88 Ernährungs-Mythen - Malte Rubach - E-Book

88 Ernährungs-Mythen E-Book

Malte Rubach

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Beschreibung

Der bekannte Ernährungswissenschaftler bietet Orientierung im Dschungel der Ernährungsmythen – wissenschaftlich fundiert und einfach umsetzbar!   Kaffee, Milch, Zucker, Zusatzstoffe und tierische Lebensmittel gelten im Bewusstsein vieler als mitverantwortlich für Krankheiten und Umweltschäden. Ist das richtig? Noch nie verfügten wir über so viele Informationen zu unserer Ernährung, gleichzeitig war die Verunsicherung auch noch nie so groß. Wem soll man glauben? "Am besten der Wissenschaft", meint der promovierte Ernährungswissenschaftler Dr. Malte Rubach. Er entzaubert die 88 gängigsten Ernährungsmythen mit klaren Fakten und liefert in kompakter und kurzweiliger Form das wichtigste Wissen, das aufgeklärte Verbraucher*innen für eine nachhaltige und gesunde Ernährung brauchen. Es geht z.B. um die Fragen, ob Knoblauch den Blutdruck senken, kann, ob Milch wirklich krebserregend ist, ob Weizen wirklich dumm macht und stille Entzündungen im Körper verantwortlich sind für Krankheiten. 88 solcher spannenden Fragen werden im Sinne einer gesunden Ernährung einem Faktencheck unterworfen und führen durch den wissenschaftlichen Hintergrund zu einem deutlich entspannteren und gesunden Ess-Verhalten. Daraus ergibt sich ein klarer Ernährungs-Kompass, um kluge Entscheidungen zu treffen - für die eigene Gesundheit und die Zukunft unseres Planeten.

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Dr. Malte Rubach

88 Ernährungs-Mythen

Was Sie über Ihr Essen wissen sollten

Knaur eBooks

Über dieses Buch

Der bekannte Ernährungswissenschaftler bietet Orientierung im Dschungel der Ernährungsmythen – wissenschaftlich fundiert und einfach umsetzbar!

 

Kaffee, Milch, Zucker, Zusatzstoffe und tierische Lebensmittel gelten im Bewusstsein vieler als mitverantwortlich für Krankheiten und Umweltschäden. Ist das richtig?

Noch nie verfügten wir über so viele Informationen zu unserer Ernährung, gleichzeitig war die Verunsicherung auch noch nie so groß. Wem soll man glauben?

„Am besten der Wissenschaft“, meint der promovierte Ernährungswissenschaftler Dr. Malte Rubach.

Er entzaubert die 88 gängigsten Ernährungsmythen mit klaren Fakten und liefert in kompakter und kurzweiliger Form das wichtigste Wissen, das aufgeklärte Verbraucher*innen für eine nachhaltige und gesunde Ernährung brauchen. Es geht z.B. um die Fragen, ob Knoblauch den Blutdruck senken, kann, ob Milch wirklich krebserregend ist, ob Weizen wirklich dumm macht und stille Entzündungen im Körper verantwortlich sind für Krankheiten. 88 solcher spannenden Fragen werden im Sinne einer gesunden Ernährung einem Faktencheck unterworfen und führen durch den wissenschaftlichen Hintergrund zu einem deutlich entspannteren und gesunden Ess-Verhalten.

Daraus ergibt sich ein klarer Ernährungs-Kompass, um kluge Entscheidungen zu treffen - für die eigene Gesundheit und die Zukunft unseres Planeten.

Inhaltsübersicht

Motto

Vorwort

Einleitung

I. Körper und Gesundheit

1. Blutwerten kann man immer vertrauen

2. Übergewicht liegt in den Genen

3. Mehr Protein gleich mehr Muskeln

4. Knoblauch schützt vor Herzinfarkt

5. Je weniger Körperfett, desto besser

6. Allein eine falsche Ernährung führt zu Krebs

7. Leberfasten ist für jeden gut

8. Stille Entzündungen machen uns krank

9. Stärkere Nerven durch Ginseng, Ginkgo, Vitamin B12 & Co.

10. Viel Kalzium hilft gegen Knochenschwund

II. Kochen und Küche

11. Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist schuld an der Lebensmittelverschwendung

12. Kochen ist nur etwas für Gourmets

13. Küchenkeime sind harmlos

14. Kochen zerstört Vitamine

15. Nährstoffe gehen durch Kochen verloren

16. Rohkost ist besonders nahrhaft

17. Röststoffe sind krebserregend

18. Smoothies verfetten die Leber

III. Diäten

19. Abnehm-Turbo mit Superfoods

20. Darmdiäten: charming or alarming?

21. Kalorie ist nicht gleich Kalorie (Trennkost)

22. Kalorienzählen bringt nichts (Low Fat/Low Carb)

23. Nie mehr Jo-Jo-Effekt

24. »Der Reis ist heiß«: Was kann die Reisdiät?

