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"Bevor ihr euch ins Nirwana begebt", sagt Willi, "gebe ich eine Runde aus. Paul, wo sind die Gläser?" Paul weist zur Anrichte. Willi geht dorthin und entnimmt ihr vier Gläser. Heimlich blickt er zum Tisch. Er sieht, wie Paul den Inhalt seines Briefchens in einen Löffel gibt und ihn über eine brennende Kerze hält. Willi holt ein Fläschchen hervor und schüttet in zwei der Gläser einige K.o.-Tropfen. Er nimmt die Gläser und geht damit zum Tisch. Während er einschenkt, schüttet Vroni den Inhalt ihres Briefchens auf einen Taschenspiegel und zieht mit einer Spielkarte zwei Spuren. Paul zieht die Spritze auf und bindet sich den Arm mit einem Gummiband ab. Willi hebt sein Glas: "Also Leute, wenn ihr wollt, dass wir gehen, müssen wir vorher die Gläser leeren." Paul und Vroni nehmen ihr Glas und kippen den Schnaps mit einem Ruck hinunter. Paul setzt die Spritze an und entleert den Inhalt in die Arterie, während Vroni sich mit einem Strohhalm die beiden Kokslinien in die Nase zieht. Lauernd beobachtet Willi die beiden. Als Erster kippt Paul zur Seite, nicht lange danach fällt Vronis Kopf nach vorne. Willi fasst unter ihr Kinn und hebt ihren Kopf an. Mit gemeinem Grinsen sagt er: "Du wirst eine erstklassige Hure, dich bekommen nur meine besten Kunden." Dabei hebt er sie wie eine Puppe hoch und verlässt die Küche. Im Wohnzimmer legt er die willenlose Vroni auf die Couch und beginnt ihren Schlafrock zu öffnen. Mit einem Ruck reißt er das dünne Nachthemdchen auseinander. Gierig blickt er auf ihren schlanken Körper hinunter. Die kleinen festen Brüste, das rote Dreieck ihrer Schamhaare erregen ihn. In seinen Lenden beginnt es zu ziehen. Schnell entledigt er sich seiner Kleider ...
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Seitenzahl: 306
Veröffentlichungsjahr: 2017
Anton Brunner
Copyright: © 2017: Anton Brunner
Umschlag & Satz: Erik Kinting –www.buchlektorat.net
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
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Juli 2008
Irgendwo im Urwald von Uganda!
Es regnet in Strömen. Ein Land Rover, der seine Jahre schon hinter sich hat, fährt über einen schlammigen Knüppeldamm. Die Scheinwerfer sind eingeschaltet. Der Wagen ist über und über mit Schlammspritzern bedeckt. In den schmalen Regalen an den Seiten wänden sind verschiedene Gerätschaften und medizinische Artikel untergebracht. Eine Hängematte ist mit Gummiexpandern an den Dachstreben befestigt. Darin liegt eine dunkelhäutige Frau, deren rechter Fuß dick verbunden ist. Sie hat anscheinend große Schmerzen. Durch die elastischen Expander, werden die Stöße die der Knüppeldamm verursacht zwar etwas abgemildert, doch bei jedem Schlagloch stöhnt sie schmerzhaft auf. Neben der Frau sitzt Kashiba, ein schwarzes Mädchen von etwa 20 Jahren. Sie ist Krankenschwester und obwohl noch sehr jung, erkennt man eine gewisse Professionalität, wie sie die Funktion der Infusions flasche überprüft. In der Ecke sitzt mit ängstlichem Gesicht ein Junge von etwa zwölf Jahren. Er hält seinen geschienten Arm fest an den Körper gepresst. In der dunklen Ecke sieht man ihn kaum, nur das Weiß seiner Augen leuchtet geradezu. Kagai, ein Schwarzafrikaner, sitzt hinterm Steuer. Er hat alle Hände voll zu tun, damit der Rover nicht von dem glitschigen Knüppeldamm abrutscht. Neben ihm, auf dem Beifahrersitz, hält sich der 39-jährige Arzt, Paul Saller, krampfhaft mit der einen Hand am Haltegriff über der Tür, und mit der anderen am Bügel seines Sitzes fest. Sein schmutziges Hemd ist vorne offen. Ein mehrere Tage alter Bart verdeckt seine untere Gesichtshälfte. Er wirft einen besorgten Blick auf die alte Frau, dann wendet er sich an den Fahrer. „Kannst du nicht etwas langsamer fahren, Kagai?“ In gebrochenem Deutsch, aber gut verständlich, erwidert der Fahrer: „Noch langsamer, Massa Doktor, dann wir kommen von Straße ab.“ Paul spöttisch: „Straße? Was für eine Straße?“
