Zebulon - Rudolph Wurlitzer - E-Book

Zebulon E-Book

Rudolph Wurlitzer

3,8

Beschreibung

Zebulon Shook taumelt an der Grenze zwischen Leben und Tod durch einen psychedelischen Western - eine Kugel im Herzen dem letzten Horizont entgegen. Zebulon Shook heißt der Held dieses Western ohne Helden: Nachdem er Lobo Bill im Kampf um eine Frau, halb Irin, halb Indianerin, erschießt, verlässt der abgebrannte Trapper und Fellhändler seine Hütte am Gila-Fluss in New Mexico und zieht Richtung Westen. Sein Weg führt ihn durch ein Land, wo kein Gesetz herrscht und Amerika noch nicht begonnen hat. In einem Bordell trifft er seinen Stiefbruder Hatchet Jack wieder, verliert beim Poker gegen die trickreiche und schöne Hure Delilah, fängt sich eine Kugel ein, und als er tags darauf erwacht, weiß er nicht, ob er noch lebt oder nur ein Geist ist unter Geistern. Auf der Suche nach seinem Vater macht er sich auf nach Kalifornien, wo der Goldrausch Exzesse von Gier und Gewalt feiert, trifft in einer Opiumhöhle Delilah wieder und wird als notorischer Outlaw von den Kräften von Recht und Ordnung gejagt. Schließlich stößt er an die letzte Grenze, wo die Welt endet und etwas anderes beginnt ...

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Ähnliche


Rudolph Wurlitzer

ZEBULON

Roman

Deutsch von Rudolf Hermstein

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek:

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

www.residenzverlag.at

© 2012 Residenz Verlagim Niederösterreichischen PressehausDruck- und Verlagsgesellschaft mbHSt. Pölten – Salzburg – Wien

Alle Urheber- und Leistungsschutzrechte vorbehalten.Keine unerlaubte Vervielfältigung!

ISBN ePub:978-3-7017-4293-6

ISBN Printausgabe:978-3-7017-1596-1

DER WINTER, in dem Zebulon seine Fallen am Gila River aufstellte, war kälter und länger gewesen als jeder, den er bis dahin erlebt hatte, und bescherte ihm zusätzlich zu zwei erfrorenen Zehen und einer Pfeilwunde in der Schulter von einem Crow-Überfall auch noch die überraschende Ankunft zweier kältestarrer Gestalten, die mitten in einem Frühjahrsschneesturm mehr tot als lebendig in seine Hütte gerumpelt kamen.

Der eisige Windstoß von der offenen Tür her weckte ihn nicht, sondern wurde Teil eines wiederkehrenden Traums: ein langer, endloser Sturz durch einen leeren Himmel hinab in ein sturmgepeitschtes Meer … Komm näher, heulten die turmhohen Wogen.

Er schlug die Augen auf und war sich im ersten Moment nicht sicher, ob der Mann und die Frau, die ihn anstarrten, nicht hungrige Geister waren. Ihre Brauen und Nasenlöcher waren eisverkrustet, ihre aufgedunsenen Gesichter wund und rot von der Bäume sprengenden Kälte. Der Mann trug einen Zylinder, den er mit einem langen roten Schal unter seinem bärtigen Kinn festgebunden hatte, und ein Bisonfell voller Eisklumpen. Die Frau schien ein Shoshone-Halbblut zu sein. Sie steckte in einem riesigen Soldatenmantel mit Sergeant-Streifen auf den Schultern und zwei Einschusslöchern auf der Brust.

Der Mann sank auf die Knie, fluchend und würgend vom Qualm des Feuers und dem überwältigenden Gestank aus dem Latrineneimer. Er sprach in einem heiseren Flüstern, als sei ihm der Kehlkopf eingedrückt worden.

»Ich hab schon gedacht, wir sind verratzt, bis das Halbblut mir gesagt hat, dass du am Gila kampierst. Die weiß Sachen, die hat sonst kein Sterblicher parat.«

Der Mann war Lobo Bill, ein alter Trapper und Pferdedieb, berühmt für seine langatmigen Geschichten und seine Tobsuchtsanfälle, mit denen Zebulon in diversen Saloons und Unterkünften von Tularosa bis Cheyenne Bekanntschaft gemacht und vor denen er oft genug die Flucht ergriffen hatte. Als er seinen Zylinder abnahm, zeigte sich, dass sein Gesicht auf einer Seite von der Wange bis zum Kiefer aufgeschlitzt war, als hätte ein Metzger es säuberlich tranchieren wollen.

Lobo Bill nickte zu der Frau hin, die mit dem Rücken zur Wand dastand und Zebulon mit riesigen leeren Augen anschaute. »Die hat’s nicht so mit Wörtern, aber wenn sie doch mal die Klappe aufmacht, verpasst sie dir eins, dass dir Hören und Sehen vergeht. Trotzdem, ich steh in ihrer Schuld. Sie hat mir den Arsch gerettet, wie dieser Vielfraß auf mich los ist. Hat das Vieh in Stücke gehauen und mich gleich mit aufgeschlitzt. Hab sie in Alamosa beim Pokern mit einem Pferdehändler gewonnen. Straight Flush gegen sein Full House. Das Blatt des Jahrhunderts. Sie ist halb Shoshone und halb Irin. ›Nicht-hier-nicht-da‹, so nenn ich sie, und ich kann froh sein, dass ich sie hab, so wie die Dinge dieser Tage nun mal liegen, oder auch nicht, je nachdem, woher der Wind weht, und sogar, wenn er nicht weht.«

Lobo Bill und Nicht-hier-nicht-da zogen sich aus. Als sie aufgetaut waren, warfen sie sich auf den Stapel Bärenfelle neben der Feuerstelle.

Zebulon brachte den Rest der Nacht damit zu, das Feuer zu schüren und aus einer seiner letzten Flaschen Taos White Lightning zu trinken, und dabei wälzte er Erinnerungen an Lobo Bill und all die anderen verrückten Trapper, die er gekannt hatte, daran, was er und sie gewesen waren – oder auch nicht – und was er hätte tun oder sein sollen, je nachdem, ob er es aus dem Tal oder vom Berggipfel aus betrachtete. Nicht dass von den alten Zeiten in den Bergen nichts mehr übrig gewesen wäre, obwohl der Tag mit Sicherheit kommen würde. Es war etwas anderes, das Lobo Bill und sein Halbblut mit hereingebracht hatten, ein Schatten oder ein Geheimnis, etwas Undefinierbares. Vielleicht war es aber auch nur der Anblick der zwei fremden, verlorenen Gestalten, die schnarchend auf seinem Bett lagen.

Als der Morgen dämmerte, legte sich der Wind und mit ihm die meisten seiner Vorahnungen, jedenfalls so weit, dass er neben seinen Gästen einschlafen konnte.