25. Schlafend schlank werden (Fasten)

26. Schlank mit Monodiäten (Ei, Kohl und andere)

27. Schneller schlank mit Pulvern und Pillen

28. Stoffwechsel-Booster regen die Fettverbrennung an

IV. Ernährungsweisen

29. Ketogene Ernährung ist für jeden geeignet

30. Kohlenhydrate machen dick!

31. Mediterrane Ernährung ist die beste

32. Nur »cleanes« Essen ist gutes Essen

33. Ohne Fleisch lebt man länger

34. Steinzeit-Ernährung ist die natürlichste

35. Tierische Lebensmittel übersäuern den Körper

36. Veganer sind gesünder als Mischköstler

37. Vollwert-Ernährung ist immer die beste

38. Wir müssen leben wie die Hundertjährigen aus den »Blue Zones«

V. Esskultur

39. Snacken ist ungesund

40. Biolebensmittel sind gesünder

41. Fast Food ist ungesund

42. Fünf Mahlzeiten am Tag sind perfekt

43. Die Süßkartoffel von Okinawa

44. In Indien ernähren sich alle Menschen vegetarisch

45. In Gesellschaft i(s)st man bescheiden

46. Morgens essen wie ein König, abends wie ein Bettler

47. Religiöses Fasten ist gesünder als Trendfasten

VI. Landwirtschaft und Umwelt

48. Alle unsere Lebensmittel sind mit Pestiziden belastet

49. Das Essen reicht nicht für zehn Milliarden Menschen

50. Allein die Massentierhaltung ist für das Artensterben und Pandemien verantwortlich

51. Landwirtschaft ist ein Klimakiller

52. Landwirtschaft ist ein Landräuber

53. Landwirtschaft ist ein Wasserverschwender

54. Ökologischer Landbau ist immer besser

55. Unsere Nutztiere fressen nur noch Soja

VII. Lebensmittelverarbeitung

56. Erhitzte Milch enthält keine Nährstoffe mehr

57. Fermentation ist der neueste Trend

58. Zusatzstoffe sind ungesund

59. Konservierungsstoffe sind giftig

60. Weißmehl ist ungesund

61. Salz, Zucker und Fett sind unnötige Zutaten für Lebensmittel

62. Tiefkühlprodukte sind ungesund

63. Verpackung von Lebensmitteln ist unnötig

VIII. Lebensmittelhandel

64. Der Handel wirft die meisten Lebensmittel weg

65. Der Kunde will Vielfalt im Angebot

66. Discounter liefern schlechte Qualität

67. Lebensmittel in Deutschland sind zu billig

68. Wir geben zu wenig Geld für Lebensmittel aus

69. Wir kaufen meistens gezielt ein

IX. Lebensmittel

70. Wo »regional« draufsteht, ist auch »regional« drin

71. Wein verlängert das Leben

72. Böses Gemüse wegen Lektinen

73. Eier erhöhen den Cholesterinspiegel

74. Fleisch ist krebserregend

75. Kaffee ist ungesund

76. Milch ist krebserregend

77. Nüsse schützen vor Herzerkrankungen

78. Weizen macht dick und dumm

X. Nahrungsergänzungsmittel

79. Basenpulver hilft gegen Zivilisationskrankheiten

80. B-Vitamine sind gut gegen Demenz

81. Eiweißpulver lässt die Muskeln wachsen

82. Omega-3-Kapseln schützen vor Herzinfarkt

83. Pflanzenextrakte steigern die Gesundheit

84. Q10 sorgt für schöne Haut und mehr

85. Vitamin B12 hilft gegen Stress

86. Vitamin C ist ein Mangelvitamin

87. Zusätzliches Vitamin D stärkt Knochen und Gesundheit

88. Wir brauchen Magnesium gegen Wadenkrämpfe

Anhang

Danksagung

Über den Autor

»Gegen Fakten gibt es keine Argumente.«

Brasilianisches Sprichwort

Vorwort

»An apple a day keeps the doctor away« heißt es in einem englischen Sprichwort. Aber hilft ein Apfel am Tag tatsächlich dabei, gesund zu bleiben? In dem Spruch ist durchaus etwas Wahres: In Äpfeln stecken viele Vitamine und Spurenelemente, die unser Körper gut gebrauchen kann. Auf der anderen Seite existiert bis heute kein Beweis dafür, dass der Verzehr von einem Apfel pro Tag besser dabei helfen würde, Krankheiten abzuwehren, als andere Lebensmittel es tun oder eben nicht tun. Doch wo beginnt die Grenze zwischen Mythen und Fakten, und wo endet sie?

Man kann den Bogen sogar noch weiter spannen, wenn wir beim allseits beliebten Apfel bleiben, denn er wird nicht immer nur mit dem Guten verbunden. Wir alle kennen das grimmsche Märchen »Schneewittchen und die sieben Zwerge«. Die böse Stiefmutter vergiftet einen Apfel und macht sich verkleidet auf den Weg zur Hütte der Zwerge, wo ihre ahnungslose Stieftochter sie freundlich empfängt, den Apfel annimmt und davon probiert. Zum Glück lässt der Prinz Schneewittchen am Ende dieses Märchens mit einem Kuss wiederauferstehen. Und in der biblischen Erzählung kostet auch Eva im Paradies von einem Apfel, der ihr von der Schlange angeboten wird. Dann wird sie aus dem Paradies vertrieben, die Erbsünde der Menschheit ist begangen.

Ob es nun um Märchen oder eine biblische Erzählung geht, im letzten Fall glaubten viele Menschen in der christlichen Tradition jahrhundertelang fest daran, dass der Apfel etwas Sündhaftes an sich hat. Diese störende Funktion teilte er im frühen Mittelalter noch mit der Feige und der Traube. Später war er dann allein. Zeitgenössische Bibelausleger sind jedoch überzeugt, dass vor allem der Apfel wohl kaum mit der Erbsünde in Verbindung stehen kann, die das erste Menschenpaar beim Essen der verbotenen Frucht begangen hat. Die Begründung klingt so einfach wie logisch: Mit naturwissenschaftlichen Methoden lässt sich die Existenz des Apfelbaums in Mesopotamien, der Region zwischen den Flüssen Tigris und Euphrat im Nahen Osten, etwa die Fläche des heutigen Iraks, zu jener Zeit einfach nicht nachweisen. Dort befand sich aber laut Bibel der Garten Eden.

Was uns dieser kurze Ausflug in die Welt der Mythen, Märchen und Erzählungen am Beispiel des Apfels zeigen kann, ist die enge Verknüpfung von Glauben, Kultur, Religion und Realität in unserem Bewusstsein. Mythen entstanden in einer Zeit, in der Menschen und Völker noch keine Schrift hatten und sich Geschichten mündlich weitererzählten. Märchen sind meistens mündlich überlieferte Erzählungen mit unbekanntem Autor und kommen in allen Kulturen vor. Sie alle transportieren nicht nur Inhalte leicht verständlich und oftmals kindgerecht, sondern tragen auch dazu bei, dass manche Inhalte besser begreifbar werden. Sie stimulieren das Denken und regen die Fantasie an. Sie können einem jeden das schenken, woran es ihm im realen Leben manchmal fehlt – die Zauberkraft, die ewige Jugend, überirdische Schönheit, Gesundheit oder das Gefühl der Ruhe und Geborgenheit. Selbst dann, wenn die harten Fakten dagegensprechen.

Letztlich müssen wir dennoch alle in der realen Welt bestehen. So unterhaltsam, hoffnungsvoll und glücklich uns manche Märchen, Mythen und Erzählungen stimmen können, so wichtig ist es, dass wir unsere alltäglichen Entscheidungen nicht von ihnen abhängig machen, sondern von erwiesenen Fakten. Gerade bei den Themen »Ernährung«, »Lebensmittel«, »Gesundheit« und »Nachhaltigkeit« stehen wir oftmals einer schier unüberschaubaren Flut von Informationen gegenüber, von denen sich viele beim zweiten Blick als reiner Mythos entpuppen. Im besten Fall schaden sie weder der Gesundheit noch der Umwelt, im schlimmsten Fall tun sie beides.

Mit den 88 Ernährungs-Mythen möchten wir Sie deshalb einladen, die Welt der Ernährung und Lebensmittel aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Wir wünschen viel Vergnügen bei der Lektüre!