Auf einer Lichtung befindet sich eine Krankenstation, die aus drei Holzbarracken in U-Form besteht, und einen heruntergekommenen Eindruck macht. Die weiße Farbe, mit der man einst die Außenwände der Baracken gestrichen hat, ist zum großen Teil abgesplittert. Über der mittleren Baracke gibt es ein weiteres Stockwerk, in dem sich die Schlaf- und Wohnräume der Ärzte und Krankenschwestern befinden. Über der Veranda hängt ein verwaschenes Schild, auf dem man mit etwas Fantasie „Luweroo“ lesen kann, benannt nach der gleichnamigen, etwa 40 Kilometer entfernten Distrikt hauptstadt. Eine überdachte Veranda zieht sich quer über die mittlere Baracke, an deren Enden man in die Seitenflügel der Krankenzimmer gelangt. In der Mitte der Veranda führt eine Tür in die Küche, in der eine Gasleuchte spärlich Licht verbreitet. In den Kranken zimmern ist es dunkel. Da man mit Strom sparsam umgehen muss, wird das Aggregat nur in Notfällen hochgefahren. Die Fensteröffnungen sind statt Glas mit Moskitonetze versehen. Vor der Küche gibt es eine Gruppe Korbstühle, in einem davon sitzt Dr. Thomas Hauser der Oberarzt der Station. Seine Frau Dorothee, die man nur Dorle nennt, kommt gerade mit zwei Tassen Tee aus der Küche. Sie reicht eine Ihrem Mann und setzt sich dann neben ihn in einen der Korbstühle. Dorle ist der gute Geist des Hospitals. Sie kocht, macht die Büroarbeiten und assistiert auch noch bei Operationen. Ab und zu flackert hinter einer der Öffnung in den Nebengebäuden kurz Licht auf. Adila, Doktor Sallers Frau sieht nach den Kranken. Dieser verdammte Regen, schimpft Thomas, seine Feuchtigkeit dringt in alle Ritzen. Unsere Geräte schimmeln und die Wunden der Kranken heilen schlecht. Dorle schlürft an ihrem Tee und meint: „Er hat aber den Vorteil, dass du hier draußen sitzen kannst, denn wenn es nicht regnet, fressen dich die Moskitos auf.“ Thomas greift zum Glas und trinkt einen Schluck Tee. „Hmm, das tut gut.“ Seine Frau dagegen nimmt immer nur kleine Schlucke, denn sie weiß, wenn man ihn zu schnell trinkt, schwitzt man noch mehr. Plötzlich dringt Motorengeräusch an ihr Ohr. Die beiden richten sich auf und horchen gespannt. „Das kann nur Paul sein“, vermutet Dorle. „Sicher bringt er Arbeit mit“, fügt Thomas hinzu. Da kommt auch schon der Rover aus dem Wald und biegt in die vom Dauerregen aufgeweichte Lichtung ein. Er fährt bis direkt vor die Baracke und hält an. Paul steigt aus. Er kümmert sich nicht um den Regen, sondern ruft in den Wagen: „Bringt die Kranken auf ein Zimmer.“ Vom Rover bis zur Veranda sind es nur einige Meter, doch bis Paul dort ankommt, ist er pitschnass. Thomas und Dorle sind aufgestanden, um ihn zu begrüßen. Letztere fasst Paul an den Händen. „Gott sei Dank, ich machte mir schon Sorgen, Paul. Du bist seit zwei Tagen überfällig und über Funk gemeldet hast du dich auch nicht.“ Grinsend erwiderte dieser: „Aber Dorle, du weißt doch, Unkraut vergeht nicht. Im Ernst: Das Funkgerät gab schon am zweiten Tag den Geist auf. Diese verdammte Luftfeuchtigkeit machte ihm den Garaus.“ Er blickt sich suchend um. „Wo ist Adila?“ Dorle weist mit dem Kopf die Veranda entlang: „Da kommt sie.“ Aus einer Tür am Ende der Veranda kommt Adila, sie läuft auf Paul zu und fällt ihm um den Hals. Während sie sich küssen, presst sie sich fest an Paul, sodass er ihr kleines Bäuchlein spüren kann. In gut verständlichem Deutsch fragt sie: „Wo du warst so lange, wir uns haben Sorgen gemacht.“ Paul küsst sie und erwidert: „Du sollst dich in deinem Zustand nicht aufregen, das könnte dem Baby schaden.“ Adila ist eine schöne, hochgewachsene Frau mit einer makellosen Figur. Trotz ihrer dunklen Hautfarbe besitzt sie europäische Gesichts züge. Ihr Bäuchlein zeigt, dass sie im sechsten Monat schwanger ist. Thomas wendet sich Dorle zu: „Bring Paul einen Tee, den kann er jetzt sicher vertragen.“ Während Dorle in die Küche eilt, fragt Thomas: „Was ist mit den Kranken, Paul, brauchst du Hilfe?“ Kopfschüttelnd erwidert dieser: „Eine Sepsis und ein Armbruch. Ich habe die Kranken schon auf dem Weg hierher entsprechend versorgt, sie brauchen im Moment nur Ruhe.“ Während des Gesprächs sieht man im Hinter grund, wie der Junge mit dem gebrochenen Arm müh sam aus dem Rover steigt und anschließend der Fahrer mit Kashiba die Kranke herausholen. Paul nimmt Dorle, die in diesem Moment auf die Veranda kommt, das Glas aus der Hand und trinkt es in einem Zug aus. Er gibt das Glas zurück. „Danke Dorle, davon könnte ich noch einen gebrauchen. Ich zieh mir nur schnell andere Sachen an und komm dann zurück.