Zu mager für die Haie - Maria Schreiber - E-Book

Zu mager für die Haie E-Book

Maria Schreiber

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Beschreibung

Wahre und erfundene Geschichten Waren Sie schon einmal tauchen? Hatten Sie dabei das Glück Haien zu begegnen? Es ist faszinierend, diesen wundervollen Tieren in die Augen zu schauen. Wie Segelflieger am Sommerhimmel glitten drei Blauhaie durch einen Schwarm Seehechte, als ich sie im klaren Wasser der Adria auf mich zu schwimmen sah. Voll Bewunderung hielt ich inne. Nur kurz dauerte dieses Schauspiel. Denn kaum hatten die Haie mich entdeckt, verschwanden sie im Tiefwasser. -Zu mager für die Haie- gehört zu den Geschichten, in denen ein Körnchen Wahrheit steckt. Den Traum vom Tauchen konnten wir uns nach der Wende erfüllen. In den meisten Geschichten und Gedichten in diesem Buch spiegeln sich Erlebnisse und Gefühle der Wendezeit wider.

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Seitenzahl: 86

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Ähnliche


Inhaltsverzeichnis

Tauchsport

1. Zu mager für die Haie

2. In Seenot

Flugsport

3. Davongekommen, nichts begriffen

4. Glück gehabt

5. …flieg nach Helgoland!

6. Rapslandung

7. Sich auf die Wolken legen*

Rotkäppchensekt und Katzenliebe

8. Rotkäppchensekt und Katzenliebe

9. Oh, diese Jugend!

10. Nie wieder beobachte ich Fremde

11. Zum Nachdenken*

12. Wie ein Kind zu träumen*

13. Ich weiß ja, dass ich anders bin*

14. Wieder daheim*

Schatten der Vergangenheit

15. Schatten der Vergangenheit

16. Wiedererkannt

17. Bessi, wie konntest du uns das antun?

18. Kartengrüße*

19. Und plötzlich werden Träume wahr*

20. Daheim geblieben*

21. Woher weht der Wind*

22. Zwischen den Stühlen*

23. Hast du alles schon vergessen?*

24. Gut oder böse* * Gedichte

Zu mager für die Haie

Wahre und erfundene Geschichten

Wende, ein Begriff, der 1989 eine vollkommen neue Bedeutung bekam. Er benennt nicht nur die Umkehr an einem bestimmten Punkt.

Er beinhaltet menschliche Schicksale, Veränderungen für ein ganzes Volk. Ob diese Veränderungen positiv oder negativ empfunden werden, ist von Mensch zu Mensch in Ost und West verschieden. Ohne Wende wäre dieses Buch nicht erschienen. Fast alle Geschichten und Gedichte haben direkt oder indirekt damit zu tun. In den Geschichten sind eigene Erlebnisse und Schicksale von Freunden und Bekannten eingebettet. Die Gedichte entstanden aus dem Bauch heraus zur Wendezeit und kurz danach. Mit ihnen verarbeitete ich meine Gefühle. Endlich frei! Auf dieses Gefühl hatte ich bis dahin ein Leben lang gewartet. Seit 1961 fühlte ich mich eingesperrt und bevormundet. Mir ging es als DDR-Bürger nicht schlecht. Ich hatte eine gute Arbeit, konnte sogar meinen Traum vom Fallschirmspringen verwirklichen. Doch plötzlich hieß es „aus kaderpolitischen Gründen“ gesperrt! So ging es vielen Flugsportlern, ohne dass sie je die Gründe erfuhren.

Nach der Wende stand uns die Welt offen. Mein Mann und ich erlernten das Gleitschirmfliegen, das Tauchen und das Reiten.

Grenzen setzte uns dabei nur die Finanzierung. Doch das konnte man berechnen, und dies war nicht so persönlich beleidigend.

Waren Sie schon einmal tauchen? Hatten Sie dabei das Glück Haien zu begegnen? Es ist faszinierend, diesen wundervollen Tieren in die Augen zu schauen.

„Zu mager für die Haie“ gehört zu den Geschichten, in denen ein Körnchen Wahrheit steckt.

Alle Namen sind frei erfunden.

Zu mager für die Haie

„Bist du übergeschnappt? Du kannst doch die Essensreste hier nicht einfach ins Meer werfen!“

„Hab dich nicht so! Das fressen alles die Fische“, konterte mein Mann.

