Zitronenblütenküsse und Lebkuchensterne - Isabella Lovegood - E-Book

Zitronenblütenküsse und Lebkuchensterne E-Book

Isabella Lovegood

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Beschreibung

Mit dreißig einen tollen Job, Mann und Kind. Das war das Ziel, das Eva mit ihrer Freundin Jessica vor vielen Jahren definiert hatte. Romane in andere Sprachen zu übersetzen, kommt Evas Vorstellung vom Traumberuf sehr nahe, doch mit einem passenden Mann will es einfach nicht klappen. Im Urlaub auf Mallorca nimmt sie die Erfüllung ihres Herzenswunsches nach einem Baby selbst in die Hand. Erst nach ihrer Rückkehr wird ihr klar, dass Alejandro doch nicht der leichtfertige Casanova zu sein scheint, für den sie ihn anfänglich hielt. Als er schließlich kurz vor Weihnachten unerwartet vor ihrer Tür steht, droht ihr kleines Geheimnis ans Licht zu kommen. Alejandro lässt sie alles andere als kalt, doch was soll sie mit einem Mallorquiner? Band 3 der Reihe, kann jedoch unabhängig von den Vorbänden gelesen werden. Enthält liebevoll-erotische, einvernehmliche Erotikszenen. Die Reihe "Mallorca-Erotic-Romance" umfasst folgende Bände: - Ich, du und sie - Wir drei für immer - Zitronenblütenküsse und Lebkuchensterne - Weil die Liebe siegt - Wahre Liebe rostet nicht - Das Meer, du und ich - Ein Boot, ein Kuss und du - Du, ich und Weihnachtszauber Von der Autorin sind folgende sinnliche Liebesromane erschienen: NEU: Our Life. Our Rules. Die Reihe "Club Red Vulcano" - Zweite Chance für Lust und Liebe - Wer mit dem Feuer spielt Die Reihe "Nachhilfe für die Liebe" - Die Sexpertin - Patchwork mit Herz - Dich zu sehen "Keine Cupcakes für Bad Boys" zwei Romane in einem Buch - (K)ein Bad Boy für Carolin von Isabella Lovegood - Ein Cupcake zur Mittsommernacht von Tamara Leonhard "Traumprinz nicht gesucht und doch gefunden" (Fortsetzung von (K)ein Bad Boy....) Die Reihe "Zimmer frei für die Liebe": - Heiße Küsse für das Christkind - Ein Koch zum Verlieben - Die Liebe kommt in Gummistiefeln - Liebe ist kein Computerspiel - Zuckerbäcker küssen besser - Regenbogenküsse - Kreuzfahrt zurück ins Leben - Starthilfe fürs Herz - Herzenskinder Die "Rosen-Reihe": - Sommerflirt mit Folgen - Liebe zu dritt - Rosen-Himmel - Geteilte Liebe - Drei plus zwei und jede Menge Liebe - Auf Liebe gebaut - Herbstgenüsse - Aller guten Dinge sind 5 - Weihnachten am Heckenrosenweg "Neujahrsliebe" - Sinnlich-erotische Kurzgeschichte "Venus trifft Venus" - Sinnlich-erotische Kurzgeschichte Unter dem Pseudonym Ingrid Fuchs - Die Hexe Veronika: Roman für Kinder ab ca. 5 Jahren und dazu passendes Malbuch - Unverhofftes Glück (Funkelstein-Roman) - Die Liebe hat viele Gesichter (Funkelstein-Roman, Gayromance) - Winterküsse in Funkelstein - Frühlingsküsse in Funkelstein Unter dem Pseudonym C.P. Garrett "A Groupie's Dream" - erotische Kurzgeschichte "Nina" - erotischer Roman "Mein 10. Hochzeitstag" - erotische Kurzgeschichte "Der Zucker und das Salz des Lebens" + "Honig und Chili" 2-teiliger, erotischer Roman

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Ein paar Worte vor Beginn
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
Nachwort
Leseprobe aus „Heiße Küsse für das Christkind“

Zitronenblütenküsse und Lebkuchensterne

Sinnlicher Liebesroman

Mallorca-Erotic-Romance 3

von Isabella Lovegood

Über den Autor:

Isabella Lovegood ist das Pseudonym einer österreichischen Autorin, die seit Juli 2016 mit ihrem Mann auf Mallorca lebt.

Ihr Spezialgebiet sind sinnlich-erotische Romane. Sie handeln von Liebe, Lust und Zärtlichkeit, und sehr oft von Menschen mit Lebenserfahrung, die sich trotz allem die Hoffnung bewahrt haben oder wieder für sich entdecken.

Ihre Romane sind geprägt von prickelnder Erotik und der tiefen Sehnsucht nach harmonischen, liebevollen Beziehungen.

Copyright © 2018 Isabella Lovegood

Alle Rechte vorbehalten. Jede Weitergabe, Kopie oder sonstige Vervielfältigung verletzt das Urheberrecht und fügt der Autorin finanziellen Schaden zu.

www.Isabella-Lovegood.at [email protected]

Covergestaltung: Isabella Lovegood Cover-Fotos: ©bittedankeschön, cooperr, Floydine, goodluz und trueffelpix alle stock.adobe.com

Korrektorat: Maria Heine

Alle Personen und Handlungen in diesem Roman sind frei erfunden. Eventuelle Ähnlichkeiten sind rein zufällig und ungewollt.

Ein paar Worte vor Beginn

Dieser Roman ist reine Fiktion, eine erdachte Geschichte. Erfundene Personen können sich nicht mit Krankheiten anstecken oder schwanger werden – außer ich denke mir dieses Schicksal für sie aus.

