Zwölf Jahre Sklave - 12 Years a Slave - Solomon Northup - E-Book

Zwölf Jahre Sklave - 12 Years a Slave E-Book

Solomon Northup

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Beschreibung

Solomon Northup wurde als freier Mann im Staate New York geboren. Im Alter von 33 Jahren wurde er in Washington D.C. entführt und per Schiff nach New Orleans gebracht, wo er in die Sklaverei verkauft wurde. Die nächsten 12 Jahre verbrachte er als Zimmermann, Fahrer und Baumwollpflücker. Diese Erzählung deckt auf, wie Northup die rauen Bedingungen der Sklaverei überleben konnte, einschließlich Pocken, Auspeitschungen und einem Versuch ihn zu hängen. Solomon Northup gehörte zu den wenigen Auserwählten, die aus der Sklaverei befreit wurden. Sein Bericht beschreibt das tägliche Leben eines Sklaven in Louisiana, die Ernährung und die Lebensbedingungen und wie Sklavenfänger entflohene Sklaven einzufangen pflegten. Northups Erzählung, die 1853 zum ersten Mal veröffentlicht wurde, war innerhalb der nationalen Debatte zur Sklaverei eine dramatische Geschichte. Neun Jahre später führte diese Debatte zum Amerikanischen Bürgerkrieg.

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SOLOMON NORTHUP

ZWÖLF JAHRE SKLAVE

DIE WAHRE GESCHICHTE EINES FREIEN MANNES, DER VERSCHLEPPT UND VERSKLAVT WURDE.

Aus dem Englischen neu übersetzt vonDr. Hannelore Eisenhofer und Ailin Konrad

 

 

 

 

 

 

 

 

Dieses Buch ist voller EhrerbietungHARRIET BEECHER STOWEgewidmet, deren Name in der ganzen Weltfür die Große Reform steht. Diese Erzählung liefert einenweiteren Schlüssel zu »Onkel Toms Hütte«.

 

 

 

 

 

 

 

 

© 2017 Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,Hamburg

 

Alle Rechte, auch das der fotomechanischen Wiedergabe(einschließlich Fotokopie) oder der Speicherung aufelektronischen Systemen, vorbehalten.All rights reserved.

 

ISBN: 978-3-86820-940-2

 

www.nikol-verlag.de

Porträt des Solomon in seiner Plantagenkleidung

Töricht gehorchend der Gewohnheit

ist der Mensch, geneigt, dem Uralten zu huldigen

und dessen langen Brauch zu verteidigen,

dass er selbst die Leibeigenschaft, das abscheulichste

aller Übel, weil vom Ahn auf den Sohn überliefert,

als Heiliges bewahrt und behütet.

Doch ist es zu billigen oder könnte jedwede

Vernunft es mit Fug und Recht vertreten,

dass ein Mensch, zusammengesetzt aus ungestümen

Elementen wie jeder andere Erdenbürger, in dessen

Brust Wollust und Torheit in voller Fülle

aufeinanderprallen, gleichsam wie in der Brust

des von ihm beherrschten Sklaven, unangefochtener

Despot sei und sich allein als freien Mann in seinem

Lande rühmen darf?

WILLIAM COWPER                      

(Übersetzt von Malcolm Garrard)

Vorwort des Herausgebers

Als der Herausgeber sich daran machte, die folgende Er­zählung vorzubereiten, ging er nicht davon aus, dass sie einen derartigen Umfang erreichen würde. Um jedoch alle Fakten, die ihm mitgeteilt wurden, darzustellen, schien es erforderlich, die Erzählung auf die vorliegende Länge auszuweiten.

Viele der in den folgenden Seiten enthaltenen Aussagen wurden durch überreiche Beweise bekräftigt – andere wiederum beruhen allein auf den Behauptungen Solomons. Dass er sich strikt an die Wahrheit hielt, ist belegt, da der Herausgeber zumindest die Gelegenheit hatte, Widersprüche oder Diskrepanzen in den Aussagen aufzudecken. Solomon hatte jedoch stets die gleiche Geschichte ohne die geringsten Abweichungen wiederholt und aufmerksam das Manuskript geprüft sowie eine Änderung diktiert, falls auch nur die kleinste Ungenauigkeit auftrat.

Es war Solomons Glück während seiner Gefangenschaft, dass er im Besitz von mehreren Herren stand. Die Behandlung, die ihm während seiner Zeit im »Pine Woods« zuteil wurde, zeigt, dass es unter den Sklavenhaltern sowohl menschliche als auch grausame Männer gab. Von einigen sprach er mit Gefühlen der Dankbarkeit – von anderen voller Verbitterung. Es ist anzunehmen, dass der folgende Bericht seiner Erlebnisse am Bayou Bœuf ein genaues Bild der Sklaverei mit all ihren Licht- und Schattenseiten wiedergibt, wie sie noch jetzt in dieser Region besteht. Unvoreingenommen und ohne Vorurteile war es das einzige Ziel des Herausgebers, die wahre Lebensgeschichte des Solomon Northup zu veröffentlichen, so wie er sie aus dessen Mund vernommen hatte.

Bei der Vollendung dieser Aufgabe hat er darauf vertraut, dass ihm diese Aufgabe gelungen ist, trotz der zahlreichen Stil- und Ausdrucksfehler, die enthalten sein dürften.

DAVID WILSON.

Whitehall, N. Y., Mai 1853

KAPITEL I

Geboren wurde ich als freier Mann und genoss mehr als dreißig Jahre die Privilegien der Freiheit in einem freien Land, bis meine Entführung und der Verkauf in die Sklaverei dem ein Ende setzten. Dort verblieb ich, bis ich im Januar 1853 nach zwölfjähriger Gefangenschaft glücklicherweise gerettet wurde und mir nahegelegt wurde, dass meine Lebens- und Schicksalsgeschichte die Öffentlichkeit interessieren könnte.

Seit meiner Rückkehr in die Freiheit ist es mir nicht entgangen, dass sich die nördlichen Bundesstaaten mehr und mehr für das Thema Sklaverei interessierten. Prosaliteratur, die mehr darauf abzielte, die angenehmen Aspekte deutlich mehr als die abscheulichen hervorzuheben, kursierte in beispiellosem Ausmaß und bot, so wie ich es sehe, einen fruchtbaren Nährboden für Kommentare und Diskussionen.

Ich kann über die Sklaverei nur insofern sprechen, was ich selbst beobachtet habe, nämlich nur das, was ich am eigenen Leib kennenlernte und erfuhr. Mein Ziel ist eine ehrliche und wahrheitsgemäße Darstellung der Tatsachen: die Wiedergabe meiner Lebensgeschichte ohne Übertreibungen, die anderen Personen die Entscheidung offenlässt, ob auch die fiktiven Erzählungen ein falsches Bild der Grausamkeiten oder strenger Knechtschaft liefern.

Soweit ich es feststellen konnte, waren meine Vorfahren väterlicherseits Sklaven in Rhode Island. Sie gehörten zu einer Familie mit dem Namen Northup, einer der Familien, die in den Staat New York umgezogen waren und sich in Hoosic im Bezirk Rensselaer ansiedelten. Mit ihr kam auch Mintus Northup, mein Vater. Nach dem Tod dieses Ehrenmannes, der bestimmt fünfzig Jahre zurückliegt, wurde mein Vater, aufgrund einer Verfügung im Testament, freigelassen.