Ich ärgerte mich, dass Jürgen sich so wenig Gedanken um die Umweltverschmutzung machte. Er war wie die meisten Leute: „Auf das bisschen Zeug von mir kommt es wirklich nicht an“. Und das „Bisschen“ konnte man hier leider überall sehen. In jeder noch so romantischen Bucht lagen Flaschen, Dosen, Beutel und der ganze „Wohlstandsmüll“ herum. Es war nicht viel, aber mich störte das. Von weitem glaubte man immer, eine unberührte, einsame Bucht entdeckt zu haben. Ging man dann vor Anker verfing sich garantiert irgendein Fetzen Papier im Seil und rief uns zu: „Ätsch, wir waren eher hier!“

Doch heute hatte ich keine Lust, mich darüber aufzuregen. Jürgen kümmerte sich ums Essen. So hatte ich jetzt Zeit für mich und wollte Schnorcheln gehen.

Obwohl es warm war, zog ich meinen Surfanzug an. Damit fühlte ich mich einfach sicherer und traute mich in tieferes Wasser.

„Wenn dich die Haie sehen, verwechseln sie dich mit einer Robbe“, lästerte Jürgen. Er spielte natürlich auf meine zwei Pfund Urlaubsspeck an, die ich mir angefuttert hatte. Das Essen schmeckte hier phantastisch.

Wir hatten in einer Bucht geankert, in der die Ufer rechts und links steil und felsig aus dem Meer ragten. Immer in Ufernähe schnorchelte ich an diesen schroffen Felsenwänden entlang. Und je länger ich in eine Felsspalte hinein sah, umso interessantere Lebewesen konnte ich entdecken. Manche Fische schienen ebenso neugierig auf mich zu sein wie ich auf sie.

Ganz nahe kamen sie an meine Taucherbrille heran und guckten mich an.

Während dieser stummen Zwiesprache hatte ich mich langsam aus der Bucht entfernt und war an den Rand des Tiefwassers geraten. Als ich meinen Blick vom Felsen löste und nach links schaute, blickte ich in unendlich scheinende Tiefe. Den Grund konnte ich hier trotz des kristallklaren Wassers nicht mehr ausmachen. Das Wasser färbte sich von grün zu einem milchigen Blau. Die Sonnenstrahlen versuchten, ein Stück weit Farbe hineinzuzaubern. Aber kein Fisch schwamm hier, an dem sich das Licht brechen konnte.

Gerade wollte ich mich abwenden, da sah ich einen Schatten durch das Wasser gleiten. Oder hatte ich mich getäuscht? Trotzdem schwamm ich lieber zurück. Mit meinen langen Taucherflossen kam ich ohne hastige Bewegungen schnell vorwärts. Instinktiv wollte ich mich möglichst wenig bewegen und herumzappeln. Denn dieser Schatten hatte mich an mein Erlebnis mit den Haien erinnert. Im vergangenen Jahr zu Pfingsten hatte ich beim Tauchen in 23 m Tiefe drei Blauhaie gesehen. Sie waren einem riesigen Fischschwarm gefolgt und wie Schatten durch den quirligen Silberstrom gesegelt. Blitzschnell waren diese wieder im Tiefwasser verschwunden, als sie mich und meine Tauchpartnerin entdeckt hatten.

Doch was hatte diesen Hai angelockt? Fische konnten es nicht gewesen sein. Wohl war mir nicht, aber Angst hatte ich keine. An die Schauermärchen mit Haien glaubte ich nicht.

Ganz ruhig schwamm ich auf unser Boot zu und sah mich unter Wasser nach allen Seiten um. Nichts! Bestimmt hatte ich mich getäuscht. Nur noch wenige Meter zum Boot. Ich schaute nach oben und sah Jürgen auf Deck stehen und mir zuwinken. Er fuchtelte mit den Armen und versuchte, mir mit Zeichen irgendetwas mitzuteilen und deutete immer wieder auf das Wasser. Da entdeckte ich eine dreieckige Rückenflosse. Also doch! Ich blieb bewegungslos im Wasser liegen und beobachtete.

Mindestens drei Haie, keine Riesen zum Fürchten aber größer als ich, umkreisten unser Boot. Schlagartig war mir klar, was sie angelockt hatte, die Fleischreste von unserem Mittagessen. Für mich interessierten sie sich nicht, zumindest vorerst. War ich ihnen zu mager?

„Wie lange werde ich wohl regungslos hier ausharren müssen?“ sinnierte ich mehr neugierig als ängstlich. Ans Ufer zu schwimmen hatte keinen Sinn. An den steilen Felsenwänden wäre ich nicht aus dem Wasser gekommen, und ich hätte womöglich damit erst noch „schlafende Hunde“ geweckt. Also abwarten und ruhig bleiben. Eine andere Wahl hatte ich nicht.

