Zweite Chance für das Glück - Carolin Weißbacher - E-Book

Zweite Chance für das Glück E-Book

Carolin Weißbacher

0,0

Beschreibung

In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkinder" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit. Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann. Golden angehaucht lag Schloss ­Bodanberg mit seinen Zinnen und Türmchen im Licht der Nachmittagssonne. Die vielen Fenster schimmerten in ihrem warmen, sanften Schein. Genauso wie das zarte, hoffnungsfrohe Frühlingsgrün des Mischwalds, aus dem das Schloss emporragte. Melanie sah nichts von alldem. Sie hatte Schloss Bodanberg den Rücken zugewandt und richtete ihren Blick stattdessen auf die tiefblaue, glitzernde Fläche des Bodensees und die immer noch schneebedeckten Gipfel der Schweizer Berge. »Melanie, Liebes!« Die Stimme ihrer Mutter riss sie aus ihrer Versunkenheit. »Hans und ich, wir sind so froh, dass du zurückgekommen bist.« Else Wegelin beugte sich bei diesen Worten über die Kaffeetafel und schob zuerst ihrer Tochter und dann ihrem Mann ein großes Stück Apfelkuchen mit Sahne auf den Teller. »Ehrlich gesagt, haben wir schon befürchtet, du würdest mit den Kindern für immer in Australien bleiben.« Liebevoll umschloss Else Melanies Hand, als wollte sie ihre Tochter festhalten für alle Zeit. Melanie seufzte. Sie schaute auf ihre beiden Kinder, die am Rand der Terrasse mit Maunz, dem lohfarbenen Kater der Wegelins, spielten. »Die Kleinen waren zufrieden. Sie kannten nichts anderes. Aber was Kai und mich betrifft … wirklich angekommen sind wir in Australien nie«, sagte sie leise, wie zu sich selbst. »Ich weiß, Melanie«, erwiderte Else Wegelin. »Du hast dein Heimweh zwar in deinen Briefen und am Telefon immer sehr geschickt verborgen, aber ich bin schließlich deine Mutter.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 124

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Fürstenkinder – 63 –

Zweite Chance für das Glück

Schaut, Kinder, das ist eure neue Heimat

Carolin Weißbacher

Golden angehaucht lag Schloss ­Bodanberg mit seinen Zinnen und Türmchen im Licht der Nachmittagssonne. Die vielen Fenster schimmerten in ihrem warmen, sanften Schein.

Genauso wie das zarte, hoffnungsfrohe Frühlingsgrün des Mischwalds, aus dem das Schloss emporragte.

Melanie sah nichts von alldem.

Sie hatte Schloss Bodanberg den Rücken zugewandt und richtete ihren Blick stattdessen auf die tiefblaue, glitzernde Fläche des Bodensees und die immer noch schneebedeckten Gipfel der Schweizer Berge.

»Melanie, Liebes!« Die Stimme ihrer Mutter riss sie aus ihrer Versunkenheit. »Hans und ich, wir sind so froh, dass du zurückgekommen bist.« Else Wegelin beugte sich bei diesen Worten über die Kaffeetafel und schob zuerst ihrer Tochter und dann ihrem Mann ein großes Stück Apfelkuchen mit Sahne auf den Teller. »Ehrlich gesagt, haben wir schon befürchtet, du würdest mit den Kindern für immer in Australien bleiben.«

Liebevoll umschloss Else Melanies Hand, als wollte sie ihre Tochter festhalten für alle Zeit.

Melanie seufzte. Sie schaute auf ihre beiden Kinder, die am Rand der Terrasse mit Maunz, dem lohfarbenen Kater der Wegelins, spielten.

»Die Kleinen waren zufrieden. Sie kannten nichts anderes. Aber was Kai und mich betrifft … wirklich angekommen sind wir in Australien nie«, sagte sie leise, wie zu sich selbst.

