Der Sternsporenreiter - William Mark - E-Book

Der Sternsporenreiter E-Book

William Mark

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Beschreibung

"Vor seinem Colt hatte selbst der Teufel Respekt!" (Mark Twain) Der Lieblingssatz des berühmten US Marshals: "Abenteuer? Ich habe sie nie gesucht. Weiß der Teufel wie es kam, dass sie immer dort waren, wohin ich ritt." Diese Romane müssen Sie als Western-Fan einfach lesen! Es war an einem kristallklaren Wintertag, als Jim Hunter ihn zum erstenmal sah. Und irgendwie hatte Jim gefühlt, daß es kein gewöhnlicher Augenblick war, als der Reiter unten aus der Talsenke auftauchte und auf ihn zukam. Er hatte ein tiefbraunes, eckiges Gesicht und harte graue Augen. Die Brauen schienen über der Nase zusammengewachsen zu sein. Die Nase war kurz und kantig. Der Mund breit, fest und an den Winkeln heruntergezogen. Weit schob sich das große Kinn nach vorn. Der breitkrempige graue Hut war vorn ein wenig aufgeschlagen – und eigentlich war es nur das, was Jim an dem Fremden gefiel. Es war das einzige Freundliche, Offene an dem Reiter. Er steckte in abgetragener Weidekleidung, trug einen patronengespickten Waffengurt und auf der rechten Seite einen großen Revolver im Halfter. Im Scabbard, der steil nach unten zeigte, steckte eine 44er Winchester. Es war eigentlich nichts Besonderes an diesem Mann. Nicht einmal sein Pferd war wert, länger als einen Augenblick angesehen zu werden; es war ein hochbeiniger Grauschimmel, kaum seine dreißig Dollar wert. Wie gesagt, es war nichts besonders Auffallendes an dem Reiter, und dennoch hatte der Cowboy Jim Hunter ein merkwürdiges Gefühl beim Anblick des Fremden. Der war jetzt bis auf fünf Yards an den Zaun herangekommen, hinter dem Jim auf seinem Sattel am Boden hockte. Die schiefergrauen Augen des Fremden prüften das Gesicht des jungen Weidereiters. Dann öffnete er die Lippen und fragte mit einer rauhen, schnarrenden Stimme: »Hallo! Gehören Sie zur Moonranch?« Jims blaue Augen ruhten forschend auf dem Reiter. Dann nickte er: »Yeah –«

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Wyatt Earp – 272 –

Der Sternsporenreiter

William Mark

Es war an einem kristallklaren Wintertag, als Jim Hunter ihn zum erstenmal sah. Und irgendwie hatte Jim gefühlt, daß es kein gewöhnlicher Augenblick war, als der Reiter unten aus der Talsenke auftauchte und auf ihn zukam.

Er hatte ein tiefbraunes, eckiges Gesicht und harte graue Augen. Die Brauen schienen über der Nase zusammengewachsen zu sein. Die Nase war kurz und kantig. Der Mund breit, fest und an den Winkeln heruntergezogen. Weit schob sich das große Kinn nach vorn. Der breitkrempige graue Hut war vorn ein wenig aufgeschlagen – und eigentlich war es nur das, was Jim an dem Fremden gefiel. Es war das einzige Freundliche, Offene an dem Reiter. Er steckte in abgetragener Weidekleidung, trug einen patronengespickten Waffengurt und auf der rechten Seite einen großen Revolver im Halfter. Im Scabbard, der steil nach unten zeigte, steckte eine 44er Winchester.

Es war eigentlich nichts Besonderes an diesem Mann. Nicht einmal sein Pferd war wert, länger als einen Augenblick angesehen zu werden; es war ein hochbeiniger Grauschimmel, kaum seine dreißig Dollar wert.

Wie gesagt, es war nichts besonders Auffallendes an dem Reiter, und dennoch hatte der Cowboy Jim Hunter ein merkwürdiges Gefühl beim Anblick des Fremden.

Der war jetzt bis auf fünf Yards an den Zaun herangekommen, hinter dem Jim auf seinem Sattel am Boden hockte.

