Wyatt Earp 277 – Western - William Mark - E-Book

Wyatt Earp 277 – Western E-Book

William Mark

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Beschreibung

"Vor seinem Colt hatte selbst der Teufel Respekt!" (Mark Twain) Der Lieblingssatz des berühmten US Marshals: "Abenteuer? Ich habe sie nie gesucht. Weiß der Teufel wie es kam, dass sie immer dort waren, wohin ich ritt." Diese Romane müssen Sie als Western-Fan einfach lesen! Ein glühender Wind strich von den Tyler Hills in das Tal des Crookes Creek hinunter. Unter dem weitvorspringenden Verandadach des Ranchhauses stand ein hagerer, mittelgroßer Mann mit verbittertem Gesicht, strähnigem Grauhaar und schiefergrauen Augen. Er trug ein dunkles Kattunhemd, das über der Brust offenstand, sandfarbene Austinhosen und einen mißfarbenen durchschwitzten Hut. Die erdbraunen, behaarten Hände hatte er in die Hüften über den alten Waffengurt gestützt. Es war der 4. Juli 1877. Der Rancher John Mead wartete auf seinen Sohn Larry, der nach Dodge geritten war und eigentlich längst zurück hätte sein müssen. Plötzlich hob der Mann auf der Veranda die Hand und beschattete seine Augen. In der Ferne des Flußtales tauchte ein winziger Punkt auf, in dem das scharfe Auge des Viehzüchters einen Reiter erkannte. Eine Viertelstunde später erreichte der junge Mead auf schweißnassem Pferd den Ranchhof. Vor der Veranda rutschte er aus dem Sattel, führte den müden Braunen an einen schattigen Platz zur Tränke und kam mit hölzernen Schritten auf die Veranda zu. Mit zusammengezogenen Brauen musterte der Rancher seinen Sohn. Er sagte jedoch nichts. Harry war ein weißblonder, hoch aufgeschossener Bursche mit frischem Gesicht und breiten Schultern. Langsam kam er auf die Veranda und blieb neben dem Vater stehen. Seine kantigen Hände legten sich auf das sonnenheiße Geländerholz. »Walker gibt nichts mehr«, sagte er dumpf. Sein Atem ging hastig vom schnellen Ritt. Mead blickte auf die staubbedeckten Stiefel seines Sohnes.

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Wyatt Earp – 277 –

King Bell

William Mark

Ein glühender Wind strich von den Tyler Hills in das Tal des Crookes Creek hinunter.

Unter dem weitvorspringenden Verandadach des Ranchhauses stand ein hagerer, mittelgroßer Mann mit verbittertem Gesicht, strähnigem Grauhaar und schiefergrauen Augen. Er trug ein dunkles Kattunhemd, das über der Brust offenstand, sandfarbene Austinhosen und einen mißfarbenen durchschwitzten Hut. Die erdbraunen, behaarten Hände hatte er in die Hüften über den alten Waffengurt gestützt.

Es war der 4. Juli 1877.

Der Rancher John Mead wartete auf seinen Sohn Larry, der nach Dodge geritten war und eigentlich längst zurück hätte sein müssen.

Plötzlich hob der Mann auf der Veranda die Hand und beschattete seine Augen.

In der Ferne des Flußtales tauchte ein winziger Punkt auf, in dem das scharfe Auge des Viehzüchters einen Reiter erkannte.

Eine Viertelstunde später erreichte der junge Mead auf schweißnassem Pferd den Ranchhof.

Vor der Veranda rutschte er aus dem Sattel, führte den müden Braunen an einen schattigen Platz zur Tränke und kam mit hölzernen Schritten auf die Veranda zu.

Mit zusammengezogenen Brauen musterte der Rancher seinen Sohn. Er sagte jedoch nichts.

Harry war ein weißblonder, hoch aufgeschossener Bursche mit frischem Gesicht und breiten Schultern. Langsam kam er auf die Veranda und blieb neben dem Vater stehen. Seine kantigen Hände legten sich auf das sonnenheiße Geländerholz. »Walker gibt nichts mehr«, sagte er dumpf. Sein Atem ging hastig vom schnellen Ritt.

