Yonder-Diskurs - Kim Impala - E-Book

Yonder-Diskurs E-Book

Kim Impala

0,0
15,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein Jahr lang verfolgen wir den Protagonisten mit wechselnder Perspektive durch die Arbeitswelt im Groß-Konzern. Dessen charakteristischen Herausforderungen – überbordende Arbeitslast und drastische Machtstrukturen – entfalten sich im Zuge der Erzählung zum sozialpsychologischen Irrweg durch Hoffnung, Wut und Leidenschaft. Zunächst eifrig und von hoher Identifikation mit der Konzernwelt mobilisiert, klettert der Akteur erfolgreich die Karriereleiter empor. Doch der absurde interne Druck wird unerträglich, und zunehmend zerbricht er an der Aggression seines Chefs und den verworrenen Fängen im Konzern. Empört wendet sich der einst so Engagierte schließlich ab und beginnt seinen geballten Diskurs. Eine Ode an die gesunde Unternehmenskultur mit schmerzhaft nachvollziehbaren Einblicken ins Gegenteil.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 99

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2024 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-7116-0037-0

ISBN e-book: 978-3-7116-0038-7

Lektorat: Anna Skalsky

Umschlagfoto: Alphaspirit | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

FEBRUAR

ICH

Der Blick nach vorn. Diffuse Bilder wollen sich auftun, doch niemals sind sie wahr. Wäre ich imstande gewesen, den heroisch explosiven Weg zu begreifen, den ich beschreiten sollte, wer weiß, ob ich ihn gegangen wäre.

Er führte mich durch menschliches Dickicht, über erklommene Gipfel, in Krater der Macht. Meine Reise war voll des Eroberns, des Lernens, des Wachstums, bis eine Persönlichkeit aus mir heraus gereift war, die zu werden mich selbst überraschte.

Eine Dekade lang nahm ich aus dem Konzerngetriebe die Fundamente von zielorientierter Arbeit mit, worauf im nächsten Jahrzehnt ein Palast in anderem Umfeld entstand, selbstbewusst und kühn entsprang er meiner Kraft. Der Mensch im Mittelpunkt scharfer Beobachtung lehrte mich achtsamen Umgang und Konzentration, begleitete mein kompetentes Schaffen von Strukturen und verhalf mir zum persönlichen Triumph.

Beim Blick nach vorn war mir nichts davon klar.

Erst galt es, die Arbeit im Konzern anzupacken, den Sisyphus-Feldzug gegen eine unbesiegbare Maschinerie anzutreten, Niederlagen wegzustecken, mich im System zu behaupten, zu wachsen, abzuhärten, der Unterwerfung zu trotzen.

Lange hielt ich mich auf Nebenschauplätzen auf, in zugigen Schleusengängen, in Rudelhöhlen voller Gebrüll und in bunten Manegen.

Es sollte eine geraume Weile dauern, bis all das einen größeren Sinn ergab und die Erkenntnis zeugte, dass jegliches Erleben Teil meines Reifens war. Herauswachsen aus klammer Suche, aus verlorener Gleitsicht, aus der herben Lebensgischt, herausfinden aus dem Labyrinth von Schattenwelten war mein Wille, zerrte an mir. Um dorthin zu gelangen, wo ein nicht gezähmter Schauder der unbändigen Freude wich.

Einer Freude am Dasein, am Erringen, an der Klärung verschlüsselter Codes.

SIE

Projekte leiten heißt unzählige Entscheidungen treffen. Aus dem Bauch heraus, aus dem Ratio. Als Grundlage genügt ein gesundes Gespür für den Sachverhalt, für Menschen, für Prioritäten. Einsatzbereitschaft braucht es, enorm viel davon, kein Projekt gelingt ohne Hang zur starken alles niederrollenderreichenwollendkonsequenthartnäckigen Durchsetzungskraft!