Die schiefergrauen Augen des Fremden prüften das Gesicht des jungen Weidereiters. Dann öffnete er die Lippen und fragte mit einer rauhen, schnarrenden Stimme: »Hallo! Gehören Sie zur Moonranch?«

Jims blaue Augen ruhten forschend auf dem Reiter. Dann nickte er: »Yeah –«

»Ist das ganze Land eingezäunt?«

Jim hörte den leisen Spott in dieser Frage sehr wohl heraus. »Doch, Mister – unsere Weide jedenfalls.«

»Verrücktes Land, dieses Kansas.«

»Wo kommen Sie her?«

»Aus Texas.«

Er hätte es eigentlich nicht zu sagen brauchen, und Jim hätte es nicht nötig gehabt, danach zu fragen. Man konnte es dem großen, hageren Burschen ansehen, woher er kam. Er war ganz und gar der Typ des Texaners, wie man ihn im ganzen Westen kannte.

»Sieht so aus, als wäre ganz Kansas eingezäunt«, meinte er jetzt.

»Sieht aber wirklich nur so aus«, gab Jim grinsend zurück. »Leider ist es notwendig, die Weide hier einzuzäunen.«

»Rustler?« fragte der Fremde.

»Ja. In den letzten Wochen ist uns immer wieder Vieh weggekommen.«

»Hm.« Der Reiter strich sich über das bärtige Kinn. »Scheint ja eine gemütliche Gegend zu sein.«

Jim musterte den Fremden, und jetzt erst sah er etwas, das er bisher durch die Haltung des Reiters nicht hatte sehen können. Es war etwas Eigenartiges, etwas sichtbar Besonderes, das scharf ins Auge stach: Der Mann trug an seinen weichen kurzen Texanerstiefeln auf silbernen Stegen riesengroße goldene Sternradsporen. Die Räder hatten einen solch gewaltigen Durchmesser und so lange spitze Dornen, daß Jim sie verblüfft anstarrte.

»Hey, ist das auch texanisch, Mister?«

»Was?«

»Die großen Sternräder? Sieht ja aus, als wollten Sie einen Elefanten damit bearbeiten.«

Der Fremde blickte den jungen Cowboy einen Augenblick schweigend an. Dann versetzte er: »Yeah – das ist auch texanisch.« Dann beugte er sich über das Sattelhorn und frage: »Wie weit ist es noch bis zur Ranch?«

Jim drehte sich um, als müsse er nachdenken. »Sieben Meilen«, sagte er dann.

Der Fremde tippte an den Rand des Hutes.

»Wollen Sie Arbeit haben?« forschte der Cowboy.

»Ja.«

Jim nickte. »Arbeit gibt’s bei uns. Weiß nur nicht, ob Sie Mr. Clove gefallen werden.«

Über das Gesicht des Fremden flog ein Schatten. »Mr. Clove? Ich denke, die Ranch gehört Pat Hollister?«

»Gehörte sie auch. Aber Mr. Clove ist der Vormann.«

Das harte Gesicht des Reiters zersprang in hundert Falten, aber auch das kurze Lachen verlieh diesem steinernen Gesicht nichts Angenehmes. Überhaupt schienen die Augen gar nicht mitzulachen. Sie blieben kalt und starr. »Mr. Clove? Wo gibt es denn so was, daß ein Vormann mit Mister von seinen Männern angeredet wird? Ist er der Partner des Ranchers?«

»Nein.« Jim schüttelte den Kopf. Er wußte selbst, daß es irgendwie verrückt war, dieses Mister Clove. Aber Clove verlangte es so. Und er war Vormann. Deshalb hatte sich bisher niemand an dem »Mister« gestoßen.

Der Reiter tippte nochmals an den

Hutrand und ritt dann weiter.

Jim erhob sich langsam von seinem Sattel, beschattete die Augen mit der Hand und blickte nachdenklich hinter dem Fremden her.

Auch jetzt spürte er es noch ganz deutlich. Nein, es war kein gewöhnlicher Augenblick gewesen...

Und der Cowboy Jim Hunter sollte recht behalten.

*

Sonnenglanz lag über dem weiten

Ranchhof, als der Fremde mit der Stiefelspitze den Torriegel aus der Angel hob, das Tor aufstieß und langsam auf die Pferdetränke zuritt.