Mead blickte auf die staubbedeckten Stiefel seines Sohnes. »Warst du nicht bei Marlowe?« fragte er rauh.

»Doch, bei ihm und bei Cattwell. Aber sie wollen alle nichts geben…«

»Und?« fragte der Rancher.

Der Bursche hob die Schultern und ließ sie resigniert wieder fallen. »Es ist aus, Vater. Zwei Dürrezeiten hat es in Kansas noch nicht gegeben. Die Banken haben das Geld in bessere Ranchen gesteckt. Sie haben Hattaway oben im Norden gestützt, sogar Walker hat Geld aufgenommen, Barby und O’Connor. Da bleibt für so kleine Krauter wie wir es sind nichts mehr.«

»Und Bell?«

Larry lachte hart. »Er ist der einzige, der keine Hilfe braucht.«

Der Rancher wischte sich mit seiner großen Hand durch das Gesicht. »Ja, ich weiß…« Nach einer Weile des Schweigens erklärte er: »Ich werde zu Jim Tusco reiten.«

»Ich war bei ihm«, versetzte der Bursche heiser. »Er kann uns nicht helfen – und er kann die Ranch auch nicht übernehmen. Es hat keinen Sinn, daß wir um die Sache herumreden, Vater – Owen Bell wird alles schlucken.«

Der Rancher warf den Kopf herum. »Nein!« stieß er mit belegter Stimme hervor. »Er bekommt weder mein Land, noch mein Vieh, noch die Ranch.«

Larry sah den Vater nachdenklich an. »Was willst du tun?«

»Ich weiß es nicht.«

»Du mußt etwas tun. Wir haben noch fast zweitausend Stück Vieh und sieben

Cowboys, vierzehn Pferde und…«

»… verbranntes Land!« unterbrach ihn der Alte schroff. »Neunzehnhundert abgemagerte, ausgedurstete Longhorns, vierzehn abgetriebene Gäule, sieben unlustige Weidereiter und diese morschen Hütten hier!«

Der Alte wandte sich um und ging ins Haus.

Nach wenigen Minuten kam er mit seiner Weste und seinem Gewehr wieder zurück, überquerte den Hof und ging zum Corral hinüber.

Larry folgte ihm langsam.

Während der Alte seinen Grauen sattelte, stand der Bursche dabei und sah ihm zu. Zorn und Verzweiflung kämpften in seinem noch sehr jungenhaft wirkenden Gesicht. Endlich brach es aus ihm heraus: »Wo willst du hin? Es ist doch alles sinnlos. Wir haben geschuftet wie die Sträflinge in Sescattewa. Wir haben Wassergräben gezogen, Wasser auf die Weide gefahren, das Vieh getränkt. Wir haben nach Brunnen gescharrt und haben immer wieder Vieh verkauft, bis es so aussah wie es jetzt ist. Und der Himmel blieb hart – kein Regen, kein Tropfen. Die Brunnen sind leer. Was hier auf der Ranch ist, reicht kaum für uns und die Pferde. Wir müssen jetzt einsehen, daß wir aufgeben müssen…«

Der Alte fuhr herum und funkelte ihn an. »Was willst du? Soll ich den Rinderstamm verschleudern? Eine Ranch ohne Rinder ist keine Ranch mehr!«

»Eine Weide ohne Wasser ist keine Weide mehr!« versetzte der Junge trotzig.

»Yeah, ich weiß. Aber was soll ich tun? Es gibt keinen Mann im Land, der die ausgemergelten Longhorns nimmt – und wenn, zahlt er mir einen Schandpreis, der nicht einmal reicht, die Schulden zu löschen, die uns die Dürre eingebracht hat. Und wenn ich das Land verkaufe und alles, was mein ist, bleibt uns beiden nicht einmal soviel, daß wir anderwärts auch nur ein Haus und einen Corral davon errichten könnten auf eigenem Boden.«

»Vater«, der Bursche schluckte. »Wir arbeiten zwei Jahre bei den Holzfällern, und dann haben wir wieder so viel, daß wir uns eine kleine Farm kaufen können.«

»Du bist ein Träumer!« fauchte der Alte. »Der Quadratyard kostet heute schon dreimal so viel, wie damals, als ich ihn kaufte. Nur, wenn du Land verkaufen willst,

kriegst du nichts für deinen Boden. Wir schon gar nicht. Verbranntes Land. Was sollen die Leute damit?«

»King Bell…«

Das Gesicht Meads erstarrte zur Maske. »Larry, wenn du noch einmal diesen Namen nennst, schlage ich dich nieder!«

Der Bursche wandte sich ab.