Der Anwalt Henry B. Northup von Sandy Hill, ein hervorragender Rechtsanwalt und die wichtigste Bezugsperson in Providence, der ich für meine gegenwärtige Freiheit, die Rückkehr in die Gesellschaft meiner Frau und meiner Kinder, zu Dank verpflichtet bin, ist ein Verwandter der Familie, der meine Vorfahren dienten, und deren Namen ich trage. Dieser Tatsache mag man das ausdauernde Interesse an meinen Belangen zuschreiben.

Einige Zeit nach der Freilassung zog mein Vater nach Minerva, Bezirk Essex im Staat New York, wo ich im Juli 1808 das Licht der Welt erblickte. Wie lange er am letztgenannten Ort blieb, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Von dort zog er weiter nach Granville, Bezirk Washington, nahe der Ortschaft, die als Slyborough bekannt war, wo er einige Jahre auf der Farm von Clark Northup, ebenfalls einem Verwandten seines alten Herrn, arbeitete. Dann wechselte er auf die Alden Farm in der Moss Street, ein wenig nördlich von der Ortschaft Sandy Hill gelegen, und von dort auf die Farm, die jetzt einem Russel Pratt gehört und sich an der Straße von Fort Edward nach Argyle befindet, wo er bis zu seinem Tod am 22. November 1829 verblieb. Er hinterließ eine Witwe und zwei Kinder, mich und Josef, meinen älteren Bruder. Letzterer lebt immer noch im Bezirk von Oswego, nahe der gleichnamigen Stadt, während meine Mutter im Zeitraum meiner Gefangenschaft verstarb.

Obwohl er als Sklave geboren wurde und unter widrigen Umständen, denen meine unglückliche Rasse unterworfen ist, arbeitete, wurde mein Vater für seinen Fleiß und seine Rechtschaffenheit respektiert, wie viele, die heute noch leben und ihn gut kannten, bezeugen können. Er verbrachte sein ganzes Leben mit der friedvollen Beschäftigung in der Landwirtschaft und musste niemals niedere Dienste verrichten, die sonst den Kindern Afrikas zugeteilt wurden. Außerdem ermöglichte er uns eine Bildung, die das übertraf, was Kindern in unserer Lage üblicherweise zuteil wurde, und er erwarb durch seinen Fleiß und seine Sparsamkeit eine ausreichende Besitzurkunde, die ihm das Wahlrecht gestattete. Er war es gewohnt, mit uns über sein früheres Leben zu sprechen, und obwohl er immer die wärmsten Empfindungen ob ihrer Güte und der Zuneigung für diese Familie hegte, in deren Haus er als Leibeigener arbeitete, verstand er dennoch das System der Sklaverei und war bekümmert über die Erniedrigung seiner Rasse. Er bemühte sich, uns Moralvorstellungen nahezubringen, und er lehrte uns Gott, der den Demütigsten genauso wie den Höchsten seiner Schöpfungen betrachtete, unser Vertrauen und unseren Glauben zu schenken. Wie oft habe ich mich seitdem an seine väterlichen Ratschläge erinnert, während ich in einer Sklavenhütte in den entfernten und widerlichen Gebieten Lousianas lag, mit schmerzenden Wunden, die mir ein unmenschlicher Herr unverdienterweise beigebracht hatte, und ich mich nur nach seiner Grabstätte sehnte, um auch mich vor der Peitsche des Unterdrückers zu schützen. Auf dem Friedhof in Sandy Hill markiert ein bescheidener Stein die Stelle, an der er ruht, nachdem ihn Gott nach der würdigen Erfüllung seiner Pflichten abberufen hatte.

Bis zu diesem Zeitraum hatte ich hauptsächlich mit meinem Vater die Arbeit auf der Farm erledigt. In den wenigen freien Stunden, die mir blieben, saß ich entweder über meinen Büchern oder spielte Violine, ein Vergnügen, dessen Leidenschaft meine Jugend beherrschte. Die Musik war auch die Quelle des Trostes und der Freude für die einfachen Menschen, die mein Los teilten, und sie führte meine eigenen Gedanken für viele Stunden weg von meinem quälenden Schicksal.

Am Weihnachtstag 1829 heiratete ich Anne Hampton, ein farbiges Mädchen, das zu dieser Zeit in der Nähe unseres Anwesens lebte. Die Zeremonie wurde in Fort Edward von Anwalt Timothy Eddy abgehalten, einem Stadtvogt und auch heute noch bekannter Einwohner dieses Ortes. Sie hatte längere Zeit in Sandy Hill bei Mr. Baird, dem Inhaber der Eagle Tavern, und auch in der Familie von Reverend Alexander Proudfit aus Salem gelebt. Dieser Gentleman war viele Jahre im Vorsitz der dortigen Presbyterianischen Gesellschaft und weithin für sein Wissen und seine Frömmigkeit bekannt. Anne erinnert sich noch immer an die außerordentliche Güte und die exzellenten Ratschläge dieses guten Mannes. Sie selbst kann nichts Genaues über ihre Abstammung sagen, aber das Blut dreier Rassen hat sich in ihren Adern vermischt. Es ist schwer zu sagen, ob das rote, weiße oder schwarze dominiert. Allerdings hat ihr diese Mischung einen einzigartigen und ansprechenden Ausdruck verliehen, wie man ihn selten sieht. Obwohl sie einer Mulattin ähnlich sah, war sie dennoch keine, was ich beurteilen konnte, da meine Mutter eine solche Mulattin war.

Ich hatte gerade meine Minderjährigkeit hinter mir gelassen und war im vergangenen Juli einundzwanzig Jahre alt geworden. Des Rates und der Unterstützung meines Vaters beraubt, mit einer Frau, die von meiner Unterstützung abhängig war, beschloss ich ein Leben im Fleiß zu führen. Ungeachtet meiner hinderlichen Hautfarbe und dem Bewusstsein um meine niedere Abstammung schwelgte ich in angenehmen Träumen einer kommenden guten Zeit, in der mich mein bescheidener Wohnsitz und die wenigen ihn umgebenden Felder für meine Mühen belohnen und mir Zufriedenheit und Annehmlichkeiten erlauben sollten.

Vom Zeitpunkt meiner Heirat bis zum heutigen Tag war die Liebe, die ich für meine Frau empfand, aufrichtig und ungebrochen; und nur diejenigen, die selbst die überwältigende Zärtlichkeit empfunden haben, die ein Vater für seinen Nachwuchs hat, werden meine Hingabe für die geliebten Kinder, welche uns geschenkt wurden, verstehen können. Ich halte es für angemessen und notwendig, dies zu behaupten, damit die Leser dieser Seiten die Schmerzlichkeit dieser Qualen, die ich aushalten musste, verstehen.

Unmittelbar nach unserer Heirat begannen wir in ein altes, gelbes Gebäude zu ziehen, welches zu diesem Zeitpunkt am südlichen Rand von Fort Edward stand und später in eine moderne Villa umgebaut wurde, die Captain Lathrop bewohnte. Man kennt es als das Fort House. Es diente als Gerichtsgebäude des Bezirks und wurde 1777 von Burgoyne aufgrund seiner Lage in der Nähe des alten Forts auf der linken Uferseite des Hudson Rivers in Besitz genommen.