“ Während Dorle mit dem Glas in die Küche eilt, verschwindet Paul durch eine der Türen, die von der Veranda nach drinnen führen. Adila setzt sich auf einen der Stühle und wendet sich Thomas zu: „Warum du hast Paul nichts über den Funkspruch gesagt?“ Thomas zieht die Schultern hoch. „Ob jetzt oder nachher, zu spät ist es in jedem Fall.“ Kagai und Kashiba tauchen vor der Veranda auf. Auch ihnen scheint der Regen nichts auszumachen. Während Kagai in den Rover steigt und ihn über den Platz zu einem Unterstand fährt, wendet sich Kashiba an Thomas: „Die Kranken jetzt schlafen, besser man in der Nacht nachsehen soll.“ Thomas beugt sich vor: „Ist gut Kashiba, geh du auch schlafen, du wirst nach dieser langen Fahrt müde sein.“ Als das Mädchen verschwunden ist, meldet sich Adila noch einmal zu Wort. „Zwei Wochen zu lange, wäre besser, die Route aufzuteilen und dafür fahren öfter.“ Thomas wiegt mit dem Kopf. „Das finde ich nicht mich beunruhigt, dass ewig defekte Funkgerät. Die Spenden, die uns der Verein „Helfende Hände, monatlich auf unser Konto in Luweero überweist, reichen im Grunde genommen gerade dafür, dass wir die Station unterhalten. Ich habe den Verein angeschrieben und ihm unsere prekäre Situation geschildert. Doch bisher bekam ich keine Antwort. Bis jetzt hat uns das Geld, das Pauls Groß mutter immer überwiesen hat über Wasser gehalten. Wenn das jetzt auch noch wegfällt, sind wir erledigt.“ Dorle kommt mit der Tasse Tee aus der Küche, gleichzeitig erscheint Paul in einem leichten Trainings anzug. Er zieht einen Stuhl heran und setzt sich. Dorle reicht ihm die Teetasse. Durstig trinkt er. Als er sein Glas absetzt, sagt Thomas: „Paul, vor zwei Tagen bekamen wir einen Funkspruch. Deine Großmutter ist gestorben.“ Pauls Hand die noch die Tasse hält, beginnt zu zittern. Er lehnt sich zurück und schließt die Augen. Tiefe Bekümmernis zeichnet sich auf seinem Gesicht ab. Adila beugt sich zu ihm und legt eine Hand auf seinen Arm. „Was ist mit dir, Liebling, hat dich Nachricht tief getroffen?“ Eine Weile bewegt sich Paul nicht, doch dann sagt er leise: „Sie war nicht nur meine Großmutter, sie war viel mehr. Als ich noch ein Kind war, starb meine Mutter. Ich kann mich nicht einmal an sie erinnern. Auch meinen Vater kenne ich nicht. Meine Großmutter holte mich zu sich und gab mir all die Liebe, zu der sie fähig war. Ich wuchs wohlbehalten mit einem Cousin und einer Cousine auf einem Pferdehof auf. Doch eines hatten die beiden mir voraus, sie hatten Vater und Mutter. Für mich wurde meine Großmutter der Inbegriff von Liebe.“ Einen Moment hält er inne, dann fügt er hinzu: „In zwei Monaten wäre sie 88 Jahre geworden. Ich wollte sie mit meinem Besuch überraschen, jetzt wird aus einer Geburtstagsfeier eine Beerdigung.“ Hüstelnd erwidert Thomas: „Auch dafür ist es zu spät. Bis du nach Hause kommst, ist deine Großmutter längst unter der Erde.“ Dorle steht auf und geht zu Pauls Stuhl. Sie legt von hinten ihre Arme um seinen Hals und schmiegt ihren Kopf an den seinen. „Du Armer, ich wünschte ich könnte dir helfen, aber gegen Schmerz und Trauer gibt es keine Medizin. „Paul stellt die Tasse ab. „Ich hoffe, ihr könnt einige Zeit auf mich verzichten, da ich schnellstmöglich nach Deutschland fliege. In spätestens zwei Wochen bin ich wieder zurück.“ Thomas' Stimme klingt zuversichtlich: „Na klar Mann, wir schaffen das schon. Übrigens, wenn du in Deutschland bist, frag doch bei „Helfende Hände“ nach, ob sie uns nicht etwas mehr Geld überweisen können.“ Paul löst sich von Dorle, steht auf und erwidert: „Und ob ich mich darum kümmern werde.“ Paul sieht auf seine Uhr am Handgelenk. „Thomas tu mir den Gefallen und funke Frantisek, in Masindi an, dass er mich morgen mit seiner Maschine in Luweero abholt und mich nach Kampala fliegt“ Thomas steht auf und eilt zur Tür. Über die Schulter ruft er zurück: „Ich könnte ihn gerade noch erreichen, wenn er nicht schon in einer Kantinas rumhängt.“ Während er verschwindet, wendet sich Paul an Dorle. „Ich muss morgen früh raus, deshalb werden Adila und ich uns jetzt zurückziehen. Er umarmt Dorle und küsst sie auf die Wange. Mit einem. „Dann bis morgen früh, will er mit Adila die Veranda verlassen. Doch da dringt ein schwacher Ruf aus einer der Fensteröffnungen. Adila wendet sich an Paul. „Du gehen, ich nachsehen nach Kranken, kommen nach.“ Während Paul hinter einer der Türen verschwindet, eilt Adila zu einem der Nebengebäude.