Mit steifen, seltsam müden Bewegungen zog sich der Alte in den Sattel.

Es schnitt dem Burschen ins Herz, als er den bisher so frischen und tatkräftigen Mann so sehen mußte. So alt, zerschlagen und elend.

Als Mead an seinem Sohn vorbeiritt, trat der Bursche ihm noch einmal entgegen und ergriff die Zügelleine des Grauen. »Vater, wo willst du hin?«

»Kämpfen, Larry«, versetzte der Rancher grob. »Ich werde nichts anderes tun, als was ich mein ganzes Leben getan habe: kämpfen. Damals habe ich mit den Osagen gekämpft, dann mit den weißen Banditen, dann mit Viehdieben und dann mit der Dürre. Jetzt werde ich weiterkämpfen!«

»Es ist ein sinnloser Kampf, Vater. Es gibt niemanden mehr, der uns helfen könnte.«

Der Alte hatte die Zügel schon hochgenommen, als er den Jungen hinter sich sagen hörte: »King Bell hat bei Cattwell unsere Schuldpapiere gekauft!«

Der Graue stand. Und der Rancher saß wie aus Stein gemeißelt im Sattel. Er wandte sich erst nach einer halben Minute um. In seinen Augen stand ein harter Glanz. »Was hast du gesagt, Larry?«

»Bell hat unsere Papiere aufgekauft.«

Wie eine Marionette rutschte der grauhaarige, hagere Mann aus dem Sattel und kam staksig auf den Burschen zu. Als sein Mund sich öffnete, sah er aus, als ob ein Gesteinsbrocken zerspränge. »Sag’ das noch mal, Larry«, kam es schneidend von seinen Lippen.

»King Bell hat unsere Papiere gekauft. Du weißt seit langem, daß er unser Land haben will. Nicht die verbrannte Weide, sondern die Berghalde hier, wo unsere Ranch steht. Und den Streifen oben hinter den Hügeln. Er will hier leben, weil es nirgends in der Gegend einen so guten Platz gibt.«

Der Rancher nickte bedächtig. »Dann brauche ich also nicht mehr zu meinem Freund Tusco zu reiten.«

»Nein.«

Mead ließ die Zügelleine, die er noch in der Hand gehalten, fallen und schritt auf den Hof zu.

Larry sattelte den Grauen ab und brachte ihn in den Stall zurück.

*

Als die glühende Hitze gegen Abend etwas nachließ, kamen vier Männer durch das Ranchtor auf den Hof geritten. Hohe, eckige, staubige Gestalten mit ausdruckslosen Gesichtern. Sie rutschten aus den Sätteln, wuschen sich, und bald zog drüben aus dem flachgestreckten Mannschaftsblockhaus Essensgeruch.

Die beiden Meads kamen aus dem Fohlenstall und blieben mitten auf dem Hof am Brunnen stehen, als ein grobschlächtiger Mann in der Bunkhaustür erschien und rief: »Das war der letzte Tag, Boß. Ab morgen reiten wir für King Bell.«

Mead fuhr herum, als habe ihn ein Peitschenschlag getroffen. Mit harten, sporenklirrenden Schritten ging er auf den Mann in der Bunkhaustür zu. »Was hast du gesagt, Ted?«

Der grobknochige Cowboy zog die Brauen zusammen. Er atmete sichtlich auf, als er bemerkte, daß seine Kameraden hinter ihm in der Tür erschienen.

»King Bell hat uns Handgeld gegeben, Boß.«

In den grauen Augen des Ranchers stand ein Flackern. »Du hast dir auch Handgeld geben lassen, Ted?«

Der Vormann nickte unsicher.