Während des Winters war ich mit anderen beschäftigt, den Champlain-Kanal zu reparieren und ich arbeitete in dem Abschnitt, den William Van Nortwick leitete. David McEachron hatte die direkte Verantwortung für die Männer, die mit mir zusammen arbeiteten. Als der Kanal im Frühling geöffnet wurde, war es mir möglich, mir von meinen Ersparnissen ein paar Pferde und einige andere Dinge, die man für die Schifffahrt benötigt, zu kaufen.

Nachdem ich mehrere tüchtige Hände zu meiner Unterstützung eingestellt hatte, schloss ich Verträge für den Transport großer Bauholzflöße vom Lake Champlain nach Troy. Dyer Beckwith und ein Mr. Bartemy aus Whitehall begleiteten mich auf einigen Reisen. Während der Saison machte ich mich vollkommen mit der Kunst und den Geheimnissen des Flößens vertraut – ein Wissen, das mich später befähigte, einem ehrenwerten Herrn gewinnbringende Dienste anbieten zu können und die einfachen Holzfäller an den Ufern des Bayou Bœuf in Erstaunen zu versetzen.

Während einer meiner Reisen den Lake Champlain hinunter war ich veranlasst, Kanada zu besuchen. In Montreal angekommen, besuchte ich die Kathedrale und weitere Sehenswürdigkeiten der Stadt, bevor ich meine Reise nach Kingston und in andere Städte fortsetzte, und eignete mir ein Wissen über diese Örtlichkeiten an, was mir später ebenfalls sehr nützlich wurde, wie sich gegen Ende meiner Erzählung heraustellen wird.

Nachdem ich meine Verträge am Kanal zu meiner und der Zufriedenheit meines Arbeitgebers erfüllt hatte, und ich, nachdem die Schifffahrt auf dem Kanal erneut eingestellt worden war, nicht untätig bleiben wollte, schloss ich einen weiteren Vertrag über das Schlagen einer größeren Holzmenge mit Medad Gunn. Während des Winters 1831–32 war ich damit beschäftigt.

Mit der Rückkehr des Frühlings fassten Anne und ich den Plan, eine Farm in der Nachbarschaft zu übernehmen. Seit meiner frühesten Kindheit war ich mit den landwirtschaftlichen Arbeiten vertraut und dieser Beruf traf genau meinen Geschmack. Folglich schloss ich einen Pachtvertrag für einen Teil der alten Alden Farm, auf der mein Vater früher lebte. Mit einer Kuh, einem Schwein und einem feinen Ochsengespann, welches ich kurz zuvor von Lewis Brown in Hartford erworben hatte, und weiteren persönlichen Besitztümern zogen wir in unser neues Zuhause in Kingsbury. In diesem Jahr pflanzte ich fünfundzwanzig Morgen Mais, säte riesige Haferfelder an und baute die Landwirtschaft so groß aus, wie es mir meine maximalen Mittel erlaubten. Anne kümmerte sich um die häuslichen Belange, während ich emsig auf den Feldern schuftete.

Hier wohnten wir bis 1834. In der Winterzeit hatte ich viele Geigenauftritte. Wo immer sich die jungen Leute zum Tanz versammelten, war auch ich stets anzutreffen. Überall in den umliegenden Dörfern war meine Geige allbekannt. Anne war aufgrund ihres langen Aufenthalts in der Eagle Tavern eine bekannte Köchin geworden. Während der Gerichtswochen und bei öffentlichen Veranstaltungen arbeitete sie gut bezahlt in der Küche von Sherills Coffee House.

Nach Ausführung unserer Aufgaben kehrten wir stets mit Geld in unseren Taschen nach Hause zurück, so dass wir durch Geigenspiel, Kochen und Landwirtschaft zu Wohlstand kamen und tatsächlich ein glückliches und erfolgreiches Leben führten. Nun, wäre es nach uns gegangen, wären wir auf der Farm bei Kingsbury geblieben, aber es war die Zeit gekommen, den nächsten Schritt in Richtung des grausamen Schicksals zu tun, welches mich erwartete.

Im März 1834 zogen wir nach Saratoga Springs. Wir mieteten ein Haus am nördlichen Ende der Washington Street, welches Daniel O’Brien gehörte. Zu dieser Zeit betrieb Isaac Taylor eine große Pension am nördlichen Ende des Broadways, bekannt als Washington Hall. Er stellte mich als Taxifahrer ein und ich arbeitete in dieser Position zwei Jahre für ihn. Nach dieser Zeit war ich immer während der Sommerzeit beschäftigt, genau wie Anne, die im United States Hotel oder anderen Pensionen der Stadt arbeitete. Während des Winters verließ ich mich auf meine Geige, mit der ich mir manch harten Arbeitstag während des Baus der Troy und Saragota Eisenbahn erleichterte.

Ich pflegte in Saratoga die Gewohnheit, Artikel des täglichen Bedarfs für meine Familie in den Läden von Mr. Cephas Parker und Mr. William Perry zu kaufen, beide ehrenwerte Männer, für die ich, aufgrund ihrer vielen freundlichen Gesten, starke Gefühle der Hochachtung hegte. Dies war auch der Grund, warum ich ihnen zwölf Jahre später den Brief, der am Ende des Buches eingefügt ist und der in den Händen von Mr. Northup zu meiner glücklichen Freilassung führte, direkt geschickt hatte.

Während wir im United States Hotel lebten, traf ich mich oft mit Sklaven, die ihre Herren aus dem Süden begleiteten. Sie waren stets gut gekleidet und versorgt und führten scheinbar ein leichtes Leben, das nur durch wenige Alltagssorgen gestört wurde. Oft unterhielten sie sich mit mir über die Sklaverei. Ich stellte fest, dass sie alle gemeinsam den heimlichen Wunsch nach Freiheit hegten. Einige äußerten sogar das leidenschaftliche Bestreben zu fliehen und fragten mich nach der besten Methode, wie es gelingen könnte. Allerdings reichte die Angst vor der Bestrafung, die sie nach ihrer Egreifung und Rückkehr bestimmt erwarten würde, in allen Fällen aus, sie von diesem Versuch abzubringen. Ich hatte mein ganzes Leben lang die freie Luft des Nordens eingeatmet und war überzeugt, dass ich die gleichen Gefühle und Leidenschaften besaß, die der Brust eines weißen Mannes innewohnten. Sicher war ich mir auch, dass ich genauso intelligent war, wie man es Menschen mit hellerer Hautfarbe nachsagte. Ich war zu ignorant, vielleicht auch zu unabhängig, um zu begreifen, wie man in dem elenden Zustand eines Sklaven leben könnte. Ich konnte das Recht dieses Gesetzes oder dieser Religion, die das Prinzip der Sklaverei aufrechterhielt und anerkannte, nicht nachvollziehen. Und ich habe jedem, das sage ich mit Stolz, der zu mir kam, geraten, seine Chancen zu nutzen und für die Freiheit zu kämpfen.

Ich lebte in Saratoga bis zum Frühling 1841. Die geschönten Erwartungen, die uns sieben Jahre zuvor aus unserem ruhigen Farmhaus östlich des Hudsons getrieben hatten, waren nicht erfüllt worden. Obwohl wir ein bequemes Leben führten, gelangten wir nicht zu Wohlstand. Die Gesellschaft und das Vereinswesen in diesem weltbekannten Kurort waren nicht dafür bestimmt, einfache Gewohnheiten wie Fleiß und Sparsamkeit, die ich mir angeeignet hatte, aufrechtzuerhalten, sondern im Gegenteil herrschte hier Trägheit und Extravaganz.