Ein zweitüriger Kleiderschrank, eine Kommode, ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen, dazu ein eisernes Bettgestell mit einem Nachttisch ist die Ausstattung ihres Zimmers. An der Wand hängt ein Bild von Albert Schweizer. Obwohl vor dem Fenster eine Moskitogaze hängt, ist das Bett mit einem von der Decke hängenden Tüll umgeben. Wie auf der Veranda baumelt von der Decke eine Gasleuchte. Paul kommt herein, zündet sie an und beginnt sich nackt auszuziehen. Auf dem Nachtisch steht ein Bild in einem silbernen Rahmen. Er setzt sich auf das Bett, nimmt das Bild zur Hand und blickt lange darauf. Endlich sagt er leise: „Wie konntest du mir das nur antun, Großmutter. Hättest du nicht warten können bis ich komme, ich habe mich so auf unser Wiedersehen gefreut.“ Sanft fährt er mit der Hand über das Bild als würde er es streicheln, dann stellt er es auf den Nachtisch zurück. Er legt sich aufs Bett und richtet sorgfältig den Tüll. Es gibt keine Decke, nicht einmal ein einfaches Leinentuch lässt die schwüle Hitze zu. Adila kommt herein. Sie ist tropfnass. Paul sieht ihr zu, wie sie sich entkleidet. Ihre Bewegungen sind geschmeidig wie die eines Tieres. Ihre schlanke Gestalt mit den großen Brüsten erregt ihn. Nass wie sie ist gleitet sie zu ihm auf das Bett. Eng schmiegt sie sich an ihn und legt ihren Kopf auf seine Schulter. Ihr nasser Körper und die Wölbung ihres Leibes erzeugen ein heißes Gefühl in seine Lenden und führen zu einer heftigen Erektion. Adilas Hand gleitet nach unten und umfasst sein pralles Glied. Leise flüstert sie in sein Ohr: „Vorsichtig sein, das Baby es nicht mag, wenn man stört beim Schlafen.“ Es genügt nur ein leichter Druck von Paul und Adila legt sich folgsam auf die Seite. Als er in sie eindringt, stöhnen beide verhalten auf. Gerne hätten sie ihre Lust laut geäußert, doch die Baracke hat dünne Wände. Anfangs bewegt sich Paul vorsichtig in ihr, aber das reicht Adila nicht. Sie ist ein Kind des Landes, voller Glut und Leidenschaft. Ihre Bewegungen werden immer heftiger, auch Paul lässt nun alle Vorsicht fallen und hält mit seiner Manneskraft dagegen. Während sie gleich zeitig zum Höhepunkt kommen, zucken ihre Körper in rasender Leidenschaft. Als Paul spürt, dass sein Glied erschlafft, will er sich aus Adila zurückziehen. Doch sie lässt es nicht zu und hält ihn fest. Eng aneinander geschmiegt liegen sie so, bis der Schlaf sie übermannt.
Gut zwei Stunden benötigt der Rover, bis er in dem 40 Kilometer entfernte Luweero angekommen ist. Die Stadt ist der Sitz der für den Distrikt zuständigen Behörden. Es gibt eine Kirche, eine Bank und ein Krankenhaus. Der Unterschied zu ihrer Krankenstation ist, dass ihre Patienten nichts bezahlen, während das Krankenhaus für jede Untersuchung Geld verlangt. Der Airport befindet sich etwas außerhalb und wird in seiner primitiven Art der Stadt nicht gerecht. Außer dem Rollfeld das einer Buckelpiste gleicht, gibt es noch eine Wellblechhütte. Kagai hält davor an. Paul steigt aus und holt aus dem Wagen seine Reisetasche. Eine Weile blickt er dem sich entfernenden Rover nach. Paul ist ein hoch gewachsener schlanker Mann. Sein Gesicht ist schmal und unter einem rötlichen Haarschopf blicken zwei blaue Augen hervor. Er hat viel Not und Elend gesehen und irgendwie drücken seine Augen das aus. Paul nimmt seine Reisetasche auf und setzt sich in den Schatten der Wellblechhütte. Gerne hätte er Adila mitgenommen, aber ihr Zustand und die viele Arbeit in der Krankenstation lassen es einfach nicht zu. Adila hatte in Kampala Medizin studiert. Sie kam vor drei Jahren zu ihnen und wollte eigentlich nur ein Praktikum absolvieren. Aber da war Dr. Saller. Sie verliebten sich und Adila blieb. Vergangenes Jahr haben sie geheiratet, und jetzt wird er auch noch Vater. Es hätte für ihn nicht besser laufen können, doch da stirbt seine Großmutter, die Frau, der er alles zu verdanken hat. Er weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, als das Geräusch eines Motors zu hören ist. Er steht nicht einmal auf, sondern blickt nur kurz zum Himmel. Ein kleines Flugzeug überfliegt ihn, zieht eine Schleife und setzt zur Landung an. Es rollt aus und bleibt in kurzer Entfernung von der Hütte stehen. Paul nimmt seine Reisetasche, geht auf das Flugzeug zu und klettert hinein. Sofort wendet dieses, startet und gewinnt langsam an Höhe. Frantisek, der Pilot ist kaum zu erkennen. Er trägt eine Ledermütze und eine unförmige ausgepolsterte Brille. Paul sitzt hinter ihm. Nach einer Weile blickt er nach unten. Von hier oben wird man erst gewahr, welch ungeheure Weite dieses Land hat. Nach gut einer Stunde landen sie in Kampala. Paul klettert aus dem Flugzeug und verabschiedet sich von dem Piloten. Ein Auto kommt heran, nimmt ihn auf und fährt mit ihm Richtung Flughafengebäude an dessen Frontseite „KAMPALA“ steht.