»Du auch?« Mead ballte die Fäuste. »Ich sollte dich jetzt vom Ranchhof prügeln. Aber ich werde es nicht tun, weil ich zu müde dazu bin. Aber ich will dir noch etwas sagen: Ihr hattet euer Geld bis zur vergangenen Woche. Wie es um die Ranch steht, wußtet ihr. Wer gehen wollte, hätte es schon eher tun können. Und nun geht ihr alle zusammen. Well, dann aber sofort. – Geht – aber du, Ted Hangar, du gehst auf deinen Stiefeln; denn du hast kein Pferd. Als ich dich in Dodge vor drei Jahren aus dem Gefängnis holte, hattest du auch nicht mehr, als du jetzt hast. Du bist hier Vormann geworden, weil du ein guter Weidereiter bist. Aber du hast dein Geld in die Saloons getragen. Der Pinto bleibt im Corral. Er ist mein. So – hol deine Sachen und verschwinde. Wenn ich dich in einer Viertelstunde noch auf der Ranch sehe, schieße ich dich nieder!«

Der Vormann zog den Kopf ein und wandte sich ab.

Die anderen Cowboys standen wie begossene Hunde vor dem Bunkhaus.

»Und ihr reitet auch, und zwar sofort! In einer halben Stunde will ich keinen Mann mehr auf dem Hof sehen!«

So geschah es.

In der Nacht kamen noch zwei Männer von der Weide, holten ihre restlichen Sachen aus dem Mannschaftshaus und ritten grußlos weg.

Mead und sein Sohn hatten stumm auf der Veranda gestanden.

Als der Hufschlag der beiden Pferde verklungen war, fragte der Rancher, ohne seinen Sohn anzusehen: »Wo bleibt Hal?«

Larry zog die Schultern hoch. »Ich weiß es nicht.«

Der Cowboy Hal Rooney kam nicht.

*

In der Morgenfrühe des nächsten Tages ritt Jonny Mead auf die Weide.

Oben im Corral des Vorwerks stand ein einzelnes geschecktes Pferd.

Die Blockhütte war leer.

Mead warf einen Blick auf die Weide hinüber. Da sah er oben auf einem Hügelkamm einen Mann auf einem Weidepfahl hocken.

Mead ritt hügelan.

Dann hielt er vor dem anderen. Der hatte ein bronzebraunes Gesicht, glimmende Kohleaugen und blauschwarzes Haar, das ihm in harten Strähnen bis auf die Schultern fiel. Trotz der schon zu dieser frühen Stunde herrschenden Bruthitze, trug er eine helle, zerschlissene Lederjacke und lederne, mit Fransen besetzte Hosen. Um die Hüfte trug er einen alten Gurt, der tief über dem rechten Oberschenkel einen uralten schweren Arizona-Colt hielt.

Der Rancher betrachtete den Mann mit starrem Blick. Endlich brach er das Schweigen. »Was sitzt du hier herum?« fragte er rauh.

»Soll ich stehen?« entgegnete der Indianer kalt.

Mead stieß sich den Hut ins Genick und wischte sich mit dem Unterarm über die Stirn. »Hör zu, Hal, du warst schon immer ein eigenartiger Bursche. Und das war immer ganz interessant. Es gibt aber jetzt keinen mehr hier auf der Weide, der das interessant finden könnte. Deine Kameraden sind weg.«

»Ich weiß.«

»Alle, samt dem Vormann.«

Der Indianer nickte.

»Sie haben von King Bell Handgeld genommen, diese Halunken.«

»Yeah, ich weiß es.«

Mead sah den Cowboy mißbilligend an. »Und du, worauf wartest du noch?«

Der Rote hob leicht die Schultern an und ließ sie langsam wieder fallen. »Auf nichts.« Er blickte gleichgültig an seinem Boß vorbei über die flimmernde Weide.

»Es ereignet sich nichts«, erklärte der Rancher rauh. »Der Himmel ist hart, und er wird es bleiben. Larry brachte gestern aus der Stadt eine Zeitung mit. In New York, da soll es regnen. Seit vielen Tagen.«

Der Indianer rührte sich nicht.

»Die haben ja auch Regen nötig«, knurrte Jonny Mead. Dann stopfte er sich eine Pfeife und hielt auch dem Cowboy den Tabaksbeutel hin.

Der lehnte ab.

