Abandoned by Sanctity - Francyne M. Foster - E-Book
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Abandoned by Sanctity E-Book

Francyne M. Foster

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Beschreibung

Nach den bisherigen Ereignissen wäre dir eine Pause ganz recht? Hmm, etwas mehr Durchhaltevermögen hätte ich eigentlich an der Stelle schon erwartet. Aber natürlich lasse ich dir keinen Moment zum Durchatmen. Es geht lustig und rasant weiter, und zwar nicht im ohnmachtgarantierenden freien Fall ins Kellergeschoss, sondern im Laufschritt nach oben. Eine Tote liegt im Wald, Scotland Yard hat den Campus betreten und die Elite in Drake's House weiß vor lauter Weihrauchduft, effektvollen Pfefferspraywolken und Spiegeln tatsächlich nicht mehr, welcher Wochentag ist. Los jetzt! Lauf die Turmtreppe hinauf, stolpere nicht und immer schön fokussiert bleiben! Aber du bist nicht allein, hm? Dieses Mal nicht ... Mit viel Glück schaffst du es bis nach oben, doch was wird dich so nah am Himmel erwarten? Hast du den Dreh noch nicht raus oder gefällt es dir, geblendet und verraten zu werden? Komm, es wird Zeit, dich im Stich zu lassen! Adoned by Sanctity ist der dritte von sechs Bänden und endet - wie die Bände zuvor - mehr oder weniger offen. Im dritten Teil ist die Trigger-Warnung mehr denn je zu beachten! Zudem sei an dieser Stelle erwähnt, dass es in diesem Band ausschließlich zu homosexuellen Handlungen kommt.

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Trigger-Warnung

Wohlan! Du bist im nächsten Sektor meines Spiegelkabinetts angekommen und wir stehen nun gemeinsam vor der Tür, hinter der dich zunächst eine Treppe erwartet, deren horrende Stufenanzahl weit unter uns enden wird. Nie waren wir den Höllenkreisen näher und das nicht nur, weil die Wollust von einigen Protagonisten sehr häufig zelebriert wird, sondern weil auch Mord, Suizid, sexueller Missbrauch, Kindesmissbrauch und Isolation Themen sein werden, die dich an deine Grenzen bringen können.

Es steht dir frei, ob du diesen Teil lesen möchtest. Falls du es tust, leg ab und an eine Pause ein, wenn du ein Kribbeln im Kopf verspürst. Keine Sorge, das sind nur meine Fingernägel, die ein wenig an deinen Synapsen herumzupfen. Das vergeht wieder … irgendwann.

X

Der Henker wartet. Das Brandeisen liegt bereits im Feuer. Ich kann es kaum abwarten, bis du siehst, welches Motiv ich mir für deine Stirn ausgesucht habe, oder sollte ich besser sagen für eure, hm?

Seinem Schicksal kann man nicht entfliehen … und das werdet ihr auf die härteste Art und Weise lernen müssen!

Inhaltsverzeichnis

Trigger-Warnung

X

Kapitel 1: Arrogante Disziplin

Liam

Mia

Kapitel 2: Ein neugieriger Vogel im Käfig

Mia

Parzival

Liam

Kapitel 3: Krawatte oder Schal?

Liam

Kapitel 4: Dringender Tatverdacht

Galahad

Liam

Kapitel 5: Die erste Leiche ist immer böse

Liam

Kapitel 6: Faible für hübsche männer

Galahad

Liam

Kapitel 7: Geschlossene Gesellschaft

Galahad

Parzival

Kapitel 8: Was spricht gegen eine nummer?

Liam

Kapitel 9: Verwahrloste Raubkatze

Liam

X

Liam

Mimi

Liam

Mimi

Kapitel 10: Wie war Oxford?

Liam

Dr. Pearson

Kapitel 11: Ein Paradies für die Spurensicherung

Liam

Dr. Pearson

Liam

Kapitel 12: Braucht man einen Schlüssel?

Mimi

Liam

Dr. Pearson

Liam

Fortsetzung Folgt

Über die Autorin …

Liam

Ich hatte keinen Schimmer, wie das hatte passieren können. Meine Schwester Mimi – Hermia – hatte mich soeben angerufen und mir stockend mitgeteilt, dass Lysinda – meine noch inoffiziell Verlobte – tot auf ihrem Campus lag. Wie war das möglich? Am morgigen Samstag sollte das vorläufige Heiratsversprechen erneut stattfinden, nachdem es beim letzten Mal hatte ausfallen müssen. Gut, schade war es nicht. Auch ihren Tod bedauerte ich keineswegs. Warum auch? Diese Frau hatte mich selbst mit dem Gedanken spielen lassen, sie irgendwann umzubringen. Nur hätte ich das selbstverständlich so abgewickelt, dass man mir niemals die Schuld dafür hätte geben können.

Ich war auf dem Weg zum Sanctity. Die Polizei würde mich ohnehin aufsuchen wollen, so konnte ich also gnädig sein und ihnen entgegenkommen. Tarnung war schließlich alles. Und ich war mittlerweile ein Meister der Illusion. Meister klang vielleicht etwas hochtrabend, verbessern konnte man sich schließlich immer.

Wie war Lysinda ans College gekommen? Freiwillig? War sie dort nur abgeladen worden? Mein Bordcomputer sprang an und das Display zeigte einen Anruf meines Vaters. Ich drückte auf ›Annehmen‹.

»Ja?«

»Weißt du es bereits?«, drang es sogleich durch die Lautsprecher. Ja, und auf gewisse Weise könnte ich darüber nicht glücklicher sein. Immerhin war ich sie, Lysinda, nun los.

»Allerdings. Mimi hat mich vor einer Weile angerufen. Woher weißt du es?«

»Magmer hat mich kontaktiert. Dieser miese Hund ist verdammt wütend.«

Ich kniff ungläubig die Augen zusammen. Warum sollte Magmer über den Tod seiner Nichte wütend sein?

»Weshalb? Immerhin erbt er nun das gesamte Vermögen, oder?«, fragte ich deshalb. Er sollte eine Party veranstalten.

Mein Vater lachte spöttisch. »Nein, eben nicht! In diesem Fall geht das gesamte Bennett-Vermögen an den National Trust und NHS. Das war so im Testament geregelt, wenn Lysinda ledig stirbt.« Tja, da stieg ich in Dads Lachen mit ein. Magmer hatte es nicht anders verdient.

»So ein Jammer aber auch. Ich hoffe, er denkt nicht, dass wir mit ihrem Tod etwas zu tun haben.«

Dad schwieg und brummelte etwas Unverständliches. »Das würde er offiziell zumindest nicht. Indirekt …« Würde er das sehr wohl, dachte ich.

»Wir hätten gewartet, bis ich sie geheiratet habe. Dann hätte ich wenigstens alles geerbt, so wäre es sinnlos. Für mich zumindest.« Er räusperte sich. Ja, das hörte er vielleicht nicht gern, aber so wäre es logisch gewesen, oder nicht? Schließlich ging ich nun leer aus, auch wenn mich ihr Geld keinen Deut interessiert hatte. Ich besaß mein eigenes und musste mir keine Frau zulegen, nur weil ich knapp bei Kasse war. »Ich bin auf dem Weg zum College. Die Polizei wird sicher mit mir sprechen wollen.« Und mich fragen, wo ich zum Zeitpunkt des Todes gewesen war. Das wäre zwar einfach zu belegen, aber ich sollte mir trotzdem eine Story überlegen. Ich war in der Karibik gewesen, nur nicht allein. Weiß Gott, was mich dazu bewogen hatte … Würde mir die Polizei glauben, wenn ich angab, dass ich eine Auszeit gebraucht hatte?

Hinter Carlisle fuhr ich kurz ab, um zu tanken. Ich rief nebenbei Mimi erneut an, da ich sichergehen wollte, dass ich mit ihr allein sprechen konnte – ohne diesen Bodybuilder an ihrer Seite. Es war lächerlich, dass ebender nun der verlorene Duke of Gloucestershire war. Während ich an der Tanksäule stand, hatte ich mein Telefon am Ohr und wartete darauf, dass Mimi endlich abnahm. Ich konnte sehr hartnäckig sein – erst recht, wenn ich meinen Willen einforderte. Zwischen Säule und meinem Audi tauchte plötzlich ein kleines, hellblondes Mädchen auf, die mich finster ansah und offenbar irgendwas von mir wollte. Sie besaß hübsche und volle Locken, die allerdings durch ein Haargummi in einem Zopf gebändigt wurden.

»Ja bitte?«, fragte ich nicht sonderlich angetan. Sie deutete zu der Säule, an der ein Telefonverbotsschild mich daran erinnerte, dass ich nebenbei nicht telefonieren durfte. Hm, wusste ich, interessierte mich trotzdem nicht. So einfach war das. Sie sagte nichts weiter, verdrehte nur die Augen und ging wieder rein. Sehr schlagfertig die Kleine. Mimi ging nicht ran. Ich legte auf, verschloss den Tankdeckel, als mein Tank voll war, und rief sie sofort wieder an. Im Tankshop blieb ich stehen, da ebendiese kleine Blonde hinter der Kasse stand. Durfte sie überhaupt schon arbeiten? Sie sah aus wie 16, Herrgott! Und wirkte mit dieser ihr viel zu großen und hässlichen Arbeitsschürze noch viel jünger. Mit Telefon am Ohr besorgte ich mir noch eine Wasserflasche aus der Kühltheke. Eine weitere Frau kam in den Laden. Ihr Blick fand meinen, der vielleicht kurz auf ihrem Hintern gelegen hatte. Der sah jünger aus als der Rest von ihr. Nicht mein Fall, eventuell für eine schnelle Nummer, aber … nein, nicht einmal das. Sie roch furchtbar und ihre Duftwolke schwebte rosarot und süß hinter ihr her. Ich folgte ihr zur Kasse. Ihr Duft ließ mich darauf schließen, dass sie nicht unbedingt gern Mitte 40 war. Sie warf mir einen Blick über die Schulter zu. Oh, vielen Dank, aber nein. Ich würde nicht dafür sorgen, dass sie sich für einen Moment wieder jung und begehrenswert fühlen konnte. Mimi nahm endlich ab und lenkte mich von dieser impertinenten Frau ab.