Der lange Jonny Tucker stand drüben neben dem kleinen Joe McIntire in der Stalltür und blickte dem Ankommenden neugierig entgegen.

Der Fremde stieg vom Pferd und kam mit singenden Sporen auf die beiden zu.

Drei Yards vor ihnen blieb er stehen. »Hallo! Ist der Rancher im Haus?«

Tucker schüttelte den Kopf. »No, aber Mr. Clove ist da.«

»Der Vormann?« Ein grinsendes Lachen kroch über das Gesicht des Fremden.

Da trat drüben aus dem langgestreckten Mannschaftshaus ein vierschrötiger Mann heraus. Er hatte ein ernstes rotes Gesicht und blickte mit harten Augen auf das fremde Pferd. Dann sah er zu dem Mann hinüber.

Jonny Tucker hob den rechten Daumen. »Drüben ist er – Mister Clove.«

Der Fremde wandte sich um, warf einen kurzen, flüchtigen Blick auf den Vormann und stiefelte dann sporenklirrend und etwas staksig in entgegengesetzter Richtung auf die Veranda des Wohnhauses zu.

Der Vormann und die beiden Cowboys sahen ihm verblüfft nach.

Da bellte Cloves Stimme über den weiten Hof. »He!«

Der Fremde kümmerte sich nicht darum.

»He! Wo wollen Sie hin?«

Da blieb der Sternsporenreiter stehen und wandte sich um. »Ich will mit dem Rancher sprechen.«

»Haben Ihnen die Leute nicht gesagt, daß er nicht da ist?«

Langsam schob sich der Vormann näher.

Der Fremde ging die Treppe hinauf.

Da peitschte ein Schuß über den

Hof.

Die Kugel fetzte ein fingerlanges Stück Holz aus der Stufe dicht neben dem rechten Stiefel des Fremden.

Der wandte sich langsam um.

Sieben Schritte vor ihm, unten im Hof, stand Mister Clove. Er hatte den rauchenden Colt noch in der Faust.

»He, Mann! Das war ein Signal! Wenn ich mit Ihnen spreche, bleiben Sie stehen. Die Boys haben Ihnen gesagt, daß der Rancher nicht da ist. Also haben Sie sich mit mir zu befassen. Und ich habe verdammt wenig Zeit.«

Die grauen Augen des Fremden schossen einen kalten Blick auf den Vormann. »Nehmen Sie den Revolver weg«, sagte er rauh.

Der Vormann zog die Brauen zusammen. »Sagen Sie, Mister – sind Sie vielleicht verrückt? Sie reiten hier in unseren Ranchhof und benehmen sich so, als wären Sie hier wenigstens der Vormann. Kommen Sie von der Treppe herunter. Aber schnell.«

Der Fremde stemmte die Arme in die Hüften und spreizte die Beine. Seine Lippen öffneten sich kaum merklich. »Ich bin Bill Hogeeter.«

Jonny und Joe hatten es drüben am Stall gehört.

Mister Clove hob den Colt. »Hören Sie gut zu, Hogeeter. Sie sind hier auf der Moon-Ranch...«

»Ich weiß.« Hogeeter blieb ruhig stehen.

Mr. Clove begriff ihn nicht. Er schüttelte den Kopf. »Was wollen Sie hier?«

»Ich suche Arbeit.«

»Arbeit?« Mr. Clove steckte den Colt ins Halfter. »Wenn Sie ein ebenso störrischer Cowboy sind, wie...«

»Wie?«

»Äh!« Der Vormann winkte ab. »Reiten Sie weiter, Hogeeter. Sie gefallen mir nicht.« Er wandte sich ab und ging auf das Bunkhaus zu.

Da peitschte wieder ein Schuß über den Ranchhof.

Diesmal wirbelte haarscharf neben dem linken Stiefel des Vormannes der Dreck auf.

Mr. Clove blieb stehen und drehte sich um. Unendliches Erstaunen lag in seinen hellen Augen. »He, Sie müssen verrückt sein!«

»Ich suche Arbeit.« Hogeeter ließ den Colt ins Halfter gleiten.