Für echte Personen im realen Leben gilt das nicht. Sie sind selbst verantwortlich für das, was ihnen zustößt und dafür, sich vor Krankheiten und ungewollten Schwangerschaften zu schützen.

Ich habe mir in diesem Roman die Freiheit genommen, das Thema ‚Safer Sex‘ auszuklammern, bitte jedoch Sie, liebe Leserinnen und Leser, im realen Leben nicht darauf zu verzichten!

Und nun wünsche ich viel Spaß – beim Lesen und im realen Leben!

Isabella Lovegood

1. Kapitel

Alejandro

Erleichtert ließ ich mich auf meinen Fensterplatz sinken. Im Augenwinkel beobachtete ich, wie die rothaarige Frau den Sicherheitsgurt ihrer kleinen Tochter auf dem Sitz zwischen uns schloss. Dann machte ich es ebenso und zog ihn fest. Schließlich musste ja niemand merken, dass ich zum ersten Mal in einem Flugzeug saß. Wie viele meiner Landsleute hatte ich unsere schöne Insel noch nie verlassen.

Mein Mobiltelefon versetzte ich in den Flugmodus und hoffte, dass mir das bei mir selbst ebenso gut gelang. Ich sah durch das kleine Fenster hinaus auf das Flughafengelände von Palma und machte ein paar Fotos. Carmen und Isabel hatten mir mehrmals eingeschärft, meine Erlebnisse und Eindrücke auf diese Art festzuhalten und ich hatte versprochen, ihnen die Bilder zu schicken, sobald ich eine Verbindung zum Internet hatte.

Ein bisschen war es meinen beiden Halbschwestern zu verdanken, dass ich diese Reise überhaupt antrat. Dabei hatten sie Eva nicht einmal kennengelernt. Aber sie waren feinfühlige Mädchen, vor denen ich kaum etwas geheimhalten konnte. Okay, meine Stimmungslage hatten ohnehin mehr Menschen mitbekommen, als mir lieb war. Welcher Mann machte sich gerne wegen einer Frau zum Affen, für die er anscheinend doch nur ein Urlaubsflirt gewesen war? Ich lehnte den Kopf gegen die kalte Scheibe und kehrte in Gedanken an diesen schicksalhaften Nachmittag im September zurück, an dem alles begonnen hatte.

„Es gibt eine Zeit für Vorsicht und Vernunft und eine andere, das Herz sprechen zu lassen.“

Das war das Erste, was ich von Eva gehört hatte. Die Stimme war mir unbekannt, aber aufgrund der Klangfarbe war mir sofort klar, dass die junge, blonde Frau, die da mit Jessica unter dem Zitronenbaum saß, ebenfalls aus Österreich stammen musste.

Als ich mich bemerkbar machte, zuckten sie zusammen, als hätte ich sie bei etwas ertappt. Erschrocken stellte ich fest, dass Jessica geweint hatte.

„Geht es dir gut, Jessy?“, fragte ich sie besorgt. Rasch wischte sie sich die Tränen ab und lächelte mich beruhigend an.

„Wir sind nur traurig, weil wir nicht an die reifen Zitronen herankommen“, antwortete die Blonde an ihrer Stelle. Sie hätte auch sagen können, dass es mich nichts anging, aber das war auf jeden Fall die charmantere Variante. Ich war ohnehin nicht der Typ, der gerne die Nase in das Privatleben seiner Mitmenschen steckte, aber Jessica war nicht nur meine Kollegin, sondern auch zu einer Freundin geworden. Und für meine Freunde war ich da, wenn sie mich brauchten. Ich streckte Jessy die Hände hin, um ihr vom Boden aufzuhelfen. Dann wandte ich mich ihrer Begleiterin zu und nahm sie zum ersten Mal richtig wahr. Eigentlich stand ich nicht auf Blondinen. Sie waren mir zu blass und farblos. Aber diese hier ... Ihre hellblauen Augen funkelten mich vergnügt an und ihre rosigen Lippen waren zu einem süßen Lächeln verzogen. In ihren Wangen bildeten sich zwei Grübchen. Jessy stellte uns vor.

„Alejandro, das ist meine beste Freundin Eva.“

Sie reagierte darauf in perfektem, wohlklingendem Spanisch. „Freut mich, ich habe schon viel von dir gehört. Vor allem, dass du Frauen in Not hilfst.“

Mein Blick wanderte von ihrem Mund mit den strahlendweißen Zähnen zu ihren Augen, als ich ihr antwortete: „Das gehört zu meinen Hauptaufgaben. Wobei Zitronen zu pflücken eine der angenehmeren Arbeiten ist.“ Nur widerstrebend ließ ich ihre Hände los. Ihr schien eben erst zu Bewusstsein zu kommen, dass wir uns noch immer gehalten hatten. Amüsiert registrierte ich den rosigen Hauch, der ihre Wangen überzog. Ich streckte mich und wählte mit Bedacht drei leuchtend gelbe Zitronen, pflückte sie und überreichte sie Jessy. „Was immer der Grund für deine Tränen war, ich bin froh, zu sehen, dass sie getrocknet sind.“

„Danke. Denkst du, die Blüten halten sich, wenn man ein Ästchen in eine Vase stellt? Eva ist von ihrem Duft total fasziniert.“

„Ich habe keine Ahnung, aber bei dieser Fülle können wir es doch auf einen Versuch ankommen lassen.“ Ich betrachtete die Äste prüfend, bis ich einen geeigneten Zweig gefunden hatte. Aus der Tasche seitlich am Bein meiner Arbeitshose holte ich das Klappmesser heraus und trennte ihn mit einem sauberen Schnitt vom Baum. Ich überreichte ihn Eva mit einer angedeuteten Verbeugung. Zwischen sattgrünen Blättern saßen zahlreiche offene und halbgeöffnete Blüten. Sie hielt ihre hübsche kleine Nase daran und warf mir gleichzeitig ein Lächeln zu, das so atemberaubend war, dass es mein Herz einen Moment ins Stolpern brachte. So etwas war mir noch nie passiert. Eilig trat ich den Rückzug an, schnappte meine Schiebetruhe und machte, dass ich wegkam, bevor die Mädels mitbekamen, wie sehr mich Eva aus der Fassung brachte.