»Liam, was ist denn? Weißt du, was hier los ist?«, motzte sie direkt los.

Ich verdrehte die Augen. »Das kann ich schlecht wissen, oder?«

»Sei nicht so spitzfindig! Wann bist du hier? Scotland Yard ist bereits da! Es sind die gleichen Deppen wie beim letzten Mal.« Beim letzten Mal? Ah, Scott McTavish. Das war nicht sonderlich tragisch, oder? Die Dame vor mir konnte sich nicht entscheiden, welche Kippen sie kaufen sollte, und war recht herrisch in ihrem Ton der kleinen Blonden gegenüber. Gut, wirklich ernst nehmen konnte ich das Mädchen auch nicht. »Liam?«

»Hm? Ach ja, die Polizei. Schön, ich bin hinter Carlisle. Wir treffen uns bei Suzette.«

»Warum das?«

Der süße und penetrante Duft der älteren Frau kitzelte mir in der Nase und ließ mich angesäuert das Gesicht verziehen.

»Darum! Ich will noch etwas essen, und zwar mit dir allein.« Das Gespräch war für mich beendet. Diese dumme Frau vor mir war endlich fertig. Mein Smartphone klingelte erneut, als ich mit Bezahlen dran war. Mein Assistent Perry rief an. Mittlerweile arbeitete ich ausschließlich als Geschäftsführer in Manchester und bei der Fülle an Arbeit hatte ich mir Unterstützung für meine Terminplanung suchen müssen. Perry war etwas älter als ich, versiert auf seinem Gebiet und in mich verliebt seit – vermutlich – dem ersten Tag. Das erleichterte mir einiges, da er schlichtweg alles tat, um von mir ein Lob zu bekommen. Andererseits waren seine schmachtenden Blicke ekelerregend.

»Sonst noch was?« Ah, das kleine Mädchen konnte sprechen. Ich ignorierte Perrys Anruf und drückte ihn weg. Den Betrag meiner Tankfüllung las ich bereits auf der elektronischen Anzeige. Ich stellte das Wasser vor ihr ab. Der Duft der Impertinenz hing zwar noch immer im Raum, aber nun nahm ich einen anderen wahr. Er roch fruchtig. Irgendeine Beere, ich war mir nicht sicher. Roch die Kleine so? Die Brille auf ihrer kleinen Nase wirkte deplatziert, potthässlich und eigentlich reif für den Müll. Sie scannte den Code auf der Flasche und ihr Blick sagte mir genau eins: Du erfüllst genau das Klischee, das ich zu deinem Stereotyp im Kopf habe. Ich lächelte dünn und zückte absichtlich meine schwarze American-Express-Kreditkarte. Natürlich, antworteten ihre Augen gehässig. Ich wusste sehr genau, wie ich aussah. Arrogant, nach Geld – im heutigen Maßanzug noch mehr als sonst –, nach Unerreichbarkeit für genau so ein junges Ding und nach nie erfüllbaren Träumen. Nur war jeder im Leben für sich selbst verantwortlich. Ich hatte immer nach den Sternen gegriffen, auch wenn sie noch so weit weg gewesen waren. Und nun gehörten sie mir.

»Disziplin.« Mit diesem Wort brachte ich sie durcheinander. Ich wusste nicht einmal, warum ich ihr das sagte. Sie blinzelte verwirrt, ihre langen Wimpern fielen mir dabei auf, die eigentlich kaum natürlich sein konnten, und doch fiel es mir schwer, zu glauben, dass sie für eine Wimpernverlängerung Geld ausgab, aber nicht für eine neue Brille. Na ja, oder vermutlich ihre Eltern. Ich legte meine Karte auf das Lesegerät, bemerkte aus den Augenwinkeln ihre filigranen Finger, die mit selbstmanikürten Fingernägeln endeten, nur sonderlich gelungen war ihr das nicht. Was für eine seltsame Person. Ich blickte auf in ihre Augen, die nicht nur blau und grün waren, sondern auch grau. Die Kombination ließ ihre Iriden fast türkis aussehen. Ich las Unverständnis, Unruhe und Nervosität darin. Ja, Augen waren der perfekte Spiegel einer Seele. Und diese Seele vor mir war nur eins: schwach. Mein Einkauf war bezahlt, ohne ein weiteres Wort verließ ich den Shop, stieg in meinen Audi und fuhr endlich weiter. Ich hatte das Gefühl, dass mein ganzer Innenraum nach dem aufdringlichen Parfum dieser armseligen Dame roch. Ich öffnete das Fenster, drehte meine Anlage auf und fuhr weiter zum Sanctity.

Mimi wartete bereits im Café auf mich. Es wäre mir lieber, sagen zu können, dass sie furchtbar aussah. Nur tat sie das nicht. Sie sah blendend aus, aktuell vielleicht etwas durch den Wind, aber ihr Augenweiß hatte eine rosa Note angenommen und schrie ihre Verliebtheit heraus. Nein, das gefiel mir nicht. Ich sollte es ihr gönnen. Dem stand auch nichts entgegen, nur wollte ich sie für mich allein. Sie war der einzige Mensch, dem ich blind vertraute. Für den ich alles, wirklich alles tun würde. Ich wollte nicht an zweiter Stelle stehen und das würde ich auch nicht. Denn ich war der einzige Mensch, der alle Facetten ihrer Seele kannte. Ich wusste über jeden Zentimeter ihrer strahlend leuchtenden Seele Bescheid und auch darüber, was hinter ihr in ihrem Schatten lauerte. Sie würde niemals mit jemand anderem darüber sprechen. Ihr Schatten gehörte mir, ich wusste damit umzugehen, kannte ihre Angst davor und wie ich sie ihr wieder nahm. Nicht in Gänze, das würde mir nicht gelingen, aber ich konnte sie beruhigen. Ich las die stumme Frage, ob ich mit Lysindas Tod etwas zu tun hatte, in ihrem Blick, als sie aufstand und vor mir am Tisch stehen blieb.

»Die Antwort ist Nein, Mimi.«

Sie atmete erleichtert aus und schlang intuitiv ihre Arme um meinen Bauch. Ich zog sie an mich, inhalierte ihren Duft nach Pfingstrosen und Jasmin, bis ihr Körper sich spürbar entspannte. Ich schob sie sacht auf Armeslänge zurück und erkannte in ihren leicht nassen Augen, dass sie sich vor meiner Antwort gefürchtet hatte.

»Aber du hast mit dem Gedanken gespielt.«

Ich schmunzelte. »Du ebenfalls.«

Augenrollend entfernte sie sich und murmelte: »Ich hätte dir auf jeden Fall geholfen, ihre …« Sie verzog das Gesicht und sah sich knapp im Café um. »Lassen wir das besser. Setz dich.« Meine süße, kleine Schwester wusste, dass meine Seele nicht mehr unbefleckt war, aber nicht, aus welchen Gründen genau. Es würde ihr das Herz brechen, wenn sie jemals alles erfahren sollte. Diesen Blick voller Enttäuschung könnte ich niemals ertragen. Sie war alles für mich. Ich setzte mich zu ihr auf die gepolsterte Bankreihe und hatte ihre Nähe schmerzlicher vermisst, als ich es vorher angenommen hätte. Zugegebenermaßen war ich daran selbst schuld, weil ich mich vielleicht absichtlich nicht gemeldet hatte. Nicht, nachdem ich erfahren hatte, wo sie vor Ostern gewesen war und mit wem. »Wieso bist du überhaupt so bockig?«, fragte sie mich schnippisch. Ich legte mein Telefon auf dem Tisch vor mir ab und erinnerte mich an Perry, den ich bisher nicht zurückgerufen hatte. Nun, da er es nicht noch einmal probiert hatte, konnte es so wichtig also nicht sein.

»Ich bin überhaupt nicht bockig, dafür bin ich zu alt.« Mir war es schleierhaft, dass sie das jedes Mal von mir annahm. Ich war mit Sicherheit niemand, der ›bockig‹ wurde. Es war ekelhaft warm im Café und ich öffnete meine Anzugjacke.

»Es passt dir noch immer nicht, dass ich mit Gal zusammen bin«, stellte sie fest, obwohl es an sich nichts festzustellen gab!

»Mit wem bitte?«

»Sei nicht so eine Zicke! Wo warst du eigentlich?«

Suzette kam, schenkte mir wie immer ihr schönstes Lächeln und schmunzelte stolz, weil sie sich erinnerte, was ich immer am liebsten aß und trank. »Liam, du fehlst hier wirklich. Wie immer, mein Schöner?« Es war so simpel, Menschen zu manipulieren. Es reichte ein traumhaftes Lächeln, das sie bestärkte, und schon würde sie mich für weitere Monate nicht vergessen können.