»Aber? Mit dem Colt etwa?«

»Wenn’s sein muß.«

Mr. Clove feixte. Dann kam er zurück. Er streckte Hogeeter die Hand hin. »Sie scheinen ein eigenartiger Bursche zu sein, Bill. Aber ich glaube, Sie gefallen mir doch. Jeder setzt sich nach seiner Manier durch. Wir brauchen noch eine Menge Leute. Ich werde es mit Ihnen versuchen.«

Hogeeter warf den Kopf hoch. »Und Hollister? Müssen Sie ihn nicht erst fragen?«

»Nein. – Bringen Sie Ihren Gaul in den Corral und kommen Sie dann ins Bunkhaus...«

Ja, so war es gewesen.

Mr. Clove hatte den Texaner angeworben.

Es war der unseligste Tag der Moon-Ranch gewesen. Aber das hatte damals ja noch keiner wissen können.

Hogeeter war ein ausgezeichneter Cowboy, wie die meisten Burschen, die aus Texas kamen. Aber er war dickschädelig wie ein Montana-Büffel. Er sprach kaum mit seinen Kameraden und wenn, dann nur wenig.

Der Rancher hatte ihn kurz begrüßt, und als Mr. Clove erklärte, daß er ihn eingestellt habe, war es in Ordnung.

Doch, er war ein guter Cowboy. Die elf Männer auf der Ranch wußten es nach wenigen Tagen.

Alle wußten es. Auch Hollister und seine Tochter Mary.

Die neunzehnjährige Mary lehnte am Fenster und blickte in den Hof.

Es war früher Morgen.

Der Rancher saß noch am Tisch und trank seinen Kaffee.

»Wie findest du ihn?« fragte das Mädchen.

Der Rancher hob den Kopf. »Wen?«

»Hogeeter.«

»Er ist ein guter Cowboy.«

»Ja – und sonst?«

»Ein eigenartiger Bursche. Aber was geht uns das an?«

»Er ist starrsinnig...«

»Aber er macht alles besser als die anderen. Er macht es wirklich besser und auch schneller.«

Mary verzog den Mund. »Ich mag ihn nicht. Und ich kann das scharfe Singen seiner verrückten Sporenräder nicht vertragen.«

Der Rancher hob die Schultern hoch, trank seinen Kaffee aus und ging zur Tür. »Wir müssen uns mit den Eigenheiten der Leute abfinden, Mary. Du weißt ja, wie schwer es ist, Weidereiter zu bekommen.« Damit verließ er den Raum.

Frank Luck, ein hochgewachsener, flachsblonder Bursche, lud gerade mit Joe McIntire und dem vierkantigen Dave Collager Bretter auf einen Karren. Draußen am Rock Creek sollte ein Vorwerk errichtet werden.

Der Rancher hatte schon lange den Gedanken gehabt, unten am Fluß, der fünfzehn Meilen von der Ranch entfernt das Weideland abgrenzte, ein Blockhaus zu errichten.

In den letzten Tagen hatten die Männer Baumstämme hinübergefahren. Heute würden die Bretter für den Fußboden hingebracht werden.

Sieben Cowboys arbeiteten in dem Augenblick, da der Rancher aus dem Haus auf die Veranda trat, im Hof.

Drei beluden den Wagen, Jeff Tomson brachte die beiden Zugpferde, Hal Patterson und Mike Ellington schleppten Hämmer, Zange, Nägel und anderes Gerät herbei, und Jonny Tucker sperrte drüben das Scheunentor zu, aus dem die Männer den Wagen gebracht hatten.

Da kam Bill Hogeeter aus dem Bunkhaus. In seinem rechten Mundwinkel steckte eine Zigarette. Er kam langsam mit seinem staksigen Schritt auf den Wagen zu.

Plötzlich wurde die Tür des Geräteschuppens aufgestoßen, und James Clove kam mit dem großen Kontrollbuch heraus. Unter dem linken Arm hatte er zwei Pickhacken. »He, Bill, pack das Zeug auf den Wagen!« rief er Hogeeter zu.

Der tat, als habe er es nicht gehört.