ALS ER AUFWACHTE, spritzte hartes, sprödes Licht gegen die Wände der Hütte. Von Lobo Bill war nichts zu sehen. Als er Nicht-hier-nicht-da fragte, schüttelte sie den Kopf und verdrehte die Augen, und deshalb dachte er, dass Lobo Bill entweder losgezogen war, um seine Maultiere und Fallen zu suchen, oder beschlossen hatte, sich ganz aus dem Staub zu machen. Der Boden war gefegt worden, der Latrineneimer ausgeleert, die Vorräte an Mehl, Tabak, Whiskey, Kaffee und Dörrfleisch säuberlich in einer Ecke gestapelt, und beiderseits der Feuerstelle waren Holzscheite aufgeschichtet.

Die ungewohnte Sauberkeit der Hütte und das mürrische Schweigen von Nicht-hier-nicht-da waren ihm unbehaglich, so als hegte die Frau geheime Gedanken oder, Gott stehe ihm bei, irgendeinen abgefeimten Plan. Sei’s drum, dachte er. Was kommen sollte, würde kommen, ob er wollte oder nicht.

Während sie beide darauf warteten, dass Lobo Bill sich blicken ließ, jagte Zebulon Niederwild und bereitete sich auf das alljährliche Frühlings-Rendezvous vor, indem er die Hunderte von Bisamratten- und Biberfellen zusammentrug und sortierte, die er in den Astgabeln mehrerer Bäume gestapelt hatte.

Nach drei Tagen war Lobo Bill immer noch nicht zurückgekommen. Nicht-hier-nicht-da saß die meiste Zeit auf der Bank vor der Hütte, den Blick starr auf den Fluss gerichtet, in dessen dunkelblauem Eis sich die ersten großen Spalten auftaten. Am Abend vermied sie es, ihn anzusehen, während sie eines der Kaninchen zubereitete, die er geschossen hatte.

Nach dem Essen zog sie sich nicht in die Ecke zurück, die sie zu ihrem Schlafplatz erkoren hatte, sondern setzte sich zu ihm ans Feuer. Mit einem verschmitzten Blick zu ihm hin nahm sie ihm die Flasche Taos White Lightning aus der Hand, trank den Rest aus und ging dann schwankend an ihren Platz.

Nachts wachte er davon auf, dass sie mit ihren langen Fingernägeln blutige Striemen in seinen Bauch und seine Lenden kratzte, und damit hörte sie auch nicht auf, als sie ihn in sich zog und ihre Beine mit aller Gewalt um seine Taille schlang, als wollte sie ihn in der Mitte durchbrechen.

Den Rest der Nacht dirigierte sie ihrer beider rasende Leidenschaft nach ihren eigenen unersättlichen Bedürfnissen. Am Morgen verließ sie die Hütte, ohne ihn anzusehen oder ein Wort zu sagen.

Zwei Tage später kam sie mitten in einem Gewitter zurück. Sie stellte sich vor ihn hin und schaute ihm in die Augen, während er ihr die Kleider auszog, sie rücklings auf den Tisch legte und ihr die Arme über dem Kopf niederdrückte.

Als die Tür aufging, stieß er gerade in sie hinein, als wären sie nie getrennt gewesen. Er merkte, dass Lobo Bill mit erhobenem Beil neben ihnen stand, fand aber, dass er sich auf die gleiche Art verabschieden konnte, wie er gezeugt worden war. Halb und halb genoss er diese Aussicht, und auf jeden Fall würde er den Teufel tun und Lobo Bill die Genugtuung verschaffen, sich zu entschuldigen. Er rammelte noch wilder drauflos und stieß einen langgezogenen Juchzer aus: »Uaaaaaaaaaaa!«

Unter seiner Raserei brach der Tisch zusammen, und sie stürzten beide zu Boden. Lobo Bills Beil verfehlte Zebulons Schädel um einen Fingerbreit und riss ein tiefes Loch in den Bauch von Nicht-hier-nicht-da.

Bevor Lobo Bill reagieren konnte, schnappte sich Zebulon die Pistole aus seinem Gürtel und schoss ihm zwischen die Augen.

Unfähig zu sprechen oder sich zu bewegen, saß er auf dem Boden und sah zu, wie Nicht-hier-nicht-da sich zur Tür hinaus schleppte.

Als er ihr endlich nachging, stand sie nackt auf einer Eisscholle in der Flussmitte und versuchte mit beiden Händen das Blut zurückzuhalten, das aus ihrem Bauch quoll.

»Du hast den einzigen Mann umgebracht, der sich jemals was aus mir gemacht hat«, sagte sie. »Und jetzt hast du auch noch mich umgebracht.«

Es waren die ersten Worte, die er aus ihrem Mund vernahm.

Während die Eisscholle langsam versank und sie flussabwärts trug und das eiskalte schwarze Wasser ihr über Schenkel und Hüften stieg, rief sie ihm noch etwas zu: »Von nun an wirst du wie ein Blinder zwischen den Welten treiben, ohne zu wissen, ob du tot oder lebendig bist, ob die unsichtbare Welt existiert oder ob du träumst. Drei Mal wirst du vor dir selbst verschwinden, und vor allen, die du kennst, und drei Mal wirst du –«

Sie sagte noch etwas, aber er verstand ihre Worte nicht mehr, während sie langsam unter dem Eis versank.

ALS DIE TAGE LÄNGER WURDEN und keilförmige Schwärme von Gänsen und Enten am Himmel erschienen, schnallte Zebulon seine Felle zwei Maultieren auf den Rücken und ritt auf seinem Pferd los. Er war ein hochgewachsener, grobknochiger Mann, der in schmierigen Hirschlederhosen durch die Berge zog, mit verfilztem blondem Haar, das ihm über die Schultern fiel, der knorrige Rumpf von oben bis unten übersät mit Narben von Messer- und Pfeilwunden und von geheimen, unvorstellbaren anderen Verletzungen.

In dem Jahr fand das Rendezvous am Purgatory River statt, am Ausgang eines schmalen, mit Grüppchen von Pappeln und verkümmerten Erlen bestandenen Tals. Als Zebulon mit seinem Pferd auf das weitläufige Lager halb verhungerter Indianer und betrunkener Mountain Men zusteuerte, vertrat ihm eine uralte Arapaho-Squaw den Weg, die einen Zylinder und eine schmutzige braune Decke über einem langen roten Rock trug. In einer Hand hielt sie eine aus einer Wapiti-Geweihstange geschnitzte Kriegskeule, in der anderen eine Rassel. Während er sein Pferd um sie herum lenkte, glitt ein leuchtender Schleier aus rauchigem Licht zitternd ihren Körper hinab. Er musste daran denken, wie Nicht-hiernicht-da ihn mit zornigen, anklagenden Augen angestarrt hatte. Bei näherem Hinsehen löste sich die Gestalt in die einer Mulattin mit hohen Wangenknochen und schließlich in die starre Totenmaske einer weißhaarigen mexikanischen Vettel auf.

Die Arapaho lachte über seine Angst. Sie schüttelte ihre Rassel und umkreiste ihn drei Mal, bis ihm die Sinne schwanden und er kopfüber vom Pferd fiel. Als er sich aus dem Schlamm aufrappelte, war sie verschwunden, als sei sie nie dagewesen.