»Ich weiß, Melanie«, erwiderte Else Wegelin. »Du hast dein Heimweh zwar in deinen Briefen und am Telefon immer sehr geschickt verborgen, aber ich bin schließlich deine Mutter. Und kenne dich viel zu gut, als dass du mich hättest täuschen können.«

Ein weiterer Seufzer Melanies folgte. »Kai … kurz vor seinem Tod habe ich ihm versprechen müssen, für den Fall, dass ihm etwas zustoßen sollte, nicht alleine in Melbourne zu bleiben. Sondern mit den Kindern hierher nach Bodanberg zurückzukehren. Zu euch, Mama.«

»Wirklich? Kai war ein guter Mensch«, sagte Else. »Es ist so traurig, dass er mit nur sechsunddreißig Jahren durch diesen schrecklichen Unfall hat ums Leben kommen müssen.« Sie zögerte und schien einen Moment lang nachzudenken, dann setzte sie hinzu: »Aber wieso hast du ihm versprechen müssen … Ich meine, er konnte doch nicht wissen, dass er dich und die Kinder schon bald würde allein lassen müssen.«

»Nein, das konnte er natürlich nicht«, gab Melanie zurück. »Und trotzdem … es war, als hätte er irgendetwas geahnt. Als wir an unserem letzten gemeinsamen Abend auf der Veranda unseres Häuschens gesessen sind und auf die Bucht von Melbourne hinausgeschaut haben, da­ … da hat er mich plötzlich in den Arm genommen und mir ganz fest in die Augen geschaut. Und dann hat er mich geküsst und gesagt …« Melanies Stimme kam ins Wanken. Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und blinzelte die Tränen fort.

Als sie sich wieder gefasst hatte, sah sie sich erneut nach den Kindern um. »Sascha, Kira, bitte kommt doch endlich zu uns an den Tisch! Habt ihr denn gar keinen Appetit auf heiße Schokolade und …« Melanie unterbrach sich. Beinahe hastig erhob sie sich und trat zu den beiden Kindern.

Sie standen mittlerweile, Maunz schnurrend zu ihren Füßen, still an dem niedrigen, efeuumrankten Zaun, der die Terrasse des Wegelin-Hauses umgab, und starrten einmütig zum Schloss hinauf.

»Nanu? Was ist an Schloss Bodanberg denn so überaus interessant?«, erkundigte sich Melanie leicht ungeduldig.

Die siebenjährige Kira griff nach Melanies Pulloverärmel. »Mama, wohnt da oben ein richtiger Prinz?«

Melanie verdrehte die Augen. »Ja, da oben wohnt ein richtiger Prinz«, antwortete sie. »Aber wollt ihr euch nicht lieber zu uns an den Tisch setzen und…«

»Trägt der Prinz eine Krone? Aus Gold? Mit richtigen, echten Klunkersteinen?«

Nun musste Melanie doch schmunzeln, ob sie wollte oder nicht. »Nein, mein Schatz. Er trägt keine Krone. Nur früher, in den alten Zeiten, haben Prinzen Kronen getragen, weißt du. Heute machen sie das nicht mehr. Sie … sie kleiden sich inzwischen wie jeder ganz normale Mensch.«

Kira machte ein enttäuschtes Gesicht. »Finde ich irgendwie gar nicht cool. Woran kann man denn dann erkennen, ob ein Mann ein Prinz ist oder nicht?« Sie kniff einen Moment lang nachdenklich die Augen zusammen, verlor aber alsbald das Interesse an ihrer Frage. »Wenn … wenn der Prinz schon keine Krone auf dem Kopf hat, hat er doch wenigstens eine Prinzessin, oder?«, wollte sie stattdessen wissen.

Melanie schluckte. Ihre Augen wurden für einen Moment ganz dunkel.

Ihr Vater hatte ihr erzählt, dass Prinz Alexander von Bodanberg immer noch Single war und seit Jahren wie ein Einsiedler lebte. Und dass ihn die Leute im Ort deshalb, selbstverständlich nur hinter vorgehaltener Hand, immer öfter ›Prinz Solo‹ nannten.

»Nein, der Prinz hat keine Prinzessin«, antwortete Melanie, den Blick auf ihre Schuhspitzen gesenkt.

