Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Kriminalgeschichten sind ein bei der Leserschaft äußerst beliebtes Genre, was eigendlich verwundert, denn wer findet Mord und Totschlag schon im echten Leben gut? Sei's drum: Packende Krimis sind schwer zu finden. Oft wird der Leser auf hunderten Seiten quasi zu Tode gelangweilt und mutiert selbst zum Opfer. Darum hier nun der Versuch, spannende Kurz-Krimis für Zwischendurch zu präsentieren. Der Mord wird hier zum "Quickie", wenn man das so respektlos sagen darf! Die ein oder andere Story wird Ihnen mit Sicherheit gut gefallen!
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 240
Veröffentlichungsjahr: 2015
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Martinshorn
Zwilling
Postleitzahl
Veruntreuung
Tabletten
Tagebuch
Suppe
Eifersucht
Grauer Star
Reifen
Whiskey
Adressen
ER
Uganda
Zimmer 503
Töne
Weißwein
Theater
Blumen
Regen
Unfall
Flucht
Impressum
Sylvio Zahn kauerte in seinem Versteck und wartete. Würde es heute gelingen oder wäre das Warten wieder vergeblich? Der rechte Fuß war fast eingeschlafen. Nur das nicht! Vorsichtig bewegte er die Zehen, streckte das Bein lang aus und kauerte sich gleich wieder zusammen. Ein silberfarbiger Molkerei-LKW wurde im Morgendunst sichtbar. Zahn preßte sich dichter in das Gestrüpp der verkrüppelten Büsche am Straßenrand. Tau tropfte ihm in den Nacken. Nur nicht gesehen werden! Mohmann lugte durch das Blätter-Dickicht. Der LKW ratterte laut dröhnend vorbei. Für einen kurzen Moment wurde der Fahrer sichtbar, er fuhr wie jeden Morgen seine Runde. Man konnte die Uhr nach ihm stellen. Halb neun, noch fünfzehn Minuten. Um neun begann die Sprechstunde von Dr. med. Dietrich Eisenberg. Er wohnte im gleichen Dorf wie Fritz Zahn und praktizierte in der nahen Kleinstadt. Jeden Werktag gegen viertel vor neun passierte Eisenbergs eleganter dunkelblauer BMW auf der Landstraße die einsame Stelle mit den Haselnußbüschen am Straßenrand. Zahn sah dem Milchwagen nach, spähte dann mit dem Fernglas die Landstraße hinauf und hinab. Kein Fahrzeug zu sehen und kein Motorengeräusch war zu hören. Nur Vogelgezwitscher und leises Grillenzirpen im Gras. Es duftete schwer nach Laub und Erde. Ein Flugzeug zog einen Silberstreif zum Horizont. Zahn spürte einen leichten Schmerz im Magen. Verdammt, er hätte doch etwas frühstücken sollen. Aber seit seine Frau gestorben war, schmeckte ihm nichts mehr. Früher hatten sie jeden Morgen gemütlich am Frühstückstisch gesessen, Kaffeeduft zog durch das Haus, Hilde hatte Brötchen im Herd aufgebacken, die Zeitung lag auf dem Tisch und das Radio spielte. Früher, da war das Frühstück ein gemütlicher Tagesbeginn gewesen. Beide hatten es genossen. Bis Hilde plötzlich nicht mehr essen mochte, keinen Appetit mehr hatte. Zuerst hatten sie dem keine Bedeutung beigemessen. Aber dann wurde Hilde immer blasser, kraftloser. Er drängte sie, zum Arzt zu gehen. Hilde hatte Bedenken. Sie sei ja gar nicht krank, habe nur keinen Appetit, das würde schon vergehen. Was sollte sie dem Arzt viel sagen. Zahn ließ nicht locker. Widerstrebend gab Hilde nach und rief in der Praxis eines Facharztes für Allgemeinmedizin in der nahe gelegenen Kleinstadt an. Die Helferin hatte Hilde gefragt, was sie hätte. Wenn es nur ein wenig Appetitlosigkeit sei, dann wäre es ja nichts Ernstes, dann habe sie leider erst einen Termin in vier Wochen. Sylvio Zahn hatte seine Frau zum Arzt begleitet. Hinter einem breiten Schreibtisch saß der Facharzt für Allgemeinmedizin im eleganten schwarzen Ledersessel. Vor dem Schreibtisch standen zwei schäbige Besucherstühle mit fleckigem Bezug. Wie viele Patienten mögen hier vor Angst geschwitzt haben, fragte sich Zahn. Der braungebrannte Arzt (Sonnenbank, vermutete Zahn) gab ihnen nicht die Hand, wies mit schlaffer Handbewegung auf die fleckigen Stühle. Hilde und Zahn nahmen Platz. Hilde berichtete von ihrer Appetitlosigkeit und davon, daß sie sich allgemein schlecht fühle und unfreiwillig einige Kilo abgenommen habe. Dr. Eisenberg sah kritisch an Hilde hinunter, spreizte die manikürten Finger, trommelte