Projekte leiten heißt, sich auszuliefern, oh ja, sich hinzugeben, sich einzulassen. Handlungen setzen, die richtige Reihenfolge abschätzen, das Team umsorgen und höchste Transparenz ermöglichen. In keiner Schule erlernbar, in keinem Intensiv-Programm, wenn die Gabe zum Alle-Schritte-Überschauen bis hin zum Fernen-Ziel-Abstrahieren und zum Daraus-die-richtigen Schlüsse Ziehen fehlt. Jedes Projekt bringt Anreiz, bringt Erfolgserlebnis, bringt Hader, bringt Konflikt, bringt ein Sich-Überschlagen von Ereignissen, in jedem Projekt liegt die Hölle, aber auch umwerfender Erfolg. Geh ran und mach es, denke fünfmal nach und gehe auf Menschen zu, forme das Team und rede mit ihnen, packt gemeinsam an, Schritt für Schritt, und arbeitet euch durch, wie Maulwürfe durch den Humus im Feld. Grabt Tunnel, lernt fliegen, beseelt eure Brust mit der Herrlichkeit des nächsten angestrebten Meilensteins – und erreicht ihn, diesen Stein, denn er wird euch schwer im Magen liegen, bis er richtig gelagert ist, um ein Fundament zu schaffen für den darauffolgenden Wurf. Das Ziel ist fern und glüht und pocht, verschwindet manchmal und taucht woanders wieder auf, wie eine Fata Morgana im Büro-Dschungelbuch. Ein Projekt formt und nimmt und gibt und vor allem fordert es heraus, mit Zähnen und Händen und Geistesblitzen schließlich kühn aufgerichtet zu sein. In mannigfacher Ambivalenz reizt es, angepackt zu werden, um sich zu spiegeln als Himmelslohn, als Seelenheil, als Goldregen zu guter Letzt. Wer ein Projekt gemeistert hat, weiß, wie sich das Erringen anfühlt, das Ringen und sich Durchringen und die Qual nebst dem Erfolg.

Projekte leiten heißt wissen müssen, was getan werden muss, heißt, sie alle zusammenzurotten, die einen Beitrag leisten, sie dabei zu haben und wach zu halten. Sorgfalt und Sorgenfalten und manchmal ein freies Gelächter, wurmstichiges Vorgehen und ein Korrektur-Marathon, ein Hürdenrennen im Spießrutenlauf, nein, ein Staffellauf mit zu schweren Terminen, das Zusammenbrechen-wollen und schockiertes Atmen, ein Sich-wieder-Aufrichten und Um-sich-Schauen mit klarem Blick, heftiges Sich-Zusammenreißen, wollender Wille und bärenstarkes Dirigieren, bis der mächtige Akkord doch noch schallend erklingt.

Projekte leiten heißt leben wollen, heißt auch, aufgeben wollen, sein Leben zwischendurch, heißt, überleben zum Schluss, wenn das Projekt endlich, endlich, endlich erfolgreich abgeschlossen werden kann. Doch wehe, die Winde drehen sich und oft genug fangt ihr wieder von vorne an. Projekte leiten heißt, kaum einen geraden Pfad zu gehen.

Seid Meister im Sich-in-Kurven-legen-Können und wahrt euren Mut.

Dann wird ein Projekt vielleicht doch gelingen – zuletzt.

ER

Du sitzt vor ihm und lässt seinen Monolog über dich ergehen, als er dir den High-Potential-Status entzieht. Du zuckst nicht mit der Wimper und schon gar nicht zusammen, du sagst nichts dazu. Wie wohl ihn dein Schweigen irritiert, fährt er fort, seine Enttäuschung auszudrücken: Über dein Unvermögen, dein vermeintliches Versagen, auch wenn er es nicht in dieser Form sagt. Da hast du im Herbst Bestmögliches aus deinem Team herausgeholt, da hast du sie gefördert und motiviert, dass sie trotz Engpässen allerorts und jederzeit, trotz eines riesigen Zuviels an Aufgaben eine großartige Leistung erbrachten – aber nicht Anerkennung wird ihnen oder dir zuteil, sondern Abwertung und dies harte Urteil: „Es war nicht genug.“ Und du weißt auch warum: Deine sperrige Haltung in diesen letzten Monaten, dein unermesslicher Kampf um Menschlichkeit und gegen jeden mentalen Peitschenhieb, dein starrköpfiges Aufbegehren und dein Widerstand, der den Groll deines Chefs zu Flammen angeheizt hat, dein himmelschreiender innerer Konflikt, vor dem Management bestehen zu wollen, versus deinem Team eine faire Führungskraft zu sein – dies alles hat dich hinuntergezerrt in einen persönlichen Abgrund, was dein Vorgesetzter nun verhöhnt und mit Degradierung ahndet, anstatt einmal, ein einziges Mal!, bei sich selbst die Gründe zu suchen.