»Und warum nicht? Ein Prinz braucht doch eine Prinzessin. Muss er sie erst aus der Höhle eines Drachen befreien?«

Melanie stieß die Luft aus. »Hier gibt es keine Höhlen. Und Drachen schon gar nicht. Die gibt es sowieso nur im Märchen. Komm jetzt bitte mit an den Kaffeetisch, Kira. Und du auch, Sascha. Oma hat einen wunderbaren Kuchen gebacken. Sie hat sich so viel Mühe gemacht. Da wollen wir ihr doch zeigen, dass …«

»Dann muss der Prinz eben mit einem Schimmel oder mit einem Einhorn zu seiner Prinzessin reiten, sie küssen und sie zu sich auf den Sattel heben. Und zu sich ins Schloss holen.«

»Hat der Prinz einen Schimmel? Echt?«, mischte sich mit einem Mal der noch nicht ganz zwölfjährige Sascha ins Gespräch.«

Auf Melanies Gesicht trat ein abwesender, verträumter Ausdruck. »Früher … früher hatte er einen«, sagte sie. »Eine ganz junge, sanfte Schimmelstute. Sie hieß Mabelle. Das ist französisch und bedeutet ›meine Schöne‹.«

»Wirklich? Hat der Prinz noch mehr Pferde? Noch mehr Schimmel? Betreibt er eine Pferdezucht? Oder einen Reitstall?«

Melanie biss sich auf die Unterlippe. Am liebsten hätte sie ihre unbedachten Worte, was die Schimmelstute betraf, wieder zurückgenommen. Wie hatte sie sich nur derart vergessen können! Sie wusste doch, wie verrückt Sascha nach Pferden war. Bestimmt würde der Junge jetzt nicht mehr aufhören, sie zu löchern, und jeden Tag von Neuem nachfragen.

»Ich weiß nicht, ob der Prinz noch Pferde hat. Ich weiß nicht einmal, ob es Mabelle noch gibt. Meine Zeit hier in Bodanberg …, das … das ist alles schon so lange her. Eine gefühlte Ewigkeit«, wich sie aus. Obwohl sie sich im Grunde ihres Herzens sicher war, dass ein Pferdeliebhaber wie Prinz Alexander nie im Leben von seiner Leidenschaft abrücken konnte.

»Macht nichts, wenn du es nicht weißt, Mama. Ich kann ja in den nächsten Tagen einmal zum Schloss hochlaufen und nachsehen«, schlug Sascha vor. »Und falls Pferde da sind, frage ich den Prinzen, ob ich auf einem davon reiten darf.«

»Du … du willst … was?« Melanies Stimme überschlug sich fast vor Entsetzen. »Bist du jetzt völlig von der Rolle, Sascha? Was ist nur in dich gefahren?«

Sascha wich angesichts der unerwartet heftigen Reaktion seiner Mutter erschrocken einen Schritt zurück. »Warum … warum regst du dich so auf, Mama? Bist du mir jetzt böse? Und wieso darf ich den Prinzen nicht nach seinen Pferden fragen?«, hakte der Junge irritiert nach. »Schließlich hast du selber schon oft gesagt, dass es immer erlaubt ist, zu fragen und zu bitten. Und du hast mir auch wieder und wieder versichert, dass ein höfliches Wort …«

»Normalerweise ja. Aber in diesem Fall gilt das nicht«, unterbrach Me­lanie ihren Sohn beinahe barsch. »Weil … bei Prinzen gelten andere Regeln. Einen Prinzen kann man nicht so einfach nach etwas fragen oder um etwas bitten.«

»Und warum nicht?«, erkundigte Sascha sich.

»Weil er dann zornig wird«, kam Kira ihrer Mutter zuvor. »Und dich bei Wasser und Brot in ein finsteres Verlies sperrt, in dem es von Ratten und Spinnen nur so wimmelt.«

Sascha runzelte einen Moment lang betroffen die Stirn, während es ihm eiskalt den Rücken hinunter rieselte. Doch dann gab er sich einen Ruck und bedachte seine jüngere Schwester mit einem verächtlichen Blick. »Das ist doch alles Märchenkram«, erklärte er. Dabei gab er sich redlich Mühe, seine Stimme nicht verängstigt, sondern fest wie die eines Erwachsenen klingen zu lassen. »Das ist Märchenkram für kleine Mädchen. In Wirklichkeit gibt es Verliese genauso wenig, wie es Drachen gibt. Aber du bist eben noch klein und dumm, Kira. Und deshalb glaubst du alles, was du irgendwo aufschnappst.«

»Ich bin überhaupt nicht dumm. Und klein bin ich schon lange nicht mehr. Und Verliese gibt es sehr wohl. Du wirst schon sehen. Wenn der Prinz dich …«

Kira verstummte, als sie die Hand ihrer Oma auf ihrer Schulter spürte.