leicht ungeduldig auf die polierte Schreibtischplatte: "Ach meine Beste, Sie haben doch noch viel zuzusetzen!" Er lachte dröhnend. Zahn bemerkte, wie Hilde beschämt errötete. Seit den Wechseljahren hatte sie etwas zugelegt, das machte ihr sehr zu schaffen. "Befindlichkeitsstörungen!" Der Arzt seufzte und starrte mißmutig auf Hildes selbstgestrickten Pullover "für Befindlichkeitsstörungen zahlt die Kasse keine Medikamente. Gehen Sie an die frische Luft, bewegen Sie sich, essen Sie mehr Obst und kommen Sie in einem halben Jahr wieder!" Er erhob sich. Zahn war verblüfft. Wieso nur Befindlichkeitsstörung? Woher wußte der Arzt das? Ohne Untersuchung, ohne Labordiagnostik? Hilde stand auf: "Danke Herr Doktor!" Zahn war verwirrt. War das jetzt alles? Er hockte immer noch auf dem schäbigen Besucherstuhl. Im Kopf schwirrten tausend ungesagte Sätze, seine Lippen öffneten sich aber es kam kein Ton heraus. Der Arzt warf ihm einen ungnädigen Blick zu, stand auf, umrundete den Schreibtisch, schritt an Zahn vorbei zur Tür. Zahn stand zögernd auf, folgte zur Tür. "Auf Wiedersehen Herr Doktor!" Sie gaben Eisenberg die Hand. Zahn öffnete den Mund, wollte noch etwas sagen, aber er kam nicht mehr dazu. Der Arzt ergriff resolut seine zögernd ausgestreckte Hand und beförderte ihn am ausgestreckten Arm hinaus auf den Flur. Zahn lehnte sich an den Haselstrauch, massierte das Bein und lauschte. Ein fernes Brummen wurde lauter, schwoll an, Motorengeräusch. Zahn hob das Fernglas und spähte die Allee hinab zu dem Punkt, wo man die Straße gut einsehen konnte. Ein kleiner weißer Kastenwagen kam heran, gefolgt von einem roten VW Golf. Der Kastenwagen belieferte den Bäcker mit Mehl und Backzutaten, im Golf fuhr Zahns Skatbruder Hans Wohlers zur Arbeit. Zahn ging in die Knie, duckte sich tief ins Gebüsch und hielt den Atem an, bis die Fahrzeuge vorüber waren. Das Motorengeräusch wurde schwächer, nur noch ein leichtes Sirren lag in der Luft. Zahn entspannte sich. Hilde war es nach dem Arztbesuch noch schlechter gegangen. Nach vier Monaten erlitt sie eine Magenblutung, wurde mit dem Notarztwagen ins Kreiskrankenhaus gebracht. Es war Krebs und er war schon zu weit fortgeschritten. Man machte ihnen keine Hoffnungen. Hilde wollte zu Hause sterben. Eisenberg kam zweimal am Tag vorbei und gab Hilde eine schmerzstillende Spritze. Zahn saß stundenlang an Hildes Bett und hielt ihre Hand. Als die Schmerzen immer schlimmer wurden, verlangte Zahn von Dr. Eisenberg wirksame Schmerzmittel. Der Arzt rang die Hände. Sein Arzneimitteletat sei ohnehin bereits ausgeschöpft, er hätte in diesem Quartal schon zu viele Medikamente verschrieben, eine Betäubungsmittelverschreibung würde ihn "abrechnungsmäßig" zu sehr belasten, außerdem könne Frau Zahn ja abhängig werden von den Opiaten. Zahn war entgeistert. Abhängig?! Seine Frau war schwerstkrank, im Endstadium einer unheilbaren Krebserkrankung, nur Morphium brachte noch etwas Linderung – und der Arzt redete von Abhängigkeit?! Zahn überlegte einen Augenblick ob er den Arzt wechseln sollte, aber die nächste Arztpraxis lag in der zwanzig Kilometer entfernten Kreisstadt – zu weit, um einen der dortigen Ärzte um Hausbesuche zu bitten. Er war auf Eisenberg angewiesen, Hilde war ihm praktisch ausgeliefert. Hilde starb drei Wochen später unter qualvollen Schmerzen. Zahn saß auch die letzte Nacht an ihrem Bett. In der Morgendämmerung hörte ihr Herz auf zu schlagen. Zahn weinte und hielt so lange ihre Hände, bis diese ganz kalt waren. Erst dann rief er den Arzt an und bat ihn um die Ausstellung des Totenscheines. Nach einer dreiviertel Stunde erschien Dr. Eisenberg, zog sich Latexhandschuhe über, untersuchte die Verstorbene flüchtig, schrieb eilig den Totenschein aus und schüttelte munter Zahn die Hand: "Nun seien Sie man so zufrieden, wie es gekommen ist. Das wäre doch nichts mehr geworden mit Ihrer Frau!" Seien Sie man so zufrieden?! Zahn mußte sich zurückhalten, um den Mediziner nicht zu erwürgen. Womit sollte er zufrieden sein? Damit, daß der unfähige Arzt damals seine Frau gar nicht untersucht hatte, ihre