„Ich muss wieder an die Arbeit. Schönen Nachmittag, ihr beiden“, rief ich beinahe schon über die Schulter zurück, während ich mit langen Schritten das Weite suchte.

Obwohl ich wusste, dass sie nur zwei Wochen bleiben würde, hatte ich mich auf sie eingelassen. Ich konnte nicht anders. Vom ersten Moment an hatte ich alle Vorsicht, alle Vernunft vergessen und nur mein Herz sprechen lassen.

Es waren die unglaublichsten, wundervollsten zwei Wochen meines Lebens. Was dann folgte, glich einem dumpfen Aufprall aus drei Metern Höhe. So ähnlich hatte es sich angefühlt, als ich vor einigen Jahren von einer Leiter gefallen war.

Ich war davon ausgegangen, dass wir vorerst eine Art Fernbeziehung führen würden, bis wir uns sicher waren, wie es weitergehen sollte. Doch Eva verhielt sich, kaum dass sie wieder in Graz war, vollkommen anders, als ich erwartet hatte. Wenn wir telefonierten, verhielt sie sich freundlich, aber ich spürte deutlich, dass sie mich auf Distanz hielt. Und es war immer ich, der den Kontakt suchte. Ich hatte mit zehn Jahren den plötzlichen Tod meines Vaters verkraften müssen. Als ich fünfundzwanzig war, verstarb mein Stiefvater nach einem Sturz von einem Baugerüst. Das waren einschneidende, schockierende Erlebnisse gewesen, doch ich hatte gelernt, damit umzugehen. Diese leise, unausgesprochene Zurückweisung, die sich wie ein Wurm in mein Herz fraß, machte mich fertig. Ich musste wissen, was los war. Ich wollte aus ihrem Mund hören und in ihren Augen lesen, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben wollte. Dann konnte ich die Liebe meines Lebens vielleicht loslassen. Ich schnaubte innerlich über diese Formulierung, die mir spontan in den Sinn gekommen war.

Bei meinen Kumpels hatte ich die verschiedensten Verliebtheitsphasen miterlebt. Nach einigen Enttäuschungen waren die meisten mittlerweile verheiratet, einige hatten Kinder. Dass ich mich wegen einer Frau, noch dazu wegen einer Ausländerin, die hier nur auf Urlaub war, zum Affen machte, konnten sie nicht verstehen. Ich nahm es ihnen nicht übel. Schließlich verstand ich ja selbst nicht, was mit mir passiert war. Meine Halbschwestern fanden es höchst romantisch und drängten mich, um Eva zu kämpfen. Doch hatte ich überhaupt noch eine Chance?

Und nun saß ich im Flugzeug nach Graz. Es setzte sich in Bewegung und rollte zügig über den Flugplatz, bis es auf der vorgesehenen Rollbahn ankam. Nun beschleunigte es abrupt. Unwillkürlich hielt ich die Luft an. Ich wurde in den Sitz gedrückt, dann waren wir in der Luft. Fasziniert sah ich hinaus und betrachtete zum ersten Mal meine Heimat von oben. Erst als wir über Mallorca hinweggeflogen waren und unter uns nur noch das unglaublich blaue Mittelmeer zu sehen war, lehnte ich mich zurück. Jetzt merkte ich, dass sich mein Nacken verspannt hatte, und bewegte den Kopf hin und her. Ich sah mir die Fotos an, die ich gemacht hatte und konnte die Entzückenslaute meiner Schwestern jetzt schon hören.

2. Kapitel

Eva

Seufzend drehte ich mich um und schaltete den Wecker aus. Normalerweise brauchte ich nicht lange, um wach zu werden. Ich liebte meinen Job und freute mich auf den Tag. Doch seit ungefähr drei Wochen war nichts mehr wie zuvor.

Obwohl mir davor graute, schob ich die Decke weg und stellte bedächtig die Füße auf den Boden. Nur keine hastigen Bewegungen. Doch im gleichen Maß, wie ich mich in die Senkrechte bewegte, hob sich auch mein Magen. Ich presste die Hand auf den Mund und lief ins Badezimmer. Über dem Waschbecken erbrach ich mich. Mein Magen war ohnehin leer. Trotzdem musste ich mich fest anklammern, als die Übelkeit in Wellen durch mich hindurchlief. Meine Hände zitterten, als ich nach einem Becher griff und ihn mit Wasser füllte. Ich nahm ein paar winzige Schlucke. Kaum war es in meinem Magen, trat es auch schon wieder den Rückweg an.

Ich seufzte und betrachtete mich im Spiegel. Die erste Euphorie, als der Schwangerschaftstest anzeigte, dass mein Plan aufgegangen war, hatte sich angesichts der heftigen Morgenübelkeit etwas gelegt. Meine Freundin Jessica wurde von keinerlei Beschwerden geplagt und blühte regelrecht auf. Den angesichts meiner abgekämpften Gesichtszüge keimenden Neid ließ ich gar nicht erst aufkommen. Ich hatte das, was ich mir gewünscht hatte und durch solche Kleinigkeiten würde ich mir die Freude darüber nicht verderben lassen.

