XXL-LESEPROBE: Bart - Deutscher Meister - Stephanie Bart - kostenlos E-Book

XXL-LESEPROBE: Bart - Deutscher Meister E-Book

Stephanie Bart

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Beschreibung

Werfen Sie einen ersten Blick in Stephanie Barts Roman "Deutscher Meister". Diese XXL-Leseprobe zu "Deutscher Meister" enthält neben einer längeren Passage des Buches ein exklusives Interview mit der Autorin.

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Seitenzahl: 31

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Stephanie Bart

Deutscher Meister

XXL-Leseprobe

Hoffmann und Campe

Leseprobe

Die Flanke

»Was ziehstn morgen zu Trollmann an?«

»Das Weiße mit den Kirschen drauf. Und du?«

»Die neuen Pumps – und sonst nüscht!«

Wie ein Gummiball treppab federte Trollmann die drei Stufen zum Ring hinauf. Legte im Sprung seine Rechte auf die Halterung des obersten Seils. Berührte noch einmal mit beiden Füßen den Boden. Das Publikum setzte ein, Trollmanns berühmte Flanke über das brusthohe Seil in den Ring mit einem jubelnden »Juhuu« zu begleiten. Noch lauter als sonst schrien die beiden Verkäuferinnen der Bäckerei Brätzke, Henriette Kurzbein im Weißen mit den Kirschen drauf und Maria Plaschnikow, die nun doch etwas mehr am Leibe trug als ihre neuen Pumps. Trollmann schien der Schwerkraft eine Nase zu drehen. Ging, als er noch einmal mit beiden Füßen den Boden berührte, leicht in die Knie. Ließ den Impuls mit einem lockeren Einatmen aus der Hüfte kommen. Schnellte nach oben. Warf die Beine hinauf, das rechte vorweg, das linke hinterher. Schwang gegenläufig, wie ein Vogel den Flügel, seinen linken Arm. Platzierte den Körperschwerpunkt genau über der aufgestützten Hand. Schwebte auf das kreischende »Huu« des Publikums fast waagrecht in der Luft über dem Seil. Sah in die Überdachung des Freiluftrings und sah vor seinem inneren Auge den makellosen, gewittergereinigten Juniabendhimmel. War kinderleicht und fühlte sich getragen von Tausenden hochgeworfener Arme, die Schweißflecken auf Herrenhemden und nackte Damenachseln freilegten und Brüste sich heben ließen. Wurde begrüßt durch ein wogendes Meer von Victory-Vs und geballten Fäusten, die sich nun öffneten, um zu klatschen wie wild.

Der kann den Zirkus nicht lassen, und: Die sind alle für ihn, und: Elastisch isser ja, ging es Trollmanns Gegner Adolf Witt durch den Kopf. Witt war zuerst in den Ring gerufen worden. Seine Sekundanten hatten sich vorsorglich abgewandt. Der Ringsprecher lächelte böse. In den Augen des Ringrichters stritten Neid und Bewunderung um die Oberhand. Am Fuße des Rings gaben sich die Punktrichter Mühe, durch den fliegenden Trollmann hindurchzusehen, und blieben doch mit den Augen an seinem Körper hängen. Ärger und Wut ergriffen den Ersten Vorsitzenden des Verbands Deutscher Faustkämpfer: Affentheater! Unwürdig!! Am meisten schlauchte ihn, dass der Zigeuner das ganze Publikum für sich hatte. Warts nur ab. Nun war zwar amtlicherseits die Rassenfrage noch nicht zweifelsfrei geklärt, es konnte mithin noch nicht ausgeschlossen werden, dass Zigeuner nicht doch auch Arier waren, aber für solche wissenschaftlichen Feinsinnigkeiten fehlte dem Ersten Vorsitzenden nicht nur das Interesse, sondern auch die Zeit. Er glaubte, was er sehen wollte: Der Zigeuner war ja von der Farbe her so gut wie eins mit dem Neger. Wortlos und in seltener Eintracht tauschte der Erste Vorsitzende des Verbands Deutscher Faustkämpfer mit dem Präsidenten der Boxsportbehörde Deutschlands einen Blick: Unter aller Kanone, dieser Trollmann. Damit standen die beiden Herren allerdings auf einsamem Posten. Ein paar SA-Leute mussten sich von ihren Kameraden die Ellenbogen in die Rippen jagen lassen, weil sie nun an der falschen Stelle klatschten. SA-Mann Willi Radzuweit rempelte zurück: »Mach du mir erst mal so ne Flanke vor, dann kannste mir in Zukunft auch sagen, bei wem ich klatschen soll und bei wem nich!«

Trollmann indessen vollendete seine Flanke. Während des Aufwärtsschwungs hatte sich der mit Absicht nur lose ineinandergelegte Gürtel seines dunkelroten, paisleygemusterten Mantels aus reiner Seide gelöst. Der weichfließende Stoff wehte über das Hindernis hinweg in den Ring hinein wie die Fahne einer siegenden Revolution. Trollmann, nichts weiter als seinem eigenen Schwunge folgend, überflog das oberste Seil. Drehte auf dem Zenit der Flanke die Hüfte in den Ring. Ließ auf dem Übergang des schreienden Publikums vom »Ju« zum »huu« den Körperschwerpunkt hinübergleiten. Man hätte nicht sagen können, ob das Schreien den Körper steuerte oder ihm folgte: Vereinigt waren die Menschen, hatten Bäckereien, SA