Krebserkrankung als "Befindlichkeitsstörung" diagnostiziert hatte? Sollte Zahn damit zufrieden sein, daß Hilde unter Qualen sterben mußte, weil Eisenberg um seinen Arzneimitteletat fürchtete und Hilde nicht die Betäubungsmittel spritzte, die ihre Leiden hätten wirksam lindern können? Nein, Zahn war ganz und gar nicht zufrieden. Fernes Motorengeräusch ließ Zahn aus den Erinnerungen hochschrecken. Fünfzehn Minuten vor Neun. Hoffentlich kam heute Eisenbergs BMW ganz allein die Landstraße entlang. Darauf wartete Zahn seit Tagen. Immer wieder waren andere Fahrzeuge aufgetaucht, die Zahns Plan zunichte machte. Sie fuhren vor Eisenbergs BMW her, folgten ihm oder kamen ihm entgegen. Es war wie verhext. Einmal hätte es fast geklappt, kein weiteres Auto weit und breit, Zahn hatte bereits frohlockt, da sah er aus dem Augenwinkel einen Radfahrer den fernen Hügel hinunterfahren. Zahn war blitzschnell ins Laubversteck zurückgesprungen und hatte sich flach auf den Boden geworfen. Nur keinen Augenzeugen! Das Motorengeäusch kam näher. Eine dunkelblaue Limousine. Zahn sah sich ruckartig um: kein weiteres Auto weit und breit, keine Motorräder, keine Radfahrer, keine Fußgänger, auch keine Trecker auf den Feldern. Zahn spähte durch das Fernglas. Es war Eisenberg, der sich dort näherte. Er saß allein im Fahrzeug. Zahn ging in die Knie, robbte an den Straßenrand, ein flacher Graben und hohes Gras verdeckten ihn. Das Motorengeräusch schwoll an, Zahn spannte alle Muskeln, sein Herz schlug bis zum Hals. Er griff nach einem Ast, den er vorsorglich im Gras versteckt hatte. Jetzt ging es um alles. Als Eisenbergs Fahrzeug nur noch etwa zwanzig Meter entfernt war, schnellte Zahn wie eine Feder aus dem Graben hervor, tauchte ganz unverhofft wild den Ast schwenkend vor dem BMW auf. Eisenberg fluchte, riß das Steuer herum, Bremsen quietschten, das Fahrzeug schleuderte quer über die Straße und prallte furchtbar dumpf krachend gegen einen massiven Chausseebaum. Es war plötzlich ganz still, die Vögel hatten aufgehört zu zwitschern, auch die Grillen waren verstummt. Zahn stand wie erstarrt. Immer noch kein Mensch weit und breit. Er warf den Ast weg, näherte sich vorsichtig dem verunglückten Fahrzeug. Eisenberg hing blutüberströmt und entsetzlich verrenkt halb aus der Tür. Er war nicht angeschnallt gewesen. Der Airback war ausgelöst worden, hatte aber nichts mehr ausrichten können. Eisenberg war tot. Ein tragischer Unfall. Sylvio Zahn wandte sich ab, überquerte die Straße, holte sein altes Fahrrad aus dem Gebüsch und radelte über einen holprigen Feldweg querfeldein nach Hause. Ganz in der Ferne hörte er das Freddyshorn eines Rettungswagens.
Der junge Mann lag bäuchlings auf dem Parkettboden des Wohnzimmers. Im Rücken, schön genau zwischen den Schulterblättern ragte noch der Brieföffner heraus.'Wie in einem drittklassigen Krimi', schoss es Briketts durch den Kopf. 'Nur dass die Leiche echt ist und ich bin der Kommissar.' Briketts guckte sich um. Alles vom Feinsten: die Designermöbel, die Kleidung des Opfers, der neueste Krimi vom angesagten Schreiberling. Und die Mordwaffe war aus schwerem, altem Silber, besetzt mit Halbedelsteinen. 'Fast wie bei Agatha Christie.' Briketts musste sich zwingen, an das Hier und Jetzt zu denken und nicht an irgendwelche Krimifiguren. "Gibt's schon was, Frau Miller?", wandte sich Briketts an die schlanke Frau im weißen Overall. Die Rechtsmedizinerin zog gerade das Messer aus dem Rücken, behutsamer als sonst, wie Briketts registrierte. "Abwarten, Herr Briketts. Da ist ein Fingerabdruck. Könnte vom Täter sein, wahrscheinlich aber vom Opfer selbst. Außerdem noch keine klitzekleine Schleimspur. Könnte von einem Nieser stammen. Muss man sehen." Sie deutete auf den kleinen Stapel Briefe, der auf dem Schreibtisch verteilt war und hielt die Tatwaffe so, dass Briketts alles genau sehen konnte. Der Kommissar nickte. "Sonst noch was von Bedeutung?" Frau Miller zuckte mit den Schultern. "So, wie der Brieföffner steckt, kann der Stich nur von einer weiteren Person ausgeführt worden sein. Selbstmord scheidet definitiv aus. So ersticht