»Äh«, machte der Rancher und setzte das Kraut in Brand. »Das Ganze ist eine Frage der Zeit, von Tagen nur. Er wird uns auffressen, der große Owen Cecil Bell. Meine Schuldpapiere hat er gekauft. Vorgestern war die Frist der Rückzahlung abgelaufen. Larry hat nichts mehr erreichen können. Wie lange sollten sie uns auch Aufschub geben? Schließlich brauchen sie ja selbst ihr Geld.«

Der alte Mann ließ den Kopf auf die Brust sinken. Er nahm die Pfeife aus dem Mund und sagte leise: »Es gibt nichts mehr zu bewachen, Hal. Gar nichts mehr. Bell hat meine Papiere gekauft. Und es sind ihrer so viele, daß ihm fast alles gehört. Wenn du seine Rinder bewachen willst…«

Der Apache hob den Kopf. In seinen dunklen Perlenaugen blitzte es auf. »Daß er Papier gekauft hat, sagt noch nichts, Rancher. Er war noch nicht hier.«

Mead warf den Kopf hoch. »Was soll das, Hal? Willst du starrsinniger Bursche ihn vielleicht aufhalten?« Der Rancher spürte, daß er eben etwas gesagt hatte, was genau auf ihn zutraf. Er wandte sich ab. Langsam trabte er nach Südosten davon.

Der Indianer sah nicht hinter ihm her. Unverwandt hing sein Blick auf dem Tal, wo die Herde stand.

*

Es vergingen zwei Tage.

Da kamen in der Morgenfrühe des übernächsten Tages sieben Reiter auf den Hof.

Harte, kantige Figuren mit ausdruckslosen Gesichtern. Jeder von ihnen hatte rechts hinten auf der Sattelkante ein metallenes B sitzen. Aber auch ohne dieses Zeichen hätte Jonny Mead gewußt, wer da auf seinen Ranchhof kam.

Vorweg ritt ein untersetzter Mann mit viereckigem, sonnenverbranntem Schädel. Er hatte ein rotes Halstuch um, trug ein verwaschenes blaues Hemd und eine kurze, für seinen gewaltigen Brustkasten viel zu enge Weste aus Tigerfell. An beiden Hüften trug er einen Colt vom Typ Western 44. Sein dunkles Gesicht hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit einem rotbraunen Erdklumpen. Er war hart, irden, starr und verbrannt. Die beiden tigergelben Augen standen zu weit auseinander, was der ohnehin breiten Nase noch mehr Verformung gab. Der Mund war aufgeworfen und das Kinn weit vorgeschoben. Fest spannten sich die beiden klobigen Fäuste um die Zügelleinen.

Diese Mann war Mat Flanagan, der Vormann der Bell-Ranch. Es gab sicher keinen Mann im ganzen County, der diesen Menschen nicht gekannt hätte.

Flanagan war ein steinharter Bursche, der für seinen Boß durch die Hölle ritt, wenn es sein mußte. Weniger aus Gefolgschaftstreue, als aus einer gewissen Trotzigkeit und Starrsinnigkeit heraus. Er war ein gefährlicher Schütze und grausamer Schläger.

Zwei Yards hinter ihm ritt ein seltsamer Mensch. Es war Matt Flanagans glattes Gegenstück. Sehr hoch gewachsen, überschlank, blaßgesichtig, sauber gekleidet in einen hellgrauen St. Louis-Anzug, mit weißem Hemd und schwarzer Samtschleife. Über der Jacke trug er einen Kreuzgurt mit zwei kurzläufigen Parker-Colts. Das Gesicht des Mannes war hart und ausdruckslos. Das Gesicht eines Schießers. Und nichts anderes war Ed McCay.

Die Bell-Crew hatte noch einen Revolvermann dabei. Er ritt rechts hinter dem Vormann. Sein Gesicht war hager und fahl. Er war älter als Ed McCay, hatte kalte, stechende Augen und einen strichdünnen Mund, der von zwei harten Falten an den Enden abgeschirmt war. Auch Percy Logan hätte sein Gewerbe nicht verleugnen können.