Nachdenklich blickt Paul aus dem Fenster des Zugabteils auf die vorbeiziehende Landschaft. Gestern Abend ist er in München gelandet. Er hatte in einer Pension übernachtet und heute früh den Zug nach Bad Tölz bestiegen. Vor zwölf Jahren war er von hier weggegangen, um in Afrika seiner Bestimmung nach zugehen. Das Einzige, was ihn in dieser Zeit mit seiner Heimat verband, waren die Briefe seiner Großmutter. Seine Gedanken wandern zurück. Nach Abschluss seines Studiums hatte er einige Jahre als Assistenzarzt in einem Münchner Krankenhaus gearbeitet. Nachdem er eines Tages ein Buch über den Urwalddoktor Albert Schweizer in die Hände bekommen hatte, änderte sich sein Leben völlig. Er setzte sich mit einer Hilfsorganisation in Verbindung und landete schließlich in der Krankenstation ‚Luweroo‘ mitten im Urwald von Uganda, wo sie nur eine primitive Sendestation mit der Außenwelt verband. Das Kreischen der Bremsen reißt ihn aus seinen Gedanken. Langsam fährt der Zug in den Bad Tölzer Bahnhof ein und hält nach einigem Rucken an. Paul holt seine Reisetasche aus dem Gepäcknetz und verlässt den Zug. Auf dem Bahnsteig hält er einen Moment inne. Seine Großmutter hatte ihn damals zum Bahnhof begleitet. Ihr letzter Satz klingt ihm noch heute im Ohr. „Den Menschen in Not zu helfen ist höchste Christenpflicht, Paul. Nutze deine Fähigkeiten und du wirst dafür belohnt werden.“ Paul verlässt den Bahnhof und schlägt den Weg nach Ehrbach ein, einen kleinen Ort in etwa fünf Kilometer Entfernung. Eine Weile marschiert er die Landstraße entlang, dann biegt er in einen Weg ein, der durch Wiesen und Weiden nach Ehrbach führt. Heiß brennt die Sonne vom Himmel und obwohl er die Hitze Afrikas gewöhnt ist, entledigt er sich schon nach kurzer Zeit seiner Jacke. Der Weg führt einen kleinen Hang hinauf. Oben angekommen, taucht ein Wegkreuz auf. Paul setzt sich auf die kleine Bank darunter, um etwas auszuruhen. Von hier aus hat man einen weiten Blick über das Tal. Im Hintergrund kann er, am Fuße eines Bergrückens, den Pferdehof mit seinem Wohnhaus, den Stallungen und der Reithalle sehen. Der Hof ist umgeben von Weidekoppeln, auf denen etwa zwei Dutzend Pferde grasen. Sein Onkel und seine Tante sind längst verstorben. Jetzt hat Bernhard sein Cousin, der im Juli 1990 Steffi heiratete, hat auf dem Hof das Sagen. Sie brachte zwei Kinder zur Welt. Im gleichen Jahr den Hoferben Bernie und ein Jahr später Stefanie. 1993 heiratete Bernhards Schwester Hanne lore, den Rechtsanwalt Konrad Bergmann. Zwei Jahre später bekamen sie einen Sohn, der natürlich den Vornamen seines stolzen Vaters bekam und sich im Moment in einem Schweizer Internat befindet. Paul kehrt aus seinen Gedanken in die Wirklichkeit zurück. Er erhebt sich und wandert weiter. Als die Ehrbacher Kirche mit dem Gottesacker in sein Blickfeld kommt, geht er darauf zu, um nachträglich seiner Großmutter die letzte Ehre zu erweisen. Entlang der Friedhofsmauer liegen die drei Gräber der Sallers. Im ersten die Vorfahren Korbinian und Veronika. Im zweiten sein Onkel Bernhard und Tante Stefanie. Das dritte ist mit Kränzen und Blumen abgedeckt. Auf dem Grabstein steht:
BERNHARD SALLER
1918 - 1944
GEFALLEN IN RUSSLAND
VERONIKA SALLER
1946 - 1971
MARIA SALLER
1920 - 2008
Neben dem Namen seiner Großmutter ist ein ovales Porzellanschildchen in den Grabstein eingearbeitet, das ihren Mann in der Uniform der Gebirgsjäger zeigt. Lange verharrt Paul davor und nimmt Abschied von der Frau, die ihm in der Vergangenheit immer zur Seite gestanden hat. Nach einem letzten Vaterunser verlässt er den Friedhof und schlägt den Weg zum Pferdehof ein. Kaum ist er auf den Vorplatz eingebogen, kommt seine Verwandtschaft aus allen Richtungen angelaufen. Sein Cousin Bernie kommt zusammen mit seinem Sohn, dem achtzehnjährigen Bernhard von den Ställen während seine Frau Hanna, mit ihrer Tochter, der sechzehn jährigen Stefanie aus dem Wohnhaus kommt. Als Erste erreicht ihn Hanna. Freudig umarmt sie ihn und drückt ihm einen Kuss auf die Wange. Bernie fasst Paul an den Schultern und blickt ihm in die Augen. „Gut, dass du endlich da bist, mein Junge“, sagt er verhalten, „Groß mutter hätte dich gerne noch einmal gesehen.“ Paul wendet sich den Kindern Bernhard und Stefanie zu. „Mein Gott, was seid ihr groß geworden, als ich euch zum letzten Mals sah, habt ihr noch auf meinem Schoß gesessen.“ Die beiden sehen ihn mit großen Augen an. Auch wenn er ihr Verwandter ist, aber einen Urwald doktor bekommt man nicht alle Tage zu Gesicht. Suchend blickt sich Paul um, schließlich fragt er: „Wo sind denn Hannelore und Konrad?“ Bernie sagt: „Ihr Sohn Konny besucht in der Schweiz ein Internat, sie haben ihn gestern besucht. Eigentlich müssten sie bereits hier sein, da sie ja wissen, dass du heute kommst. Sie leben jetzt in einem eigenen Haus in Bad Tölz, dort befindet sich auch ihr Büro. Du weißt ja sicher, dass Mutter ihnen schon vor Jahren die Bauernmärkte übergeben hat.“ Paul zustimmend: „Das hat sie mir geschrieben und soweit ich weiß, laufen die Geschäfte gut. Bernie lachend: „Du kennst doch Hannelore und ihren Geschäftssinn.“