 

Marjorie und Malte Rubach

Einleitung

Dieses Buch handelt von den häufigsten Ernährungs-Mythen in unserer Zeit. Viele Mythen sind Ihnen möglicherweise schon selbst im Alltag begegnet, manche sicherlich nicht. Von anderen wiederum werden Sie denken, dass es sich nicht um Mythen handelt, sondern um die Wahrheit. Umgekehrt dürfte Ihnen die faktische Wahrheit an anderer Stelle auch als Mythos verkauft worden sein.

An dieser Stelle wird eines bereits klar: Die Welt der Ernährungs-Mythen ist sehr unübersichtlich. Es ist also an der Zeit, hier wieder etwas Ordnung reinzubringen. Was als Mythos angesehen wird, liegt auch immer im Auge des Betrachters, des aktuellen Zeitgeistes und nicht selten in dem Wunsch nach einer Erklärung für Dinge, die wir noch nicht richtig verstehen können. Daher ist der Mythos an sich auch gar nichts Schlimmes, im Gegenteil, er war neben den durch gesicherte Erfahrungen gesammelten Fakten auch eine der Grundlagen, auf denen all unser heutiges Wissen aufbaut. Mythen sind anfänglich nichts anderes als Gedankenbrücken gewesen. Die bekanntesten Mythen sind jene über die Götter des Olymps.1

Die Menschen im antiken Griechenland begannen der Überlieferung zufolge damals, die Welt ein bisschen besser zu verstehen, und die berühmten Philosophen von Sokrates über Platon bis zu Archimedes und Anaximander waren die ersten Universalgelehrten, von denen eine wissenschaftliche Herangehensweise an die Phänomene dieser Welt gut dokumentiert ist. Und selbst sie mussten sich oftmals Gedankenbrücken basteln, mit denen sie die häufig auftauchenden Täler des Unwissens überqueren konnten, um überhaupt einen Schritt weiter denken zu können.

Mythen waren schon damals in aller Munde, nicht zuletzt, um die Welt auch denen zu erklären, die gar kein Grundverständnis von Philosophie und Wissenschaft hatten. Mythen sind wie Märchen, nur mit etwas mehr Wahrheit, aber sie sind nicht die Wahrheit. Und Mythen haben auch ein Ablaufdatum, wenn sie widerlegt werden. Der Historiker Richard Tarnas beschreibt in seinem Monumentalwerk Das Wissen des Abendlandes nicht umsonst eines der Prinzipien auf dem Weg zu mehr Erkenntnis, indem er sagt: »Kein Denksystem ist endgültig, und die Suche nach Wahrheit muss sowohl kritisch als auch selbstkritisch sein. Menschliches Wissen ist relativ und fehlbar und muss im Licht neuer Befunde und weiterer Analysen immer wieder revidiert werden.«2 Das Problem in Ernährungsfragen ist nun, dass zwar auch dort dieses Prinzip gilt, aber im Gegensatz dazu viele »Ernährungsexperten« in Medien, sozialen Medien und bei sonstigen Gelegenheiten ihr Wissen eben gerade nicht anhand neuer Erkenntnisse erweitern, sondern an veralteten und teils ideologischen Glaubenssätzen festhängen. Zudem verbreiten sich abstruse Hypothesen über Ernährung im Zeitalter des Internets rasend schnell; und sind sie einmal in die Welt gesetzt, ist es schwer, sie wieder einzufangen. Dazu werden Ernährungsthemen von einer unüberschaubaren Zahl von Influencern, Bloggern, Ernährungsratgebern und Marketingkampagnen sowie politisch oder anders ideologisch motivierten Quellen kommentiert, verbreitet und manchmal sogar neu erfunden. Eine Qualifikation in Sachen Ernährung durch ein Studium oder eine Ausbildung ist oftmals Fehlanzeige. Und selbst wenn doch, dann ist dies immer noch kein Garant für mythenfreie Ernährungskommunikation.

Es gibt inzwischen sogar ein eigenes Forschungsfeld, das sich mit der fehlgeleiteten Kommunikation von Ergebnissen der Ernährungsforschung beschäftigt. Der australische Professor für Ernährungspolitik Gyorgy Scrinis hat dazu den Begriff »Nutritionismus« kreiert. Dazu sind zwanzig Charakteristika benannt, die eine übertriebene, monokausale, deterministische oder zu reduktionistische Ernährungskommunikation kennzeichnen.3 Hierzu zählt zum Beispiel, einen Lebensmittelinhaltsstoff allein für bestimmte Erkrankungen verantwortlich zu machen oder auch für deren Heilung. Oder einen Blutwert als alleiniges Signal für ein Erkrankungsrisiko heranzuziehen, obwohl viele weitere Faktoren Einfluss nehmen können. Genauso werden oft kleine Unterschiede zwischen verschiedenen Ernährungsweisen so interpretiert, als würden diese auf die gesamte Lebenszeit eines Menschen einen großen Einfluss nehmen, obwohl in Studien schon rein aus Kostengründen noch nie ausreichend Menschen über eine gesamte Lebensspanne untersucht werden konnten.

Viele Ergebnisse aus Ernährungsstudien sind deshalb nur bedingt aussagekräftig. Doch wie der Statistiker George Box sagte: »Alle Modelle sind falsch, aber einige immerhin nützlich.«4 Studien sind nicht deshalb schlecht, weil sie niemals das reale Leben abbilden können, sondern die aus ihnen gezogenen Schlussfolgerungen für die Ernährung sind nur in seltenen Fällen lebensentscheidend. Die Menschheit isst zum Beispiel seit Jahrtausenden Fleisch. Was bedeutet nun die Einstufung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass rotes Fleisch krebserregend sein könnte, für das reale Leben?

Hier kommen zwei wichtige Punkte zum Vorschein, die bei der Aufklärung vieler Mythen eine Rolle spielen: Erstens sind die Warnungen oftmals im Konjunktiv geschrieben, was bedeutet, dass es noch keine absolute Sicherheit gibt. Zweitens würde sich laut WHO das Risiko nur für Darmkrebs erhöhen, und diese Risikoerhöhung beträgt 18 Prozent pro 100 Gramm rotes Fleisch. Es wäre aber in der Realität niemals überprüfbar, ob tatsächlich eine Steigerung der Erkrankungen an Darmkrebs um 18 Prozent auf zu viel rotes Fleisch zurückzuführen ist. Zumal die Darmkrebserkrankungen in Deutschland seit über zwanzig Jahren ohnehin rückläufig sind. Dennoch wurde und wird seit der Einstufung von rotem Fleisch als »wahrscheinlich krebserregend« durch die WHO im Jahr 2015 durch verschiedene Akteure die Angst vor Krebs durch Fleischkonsum geschürt. Fakt ist, dass der Konsum von Fleisch in vielen Regionen der Erde mehr zur Deckung der Nährstoffversorgung und somit zur Vermeidung von Krankheiten beitragen kann, als er Krebserkrankungen verursachen würde. Zumal die WHO in der Vergangenheit ihre Einstufungen auch immer wieder zurückgenommen hat, wenn die Studienlage dies erforderlich machte.5