Er ritt weiter auf das Lager zu, angespornt von langgezogenen Juchzern und Pistolenschüssen der versammelten Trapper, die Vorräte mit Fellen bezahlten, Pferde tauschten, Glücksspiele machten und Händel austrugen. Diesmal würde er die Sau rauslassen, sagte er sich, das hatte er sich verdient, obwohl die knickrigen Agenten der Gesellschaften einem die Vorräte – Whiskey, Kaffee und Schießpulver, unter anderem –, ohne die kein Mountain Man leben konnte, er selbst schon gar nicht, nur für zwei Monate auf Pump verkauften. Und obwohl er wusste, dass sich die Gespräche an den Lagerfeuern nicht mehr darum drehen würden, wer skalpiert worden oder ertrunken war oder wer wem was und warum angetan hatte. Nichts da. An diesem einen Abend war er nicht in der Stimmung, sich das Gejammer über den Niedergang des Pelzhandels anzuhören, über den ausufernden kalifornischen Goldrausch oder über die Massen ignoranter Flachländer, die über die Berge ausschwärmten wie Heuschrecken, oder über die letzten Tage des freien Trappers, das Ende jener Zeiten, als ein Mountain Man reiten konnte, wohin er wollte, und jeden Unfug anstellen durfte, der ihm in den Sinn kam. Eine Lebensweise, die von neuen Drecksnestern und ahnungslosen Greenhorns aus dem Osten immer mehr verdrängt wurde, die vom Einzug der Zivilisation und vom Feiertagsgebot faselten – das zu befolgen zumindest für ihn und seinesgleichen nicht in Frage kam. Nicht mit mir, bekräftigte er. Als einer dieser Verrückten aus den Bergen würde er die Zähne in alles schlagen, was ihm vor die Nase kam, und die Freuden dieses Rendezvous genießen bis zum Umfallen. Komme, was da wolle.

Nachdem er für seine Felle ein zu niedriges Angebot in bar akzeptiert hatte, ließ er sich bis zur Bewusstlosigkeit vollaufen. Vor rauschhafter Begeisterung überschäumend, beteiligte er sich an einem Wettkampf im Tomahawkwerfen, dem sich mehrere Runden Three Card Monte anschlossen, dann eine schnelle Nummer mit einer Pawnee-Squaw und, zusammen mit einem Dutzend anderer Berg-Desperados, eine wüste Massenprügelei in fettem Schlamm, die ein jähes Ende nahm, als ein durchgedrehter Polacke ihm die Unterlippe abbeißen wollte.

»Ein Hurra auf die Berge!«, rief Zebulon, trieb dem Polacken mit einem Faustschlag die Nase halb in den Schädel und trat ihm noch seine letzten paar Zähne aus. Dann torkelten die beiden Männer Arm in Arm zu den anderen Verrückten hinüber, die am Ufer des Hochwasser führenden Purgatory rauchend und trinkend um ein Feuer saßen. Sie soffen die ganze Nacht durch, und der vom Tauwetter angeschwollene Fluss rauschte an ihnen vorbei, während sie schlabberige Bisonkutteln in ihre gut geölten Schlünde stopften, Lieder sangen und die windigen Lügengeschichten eines langen Winters austauschten.

Am nächsten Morgen stampfte er durch einen trommelschlagenden, fiedelkratzenden Fandango und spielte dann Poker auf einer über die gefrorene Erde gebreiteten, zerrissenen Decke. Er gewann mehr, als ihm zustand, wenn man bedachte, dass er nicht in der Lage war, die Zahlen auf den Karten auseinander zu halten.

»Je schlechter, je besser«, schrie er, während er sein Siegerblatt Karte für Karte hinknallte. In früheren Jahren hätte er nicht aufgehört, ehe er nicht seine gesamte Winterausbeute verloren hatte und bei der Fur Company bis über beide Ohren verschuldet war. Das war die Alles-oder-Nichts-Parole, nach der er immer gelebt hatte. Das nächste Jahr kam bestimmt, und wenn sein Beutel endlich leer war und sein Körper zerschunden und zerbrochen, kehrte er in die Berge zurück, um seine Wunden verheilen zu lassen, zu jagen und zu wandern, wohin immer der Wind und seine primitiven Instinkte ihn trieben. Es war ein großartiges, rundum freies Leben, das er für selbstverständlich hielt und von dem er glaubte, es würde nie enden. Doch dieses Jahr war alles anders, und er besaß immerhin noch die Geistesgegenwart, eines seiner Maultiere zu verkaufen und davonzureiten, bevor er ganz mit leeren Händen dastand. Alles hat ein Ende, sagte er sich, während er seine Möglichkeiten erwog. Pferde stehlen und züchten – darin besaß er genügend Geschick und Erfahrung, um sich eine Rinderfarm am Oberlauf des Green zu sichern. Vielleicht konnte er sein Glück auch einmal im kalifornischen Goldrausch versuchen, obwohl diese Massenorgie der Habgier auf seiner Liste ganz unten stand. Eins war jedenfalls sonnenklar: Er wurde nicht jünger; verdammt, er war fast fünfunddreißig – oder gar vierzig? Er hatte nie mitgezählt, und seine Leute hatten sich nie die Mühe gemacht, es ihm zu sagen. Wie auch immer, er fuhr auf einem ramponierten Floß einen Fluss ohne Wiederkehr hinunter und würde früher oder später in die Stromschnellen geraten, wenn er sich nicht bald etwas einfallen ließ. Er konnte oft nicht mehr richtig klar denken, sein Körper war nicht mehr, was er einmal gewesen war, und immer deutlicher spürte er die unheilvolle Gegenwart eines dunklen Schattens, der hinter ihm emporstieg.

Auf dem Rückweg in die Berge wollte er sich den Luxus einer Rast in Panchito gönnen, einer verwahrlosten Siedlung in der Hochwüste, wo er schon öfter Unterschlupf gesucht hatte – mit einem Bauchschuss, auf der Flucht vor kriegerischen Indianern oder nach Pferdediebstählen auf einer der riesigen spanischen Ranches südlich von Santa Fe. Hier konnte er in aller Ruhe einen trinken und bei einer erfahrenen Hure liegen, ohne befürchten zu müssen, dass er eine Kugel in den Rücken verpasst bekam oder beim Poker von Falschspielern ausgenommen wurde.

Zwei Tagesritte vor Panchito kam ein Sturm von Norden herabgefegt, und zweimal wurde er aus dem Sattel geworfen, von eisblauen Hagelschauern, die ihn wie Rasierklingen ins Gesicht schnitten. Da er in dem steinigen Gelände kein Lager aufschlagen konnte, ließ er Pferd und Maultier einfach ohne Halt und ohne jedes Richtungsgefühl weitertrotten. Mehrmals schaute er zurück, als würde er verfolgt, aber nichts regte sich hinter dem schweren Leinenvorhang aus fallendem Schnee. Als er endlich eine geschützte Mulde erreichte, pflockte er das Pferd und das Maultier an, grub sich in eine Schneewehe ein und deckte sich mit einem Bisonfell zu.