In der Stube ist schon zum Kaffee angerichtet. Der Duft steigt Paul verlockend in die Nase. Steffi schneidet ein Stück vom Gugelhupf ab und legt es auf Pauls Teller. „Wie ist es im Urwald“, fragt sie neugierig, „sind dort viele Menschen krank?“ Paul legt einen Arm um sie. „Leider ja“, erwidert er und beißt ein Stück vom Kuchen ab. „Ich werde auch einmal Doktor“, meint Stefanie altklug, „dann komm ich zu dir in den Urwald und helfe dir dabei, die Menschen gesund zu machen.“ Plötzlich ist Motorengeräusch zu hören. Durchs Fenster sieht man einen Mercedes vorfahren. Hannelore und Konrad verlassen den Wagen und kommen ins Haus. Die Begrüßung ist stürmisch vor allem Hannelore will ihren Cousin gar nicht mehr loslassen. Später schickt Bernhard die Kinder aus der Stube. Bei den komm enden Gesprächen sollten sie nicht dabei sein. Als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hat, räuspert sich Bernie und wendet sich an Paul: „Nachdem uns die Nachricht von deinem Kommen erreicht hatte, beschlossen wir, mit der Eröffnung des Testamentes zu warten, bis du da bist. Geladen dazu sind Hannelore, du und ich. Die Eröffnung findet morgen um 11.00 Uhr im Büro von Notar Bichler in Bad Tölz statt.“ Einen Moment überlegt er, dann fährt er fort: „Ich weiß, dass du weder deine Mutter noch deinen Vater kennst. Im Schlaf zimmerschrank von Großmutter gibt es eine Kassette auf der dein Name steht. Niemand von uns hat jemals reingesehen. Eines Tages sagte sie zu mir: „Wenn ich einmal nicht mehr bin, soll sie Paul öffnen.“ Einen Moment herrscht Stille, dann steht Paul auf. „Ich bin zwei Tage unterwegs gewesen und hundemüde. Wenn ich morgen früh nicht herunterkomme, weckt mich bitte rechtzeitig. Er verlässt die Stube und geht nach oben. Großmutters Schlafzimmer ist noch genauso, wie er es in Erinnerung hat. Ein seltsames Gefühl ergreift ihn. Es ist, als würde er körperlich ihre Nähe spüren. Er öffnet den Schrank und nimmt die Kassette heraus, die auf dem Boden steht und setzt sich damit in den Lehnstuhl, in dem Großmutter immer ihr Mittagsschläfchen hielt. Nachdenklich betrachtet er die Schatulle. Wer weiß, was ihn da erwartet. Aber dann öffnet er sie doch. Als Erstes erblickt er einen verschlossenen Umschlag. Noch zögert er etwas, aber dann nimmt er ihn heraus. Darunter liegt ein Buch auf dem mit dicker Schrift „FÜR PAULI“ steht. Er öffnet den Umschlag, holt einen Brief heraus und faltet ihn auseinander. Es erscheint die zierliche Handschrift seiner Großmutter.
Mein lieber Pauli,
wenn du diese Zeilen liest, bin ich nicht mehr unter euch. Oft hast du mich nach deiner Mutter, die uns allzu früh verlassen hat, oder deinen Vater, der nicht gerade ein guter Mensch war, gefragt. Im Leben hatte ich nie die Kraft, deine Fragen zu beantworten. Aber es ist natürlich dein gutes Recht, eines Tages die Wahrheit zu erfahren. Deshalb das Buch an dich, in dem alles steht, was ich über die beiden weiß. Der Tod deines Vaters machte dich zu seinem Alleinerben. Er hat zwei Bücher und einen Bildband veröffentlicht und eine Menge damit verdient. Notar Bichler aus Bad Tölz, der auch mein Testamentsvollstrecker ist, legte die Erlöse in Wertpapiere an, die er auch heute noch verwaltet. Alles Geld, dass ich dir in der Vergangenheit zukommen ließ, sind Zinsen aus diesen Anlagen. Bleibe so wie du bist und bemühe dich immer darum, Menschen die in Not sind, zu helfen.
Deine dich immer liebende Oma
Eine Weile sitzt Paul nur da, er hat ein Würgen in der Kehle und kämpft mit den Tränen. Schließlich nimmt er das Buch aus der Kassette und blickt nachdenklich darauf. Wird das, was darinsteht seine Fragen beantworten, und wenn ja, fühlt er sich dann besser oder schlechter? Unschlüssig wendet er es hin und her, doch dann öffnet er es und beginnt zu lesen.
Es sind die letzten Reste der Wehrmacht, die von allen Frontabschnitten abgezogen werden, um die komm ende Winteroffensive der Russen abzuwehren. Bern hard Sallers Regiment kommt von Süden über Innsbruck nach München, wo für einige Tage Station gemacht wird, um zusätzliche Truppenteile einzusammeln. Obwohl strengstes Ausgangsverbot herrscht, schindet Bernhard bei seinem Kompanieführer, mit dem er es ziemlich gut kann, einen Urlaubsschein für zwei Tage heraus. Der Hof seiner Eltern liegt in der Nähe von Bad Tölz und bis dahin war es nur ein Katzensprung. Als Bernie plötzlich auf dem Sallerhof auftaucht, fällt als Erstes seine Frau Maria in Ohnmacht, während seine Mutter in Tränen ausbricht. Nur sein Vater bleibt stumm und schließt seinen Sohn wortlos in die Arme, während der dreijährige Bernhard sich an ein Bein seines Vaters klammert.