So wie mit diesem Beispiel verhält es sich mit vielen Ernährungsthemen. Dieses Buch ist in zehn unterschiedliche Themenfelder aufgeteilt, von der eigenen Körpergesundheit über Esskultur, Ernährungsweisen, Diäten, Kochen, die Landwirtschaft bis zu Lebensmittelhandel und -verarbeitung sowie Nahrungsergänzungsmitteln. Die Themenfelder sind absichtlich so gewählt, dass wir uns mit Mythen befassen, die ausgehend von unserem eigenen Körper bis zur gesamten Ernährungsumgebung um uns herum präsent sind. Dabei wird auf zwei Seiten jeweils der Hintergrund zu dem jeweiligen Mythos erläutert und anschließend der Versuch zur Aufklärung unternommen.

Sicher gibt es zu manchen Fragen immer auch diese und jene Studie, die den Mythos bestätigt und die Aufklärung in Zweifel ziehen könnte. Aus diesem Grund habe ich mich bei medizinischen Fragen so weit möglich immer auf die Übersichtsarbeiten der Cochrane-Stiftung bezogen, die als Goldstandard zum aktuellen Stand der Wissenschaft gelten und die vielen existierenden Studien unabhängig und nach Qualität filtern, um dann den aktuellen Forschungsstand zusammenzufassen. Ansonsten habe ich zahlreiche Primärstatistiken ausgewertet, die öffentlich zugänglich sind, um mich nicht ausschließlich auf Zweit- und Drittquellen verlassen zu müssen.

Oftmals lassen sich so schon einzelne Mythen aufklären, etwa wenn Fleisch das Leben verkürzen soll, obwohl zum Beispiel Hongkong die höchste Lebenserwartung hat und gleichzeitig zu den Ländern mit dem weltweit höchsten Fleischkonsum zählt.6 Manche Mythen, wie etwa die Vorzüge der Säure-Basen- oder der Rohkost-Ernährung, sind wissenschaftshistorisch längst überholt, werden aber weiterhin vielfach angepriesen. Hier ist ein Blick in die bestehende Literatur sinnvoll, um für Klarheit zu sorgen.

Lassen Sie uns beginnen, die Aufklärung beginnt jetzt!

I.Körper und Gesundheit

1Blutwerten kann man immer vertrauen

Wir haben das Glück, dass sich in Deutschland statistisch gesehen 4,5 Ärzte und Ärztinnen um tausend Einwohner kümmern können.7 In der Regel nehmen diese gern auch mal etwas Blut ab, um Diagnosen zu stellen oder eine Therapie zu überwachen. Gerade wenn es um die Frage einer gesunden Ernährung geht, sind Blutzucker, Blutfette und Leberwerte wichtig. Und auch Einzelwerte können sinnvolle Hinweise geben, zum Beispiel für Eisen oder bestimmte Vitamine. Aber was ist, wenn die Blutwerte zu hoch oder zu niedrig sind? Wenn ein bestimmter »Grenzwert« über- oder unterschritten wird? Viele Menschen sind zu Recht verwirrt oder haben sogar Angst, dass dann etwas nicht stimmt. Lauern »stille Entzündungen« (siehe auch das Kapitel »Stille Entzündungen machen uns krank«) im Körper oder gar eine Krebserkrankung? Ist ein Diabetes im Anmarsch, droht bald eine Herzattacke oder ein Gichtanfall? Ist ein niedriger Vitamin-D-Spiegel schon der Vorbote der Osteoporose?

Schön untermalt wird die Angst vor den drohenden Gesundheitsgefahren oftmals auch noch durch die Heilsversprechen diverser »Ernährungsexperten«, die von unserer Angst leben. Ebenso setzen einige windige Vertriebsnetze von Nahrungsergänzungsmittelanbietern,8 in denen leider auch mancher Arzt einen Euro mehr verdient, alles daran, mit der Angst vor Mangel und Krankheit Kasse zu machen. Dabei ist es ausgerechnet gerade immer der Arzt, der ein qualitativ hochwertiges Präparat nach pharmazeutischen Standards aus der Apotheke empfehlen und verschreiben kann, wenn es nötig ist. Das Vertrauen in den Arzt ist also das höchste Gut und darf nicht verloren gehen. Doch was bedeuten Blutwerte tatsächlich für die eigene Ernährung und Gesundheit? Und was können die Zahlen auf den Laborzetteln wirklich aussagen, wenn man sich selbst ein Bild machen will? Das schauen wir uns einmal kurz gemeinsam an.

Blutwerte sind deshalb so interessant und nützlich, weil sich Blut leicht abnehmen lässt und so ziemlich alles, was in unseren Körper hereinkommt, früher oder später auch im Blut landet. Wann ein Stoff im Blut erscheint, hängt von dem Zeitpunkt ab, zu dem wir zum Beispiel etwas gegessen haben. Zusätzlich auch von der Tageszeit, körperlichen Aktivität und dem allgemeinen Gesundheitszustand. Alle diese Faktoren unterscheiden sich natürlicherweise von Mensch zu Mensch. Daher hat die Medizin einen »Normalbereich« bestimmt, der so »normal« ist, wie die gegenwärtige Forschungslage es eben zulässt. Die ändert sich bekanntlich immer mal wieder. Zum Beispiel ab welchem morgendlichen Blutzuckerwert ein Diabetes vorliegt. 1980 war ein Wert von 140 Milligramm pro Deziliter Blut der Grenzwert, heute gilt er schon ab 125 Milligramm. Oder der Cholesterinspiegel: Früher war er über 260 Milligramm pro Deziliter erhöht, heute ist er es ab 200 Milligramm.9 Das Prinzip: Je früher das Risiko erkannt wird, desto besser ist die Vorbeugung. Der »Normalbereich« verändert sich also immer wieder mal. Was bedeutet das für Sie und Ihre Ernährung? Es ist nicht verkehrt, jährlich einmal ein großes Blutbild machen, Blutzucker und Blutfette kontrollieren zu lassen. So erkennen Sie früh genug, falls Ihr aktueller Lebensstil nicht ganz so gesundheitsförderlich ist. Nur genauso wichtig ist, wegen zu hohen oder zu niedrigen Werten nicht direkt Medikamente oder Nahrungsergänzung einzunehmen. Der erste Schritt sollte immer zu einer zertifizierten Ernährungsberatung führen, damit lässt sich meist ohne große Hürden und schnell gegensteuern. »Zertifiziert« ist allerdings das Stichwort, denn leider darf sich in Deutschland jeder Mensch »Ernährungsberater*in« nennen. Aber: Es darf nicht jeder mit der Krankenkasse abrechnen. Fragen Sie daher direkt bei Ihrer Krankenkasse nach. Wichtig ist die direkte Absprache mit Ihrem Arzt, denn neben der Ernährung als Einflussfaktor sollten auch andere mögliche Ursachen abgeklärt werden. Am wichtigsten: Bleiben Sie bei alldem gelassen, denn dafür gibt es keinen Grenzwert!