Zu diesem Zeitpunkt waren wir Eltern von drei Kindern, Elizabeth, Margaret und Alonzo. Elizabeth, die Älteste, war zehn; Margaret war zwei Jahre jünger und der kleine Alonzo war gerade erst fünf geworden. Sie füllten unser Haus mit Freude und ihre jungen Stimmen waren Musik in unseren Ohren. Manches Luftschloss haben ihre Mutter und ich den kleinen unschuldigen Kindern gebaut. Wenn ich nicht gearbeitet habe, bin ich immer mit ihnen, angetan in ihrer besten Kleidung, durch die Straßen und Parks von Saratoga spaziert. Ihre Gegenwart war mir eine Wonne und ich drückte sie an meine Brust mit so warmer und zärtlicher Liebe, als ob ihre dunkle Haut so weiß wie Schnee gewesen wäre.

So weit geschah in meiner Lebensgeschichte nichts Ungewöhnliches – nichts außer der üblichen Hoffnung und Liebe und den Mühen eines dunkelhäutigen Mannes, der sein bescheidenes Dasein in der Welt fristet. Aber jetzt hatte ich einen Wendepunkt in meinem Leben erreicht, die Schwelle unbeschreiblichen Unrechts, der Sorge und Verzweiflung. Ich hatte mich dem Schatten jener Wolke genähert, in deren mächtiger Dunkelheit ich verschwinden sollte, um von da an vor den Augen aller meiner Verwandten zu verschwinden und für viele ermüdende Jahre das süße Licht der Freiheit zu entbehren.

KAPITEL II

Eines Morgens, gegen Ende des Monats März 1841, hatte ich keine Arbeit, die meiner Aufmerksamkeit bedurft hätte, so dass ich durch Saratoga Springs ging, und darüber nachdachte, wo ich tatsächlich eine Beschäftigung bekommen könnte, bevor die Hauptsaison anfing. Anne war wie gewöhnlich nach Sandy Hill gegangen, welches ungefähr 20 Meilen entfernt ist, um die Leitung der Küche in Sherills Coffee House während der Gerichtswochen zu übernehmen. Elizabeth, so glaube ich, hat sie begleitet. Margaret und Alonzo waren mit ihrer Tante in Saratoga.

An der Ecke Congress Street und Broadway, nahe des Gasthauses, welches damals und, soweit mir bekannt, auch später noch Mr. Moon gehörte, traf ich auf zwei Herren von bemerkenswerter Erscheinung, die mir beide völlig unbekannt waren. Ich habe den Eindruck, dass sie durch einen meiner Bekannten, den ich leider bis heute nicht benennen kann, erfahren haben, dass ich ein ausgezeichneter Geigenspieler sei.

Auf jeden Fall begannen sie sofort ein Gespräch über dieses Thema und stellten einige Fragen, um meine Fähigkeiten zu prüfen. Meine Antworten waren augenscheinlich zufriedenstellend, da sie meine Dienste für eine kurze Zeit in Anspruch nehmen wollten, immer behauptend, dass ich genau die Person sei, die sie für ihre Angelegenheit benötigten. Ihre Namen, die sie mir anschließend nannten, waren Merill Brown und Abraham Hamilton, wobei ich starke Zweifel habe, ob das ihre richtigen Namen waren. Der erste der beiden war ungefähr vierzig Jahre alt, etwas kleiner und untersetzt, mit einer Haltung, die Gerissenheit und Intelligenz ausdrückte. Er trug einen schwarzen Gehrock und einen schwarzen Hut und sagte, dass er in Rochester oder Syracuse beheimatet war. Der zweite war ein junger ordentlich aussehender Mann mit hellen Augen, der, wie ich behaupte, nicht älter als fünfundzwanzig war. Er war groß und schlank, bekleidet mit einem zimtfarbenen Mantel, einem glänzenden Hut und einer elegant gemusterten Weste. Seine ganze Bekleidung war sehr modisch. Sein Auftreten war irgendwie weibisch, aber einnehmend und er hatte etwas an sich, was zeigte, dass er viel in der Welt herumgekommen war. Sie gehörten, so sagten sie mir, zu einem Zirkus, der derzeit in Washington gastierte, dass sie auf dem Weg dorthin zurück wären, nachdem sie ihn für kurze Zeit für einen Ausflug in den Norden verlassen hatten, um das Land zu sehen, und sie ihre Ausgaben durch gelegentliche Vorstellungen deckten. Sie bemerkten auch, dass es schwierig sei, Musik für ihre Vorstellungen zu finden, und dass sie mir, wenn ich sie bis New York begleiten würde, einen Dollar pro Tag für meine Dienste und weitere drei Dollar pro abendlicher Vorstellung zahlen würden, ebenso wie sie die Kosten für meine Rückfahrt von New York nach Saratoga tragen würden.

Ich nahm das verlockende Angebot sofort an, einerseits wegen der versprochenen Entlohnung und andererseits wegen des Verlangens, die Hauptstadt zu besuchen. Sie waren erpicht darauf, umgehend aufzubrechen. Ich ging davon aus, dass meine Abwesenheit nur von kurzer Dauer sei, so dass ich keine Notwendigkeit sah, Anne zu schreiben, wohin ich gegangen sei; tatsächlich ging ich davon aus, dass ich wahrscheinlich vor ihr wieder zurück sei. Nachdem ich Wechselkleidung und meine Violine gepackt hatte, war ich fertig zur Abreise. Die Kutsche wurde vorgefahren, ein geschlossenes, von zwei edlen kastanienbraunen Pferden gezogenes Gefährt, was einen eleganten Gesamteindruck vermittelte. Ihr Gepäck, bestehend aus drei großen Koffern, war auf dem Dach befestigt, und während sie hinten ihre Plätze einnahmen, kletterte ich mit auf den Kutschersitz und verließ so Saratoga auf der Straße nach Albany, beschwingt durch meine neue Anstellung und so glücklich, wie ich es nie zuvor in meinem Leben war.

Wir kamen durch Ballston und trafen auf die Ridge Road, wie sie genannt wird, wenn meine Erinnerung korrekt ist, und folgten dieser direkt bis nach Albany. Vor Einbruch der Dunkelheit erreichten wir die Stadt und hielten an einem Hotel südlich des Museums.

An diesem Abend hatte ich die Gelegenheit, Zeuge ihrer Vorstellung zu werden, der einzigen während der ganzen Zeit, die ich mit ihnen verbrachte. Hamilton stand an der Tür, ich war das Orchester, während Brown für die Unterhaltung zuständig war. Sie bestand aus Balljonglage, Seiltanz, dem Braten von Pfannkuchen in einem Hut, dem Quieken unsichtbarer Schweine und anderem wie Bauchrednerei und Taschenspielertricks. Das Publikum war sehr dünn gesät und nicht von der erlesensten Sorte und Hamiltons Bericht über die Einnahmen gab wieder, dass es nicht mehr war als das, was ein Bettler in seinem Hut vorfindet.