sich keiner! Der Rest wie gehabt und in zwei Tagen." Frau Miller packte ihre Siebensachen zusammen, überwachte den Abtransport der Leiche. "Herr Briketts, ich bin dann fertig. Bis Montag." Briketts zuckte zusammen, gerade so als hätte jemand einen Kanonenschuss hinter ihm abgefeuert. "He, Herr Briketts, warum denn so schreckhaft? Haben Sie nen Geist gesehen?" Der Kommissar drehte sich langsam um. Er wies mit der Linken auf das Familienfoto an der Wand, das er die ganze Zeit über angestarrt hatte. "Nein Frau Miller, keinen Geist, aber den Mörder." "Herr Briketts", die Angesprochene wusste nicht ob lachen oder weinen, "sie wollen mir doch nicht allen Ernstes erzählen, dass Ihnen das Foto da erzählt hat, wer der Mörder ist. Auf dem Bild sind doch nur das Opfer, die Eltern und der Zwillingsbruder zu sehen. Und das ganze ist mehrere Jahre alt. Ein Schnappschuss von irgendeiner Hochzeit." "Sie sagen es, Frau Miller. Sie sagen es. Zwillinge." "Wie sind Sie mir drauf gekommen?" Der junge Mann auf dem Besucherstuhl vor Briketts's Schreibtisch hatte seine Fassung immer noch nicht ganz wiedergefunden. "Was hat Sie auf die Idee gebracht, stehenden Fußes, direkt von der Leiche meines Bruders, zu mir zu kommen, meine Fingerabdrücke zu nehmen und mir auf den Kopf zuzusagen, dass ich den Peter umgebracht habe?" Briketts zuckte mit den Schultern, grinste ein bisschen verlegen. Schien fast, als wollte er sich bei Freddy Bubbles entschuldigen, dass er ihn - wie der junge Mann so schön sagte - stehenden Fußes verdächtigt hatte. "Es hat damit zu tun, Herr Bubbles, dass Sie ein Zwilling sind. Ich bin übrigens auch ein Zwilling, wäre sonst nie auf die Idee gekommen." Bubbles verstand keine Silbe. Hilfe suchend schaute er die Frau an, die neben dem Fenster stand. Frau Miller hatte alles stehen und liegen lassen, als sie von der Verhaftung Freddy Bubbles hörte. Spitzte nun die Ohren und ließ sich nichts entgehen. Ihre Untersuchungen hatten zwar Briketts's Verdacht bestätigt, aber von alleine hätte sie den Bruder nie verdächtigt. "Das ist ganz einfach, Herr Bubbles. Schon bei der ersten flüchtigen Untersuchung des Tatorts fiel Frau Miller auf, dass sich ein Fingerabdruck auf dem Brieföffner befand. Vom Opfer war er nicht, also musste er vom Täter stammen. Nur - wer hinterlässt heutzutage noch Fingerabdrücke auf einer Mordwaffe? Ein absoluter Dummkopf oder einer, der gar keine Angst hat, Spuren zu hinterlassen. Können Sie mir folgen?" Der Gerichtsmedizinerin ging langsam ein Licht auf. Bubbles kapierte immer noch nichts. Ein feines Lächeln huschte über Briketts's Gesicht. "Sie und Ihr Bruder, Herr Bubbles, waren Zwillinge. Ich nehme an, Sie gingen davon aus, dass eineiige Zwillinge identische Fingerabdrücke haben." Freddy Bubbles nickte. Er war der festen Überzeugung gewesen, dass seine und die seines Bruders Fingerabdrücke identisch seien, dass er gar keine Handschuhe benötigte, um irgendwelche Fingerabdrücke zu vermeiden. "Ich habe mit Absicht keine Handschuhe übergezogen, Herr Kommissar. Die letzten Abdrücke sollten die meines Bruders sein. Es sollte ein Rätsel sein, ein unlösbarer Fall." "Damit haben Sie Ihren ersten Fehler gemacht. Auch eineiige Zwillinge sind nicht vollständig identisch. Es gibt da kleine Abweichungen, z. B. bei den Fingerabdrücken. Sie und Ihr Bruder haben, wie alle anderen Zwillinge auch, verschiedene Fingerabdrücke." "Und mein zweiter Fehler?" "Nun, Herr Bubbles. Ihr zweiter Fehler bestand darin, dass Sie und Ihr Bruder gar keine eineiigen Zwillinge sind bzw. waren." "Zweieig? Der Peter und ich zweieiig?" Briketts nickte. "Mir fiel das sofort auf, als ich Sie zum ersten Mal gesehen habe. Es waren nämlich die Augen. Sie, Herr Freddy Bubbles, haben graue Augen mit einem Stich ins blaue, Ihr Bruder Peter hatte graue Augen mit einem Stich ins grüne. Minimal nur, man muss schon wissen, wonach man suchen muss.Wie ich schon sagte, bin ich auch ein Zwilling. Zweieiig. Ich wusste, wonach zu suchen war. Und der kleine Schleimtropfen von Ihrem Nieser lieferte nur noch das Vergleichsmaterial für den DNA-Test."