Entschlossen wandte ich mich ab, doch noch während ich auf der Kloschüssel saß, überfiel mich der nächste Brechreiz in einer übermächtigen Welle.

Ich war froh, dass ich mit meinem Chef ausgehandelt hatte, dass ich auch zu Hause arbeiten durfte. In eine warme Decke gemummelt, richtete ich mich mit dem Laptop auf dem Sofa ein. Die Arbeit lenkte mich ab und gegen zehn Uhr fühlte ich mich dann dazu bereit, es mit einem Kräutertee und einem Stück trockenem Toast zu versuchen.

Erleichtert merkte ich, wie sich Wärme in meinem Magen ausbreitete und zum ersten Mal an diesem Tag ein wohliges Gefühl auslöste. Ich arbeitete weitere zwei Stunden, dann machte ich Schluss. Es war Freitag und damit ein kurzer Arbeitstag. Es war für mich Ehrensache, die Zeit, die ich auf die Stundenaufzeichnungen eintrug, auch tatsächlich zu arbeiten. In dem Moment, als mir das Wort Ehre durch den Kopf geisterte, hatte ich ein Bild dazu: Einen Mann mit dunklem Haar und braunen Augen, die mich anstrahlten. Ein Lächeln, das beinahe perfekte Zähne freigab. Das winzige Eckchen, das bei einem Vorderzahn fehlte, war ein liebenswerter Makel in einem attraktiven Männergesicht, an das ich nicht erinnert werden wollte.

Es tat weh, an Alejandro zu denken. Gleichzeitig verband ich die schönsten, süßesten Erinnerungen mit ihm. Mein toller Plan hatte einen gewaltigen Fehler, den ich erst bemerkte, als es zu spät gewesen war.

Mit einem kleinen Lächeln legte ich die Hand auf meinen Unterbauch. „Ja, Kleines, ich habe dir gute Gene ausgesucht. Einen gesunden, vor Kraft strotzenden Papa mit Köpfchen und einem untadeligen Charakter. Genau das, was ich mir gewünscht hatte.“

Was ich nicht einkalkuliert hatte, war die Tatsache, dass er sich offenbar in mich verliebt hatte. Auch mich hatte es erwischt und, wenn ich ganz ehrlich zu mir war, vermisste ich ihn fürchterlich. Aber es war ein Urlaubsflirt gewesen und das wussten wir beide.

Ich rührte in meiner Gemüsesuppe vom Vortag, um sie langsam aufzuwärmen, ohne sie anbrennen zu lassen. Der Klingelton des Handys riss mich aus meinen Gedanken. Ich freute mich, den Namen meiner besten Freundin auf dem Display zu lesen.

„Hallo Jessy, wie geht’s dir?“, fragte ich betont munter.

„Mir geht es super! Wir haben strahlenden Sonnenschein und fast keinen Wind. Dabei hat es gestern noch geschüttet wie aus Kübeln“, sprudelte sie hervor. „Ich finde es toll, dass das Hotel im Dezember und Jänner geschlossen hat. Zwei Monate Urlaub am Stück. Jetzt können Mona und ich endlich mal so richtig viel unternehmen. Michi will sich auch ein wenig freischaufeln, aber er hat total viele Aufträge!“

Ich schmunzelte. Meine Jugendfreundin quoll über vor Unternehmungslust und das freute mich ehrlich für sie. „Also läuft es auch weiterhin gut für ihn“, stellte ich fest.

„Ja, er ist sehr zufrieden.“ Einen Moment war Pause, dann fragte Jessica. „Wie geht es dir? Ist dir noch immer so mies am Morgen?“

„Ja, aber mein Mini-Frühstück um zehn Uhr habe ich heute gut vertragen. Es scheint langsam besser zu werden.“

„Du tust mir echt leid“, stellte sie mitfühlend fest. „Ich weiß ja nicht, was bei mir noch alles kommt, aber bis jetzt geht es mir wirklich gut.“

„Genieße es“, kommentierte ich trocken. „Bei meiner Schwester schwellen jetzt die Beine an. Sie sieht aus wie ein zweibeiniger Elefant.“

Jessy lachte. „Oh, du bist gemein. Wie weit ist sie jetzt?“

„Im siebten Monat, aber sie hat wirklich viel zugenommen. Darauf werde ich auf jeden Fall achten.“ Ich schaltete die Heizzone meines Keramikkochfeldes aus, ließ den Topf jedoch darauf stehen. „Was gibt es sonst zu berichten?“ Wenn das Hotel geschlossen war, lief sie wenigstens nicht jeden Tag Alejandro über den Weg. Ich ertappte mich bei der Befürchtung, dass ihn die viele Freizeit vielleicht noch mehr ins Grübeln brachte, als wenn er sich mit Arbeit ablenken konnte. Jessy unterbrach meine Gedankengänge.

„Schade, dass du nicht zwischen den Feiertagen einfach zu uns kommen kannst. Wir vermissen dich alle sehr!“

„Dann hättest du nicht so weit wegziehen dürfen, Jessy“, erinnerte ich sie etwas unsanft. „Dass wir uns nicht mehr allzu häufig sehen werden, sobald du auf deiner Insel sitzt, war klar.“

„Okay, du hast ja recht. Ich sag auch schon nichts mehr“, kam es kleinlaut von ihr.