Zwei Tage bleiben ihnen, um ihr Zusammensein zu genießen. 1940 hatten sie geheiratet und neun Monate später war Bernie zur Welt gekommen. Damals war ganz Deutschland im Siegestaumel. An allen Fronten siegte die Wehrmacht. Jetzt, vier Jahre später, kämpfte deren kümmerlicher Rest, um den Feind von der Heimat fernzuhalten. Immer wieder fordern ihn die Frauen auf, seine Erlebnisse zu erzählen, doch Bernhard schweigt. Hätte er von den erbitterten Kämpfen erzählen sollen? Von seinen Kameraden, die neben ihm starben, oder von den Kindern die vor Angst hilflos schreiend durch die Straßen rannten. Wenn dann mitten unter ihnen eine Granate einschlug blieben meist nur einzelne Teile von ihnen übrig. Nur sein Vater fragte nie danach, er hatte den Ersten Weltkrieg mit all den Grausamkeiten erlebt und war mit einem zerschossenen Bein heimgekehrt.
Die Nächte aber gehören Bernhard und Maria. Sie lieben sich, als wäre es das letzte Mal. Beim Abschied stand die Familie vor dem Haus. Sein Vater umarmte ihn, während seine Mutter in Tränen aufgelöst war. Bernhard hob seinen Sohn hoch und küsste ihn. Nur eine fehlte: Maria. Sie hatten sich schon vorher mit einer langen Umarmung und einem innigen Kuss verabschiedet. Als Bernhard den Hof verlässt, sieht er sich noch einmal um. Maria steht auf dem Balkon und winkt ihm nach. Wie sollte er auch ahnen, dass seine geliebte Frau neues Leben in sich trug.
Kaum war Bernhard zurück, teilte ihm sein Kompanie führer mit, dass sie für die Ostfront vorgesehen waren, um mit einem letzten Aufgebot die Russen an der Oder aufzuhalten. Gleichzeitig würde man Berlin zu einer Festung ausbauen. War einer der Züge voll, verließ er München in unbekannte Richtung. Sie fuhren nur nachts, da der Deutsche Himmel nur noch von feind lichen Jägern beherrscht wurde.
Als der Arzt, Maria bestätigte, im zweiten Monat zu sein, schrieb sie an Bernhard, dass er wieder Vater wird, und legt ihm ein Bild von sich dazu. Da sich Bernhard zu diesem Zeitpunkt an vorderster Front befand, erreichte ihn der Brief erst, als sie für einige Zeit abgelöst wurden. Ergriffen von dem Inhalt schrieb er zurück:
12. Dezember 1944
Meine liebste Maria,
dass du guter Hoffnung bist, lässt mich für einige Zeit diesen verdammten Krieg vergessen. Ich nehme den Brief, verkrieche mich in eine Ecke und träume mich zu dir. Ich würde meinen Kopf auf deinen nackten Bauch legen um unserem Kind ganz nahe zu sein. Wir haben schon einen tollen Sohn und es wäre mehr als gerecht, wenn du mir diesmal ein Mädchen schenken würdest. Aber ein prächtiger Junge täte es natürlich auch, denn dass wir das können haben wir schon bewiesen. Pass gut auf dich auf und arbeite nicht zu viel. Grüße mir meine Eltern und vor allem unseren Sohn. Vergiss nie, dass ich der Mann bin, der dich von ganzem Herzen liebt.
Dein Bernhard
Kurz darauf kommt der Krieg auch auf den Sallerhof. Zuerst erscheint der Bürgermeister und quartiert bei ihnen Flüchtlinge ein, drei Frauen und zwei Kinder. Einige Tage später erscheinen zwei Zivilisten mit einem Zug bewaffneter Soldaten. Sie zeigen Korbinian ein amtliches Dokument, das besagt, dass seine Tiere beschlagnahmt sind. Zu seinen besten Zeiten besaß der Hof 50 Milchkühe, zwei Süddeutsche Kaltblüter und einen Haflinger. Sie lassen ihm den Haflinger und zwei Milchkühe. Man hätte ihm auch nur eine Kuh gelassen, wenn die Flüchtlinge nicht auf dem Hof gewesen wären. Maria regt sich derart auf, dass sie Blutungen bekommt und von Veronika mit dem Einspänner ins Tölzer Krankenhaus gebracht werden muss. Nun reicht es Korbinian. Er kennt die beiden Zivilisten, sie waren Tölzer und Mitglieder der NSDAP. Ganz nahe tritt er an die beiden heran und sagt drohend: „Eines Tages ist der Krieg zu Ende, ihr wisst was dann mit euch geschieht.“ Einen Moment sind die beiden verblüfft, dann brüllt einer von ihnen: „Noch ein Wort und ich lasse dich auf der Stelle an die Wand stellen. Worauf die Soldaten kehrtmachen und den Hof verlassen. Einen Augenblick sind die beiden verwirrt, dann rennen sie schleunigst hinterher. Wütend ruft ihnen Korbinian nach: „Der Tag wird kommen, wo ich euch dafür zur Verantwortung ziehe.“ Zum Glück waren die Blutungen bei Maria von harmloser Natur, und sie konnte mit Veronika wieder nach Hause fahren. Zwei Wochen später bringt ihm der Bürgermeister noch eine Familie, eine Frau mit zwei Kindern. Korbinian innerlich wütend aber äußerlich eiskalt, sagt: „Wenn ihr noch Flüchtlinge übrighabt, nur her damit, ich hoffe es schmeckt ihnen unser Heu in der Scheune.“
Im Spätherbst kehrt im Ort Stille ein. Die Bauern haben ihre Ernten eingebracht. Nur Korbinian ließ seine Korn felder stehen. Eines Tages kommt der Bürgermeister, der auch Ortsgruppenleiter der NADAP ist, auf den Hof. Wenn sie auch politisch nicht einer Meinung sind, kennen sie sich schon als Kinder. „Hör zu, Korbinian“ sagte der Bürgermeister, „bringe deine Ernte ein. Noch ist es Zeit dazu. Tust du es nicht wird man dich als Volksschädling behandeln und was das heißt, weißt du.“ Einen Moment überlegt Korbinian, dann meint er: „Niemand wird mich dazu bringen, meine Felder abzuernten, aber ich mache dir folgenden Vorschlag. Ich schenke dir meine gesamte Ernte, damit könnt ihr einen Teil der Flüchtlinge ernähren.“ Der Bürgermeister streckt Korbinian die Hand hin: „Schlag ein Korbi der Handel gilt.“ Doch Korbinian lässt ihn einfach stehen und entfernt sich. Über die Schulter ruft er zurück: „Da, wo ich herkomme, gilt das Wort.“
Plötzlich ist Weihnachten. Schon seit Wochen stricken die Frauen Wollsocken und Fäustlinge und bringen das Paket zur Poststelle. Korbinian geht mit Bernhard in den Wald und holt einen Christbaum. Am Heiligabend schmücken Veronika und Maria nachmittags den Baum. Während der Haflinger von Bernhard im Stall eine Extraportion Hafer bekommt, macht Korbinian die Arbeit der Frauen und melkt die beiden Kühe. Am Abend singen sie das Lied der „Heiligen Nacht“, dann gibt es die Bescherung. Es sind meist selbst gemachte, praktische Dinge. Nur Bernhard strahlt; sein Großvater schenkte ihm ein Taschenmesser. Um Mitternacht besucht man die Heilige Messe und trifft sich anschließend bei den Steiners. Man isst Selbstgebackenes und trinkt organisierten Rotwein.