»Ihre ausgezeichneten Backkünste fehlen mir in Manchester ebenso, Suzette.«

Sie winkte mit roten Wangen ab. »Du wieder. Ich bringe dir deinen Kaffee und deinen Kuchen. Mia, für dich noch etwas?«

Ihre Tasse war bereits leer und offenbar war Tee darin gewesen. Selbstverständlich war ihr Teller, auf dem mindestens zwei Stück Kuchen gelegen haben dürften, bereits leer.

»Für sie einfach noch einmal das Gleiche«, entgegnete ich.

Suzette verließ uns und Mimi stupste mir ihren Ellenbogen in die Seite. »Du bist unmöglich!« Ich stützte meine Ellenbogen auf den Tisch und sah darin kein Problem, stattdessen fragte ich sie, was bisher bekannt war. »Lysinda lag im Wäldchen vor Drakeʼs House. Einer der Porter hatte seinen Hund heimlich in der Lodge dabei und der wiederum hat sie dann gefunden. Nun wimmelt alles von Polizei und Spurensicherung. Niemand darf die Gegend verlassen.« Meine Schwester schnaufte angesäuert, bevor sie fortfuhr. »Sie verhören zuerst uns Saints, weil wir direkt dort wohnen. Bisher habe ich nur gehört, dass sie erwürgt worden sein soll. Seit wann sie dort lag, weiß niemand. Vor dem Wäldchen steht nun ein großes weißes Zelt. Der Yard will ein temporäres Headquarter einrichten. Powells und die anderen House Master hatten sich deswegen in den Haaren, weil dieses HQ bei uns aufgebaut werden sollte, aber Powells war sofort dagegen.« Selbstverständlich war er das. Was würde das auch für ein Bild abgeben? Der Yard bei den Saints. Welche Geheimnisse da wohl ans Licht gezerrt werden könnten?

»Sieht man denn einen Zusammenhang mit McTavish?« Soweit ich es noch wusste, war er doch ebenfalls stranguliert worden.

»Du meinst, weil beide erwürgt wurden?« Ich nickte, konnte allerdings für mich darin keinen Sinn erkennen. »Bisher nicht. Was wollte Lysinda hier?«

»Frag mich nicht. Am Sonntag habe ich zuletzt mit ihr gesprochen.«

»Worüber?« Daran musste ich mich tatsächlich erst erinnern. Oft zugehört hatte ich ihr nicht. Diese Frau war so berechenbar gewesen und langweilig – vor allem langweilig. Die wenigen Male, die ich mit ihr Sex hatte, waren nichts anderes gewesen. Dieses Anbiedern konnte ich nicht ausstehen. Betteln und nach mehr geiern war nur bis zu einem bestimmten Punkt anziehend, danach wirkte es nur noch erbärmlich. Und Lysinda war ein Mensch, mit dem ich alles hätte anstellen können. Sie tat sogar so, als wäre ›mein Fetisch‹ – der keiner war – nun auch ihr eigener, und nur durch mich hätte sie das ›endlich‹ selbst erst erkannt. Als sie beim letzten Mal mit einem angelegten Halsband und einer Leine aus dem Badezimmer getreten war, wollte ich nur eins: sie damit elendig erwürgen. Ich war rasend gewesen, als sie mit schlecht einge-übtem, kokettem Schmollmund im Türrahmen gelehnt hatte, eingehüllt in schwarzem Leder. Doch, ich hätte sie irgendwann getötet.

»Wegen der Verlobung, nichts Wichtiges.« Sie, Lysinda, hatte dieses Mal auf eine große Feier verzichtet, wollte nur mit unseren Familien essen und ›es hinter sich bringen‹. »Früher oder später hätte ich …«, begann ich, sprach den Rest aber nicht aus.

Mimi lehnte ihren Kopf gegen meine Schulter. »Ich weiß. Dennoch bin ich froh, dass das jemand anderes übernommen hat. Was ist mit ihrem Vermögen?«

»Erbt der National Trust und NHS. Magmer bekommt gar nichts.« Das freute mich ungemein. Dieser gierige Bastard war den Dreck unter meinen Schuhen nicht wert. Die gesamte Familie war kaum zu ertragen.

»Wenigstens etwas. Wo warst du in den Ferien?« Mimis Frage klang zwar ganz nebensächlich, aber ich wusste, wie sehr es ihr unter den Nägeln brannte, herauszufinden, wo ich gewesen war.

»In der Karibik.«

Sie seufzte und richtete sich wieder auf. »Liam …«, setzte sie versöhnlich an und ich wusste, was kommen würde. »Das mit Gal war nicht geplant. Nur ist es jetzt nun einmal so.«

»Mimi …«, sang ich geduldig. »Er ist immer noch zu alt!« Er war älter als ich!

»Ich werde nächste Woche 20. Stell dich nicht so an! Er ist 31 und nicht 41.« Ich stellte mich überhaupt nicht an, sondern kannte sie nur besser.

»Seine Welt ist nichts für dich! Hast du eine Ahnung, wie sein Tagesplan aussehen wird? Du wirst die meiste Zeit allein sein und das hast du nicht verdient! Also beende das, bevor es zu spät ist.« Ich hatte bisweilen alles für sie getan, würde er das ebenso?!

»Liam …« Sie brach mit einem resignierten Seufzen ab. »Es bringt bei dir einfach nichts. Egal, wir haben jetzt Dringenderes zu tun.«

»Ach, und was?«, fragte ich höhnisch.

»Herausfinden, wer Lysinda getötet hat.« Sehr witzig.

In Drakeʼs House kam ich mir wie mitten am Set einer Krimiserie vor. Ob es so auch bei Scott ausgesehen hatte? Wahrscheinlich weniger. Magmer hatte sicher ein Großaufgebot antanzen lassen, um herausfinden zu lassen, was mit seiner Nichte passiert war. Die Stimmung war unter den anwesenden Studenten recht angespannt. Bei dem ein oder anderen konnte ich mir denken warum und das hing mit Drogen zusammen. In der Luft schwebte zudem eine unangenehme Ungeduld. Solange die Polizei im Haus war, fühlte sich niemand wirklich allein oder ungestört. Ein Bobby könnte schließlich in so manche Szene platzen, die lieber hinter geschlossenen Türen geblieben wäre. Denn bisher war erstmal jeder verdächtig, bis er aus dem Kreis der möglichen Täter ausgeschlossen werden konnte. Ich amüsierte mich über die nervösen Gesichter. Frei von Sünden war hier schließlich niemand. Seine Verfehlungen bestmöglich zu vertuschen, war eine Disziplin, die man in unseren Gesellschaftsschichten recht früh lernte. In solchen Szenarien wie diesem hier würde sich zeigen, wer am besten trainiert hatte. Mia strebte eigentlich die breite Treppe geradeaus an, als ein blonder Mann ihren Namen rief. Ich könnte mich täuschen, aber bei seiner angeschwollenen Brust und den zurückgezogenen Schultern ging ich davon aus, dass er ein Polizist war. Er strahlte etwas Amtliches aus, wirkte steif in seinem Anzug und hielt sich offenbar trotzdem für einen sehr gutaussehenden Mann. Es behagte mir nicht, wie er meine Schwester betrachtete.

Mimi drehte sich mit einem »Ja?« zu ihm herum.

»Oh, Sergeant Belmont!« Während sie so tat, als würde sie die Polizei jederzeit unterstützen wollen, fiel mir das bei diesem Playboy schwerer als sonst. Mimi war schon immer meine Schwachstelle gewesen, die meine Emotionen überquellen ließ, wenn ihr jemand zu nah kam. Ich wurde nachlässig und hatte eher damit zu tun, mich selbst unter Kontrolle zu halten, als mich auf meine Umwelt zu fokussieren. Es war ein Fluch. Mimi trat mit entzückendem Lächeln an den Sergeant heran, ich folgte ihr auf dem Fuß. Sie deutete auf mich und stellte mich als ihren Bruder sowie als Verlobten der Verstorbenen vor. »Er ist gleich hergekommen, nachdem ich ihn angerufen habe«, setzte sie flott nach. Allerdings war ich weniger wegen Lysinda hier, sondern eher weil ich sichergehen wollte, dass meine Schwester in Ordnung war. An diesem College geschahen in letzter Zeit schließlich so einige verrückte Dinge. Der Sergeant nickte mir zu und sofort huschten seine Augen zurück zu meiner Schwester. Sie nahm unvermittelt meine Hand und drückte sie einen Wimpernschlag lang. Ihr war klar, dass mich diese kleine Geste von ihm bereits erzürnte.

»Wir hatten in Ihrem Büro in Manchester angerufen, aber da konnte man uns nicht sagen, wo Sie sich aufhalten, Mr. Hayworths«, stellte er fest. Was für ihn wahrscheinlich schon verdächtig war.

»Weswegen mich vorhin wohl mein Assistent angerufen hat, allerdings war ich zu dem Zeitpunkt bereits unterwegs. Ich habe mich umgehend auf den Weg gemacht, als mich meine Schwester angerufen hat.« Er segnete das zwar mit einem Nicken ab, aber er glaubte mir trotzdem nicht. »Was ist mit Lysinda passiert?« Statt meine Frage zu beantworten, deutete er auf das Speisezimmer in unserem Rücken.

»Vorläufig sind wir in diesem Speisessaal untergekommen, bis das Headquarter im Haus Jura aufgebaut ist.«

»Lex«, korrigierten Mimi und ich ihn im Gleichklang. Ihm gefiel die Zurechtweisung nicht – sein rechtes Auge zuckte kurz und er überspielte seine Reaktion mit einem Räuspern.