Tags darauf flaute der Sturm ab, und er ritt weiter durch hohe Schneewehen, seine Mokassins und Leggings steifgefroren, die Augen des halbtoten Pferdes und des Maultiers mit Eis verkrustet. Am Abend riss die Wolkendecke auf, und er konnte die Sangre de Cristo Mountains sehen, deren kalte zinnoberrote Gipfel ein gewisses Maß an Erlösung versprachen, jedenfalls so viel, dass er weiterstapfen konnte, in Richtung auf Panchito und eine Rast in der billigen Cantina der Stadt.

Die Vorfreude auf Zuflucht endete mit einem dumpfen Grollen, dem eine gewaltige Lawine aus entwurzelten Bäumen, Felsbrocken und Schnee folgte, die ihn vom Pferd riss wie ein Zündholz in einem Wasserfall. Er rannte, überschlug sich, rollte Hals über Kopf am Rand der brodelnden Masse entlang, bis er in einer tiefen Verwehung landete.

Halb bewusstlos lag er mit gespreizten Armen und Beinen auf dem Rücken und wartete auf einen zweiten Ausbruch oder die letzten Nachwehen, je nachdem, was zuerst kommen würde. Er war nicht ungeübt darin, sich der anderen Seite zu stellen, der jornada del muerto, wie man den Tod südlich der Grenze nannte. Es hatte andere Zeiten gegeben: Als er sich in einem Schneesturm verirrt hatte und beinahe erfroren war, mehr als einmal in einer Saloon-Schießerei verwundet, von Apachen auf dem Kriegspfad beinahe skalpiert wurde oder kopfüber von einem Felsen gestürzt war, um nur einiges zu nennen.

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als eine zweite Lawine herabstürzte, mit einem Donnern, als sei ein Staudamm gebrochen. Nach vorn geschleudert, mehr tot als lebendig, kroch er auf eine kleine Lichtung inmitten von Fichten und Riesen-Lebensbäumen, wo es ihm gelang, aus herabgefallenen Ästen notdürftig einen Wigwam zu bauen.

Als er aufwachte, starrte sein Pferd ihn aus erschrockenen Augen an. Eine Meile weiter fand er sein Maultier, dessen Beine sich aus einer riesigen Wächte himmelwärts streckten.

EINEN TAG SPÄTER ERREICHTE ER Panchito, eine triste Ansammlung von Lehmhütten, die sich um eine Cantina scharten. Durch das Heulen des schneidend kalten Windes hörte er die fernen Akkorde eines wildgewordenen Klaviers, begleitet von Ausbrüchen stupiden Gelächters.

Eine leere Postkutsche stand vor der Cantina. Ein Stück weiter mühte sich ein kleiner O-beiniger Mann, der einen Schaffellmantel und die Federboa einer Hure um den Hals trug, nach Kräften, auf ein Pferd zu steigen. Als er schon fast im Sattel saß, rutsche sein Fuß aus dem Steigbügel, und er fiel kopfüber auf den gefrorenen Schlamm.

Mit glasigen, unsteten Augen schaute er zu Zebulon auf. »Ich hab dich schon mal irgendwo gesehen.«

»Glaub ich weniger«, sagte Zebulon.

Der O-Beinige versuchte noch einmal, auf sein Pferd zu steigen, dann gab er auf. »Vielleicht bist du gestern Abend mit Hatchet Jack reingekommen«, sagte der O-Beinige. »Die Leute sagen, dieses wieselgesichtige Halbblut sollte man teeren und federn. Find ich nicht. Mir wär ein langer Strick und ein kurzer Fall lieber für den Mistkerl.«

Zebulon stieg ab und schob sich an ihm vorbei in die Cantina.

Drei Öllampen, die von einem Balken herabhingen, warfen ein trübes Licht in den schmalen, niedrigen Raum. Hatchet Jack saß an der Bar, in einer rot-weißen Uniform der mexikanischen Armee, auf dem Kopf eine schwarze Melone mit einer schräg über der Krempe befestigten Rabenfeder. Seine linke Wange hinab lief eine Narbe in der Form eines langgezogenen S, von einer Wunde, die Zebulon ihm vor langer Zeit beigebracht hatte.

Hatchet Jack schaute ihn aus einem blauen und einem schwarzen Auge an.

»Bist schwer aufzustöbern, du komischer Vogel. Hab dich auf dem Rendezvous gesucht, aber du warst schon weg. Die haben gesagt, du hättst eine Glückssträhne gehabt und wärst mittendrin abgehauen. Hat sich nicht nach dir angehört.«

»Es war ein harter Winter«, sagte Zebulon. »Ich klammer mich an das bisschen, was ich hab.«

»Ich will dich nicht um ein Almosen anbetteln«, sagte Hatchet Jack, »falls du das denkst.«

Die knotigen Finger des Klavierspielers rollten mit mechanischer Präzision über die kaputten Tasten. Am anderen Ende des Tresens saßen zwei abgekämpfte Huren und beobachteten eine in einem Glaskrug zusammengerollte Klapperschlange. Wenn der Klavierspieler einen dissonanten Akkord anschlug, drehte die Schlange den Kopf hin und her und suchte nach einem Ausweg.

Zebulon schenkte sich aus Hatchet Jacks halbvoller Flasche Taos White Lightning ein; der Whiskey brannte in seinen Eingeweiden wie ein Brenneisen. Während er darauf wartete, dass Hatchet Jack sagte, was er auf dem Herzen hatte, betrachtete er eingehend die drei ausgestopften Elchköpfe, die in einer Reihe an der Wand hinter dem Tresen hingen. Ihre Murmelaugen waren ihnen bis auf eines ausgeschossen worden, und die Geweihe und die Köpfe selbst hatten Kerben und Schrammen von Tomahawks und Wurfpfeilen.

»Ich brauch deine Hilfe bei deinem Pa«, sagte Hatchet Jack. »Ich will, dass er mir verzeiht.«

Verzeihen: Zebulon hatte das Wort noch nie benutzt, ja nicht einmal darüber nachgedacht.

»Es ist sieben Jahre her, dass du bei ihnen oben warst?«, fragte Hatchet Jack.

»Eher zwei.«

Hatchet Jack schüttelte den Kopf und schenkte sich Taos White Lightning nach. »Wie ich das letzte Mal raufgeritten bin, da bin ich total durchgedreht. Die Woche davor hatten Arapaho auf dem Kriegspfad Pa bis zum Hals in einem Sumpf eingegraben, bei steigendem Wasser. Hat ihm auch nix geholfen, dass ich ein Halbblut bin. Hat gesagt, ich soll ihn gefälligst nicht Pa nennen. Hat gesagt, er hätt mich nie aufnehmen dürfen, nachdem er mich bei dem Pokerspiel gewonnen hatte, und ich soll schauen, dass ich weiterkomm. Da hab ich ihn verprügelt.«

»Du hast Pa verprügelt?«, fragte Zebulon.