Trotz der Gefahr, in der ich schwebte, beobachtete ich bewundernd dieses Schauspiel. Wie Segelflugzeuge am Sommerhimmel glitten sie lautlos ohne einen Flossenschlag dahin. Der ganze Körper bog und wand sich geschmeidig in jede Richtung. Am liebsten sah ich sie von hinten, wenn sie um den Bug unseres Bootes auf die andere Seite schwammen. Nur dauerte es nicht lange, und einer nach dem anderen kam hinter dem Heck wieder hervor.

Ihnen dann auf das halbmondförmige Maul schauen zu müssen, jagte mir jedes Mal einen Schauer über den Rücken. Und trotzdem faszinierte mich dieser Anblick.

Ab und zu hob ich meinen Kopf aus dem Wasser, um aufs Boot zu sehen.

Irgendetwas musste Jürgen sich einfallen lassen. Aber was? Er schien recht ratlos zu sein. Er lief auf Deck hin und her und verfolgte jede Bewegung der Haie. Doch als ich jetzt hochblickte, war er verschwunden. Das beunruhigte mich. Plötzlich fühlte ich mich alleingelassen.

Eine Ewigkeit verging. Endlich tauchte Jürgen aus der Kajüte auf und ging zum Bug. Von dort rief er mir zu: „Pass auf!“

In weitem Bogen warf er etwas ins Meer. Im Nu kochte das Wasser. Ich begriff.

Die Räuber stürzten sich auf unser Mittagessen. Das war meine Chance.

Schnell schwamm ich zur Leiter am Heck und kletterte auf Knien an Deck. Erst oben streifte ich die Flossen ab.

Kaum an Bord, trieb mich die Neugier, mir die Haie von Bord aus anzusehen. Diese kreisten noch immer vor dem Bug und warteten auf den nächsten Fleischbrocken.

Doch da ich in Sicherheit war, geizte Jürgen und wollte den Rest für das Mittagessen aufsparen. Eine Weile widerstand er den fordernden Gesten der Räuber. Doch dann sagte er: „Ach, was soll’s! Fleisch kann ich mir jeden Tag kaufen, aber solch ein Erlebnis hat man nur einmal im Leben“ und warf die letzten Brocken ins Wasser. Als ob die Haie jede unserer Bewegungen an Bord beobachtet hätten, schnappten sie schon nach den Leckerbissen, bevor diese das Wasser berührten. So friedlich sie eben noch miteinander das Boot umkreist hatten, so wild kämpften sie jetzt gegeneinander um jeden Happen.

Als einer sein Maul besonders weit aufriss und wir die rasiermesserscharfen Zahnreihen blitzen sahen, legte Jürgen seinen Arm um mich und sagte:

„Bin ich froh, dass noch alles an dir dran ist!“

In Seenot

Schon wieder trübte sich der Himmel ein, und ein dumpfes Grollen war zu hören. Den ganzen Tag über hatten Sonnenschein und Gewitterschauer einander abgewechselt. Stuhlkissen rein, Stuhlkissen raus. Dieses laufende Hin und Her hätte mich an manch anderem Tag aus der Ruhe gebracht. Doch diesmal konnte nichts meine Stimmung trüben. Meinen ersten Urlaubstag genoss ich in vollen Zügen. Und diese wechselnden Gesichter des Himmels faszinierten mich. Kaum zogen noch watteweiße Wolkenfetzen am Himmel entlang, schon ballten sie sich zu finsteren Wolkenbergen zusammen.

Sah das nicht aus, als regnete es auf der Insel dort vor uns? Ich holte mir das große Fernglas und setzte mich wieder in die Tür unseres Wohnmobils. Durch das Glas konnte ich deutlich Streifen peitschenden Regens erkennen. Schnell kam diese Wand näher, und bald trommelten Tropfen schwer auf unser Dach. Nur leicht hatte sich die Luft abgekühlt. So konnte ich in meinem dünnen T-Shirt hocken bleiben und weiter durch mein Fernglas starren.

Alles sah so plastisch und greifbar nahe aus, wie in einem meiner Kinderbücher.

Wenn ich die dazugehörige rot-blaue 3-D-Brille aufgesetzt hatte, traten die Bilder aus dem Buch hervor, als könnte ich hineingehen, durch die Wälder spazieren oder auf den Bergen herumkraxeln.

Die Möwen tanzten in der Luft zu einer stummen Musik, bald rhythmisch mit den Flügeln gegen den Wind schlagend, bald sanft driftend gleiten.

Wie ein Pfeil schoss ein Sonnenstrahl durch eine Wolkenlücke und zauberte einen gold glitzernden Fleck auf die gekräuselte Wasserfläche. Kaum entdeckt, verschwand der Zauber wieder, doch nur, um einem noch größeren Naturschauspiel Raum zu schaffen.