Hinter den beiden Schießern ritten drei schielende Burschen, von denen einer aussah wie der andere. Es waren die drei Kentuckys. Seit fünf Jahren ritten sie für Bell, und immer zusammen, Red, Tom und Rory Huster. Einer wie der andere, groß, breit, eckig und wenig sympathisch.

Diesem wirklich einmaligen Kleeblatt folgte ein kleiner rothaariger Kerl mit sichelkrummen Beinen und struppigem rotem Bart. Das war Jimmy Fulham, ein Bursche, dem man seine Rauheit und Gefährlichkeit nicht so ohne weiteres ansah.

Fulham blieb am Hoftor stehen, gewissermaßen als Rückendeckung. Die beiden Revolverschwinger hielten sich seitlich hinter dem Vormann. Und das schielende Kleeblatt füllte die Mitte aus. Ein guteingespieltes Team, zweifelsohne.

Der Rancher stand oben vor der Treppe, die von der Veranda in den Hof führte.

Hinter dem Rancher stand Sammy, der ebenholzfarbene Riese, der bisher auf der Ranch all das getan hatte, wozu sonst niemand Lust verspürte.

Flanagan hielt seinen Grauschimmel vor der Treppe an. Er blickte an Larry vorbei und richtete seine kalten Luchsaugen auf Mead. »Hallo, Mead!«

Der Rancher tippte mit dem rechten Zeigefinger an den Hutrand.

Ohne Umschweife begann der Vormann: »Ich dachte, Sie hätten den Laden schon geräumt, Mead.«

Der Rancher zog die eisgrauen Brauen finster zusammen. »Was soll das heißen?«

»Stellen Sie sich doch nicht dumm, Mead. Der Boß schickt mich. Ich soll sehen, ob hier alles runter ist, was nicht mehr hergehört. Schließlich gehört die Ranch jetzt ihm.«

Mead schob die Hände in den Waffengurt und reckte sich hoch auf. »Hör genau zu, Flanagan, was ich dir sage: diese Ranch gehört mir. Und wenn dein Boß so viel Papiere kauft, wie er will. Er muß zu mir kommen und sagen, was er für die Papiere haben will. Diese Schuldbriefe sind noch keine Besitzerurkunde. Darauf kann er nur Geld haben wollen.«

Flanagan hatte plötzlich eine steile Falte in seiner niedrigen Stirn. »Sie machen Ärger, Mead? Ich dachte mir schon so was. Aber das hilft ihnen nichts, absolut nichts. Es kommt doch auf das gleiche heraus, ob Mister Bell nun die Papiere hat oder das Besitzzeugnis. Sie können doch nicht zahlen.«

Mead hob plötzlich den rechten Arm. »Verschwindet von meinem Hof! Aber schnell!« Es klang rostig und heiser.

Flanagan nahm die Schultern hoch. »All right, Mead, wir kommen wieder. Und zwar morgen. Und dann sind Sie weg, sonst helfen wir nach.«

Er machte kehrt. Seine Leute folgten ihm.

Als letzter ritt Ed McCay durchs Hoftor. Er warf Larry einen langen, kalten Blick zu und setzte seinen knochigen Gaul in Trab.

Der Rancher stieß den Fuß hart auf die schweren Bohlen des Vorbaues auf. »Verdammte Brut!« zischte er.

Larry schüttelte den Kopf. »Ich verstehe dich nicht, Vater. Wir sind erledigt. Und wenn wir uns damit nicht abfinden können, sind wir sogar verloren. King Bell hat sämtliche Scheine, ich habe es geahnt. Morgen kommen seine Banditen zurück und räuchern uns hier mit Gewalt aus.«

Der Alte hämmerte mit seiner groben Faust gegen einen Vorbaupfeiler, daß das ganze Verandadach erzitterte. »Ehe ich den Hof verlasse, sterbe ich. Ich habe ihn aufgebaut, habe das Holz über viele Meilen zusammen mit deiner Mutter und einem alten Gaul hergeschleppt. Die Osagen haben das Haus angezündet. Wir haben es wieder aufgebaut. Und sie haben es wieder angezündet. Und wir haben es ein drittes Mal aufbauen müssen. Dreimal haben weiße Banditen die Scheune niedergebrannt, den Stall angezündet und unser Haus mit einem Hagel von Schüssen beharkt – wir sind geblieben…«