Früh am nächsten Morgen setzten wir unsere Reise fort. Der Kern ihrer Unterhaltung bezog sich nun auf die Angst, den Zirkus ohne weitere Verzögerung zu erreichen. Sie eilten vorwärts, ohne noch einmal für eine Vorstellung anzuhalten, und nach einiger Zeit erreichten wir New York, bezogen dort eine Unterkunft im Westen der Stadt, in einer Straße, die vom Broadway zum Fluss führte. Ich dachte, meine Reise sei zu Ende, und ich erwartete, in ein oder spätestens zwei Tagen wieder zu meinen Freunden und meiner Familie nach Saratoga zurückkehren zu können. Allerdings begannen Brown und Hamilton mich zu bedrängen, mit ihnen nach Washington zu reisen. Sie behaupteten, dass der Zirkus sich unmittelbar nach unserer Ankunft nach Norden begeben würde, da die Sommersaison angefangen habe. Sie versprachen mir eine Anstellung und einen hohen Lohn, wenn ich sie begleiten würde. Ausführlich ergingen sie sich in Einzelheiten über die Vorteile für mich und schmeichelten mir so sehr, dass ich letztendlich das Angebot annahm.

Am nächsten Morgen schlugen sie vor, da wir im Begriff waren, einen Staat zu bereisen, in dem die Sklaverei erlaubt war, dass es klug wäre, die entsprechenden Dokumente vor der Abreise aus New York zu beschaffen. Die Idee schien mir klug, doch ich meine, dass mir dies nicht in den Sinn gekommen wäre, wenn sie es nicht vorgeschlagen hätten. Wir gingen umgehend zum Zollhaus, wie ich es bezeichnen würde. Sie versicherten dort eidesstattlich, dass ich ein freier Mann sei. Ein Dokument wurde ausgestellt und uns mit dem Hinweis ausgehändigt, es zum Büro des Verwaltungsbeamten zu bringen. Das taten wir und nachdem der Beamte etwas auf dem Dokument ergänzte, was uns sechs Schilling kostete, gingen wir zurück zum Zollhaus. Nachdem dort weitere Formalitäten abgewickelt wurden und wir dem Beamten zwei Dollar gezahlt hatten, konnte ich die Papiere in meiner Tasche verstauen und mit meinen zwei Freunden zurück zum Hotel gehen. Ich muss gestehen, dass ich zu diesem Zeitpunkt dachte, dass die Papiere kaum die Kosten ihrer Anschaffung wert wären, und eine Gefahr meiner persönlichen Sicherheit kam mir auch im Entferntesten nicht in den Sinn. Ich erinnere mich daran, dass der Verwaltungsbeamte, zu dem wir geschickt wurden, einen Vermerk in einem großen Buch machte, welches vermutlich noch immer in dem Büro liegt. Ich habe keinen Zweifel, dass die Einträge von Ende März oder Anfang April 1841 die Echtheit, zumindest für diesen Teil meiner Erzählung, für Zweifelnde bestätigen werden.

Mit dem Beweis der Freiheit in meinem Besitz nahmen wir am Tag nach unserer Ankunft in New York die Fähre nach Jersey City und bereisten anschließend die Straße nach Philadelphia. Hier blieben wir für eine Nacht, bevor wir unsere Reise nach Baltimore am frühen Morgen fortsetzten. Zu gegebener Zeit erreichten wir die letztgenannte Stadt und stiegen in einem Hotel in der Nähe des Eisenbahndepots ab, welches entweder einem Mr. Rathbone gehörte oder nur als Rathbone House bekannt war. Auf dem ganzen Weg von New York schien ihre Angst, den Zirkus noch rechtzeitig zu erreichen, immer größer zu werden. Wir ließen die Kutsche in Baltimore und bestiegen den Zug nach Washington, wo wir vor Einbruch der Dunkelheit ankamen. Es war der Vorabend von General Harrisons Begräbnis und wir stiegen in Gadsbys Hotel in der Pennsylvania Avenue ab.

Nach dem Abendessen riefen sie mich in ihre Unterkunft und zahlten mir dreiundvierzig Dollar, eine Summe, die größer als mein verdienter Lohn war, und sie begründeten diese Großzügigkeit mit der Aussage, dass sie nicht so oft aufgetreten wären, wie sie es mir auf unserer Reise von Saratoga versprochen hätten. Weiterhin erzählten sie mir, dass der Zirkus Washington am nächsten Morgen verlassen wollte, aber aufgrund des Begräbnisses die Weiterreise um einen Tag verschoben habe. Sie waren sehr freundlich, wie die ganze Zeit über, seit unserem ersten Treffen. Es wurde keine Gelegenheit ausgelassen, um mir schönzureden, andererseits war ich auch sehr voreingenommen zu ihren Gunsten. Ich schenkte ihnen mein vorbehaltloses Vertrauen und hätte ihnen nahezu alles geglaubt. Ihre ständige Unterhaltung mit mir und ihr Verhalten, wie die Voraussicht bezüglich der Dokumente und hunderte andere Kleinigkeiten, die hier nicht erwähnt werden müssen, vermittelten mir das Gefühl, dass sie echte Freunde seien, die sich für mein Wohlergehen verantwortlich fühlten. Ich weiß nicht, ob sie an der ganzen Boshaftigkeit, derer ich sie nun beschuldige, unbeteiligt waren. Ob sie nur Komplizen bei meinem Unglück waren, raffinierte und unmenschliche Monster in menschlicher Gestalt, die mich nur des Geldes wegen von zu Hause, von meiner Familie und von der Freiheit fortlockten, dies muss der Leser dieser Zeilen selbst entscheiden, da er nun die gleichen Kenntnisse wie ich selbst besitzt. Wenn sie unschuldig waren, muss mein plötzliches Verschwinden allerdings unerklärlich erscheinen; doch wenn ich in meinem Geist alle Begleitumstände Revue passieren lasse, kann ich ihnen gegenüber niemals nachsichtig sein und Milde walten lassen.

Nachdem ich das Geld von ihnen erhalten hatte, welches sie im Überfluss zu haben schienen, wiesen sie mich an, die Straßen nächtens nicht zu betreten, weil ich mit den Sitten der Stadt nicht vertraut war. Ich versprach ihnen, ihrem Rat Folge zu leisten, und verließ die beiden, als mir kurz darauf ein farbiger Diener mein Zimmer im hinteren Teil des Hotels im Erdgeschoss zeigte. Ich legte mich nieder und dachte an mein Zuhause, meine Frau und unsere Kinder und die große Entfernung zwischen uns, bis ich in den Schlaf fiel. Aber kein guter Engel des Mitleids suchte meine Bettstatt auf und befahl mir zu fliehen, keine Stimme der Gnade warnte mich in meinen Träumen vor den Widrigkeiten, die mir bevorstanden.

Am nächsten Tag fand ein großer Festzug in Washington statt. Kanonendonner und Glockengeläut erfüllten die Luft, viele Häuser trugen einen Trauerflor und die Straßen waren schwarz vor Menschen. Im Laufe des Tages kam die Prozession langsam durch die Avenue näher, Kutsche um Kutsche in endloser Reihenfolge, begleitet von tausenden Fußgängern, die sich alle zum Klang melancholischer Musik bewegten. Sie trugen den Leichnam Harrisons zu Grabe.

Seit dem frühen Morgen war ich in ständiger Begleitung von Hamilton und Brown. Sie waren die einzigen mir bekannten Personen in Washington. Wir standen beieinander, als der Begräbniszug an uns vorüberzog. Ich erinnere mich deutlich, wie nach jedem Kanonenschlag auf dem Friedhof das Fensterglas brach und zu Boden fiel. Wir gingen zum Capitol und spazierten einige Zeit durch die Anlagen. Nachmittags schlenderten sie zum Presidents House und zeigten mir weitere Sehenswürdigkeiten, während sie mich immer in ihrer Nähe hielten. Bis dahin hatte ich noch keine Spur des Zirkus gesehen. Tatsächlich habe ich nur wenig, wenn überhaupt, an ihn gedacht, was ich dem aufregenden Tag zuschreibe.