»Hab ihm gesagt, er soll sich eingraben lassen und zum Teufel gehen. Das waren meine Worte. Dann bin ich abgehaun, mit seinem großen Fuchs und einem Haufen von seinen Fallen.«

»Wie hat’s Ma aufgenommen?«

»Hat ihm mit dem Axtstiel eins über die Rübe gezogen, bevor er Kleinholz aus mir machen konnte. Gern geschehen, hat sie gemeint, aber es wär schön, wenn ich verschwinde und mich nie wieder blicken lasse. Und das hab ich getan. Bis jetzt.«

Hatchet Jack genehmigte sich wieder einen kräftigen Schluck Taos White Lightning. »Ein alter mexikanischer brujo hat mir gesagt, ich soll mich mit ihm versöhnen. Heißt Plaxico. Du kennst ihn nicht. Wie ich aus den Bergen gekommen bin, bin ich geritten bis an mein eigenes Ende und hab den üblichen Mist gemacht, bevor ich bei dem angeheuert hab. Hat große Medizin, der Alte. Ganze Säcke voll Kraft. Hat mir alles über die spirituelle Welt beigebracht. Was man tun soll und was nicht. Wie man seine Kraft findet und sie behält, statt sie billig zu verhökern. Er hat gesagt, jemand hat mich mit einem Fluch belegt, nachdem dein Pa mich aufgenommen hat, und wenn ich mich von dem befreien will, muss ich mich mit ihm versöhnen.«

»Und wie stellst du dir das vor?«

»Keine Ahnung.«

»Was für ein Fluch?«

»Irgendwas von wegen zwischen zwei Welten feststecken. Nicht wissen, wo oben ist. Von einer Frau hat er geredet. Wie ich da nachgehakt hab, hat er nichts mehr gesagt.«

»Pa legt dich um, sowie du dich blicken lässt«, sagte Zebulon, der nichts mehr von Flüchen hören wollte.

»Außer, du reitest mit mir rauf«, sagte Hatchet Jack. »Ich bitte dich, Zeb. Nur das eine Mal. Du bist der einzige, der weiß, wie man mit dem alten Dreckskerl klarkommt.«

»Hab ich früher mal gewusst. Jetzt nicht mehr.«

Hatchet Jack schüttelte den Kopf. »Ich hab mir den Arsch aufgerissen, ein prima Pferd geklaut und ein Bündel Fallen, die wollte ich ihm zurückgeben. Blöderweise hatte ich Pech beim Pokern. Ein Full House gegen den Straight Flush von irgend so einem weißen Nigger. Hab das Pferd und die Fallen und alles andere verloren.«

Er machte eine Pause. »Schau. Ich lass mich da auf was ein, wo ich keine Ahnung von hab, und ich brauch deine Hilfe.«

Als eine der Huren ihr Whiskyglas auf den Tresen knallte, machte Hatchet Jack dem Barkeeper ein Zeichen, er solle ihr nachschenken.

»Das hat man davon«, sagte er. »Seit ich sie gepimpert hab, sitzt sie mir im Nacken wie das letzte Eichhörnchen vom Winter. Besser, ich würd mich mit Mutter Daumen und ihren vier Töchtern verlustieren.«

Der Klavierspieler hämmerte eine neue Melodie herunter. Der hintere Teil des Raums war voll mit Alles-oder-Nichts-Spielern sowie drei Vaqueros, die mit schweren Lidern an der Wand auf dem Boden saßen, betrunken oder halb schlafend. Vier weitere Männer saßen an einem Tisch und unterhielten sich leise, während sie Zebulon musterten. Arbeitslose Rancharbeiter, vermutete Zebulon. Am nächsten Tisch spielte ein dickwanstiger Rancher Poker mit einem Postkutscher, einem heruntergekommenen Mann mit einem Zwirbelbart und einer verdreckten Augenklappe. Hinter ihnen saß ein Mann halb vornübergesackt an einem Tisch, entweder betrunken oder möglicherweise tot; sein Gesicht lag auf seinen Unterarmen, ein schwarzer Umhang bedeckte seine ausgemergelten Schultern. Neben ihm saß eine Frau in einem hochgeschnürten dunkelgrünen Ballkleid und mit silbernen Ohrringen, die in einem langen Bogen auf ihren Hals herabfielen. Ihr bronzefarbenes Gesicht, das wie altes Reispapier leuchtete, war von medusenhaften, tiefschwarzen Haarsträhnen umrahmt. Zebulon hatte noch nie eine solche Frau gesehen, nicht einmal auf seiner üblichen Tour durch die Puffs von Denver, die bekanntermaßen auf gemischte Hautfarben spezialisiert waren. Die Frau rauchte einen langen mexikanischen Stumpen, und der Blick, mit dem sie ihn musterte, wirkte eher müde als neugierig. Vielleicht langweilte sie sich auch nur.

»Gespenstisch«, sagte Hatchet Jack. »Die kommen mit der Postkutsche und fahren weiter nach Süden, ins gute alte Mex. Sieht mir so aus, als ob sie dem alten Gockel gehört. Oder vielleicht auch umgekehrt.«

Die Frau nahm ein Kartenspiel aus ihrer Handtasche. Sie hob mit einer Hand ab und legte auf dem Tisch eine Patience.

»Hilfst du mir jetzt oder nicht?«, fragte Hatchet Jack.

Zebulon behielt den Postkutscher und einen der Vaqueros im Auge, die sich zu der Frau an den Tisch gesetzt hatten. »Ich spiel jetzt erst noch ein bisschen Karten, und dann hau ich mich hin.«

Hatchet Jack wollte protestieren, besann sich aber, nahm die Flasche Taos White Lightning und ging langsam die Treppe hinauf. Nach kurzer Besprechung kippten die beiden Huren den Rest ihrer Drinks und folgten ihm.

Zebulon überlegte kurz und entschied sich gegen das, was es bedeutet hätte, ihnen nachzugehen, trank dann noch einen Schluck und ging quer durch den Raum zu einem ramponierten Billardtisch, dessen geflickter grüner Bezug Flecken von verschüttetem Whiskey und Erbrochenem hatte. Er glitt wie ein Two-Step-Tänzer um den Tisch herum und stieß mehrmals die weiße Kugel, nur um sich zu beweisen, dass er es noch konnte. Dann ging er zu der Frau hinüber, die Pokerkarten an den Vaquero und den Postkutscher austeilte. »Platz für einen mehr?«, fragte er.

Sie behielt die Augen auf den Karten. »Es ist immer Platz für einen mehr – solange einer mehr am Schluss einer weniger ist.«

Sie sprach mit einem Akzent, einem englischen, vermutete er, und auch in einem weicheren Tonfall, der, wie er meinte, zu irgendeiner afrikanischen Mundart gehören musste.

Er stellte einen Stapel Silberdollars auf den Tisch.

»Ein guter Rat«, sagte der Postkutscher, »Delilah macht keine Gefangenen.«

»Natürlich mache ich Gefangene«, erwiderte Delilah und sah Zebulon mit einem angedeuteten Lächeln an. »Die Probleme kommen von dem, was ich hinterher mit ihnen mache.«

»Kann ich bestätigen.«

Der Mann mit dem schwarzen Umhang neben ihr hob den Kopf, so dass ein schmales Gesicht zum Vorschein kam, das sich durch ein dünnes Oberlippenbärtchen und einen Spitzbart mit weißen Strähnen auszeichnete.