»Lex, ganz genau. Das Leben ist hier etwas eigensinnig.«

Ich lächelte. »Das können wir uns auch leisten, Sergeant«, erklärte ich herablassend. Seine römische Nase kräuselte sich. Sie war ein wenig zu lang und entstellte die Symmetrie seiner Züge, da sie etwas nach rechts neigte. Womöglich war sie einmal gebrochen und schlecht wiederhergerichtet worden. Offenbar hielt er von uns Besserverdienern nicht viel, da er arg damit kämpfte, seine Abneigung uns gegenüber nicht an die Oberfläche dringen zu lassen. Mimi sah man nicht sofort an, dass sie aus der gehobenen Gesellschaftsschicht kam. Mir schon. Er kommentierte das nicht. Wir folgten ihm ins Speisezimmer – Saal war etwas übertrieben. An sich war im Inneren bisher nicht viel passiert. Einige Meta-Wände waren aufgestellt worden, an die sicher diese Mindmap-Übersichten gepinnt werden würden. Fakten zum Opfer, Alibis, Verdächtige, Tathergang und so weiter. Ich war mir sicher, dass ich einen guten Kriminalbeamten abgegeben hätte. Allerdings … die Idee wäre tatsächlich sehr gut gewesen, wer rechnete denn schon damit, dass in einem Polizisten so ein sadistisches Etwas steckte? Es wäre die perfekte Tarnung gewesen. Nur würde daran bei mir ohnehin niemand denken. Sergeant Belmont dirigierte uns an einen Tisch und nahm uns gegenüber Platz.

»Mr. Hayworths. Sie waren der Verlobte der Verstorbenen.«

»Wie bereits erwähnt …«, sang ich und nickte gelangweilt. Ich bemerkte, wie Mimi neben mir scharf einatmete.

»Sicher. Wann hatten Sie das letzte Mal mit ihr Kontakt?«, kam es als Nächstes.

Ich änderte meine Taktik und spielte den ahnungslosen Krimiserien-Liebhaber. »Wollen Sie mir nicht zuerst erzählen, was überhaupt passiert ist? So ist das doch bei Law & Order auch immer, nicht?«

Er blinzelte langsam. Einmal, zweimal, dreimal …

»Richtig! Wahrscheinlich ist es dann einfacher, Sie zu fragen, was Sie bisher wissen. Ansonsten wären Sie wohl kaum so schnell hergekommen, hm?«

Ich lächelte mit schmalen Lippen und blickte seitlich zu Mimi. »Hermia hat mich angerufen und erzählt, dass meine Verlobte an dieser Institution tot aufgefunden wurde, mehr weiß ich nicht.«

»Ja, es konnte recht schnell festgestellt werden, dass es sich bei dem Opfer um Lysinda Bennett handelt. Der diensthabende Porter …« Er zückte einen Notizblock und blätterte darin herum. »Mr. Darcy wollte seinen Hund rauslassen, um … gegen elf Uhr heute Vormittag. Dusty kam jedoch nicht wieder …« Ich verdrehte stumm die Augen, als er weiter von seinem Block ablas, und hörte erst wieder zu, als Darcy die Leiche fand. »Er hat danach zuerst dem Dekan …«

»Provost«, korrigierte ich und wedelte mit der Hand, dass er fortfahren sollte.

»Provost Keatings …«

»Prof. Dr. Keatings«, berichtigte ich nochmals. Mimi bohrte mir ihre Fingernägel in den Handrücken.

»Genau!«, knurrte der Sergeant und schloss seinen Block. »Lysinda Bennett wurde offenbar stranguliert. Der Todeszeitpunkt kann erst in der Gerichtsmedizin festgestellt werden, aber grob wurde er auf drei Tage geschätzt. Seit wann die Leiche bereits in diesem Wäldchen lag, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden. Momentan befragen wir die Studenten und Angehörigen, ob sie etwas gesehen oder bemerkt haben. Können Sie sich vorstellen, dass Ihre Verlobte hier etwas zu erledigen gehabt hatte? Vielleicht einen Termin?«

Ich schüttelte stumm den Kopf. »Nein, wir haben das letzte Mal am Sonntag miteinander gesprochen. Ich war bis eben in Manchester und wollte morgen nach London, wo unsere Verlobung stattfinden sollte. Sie kannte – bis auf Nathanael Henry Magmer und meiner Schwester – sicherlich niemanden. Sie hat nicht am Sanctity studiert, weswegen es mir schleierhaft ist, was sie hier zu tun gehabt haben sollte, Sergeant Belmont.«

»Sie haben hier studiert?«, wollte er wissen.

Ich nickte. »Allerdings, ich habe vor vier Jahren meinen Master-Titel erhalten.« Schwergefallen war mir das Studium nicht. Nicht weil ich überdurchschnittlich klug war, sondern weil ich es zu verstehen wusste, den Dozenten die richtigen Themen für Klausuren oder Hausarbeiten unauffällig herauszukitzeln. Gleichzeitig habe ich dafür gesorgt, dass sich so ziemlich jeder an mich erinnern konnte, und stets war ich der smarte und charmante Liam gewesen. Nur drei Leute wussten, was ich für – sagen wir – Neigungen besaß. An Scott McTavishs Schwester konnte ich mich noch immer nicht erinnern. Wen oder warum jemanden es dazu bewogen hatte, mir zu unterstellen, dass ich es nötig hätte, eine Frau zu missbrauchen, war mir vollkommen unverständlich.

Er schrieb derweil fleißig in seinen Block. »Heute ist Freitag und Sie haben das letzte Mal am Sonntag mit ihr gesprochen?« Das hatte ich bereits erzählt, nicht?! »Tun Verliebte nicht öfter miteinander sprechen?«

Meine Nasenflügel bebten, als er mit seinem Englisch meine Ohren vergewaltigte.

»Sergeant Belmont …«, setzte ich an und kratzte wirklich alles an Geduld zusammen, das ich besaß. »Wenn Sie von Scotland Yard an dieses alte und elitäre College berufen wurden, gehe ich davon aus, dass Sie sich in unseren Kreisen auskennen.« Indirekt ging ich keineswegs davon aus. Der Mann mir gegenüber dürfte kaum älter sein als ich selbst und definitiv kein Gespür für menschliche Beziehungen besitzen, erst recht nicht dafür, wie es in der Oberklasse ablief.

»Was mein Bruder damit meint, ist, dass jeder Student hier bereits verlobt ist und die meisten wenig Mitspracherecht hatten. Sie verstehen?« So, wie er Mimi ansah, dachte er an vieles, aber nicht an ihre Aussage.

»Sicher, Miss Hayworths.« Sie zwang sich ein Lächeln ins Gesicht und bot ihm tatsächlich an, dass er sie Mia nennen könnte. Nun bohrte ich ihr meine Fingerkuppen in den Handrücken, auch wenn ich wusste, dass sie nur schauspielerte.

»Wie geht es nun weiter, Sergeant?«, lenkte ich von Mimi ab.

»Wie? Nun, die Leiche wird zunächst obduziert werden müssen. Die Umgebung wird nach Spuren abgesucht. An ihrer Leiche wurde nichts gefunden.« Da hakte ich nach. »Wie meinen Sie das? Sie muss doch ihr Telefon dabeigehabt haben, oder nicht?«

»Sie wurde nackt aufgefunden, Mr. Hayworths. Falls sie freiwillig an dieses College kam, steht in der Umgebung vielleicht ihr Wagen. Wir konstruieren noch ihren letzten Tag. Wann haben Sie mit ihr telefoniert?« Ich zog mein Telefon aus meiner Jacken-Innentasche, öffnete meine Anrufliste und gab es Mimi.

»Guckst du mal, Schwesterchen? Ich habe meine Kontaktlinsen nicht drin.« Ich brauchte keine, aber so bezog ich sie automatisch als Zeugin mit ein.

»Ähm, Sonntag, 16:13 Uhr. Das Gespräch dauerte 17 Minuten.« In denen ich die meiste Zeit nur mit brummendem Ja-Sagen beschäftigt gewesen war. Lysinda war eine der langweiligsten Frauen, die ich kannte.

»Vielen Dank, Mia«, kam es lächerlich freundlich von diesem Möchtegern-Inspector.

»Wo ist eigentlich Ihr Vorgesetzter?«, fragte ich beiläufig.

Die Doppeltür zur Eingangshalle öffnete sich just in der Sekunde und ein recht ungepflegter – und eindeutig ungesund lebender – Mann kam in den Raum geschlurft. Belmont räusperte sich und war offensichtlich genauso erfreut über diesen erbärmlichen Anblick.

»Kommt gerade zur Tür herein. Mr. Hayworths, das ist Chief Inspector Delaware.« Ich hätte beinahe gelacht. Das war ein Witz, oder?

Der Mann mit dem üppigen Bauch kam näher heran und nickte mir zu. »Sie sind also der Verlobte der Verstorbenen?«

»Korrekt, Chief Inspector. Liam Hayworths«, gab ich zu Protokoll. Er setzte sich schwerfällig neben seinen Kollegen und uns somit gegenüber.