Im Laufe des Nachmittags suchten meine Freunde mehrere Kneipen auf und bestellten alkoholische Getränke. Doch soweit ich es beurteilen kann, waren sie weit davon entfernt, sich zu betrinken. Bei diesen Gelegenheiten reichten sie, nachdem sie sich selbst eingeschenkt hatten, auch mir ein Glas. Auch wenn man aus dem weiteren Verlauf schließen könnte, dass ich betrunken war, war dem nicht so. Gegen Abend und kurz nach meiner Teilnahme an einer dieser Zechereien, begann ich mich schlecht zu fühlen. Ich fühlte mich außerordentlich krank. Mein Kopf fing an zu schmerzen – ein dumpfer, schwerer Schmerz, der kaum auszuhalten war. Beim Abendessen hatte ich keinen Appetit, der Anblick und Geruch des Essens war übelkeitserregend. Als es dunkel wurde, führte mich derselbe Diener zu dem Zimmer, in welchem ich bereits in der vergangenen Nacht genächtigt hatte. Brown und Hamilton rieten mir, mich auszuruhen, bedauerten mich freundlich und gaben mir Hoffnung, dass es mir am anderen Morgen besser gehen würde. Ich zog lediglich Mantel und Stiefel aus und legte mich auf das Bett. Es war unmöglich zu schlafen. Der Schmerz in meinem Kopf wurde immer stärker, bis er nahezu unerträglich war. Kurze Zeit später wurde ich sehr durstig. Meine Lippen waren ausgetrocknet. Ich konnte nur noch an Wasser denken, an Seen und fließende Flüsse, an Bäche, über die ich mich gebeugt hatte, um zu trinken, und an den überlaufenden Eimer, voll mit dem kühlen und belebenden Nektar, der vom Grund des Brunnens heraufgezogen wurde. Gegen Mitternacht, wie ich meine, stand ich auf, unfähig, den qälenden Durst länger zu ertragen. Ich war in diesem Haus ein Fremder und wusste nichts über seine Zimmer. Wie ich feststellte, war außer mir niemand wach. Blind herumtastend, da ich nicht wusste, wo ich war, fand ich schließlich den Weg in die Küche im Erdgeschoss. Zwei oder drei farbige Diener liefen hier herum und eine von ihnen, eine Frau, gab mir zwei Gläser Wasser. Es brachte mir eine vorübergehende Linderung, aber als ich mein Zimmer wieder erreicht hatte, war das gleiche brennende Verlangen nach etwas zum trinken, ja der gleiche quälende Durst, zurückgekehrt. Es war sogar noch schlimmer als zuvor, genau so wie auch der unbändige Schmerz in meinem Kopf, wenn das überhaupt möglich ist. Ich war in einer schlimmen Lage und erlitt unerträgliche Höllenqualen! Die Erinnerung an diese Nacht schrecklicher Qualen wird mich bis ins Grab verfolgen.

Innerhalb einer Stunde oder etwas mehr nach meiner Rückkehr aus der Küche bemerkte ich, dass jemand meinen Raum betrat. Es schienen mehrere zu sein, ein Stimmengewirr, aber wie viele oder wer es war, kann ich nicht sagen. Ob Brown und Hamilton bei ihnen waren oder nicht, ist eine bloße Vermutung. Ich erinnere mich nur mit einiger Deutlichkeit, dass man mir sagte, dass ich zu einem Arzt gehen und mir Medikamente besorgen müsse, so dass ich meine Stiefel anzog und ihnen, ohne Mantel und Hut, durch einen langen Durchgang oder eine Gasse auf die offene Straße folgte. Diese ging im rechten Winkel von der Pennsylvania Avenue ab. Auf der anderen Seite brannte ein Licht in einem Fenster. Mein Eindruck war, dass mich zu diesem Zeitpunkt drei Personen begleiteten, aber dieser ist so verschwommen und vage und eher wie die Erinnerung an einen schmerzhaften Traum. Das Letzte, an das ich mich noch schemenhaft erinnere, ist, dass wir auf das Licht zugingen, welches sich immer weiter von uns entfernte, und ich der Meinung war, dass es aus der Praxis eines Arztes schien. Von diesem Moment an war ich bewusstlos. Wie lange ich in diesem Zustand verblieb, ob es nur diese eine Nacht oder mehrere Tage und Nächte waren, weiß ich nicht; aber als ich wieder zu Bewusstsein kam, fand ich mich allein, in völliger Dunkelheit und in Ketten wieder.

Der Schmerz in meinem Kopf hatte deutlich nachgelassen, aber ich fühlte mich sehr matt und schwach. Ich saß auf einer niedrigen Bank, gefertigt aus rauhen Brettern, und ohne Mantel oder Hut. Ich war mit Handschellen gefesselt. Um meine Knöchel wanden sich ebenfalls schwere Fesseln. Ein Ende der Kette führte zu einem großen, im Boden befestigten Ring und das andere zu meinen Fußfesseln. Ich versuchte vergebens aufzustehen. Nach solch einem schmerzhaften Bewusstseinszustand, wie ich ihn erlebt hatte, benötigte ich einige Zeit, bevor ich meine Gedanken ordnen konnte. Wo war ich? Was bedeuteten diese Ketten? Wo waren Brown und Hamilton? Was hatte ich getan, dass ich in einem solchen Verlies gefangen gehalten wurde? Ich verstand gar nichts mehr. Da war eine Gedächtnislücke unbekannten Ausmaßes, und was bis zu meinem Erwachen an diesem einsamen Ort geschehen war, kann ich mir auch unter größter Anstrengung nicht ins Gedächtnis rufen. Ich lauschte intensiv nach einem Lebenszeichen oder Geräusch, aber nichts durchbrach die erdrückende Stille, außer dem Klirren der Ketten, wenn ich mich bewegte. Ich sprach laut, aber der Klang meiner eigenen Stimme erschreckte mich. Ich befühlte meine Taschen, soweit es die Ketten zuließen, weit genug, um festzustellen, dass man mich nicht nur der Freiheit, sondern auch meines Geldes und der Dokumente beraubt hatte! Dann kam mir der Gedanke, zuerst nur dunkel und verworren, dass ich entführt worden war. Aber dieser Gedanke war unglaublich. Aber es musste sich um ein Missverständnis handeln, irgendein unglückliches Versehen. Es konnte nicht angehen, dass ein freier Bürger New Yorks, der niemandem etwas zuleide getan hatte, geschweige denn ein Gesetz gebrochen hatte, so unmenschlich behandelt wurde. Je mehr ich meine Situation betrachtete, umso sicherer erschien mir mein Verdacht. Allerdings war es ein trostloser Gedanke. Ich spürte, dass man bei kaltherzigen Menschen weder Vertrauen noch Gnade erwarten konnte. Ich empfahl mich dem Gott der Unterdrückten, senkte mein Haupt in meine gefesselten Hände und weinte bitterlich.

