden, und ich wünsche Ihnen, dass Sie irgendwo in einem alten verfaulten Wasserloch den Kadaver Ihres prächtigen Freundes finden werden. Sie können ihm dann ja mühelos eine Kuhle buddeln und ihn hineinschieben. Es ist ein wahres Glück, dass dieser reudige Coyote …«

Weiter kam der Gangster nicht. Bei den ersten Worten hatte der Marshal zwar die Zähne aufeinandergebissen, die Fäuste zusammengezogen und sich fest vorgenommen, alles ruhig zu überstehen. Aber dann gaben seine Nerven doch nach. Seine Rechte flog hoch und landete klatschend im Gesicht des Banditen.

Der Kopf des Getroffenen flog zur Seite. Ein dunkelroter Fleck brannte auf seiner linken Wange.

Beinerne Blässe kroch jetzt über das Gesicht des Matthew Allison. Er stieß den Unterkiefer vor und quetschte durch die Zähne:

»Verrecken muss er, dieser Hund. Ich wünsche, dass er einen qualvollen Tod gehabt hat, dass die Seuche ihn zernagt hat und dass die Ratten ihn auseinanderreißen mö…«

Klatsch!

Der zweite Schlag brannte im Gesicht Mat Allisons.

Es war so still in der Santa Fé Bar von La Punta geworden, dass man sicher eine Stecknadel auf den Boden hätte fallen hören können.

Nichts rührte oder bewegte sich. Das ganze Bild schien plötzlich erstarrt zu sein. Niemand vermochte zu begreifen, dass irgendjemand einen Allison schlagen könnte. Und nun war es geschehen. Und der Mann, der es getan hatte, war ein Marshal. Einige von den Gästen hatten ihn übrigens sofort erkannt.

Der Marshal hatte den Hof gewonnen, und war bereits auf der Straße bei seinem Pferd, als vorn die Schanktür aufgestoßen wurde und mehrere Männer herauskamen.

Der Erste war ein rothaariger Bursche von sechsundzwanzig Jahren, der in der Stadt als Schläger-Rory bekannt war. Rory Norton hatte niemals eine richtige Arbeit angepackt. Sein Vater war Schuhmacher, und er trieb sich nur in der Stadt herum. Er war einer der übelsten Burschen, die man sich überhaupt denken konnte.

Die beiden anderen waren Ben Harper und Larry Gaffkin.

Norton hatte seine Linke auf die Schulter des Marshals gelegt und suchte ihn herumzureißen.

Wyatt, der eine solche Behandlung absolut nicht schätzte, warf eine Rechte zurück und traf Norton am Kinnwinkel.

Der Schlag sah so leicht aus und musste dennoch etwas von der Gewalt eines Großkatzenschlages an sich gehabt haben, denn Norton verzog entsetzt das Gesicht und schwankte zurück.

Da war Ben Harper da, ein leichter Mann, von katzenhafter Gewandtheit. Der schwere Linkshänder, der ihn am Jochbein traf, ließ ihn zurücktaumeln und ins Knie brechen. Aber Larry Gaffkin war noch da. Er hatte schwere Fäuste, einen breiten Brustkorb und einen Schädel, auf dem kein einziges Haar mehr wuchs.

Gaffkin war noch stärker als Schläger-Rory. Er arbeitete hin und wieder in einer Sägerei am Südrand der Stadt.

Jetzt hatte er den Missourier erreicht und suchte ihn in einen schweren Konterschlag zu ziehen. Aber Wyatt, der das ahnte und absolut keine Lust hatte, sich hier länger aufzuhalten, warf einen linken Haken nach vorn, der Gaffkin haargenau auf der Kinnspitze traf und von den Beinen riss.

Die anderen auf dem Vorbau waren stehen geblieben. Zu viele hatten Mat Allison den Weg zur Tür versperrt.

Als Wyatt sich in den Sattel ziehen wollte, hatte Rory Norton sich so weit erholt, dass er glaubte, seine Chance nutzen zu müssen. Er sprang dem Missourier plötzlich in die Flanke und konnte ihn gegen einen der Vorbau­pfeiler stoßen.

Wyatt, der auf diesen Angriff nicht gefasst war, war mit dem Kopf hart gegen einen der Dachträger gestoßen und torkelte benommen ein paar Schritte zur Seite.

Als Norton dann nachsetzte, um ihm den »Rest« zu geben, riss der Marshal urplötzlich tief aus der Hüfte heraus einen linken Uppercut hoch, der Rorys Kinnlade wie ein Hammerschlag traf.

Schläger-Norton kippte über die Absatzenden zurück und fiel der Länge nach in den Straßenstaub.

Wyatt zog sich in den Sattel und musste feststellen, dass der dumpfe Schmerz aus seinem Schädel nicht weichen wollte.

Er griff mit der Linken nach dem Sattelhorn, prüfte mit der Rechten die Schlafdecke und die anderen Dinge, die hinterm Sattel aufgeschnallt waren, und nahm dann mit der Rechten die Zügelleine in die Hand.