»Aha …« Im Anschluss fragte er mich genau das Gleiche, was Belmont mich bereits gefragt hatte. Woher ich die Geduld für diesen Einfaltspinsel nahm, wusste ich nicht, aber brav wiederholte ich mich. »Gibt es jemanden, der Ihrer Verlobten hätte schaden wollen?«

Abgesehen von mir selbst? Ich verneinte das. »Lysinda war ein lebensfroher Mensch, der stets ein Lächeln auf den Lippen trug. Ich habe keine Ahnung, wem das hätte missfallen können. Nun, andererseits ist ihr Onkel sehr einflussreich. Die Liste seiner Konkurrenten dürfte länger als meine sein.« Und so schob ich den Dreck von meiner Tür zu einer anderen. Wir setzten dieses Hin und Her noch eine Weile fort, dann waren Mimi und ich vorerst entlassen.

Da es bereits später Nachmittag war, entschied ich, vor Ort zu bleiben. Mimi war damit einverstanden, dass ich bei ihr schlief, allerdings erst nach dem Satz: »Gal ist ohnehin in London.« Herzallerliebst. Ich konnte nicht fassen, dass ich bereits auf dem zweiten Platz gelandet war. Oben in ihrem schmalen Zimmer setzte sie sich aufs Bett, während ich stehen blieb. Sie sah fertig aus, nach dieser Hiobsbotschaft war das wohl kein Wunder.

»Liam, jetzt guck nicht so böse!« Das tat ich nicht!

»Mimi …« Sie stöhnte und fuhr mir unweigerlich ins Wort.

»Lass das bitte. Ich will nicht mit dir über ihn streiten, okay? Ich bin erst seit drei Wochen fest mit ihm zusammen. Sieh nichts, was noch gar nicht da ist.«

»Was meinst du bitte?«

Sie blickte ernst zu mir, vielleicht lag auch eine Spur Trotz in ihren Zügen.

»Du siehst bereits ein Leben von mir, das noch gar nicht stattfindet. Gal ist nun wirklich kein typischer Duke. Ich fühle mich wohl in den Cotswolds und in seiner Nähe. Bei ihm kann ich mich fallen lassen.«

Ich zog mir angesäuert meine Jacke aus und krempelte meine Ärmel hoch.

»Du hast hoffentlich nicht vor, ihm davon zu erzählen?«

»Nein«, kam es mit einer mir zu langen Verzögerung.

»Mimi … wir haben uns gegenseits geschworen, niemals darüber zu sprechen.«

Sie verdrehte kindisch die Augen. »Ich habe nicht vor, das zu ändern, Liam.« Mimi rutschte unruhig auf ihrem Bett herum. »Können wir das Thema beenden, ja?« Ich nickte milde, streifte meine Schuhe ab und setzte mich zu ihr aufs Bett. Wir lehnten gegen die Wand und sie kuschelte sich an meine Seite.

»Was glaubst du, was passiert ist?«, fragte sie leise.

»Ich habe keine Ahnung, aber ich würde darauf tippen, dass sie jemand hierhergelockt hat. Oder sie wurde hier nur abgelegt und starb woanders. Egal, aus welchem Grund sie hierherkam, derjenige wollte, dass man einen Bezug zum College herstellen kann, und das gefällt mir nicht.« Immerhin rannte hier bereits ein Mörder herum. Mir kam ein Gedanke. »Vielleicht hängt das auch mit dem Rest zusammen.«

Sie hob ihren Kopf von meiner Schulter und sah zu mir auf. »Du meinst, mit Scott und Noah?«

»Oder mit dieser Melissa. Offenbar scheint es mit dir zu tun zu haben.«

Mit dieser Aussage brachte ich sie aus dem Konzept und sie blinzelte konsterniert. »Wie meinst du das denn?«

»Nun, diese Melissa hat dich entführen lassen, Noah ebenso und Scott wollte dich missbrauchen. Also will dich entweder jemand beschützen oder verwischt seine Spuren, weil er dir schaden will.« Doch, das ergab Sinn.

Grummelnd legte sie ihre Wange wieder an meine Schulter. »Mir gefällt beides nicht und wieso, verdammt? An mir gibt es nichts Spannendes!« »Offenbar schon. Vielleicht gefällt es jemandem nicht, dass du mit deinem Lover zusammen bist.«

Sie atmete tief durch. »Es war klar, dass du diesen Grund als Erstes nennen würdest. Ich bleibe mit ihm zusammen!« Ich schlang meine Arme um sie und tat so, als gäbe ich mich damit zufrieden. Nur würde ich das nicht. »Du solltest dir einfach mal eine Frau zulegen.«

Ich lachte spöttisch, das Argument war vollkommen unsinnig.

»Weil du hoffst, dass ich dann nichts mehr gegen ihn hätte? Weit gefehlt, Schwesterchen.« Ich würde niemanden an ihrer Seite akzeptieren …

Mia

Mein Bruder führte sich lächerlich auf! Er konnte und würde mir die Beziehung zu Gal nicht verbieten. Punkt! Wir hingen stumm auf meinem Bett. Ich hatte keine Lust, mit ihm zu sprechen, wenn wir jedes Mal wieder bei Gal landen würden.

Es klopfte an meiner Tür. Ich stand auf und ließ Colin in mein Zimmer, der verwundert zu Liam sah. Warum wurde er denn da so käsig im Gesicht?

»Oh, hi Liam«, nuschelte er und wandte schnell den Blick von Liam ab. Sehr verdächtig! Sicher, mein Bruder war manchmal ein glänzendes Arschloch, aber die Reaktion fand ich dennoch seltsam. »Gibt es etwas Neues?«, fragte er mich dann.

»Nein, wir wissen nur, dass sie nackt gefunden wurde. Mehr bisher auch nicht«, gab ich selbst ahnungslos zurück. Ich hüpfte wieder zu Liam aufs Bett. Colin blieb nervös im Raum stehen und setzte sich nur zögerlich, als ich auf meinen einzigen Stuhl deutete.

»Gal hat Parcs angerufen. Ein anderer Bulle wird übernehmen«, stammelte er dann sichtlich unwohl.

»Aha, wieso?« Gut, sonderliche Leuchten waren Belmont und Delaware nicht, aber dennoch war ich überrascht. Colin schielte zu Liam. Mein Bruder musterte ihn die ganze Zeit so eigenartig. Hm, ich sollte ihn nachher fragen, was das zu bedeuten hatte.

»Äh…«, setzte Colin an und fuhr sich unsicher durch die blonden Haare. »Die zwei Neuen kennen sich wohl besser in der Upperclass aus.« So war das? Wie kam Gal an die beiden heran? »Die sollen heute oder morgen ankommen. Wurdet ihr schon verhört?«

»Warum sollten wir verhört werden, Colin?«, sang mein Bruder mit diesem drohenden Unterton, den ich nicht ausstehen konnte.

»Na ja, verhört nicht, aber du als ihr Verlobter wirst mit ihnen gesprochen haben, oder?«

Ich sah zwischen ihnen hin und her. Also, so langsam…

»Ach, das meinst du. Ja, sicher. Nur viel beitragen konnten wir nicht.« Nun klang Liam wieder gelangweilt.

Colin stand ruckartig auf. »Tja, dann gehe ich mal wieder.«

Und schon war er weg! Ich blickte verblüfft auf meine Zimmertür, die soeben zufiel.

»Was war das denn?« Mein Kopf ruckte misstrauisch zu Liam. »Was hast du angestellt?« Es blitzte in seinen blauen Augen, mir fiel die Kinnlade herunter.

»Nein, das hast du nicht!«

»Wie hätte er sonst herausfinden sollen, dass er schwul ist, hm?«

Ich schnaubte und baute mich vor ihm auf. »Das hast du nicht deswegen getan!«

»Nein?«, fragte er amüsiert. Das brachte mich auf die Palme!

»Nein! Sondern weil es dir nicht gepasst hat, dass ich mit Colin zusammen war!« Ich stampfte mit dem Fuß auf. »Du elender Mistkerl! Wieso kannst du mir nichts gönnen?!«

Er beugte sich nach vorn. »Ich habe ihm nur gezeigt, dass er dich ausnutzt, wenn er weiterhin zweigleisig fährt.«

»Du HAST mit ihm geschlafen, WÄHREND ICH MIT IHM ZUSAMMEN WAR?« Gott, das war doch wohl der Gipfel an Dreistigkeit.

»Du solltest es auch nie erfahren« war seine lapidare Begründung. Ich schob mein Kinn zurück und konnte nicht glauben, was er da von sich gab. Ich wusste, was in meinem Bruder an Boshaftigkeit schlummerte, aber dass ich das nun abbekam, war mir vollkommen neu.

»Du gehst jetzt besser!«, spie ich wütend aus und doch riss ich mich noch halbwegs zusammen.

»Was bitte?« Ich wiederholte mich. »Du kannst mich nicht rauswerfen, Mimi.«

»Doch, das kann ich sehr wohl! Gott, ich kann es nicht fassen! Und du nennst dich mein Bruder?!«

Er stand auf und blieb dicht vor mir stehen. »Ja, und ich beschütze dich mit allen Mitteln, die mir zur Verfügung stehen!« Ich wandte mein Gesicht ab, er zog es wieder zu sich. »Und dass ich das bereits habe, wissen nur wir beide und das sollte sich niemals ändern, Hermia!«

»Deswegen kannst du mich nicht in einen Käfig sperren, verdammt!«, presste ich durch die Zähne.

Er atmete tief durch. Sein Blick blieb hart. »Wir haben alle unsere Opfer zu tragen. Früher oder später wirst du dem Duke davon erzählen! Das kann ich nicht zulassen. Du wirst das mit ihm beenden, ansonsten mache ich das auf meine Art!«

Nein, das würde ich verdammt nochmal nicht! Aber ich ahnte auch, wie ›seine Art‹ aussah.