2Übergewicht liegt in den Genen

Angeblich gibt es gute und schlechte Gene. Sie haben das sicher auch schon mal erlebt: Da steht jemand am Büfett und lädt sich den Teller voll. Oder die beste Freundin vertilgt wann immer möglich einen hochkalorischen Nachtisch. Und sowohl der Büfett-Gast als auch die beste Freundin haben eins gemeinsam: Sie sind gertenschlank, und das auch noch, ohne Sport zu treiben. Darüber hinaus erzählen sie gern, wie sehr sie es genießen zu essen.

Die einzige Erklärung kann nur lauten: Das liegt sicher an den Genen. Und die Vermutung ist ja durchaus sinnvoll, schließlich reichen schon minimale Veränderungen in unserer Genetik aus, damit Haare blond statt braun und die Nase groß statt klein sind. Warum soll also nicht auch unser Körpergewicht genetisch gesteuert werden? Und dann existieren inzwischen auch noch diverse Anbieter von sogenannten Gen-Diäten. Das Versprechen: Mit einer Analyse von mehreren Genen, die an der Steuerung des Stoffwechsels beteiligt sind, wird ein persönlich zugeschnittener Ernährungsplan erstellt. Perfekt zum Abnehmen natürlich. Auch das klingt erst mal logisch, schließlich lässt nichts tiefer in unseren Körper blicken als die einzelnen Moleküle der DNA. Selbst ein Müsli-Hersteller wirbt mit einem DNA-Test: »Personalised Nutrition. Die passende Ernährung für deine Gene«10 – da muss doch etwas dran sein, wenn es sogar beim Müsli funktioniert, oder? Die Verbraucherzentrale dagegen bewertet das folgendermaßen: »Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass eine Diät, die an das genetisch vorgegebene Stoffwechselprofil angepasst ist, besser ist als eine ganz normale Diät – zumal die Auswertung auf einige wenige Gene beschränkt ist.11 Ein Selbsttester kommt zu dem Schluss »Ein Klick auf die Empfehlungen der deutschen Gesellschaft für Ernährung hätte es eben auch getan.«12 Wie stark ist also nun der Einfluss der Gene wirklich?

Machen wir uns nichts vor, die Gene sind ziemlich mächtig. Schon eine kleine Veränderung in manchen Genen kann über unser Leben entscheiden, bevor wir überhaupt das Licht der Welt erblickt haben. Allerdings gibt es eine Menge davon, aktuell geht man von rund 21000 aus. Es ist jedoch schier unmöglich, ein komplexes Phänomen wie unser Körpergewicht auf ein paar Gene zurückzuführen. Eine Analyse aller bekannten Gene und Stoffwechselreaktionen, die in der wissenschaftlichen Literatur bekannt sind und im Zusammenhang mit schwerem Übergewicht stehen, kam auf 510 Proteine, 115 Gene, 62 Molekülkomplexe, 23 RNAs, 83 einfache Moleküle und drei äußerliche Körpermerkmale.13 Jedes einzelne Gen oder Molekül könnte bereits ausschlaggebend sein oder auch erst in Verbindung mit einem weiteren oder zweien oder eben allen. Die Möglichkeiten sind fast unendlich, und daher ist ein einfacher Gentest nicht aussagefähig, um danach die Ernährung anzupassen. Oder wie es eine der renommiertesten Ernährungsforscher*innen Deutschlands, Prof. Dr. Hannelore Daniel, auf einer Konferenz für personalisierte Ernährung sagte: »Hierzu liegen aus wissenschaftlichen Studien überwiegend eher ernüchternde Ergebnisse vor.«14 Noch aussagekräftiger sind Ergebnisse aus Zwillingsstudien. Zwei Menschen mit denselben Genen entwickeln ein unterschiedliches Körpergewicht, wenn sie in unterschiedlichen Umgebungen und mit unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten aufwachsen. Das heißt: Wir sind genetisch über Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende an unsere Umgebung angepasst, sodass unser »angeborenes« Körpergewicht tatsächlich zu 70 Prozent genetisch festgelegt ist.1530 Prozent liegen in Ihrer Hand, und die können bei Fehlernährung zu Übergewicht führen. Solange wir nicht zu viel essen, uns mit möglichst regionalen, saisonalen, gering verarbeiteten Lebensmitteln versorgen, hält unser Körper sein Gewicht wie von selbst. Umgekehrt die gute Nachricht: Mit einer Ernährungsanpassung dieser Art können Sie zu viele Kilos auch wieder loswerden.

3Mehr Protein gleich mehr Muskeln

Wenn sich eines mindestens schon seit der Antike bis heute gehalten hat, dann, dass ein muskulöser Körper dem Schönheitsideal entspricht. Nur, wie wir schon beim Kapitel über die Blutwerte erfahren haben: Die Realität entspricht meistens nicht dem Ideal und umgekehrt. Dennoch werden wir allerorten mit Bildern durchtrainierter Menschen berieselt, es gibt Kleidungsgrößen für Erwachsene, in die vielleicht Kinder reinpassen, und Nahrungsergänzungs- wie auch Lebensmittel, die Fett schmelzen und Muskeln wachsen lassen sollen. Laut den Konsumtrends der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) sind auch die Umsätze mit Proteinprodukten 2020 noch mal über 30 Prozent gewachsen.16 Die Regalmeter in Supermärkten füllen sich mit Skyr, dem skandinavischen Trendgetränk, und allerlei Proteinkonzentraten.17 Natürlich fehlt es auch nicht an »Ernährungsexperten«, die immer mehr Protein als die Lösung für alles verkaufen. Wahlweise als Wundersubstanz zum Abnehmen, in Form von Shakes und High-Protein/Low-Carb-Diäten oder als »Gesundheits-Booster«, der gegen alle möglichen Zivilisationskrankheiten eingesetzt werden kann (engl. carb: Abkürzung für carbohydrates [Kohlenhydrate]). Und als wenn das nicht schon kompliziert genug wäre, soll es auch noch darauf ankommen, ob das Protein nun aus Pflanzen oder Tieren stammt. Oder welche einzelnen Aminosäuren, die Bestandteile der Proteine, nun besser oder schlechter für das Muskelwachstum sind.