Du sitzt aufrecht vor ihm und musst schweigend ertragen, wie er dir diesen informellen Rang des High-Potentials herrisch aberkennt. Doch in dir drinnen regt sich nichts – keine Enttäuschung, kein Zorn, keine Empörung, keine Traurigkeit – nichts. In dir ist eine große Leere. Ein innerer Mund bleibt dir offen stehen. Ein verständnisloses Kopfschütteln ob dieser Wende. Mag sein: Aus der Perspektive einer Karriere ist dieser Rückstoß wohl gar nicht ungerecht, denn in einem Konzern wie diesem kannst du nur als beförderungswürdig gelten, wenn du nach vorwärts blickst und solch sentimentale Gebärden, wie für ein Team einzutreten, überheblich abzuschütteln weißt. Das jedoch willst du auf gar keinen Fall und könntest es auch nicht. Deine Vision von Führung ist eine völlig andere als ihre, ist geprägt von wohlwollender, positiver Haltung, die du lebst, für die du dich einsetzt, die du für richtig hältst, mit der du authentisch und erfolgreich bist.

Doch wird es noch lange dauern, bis du begreifst, dass eine Karriere in diesem Unternehmen genau deswegen für dich schier unmöglich ist. Aufgrund deines hohen Anspruchs an menschlichen Werten kannst du von vornherein nicht akzeptieren, was einem Manager auf höherer Stufe abverlangt wird.

Als dir dein Chef da diesen vielversprechenden Status entzieht, deinen Namen also aus der Karriereleiterliste tilgt, weißt du noch nicht, dass du Monate später ohnehin deine Kündigung beschließen wirst, im Verborgenen selbstredend, schweigend und starr. Noch ahnst du nichts von deinem künftigen Weg. Jetzt aber bist du gelassen, ruhig, resigniert zwar, aber erstaunlich gefasst. Du sagst nichts. Gar nichts, sagst du. Nein, nichts. Unlängst noch hättest du aufbegehrt bei einer solch herablassenden Bewertung, trotz inhaltlicher Glanzleistung plötzlich nicht mehr geschätzt zu werden. Du hättest diskutiert, argumentiert und dich völlig verausgabt im Streit mit deinem Chef, nicht gewillt, diese Ungerechtigkeit zu akzeptieren. Jetzt bist du ganz ruhig, fühlst dich sogar überlegen und blickst von innen auf deinen Chef herab. Fühlst dich erhaben seines Urteils, denn: Was weiß er denn schon von dir? Vermag er doch nicht mal eure Erfolge zu sichten oder gar positiv anzuerkennen. Du machst dir nichts mehr aus seinem verzerrten Urteilsvermögen, es prallt heute völlig an dir ab. Was kümmert dich ein High-Potential, wenn er dein Licht ohnehin stets unter den Scheffel stellt? Du lässt ihn reden, zeigst dich gefügig und sagst dazu kein einziges Wort. Irritiert ist er da und vielleicht doch plötzlich im Zweifel. Doch natürlich gibt es kein Zurück.

WIR

Gebt mir die Chance zu begreifen: Wo liegt die Grenze, was immer noch geht?

Neues verlangt. Heißt den Fokus ändern? Heißt priorisieren, heißt alles neu.

Doch zusätzlich? Zusätzlich? Schon elf Stunden da, nicht nur ich, auch sie.

Schlüsselpersonen, denen immer Neues aufgebürdet wird. Die nichts abgeben können, an wen denn schon?

Gebt mir die Chance zu begreifen: Wo liegt die Grenze, was schließlich noch geht?

Erzeugt Druck. Zu viel Druck. Noch mehr Druck.