KAPITEL III

Ungefähr drei Stunden vergingen, während denen ich auf der niedrigen Bank sitzen blieb, vertieft in schmerzvolles Nachdenken. Schließlich hörte ich einen Hahn krähen und kurz darauf ein polterndes Geräusch, wie von Kutschen, die durch die Straßen rumpelten, und ich wusste, dass es Tag war. Jedoch drang kein Lichtstrahl in mein Gefängnis. Letztendlich hörte ich Schritte direkt über mir, als ob jemand hin- und hergehen würde. Es kam mir in den Sinn, dass ich in einem unterirdischen Raum war, und der modrige, feuchte Geruch an diesem Ort bestätigte meine Vermutung. Die Geräusche über mir dauerten ungefähr eine Stunde an, bis ich Schritte vernahm, die sich mir näherten. Ein Schlüssel klapperte im Schloss und eine schwere Tür schwang auf und durchflutete den Raum mit Licht, als zwei Männer den Raum betraten und vor mir standen. Einer von ihnen war groß und kräftig, vielleicht um die vierzig Jahre alt, mit dunklem­, haselnussfarbenem Haar, das schon leicht grau wurde. Er hatte ein volles rötlich angelaufenes Gesicht, war von dicker und derber Statur und drückte nichts anderes als Grausamkeit und Durchtriebenheit aus. Er war etwa einen Meter achtzig groß, trug entsprechende Kleidung, und ohne Vorurteil muss ich zugeben, dass seine ganze Erscheinung finster und abstoßend wirkte. Sein Name war James H. Burch, wie ich später herausfinden sollte, ein wohlbekannter Sklavenhändler in Washington; und zu diesem Zeitpunkt und auch später war er ein Geschäftspartner von Theophilus Freeman aus New Orleans. Die Person, die ihn begleitete, war ein einfacher Lakai mit dem Namen Ebenezer Radburn, der als Gefängniswärter fungierte. Beide Männer leben immer noch in Washington, auch als ich im letzten Januar aus der Gefangenschaft freikam.

Das durch die offene Tür einfallende Licht erlaubte es mir, den Raum, in dem ich gefangen war, näher zu betrachten. Er war ungefähr vier Quadratmeter groß und von solidem Mauerwerk umgeben. Der Boden bestand aus schweren Bohlen. Es gab ein kleines Fenster, das mit großen Eisenstäben vergittert und von außen mit Fensterläden fest verschlossen war.

Eine eisenbeschlagene Tür führte in eine Nachbarzelle oder ein Gewölbe und es gab dort keine Fenster oder eine andere Möglichkeit, dass Licht einfallen konnte. Das Mobiliar des Raumes, in dem ich mich befand, bestand aus einer Holzbank, auf der ich saß, und einem altmodischen und schmutzigen Ofen; außerdem gab es in keiner der beiden Zellen ein Bett oder eine Decke oder überhaupt etwas. Die Tür, durch die Burch und Radburn den Raum betreten hatten, führte in einen schmalen Korridor, von dem aus einige Stufen nach oben in einen Hof gingen, welcher von einer etwa zehn bis zwölf Fuß hohen Ziegelmauer umgeben war und der offenbar zu einem Haus mit ähnlicher Größe gehörte. In einem Teil der Mauer befand sich eine schwere Eisentür, die in einen engen überdachten Gang führte, der entlang einer Seite des Hauses bis zur Straße verlief. Das Schicksal des farbigen Mannes, hinter dem sich die Tür, welche in den engen Durchgang führte, geschlossen hatte, war besiegelt. Das obere Ende der Mauer stützte ein Ende des Daches, welches nach innen anstieg und eine Art offenen Verschlag bildete. Unterhalb des Daches war etwas wie ein Taubenschlag montiert, wo die Sklaven die Nacht verbringen konnten oder bei schlechtem Wetter Schutz vor einem Sturm suchten. Man könnte fast meinen, dass es sich um die Scheune eines Bauern handelte, obwohl sie so konstruiert worden war, dass die Welt von draußen niemals einen Blick auf das dort eingepferchte menschliche Vieh erhaschen konnte.

Das Gebäude, zu dem der Hof gehörte, war zwei Stockwerke hoch und hatte seine Front in Richtung einer der öffentlichen Straßen Washingtons. Von außen erweckte es nur den Eindruck eines ruhigen privaten Wohnsitzes. Ein Fremder, der es erblickte, wäre nie auf den Gedanken gekommen, welchen Abscheulichkeiten es diente. So seltsam es klingt, aber das Kapitol lag in Sichtweite des Hauses und blickte von seinem Hügel darauf herab. Fast konnte man hören, wie sich die Stimmen der von Freiheit und Gleichheit redenden Abgeordneten mit dem Kettengeklirr der armen Sklaven vermischten. Ein Sklavenpferch im Schatten des Kapitols!

Dies ist die korrekte Beschreibung von Williams Sklavenstall in Washington im Jahre 1841, wo ich mich auf unerklärliche Weise in einer der Zellen eingesperrt wiederfand.

»Na, mein Junge, wie geht es dir?«, fragte Burch, als er durch die offene Tür eintrat. Ich antwortete, dass mir übel war, und fragte nach dem Grund meiner Gefangenschaft. Er entgegnete, dass ich sein Sklave sei, dass er mich gekauft habe und mich jetzt nach New Orleans schicken wolle. Ich versicherte laut und kühn, dass ich ein freier Mann sei, ein Bürger Saratogas, wo meine ebenfalls freie Frau und meine Kinder lebten, und dass mein Name Northup sei. Ich beschwerte mich bitterlich über die absonderliche Behandlung, die mir widerfahren war, und drohte ihm, nach meiner sofortigen Freilassung, Genugtuung für das Unrecht an. Er verneinte, dass ich frei sei, und mit nachdrücklichem Fluchen erklärte er, dass ich aus Georgia käme. Wieder und wieder versicherte ich, dass ich niemandes Sklave sei, und bestand darauf, dass man mir die Ketten unmittelbar abnehme. Er bemühte sich, mich zum Schweigen zu bringen, als ob er fürchtete, dass man meine Stimme hören könnte. Aber ich wurde nicht still und bezeichnete die Verantwortlichen meiner Gefangenschaft, wer auch immer sie waren, als absolute Schufte. Als er feststellte, dass er mich nicht zum Schweigen bringen konnte, wurde er unglaublich zornig. Unter gotteslästerlichen Flüchen hieß er mich einen schwarzen Lügner, einen Ausreißer aus Georgia und bezeichnete mich mit allen weiteren profanen und vulgären Schimpfworten, die man sich in schmutzigen Fantasien nur vorstellen kann.

Während dieser Zeit stand Radburn nur ruhig daneben. Seine Aufgabe war es, diesen menschlichen oder vielmehr unmenschlichen Stall für zwei Schilling pro Kopf und Tag zu beaufsichtigen, Sklaven in Empfang zu nehmen, sie zu füttern und auszupeitschen. Burch wandte sich ihm zu und befahl, das Paddel und die neunschwänzige Katze zu holen. Er verschwand und tauchte wenige Augenblicke später mit diesen Folterinstrumenten wieder auf. Das Paddel, wie es im Sklavenjargon genannt wird, oder zumindest das, was ich zuerst zu spüren bekam und von dem ich jetzt berichte, war ein Stück Hartholzbohle, ungefähr achtzehn oder zwanzig Zoll lang und wie ein altmodischer Kochlöffel oder ein Ruder geformt. Der flache Teil hatte ungefähr den Umfang zweier geöffneter Hände und war an einigen Stellen mit kleinen Bohrern besetzt. Die Katze war ein grobes Seil, bestehend aus vielen Strängen, die sich nach dem Griff teilten und an jedem Ende einen Knoten hatten.