Die größte Verwirrung stiften allerdings mal wieder Behauptungen, die ganz Deutschland einen Proteinmangel unterstellen. Woraufhin Millionen Leser sich fragen dürften, was sie bisher falsch gemacht haben und welche Konsequenzen das für ihre Gesundheit haben könnte. Und den Schlussstrich ziehen dann auch noch die Verfechter der »Säure-Basen-Ernährung« (siehe das Kapitel »Basenpulver hilft gegen Zivilisationskrankheiten«), nach deren Auffassung zu viel tierisches Protein den Körper übersäuert und alle möglichen Leiden verursacht, die das moderne Leben so mit sich bringt. Wie wichtig ist nun Protein für die Muskeln?

Das ist eigentlich ganz einfach. Die Muskelmasse macht nur etwas, wenn sie bewegt wird. Muskelmasse verbraucht zwar auch in Ruhe mehr Energie als Fettmasse, so richtig zum Verbrennungsmotor für Kalorien wird sie aber erst in Bewegung. Darin liegt dann auch ihr tieferer Sinn: Egal, wie klein ein Muskel ist, sobald er zum Einsatz kommt, fängt er nicht nur an, Kalorien zu verbrennen, sondern auch zu wachsen. Und dann immer mehr Kalorien zu verbrennen, je größer er wird. Es macht einen deutlichen Unterschied, wie lange und wie dynamisch der Muskel benutzt wird. Joggen oder Schwimmen lässt den Muskel anders wachsen als ein Krafttraining. Beides ist aber wichtig, um ihn optimal zu nutzen – in Ruhe und in Aktion. Wie groß, kräftig und ausdauernd ein Muskel ist, bestimmt dabei ein Stück weit unsere individuelle Natur. Möglichst viel Masse zu erreichen ist deshalb nicht sinnvoll, wenn das Lebensziel nicht ausgerechnet Mister oder Miss Universe lautet. Bereits schnelles Spazierengehen und regelmäßige Kräftigung durch Fitnessübungen, Pilates, Yoga – oder was immer gefällt – reichen aus, um die Muskeln zu stimulieren und von ihnen zu profitieren. So früh wie möglich damit zu beginnen lohnt sich. Ab dem Alter von dreißig Jahren schwinden die Muskeln langsam, aber sicher, wenn sie nicht benutzt werden.

Und der Einfluss der Ernährung? Der wird weitaus überschätzt. Es sei denn, Sie haben auch hier Ambitionen, Bodybuilding-Wettbewerbe zu gewinnen. Oder sonstigen Hochleistungssport zu absolvieren. Leider wird genau mit solchen Vorbildern geworben, wenn es um das Thema Ernährung und Sport geht. Als müsste »man« oder »frau« sich genauso ernähren. Fakt ist, dass Ihr Körper mit einer üblichen Mischkost bestens mit Protein und allem anderen versorgt ist. Sogar überversorgt: Männer nehmen täglich bereits rund 85 und Frauen etwa 65 Gramm Protein zu sich, während 68 beziehungsweise 55 Gramm ausreichen dürften.18 Die Hauptquellen sind Fleisch, Wurst, Milch und Käse. Etwas weniger davon wäre also gar kein Problem.

4Knoblauch schützt vor Herzinfarkt

Knoblauch scheint ein Alleskönner zu sein. Zu den häufigsten Suchanfragen im Internet zählen solche, bei denen die Menschen nicht nur wissen wollen, ob Knoblauch gegen Pickel, Herpes und Erkältungen hilft, sondern auch gegen Maulwürfe, Marder, Würmer, Wühlmäuse und Blattläuse. Und natürlich Vampire …19 Neben diesen »Alltagsbeschwerden« beruhen die größten Hoffnungen allerdings auf dem weitverbreiteten Glauben, dass Knoblauch gegen Herzinfarkte schütze. Und da wird es durchaus ernst. Herzinfarkte sind letztlich ja auch nur die Endpunkte einer Reihe vorangegangener Grunderkrankungen, wie zum Beispiel Bluthochdruck, Arteriosklerose, erhöhte Blutfette, Übergewicht, Diabetes, oder gleich einer Kombination davon. Das hat dazu geführt, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland immer noch die Todesursache Nummer 1 sind. Es wäre also doch eine tolle Sache, wenn Knoblauch dagegen schützen könnte, oder?

Wie so oft, wenn sogenannte Superfoods geschickt vermarktet werden, fangen manche Menschen an, diese im Übermaß zu essen. »Viel hilft viel«, lautet das Motto. Bei Knoblauch kann das zu sozialen und verdaulichen Störungen führen, was den Trend möglicherweise früh gebrochen hat. Dennoch ist der Glaube an Knoblauch und seine Breitenwirksamkeit in allen Lebensbereichen und speziell gegen den Herzinfarkt offensichtlich immer noch sprichwörtlich »in aller Munde«. Die frohe Nachricht von den herzschützenden Eigenschaften kam ursprünglich aus dem Kaukasus und den mediterranen Ländern, in deren Küchen Knoblauch seit Jahrtausenden eine große Tradition genießt. Forscher stellten fest, dass die Menschen dort seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen litten als in der westlichen Welt. Handelt es sich dabei also nun um einen Zufall, oder ist Knoblauch tatsächlich ein Wunderlebensmittel, das wir deutlich häufiger essen sollten? Und ist die mediterrane Ernährung (später dazu mehr) wirklich so herzgesund? Eins steht schon einmal fest: Für viele Rezepte ist er eine absolut aromatische Bereicherung. Was kann er also noch?

Zunächst mal stecken im Knoblauch tatsächlich ein paar gute Sachen drin: auf 100 Gramm immerhin 14 Milligramm Vitamin C und fast 1,5 Gramm Eisen sowie kleinere Mengen an B‑Vitaminen und Mineralstoffen.20 Nur essen wir in der Regel ja nicht 100 Gramm Knoblauch, sondern vielleicht eine Zehe von 10 Gramm im Kochtopf für die ganze Familie. Es soll aber auch Menschen geben, die es drauf anlegen und direkt mehrere Knoblauchzehen auf einmal essen. Wem das zu riskant ist, der kann es mit Knoblauchpulver, -kapseln oder -öl probieren. Und tatsächlich, die Substanz Allicin wirkt desinfizierend und soll auch den Blutdruck senken. Die desinfizierende Wirkung gilt als gut belegt, daher könnte eine Knoblauchtinktur auf entzündeten Hautstellen tatsächlich etwas bewirken.