»Was ist denn hier los?«, tadelte Else Wegelin. »Ihr streitet euch so lautstark, dass man es bestimmt bis ans andere Bodenseeufer hören kann. Und ich dachte immer, brave Kinder machen so etwas nicht.«

»Wir … wir streiten doch gar nicht«, rechtfertigte sich Kira. »Ich habe nur gesagt, dass der Prinz …«

»Ich habe nur gefragt, warum man den Prinzen nicht …«

Oma Wegelin machte eine abwehrende Handbewegung, die die Geschwister zum Schweigen brachte. »Ist ja gut. Jetzt esst erst einmal euren Apfelkuchen und trinkt eure Schokolade«, beschied sie. »Und was das Reiten anbelangt, Sascha, wäre vielleicht fürs Erste eine Reitschule mit einem richtigen Reitlehrer besser als das Gestüt des Prinzen. Meinst du nicht?«

»Eine Reitschule? Gibt es hier in Bodanberg eine Reitschule?« Sascha fing sofort Feuer. Er heftete sich an Else Wegelins Fersen und folgte ihr bereitwillig an die Kaffeetafel.

»Klar gibt es in Bodanberg eine Reitschule«, erklärte Else. »Eine sehr gute sogar. Schon seit fünf Jahren. Viele Kinder und auch Erwachsene nehmen dort Reitstunden oder mieten sich Pferde für Ausritte.«

»Cool. Das ist supermegaspitzenmäßig cool«, freute sich Sascha und schaute dann fast ein wenig schüchtern auf Melanie. »Darf ich in dieser Reitschule Unterricht nehmen, Ma­ma?«

Melanie warf ihrer Mutter einen dankbaren Blick zu, dann nickte sie. »Natürlich darfst du, Sascha«, sagte sie, sichtlich erleichtert über die glückliche Wendung des Gesprächs. »Schließlich hattest du bereits in Australien Reitunterricht.«

Sie wandte sich Else Wegelin zu. »Saschas Reitlehrer in Melbourne war ganz begeistert von Saschas Pferdeverstand und seiner Begabung fürs Reiten. Obwohl Sascha noch so jung ist, durfte er schon galoppieren und springen.«

Else Wegelin klatschte anerkennend in die Hände. »Da hab ich ja einen Enkelsohn, auf den ich richtig stolz sein kann«, erklärte sie und blinzelte Sascha zu. Dann wandte sie sich fragend an seine Schwester. »Möchtest du auch Reitunterricht nehmen, Kira?«

Die Kleine schüttelte den Kopf. »Nein. Pferde sind so schrecklich groß. Und haben so riesige gelbe Zähne. Außerdem spiele ich viel lieber Klavier. Mama hat schon vor zwei Jahren angefangen, mir Unterricht zu geben. Sie sagt, dass ich wirklich begabt bin.«

»Alle Achtung! Das ist ja ein Ding. Was hab ich nur für tolle Enkelkinder!«, lobte Else Wegelin. »Und weil ihr beide so tüchtig seid, bekommt jetzt jeder von euch eine Extraportion Sahne auf den Apfelkuchen. Und eine besonders große Portion heiße Schokolade.«

Die Kinder jubelten, und als sie nach einer Weile ihren Teller bis auf den letzten Krümel leer gegessen und eine Riesentasse heiße Schokolade getrunken hatten, begleiteten sie Opa Wegelin zur Bootswerft, wo er ihnen das Motorboot zeigen wollte, an dem er gerade baute.

Else und Melanie blieben allein zurück.

»Na, dann wollen wir uns mal an den Abwasch machen«, schlug Melanie vor. »Und nochmals tausend Dank, Mama, dass du Sascha so geschickt abgelenkt hast. Mir wäre fast das Herz stehen geblieben, als er …«

»Aber das war doch selbstverständlich, Melanie«, beschwichtigte Else Wegelin ihre Tochter. »Ich kann sehr gut verstehen, dass du, zumindest fürs Erste, vermeiden willst, dass Sascha den Prinzen kennenlernt. Und umgekehrt der Prinz Sascha.«

»Fürs Erste?« Melanie strich sich mit fahrigen Fingern eine vorwitzige Locke aus der Stirn. »Es ist der einzige Wunsch, den ich Kai niemals erfüllen kann und werde«, sagte sie mit rauer, belegter Stimme. »Obwohl Kai so viel für mich getan hat.«