»Ich rate zur Vorsicht, wenn Sie nicht von einer Felswand stürzen wollen«, murmelte er und ließ den Kopf wieder schwer auf den Tisch sinken.

Sie spielten Seven Card Stud, nichts Besonderes. Die Einsätze blieben mehr oder weniger gleich – keiner fiel weit zurück, bis auf den Vaquero, der auf jedes Blatt setzte als wäre es sein letztes. Als der Vaquero schließlich seinen gesamten Einsatz verloren hatte, verbeugte er sich respektvoll vor der Frau und verließ den Raum.

»Ich genieße das Privileg, die Lücke zu füllen«, sagte der Mann im schwarzen Umhang und schaute die anderen an, als hätte er keine Ahnung, wo er war oder welche Lücke er füllen wollte.

Höchstwahrscheinlich ein Russki, dachte Zebulon, der den Akzent schon einmal gehört hatte. Entweder das oder ein Türke oder ein Polacke.

Von dem Moment an, als Ivan, wie Delilah ihn nannte, sich an den Tisch setzte, hatte Zebulon den Verdacht, dass sie die Karten von der Unterseite austeilte: Es lag an der Art, wie ihre Finger die Karten mit routinierter Leichtigkeit auffächerten, wie sie mit einer Hand abhob, während sie über die Finger der anderen Münzen rollen ließ.

Ihre präzisen Bewegungen verzauberten ihn wie ein träumerisches Ritual, und auch wenn er sich noch so sehr anstrengte, gelang es ihm nicht, den Bann zu brechen. Während der Abend voranschritt und die Karten von Hand zu Hand gingen, ohne dass sich ein klarer Gewinner abgezeichnet hätte, überließ er sich einem eigenartigen Gefühl der Erleichterung. Ihm war, als hätte er das alles schon einmal durchlebt, in derselben dämmrigen Cantina, in der die meisten Öllampen heruntergebrannt waren, als hätte er schon einmal dieselben rastlosen Akkorde von dem ramponierten Klavier mit den gesprungenen und fehlenden Tasten gehört, dieselbe Reihe von Elchköpfen mit den ausgeschossenen Augen gesehen, dasselbe leise Gemurmel beim Setzen und Erhöhen gehört, dasselbe klatschende Geräusch beim Mischen der Karten, deren Zahlen und Bilder so verknittert und abgewetzt waren, dass sie kaum noch zu erkennen waren. Er ahnte, dass er Ärger bekommen konnte, weil Gewinnen und Verlieren keine Rolle mehr zu spielen schienen, als seien die Ergebnisse schon beschlossene Sache.

Zuschauer bei dem Spiel waren der O-Beinige und ein paar Landstreicher und Rancharbeiter, die allesamt Nebenwetten abschlossen. Hatchet Jack, der mit den beiden Huren wieder heruntergekommen war, schaute vom Ende des Tresens aus zu.

Als Delilah drei Könige aufdeckte und damit seine drei Buben schlug, leerte sich Zebulons Beutel fast vollständig. Er ging deshalb wieder an den Billardtisch, wo er drei Spiele gegen einen der Rancharbeiter und dann noch zwei gegen den O-Beinigen gewann, was seine Barschaft mehr als verdoppelte.

Als er an den Tisch zurückkehrte, kam Hatchet Jack herüber und setzte sich Delilah gegenüber.

Die Neuankömmlinge brachten Ivan dazu, sein Blatt mit solcher Wucht hinzuknallen, dass ein Glas vom Tisch fiel und auf dem Boden zerschellte. »Ganz bis ans Ende, Gentlemen«, sagte er. »Keine Ausnahmen und keine Rabatte erlaubt. Das sagt einer, der kommt und schon gegangen ist und trotzdem bereit ist, wiederzukommen.«

»Sie sind doch schon völlig weggetreten, Graf«, sagte der Postkutscher. »Das seh ich Ihnen an.«

»So würde ich es nicht nennen, mein Freund«, erwiderte Ivan. »Es ist mehr der Blick aus der Grube der Finsternis in den Schrecken des endlosen Raums. Das passiert am Ende einer langen Nacht, wenn man gelangweilt und töricht genug ist, die Zügel der Beherrschung schleifen zu lassen.«

»Und ich sage, Sie bluffen.« Hatchet Jack schob sein Geld in die Tischmitte.

»Ich bluffe, meinen Sie? Na, na, na.« Ivan stellte zwanzig Goldadler neben Jacks Einsatz. »Was ist das Leben anderes als ein einziger Bluff? Ich sehe Ihren Call und erhöhe auf hundert Silberdollar.«

Als Delilah und Zebulon mit Ivans Erhöhung mitgingen, warf Hatchet Jack seine Karten hin und trat an den Tresen.

Delilah teilte die letzten Karten mit dem Bild nach unten aus, und dabei bemerkte Zebulon, dass ein Zittern ihren Ärmel herab bis in ihre Fingerspitzen lief.

Ivan deckte drei Asse auf.

Der Postkutscher deckte eine Pikzehn auf, zusätzlich zu den beiden Zehnen, die schon auf dem Tisch lagen.

Delilah brachte eine Herzdame zum Vorschein und vervollständigte damit einen Straight Flush gegen Zebulons Full House.

Während sie den größten Pot des Abends einsammelte, torkelte der O-Beinige auf Zebulon zu und schwenkte seine Pistole. »Ich kann mich genau an dich erinnern. Du bist der Abschaum aus den Bergen, der mir in Galisteo meinen Braunen geklaut hat. Du und dieses Halbblut.«

»Bin nie in Galisteo gewesen«, sagte Zebulon und griff nach seiner Pistole.

Bevor einer von beiden abdrücken konnte, zerschoss jemand von der anderen Seite des Raums aus zwei Gaslampen und eine Fensterscheibe.

Das Letzte, was Zebulon noch registrierte, bevor er zusammenbrach, war, dass er aus der Cantina stolperte und die Straße hinuntergehen wollte.

ZEBULON SAH NICHT DIE STERNE, die wie silberne Feuerstöße aus einem Gewehr über den Himmel schossen, auch nicht den Ziegenbock, der neben ihm Abfälle fraß, oder den mexikanischen Jungen, der auf der Kante des Arroyos hockte und darauf wartete, ihm die Stiefel zu stehlen.

»Quién es?«

Er drehte sich auf den Rücken, sein Kopf dröhnte, als sei er in einer riesigen Kirchenglocke eingeschlossen.

»Quién es?«, wiederholte der Junge.