Er überquerte die Straße und bog in eine Seitengasse ein.

Da hörte er auf den Vorbauten der Main Street den trommelnden Schritt mehrerer Männer. Sie folgten ihm im schnellen Lauf.

Wyatt, der wenig Interesse an weiteren Keilereien hatte, zog das Pferd gleich links in eine Häuserenge und bog auf eine Nebenstraße ein.

Die Geräusche in der Seitengasse drangen bis zu ihm hin.

Stimmen wurden laut.

Da sah er vor sich einen offenen Hof, ritt hinein, stieg vom Pferd und hielt hinter dem Tor, um auf die Gasse hinauszulauschen.

Hastige Schritte eilten vorüber.

Da wieder ein Schrei:

»Hier ist er nicht!«

»Aber er muss da sein!«

»Nein, nicht zu sehen.«

»Los, dann kann er nur in einem der Höfe sein!«

Einer der Schreier war Mat Allison.

Wyatt erkannte seine Stimme sofort.

Er nahm den Falbhengst, führte ihn durch den Hof und beglückwünschte sich zu der offenen Pforte, die er da fand. Er stand auf einem freien Platz, auf dem ein paar Wagen abgestellt waren.

Drüben war eine winzige Kapelle, von der er damals gehört hatte, dass Clay Allison das Geld dafür gestiftet haben sollte. Ironie des Schicksals. Der größte Bravo, den es je in diesem Land hier gegeben hatte, wollte eine Kirche gestiftet haben! Ein Umstand, der bezeichnend für dieses Land und vor allem für diesen Mann war.

Wo mochte er sein? Wyatt wunderte sich, dass er ihm noch nicht begegnet war. Wahrscheinlich war es höchste Zeit, dass man aus der Stadt verschwand, denn wenn er erst aufkreuzte, dann wurde der Kampf härter.

Hank Billinger, einer der Billinger Brothers, von denen schon früher die Rede war und von denen auch in späteren Bänden noch die Rede sein wird, hatte zusammen mit Pepe Loundrey und Greg Proharka die Suche nicht aufgegeben. Im Gegenteil, sie waren enge Freunde von Mat Allison, zumindest gaben sie sich Mühe, das zu sein. Billinger, ein riesiger rothaariger Bursche mit eingeschlagener Nase, zu weit auseinanderstehenden Augen und vorstehendem Kinn, war einer der übels­ten Typen, die es in der Stadt gab. Eigentlich stammten die Billingers weiter aus dem Osten, wo sie vor Jahren eine Farm gehabt hatten. Das heißt, die Farm bestand immer noch, aber sie brachte wohl nichts mehr ein, denn die Söhne des alten Billinger dachten gar nicht daran, zu arbeiten. Seit sich Hank und seine Brüder in der Stadt aufhielten, zerfiel da draußen alles. Zwar lebte der Alte noch, aber er vermochte die Arbeit nicht allein zu tun.

Pepe Loundrey war ein langaufgeschossener, hagerer Mensch, der als gefährlicher Revolverschütze in der Stadt gefürchtet war. Und Proharka schließlich war einer der typischen Zaungäste der Grenzstadt La Punta. Der Sohn eines Mannes, der im Bürgerkrieg schwer verletzt worden war und hier in der Stadt mit seiner Frau und seinen sieben Kindern hängenblieb. Fünf der sieben Kinder des Ehepaares Proharka waren einer Seuche zum Opfer gefallen. Der Sechste, ein Bursche von dreiundzwanzig Jahren, hatte bei einer Schießerei die rechte Hand verloren. Drei Kugeln hatten in seinem Handgelenk gesteckt. Und der siebte schließlich war Greg, der Zweiundzwanzigjährige, hatte keinerlei feste Arbeit und trieb sich abends in den Spielbars herum. Tagsüber schlief er, und von sechs Uhr an bis in den grauen Morgen hinein war er in den Schenken zu finden.

Die drei Männer hatten sich sofort auf die Suche nach dem Manne gemacht, der es gewagt hatte, einen der Allisons zu schlagen.

Clay Allison und seine Brüder galten in der Stadt etwa so wie die Familie eines Häuptlings in einem Indianerlager. Ohne den »großen Clay« wäre La Punta immer noch das bedeutungslose Dorf, das es vor zwanzig Jahren gewesen war. Durch ihn war es eine Stadt geworden, in den letzten zehn Jahren rascher gewachsen als irgendeine andere Ansiedlung im ganzen Westen. Man hätte doch annehmen sollen, dass ein so gefürchteter Brigant alles andere als ein Anziehungspunkt sein würde. Aber in La Punta war es anders. Es kamen immer mehr und mehr Menschen in die Stadt. Nicht, dass sie etwa alle mit Clay Allison zu tun gehabt hätten. Aber sie kamen und waren ganz einfach da. Im Gegensatz zu dem düsteren Morton Nugent, der die Menschen aus seiner Heimatstadt regelrecht vertrieb, bis am Schluss nur noch ganz wenige übrig waren, schien der große Clay Allison sie geradezu magnetisch anzuziehen.