„Entschuldige bitte, war nicht so gemeint. Es ist ja lieb, dass ihr mich vermisst. Ich dich auch, Jessy. Sehr sogar.“ Plötzlich hatte ich einen Kloß im Hals. ‚Verdammte Hormone‘, murrte ich innerlich und versuchte, ihn wieder loszuwerden, indem ich einen Löffel Suppe nahm.

„Alles in Ordnung?“, erkundigte sich meine Freundin, als ich einen Schreckenslaut ausstieß.

„Ja, ich hab mir nur die Zunge an meiner Suppe verbrannt.“

„Oh, wolltest du gerade essen? Dann halte ich dich nicht länger auf. Dein Zwerg braucht Nahrung, vor allem, wenn du einen halben Tag nichts drin behältst. Kochst du dir auch etwas Ordentliches?“

Ich musste lachen. „Du erinnerst mich erschreckend an meine Mutter! Ja, ich achte auf meine Ernährung.“

„Ich werde von Michi und Mona verwöhnt und wollte dir nur ein wenig von ihrer Fürsorge weitergeben.“ Jessica senkte die Stimme ein wenig. „Manchmal wird mir das schon fast zuviel. Ich bin doch nicht krank.“

Mir lag bereits auf der Zunge, dass sie sich darüber freuen sollte. Abgesehen von meiner Mutter, die sich jedoch vor allem auf häufige Anrufe beschränkte, wurde ich nicht umsorgt, was auch nicht lustig war. Ich verbiss mir einen diesbezüglichen Kommentar. Die Suppe hatte ich mir selbst eingebrockt.

„Ich wünsche dir so sehr, dass du doch noch einen Mann findest, der das alles mit dir zusammen erlebt und durchsteht.“ Da waren wir also doch wieder bei meinem ‚Lieblingsthema‘ gelandet. Ich seufzte vernehmlich.

„Du weißt genau, dass kein Mann auf Dauer bei mir bleiben wollte. Da wird mich mit einem Kind schon zweimal keiner nehmen.“

„Das ist doch Quatsch, und das weißt du. Früher konnte ich wenigstens noch sagen, du hast den Richtigen einfach noch nicht getroffen. Aber jetzt ...“ Sie ließ den Satz unvollendet und ich seufzte erneut.

„Jessy, das hatten wir doch alles schon durchgekaut. Mehrmals. Ich weiß, Alejandro ist deiner Meinung nach der perfekte Mann für mich. Aber der Zug ist abgefahren. Er ist auf Mallorca und ich hier. Er wird darüber hinwegkommen und eine andere finden. Und ich habe ein Baby. Mehr brauche ich nicht zum Glücklichsein!“ Meine Freundin antwortete zuerst nicht. Es gab auch nichts zu sagen. Doch dann hörte ich, wie sie Luft holte.

„Weißt du noch, wie du mir gesagt hast, du hältst es für einen Fehler, dass wir so Hals über Kopf nach Mallorca auswandern?“

„Ja, klar. Das ist auch erst vier Monate her.“

„Auf die Gefahr hin, dass du mir böse bist: Ich halte es für idiotisch und nicht besonders verantwortungsvoll, dass du Alejandro und dir nicht eine Chance gibst. Vor allem eurem Kind gegenüber ist das unfair. Es ist nicht witzig, wenn in der Geburtsurkunde ‚Vater unbekannt‘ steht.“ Ich sog erschrocken die Luft ein. Das hatte gesessen.

„Daran hatte ich noch gar nicht gedacht“, gestand ich kleinlaut. Jessica hatte erst vor einem knappen halben Jahr erfahren, wer ihr Vater gewesen war. Da war er allerdings schon verstorben und sie hatte niemals die Gelegenheit gehabt, ihn kennenzulernen.

Nach dieser Ansage hatten wir beide keine große Lust mehr, das Telefonat weiterzuführen. Ich entschuldigte mich damit, dass meine Suppe kalt wurde. Wir verabschiedeten uns nicht ganz so herzlich wie sonst, aber wir wussten beide, dass unsere Freundschaft stark genug war, solche Tiefen auszuhalten.

Ich füllte einen Teller und setzte mich damit an den Tisch. Nachdenklich löffelte ich meine Suppe.

‚Jessy hat ja nicht unrecht. Er scheint genau die Sorte Mann zu sein, die es sonst nur in Romanen gibt: zuverlässig, fürsorglich, humorvoll und auf eine männlich-herbe Art attraktiv. Aber er würde mich genauso verlassen wie alle vor ihm.‘

Liebeskummer war bei mir ein häufiger Gast. Ich hatte aufgehört zu zählen, wie oft sich meine Partner nach mehr oder weniger langen Beziehungen der nächsten Frau zugewandt hatten und ich allein zurückblieb. Jessy behauptete, ich wäre einfach zu nett und leichtgläubig und ließe mich ausnützen. Diesmal hatte ich den Spieß umdrehen wollen, doch statt der erwarteten Befriedigung hatte ich ein schlechtes Gewissen und Krach mit meiner besten Freundin.

3. Kapitel

Alejandro

Es erstaunte mich, wie klein und überschaubar der Flughafen von Österreichs zweitgrößter Stadt war. Aber es war mir ganz recht so. Die weitverzweigten Hallen in Palma waren eine Herausforderung gewesen. Ich hob meine Reisetasche vom Förderband und stellte mich an die Seite. Der Reißverschluss meiner Daunenjacke klemmte ein wenig. ‚Lass mich jetzt bloß nicht im Stich!‘, warnte ich ihn. Nach zweimaligem Ruckeln ließ er sich schließen. Ich schlüpfte in die Träger meines Rucksacks, streifte mir den Tragegurt der Tasche über die Schulter und wandte mich dem Ausgang zu. In der Halle stand ein mit elektrischen LED-Lichtern geschmückter, geschätzte drei Meter hoher Tannenbaum. Ich betrachtete ihn interessiert und stellte fest, dass es tatsächlich ein richtiger Baum war. Auf Mallorca waren echte Christbäume eher selten. Sie mussten alle auf die Insel gebracht werden, weil sie in dem heißen Klima bei uns nicht wuchsen.