Ja, wer war er eigentlich? Und wo war er? Und wohin wollte er? Er setzte sich auf und wischte sich das getrocknete Blut aus den Augen. Neben ihm lag ein Mann, umgeben von zerschmissenen Flaschen und Resten von verdorbenem Fleisch. Der Mann hatte ein Loch in der Stirn, und sein verfilztes blondes Haar fiel ihm in blutigen Strähnen übers Gesicht. Zebulon sah genauer hin. Irgendetwas kam ihm bekannt vor an den mit Fransen besetzten Hirschlederhosen, den zerrissenen Mokassins und daran, dass er in einer Hand die Herzdame hielt. Zebulon sah zu, wie eine Fliege über die Wange des Mannes kroch. Es war eine lange Reise, so wie die Fliege krabbelte, stehen blieb, dann weiterkrabbelte. Vom Leben zum Tod, dachte er, und wieder zurück. Und wie ging es ihm auf seiner Reise? War er tot oder lebendig, oder war er zwischen beiden Welten gefangen wie ein Blinder? Er schloss die Augen, und als er sie wieder aufmachte, war der Mann nicht mehr da.

Er erinnerte sich an ein Full House und eine Herzdame, einen Schuss, dem weitere Schüsse folgten, und wie er dann aus der Cantina getaumelt und kopfüber in den Arroyo gefallen war. Er holte tief Luft. Er war nicht tot. Nicht dass es so schlimm gewesen wäre, tot zu sein, so wie es in letzter Zeit gelaufen war.

Das Kauen des Ziegenbocks ließ ihn an seinen Pa denken. Vielleicht war es auch der Geruch nach altem Urin. Wenn der Mistkerl noch lebte, würden er und Ma gerade ihre Winterfelle für den Verkauf herrichten. Er müsste zu ihnen reiten und helfen. Immer noch besser, als in diesem Nest zu versauern, bei den alt gewordenen Banditen und zweitklassigen Falschspielern, von denen ihn einer hatte umlegen wollen. Oder war das zu einer anderen Zeit in einer anderen Stadt gewesen?

»Quién es?«, fragte der Junge.

Auf dem Weg ins Nirgendwo, seit er vor fünf Jahren seine Familie in den Sangre de Cristo Mountains verlassen hatte. Der Ziegenbock kam näher und sah dummdreist auf ihn herab, als wollte er ihn daran erinnern, dass seine Zeit abgelaufen war. »Nichts da«, murmelte er. Noch nicht. Sicherheitshalber hob er den Colt und schoss dem Ziegenbock eine Kugel ins Auge. So oder so, er war wieder da. Der stinkende Abfall, der tote Ziegenbock, wie sich der Colt in seiner Hand anfühlte, das alles bestätigte ihn darin, jedenfalls so weit, dass er an dem mexikanischen Jungen vorbeistolperte, der in der Hocke rückwärts kroch, als hätte er ein Gespenst gesehen.

Er ging auf wackligen Beinen durch die ausgestorbene Straße auf die Cantina zu. Durch das Stöhnen des Windes hörte er die leisen Klavierklänge.

Die Postkutsche war weg. Sein Pferd war nicht dort, wo er es angebunden hatte, also bestieg er das erste, auf das er stieß. Bevor er losreiten konnte, kam der O-Beinige durch die Pendeltür gestolpert, um zu pinkeln, was ein mühsames Unterfangen war, weil er einen Arm in einer Schlinge trug.

Erschrocken schaute er zu Zebulon hoch. »Ich hätt schwören können, du bist tot, aber jetzt sitzt du da auf meinem Pferd. Hör zu. Es war eine lange Nacht, und ich hab nicht mitgekriegt, was da gewesen ist. Aber ich hab nicht auf dich geschossen. Ich hab’s versucht, das schon. Sicher. Aber mich hat’s erwischt, bevor ich dich umlegen konnte. Das könnte diese Hure gewesen sein, die, die den Straight Flush aufgedeckt hat. Sie und der Ausländer, dem sie gehört. Mein Wort drauf, die sind ein teuflisches Pärchen, die zwei. Raffinierter als dreiköpfige Schlangen. Wie die das letzte Spiel gewonnen hat, da war auf einmal die Hölle los. Soweit ich das mitgekriegt hab. Wie gesagt, ich war nicht gerade in Hochform.«

Die verwirrten, trüben Augen des Mannes erinnerten Zebulon an den Ziegenbock.

»Ich nehm mir dein Pferd«, sagte Zebulon, »als Entschädigung. Und vielleicht schieß ich dir noch deinen Abzugsfinger weg, dafür, dass du versuchst hast, mir das Licht auszublasen.«

Der O-Beinige schaute zu dem Saloon zurück, aus dem die zwei Huren ihn durch das kaputte Fenster auslachten. Von denen war keine Hilfe zu erwarten.

Seine Hand zitterte, als er die Pistole hob. »Niemand nimmt mir ein Pferd weg oder denkt auch nur dran. Und ich war’s nicht. Entweder der Ausländer war’s oder einer von den Vaqueros oder den Rancharbeitern am Billardtisch. Oder dieses Halbblut. Hatchet Jack. Frag ihn. Er sitzt da drin. Ich kann einen Verlust verkraften. Verloren ist mein zweiter Vorname. Verloren und nie wiedergefunden. Wenn du mir nicht glaubst, können wir’s gleich hier und jetzt erledigen.«

»Wie du willst«, sagte Zebulon. »Aber wenn du mich schon hinterrücks abknallst, pack wenigstens vorher deinen Pimmel weg.«

Er saß ab und ging an ihm vorbei in die Cantina, ohne sich um seine Reaktion zu kümmern.

»Ich kapier das nicht«, sagte der O-Beinige zu den beiden Huren. »Der Kerl ist von den Toten auferstanden. Was soll ich machen, ihn nochmal direkt zur Hölle schicken?«

In der Cantina erinnerten nur dunkle Flecken auf dem Boden, ein paar zertrümmerte Stühle und eine kaputte Fensterscheibe an die Schießerei.

Hatchet Jack saß mit verbundenem Kopf am Tresen.

Zebulon schob dem Barkeeper Hatchet Jacks Geld hin und zeigte auf eine Flasche Taos White Lightning.

»Ein selten trübes Nest hier«, sagte Hatchet Jack. »Schauen wir besser, dass wir möglichst schnell weiterkommen.«

»Wer hat auf mich geschossen?«, fragte Zebulon.

»Erinnerst du dich nicht?« Hatchet Jack rollte ein Schnapsglas zwischen seinen Handflächen. »Wie ich an den Tresen bin, hat jemand, ich weiß nicht mehr wer, gesagt, die Frau hätte von der Unterseite ausgeteilt und so mit der Herzkönigin ihren Straight Flush vollgemacht, gegen dein Full House. Oder vielleicht war’s auch umgekehrt. Ein paar Kerle sind reingekommen, aber ich war zu sauer und zu besoffen, um hinzuschauen. Im nächsten Moment schlägt mich einer bewusstlos. Wie ich wieder zu mir komm, bist du weg, und ich bin rauf und hab meinen Rausch ausgeschlafen. Keine Ahnung, was sonst noch war. Wen interessiert’s! Wir mischen noch mit. Im Gegensatz zu manchen anderen.«

»Hast du was gesehen?«, fragte Zebulon den Barkeeper, einen untersetzten Mann mit einem Schnauzer und breiten roten Hosenträgern.