Mister Clove war dicht hinter ihm. »Bill!«

Hogeeter wandte sich langsam um. »James?«

Die beiden Pickhacken fielen auf den Boden. Der Vormann starrte den Cowboy entgeistert an. »Was war das? Wie hast du mich genannt?«

»James!«

Der Vormann schnaufte. »Hör genau zu, Mann. Ich bin hier für jedermann Mister Clove, auch für dich, verstanden. Und wenn du glaubst, dir etwas darauf einbilden zu können, daß du aus Texas kommst, so will ich dir sagen, daß ein Texaner in meinen Augen auch nichts Besseres ist, im Gegenteil...«

Da schlug Bill Hogeeter zu.

Mister Clove taumelte zurück. Aber sofort hatte er sich gefangen und sprang vorwärts.

Hogeeter erwartete ihn kaltblütig.

Da krachte die Faust des Vormannes in das Gesicht des Texaners.

Hogeeter fraß den schweren Schlag, wurde durchgeschüttelt, blieb aber ruhig und mit hängenden Armen stehen.

Und Mister Clove schlug ihn weiter, warf ihm seine klobigen roten Fäuste

ins Gesicht, hämmerte wie wild auf ihn ein.

Der Texaner wehrte sich nicht.

Alles im Ranchhof starrte verblüfft auf die beiden Männer.

Aus dem Vormann schien eine Menge angestauter Wut herauszukommen; Wut auf diesen sturen, eingebildeten Cowboy.

Die Schläge, die der Texaner nahm, hätten genügt, drei andere Männer von den Beinen zu werfen.

Der unbegreifliche Bill Hogeeter aber nahm sie ohne Gegenwehr, ohne eine Bewegung. Ruhig stand er da.

Als der Vormann keuchend innehielt, öffnete der Texaner seine schmalen Lippen, über die von der Nase ein dünner Blutfaden zog. »Ausgetobt, James?«

Da brüllte der Vormann los und warf sich erneut nach vorn.

In diesem Augenblick traf ihn die Faust des Texaners wie ein Schmiedehammer am Kinnwinkel. Mister Clove fiel steif wie ein gefällter Baum nach hinten und blieb liegen.

Hogeeter ging achtlos an ihm vorbei zum Wagen. »Fertig, Joe?«

Der kleine McIntire nickte. »Yeah –«

»Dann vorwärts!«

Tatsächlich setzte der kleine Cowboy den Wagen auch in Bewegung.

Frankie Luck, Jonny Tucker und Jeff Tomson holten ihre Pferde.

Hal Patterson und Mike Ellington sprangen hinten auf den Wagen.

Nur Dave rührte sich nicht.

Drei Yards stand er mitten im Hof vor Bill Hogeeter.

»Was willst du?« fragte Hogeeter rauh.

»Du hast unseren Vormann niedergeschlagen, Tex!«

»Richtig.«

»Dafür werde ich dich jetzt auseinandernehmen.«

Mary sah es vom Fenster aus ganz deutlich, das harte spöttische Lachen, das jetzt über das Gesicht des Texaners kroch.

»All right, come on!«

Dave hob seine gewaltigen schaufelartigen Fäuste und wischte sich durch sein Bullbeißergesicht. Seine Sattelnase zeugte von vielen harten Auseinandersetzungen. »Du kannst auch verzichten, Tex! Dann aber läßt du dir gleich jetzt vom Boß dein Geld geben, holst deinen Klepper aus dem Corral und verschwindest.«

»Prächtig«, versetzte Hogeeter grinsend. »Und was ist mit dir? Willst du neben James liegen oder da vor dem Brunnen?«

Das Grinsen fiel ganz plötzlich wie eine abgestreifte Maske aus dem Gesicht des Texaners. Dave sprang heran. Er war ein schwerer Schläger, der blutige Dave Calleger. Und es gab sicher kaum ein Mann auf der Moon-Ranch, der seinen Fäusten hätte widerstehen können.

Die Cowboys, die vor dem Ranchtor angehalten hatten, gaben in diesem Augenblick keinen roten Cent mehr für die Gesundheit Bill Hogeeters. Wo Calleger hinschlug, da wuchs sobald kein Gras mehr. Das wußten die Cowboys von hier bis hinauf nach Wichita.