„Nein, das reicht einfach nicht.“ Kopfschüttelnd erhob sich der Staatsanwalt von seinem Stuhl, nahm beiläufig ein paar Akten unter den Arm und ging auf die Tür zu. Julia startete einen letzten Überzeugungsversuch: „Wer soll denn sonst der Täter sein? Das Motiv ist doch überdeutlich! Wer denn sonst? Sagen Sie mir!“ Ihre Stimme klang trotzig; am liebsten hätte sie mit der Hand auf den Tisch geschlagen. Ohne auf die Frage einzugehen durchschritt ihr Gesprächspartner das Büro und legte seine Hand auf die Türklinke. „Sie sind doch lang genug im Dienst, Frau Hauptkommissarin, um zu wissen, dass ein noch so einleuchtendes Motiv kein echter Beweis ist, nicht mal für den Haftbefehl, den Sie wollen. Wir brauchen Spuren, verlässliche Zeugen oder eben ein Geständnis.“ Das Öffnen der Tür signalisierte, dass er das Gespräch für beendet ansah. Julia trat auf den Gang hinaus. Wieder einmal fühlte sie sich ohnmächtig gegenüber diesem bürokratischen Justizapparat; wie immer, wenn sie in ihrem Beruf feststellte, dass innere Überzeugung sich nicht in Paragraphen formulieren ließ. „Wann haben Sie ihm die vorläufige Festnahme erklärt?“ Die Stimme des Staatsanwalt klang hinter ihr über den Gang, als sie einige Schritte weit gekommen war. „Gestern abend“, für ihre Antwort drehte sie sich nicht einmal mehr um. Es war ja klar, was mit der Frage gemeint war. Ohne Haftbefehl würde sie den Täter heute noch laufen lassen müssen, so verlangte es das Gesetz. „Laß es uns einfach noch mal zusammenfassen, ok?“ Robert saß ihr im Dienstzimmer gegenüber und klammerte sich ebenfalls an die Hoffnung, etwas entscheidendes übersehen zu haben. Die über 3jährige Zusammenarbeit im Morddezernat hatte die beiden Kollegen schon öfters zu einem gemeinsamen Denkapparat verschweißt. „Na gut, was haben wir?“ Mehr deprimiert als hoffnungsvoll klingend hakte Julia die einzelnen Punkte wie auf einer Checkliste ab: „Mordfall Wilhelmine Schrill: Alter 75 Jahre, sehr vermögend; Todeszeit Dienstag zwischen 20 und 22 Uhr; Todesursache Erwürgen, Tatwerkzeug: Wäscheleine aus dem Besitz des Opfers. Leiche gefunden am nächsten Morgen von der Nachbarin. Keine Verwüstungsspuren, keine fehlenden Wertgegenstände. Keine Fingerabdrücke. Eingeschlagenes Fenster in der Küche soll auf Einbruch hindeuten...“ „Du bist überzeugt, er war’s?“ „Ganz sicher, das Fenster hat er erst nach dem Mord eingeschlagen, um von sich abzulenken.“ „OK, dann laß mich weitermachen,“ Robert griff den Faden auf. „Tatverdächtig: Georg F., Neffe des Opfers und zugleich einziger lebender naher Verwandter, keine Vorstrafen... „Moment,“ fiel ihm Julia ins Wort, „das besagt gar nichts, wenn er doch 1988 in die USA ausgewandert ist.“ „Na gut, aber jetzt ist er wieder da!“ „Genau,“ ereiferte sich Julia und schlug endlich mit der flachen Hand auf den Tisch, „nach jahrzehntelanger Abwesenheit landet er ausgerechnet 3 Tage vor dem Mord wieder in Deutschland, wir haben die Passagierlisten geprüft.“ „Solche Zufälle gibt es immer wieder, wir brauchen einfach mehr!“ Robert brach seine Gedanken ab und starrte ins Leere. „Und dieses Testament? Ist das auch ein Zufall?“ Julia ergriff ein vor ihr liegendes Schriftstück und las mit intensiver Betonung laut vor: Mein letzter Wille Hiermit vermache ich mein gesamtes Vermögen meinem geliebten Neffen Georg. Er wanderte im letzten Jahr nach Amerika aus und muß sich dort eine neue Existenz aufbauen. Verfasst am 25.1.1989 – Wilhelmine Schrill Sie ließ das Papier sinken, griff entschlossen zum Telefon und wählte eine Nummer. „Reichmann, Morddezernat, wie siehts aus?“ Wenige Sekunden später warf Julia verärgert den Hörer wieder auf die Gabel zurück. „Das Labor?“ Robert blickte sie erwartungsvoll an. „Klar, das Labor; die machen zwar Überstunden, aber kriegen offenbar nichts raus. Die Schrift auf dem Testament stammt allem Anschein von Frau Schrill selbst.... er muß sie also dazu gezwungen haben“. „Wie willst du das je nachweisen können? Und was ist mit dem Alter der Schrift?“ Robert sah Julia erwartungsvoll an. „Nein, nichts, es ist eine Tintenfaser mit irgendeinem Stoff, der sich nicht verflüchtigt. Die Chemiker kommen damit nicht weiter. Danach kann das Testament tatsächlich über 25 Jahre alt sein. Ist es aber nicht, ich bin sicher!!“ „Ein mordender Erbschleicher, dieser Georg“, Julia betrachtete resignierend noch einmal das gesamte Schriftstück von oben bis unten. „Es ist ganz klar ein Originalbogen mit dem Briefkopf von Frau Schrill; aber das Testament lag deutlich sichtbar ganz oben in einer der Schubladen. Es sollte von uns rasch gefunden werden, SOLLTE, verstehst du, Robert....?