»Was hast du damals gemacht?«

»Es gab nur einen Ausweg. Das weißt du, das weiß ich. Nur werde ich nicht jahrzehntelang hinter Gittern verbringen, weil ich etwas getan habe, was überfällig war! Wer passt auf dich auf, wenn ich nicht da bin, hm?« Mit beiden Händen strich er mir über die Wangen, zog mein Gesicht an seins und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen. »Du bist der einzige Mensch, der mir wichtig ist, Mimi.« Ja, und es war mehr Fluch als Segen. Ich schloss die Augen, wie ich es all die Jahre getan hatte, und nickte.

Liams Nähe hatte ich kaum bis nie als störend gefunden, aber heute konnte ich sie nicht erdulden. Was hatte er getan? Wir? Und was alles noch, von dem ich nichts wusste? Mir war immer indirekt klar gewesen, dass er für mich einen Menschen getötet hatte, aber der kleine Hoffnungsschimmer in mir hatte mich immer wieder beruhigt. Die Gewissheit, dass er es doch getan hatte, ließ mich halb ohnmächtig werden. Er würde wirklich alles tun, um mich zu beschützen, aber noch mehr, um mich zu behalten. Ich wusste nicht, ob das immer so gewesen war, aber mit Sicherheit, dass ich es übersehen hatte. Oder es vielleicht nicht wahrhaben wollte. Sein warmer Körper an meinem Rücken verbrannte meine sonstige Zuneigung zu ihm. Ich setzte mich auf und wusste nicht weiter. Ich verdrehte die Augen, als er natürlich sofort wach wurde.

»Was ist los?«, murmelte er verschlafen. In den dunklen Raum fragte ich, was er mir noch verheimlichte. »Müssen wir jetzt…«

»Ja, müssen wir! Mit wem warst du in der Karibik?«

»Mit niemandem.« Das glaubte ich ihm nicht! Mein Bruder war niemand, der eine Auszeit brauchte.

»Du lügst.«

»Möglich. Was kümmert dich das?«, sang er müde und abweisend. Weil ich es wissen wollte! Wissen musste, wer mein Bruder überhaupt war. Wütend stand ich auf, nahm mein Telefon und Gals Schlüsselkarte. »Was hast du vor?«

»Ich schlafe bei Gal. Ich kann deine Nähe einfach nicht ertragen!« Ich kam bis zur Tür, die er dann allerdings mit der flachen Hand zuhielt.

»Warum?«

Ich drehte mich herum. »Das fragst du ernsthaft? Hörst und verstehst du eigentlich, was du von dir gibst?«, setzte ich verzweifelt an, aber ich stieß nur auf Unverständnis. »Ich schlafe unten bei Gal, meinem Freund. Ob dir das passt oder nicht!«, zischte ich.

»Ich werde auf dich aufpassen, ob dir das passt oder nicht!«

»Such dir verdammt nochmal eine Frau!« Damit schlug ich seine Hand weg und machte, dass ich runter zu Gals Wohnung kam. Er fehlte mir entsetzlich. Nur hatte ich leider keine Ahnung, wann er wiederkommen würde. Mit seinem Duft in der Nase lag ich lange in seinem – unserem – Bett wach und schreckte hoch, sobald ich irgendwo ein Geräusch hörte.

Mein Telefon weckte mich am Samstagmorgen. Schlaftrunken ging ich ran und nuschelte mit Kissen im Gesicht ein »Ja«.

»Schläfst du noch, Latina?« Ich seufzte entzückt bei Gals amüsierter Frage.

»Mhm, mir wäre es lieber, wenn du mich das hinter mir liegend fragen würdest…«

Er brummte verheißungsvoll ins Telefon. »Mir auch, Zuckerstück. Wo bist du?«

»In deinem Bett.« Ich setzte mich auf und strich mir meine wirren Haare aus dem Gesicht.

»Wo steckt dein kranker Bruder?« Ich grummelte und sagte ihm, dass er oben bei mir schlief. »Warum?«

»Weil wir uns gestritten haben und… ich es in seiner Nähe nicht mehr ausgehalten habe.« Er hakte nochmals nach und ich erzählte ihm von Colins komischem Verhalten und dem anschließenden Gespräch. Gal schwieg dazu. »Du hast es gewusst?«, riet ich.

»Na ja, darum gerissen habe ich mich nicht. Parcs hat sie zufällig überrascht, als sie – du weißt schon…« Ich konnte es nicht fassen! Hatten das alle gewusst, nur ich nicht? »Es stand mir nicht zu, es dir zu erzählen. Das hätten Colin oder Liam machen sollen. Und so wie Colin es erzählt hat, besitzt dein Bruderherz wohl eine sehr anziehende Wirkung.« Ja, das wusste ich wohl.

»Ich weiß. Lassen wir das. Warum kommen denn andere Polizisten hierher?« »Alex kennt einen der beiden persönlich und indirekt wird sich dieser Superintendent nicht nur mit Lysinda beschäftigen, sondern auch mit Parlington.«

Mir kam ein Gedanke und ich biss mir grinsend auf die Unterlippe. »Und wie Belmont wird er sicher nicht aussehen, hm?« Er knurrte, ich musste lachen. Da wurde er wirklich eifersüchtig.

»Miststück! Hat er dich nochmal angetatscht?«

»Bist du dann früher zurück, wenn ich Ja sage?«

Er lachte leise und wurde wieder ernst. »Würde ich sofort, aber ich habe heute kurzfristig einen Termin bei meinem Anwalt und Maggie will mit mir einkaufen. Ich weiß nicht, was davon schlimmer ist. Dürft ihr das College überhaupt verlassen?«

»Nein, dürfen wir nicht. Zumindest nicht, bis etwas Licht ins Dunkle gebracht worden ist.« Hm, dass er mit dieser Hexe unterwegs war, gefiel mir nicht. Ich mochte die Fosterhams nicht besonders und konnte keineswegs nachvollziehen, warum alle die beiden so toll fanden.

»Schöner Mist. Ich bin auf jeden Fall zu deinem Geburtstag da, okay?« Bis dahin waren es noch fünf Nächte, verflucht!

Ich schluckte das kommentarlos herunter. »Okay.«

»Ich melde mich später, ja?«

Ich summte ein »Ja« und wir legten auf. Für einen Wimpernschlag hörte ich Liam in meinem Kopf, der mich davor warnte, dass ich viel Zeit allein verbringen würde, aber ich schob das beiseite und stand auf. Es war bereits halb zehn. Ich sollte wohl besser nachsehen, was mein Bruder so trieb.

Durch den Geheimgang schlich ich mich wieder nach oben und war überrascht, weil in meinem Zimmer jede Spur von ihm fehlte. Mein Telefon in der Hand meldete sich.

Liam: Ich fahre nach Hause.

Aha. Er war also noch immer sauer auf mich. Gut, vielleicht dachte er dann mal über sein Handeln nach. Wobei… nein, würde er nicht. Ich ging duschen und zog mich an. Es war für Ende April recht mild – das hieß im Norden Englands schon was.

Für das Frühstück war ich recht spät dran, aber ich fand Parcs und Colin noch beim Essen vor. Oh, Letzterer bekam meinen fiesesten Blick ab. Er schluckte schwer und wollte ganz sicher, dass ich an ihrem Tisch vorbeiging, tat ich nur nicht. Moment, waren hier gestern nicht noch die Bullen mit ihrem HQ gewesen? Seltsam. Davon war keine Spur mehr.

»Du weißt es, oder?«, stotterte Colin, als ich an ihrem Tisch ankam.

»Ja, und ich möchte dich jetzt wirklich schlagen!«, pfefferte ich geladen zurück. Mir egal, dass er hier wie ein krummes Würstchen hing, das man im heißen Wasser vergessen hatte.

»Mia… Baby…«, setzte er jammernd an.

»Spar dir das! Sahst du deswegen das eine Wochenende so k. o. aus, ja? Wahrscheinlich warst du gar nicht bei deinen Eltern?« Er schwieg. »Ganz toll, Colin! Dir eine zu scheuern, reicht mir jetzt nicht mehr, ich möchte dich qualvoll foltern und dir ein paar Körperteile entfernen. Ich würde mit deinen Eiern beginnen!« Ich blickte ihn erwartungsvoll an, er blinzelte neben der Spur. »Gleich hier auf dem Esstisch, ja? Ich habe es etwas eilig! Die Sauerei muss schließlich weg, bevor der Yard wieder auftaucht!«

»Hermia, es ist schön, dass du deine Abneigung Colin gegenüber wiederentdeckt hast, aber geht das auch leiser?« Henry Magmer. Ich warf einen Blick nach rechts zu dem Tisch, an dem er saß und seelenruhig frühstückte.

»Sitzt deine Trauer so tief, ja?«, säuselte ich zynisch an ihn gewandt.

»Sei nicht pietätlos. Das schickt sich nicht.«

Ich lachte über seine sinnlose Bemerkung. »Ah«, stieß ich aus und wusste nicht, was ich von seiner Einmischung halten sollte. Wahrscheinlich gar nichts. Stattdessen wandte ich mich wieder an mein Folteropfer Colin. »Was ist nun?«

»Mia…«, setzte Parcs an, aber ich hob meine flache Hand in seine Richtung.