Draußen fuhr mir eisige Kälte ins Gesicht und ich schnappte erschrocken nach Luft. Eilig zog ich mir die Mütze tiefer über die Ohren. Der Pilot hatte uns bereits einige Zeit vor der Landung mitgeteilt, dass es in Graz acht Grad unter null hatte, aber wie sich das anfühlte, hatte ich nicht gewusst. Beinahe war es, als ob sich die Haut zusammenziehen würde. Es war mehr als unangenehm und ich zog den Schal, den ich unter der Jacke trug, etwas hervor, um ihn über Wangen und Mund zu legen. Suchend sah ich mich um. ‚Da muss doch irgendwo die Haltestelle sein‘, überlegte ich. Ein grüner Bus näherte sich dem Flughafengebäude und hielt ein Stück von mir entfernt. So schnell ich mit meinem Gepäck konnte, lief ich hin. Vorne über der Frontscheibe war eine Anzeige, die mir verkündete, dass ich die richtige Linie gefunden hatte. Die nächste Hürde bestand darin, den Fahrkartenautomat im mittleren Bereich des Busses zu bedienen, während er rasant um ein paar Kurven fuhr. Wie mir Jessica geraten hatte, löste ich eine Wochenkarte. Sorgfältig schob ich das Ticket in meine Brieftasche, steckte diese in die Jacke und zog den Reißverschluss zu. Auf gar keinen Fall wollte ich sie verlieren oder sie mir klauen lassen.

Jessys Freund Michael hatte mir geholfen, eine geeignete Unterkunft zu finden, in der ich mich für drei Nächte eingemietet hatte. So lange würde ich auf jeden Fall hierbleiben, egal wie das Treffen mit Eva verlief. Meine Freunde hatten von Graz in höchsten Tönen geschwärmt. Besonders jetzt in der Vorweihnachtszeit sollte es sehr schön und stimmungsvoll sein. Nun, ich würde mich überraschen lassen.

Neugierig sah ich aus dem Fenster. Während bei uns auf Mallorca zu dieser Jahreszeit alles grün und voller Leben war, wirkte die Landschaft, durch die wir fuhren, öde und trostlos. Neben dem einförmigen Dunkelbraun der Ackerflächen ragten kahle Bäume in den grauen Himmel. Die wenigen Wiesenflächen hatten einen seltsam leblos wirkenden Grünton, den ich nicht kannte. Auf Mallorca vertrocknete das Gras, wenn es im Sommer heiß wurde und war dann strohgelb. Dieses Dahinwelken ...

Der Bus bremste scharf und ich griff hastig nach meiner Reisetasche, die ich auf den Boden gestellt hatte und zu rutschen anfing. Einige Leute stiegen aus und ein und mit ihnen erreichte mich ein Schwall eiskalter Luft. Mich fröstelte und ich hielt die offene Jacke vor dem Bauch zusammen, bis sich die Türen wieder schlossen. Wir hatten offensichtlich die Stadtgrenze erreicht. In einigen Vorgärten standen lichtergeschmückte Tannenbäume oder weihnachtliche Figuren. An einer Fassade im ersten Stock baumelte ein rot gekleideter Weihnachtsmann, als wolle er in das Haus einbrechen.

Nun hielt der Bus öfter und ich zog den Reißverschluss der Jacke bis zum Hals zu. Zwei Männer in meinem Alter unterhielten sich neben mir, aber obwohl ich aufgrund einiger Brocken, die ich aufschnappte, sicher war, dass sie Deutsch sprachen, verstand ich kaum etwas. Ich war der Meinung, diese Sprache zu beherrschen, aber bei diesem Dialekt stieß ich sehr schnell an meine Grenzen. Also konnte ich nur hoffen, dass die Ausdrucksweise der beiden die Ausnahme und nicht der normale Umgangston hier war.

Ein paar Minuten später erreichten wir die Endstation. Aus dem Lautsprecher ertönte die Ansage: ‚Jakominiplatz. Umsteigen zu den Linien 1, 3, 4, 5 ...“ Ich hörte schon nicht mehr hin, sondern schulterte meine Tasche, zog meine Mütze zurecht und wappnete mich gegen die Kälte, in die ich gleich treten würde.

Ich stand auf einem großen, belebten Platz. Menschen hasteten kreuz und quer an mir vorüber. Mehrere Busse parkten nebeneinander und warteten teils mit laufendem Motor auf ihre Fahrgäste. Straßenbahnen kamen aus verschiedenen Richtungen und warnten mit lautem Gebimmel Passanten, die die Schienen kreuzen wollten. Ich orientierte mich kurz und fand auf Anhieb meine Haltestelle. Es war alles genauso, wie es mir Jessy beschrieben hatte. Auf einer Leuchtanzeige entdeckte ich den Hinweis, dass die nächste Straßenbahn der Linie 1 in acht Minuten eintreffen würde. Ich stellte meine Tasche zwischen die Füße und zog mein Handy hervor. Meine Finger waren ein wenig steif von der Kälte. Ich schickte eine Nachricht an Jessica, Carmen, Isabel und meine Mutter, dass ich gut gelandet war. Dann vergrub ich die Hände wieder tief in den Taschen meiner Jacke. Ich musste mir dringend Handschuhe besorgen.