“ „Ja, aber...“ „Und dann die Nachbarn und Freundinnen.. Sie sind vollkommen sicher, dass Frau Schrill alles an die Krankenhaus-Stiftung vererben wollte, sie hat noch vor wenigen Wochen darüber geredet. Von einem Neffen in Amerika weiß niemand etwas...“ Julia redete sich weiter in Wut. Es war so offensichtlich, dass hier nichts zusammen paßte. Und das verursachte in ihr ein Gefühl der Hilflosigkeit. Wütend zerriß sie das Papier, das sie in den Händen hielt und warf die Einzelteile in den Papierkorb unter ihrem Schreibtisch. „Keine Angst, das Original ist doch im Labor“, kommentierte sie mit einem kurzen Schmunzeln den erschreckten Blick ihres Kollegen. „Ich bin auch mit meinem Latein am Ende,“ erwiderte dieser; seine Stimme klang resigniert. „Der Typ ist stur, der lässt sich auch durch ein weiteres Verhör nicht bluffen. Wir müssen ihn laufen lassen.“ „So sieht’s aus,“ Julias Stimmung fiel auf den Nullpunkt; ein paar Minuten lang saßen sie sich nachdenklich schweigend gegenüber. „Es hat keinen Zweck“, meinte Julia und fing dabei an, die Fächer ihres Schreibtischs zu durchsuchen. „Ich hab kein FK12-Formular mehr; kannst du mir bitte eines von deinen geben?“ Robert erhob sich und griff den Wandschrank neben sich. „Ich hab auch nur noch ein einziges davon und zwar ein uraltes Exemplar, so wie es aussieht“, er betrachtete den DIN-A-5 Zettel mit der Überschrift ‚Freilassungs-Anordnung’ in seiner Hand. Julia nahm ihn entgegen. „Na Klasse, da ist ja nicht mal unsere Präsidiums-Anschrift vorgedruckt; ich liebe es, Formulare auszufüllen. Unsere Adresse?“ Genervt begann sie, die einzelnen Spalten mit Kugelschreiberschrift zu füllen. Wenige Sekunden später hielt sie inne, starrte auf die zuletzt ausgefüllte Rubrik, warf dann den Stift zur Seite und beugte sich hektisch zum Papierkorb hinunter. „Sie werden in einer Stunde dem Haftrichter vorgeführt“ Georg F. saß in der Arrestzelle vor ihr und starrte sie ungläubig an. Sie ließ ihn nicht weiter nachdenken. „denn Sie haben einen entscheidenden Fehler gemacht!“ Julia versuchte, sich ihre innere Freude nicht anmerken zu lassen und zögerte die wichtige Mitteilung noch weiter hinaus. „Sie haben Ihre Tante in irgendeiner Form gezwungen, dieses Testament zu schreiben, bevor Sie sie erwürgten. Sie können es jetzt ruhig zugeben. Georg schüttelte seinen Kopf. „Mich bluffen Sie nicht; ich will sofort einen Anwalt sprechen.“ „Das dürfen Sie“, Julia zog ein Schriftstück aus ihren Unterlagen, „ aber auch der beste Anwalt wird nicht erklären können, wie ein angebliches Testament von 1989 auf einem viel neueren Briefbogen geschrieben werden kann.“ Sie hielt ihm eine zusammengeklebte Kopie vor sein Gesicht? „Ich versteh nicht“ Georg wurde etwas unsicher und konzentrierte seinen Blick auf den Text. „Hier oben“, Julia deutete auf den gedruckten Briefkopf des Bogens; „Betrachten sie die Adresse!“ „Ja und? Tante Wilhelmine wohnte seit 40 Jahren in der Humboldtstraße!“ „Stimmt, doch dieses Testament ist längst nicht so alt wie es aussieht,... Julias Stimme klang jetzt doch ungewollt triumphierend. „denn die fünfstellige Postleitzahl hat Tante Wilhelmine 1989 ganz sicher noch nicht erahnen können! Robert, die Handschellen bitte.“
Contra-Bau, eine der grössten Baufirmen im östlichen Ruhrgebiet stand kurz vor der Pleite. Eine Firma, welche in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiern sollte. Der letzte grosse Auftrag hatte wohl zu lange auf sich warten lassen, aber es war nicht nur das. Unterschlagung und Veruntreuung waren der Hauptgrund. Das ganze begann eigentlich damit, dass Firmengelder in Millionenhöhe auf unerklärliche Weise verschwanden. Einer oder mehrere der Manager hatten wohl in die eigene Tasche gewirtschaftet. Nur ein Mann kam der ganzen Sache auf die Spur. Brüssler, der Personalchef, der aber hatte nicht die Absicht die Sache auffliegen zu lassen. Er hatte ganz andere Pläne, denn er wollte ein ziemlich grossen Stück von dem „Kuchen“ bevor alles den Bach `runter ging. Punkt neun Uhr betrat Brüssler das Bürogebäude. Er ging an dem Empfangstisch vorüber, nicht ohne mit Frau Martin, der Empfangsdame, einige belanglose Worte zu wechseln. Den Aktenkoffer schlenkernd begab er sich gutgelaunt in den Aufzug, welcher ihn in die dritte Etage brachte. Seine gute Laune wurde nur von einem kurzen Gedanken gestoppt, den er aber schnell wieder beiseite schob. Sicher, es war etwas riskant was er tat, aber er würde schon damit fertig werden. Warum sollte Heuser es sich diesmal anders überlegen?. Er würde wieder zahlen, wie