Aus Druck wird Überlastung, wird Beklemmung, wird Benommenheit, wird Mutlosigkeit, wird Aggression, wird Enttäuschung, wird Demotivation, wird Lethargie, wird innere Kündigung.

Gebt ihnen die Grenze, wo es aufhört!

MÄRZ

ICH

Es gab eine Zeit, wenige Monate nur, da war alles perfekt. So beschwingt fühlte ich mich da, so voll strotzender Kraft! Mein Team war verdoppelt, meine Verantwortung stark erweitert und das Vertrauen meines Chefs damit wohl erwirkt. Eine Handvoll Monate bewegte ich mich frohlockend durch die Räume, mit Karrieregeist inspiriert tänzelte ich beschwingt meiner Zukunft entgegen. Alles war vollkommen, tatsächlich: Ich hatte es geschafft, mein Ziel war erreicht.

Die Entbehrungen meiner jungen Jahre wurden entschädigt, lange Jahre verbissener Konzentration belohnt. Belohnt durch einen Job, der da rundum meinen Vorstellungen entsprach. Ein Chef, der mich arbeiten ließ und forderte, eine Schar von dreiunddreißig Mitarbeiter*innen, die mir Vertrauen schenkten und treu ihren Einsatz zeigten. Wie ein Fürst fühlte ich mich! Trotz harter Arbeit, denn diese versiegte nie. Unablässig rannte ich vorwärts, etablierte Prozesse und kümmerte, kümmerte, kümmerte mich, um alles, um jeden, zu jedem Preis. Mein Team leitete ich mit größter Hingabe an, mit höchster Demut, denn ich war durch und durch überzeugt: Sie waren mein Lohn! Für sie lohnte es sich, mich zu fordern, sie sind meine Berufung, mein Erfolg und mein Glück. Die Freude an der Führungsarbeit übertraf zu jener Zeit alles, auch, was in dieser Phase mein privates Leben mir bot.

So geschah es denn, dass ich zu Hochform erblühte, alle Zeit in die Leitung meiner Abteilung investierte, all meinen Elan. Um meine Überzeugung zu leben, die mich stark erfüllte, die mein Wirken in einen Höhenflug hob, einen Gewinn, eine wundersame Kettenreaktion an Teamgeist und Motivation. Mein Instinkt gebar eine rückratstärkende Erkenntnis und machte mich ungemein froh: Ich bin eine gute Führungskraft und habe damit endlich meinen Traum wahrgemacht.

SIE

„Etwas bewegen können“ – welcher Kern liegt in diesem Drang? Da gibt es die einen, die gerne Routine-Arbeit verrichten, die gerne genau beauftragt werden wollen, was zu erledigen ist, was als konkretes Ergebnis vorliegen soll. Diese Menschen verspüren wenig Bedürfnis, etwas „zu bewegen“. Sie fühlen sich zufrieden, ob eine Möglichkeit für eigenständiges Handeln nun geboten wird oder auch nicht.

Und dann gibt es die anderen, die sich engagieren wollen und gestalten. Kreative Menschen, die vernetzt denken, interessierte, die aufblühen, wenn es eines mutigen Schrittes bedarf. Jene sind es, die „etwas bewegen können“, wenn sie es können, soll heißen, wenn das Umfeld sie lässt.

Das Engagement Zweiterer fruchtet und fließt über in einer Organisation, deren Kultur persönliche Kreativität und den freien Willen erlaubt. Dasselbe Engagement wird eingesperrt und zerbricht in einem starren Gefüge, wo das Management keinen Bedarf und keine Zeit signalisiert, geniale Ideen einzelner Geister anzuhören, geschweige denn, diese in Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Derselbe engagierte Mensch, mal hier eingesetzt oder mal dort, erbleicht an der mürben Ohnmacht, nur Handlanger zu sein, oder blüht auf an einer Herausforderung, die er hochmotiviert zu steuern berechtigt ist.

Wo liegt der Unterschied? Was macht diesen aus?

Denken wir uns zunächst in einen internationalen Konzern: Ein Mensch, der etwas bewegen will, wird sehr bald anbeißen an jener Angel, die Karriere verspricht. Was sich dieser dynamische Mitarbeiter erhofft, ist zunehmend mehr