Eine senkende Wirkung auf den Blutdruck würde zudem auch für ein geringeres Risiko bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sprechen, wenn es denn so wäre. Weil es bei solchen Fragen immer Studien gibt, die eine Wirkung gefunden haben wollen, und wiederum Studien, die das Gegenteil behaupten, existiert zum Glück ein Goldstandard für Studien, um der Sache auf den Grund zu gehen: sogenannte placebokontrollierte Studien, bei denen die Teilnehmer nicht wissen, ob sie eine Kapsel mit Knoblauchpulver bekommen oder nur eine mit einem gleich aussehenden und auch sonst nicht zu unterscheidenden Doppelgänger aus weißem Pulver (lat. placebo [ich will gefallen]). So lässt sich eine eingebildete Wirkung, eben der Placeboeffekt, von einer tatsächlichen Wirkung des Knoblauchpulvers trennen.

Es gab nach langer Suche gerade mal zwei solcher Studien, und aus ihnen ging hervor, dass Knoblauchpulver nicht besser gegen Bluthochdruck oder die Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützte als eine Kapsel ohne Knoblauchpulver.21 Auch gegen Erkältungen war das Immunsystem nicht besser geschützt, wie eine weitere Auswertung von Studien ergab.22

Wir halten fest: Knoblauch im Essen ist auf keinen Fall verkehrt, aber gegen Herzinfarkt & Co. hilft nur ein insgesamt gesunder Lebensstil.

5Je weniger Körperfett, desto besser

Jeder kennt die kleinen oder größeren Polster, die sich vor allem an Bauch, Beinen und Po bilden – Fett. Grob gesagt: Menschliches Gewebe besteht zu etwa 75 Prozent aus fettfreier Masse inklusive Wasser. Da sich Fett bekanntlich nicht mit Wasser mischt, bleibt das Körperfett meist unter sich. Viele Menschen fragen sich, wie sie den Anteil der Fettmasse in ihrem Körper reduzieren können. Dabei sollen alle möglichen Maßnahmen helfen: Diäten, Ernährungsumstellungen und Fitnessprogramme. Und es soll auch Lebensmittel geben, die die Fettverbrennung ankurbeln, sogenannte Stoffwechsel-Booster oder Fatburner. Und noch besser: Spezielle Fitnessübungen und Lebensmittel sollen sogar exakt das unbeliebte Fett am Bauch verbrennen. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob das Fett in unserem Körper wirklich so schlimm ist und, falls ja oder nein, wie viel ist normal? Oder besser gesagt: Wie viel ist optimal?

Noch verwirrender dürfte es sein, dass wir ständig auf Nachrichten in Medien, Social Media und sicher auch im Bekanntenkreis treffen, die uns suggerieren, dass Körperfett ungesund sei. Ein Thema sind zum Beispiel die sogenannten TOFIs: Das Akronym steht für thin outside, fat inside: Menschen, die nach außen hin schlank aussehen, gesund sind und sich auch gesund fühlen. Und da lauert die Gefahr: Gerade diese Fetteinlagerungen in der Bauchdecke sollen das Risiko für Herzerkrankungen bis zum Herzinfarkt steigern. Und auch für Diabetes. Hat »man« oder »frau« also ein schlankes Äußeres und fühlt sich damit pudelwohl, was ja bereits für viele Menschen ein unerreichbares Ideal bleibt, und hat damit trotzdem noch nicht viel gewonnen? Worauf können wir uns also verlassen? Unser Spiegelbild, die normale Badezimmerwaage oder die spezialisierte Körperfettwaage? Den Body-Mass-Index, den Taillen- oder Hüftumfang? Und hat Körperfett nicht möglicherweise auch einen Sinn?

Schlüsseln wir das alles einmal ganz genau auf. Erst mal gibt es eine große Spannbreite für den Körperfettanteil, der sich je nach Geschlecht auch unterscheidet. Frauen haben mehr Körperfett als Männer. Das ist auch absolut sinnvoll, denn Frauen können bekanntlich Kinder kriegen, und bereits eine Schwangerschaft kommt nach neun Monaten auf 80000 Kilokalorien Extrabedarf. Zum Stillen sind es dann im Anschluss noch mal 500 Kilokalorien pro Tag.23 Weil also so viel Energie nötig ist, um überhaupt ein neues Leben entstehen zu lassen und dann zu unterhalten, fällt bei Frauen unterhalb eines bestimmten Körperfettanteils auch der Eisprung aus. Ein Schutzprogramm der Natur.

Ein Körperfettanteil zwischen 15 und 30 Prozent gilt bei Männern und Frauen als normal. Bei Hochleistungssportlern kann er auf unter 7 Prozent sinken. Die große Frage lautet: Wie lässt sich der Körperfettanteil überhaupt senken? Die Antwort: weder durch spezielle Lebensmittel noch durch einzelne Fitnessübungen. Zwar können Ernährungsweisen mit einem geringen Anteil an Kohlenhydraten oder auch Intervallfasten die Fettspeicher etwas schneller angreifen als nur die reine Kalorienreduktion. Letzteres ist aber langfristig trotzdem entscheidend.

Da unser Energieumsatz direkt mit dem Körpergewicht zusammenhängt, hilft es auch, ein Ganzkörperkrafttraining durchzuführen. Mehr Muskelmasse bedeutet im Umkehrschluss weniger Körperfett und zusätzlich mehr Energieverbrauch in Ruhe und Bewegung. Regelmäßige Bewegung im mittleren Herzfrequenzbereich unterstützt zusätzlich die Fettverbrennung.

Der Erfolg lässt sich am besten mit der normalen Körperwaage und einmal im Monat durch den Hüft- und Taillenumfang messen. So können Sie Ihren Body-Mass-Index (BMI) bestimmen und das Hüft-zu-Taille-Verhältnis (HTV). (BMI = Körpergewicht geteilt durch das Quadrat der Körpergröße in Metern [als Idealwert gilt laut WHO ein BMI zwischen 18,5 und 24,9]. HTV = Hüftumfang in Zentimetern geteilt durch Taillenumfang in Zentimetern.) Nur BMI oder HTV allein sagen nichts über die Fettverteilung aus, wie bei den TOFIs. Liegt der BMI unter 25 beziehungsweise der HTV unter 0,8 (Frauen) oder 0,9 (Männer), ist alles im grünen Bereich.

6Allein eine falsche Ernährung führt zu Krebs

Es gibt wenige Erkrankungen, die so komplex und vielfältig sind wie Krebs. Das deutsche Krebsregister des Robert Koch-Instituts zählt über dreißig unterschiedliche Krebsarten.24 Und Krebs ist immer noch eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland und anderen Industrieländern. Neben einer wirklich sehr großen Anzahl von Umwelteinflüssen, unseren Genen und der gesamten Lebensweise hat natürlich auch die Ernährung eine Bedeutung, sowohl für die Vorbeugung von Krebs als auch während einer Behandlung.