»Null«, antwortete er. »Ich war draußen, hab Nachschub geholt, Whiskey. Wie ich wieder reinkomm, war alles vorbei und keiner mehr da. Ich weiß nichts mehr. Mann, das war vorletzte Nacht.«

»In zwei Nächten kann viel passieren«, sagte Hatchet Jack. »Oder in einer. Oder in keiner.«

»Du bist schon zwei Nächte hier?«, fragte Zebulon.

Hatchet Jack schenkte sich einen Schluck Whiskey ein. »Sag ich doch, ich war oben. Jetzt haben alle schon gepackt oder sind losgeritten. Vielleicht ist dir ja aufgefallen, dass ich nicht in der allerbesten Verfassung bin. Wenn sich einer nicht traut, dich abzuknallen, nimmt er womöglich mich aufs Korn. Aber dafür bin ich nicht hierher. Also, was ist jetzt? Reitest du mit mir zu Ma und Pa rauf, ja oder nein? Es ist ja nicht so, dass du was Besseres vorhättest.«

»Sag mir noch eins«, bat Zebulon. »Hast du diesen Braunen in Galisteo mit dem Lasso eingefangen?«

»Nein, verdammt«, erwiderte Hatchet Jack. »Ich hab mir einen Braunfalben geschnappt. Der Braune war keinen Schuss Pulver wert.«

Als sie durch die Pendeltüren gingen, saß der O-Beinige auf einer Bank. Er schaute nicht auf, als Hatchet Jack die Straße hinunter ritt, gefolgt von Zebulon auf dem Pferd, das ihm gehörte.

HATCHET JACK UND ZEBULON ritten nordwärts über die Hochwüste auf die Spanish Peaks der Sangre de Cristo Mountains zu. Nach zwei Tagen erreichten sie am Ende eines tief eingeschnittenen Tals die einsame Hütte, halb bis zum Dach in Schneewehen vergraben.

Es hatte sich kaum etwas verändert. Auf dem Dach fehlten nach wie vor die meisten Schindeln, in dem behelfsmäßigen Korral standen drei halb verhungerte Maultiere, und aus dem Kamin kräuselte sich dünner Rauch wie ein einsames Fragezeichen. Nachdem sie ihre Pferde über den zugefrorenen Fluss geführt hatten, der sich vor der Hütte vorbeischlängelte, rief Zebulon laut »Hallooooo«. Als keine Antwort kam, brachten sie ihre Pferde in den Korral und stießen die steifgefrorene Tür aus Bisonfell auf.

Eine sehr alte Frau mit einem strengen Gesicht saß in roten langen Unterhosen hinter einem aus drei Planken gezimmerten Tisch und zielte mit einer Schrotflinte direkt auf sie. Vor ihr lagen zerfledderte Spielkarten für eine Patience über die Tischplatte verteilt. Brauner Tabaksaft lief ihr das Kinn hinab, und ein dünner Vorhang aus grauem Haar fiel über eine Hälfte ihres verwüsteten Gesichts.

»Ich hab gedacht, dein Pa kommt zurück«, sagte sie zu Zebulon. »Hab mich schon drauf gefreut, den alten Graubart schnurstracks zur Hölle zu schicken.«

Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Ziemlich weit weg von deinen Jagdgründen, stimmt’s, mein Sohn? Das Letzte, was ich gehört hab, war, dass du dich mit Flachländern und goldgierigen Argonauten rumgetrieben hast.«

»Ja, hab ich, Ma«, sagte Zebulon. »Aber jetzt nicht mehr.«

»Ein trauriges Häufchen Elend bist du«, fuhr sie fort. »Siehst verdammt noch mal aus wie ein Geist. Übel zugerichtet und dürrer als eine Schlange auf Stelzen.«

»Das wird schon wieder«, versicherte er ihr.

»Kann sein, aber du bist noch nicht übern Berg.«

»Tag, Ma«, unterbrach Hatchet Jack.

»Tag auch«, erwiderte sie und spuckte einen dicken Schwall Tabaksaft in die Richtung, wo der Spucknapf stand. »Und sag nicht ›Ma‹ zu mir. Nenn mich beim Vornamen oder schaff deinen klapprigen Halbblutarsch wieder weg von hier.«

»Na gut, Annie May.« Hatchet Jack nahm eine Flasche Whiskey vom Tisch und genehmigte sich einen kräftigen Schluck, dann reichte er die Flasche an Zebulon weiter.

»Du hast ganz schön dicke cojones, dich hier noch mal blicken zu lassen«, fuhr Annie May fort. »Das Letzte, was ich von dir gehört hab, war, dass du unten am Brazos Rinder gestohlen hast.«

»Rinder bringen heute nichts mehr ein«, sagte Hatchet Jack.

»Kann ich bezeugen«, sagte Zebulon, zog sein blutiges Hemd aus und ließ es auf den Lehmboden fallen.

»Glaub ich dir sofort«, sage Annie May und warf ihm einen müden Blick zu. »Bezeugen, was andere sagen, war schon immer deine besondere Stärke. Genau wie die Schürzenjägerei.«

Sie drehte den Kopf zu Hatchet Jack hin. »Was führt dich her?«

»Ich muss mit Pa ins Reine kommen«, sagte Hatchet Jack. »Mit Elijah, mein ich. Einen Schlussstrich ziehen.«

»Bist du jetzt ein Heiliger geworden, oder nur einfach loco?«, fragte die alte Frau.

»Er ist ein Heiler geworden«, erklärte Zebulon.

Annie May lachte gackernd und schlug sich auf die Schenkel. »Mich laust der Affe. Du kommst zu spät, Mr. Healer-Dealer. Er hat seinen traurigen Arsch nach Kalifornien geschleppt. Wer weiß, wohin? Jetzt musst du dich mit mir auseinandersetzen.«

»Das ist nicht dasselbe.«

»Ach nein? Das Pferd und die Fallen, die du gestohlen hast, haben mir genauso gehört wie ihm. Von Rechts wegen müsste ich dich wegen Diebstahl umlegen und damit basta.«

Hatchet Jack zuckte die Achseln. »Tu dir keinen Zwang an. Ein Pferd hab ich immerhin, das ich dir zurückgeben kann. Fallen allerdings keine.«

»Jetzt essen wir erst mal«, entschied sie. »Dann überlegen wir.«

Seufzend richtete sie den Blick auf Zebulon, der mit seinem Bowiemesser eine Hose seines Vaters in Streifen schnitt.

»Wenn ich daran denke, dass du alles bist, was ich in die Welt gesetzt habe«, sagte sie. »Jedenfalls alles, woran ich mich erinnern möchte.«

Sie packte die Flasche Whiskey und musterte seine blutige Brust. »Was ist passiert?«

»Wahrscheinlich hat einer auf mich geschossen.«

»Wahrscheinlich?« Sie humpelte zu ihm hinüber und goss ihm den Rest des Whiskeys über die Brust. Er heulte auf, aber weniger vor Schmerz als wegen der Vergeudung. Er schauderte, als sie ihm vorsichtig einen Streifen Hosenstoff um die Brust wickelte.

»Wieso ist da kein Einschussloch?«, fragte sie.

»Hab ich mich auch schon gefragt«, sagte er.

»Vielleicht ist die Kugel durch dich durch gegangen. Wer war das?«