»Nein, ich will nicht, dass du ihn in Schutz nimmst.«

»Das hatte ich gar nicht vor«, sagte er streng. Ich blickte den blonden Engel nun doch an. Er sprach leiser weiter: »Nur sollten wir die Aufmerksamkeit momentan nicht unnötig auf uns lenken, richtig?« Ich zog einen Flunsch, denn er hatte recht. Nicht, dass ich mir etwas vorzuwerfen hätte, aber ein extra ›Verhör‹ mit Delaware und Belmont brauchte ich nicht und wer wusste schon, wie die Typen, die sie ersetzen würden, drauf waren.

Ich plumpste auf den Stuhl vor mir. »Wo ist das HQ eigentlich hin?«

»Ins Sport-Zentrum gezogen«, kam es kleinlaut von Colin. Ich strafte ihn mit einem fiesen Blick. Sein Adamsapfel hüpfte angespannt.

»Wieso das? Wo denn, bitte?«

»In einem alten Geräteraum. Sie wurden heute Morgen sehr früh ausquartiert. Deswegen sind auch so viele Saints wieder unten.« Jetzt, da Parcs es erwähnte… es war wirklich etwas lebhafter als gestern. »Das Zelt der Spurensicherung ist ebenfalls bereits weg. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, wollten sie sich bei Lysinda zuhause umsehen und ihren Bekanntenkreis ausfindig machen.«

Ich schnappte mir Colins Kaffeetasse aus seiner Hand, lächelte diebisch und trank seinen Kaffee. »Woher weißt du das nun alles wieder?«

Parcs schmunzelte schief. »Ich habe meine Quellen.« Oder seine Kameras. »Bist du heute verplant? Wir haben noch etwas zu besprechen, Irene.«

»Geht es um Lex?«, fragte ich zweideutig und meinte damit den Brief von Professor Parlington oder zumindest diese ominösen Karten.

»Genau, meine Liebe.«

»Oh, da bin ich sofort dabei, Sherlock!«

Ich änderte meine Meinung, als ich wusste, was die beiden ausgetüftelt hatten.

»Ihr wollt bei Parlington einbrechen? Seid ihr denn beide nicht mehr ganz sauber im Kopf?«

Ich stand in Parcs Zimmer und konnte noch immer nicht glauben, dass die zwei das durchziehen wollten.

»Du hast bei Parlington das Chaos beseitigt. Ist dir dort irgendwas aufgefallen? Ein verschlossener Aktenschrank oder Ähnliches?« Ich dachte kurz nach, aber nein, da war nichts dergleichen gewesen, allerdings hatte ich auch nicht großartig darauf geachtet, was er in seinem Saustall liegen hatte. Außerdem war das eine ganze Weile her.

»Tja, nein, aber deswegen muss er doch seine damaligen Fallakten nicht in seiner Unterkunft auf dem Campus aufbewahren, verdammt noch eins!«

Parcs steckte die Hände in die Hosentaschen und legte den Kopf schief. Seine grünen Augen funkelten mich an. »Wirkt er auf dich wie ein Mensch, der seine wichtigsten Unterlagen einfach in einem Schließfach aufbewahrt?« Woher sollte ich das wissen? Ich runzelte ahnungslos die Stirn, Parcs fuhr fort: »Nein, tut er nicht. Deswegen wird er sie irgendwo aufbewahren, Irene. Und wenn nicht in seinem Büro, dann in seiner Wohnung.«

Ich schnalzte mit der Zunge, blieb mit den Augen an Colin hängen, der noch immer wie ein Würstchen die Schultern hängen ließ. »Hier wimmelt es von Bullen! Und Parlington dürfte schließlich auch irgendwo rumrennen! Das ist doch verrückt!«

Auf meinen Einwand war Parcs natürlich vorbereitet.

»Alle Dozenten haben heute ein gemeinsames Mittagessen. Im Anschluss werden sie sich darüber beraten, wie es weitergehen wird.« Ich begriff nicht, was es zu beraten gab. »Mia, es gab mittlerweile zwei Tote, mit Noah drei. So einige Eltern haben langsam Angst um ihre Schäfchen. Also, Colin behält die Dining Hall im Auge und wir beide steigen bei Parlington ein. Seine Wohnung liegt im Erdgeschoss. Mit viel Glück hat er ein Fenster irgendwo aufgelassen. Wenn nicht…« Er zwinkerte mich verschmitzt an. »Du kannst prima mit einem Dietrich umgehen, habe ich gehört. Außerdem werden die neuen Inspektoren ebenfalls um die Mittagszeit erwartet. Wir werden also ausreichend Zeit haben.«

»Pahaha!« Mir blieb mein Argument, dass es trotzdem bescheuert war, im Hals hängen. Parcs schmunzelte noch immer so seltsam, schlich nun leise summend zu seinem Kleiderschrank, öffnete ihn und hielt dann eine Tafel meiner absoluten Lieblingsschokolade in der Hand. Ich stieß einen überraschten und dann wütenden Laut aus. »Du verfluchter Teufel!« Mein Kopf ratterte eine Runde. »Das hat Gal dir verraten! Oh, dieser miese Hund!« Wo hatte Parcs die her?!

»Ich habe noch mehr davon…«, sang er lockend.

Ich knurrte mit schmalen Augen: »Mistkerl! Ich will vorher eine Tafel!« Für diese bescheuerte Aktion brauchte ich Zucker im Körper! Ich schnappte mir die Tafel aus seiner Hand und bei seinem feinen Lächeln knurrte ich gleich nochmal, bevor ich meine Schokolade aufriss. Oh, da würde der Duke aber was zu hören bekommen. »Und Colin lenkt Parlington ab, falls er in seine Wohnung will, oder wie?«

»Nein, ein Dozent.«

Ich stutzte bei Parcsʼ Aussage.

»Wie jetzt?« Ich setzte mich zu Colin aufs Bett und grummelte ihn dabei drohend an.

»Einige der Dozenten haben hier so einigen Dreck am Stecken. Was genau, ist mir bekannt, und deswegen kann der ein oder andere Dozent ab und an recht nützlich sein«, gab Parzival an.

»Du erpresst sie?«, fragte ich ihn verblüfft. Colin hielt lieber den Mund.

Parcs hob gleichgültig die Schultern. »Vielleicht ein wenig.«

Ich biss ein großes Stück meiner Schokolade ab und schlang es eilig herunter. »Woher weißt du das denn?«

»Von Pater Vaughn, von wem sonst?« Für Parcs klang das völlig selbstverständlich. Toll!

»Wie das?«, fragte ich ahnungslos.

»Die Beichte, Mia«, raunte mir Colin zu.

Ich blickte konsterniert von ihm zu Parcs. »Was? Hält der verdammte Teufel sich nicht mal an das Beichtgeheimnis?« Auf den Schreck musste ich erstmal von meiner Tafel abbeißen. Ungeheuerlich!

»Das ist für ihn wohl Auslegungssache. Wir brechen in einer halben Stunde auf.«

Dann sollte ich lieber hochgehen und mir meinen Dietrich besorgen, aber erst futterte ich die Schokolade auf. Wir wollten uns draußen vorm Haus treffen, vorher zog ich mir jedoch Klamotten an, mit denen ich nirgends hängen bleiben konnte – man wusste ja nie. Danach schrieb ich Gal: Du gemeiner Mann! Er antwortete mit einem Kuss-Smiley und den drei Worten: Nie wieder clean. Jaja…

Zu dritt machten wir uns auf und verließen Drake’s House. An den Leichenfund erinnerte bis auf ein Absperrband am Waldstück nichts mehr. Meine Nase wackelte nachdenklich. Wer steckte wohl dahinter? Colin hielt beim Sportplatz gegenüber der Dining Hall und würde von dort alles im Blick behalten, während Parcs und ich weiterschlenderten.

»Was glaubst du, wer dafür verantwortlich ist?«, wollte ich mit einem seitlichen Blick zu ihm wissen. Er hob die Schultern. Für seine Verhältnisse war er jetzt mal richtig leger unterwegs. War das in den schwarzen, engen Jeans nicht etwas zu warm? Aber hey, er besaß Jeans!

»Ich weiß es nicht, Mia. Und das gefällt mir nicht.« Ich erzählte ihm von Liams Theorie. »Hm, ich würde ihm zustimmen. Irgendjemand hat etwas gegen dich und dass eine fürs Sanctity vollkommen fremde Frau plötzlich hier tot aufgefunden wird…« Er machte eine kurze Pause und dachte mit dem Blick geradeaus einen Moment nach. »Nein, es gefällt mir kein bisschen. Unternimm bitte nicht zu viel allein, Mia. Ich mache mir Sorgen um dich.« Ja, das wusste ich. Auch er hatte eine eigenartige Art, mir seine Zuneigung zu zeigen, indem er mich ein- und ausgrenzte, anstatt mich einzubeziehen. Nur ging er nicht so weit wie Liam.

»Ich weiß«, seufzte ich. »Nur wäre es schön, wenn du mich nicht wie einen Vogel im Käfig behandeln würdest, Parzival.«

Er blickte mit einem Schmunzeln zu mir. »Seltsam. Ich höre meinen vollen Namen eigentlich nicht gern außer bei dir.« Ich hakte mich bei ihm unter und war froh, dass ich diesen blonden Engel an meiner Seite hatte. Wir gingen in den Park, der die Unterkünfte der Lehrkräfte von den Studentenunterkünften abgrenzte. »Parlington teilt sich ein Haus mit Appleby. Es liegt ganz hinten und somit für uns günstig, da man es kaum einsehen kann.«

Ich hatte keine Ahnung, wie unsere Dozenten lebten. Nur dass unser Provost Keatings ein recht großes Haus für sich allein besaß. Hm, der Park war heute aber verdächtig voll. Ungünstig, aber bei dem schönen Wetter verständlich. In zwei Wochen würde am Wochenende der Tag der offenen Tür stattfinden. Da würde ich doch bestimmt wieder so eine Scheißaufgabe übernehmen müssen! An einen der Kuchenstände wollte ich aber nicht noch einmal arbeiten. Das war letztes Jahr schon grauenhaft gewesen. Nicht wegen der Arbeit, sondern weil ich den Kuchen nicht hatte essen dürfen.