Larry winkte ab. »Ich weiß das doch alles, Vater. Aber diesmal ist es anders. Wir haben Pech gehabt, verdammtes, höllisches Pech. Die Dürreperioden haben uns den Atem abgeschnürt. Wir haben zweimal Geld aufgenommen. Wir können weder das erste zurückzahlen noch das zweite Geld. Wir haben überall Schulden. Wir müssen aufgeben – das ist keine Schande…«

»Schweig!« donnerte der Alte, und seine grauen Augen spien Blitze. »Wenn du gehen willst, dann geh! Niemand wird dich halten. Sie sind ja alle gegangen.«

Der Rancher wandte sich um und sah in die großen Augen des Negers. »Und du

gehst auch!« brüllte er.

Der Schwarze senkte ergeben den Kopf.

»Wir geben das Vieh bei Tusco ab. Er kann es besser halten. Und wenn wir nach zwei Jahren wiederkommen, kann er mit uns abrechnen…« Larry schob sich eine braune Zigarette zwischen die Lippen, während er das sagte.

Der Rancher wirbelte herum. »Nichts tun wir. Verstehst du? Überhaupt nichts! Kein Stück Vieh wird weggetrieben!«

»Dann bleib hier und stirb auf deiner dürren Weide!« fauchte Larry und ging zum Stall hinüber.

Ein stiller, glühendheißer Tag zog über die alte Mead Ranch.

Am Abend kam Larry in die Wohnstube. Er trank eine Tasse mit kaltem Kaffee, stopfte ein faustdickes Stück Brot mit Käse in sich hinein und blieb dann vor dem Vater stehen. »Ich reite jetzt.«

»Ja, ich weiß, leb wohl!« knurrte Mead.

Larry nahm den Hut ab. »Komm mit, Vater. Vielleicht ist Hal noch oben auf der Weide. Zusammen mit Sammy und uns beiden können wir das Vieh…«

John Mead sprang auf, der schwere Tisch stürzte polternd um. »Nichts tun wir. Weder ich noch du. Du gehst, wie sie alle gegangen sind. Und Sammy geht auch. Hal…«, der Alte lachte hart auf, »träumst du, daß er verrrückt ist und oben in der Hitze hockt? Seit drei Tagen hat ihm niemand was zu essen gebracht. Er ist längst nach Arizona unterwegs. Die Freunde von Cochise haben für einen Neffen des großen Häuptlings immer noch irgendwo ein kleines Zelt frei.«

Larry preßte die Luft durch die Nase und hielt dem Alten die ausgestreckte Rechte hin. »Well, dann gehe ich allein. Aber ich sage dir noch einmal, daß wir einen Teil der Herde hätten retten können, wenn du vernünftig gewesen wärst. So verlieren wir alles. Und wenn du King Bell Widerstand entgegensetzt, stampft er dich ebenso in den Boden, wie er es mit den Small-Ranchern und den Farmern um

Dodge gemacht hat.«

»Ich bin kein Farmer. Ich bin Rancher John Mead! Vergiß das nicht und…«

Larry streckte ihm die Hand wieder hin. »So long, Vater.«

Der Rancher übersah die Hand, wandte sich um und ging hinaus.

Larry verließ die Stube.

Draußen auf der Veranda lehnte neben der Tür der Schwarze.

Larry wollte an ihm vorbei, besann sich dann aber doch, wandte sich um und hielt dem treuen schwarzen Mann die Hand hin.

Stumm drückte der Neger sie.

Dann ritt Larry vom Hof.

Mit harten Augen stand der Rancher am Fenster und blickte hinter ihm drein. Die Frau war bei seiner Geburt gestorben. Und als er damals vor Verzweiflung weggehen wollte, hatte der alte Marl Vaugham, einer der Cowboys, gemeint: »Das ist doch Unsinn, Boß. Das Leben geht weiter – und Larry bleibt doch nicht so klein.«

Da war er geblieben. Nur für den Jungen hatte er gelebt. Geschuftet hatte er, damit alles weiterging. Das Loch, das der Tod der Frau gerissen hatte, war größer gewesen, als es irgend jemand vorher geahnt hätte.

Aber Mead hatte durchgehalten.