Der lange Tucker hatte sich im Sattel umgedreht und rief: »Fünf Dollar auf Dave!«

»Auch fünf!« krächzte Jeff Tomson.

»Zehn!« brüllte Mike Ellington.

Der Rancher, der mit unbewegtem Gesicht bisher den rasend schnellen Auseinandersetzungen gefolgt war, rief: »Zwanzig auf Hogeeter!«

Der Texaner warf den Kopf herum.

Da flog auch schon der erste pfeifende Schwinger Callegers heran und zischte pfeifend über den abgeduckten Schädel des Texaners hinweg.

Hogeeter riß einen rechten Uppercut aus der Hüfte, der den bulligen Cowboy geradezu hochriß.

Aber Dave steckte den schweren Treffer weg, schüttelte sich wie ein nasser Hund und schickte eine knallharte Doublette zum Körper seines Gegners.

Da explodierte der zweite Schlag an Callegers Schädel.

Es war der härteste, schnellste und schwerste Schlag, den die Männer von der Moon-Ranch je gesehen hatten.

Er beendete den kurzen Kampf der beiden Cowboys.

Dave Calleger fiel wie eine Strohpuppe zur Seite und blieb neben dem immer noch reglosen Vormann liegen.

Auf dem Hof herrschte tiefes Schweigen.

Bill Hogeeter ging sporenklirrend zum Corral hinüber. Als er zurückkam, saß er im Sattel seines Grauschimmels. »Vorwärts, Männer!« sagte er.

Da trieb der kleine Joe McIntire die Pferde an und kutschierte den Wagen aus dem Hof.

*

Von diesem Tage an war Bill Hogeeter der heimliche Vormann der Moon-Ranch. Er stritt sich nicht mehr mit Mr. Clove und verschwendete auch keinen Blick mehr an Dave Calleger. Aber es wagte auch niemand mehr, ihm einen Befehl oder ein böses Wort zu geben.

Trotzdem haßten ihn alle.

Nicht, weil er die beiden Kameraden niedergeschlagen hatte, sondern wegen seines kalten Stolzes. Wegen seiner Herzlosigkeit und verbissenen, schweigsamen Härte.

Dieser Bill Hogeeter war der beste Cowboy, den der Rancher je gehabt hatte. Er arbeitete für zwei, ja, für drei.

Und doch konnte es so nicht weitergehen. Mister Clove hatte seine Arbeit bisher zur Zufriedenheit des Ranchers erledigt. Wie aber stand er jetzt da? Nachdem dieser steinharte Mustercowboy so selbstherrlich schaltete und waltete! Nachdem die ganze Mannschaft Angst vor dem Texaner hatte.

Respekt? Nein, so konnte man es nicht nennen. Die Leute hatten Angst vor ihm. Seit der Minute, da sie gesehen hatten, wie er oben in den Sund-Hills einen jungen schwarzen Puma mit einem einzigen Schuß mitten im Sprung erledigt hatte – im Sprung, der dem jungen Cowboy Jim Hunter gegolten hatte! – Seit dieser Stunde wußten sie, daß er auch mit dem Revolver unschlagbar war.

Sie haßten ihn alle. Stumm und verbissen.

Vielleicht aber haßte ihn die Tochter des Ranchers am meisten. Mary hatte ihn ja schon in der ersten Stunde, die er auf der Ranch war, nicht gemocht.

Alles wurde noch schlimmer, noch unerträglicher, als eines Tages der kleine

Reisewagen in den Hof rollte und der

Rancher einer bildhübschen, hochgewachsenen jungen Frau aus dem Wagen half.

Es war Susan, die älteste Tochter Pat Hollisters. Sie lebte oben in der Stadt, in Wichita. Hollisters Schwester hatte dort den General-Store in der Lincolnstreet. Die hübsche Susan, die seit dem Tod ihrer Mutter an dem Leben auf der Ranch ohnehin nicht viel Geschmack gefunden hatte, war glücklich gewesen, als Hollister sie nach Wichita hatte gehen lassen.