Hoffentlich unbemerkt schlichen wir durch die Büsche und kurz darauf standen wir vor einem zweistöckigen, kleinen Klinkerbau mit hübschen Blumenkästen vor den Fenstern.

»Ach, das ist aber hübsch!«, stieß ich aus.

Parcs lachte leise und zog mich an die Fassade heran. Wir sahen nach, ob irgendwo ein Fenster offen stand, was natürlich nicht der Fall war – zumindest nicht auf der Rückseite. Dass ich mir wie eine Kriminelle vorkam, muss ich jetzt nicht erwähnen, oder? Gebückt arbeiteten wir uns an die linke Stirnseite heran. Immer noch kein Fenster offen! Verdammt! Uns blieb wohl nur die Tür. Die war offen?! Ich sah Parcs irritiert an, dann rieb er sich stöhnend über die Stirn.

»Natürlich muss es eine Haupttür geben!« Ja, sonst kam Appleby wohl schlecht rein. Schön, so hatte ich eine Tür weniger zu öffnen. Wir betraten das Haus und standen in einem schmalen und kurzen Flur, von dem eine noch schmalere Treppe nach oben führte. Eine Sanierung war hier aber auch mal überfällig. Vor der weißen Wohnungstür geradeaus zückte ich meinen Dietrich aus der Bauchtasche meines Kapuzenpullis und hielt doch nochmal inne.

»Du bist dir auch sicher, dass er hier unten wohnt und nicht oben?« Er hob beleidigt eine Braue. Glucksend wandte ich mich der Tür zu. Das Schloss hatte ich im Handumdrehen auf und zusammen huschten wir in die Wohnung. Die war deutlich kleiner als erwartet und leider ein ebensolches Chaos wie sein Büro im House Lex. Wir standen direkt im Wohnzimmer. Der runde, große Tisch war voll mit Büchern. Hier gab es überall Bücher! »Jesus, ich hoffe, er hat seine Papiere nicht in Büchern versteckt. Dann sehe ich nämlich schwarz.«

Parcs überhörte meine Aussage und sah sich bereits geschäftig um. Ich ging weiter in die angrenzende kleine Küche und machte dicke Backen. Heiliger, hier sah es wie nach einem Bankett aus! Besonders sauber war der Professor aber nicht. Der Abwasch türmte sich in der Spüle und ringsherum. Er hatte doch einen Geschirrspüler, verdammt! Ich öffnete ihn und einer der Flügel, die normalerweise unter dem oberen Korb festsaßen, hing schräg herunter. Okay, der war definitiv kaputt, aber nicht leer. Ekelhaft!

Da der Professor ein sehr verquerer Kopf war, sah ich mich hier genauer um und öffnete alle Schränke, nur fand ich bis auf einige abgelaufene Lebensmittel nichts Spannendes. Ich verließ die Küche und ging links ins Schlafzimmer. Über die Unordnung sah ich hinweg. Ganz davon abgesehen, dass ich nie hatte wissen wollen, wie es bei einem Dozenten im Schlafzimmer aussah. Parcs legte grübelnd seine Hände an die Hüften.

»Nichts?«, fragte ich unbedarft.

»Nein, nichts! Dabei war ich mir sicher.« Ja, aber was hatte er erwartet? Eine Notiz irgendwo mit ›Hier liegen meine Akten‹?

»Sag mal, was für ein Anwalt war Parlington gleich noch?«

»Das ist recht interessant. Er war früher als Barrister an einem Gericht in Northumberland tätig und hat sich erst später selbstständig gemacht. Er ist spezialisiert auf Agrar- und Baurecht.« Baurecht? Was sollte daran interessant sein? Parcs las meine stumme Frage. »Genau, nicht der Bereich ist interessant, sondern, warum er anscheinend trotzdem weiß, wer unsere Eltern getötet hat.« Sicher, nur Sinn ergab das trotzdem nicht.

»Hm, wie auch immer. Aus seiner Zeit als Barrister dürfte er wohl kaum Unterlagen besitzen, weil sie sicher beim Gericht verwahrt werden.« Barrister waren zwar ebenfalls Anwälte, sie vertraten die Mandanten jedoch nur vor Gericht, ohne vorher mit ihnen Kontakt zu haben. Für eine normale Rechtsberatung brauchte man einen Solicitor – quasi einen Anwalt in einer Kanzlei. Der Regelfall war also ein Gespräch beim Solicitor und dann vor Gericht mit dem Barrister. Nur was sollte Parlington da schon so Bahnbrechendes erlebt haben, dass es sich lohnt, eine Familie zu töten? Parcs war nicht zufrieden und rieb sich mit einer Hand über Mund und Kinn. »Was hast du dir erhofft?« »Gal hat damals ein Gespräch mit unserem Vater und Magmer belauscht, das damit endete, dass Letzterer gedroht hat, dass Dad es bereuen würde. Also wusste unser Vater wohl etwas, dass er eigentlich nicht hatte wissen dürfen. Ich hatte gehofft, dass Parlington Magmer vielleicht als Anwalt kennengelernt hat, er ihn vertreten hat oder irgendwas Illegales im Gange war. Bei Parlingtons Berufszweig liegt das einfach auf der Hand.« Da stimmte ich ihm zu, nur was sollte das im Baurecht schon sein?

»Dann müsste es aber irgendwas mit Baurecht zu tun haben, oder nicht? Was sollte Magmer damit zu schaffen haben? Hat er vielleicht illegal irgendwas gebaut und wollte Parlingtons rechtlichen Beistand?« Nur falls es so war, würde unser Dozent den Papierkram irgendwo gut versteckt haben. Ich winkte ab. »Lass uns eher nach Verstecken suchen. Im Kamin, nach einem Safe hinter einem dieser scheußlichen Jagd-Bilder.« Denn eins stand fest: Sollte der Professor etwas wissen, handelte es sich um sehr brisante Informationen. Mir kam noch ein Gedanke: »Und da er euch hierhergelockt hat, muss er es irgendwo versteckt haben, um es beweisen zu können.« Parcs runzelte verwirrt die Stirn. Klar, ich hatte nur die Hälfte laut gedacht. »Egal, lass uns suchen!« Wir durchkämmten jeden Raum noch einmal akribisch, ich steckte sogar meinen Oberkörper in den kleinen Kamin, aber nichts! Mutlos standen wir am Ende in der Küche. Ich lehnte neben dem gammligen Geschirrspüler, während Parcs das Gesicht verzog, als er das ganze dreckige Geschirr sah. Er öffnete den Geschirrspüler und stöhnte angewidert bei dem Geruch.

»Das ist ja widerlich!« Ich nickte und erwähnte, dass der Geschirrspüler kaputt sei. »Offensicht… Moment!« Parcs öffnete die Klappe und steckte ernsthaft seinen Kopf in den Spüler. »Mist, ich dachte da wäre etwas, aber das war nur ein Kuchenteller.« Na, das wäre aber auch ein bombensicheres Versteck gewesen. Er schlug lustlos den Spüler zu. Die Verkleidung löste sich dabei ein wenig. Parcs wollte sie wieder festdrücken, aber irgendwas schien sein Vorhaben zu blockieren. »Seltsam.« Er öffnete die Klappe erneut und beide versuchten wir, die Verkleidung zu lösen.

»Warte mal. Ich stecke mal meine Finger dazwischen. Wenn wir die Bude so verlassen, wird Parlington sofort bemerken, dass jemand hier war.« Ich pfriemelte meine Hand dazwischen, hielt dann inne, als ich etwas berührte. Mit etwas Geduld zog ich anschließend eine dünne Papierakte hervor. Erstaunt sah Parcs auf meinen Fund, blickte mit der Erkenntnis zu mir, dass wir wohl etwas Wichtiges gefunden haben mussten, umfasste mein Gesicht und küsste mich spontan.

»Hermia, du kleine Detektivin!« Ich war noch völlig verblüfft von seinem Überfall. »Lass uns verschwinden!« Er wollte schon die Verkleidung wieder randrücken, aber ich stoppte ihn.

»Warte, wir sollten nachsehen, worum es geht! Nicht, dass wir etwas völlig Falsches einstecken!«

Er zeigte mit dem Finger auf mich. »Sehr gut deduziert.« Parcs öffnete die Akte, ich stellte mich daneben und zusammen überflogen wir den sehr sauber geordneten Papierkram. Wir sahen uns beide irritiert an.

»Hä? Lese ich den Namen richtig?«

Sein Adamsapfel hüpfte angespannt und er schloss die Akte. »Ja, liest du! Wir müssen verschwinden.« Parcs wollte schon meine Hand nehmen, aber ich sorgte noch fix dafür, dass der Geschirrspüler wieder vernünftig aussah – na ja, zumindest von außen – und dann machten wir, dass wir wegkamen. Er rollte die Akte ein und überlegte dann, wohin damit. Sein Shirt war eigentlich zu eng und oh, von der Jeans sprechen wir erst gar nicht! Ich nahm ihm den Papierkram ab und stopfte ihn unter meinen Pulli, der war lockerer als seiner. »So, und nun ab!«

Mia

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