er es schon einmal getan hatte. Als er sein Büro betreten wollte, hielt Frau Ohlen, seine Sekretärin ihn kurz auf um ihm einige Briefe zu übergeben. Er sah diese noch am Schreibtisch seiner Sekretärin durch, und unterschrieb sie dann. Lächelnd ging er dann weiter in sein Büro. <Ich sollte mir eine Waffe besorgen, die Welt ist so schlecht geworden> ,dachte Heuser bei sich. Nicht das er ein ängstlicher Mensch war, und er hatte auch keine Angst vor Brüssler. Welcher Mensch würde schon das Huhn schlachten das goldene Eier legte, nein das war es nicht, es war nur so ein Gefühl. Er war plötzlich unsicher geworden, und konnte nicht sagen woher dieses Gefühl kam. Vielleicht könnte man sich auch auf diese Weise Brüsslers entledigen. Brüssler sah einige Papiere durch als die Sprechanlage summte. „Ja Frau Ohlen“. „Herr Brüssler, Herr Direktor Heuser bittet Sie, einen Moment zu ihm in sein Büro zu kommen“. „Ich komme“, gab er zurück. Nachdem er seine Papiere zusammen gelegt hatte verliess er sein Büro. Mit dem Aufzug fuhr er zwei Etagen höher in die Chefetage. Schwungvoll betrat er Heusers Vorzimmer und begrüsste die Sekretärin. „Gehen Sie gleich hinein, der Herr Direktor erwartet Sie“. Nachdem Brüssler die Tür hinter sich geschlossen hatte hörte er Heusers Befehl, keine Anrufe durch zu stellen und setzte sich auf den Besuchersessel. „Kommen wir gleich zur Sache“, begann Heuser zu sprechen. „Ich habe morgen einen sehr wichtigen Geschäftstermin im Ausland und möchte unsere kleine Vereinbarung so schnell wie möglich hinter mich bringen. Heute abend, wenn auch die Reinigungsleute nicht mehr da sind, kommen Sie zum Tor 4. Dort sind wir ungestört. Die Schreinerei daneben ist heute nicht abgeschlossen, dafür habe ich gesorgt. Und es wird das letzte mal sein, Sie haben es fest versprochen“. Brüssler lehnte sich im Sessel zurück und lächelte. „Noch die Hunderttausend und Sie haben Ruhe, meinte er und fügte in Gedanken hinzu <Du hast Millionen unterbaut und willst mich mit Peanuts abspeisen, warten wir`s ab.> „Ich habe heute sowieso länger zu arbeiten, ist also kein Problem“, sagte er wieder laut. Brüssler erhob sich und verliess gedankenverloren Heusers Büro und begab sich wieder zum Aufzug. Es war ihm unheimlich, dass Heuser sich ausgerechnet das äusserste Ende aussuchte. Was hatte Heuser nur vor? dachte er bei sich. Ein bisschen bekam Brüssler es nun doch mit der Angst zu tun, und er dachte daran aus welchem Grund Heuser wohl am äussersten Ende des Betriebsgeländes ihm die Geldtasche übergeben wollte. Und das dann auch noch bei Dunkelheit, und das es ihm hilflos ausgeliefert sein würde wenn er auf falsche Gedanken kommen würde. Wieder in seinem eigenen Büro angekommen ging er langsam zum Fenster hinüber. Tor 4 und auch die Schreinerei konnte er vom Hauptgebäude aus nicht sehen. Dies wurde einerseits von der Waschkaue und andererseits von dem riesigen Betonsilo, welcher rechts neben der Waschkaue stand verdeckt. Es gefiel ihm ganz und gar nicht was er sah. Er hatte bereits einhunderttausend Euro kassiert und das sollte eigentlich reichen, zumindest für`s erste. Er beschloss daher lieber nicht zu dem Treffen mit Heuser zu gehen, sondern es sich lieber in seiner Stammkneipe gemütlich zu machen. Heuser kam schliesslich in ein paar Tagen von seiner Geschäftsreise zurück und dann konnte man weiter sehen. Still lächelte er sein Spiegelbild in der Fensterscheibe an und wandte sich wieder dem Raum hinter sich zu. Einen Tag später. Die Leute der Schicht waren schon fort. Die Gänge zwischen den Spinden waren leer, und in der Kaue hatte jemand vergessen die Dusche abzustellen. Die Männer der Putzkolonne rückten an, und einer vor ihnen fing an zu fluchen, während er die Dusche abstellte. „Mist, die können auch nicht aufpassen, und ich habe wieder die Arbeit.“ „Reg dich ab Erwin“, sagte ein anderer, und verschwand zu seinem Abschnitt. Die Putzkolonne bestand aus vier Männern, von denen jeder einen Abschnitt der Kaue zu reinigen hatten. Jeanlerweise schafften sie ihre Arbeit in zwei Stunden, aber heute sollte alles anders sein. Erwin sah seinen Kollegen nach, und machte sich schlecht gelaunt an seine Arbeit. Murrend sammelte er das Papier ein, dass die Arbeiter vor den Spinden liegengelassen hatten. Heute musste er sich beeilen, denn er war mit seiner Freundin verabredet. Anita durfte er nicht warten lassen, denn dann sprach sie wieder tagelang kein Wort mit ihm. Es war drückend heiß hier, und während er die Wände und den Boden säuberte, lief ihm der Schweiß in die Augen. Er wollte sein Gesicht und die Augen