Nachdem wir diese Tatsachen zunächst einmal nüchtern festgestellt haben, kommen wir zu einem weiteren Fakt: Der Markt für Anti-Krebs-Diäten oder -Ernährung ist riesig. Ebenso die Versprechungen nicht weniger Akteure, dass dieses oder jenes Lebensmittel das Krebsrisiko senkt oder steigert. Gar nicht zu reden davon, dass direkt gesamte Lebensmittelgruppen krebserregend seien oder eben davor schützen sollen. In der Regel haben sich die populärwissenschaftlichen Ratgeber auf Fleisch und Wurst sowie Milch und Milchprodukte oder direkt alle tierischen Lebensmittel eingeschossen. Vor allem tierisches Protein soll der Übeltäter sein. Dagegen sollen sämtliche pflanzlichen Lebensmittel und davon wieder einzelne Superfoods und Ähnliches wahre Wunder bei der Vorbeugung oder Behandlung von Krebs bewirken. Pseudowissenschaftliche Empfehlungen reichen daher von reiner Rohkost-Ernährung über Veganismus bis hin zu Nahrungsergänzungsmitteln, die vor Krebs schützen sollen. Medial werden solche speziellen Erzählweisen vor allem in sozialen Medien auf die Spitze getrieben und mittlerweile oftmals auch von seriöseren Medien ungeprüft übernommen.

Eine weitere Ernährungsweise, die immer wieder im Kampf gegen den Krebs ins Feld geführt wird, ist die ketogene Ernährung (siehe das Kapitel »Ketogene Ernährung ist für jeden geeignet«). Sie ist extrem kohlenhydratarm, und da Krebszellen besonders viel Energie aus Zucker benötigen, bestand Hoffnung, so ließe sich Krebs regelrecht »aushungern« oder vermeiden. Was ist nun richtig, und was ist falsch?

Fangen wir zunächst mit einer positiven Nachricht an: Die Krebserkrankungsrate und auch die Todesfälle durch Krebs insgesamt sind in Deutschland seit Jahrzehnten abnehmend. Ein Zusammenhang mit Ernährung kann bei Krebserkrankungen vor allem dieser Organe vorliegen (nach abnehmender Häufigkeit): Brust, Prostata, Darm, Gebärmutterkörper, Bauchspeicheldrüse, Magen, Mundhöhle und Rachen, Gebärmutterhals, Leber, Schilddrüse und Speiseröhre. Eine Zunahme der Erkrankungsraten war nur noch bei Dünndarmkrebs festzustellen, aber nicht bei Dickdarmkrebs. Interessant ist nun, dass sich laut den Erhebungen des Nationalen Ernährungsmonitorings (NEMONIT) im nahezu gleichen Zeitraum nur der Verzehr von Obst, Fruchtsäften, Kaffee und Wasser verändert hat.25 Noch interessanter ist, dass sowohl Frauen als auch Männer etwa ein Viertel weniger Obst am Ende der Erhebung konsumierten als am Anfang und 92 beziehungsweise 76 Prozent weniger Fruchtsäfte. Dafür aber um mehr als die Hälfte respektive mehr als doppelt so viel Wasser und Kaffee.

Auch wenn das individuelle Krebsrisiko des Einzelnen durch deutlich mehr als nur die Ernährung beeinflusst wird, so wird daraus eines klar: Weder kann weniger Obst- und Fruchtsaftkonsum ausschlaggebend für die sinkenden Krebsraten in Deutschland sein noch mehr Wasser- und Kaffeetrinken. Definitiv kann der schützende Einfluss einzelner Lebensmittel wie Obst also nicht so groß sein wie oftmals verkündet. Genauso wenig hat sich bisher erwiesen, dass ketogene Ernährung Krebs aushungern könnte – so die Studienlage.26

Was hingegen als gesichert gilt: Übergewicht und besonders Adipositas (starkes Übergewicht) erhöhen das Risiko für fast alle Krebserkrankungen im zweistelligen Prozentbereich. So soll Adipositas für 7 Prozent aller Krebsfälle in Deutschland mitverantwortlich sein. Und auch hier hilft es, abzunehmen: Ab etwa 10 Kilogramm Gewichtsreduktion sinkt auch das Krebsrisiko zweistellig.27

7Leberfasten ist für jeden gut

Vielleicht haben Sie den flotten Spruch ja schon mal gehört: »Die Leber wächst mit ihren Aufgaben.«28 Auch diese Aufgaben sind in den letzten Jahrzehnten offenbar stetig angewachsen. In Deutschland heißt das pro Tag 1833 Kilokalorien für Frauen und 2413 Kilokalorien für Männer, darin enthalten sind 68 Gramm Fett für Frauen und 92 Gramm für Männer. Und außerdem 64 Gramm freier Zucker für Frauen und 79 Gramm für Männer bezogen auf die tägliche Kalorienaufnahme.29

Ich zähle das so explizit auf, weil es nicht nur unbedingt auf die Kalorien oder das Fett ankommt, sondern auch auf den Überschuss an Zucker, den wir aufnehmen. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt nicht mehr als 50 Gramm freien Zucker pro Tag, besser sogar nur 25 Gramm.

Was hat das nun mit unserer Leber zu tun? Das ist relativ kurz erklärt: Überschüssiger Zucker wird im Körper bekanntlich in Fettpolstern angelegt. Speziell Fruchtzucker (Fruktose) wird allerdings vorher in der Leber in Traubenzucker (Glukose) umgewandelt, bevor es weitergehen kann. Unser Haushaltszucker und auch manche Süßungsmittel wie Glukose-Fruktose-Sirup bestehen zur Hälfte oder mehr aus Fruchtzucker. Bei hohem Konsum wird daher in der Leber erst mal sehr viel Traubenzucker aus Fruchtzucker gebildet und anschließend direkt dort als Fett gespeichert. Die Leber verfettet somit, und der Arzt beziehungsweise die Ärztin spricht von einer »nicht alkoholischen Fettleber (NAFL)«, denn solche Verfettungen finden sich sonst besonders häufig beim Alkoholmissbrauch. Und Deutschland wäre nicht Deutschland, wenn die Zunahme dieser »nicht alkoholischen Fettlebern« keine massenweisen Angebote für Nahrungsergänzungsmittel, Diät-Ratgeber und sogenannte Leberfasten-Konzepte nach sich zöge. Aber was davon ist eigentlich sinnvoll? Und falls ja, für wen? Bisweilen spitzt sich die Debatte sogar so weit zu, dass Fruchtzucker geradezu verteufelt wird, egal, ob er aus einem Sirup oder von Obst stammt. Da tut Aufklärung not!