Außerdem hatte ich kalte Füße. Meine knöchelhohen Sportschuhe reichten für den mallorquinischen Winter, aber hier spürte ich, wie die Kälte von unten durch die Sohlen kroch. Ich sah mich um. Mein Blick fiel auf eine Reihe von Verkaufsständen, deren Dachfirste mit Lichterketten geschmückt waren. Ein Blumenladen, ein Stand, der auf einem Plakat für Hotdogs und heiße Suppe warb, und eine Bäckerei ... Augenblicklich meldete sich mein Magen. Es war viele Stunden her, dass ich etwas gegessen hatte. An der Anzeige stand nun eine Fünf. Fünf Minuten mussten doch reichen, um an eine Mehlspeise zu kommen? Schnell entschlossen überquerte ich die Gleise und betrat den kleinen Laden. Beim Anblick der Warteschlange vor der Kasse wurde mir sofort klar, dass ich mich entscheiden musste, ob ich hungrig mit der nächsten Straßenbahn fuhr, oder auf die übernächste wartete. Die Auswahl und die Düfte, die meine Nase erreichten, waren einfach zu verlockend. Es gab Süßes und Pikantes. Krapfen, Topfentascherl, Apfelstrudel, Nusskronen, Linzerschnitten, Zimtschnecken ... Lauter unbekannte Namen und sie erschienen mir alle gleich verheißungsvoll. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Nur das Wissen, dass ich an diesem Platz noch öfter vorbeikommen würde, bewahrte mich davor, mehr auszuwählen, als ich gleich essen konnte. Mit einem Topfentascherl und einer Nusskrone in einem der durchsichtigen Beutel stellte ich mich zu den Wartenden. Dass ich den Betrag, den die Kassierin nannte, ohne Probleme verstand, beruhigte mich.

Ich postierte mich wieder an der Haltestelle und biss mit Genuss in das Topfentascherl. Die Hülle bestand aus zart knusprigem Teig, die Fülle war cremig und süß, aber auch einen Hauch säuerlich und schmeckte ein wenig nach Vanille. Ich war zufrieden mit meiner Wahl. Zu der Nusskrone hätte ich mir ein heißes Getränk gewünscht, aber meinen Platz noch einmal zu verlassen, kam nicht infrage. Ich packte mehr als die Hälfte davon in meine Tasche.

Als die Straßenbahn quietschend um die Kurve kam, strich ich mir die Krümel von der Jacke. Eine Taube schien nur darauf gewartet zu haben und lief mir frech vor die Füße. Ich stieg ein und suchte mir einen Sitzplatz am Fenster, wo ich auch die Reisetasche abstellen konnte. Neugierig sah ich hinaus. Der Ausblick war nun eindeutig interessanter als vorhin vom Bus aus. Bei der nächsten Station hielten wir vor dem Opernhaus, einem sehr beeindruckenden Bauwerk. Die Strecke führte am Stadtpark vorbei, dann durch eine Straße mit teilweise schönen, stuckverzierten, alten Gebäuden. Als Nächstes fuhren wir durch ein Villenviertel. Auch hier gab es Lichterketten und geschmückte Bäumchen in den Gärten. Für manche Kreationen fiel mir nur der Ausdruck Kitsch ein, aber Geschmäcker waren eben verschieden. Dann wurden die Häuser weniger und bald fuhren wir durch bewaldete Abschnitte. Jetzt musste ich aufpassen, um meine Haltestelle nicht zu übersehen. „Nächste Station Waldhof“, ertönte aus dem Lautsprecher. Ich streckte meinen Arm aus und drückte den Signalknopf. „Wagen hält“, stand nun auf der Leuchtanzeige. Ich schickte Jessica einen heißen Dank auf die Insel. Sie hatte mir alles so genau beschrieben, dass sich sogar ein Kind zurechtgefunden hätte. Gleichzeitig hatte ich aber auch gespürt, wie sehr sie sich mit ihrer alten Heimat noch verbunden fühlte.

Bis zu der Frühstückspension waren es etwa fünf Minuten Fußmarsch. Wohlige Wärme empfing mich, als ich die Tür aufstieß und eintrat. Eine Frau kam aus dem Hintergrund des Hauses an die kleine Rezeption. „Grüß Gott“, sprach sie mich an. „Sind Sie der Herr aus Spanien?“

„Ja, mein Name ist Alejandro Grimald Ferrer.“ Ich streckte ihr die Hand hin und sie drückte sie kräftig.

„Herzlich willkommen! Uiii, Sie sind aber kalt! Wir haben’s schon ein bisschen eisiger als auf Mallorca, gell? Ich war da vor ein paar Jahren auf Urlaub. Schön war’s, aber so viele Leut‘!“ Sie schüttelte missbilligend den Kopf. Ich unterließ es, nachzufragen, wo sie genau gewesen war. Vielleicht ergab es sich ja noch im Laufe meines Aufenthalts, dass ich ihr die Visitenkarte des Finca-Hotels überreichte, in dem ich arbeitete. Jetzt wollte ich mich einfach nur aufwärmen und ein wenig ausruhen. Ich legte ihr unaufgefordert meinen Reisepass auf den Tresen und füllte das Gästeformular aus, das sie mir hinschob, um das Verfahren zu beschleunigen.