An der Ostfront ist es bitterkalt, Bernhard hat sich mit seinem Zug etwa 100 Meter hinter der Hauptkampflinie eingegraben. Wer es nicht frühzeitig getan hat, bekommt jetzt mit dem gefrorenen Boden Probleme. Es ist Heiligabend und es herrscht eine eigenartige Stille. Plötzlich erklingt gegen Mitternacht von drüben erst leise, dann immer lauter werdend in russischer Sprache: „Stille Nacht heilige Nacht“. Es breitet sich den gesamten Frontabschnitt entlang aus und wird immer lauter. Auch die deutschen Soldaten stimmen ein. Immer lauter erklingt das Lied in beiden Sprachen über die Ebene. Bernhard singt mit. Dabei denkt er an seine Familie und kann kaum die Tränen zurückhalten. Es ist wie ein Wunder: Soldaten die tagsüber versuchen, sich gegenseitig umzubringen, singen in zwei Sprachen das heiligste aller Lieder. Als es verstummt tritt eine seltsame Stille ein. Bernhard holt Marias Bild aus der Brusttasche, legt sich auf die Seite und deckt sich mit einem Stück Rossdecke zu, die er einem toten Pferd abgenommen hat. Mit einem letzten Blick auf das Bild schläft er ein.
Ein gewaltiger Krach reißt ihn aus dem Schlaf. Ununterbrochen geht ein Trommelfeuer auf ihre Stellungen nieder. Vorsichtig blickt er über den Rand seiner Grube und sieht unzählige Panzer auf ihre Stellungen zurollen, dazwischen tausende von Rotarmisten. Wenn auch hinter ihnen eine weitere Frontlinie mit Tigerpanzern versuchen wird den Ansturm aufzuhalten, wurde es für ihn Zeit abzuhauen. Er springt aus der Grube und rennt so schnell er kann Richtung zweite Kampflinie. Dabei passiert er einen Tigerpanzer, der feuert was seine Kanone hergibt. Als Bernhard auf gleicher Höhe mit ihm ist, explodiert er mit einem gewaltigen Knall. Bernhart verspürt einen Schlag auf der Brust und wirft sich automatisch in einen Granattrichter. Er legt sich auf den Rücken und tastet seine Uniformbluse ab, die quer über die Brust aufgerissen ist. Er verspürt ein heftiges Brennen und drückt mit beiden Händen auf die Bluse, da quillt zwischen seinen Fingern Blut hervor. Bernhard ist lange genug Soldat, um zu wissen, dass er einen Volltreffer abbekommen hat. Er ruft nicht einmal nach einem Sani, da ihm die Kraft dazu fehlt. Das Bild seiner Familie taucht vor seinem geistigen Auge auf. Maria mit einem Baby auf den Arm. Er will ihr noch etwas zurufen, doch seine Stimme versagt. Das Bild wird schwächer, dann ist nur noch Dunkelheit um ihn. Bernhard ist tot. Als man ihn beim Gegengriff findet, hält er krampfhaft Marias Bild in seiner Faust.
Veronika Saller kommt vier Wochen zu früh zur Welt. Sie ist ein hübsches Mädchen mit veilchenblauen Augen und einem roten Haarflaum auf ihrem Köpfchen. Man nimmt eine Nottaufe vor, da ihr die Ärzte kaum eine Überlebenschance einräumen. Doch sie täuschen sich. Nach einigen Tagen zwischen Leben und Tod entscheidet sich die kleine Vroni zu leben. Als nach den Heiligen Drei Könige die Nachricht von Bernhards Tot eintraf fiel Maria in Ohnmacht. Man brachte sie ins Krankenhaus, wo kurz darauf die Wehen einsetzten. Zwei Wochen lag Vroni in einem Brutkasten, bis man es riskieren konnte, die Kleine der Mutter zum Stillen zu geben. Als man Maria zum ersten Mal das winzige Wesen in ihren Arm legt, rollen ihr Tränen über die Wangen. Die Nachricht von Bernhards Tod und die Frühgeburt haben sie so geschwächt, dass sie erst nach sechs Wochen zusammen mit der kleinen Vroni entlassen wird.