War es der einzige Grund, weshalb der Rancher seine Älteste hat wegziehen lassen? Nein, es gab noch einen anderen Grund, aber den kannte Patrick Hollister allein.

Jetzt begrüßte er Susan überglücklich und drückte sie an sich. Der harte Mann hatte tatsächlich Mühe, seine Rührungstränen zu verbergen.

Susan warf einen Blick über den Hof.

Da blieb ihr forschendes Auge auf einem Mann haften.

Auf Bill Hogeeter.

Der hagere, sehnige Texaner stand kaum zehn Yards entfernt, hochaufgerichtet, die Hände in den Hüften, die Beine gespreizt. Es war etwas Herausforderndes in dieser Haltung.

Susan strich sich eine dunkle Locke aus der Stirn, dann wandte sie sich ab und ging mit dem Vater auf die Veranda zu, wo ihr Mary entgegengestürmt kam.

Als die drei in der Stube waren, wollte der Rancher wissen, wie es in der Stadt gehe, was die Tante mache, – und doch konnte man aus all seinen zahlreichen Fragen nur die eine Sorge hören: Wie geht es dir selbst, Susan?

Als die beiden Mädchen für einen Augenblick allein waren, fragte Susan: »Wer ist der Mann?«

Mary, die dabei war, die Koffer der Schwester auszupacken, warf den Kopf herum. »Wer?«

»Der große Dunkelhaarige!«

»Der Tex?« platzte Mary los.

Susan zog die feingeschwungenen Brauen zusammen. »Ist er ein Texaner?«

»Magst du diese Leute?«

Susan zog die Schultern hoch. »Ich weiß nicht.«

»Wie kommst du überhaupt auf ihn?« forschte Mary.

»Wie heißt er?«

»Hogeeter, Bill Hogeeter.«

Susan blickte nachdenklich vor sich hin.

Mary beobachtete sie sorgenvoll. »Was hast du, Susan?«

»Ich glaube, ich habe ihn schon einmal gesehen.«

»Ausgeschlossen. Er kommt vom Brazos herauf.«

»Trotzdem, ich muß dieses Gesicht schon einmal gesehen haben.«

Mary verstaute die Blusen und Kleider im Schrank. Dann ging sie zur Tür.

Ein Ruf der Schwester hielt sie zurück. »Ist was mit ihm?«

»Mit wem?« fragte Mary, ohne sich umzudrehen.

»Mit Hogeeter?«

»Nein, nicht.« Mary ging hinaus.

Susan ließ sich auf den Bettrand nieder und sann vor sich hin.

Nach dem Abendbrot bat Susan die Schwester, sie noch auf einem kleinen Spaziergang zu begleiten.

Mary schützte Kopfschmerzen vor und ging auf ihr Zimmer.

»Was hat sie heute nur?« brummte der Rancher. »Sie ist den ganzen Tag schon so merkwürdig.«

Da sagte Susan halblaut: »Vielleicht ist sie verliebt.«

»Verliebt?« Der Rancher lachte dröhnend. »In wen soll das Küken denn verliebt sein, he?«

»In einen deiner Männer vielleicht.«

Hollister lachte noch lauter. »In einen meiner Cowboys? Oh, Susan, du bist zu lange weg gewesen, sonst könntest du nicht auf einen so verrückten Gedanken kommen. Die Burschen, die hier Sattelarbeit leisten, sind allesamt nichts für Mary. Sie ist klein, zierlich und stolz. Und die Männer sind rauhe, wilde Burschen, stumpfsinnig, mit ihren Gäulen verwachsen...«

»Und der Texaner?« unterbrach Susan.

Das Lachen im Gesicht des Ranchers erstarb. »Hogeeter? Bist du verrückt?« stieß er heiser hervor.

Susan zog die Schultern hoch und stützte ihr schönes ovalgeschnittenes Gesicht in beide Hände.

»Aber das ist ja Unsinn, Susan. Deine Schwester haßt den Burschen, wie ihn jeder auf der Ranch haßt.«

»Weshalb haßt ihr ihn denn?«

»Weil... weil...«

Susan blickte den Vater verblüfft an. »Ihr haßt den Mann und wißt nicht weshalb?«