Szene im Sklavenbau in Washington

Sobald diese beiden schrecklichen Peitschen da waren, wurde ich von beiden Männern gepackt und mir wurde grob die Kleidung heruntergerissen. Wie bereits gesagt, waren meine Füße am Boden festgemacht. Radburn zog mich bäuchlings über die Bank und stellte seinen schweren Fuß auf die Ketten zwischen meinen Handgelenken, so dass diese schmerzhaft nach unten gedrückt wurden. Burch begann mich mit dem Paddel zu schlagen. Schlag um Schlag prasselte auf meinen nackten Körper hernieder. Als sein unnachgiebiger Arm müde wurde, hörte er auf und fragte mich, ob ich immer noch darauf beharre, ein freier Mann zu sein. Ich bestand darauf und daraufhin wurden die Schläge fortgesetzt, schneller und härter als zuvor, wenn das überhaupt möglich war. Sobald er wieder müde wurde, wiederholte er seine Frage, und als er dieselbe Antwort erhielt, fuhr er mit seiner grausamen Arbeit fort. Die ganze Zeit über stieß dieser fleischgewordene Teufel die übelsten Flüche aus. Nach einiger Zeit brach das Paddel und Burch hatte nur noch den nutzlosen Griff in der Hand. Aber ich gab immer noch nicht nach. Alle seine brutalen Schläge konnten meine Lippen nicht dazu bringen, die schändliche Lüge, dass ich ein Sklave sei, zu formulieren. Nachdem er den Griff des gebrochenen Paddels wütend zu Boden geworfen hatte, packte er die Peitsche. Dies war weit schmerzhafter als zuvor. Ich wehrte mich mit letzten Kräften, aber es war vergeblich. Ich betete um Gnade, aber mein Gebet wurde nur mit Verwünschungen und Peitschenhieben beantwortet. Ich dachte, ich müsste sterben unter den Schlägen dieses verhassten Rohlings. Auch heute noch gefriert mir das Blut in den Adern, wenn ich an diese Szene zurückdenke. Mein ganzer Körper stand in Flammen. Meine Qualen kann ich mit nichts anderem als dem Höllenfeuer vergleichen!

Am Ende schwieg ich auf seine wiederholten Fragen. Ich konnte ihm keine Antwort geben. Tatsächlich war ich nahezu unfähig, überhaupt zu sprechen. Er prügelte weiterhin gnadenlos auf meinen armen Körper ein, bis es sich anfühlte, als ob jeder Schlag mir das Fleisch von den Knochen riss. Ein Mensch mit auch nur einem Funken Erbarmen in seiner Seele hätte einen Hund nicht so grausam geschlagen. Nach einiger Zeit sagte Radburn, dass es nutzlos sei, mich noch weiter auszupeitschen, und ich wund genug sei. Daraufhin hörte Burch auf und sagte, während er seine Faust warnend vor meinem Gesicht schüttelte und die Worte durch seine aufeinandergepressten Zähne zischte, dass diese Behandlung nichts im Vergleich zu dem sein würde, was folgte, wenn ich jemals wieder behaupten sollte, dass ich ein freier Mann sei oder entführt wurde oder dergleichen. Er schwor, dass er mich entweder unterwerfen oder töten würde. Mit diesen tröstenden Worten nahm man mir die Handfesseln ab, während die Füße am Ring befestigt blieben; der geöffnete Fensterladen des kleinen vergitterten Fensters wurde erneut geschlossen, und nachdem sie gegangen und die Tür hinter sich versperrt hatten, blieb ich wie zuvor in der Dunkelheit zurück.

Nach ein, vielleicht zwei Stunden, hörte ich, wie der Schlüssel erneut im Schloss herumgedreht wurde, und das Herz schlug mir bis zum Hals. Ich, der so lange einsam gewesen war, und sich sehnlichst wünschte, jemanden zu sehen, ganz egal wen, schauderte nun bei dem Gedanken, dass sich ein Mensch näherte. Ein menschliches Gesicht, vor allem das eines Weißen, machte mir Angst. Radburn trat ein und brachte mir auf einem Blechteller ein Stück schrumpliges Schweinefleisch, eine Scheibe Brot und ein Glas Wasser. Er fragte, wie ich mich fühlte, und merkte an, dass ich eine ordentliche Tracht Prügel erhalten hätte. Er machte mir Vorhaltungen wegen meiner Beharrlichkeit bezüglich meiner Freiheit. In einer gönnerhaften und vertraulichen Art gab er mir zu verstehen, dass es mir besser ergehen würde, je weniger ich zu diesem Thema sagen würde. Der Mann bemühte sich offensichtlich nett zu erscheinen, ob dies nun an meinem traurigen Zustand lag oder er die Absicht hatte, mich zukünftig am Beharren auf meinen Rechten zu hindern, darüber lässt sich jetzt nicht spekulieren. Er nahm mir die Fußfesseln ab, öffnete die Läden des kleinen Fensters und ließ mich erneut allein.

Mittlerweile fühlte ich mich steif und wund; mein Körper war mit Blasen übersät und ich konnte mich nur unter großen Schmerzen und Schwierigkeiten bewegen. Vom Fenster aus konnte ich lediglich einen Blick auf das Dach an der gegenüberliegenden Mauer erhaschen. Nachts legte ich mich auf den feuchten, harten Boden, ohne Kissen oder Bettdecke. Pünktlich zweimal am Tag erschien Radburn mit Schweinefleisch, Brot und Wasser. Ich hatte nur wenig Hunger, wurde aber von andauerndem Durst gequält. Meine Wunden ließen es nicht zu, mehr als wenige Minuten in der gleichen Position zu verharren; und so verbrachte ich die Tage und Nächte, mal sitzend, mal stehend oder langsam umhergehend. Ich war tiefbetrübt und entmutigt. Die Gedanken an meine Familie, meine Frau und meine Kinder waren allgegenwärtig. Wenn der Schlaf mich übermannte, träumte ich von ihnen und davon, erneut in Saratoga zu sein, so dass ich ihre Gesichter sehen und ihre Stimmen nach mir rufen hören konnte. Als ich aus diesen angenehmen Fantasien erwachte und die bittere Realität um mich herum wahrnahm, konnte ich nur noch stöhnen und weinen. Aber noch war mein Geist nicht gebrochen. Ich schwelgte in der Vorfreude zu fliehen und das möglichst bald. Es war unmöglich, argumentierte ich, dass Menschen so ungerecht sein konnten, mich als Sklaven zu halten, obwohl sie die Wahrheit über mich kannten. Burch, dem ich versichern konnte, dass ich kein Ausreißer aus Georgia war, würde mich sicherlich gehen lassen. Obwohl ich öfter Brown und Hamilton verdächtigte, konnte ich mich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass sie an meiner Gefangeschaft einen entscheidenden Anteil hatten. Sicherlich würden sie nach mir suchen und mich aus der Knechtschaft befreien. Leider Gottes hatte ich noch nicht verstanden, wie weit die »Unmenschlichkeit des Menschen« gehen kann noch zu welch grenzenloser Boshaftigkeit ihn die Profitgier treiben kann.