»Ich verstehe nicht ganz. Wollte Kai denn, dass der Prinz erfährt …« Zwischen Else Wegelins Augenbrauen erschien eine steile Falte. »Und war es wirklich nur ein Wunsch, oder hat Kai dir in Bezug auf Sascha ebenfalls ein Versprechen abgenommen?«, fragte sie schließlich mit leiser Stimme. »War Sascha der eigentliche Grund, warum Kai unbedingt wollte, dass du in die Heimat zurückkehrst?«

Melanie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich glaube, Sascha war zumindest einer der Gründe«, antwortete sie. »Aber ich habe Kai nichts versprochen. Ich habe ihm mein Wort nicht gegeben. Das … das konnte ich einfach nicht. Sascha ist mein Kind. Er gehört mir. Mir allein. Nicht auszudenken, wenn Fürst Ulrich und Fürstin Sophia …«

»Fürst Ulrich und Fürstin Sophia?«, wiederholte Else Wegelin. »Die beiden sind längst nicht mehr hier in Bodanberg. Die rauschenden Feste, die sie oben im Schlosspark veranstaltet haben, und die weithin sichtbaren Feuerwerke, die diese glamourösen Partys gegen Mitternacht jedes Mal mit einem wahren Sternenregen beendet haben, sind schon seit Jahren Geschichte. Man munkelt, dass die beiden sich die meiste Zeit entweder in der Villa Torbole, ihrem Feriendomizil am Gardasee, oder in der Provence auf Château St. Mar, dem Stammschloss der französischen Linie der Familie, aufhalten. Hat Hans dir das noch gar nicht erzählt?«

»Nein, davon hat Papa nichts gesagt. Also das Fürstenpaar lebt gar nicht mehr auf Schloss Bodanberg?« Melanie war das Erstaunen deutlich anzusehen. »Das kann ich mir irgendwie überhaupt nicht vorstellen. Fürst Ulrich und Fürstin Sophia waren mit dem Schloss so verwurzelt. Es war ihr ganzer Stolz.«

»Nun ja – nach deiner Hochzeit mit Kai, bald nach eurer Abreise nach Australien, haben die beiden immer wieder versucht, für Prinz Alexander eine geeignete Frau zu finden. Es sind nacheinander eine ganze Reihe von Bewerberinnen aufgetaucht. Schön und reich, – samt und sonders aus den besten Adelskreisen, versteht sich. Aber Prinz Alexander hat sie alle abblitzen lassen. So lange, bis seine Eltern ihre Heirats- und Familienpläne aufgegeben und resigniert ihre Koffer gepackt haben und sich auf Reisen begeben haben. Vielleicht haben sie geglaubt, wenn er erst ganz allein ist, wird er sich eines Besseren besinnen. Aber da haben sie die Rechnung ohne ihn gemacht.«

»So ist das also. Papa hat mir nur gesagt, dass der Prinz nach wie vor unverheiratet ist. Dass er als Single lebt und dass die Bodanberger …«

»Ihn ›Prinz Solo‹ nennen«, vollendete Else Wegelin den Satz ihrer Tochter. Und fügte nach einer kleinen Pause hinzu: »Der Spitzname bringt die Sache im Übrigen genau auf den Punkt. Der Prinz lebt, vom notwendigsten Personal für seinen Haushalt und sein Gestüt einmal abgesehen, in der Tat ganz allein droben im Schloss. Seine alte Hausdame Anne von Waiden ist seine einzige Vertraute. Sonst gibt es für ihn nur seine Schimmelstute ›Mabelle‹ und einen jungen weißen Schäferhund namens ›Attila‹, den er sich vor ein paar Jahren gekauft hat. Und an erster Stelle na­türlich seine Arbeit. Sie spielt im Leben des Prinzen die unangefochtene Hauptrolle. Kein Wunder, dass sich seine Kanzlei in Konstanz gemausert hat. Prinz Alexander ist inzwischen einer der erfolgreichsten Anwälte weit und breit.«

Melanie gab keinen Kommentar von sich. Schweigend räumte sie zusammen mit ihrer Mutter den Kaffeetisch ab und sortierte das Geschirr in die Spülmaschine.