„Dann kommen’S mal mit. Ich zeig‘ Ihnen Ihr Zimmer!“ Als sie vor mir herging, fiel mir auf, dass Frau Schneider ein wenig watschelte, so, als ob sie Probleme mit den Füßen hatte. Wir stiegen eine Treppe hoch. Vom Gang aus führten sechs Türen in die Zimmer. Meines lag ganz hinten. Der weiche, dunkelblaue Läufer schluckte das Geräusch unserer Schritte. Frau Schneider steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn zweimal um.

Die Einrichtung war aus Holz, ebenso der Boden. Alles strahlte eine Behaglichkeit aus, die zusammen mit der Wärme wohltuend wirkte. Der Bettbezug war hellgelb und vor dem Bett lag ein bunter, gewebter Teppich. Was mir besonders positiv auffiel, war der elektrische Wasserkocher, die Tasse und ein kleines Holzkästchen mit Teebeuteln in verschiedenen Sorten. Sogar Portionspäckchen mit Zucker und Süßstoff waren vorhanden.

„Ja, da schau her!“ Die Zimmerwirtin wies zum Fenster. „Jetzt fängt es auch noch zu schneien an. Da wird die Stimmung gleich weihnachtlich. Extra für Sie!“ Sie strahlte mich an und ich sah mich veranlasst, lächelnd zu nicken, obwohl ich im ersten Moment nicht so begeistert war. Aber eigentlich hatte sie recht. Wenn schon Advent in Österreich, dann gleich das volle Programm. Das Wichtigste war jedoch, dass ich ihn zusammen mit Eva erleben wollte. Die Sehnsucht durchfuhr mich wie ein schmerzvoller Stich. Jetzt trennten uns nur noch ein paar Kilometer Luftlinie. Wie würde das Wiedersehen ausfallen? Bald würde ich es wissen.

4. Kapitel

Eva

Florian war gerade gegangen, als es an meiner Wohnungstür läutete. In der Annahme, er wäre noch einmal umgekehrt, riss ich sie auf, ohne durch den Spion zu sehen.

„Hast du etwas verge...“ Ich verstummte mitten im Wort. Es war nicht mein Kollege, der hier mit einem etwas schiefen, unsicheren Lächeln vor mir stand.

„Hallo Eva“, sagte er und seine Mundwinkel zogen sich weiter nach oben.

„Alejandro! Was machst du denn hier?“ Mein Gehirn hatte keine Chance, seine Arbeit aufzunehmen. Spontan warf ich ihm die Arme um den Hals und legte meine Wange an seine. Er roch so himmlisch. Tief sog ich seinen Duft ein und mein Herz machte einen Satz. Er umschlang mich fest. Die Schneeflocken, die auf seiner Jacke gewesen waren, schmolzen und befeuchteten mein Oberteil. Mich fröstelte in der kühlen Luft auf dem Gang. Ich schob ihn vor mir her in den Vorraum und schloss die Tür. Dann lehnte ich mich dagegen und betrachtete ihn. Er schlüpfte aus den Trägern seines Rucksacks und ließ ihn vorsichtig zu Boden gleiten. Langsam zog ich ihm die nasse Mütze von seinem schwarzen Haar, das sich im Nacken vor Feuchtigkeit kräuselte. Er zog den Reißverschluss der dicken Jacke auf und streifte sie ab. Ich hängte sie auf einen Kleiderbügel, damit sie gut trocknen konnte. Wortlos stellte ich ihm Gästepantoffel vor die Füße.

„Was machst du hier?“, wiederholte ich meine Frage, als er sie angezogen hatte und sich wieder aufrichtete.

Nun legte er seine Hände um meine Oberarme und ich spürte durch den Stoff hindurch, wie kalt sie waren.

„Würdest du mir glauben, wenn ich sage, dass ich einfach hier bin, um Urlaub zu machen?“ Er sah mir in die Augen und ein wohliger Schauer lief mir über den Rücken. Ich schüttelte den Kopf.

„Nicht so ganz. Obwohl ...“

Er legte einen Finger über meine Lippen. „Ich musste dich sehen, Eva. Mit dir sprechen. Dich fühlen.“ Wir näherten uns langsam, bis wir uns in einer engen Umarmung befanden. Wange an Wange flüsterte er mir ins Ohr. „Du fehlst mir so sehr!“

Ich kämpfte mit mir. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, ihn auf Distanz zu halten. Das funktionierte so halbwegs, solange wir uns nur hörten. Im Video-Chat war es schon schwieriger gewesen. Hier, in seiner Umarmung, mit seinem Duft in der Nase, und seiner sehnsüchtigen Stimme im Ohr, ging es nicht. Ich konnte es einfach nicht.

„Ich vermisse dich auch!“ Langsam und bewusst rieb ich mich an seiner kalten, etwas rauen Wange. Seine Lippen glitten über mein Ohr, erreichten die empfindliche Stelle darunter, strichen an meinem Hals nach vorne, über mein Kinn, bis sie endlich meinen Mund erreichten, der sie schon sehnsüchtig erwartete. Sein Kuss war unendlich zärtlich und trieb mir die Tränen in die Augen. Er drückte all die Gefühle aus, die auch unter meiner Oberfläche schwelten, die ich unterdrückt und verleugnet hatte. Ein Schluchzen drang aus meiner Kehle. Mit zitternden Lippen küsste ich ihn zurück. Ich wollte jetzt nicht darüber nachdenken, ob ich einen Fehler machte. Nur der Moment zählte. Mit allen Fingern fuhr ich in sein dichtes Haar, wühlte darin und zog seinen Kopf noch näher zu mir. Seine Zunge glitt sanft in meinen Mund und ich begrüßte sie ebenso zärtlich. Wie sehr hatte ich seinen Geschmack vermisst, die Art, wie er mich beim Küssen streichelte und mit mir spielte!