abtupfen, denn er sah wie durch einen Schleier, als er mit der rechten Seite gegen eines der Spinde lief. Noch bevor er fluchen konnte, öffnete sich langsam die Spindtür, und Erwin blieb vor Schreck fast das Herz stehen. Langsam, fast im Zeitlupentempo sackte der, bisher fast aufrecht stehende Körper, in sich zusammen. Hatte er geschrieen?. Er wusste es nicht, aber es musste wohl so gewesen sein, denn seine Kollegen standen plötzlich neben ihm. Sie starrten ebenfalls auf den Körper, der nun zur Hälfte in dem Spind, und zur anderen auf der Bank davor lag. „Was steht ihr denn hier `rum“, schrie Erwin, der sich zuerst wieder gefasst hatte. „Nix anfassen“ rief er seinen Kollegen noch zu, dann lief er über den Hof, zum Hauptgebäude. Er lief zum Telefon, rief die Polizei an, und kehrte dann wieder in die Kaue zurück. gewagt sich zu bewegen. Erwin war der Erste, der den toten Mann betrachtete. „Kennt ihn einer von euch“, fragte er. Kopfschütteln war die Antwort. In diesem Moment schlugen draußen auf dem Hof Autotüren. Mehrere Beamte, teils in Uniform, teils in Zivil, betraten die Kaue. Einer der Zivilbeamten kam auf Erwin und seine Kollegen zu. Er war sehr groß und kräftig, beinahe bullig könnte man sagen. Er stellte sich als Hauptkommissar Sparkowski vor, und ließ sich zu der Leiche führen. Neben ihm ging sein Assistent Kommissar Konrad Loch, welcher nachdem er einen kurzen Blick auf den Toten geworfen hatte, sich dem Umstehenden zuwand. Die Beamten hatten Mühe, die Schaulustigen vom Tatort fern zu halten. In der Hauptsache waren es Betriebsangehörige, welche durch die Polizeifahrzeuge neugierig geworden aus ihren Büros kamen. Loch begann damit, sich die Personalien der Schaulustigen zu notieren. „Für etwaige Nachfragen“ bemerkte er den Leuten gegenüber. „Halten Sie sich bitte zur Verfügung“, fügte er noch hinzu. Nachdem Sparkowski den Toten betrachtet hatte, trat aus dem Hintergrund der Arzt hinzu. Hauptkommissar Sparkowski wollte gerade den Mund zu einer Frage öffnen, als der Arzt auch schon abwinkte. „Ich weiß ja, am liebsten alles vorgestern, aber lass mich erst einmal einen Blick auf den Toten werfen.“ Nach kurzem Betrachten wandte sich der Arzt an Sparkowski. „Wenn es nicht ausgeschlossen wäre würde ich fast auf Selbstmord tippen. Aber erkläre mir mal wie ein Selbstmörder sich zuerst erschiessen kann um dann in dieses Spind zu klettern, und auch noch die Tür hinter sich schliessen kann“. Ausserdem ist der Mann nicht hier gestorben, sondern nachdem er tot war hierher gebracht worden. Es handelt sich also um Mord, aber frag mich nicht warum man ihn ausgerechnet hier her gebracht hat. Seltsam ist es schon, denn er zeigt keinerlei Spuren von äusserer Gewaltanwendung. Wer auch immer ihn hier her gebracht hat, ist mit äusserster Vorsicht vorgegangen.“ „Sie sind sich also absolut sicher?“, hakte Kommissar Sparkowski nach. „Absolut“, sagte der Arzt. „Er ist aus nächster Nähe erschossen worden, und das auf keinen Fall hier. Nicht deutet darauf hin“. Plötzlich stand Brüssler, durch die Streifenwagen und die Leute aufmerksam geworden in der Tür. „Mein Gott, das ist Direktor Heuser, mein Chef“, sagte er zu dem Kommissar. Seine Geldquelle war versiegt, aber er hatte ja vorgesorgt. Ihn würde man wohl zuletzt verdächtigen. Selbst wenn die Erpressung an`s Licht käme, wer tötet schon das Huhn, dass goldene Eier legt.
"Verreisen?" "Ja. Nur für einen Tag. Trotzdem wird es eine ziemlich eigenartige Reise werden." Fred verzog das Gesicht, sagte aber nichts. Das heißt, eigentlich veranstaltete er gar nichts mit seinen Gesichtszügen, sondern beschränkte sich auf ein minimales Kräuseln der Augenbrauen, während er das Bierglas an die Lippen setzte. Im Grunde demonstrierte er damit seinen Glauben an unsere Freundschaft. Er ging davon aus, dass er weder etwas zu sagen noch Grimassen zu schneiden bräuchte und lediglich die Augenbrauen minimal kräuseln müsste, um mir ohne den Rest eines Zweifels zu offenbaren, was er von dieser Idee hielt. "Es hat mit dem Job zu tun!" "Unser Job ist hier! Wozu musst du dann verreisen?" "Ich werde mich um Unterstützung kümmern." "Wir können keinen Dritten bezahlen. Wir können uns selber noch nicht einmal bezahlen! Vielleicht überstehen wir den Auftrag, wenn wir nur 22 Stunden am Tag arbeiten und die letzten zwei Stunden dafür abzweigen, um in der Einkaufspassage betteln zu gehen!" "Ich weiß! Und genau darum werde ich mich nach Hilfe umsehen!" "Bei wem?" "Bei jemandem, der besser ist als alle unsere Mikrofone und Kameras zusammen. Jedenfalls, wenn es klappt!" "Und? Wird es klappen?"