Beyond Dreams - Abby Brooks - E-Book
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Abby Brooks

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Beschreibung

Ich traue meinen Augen nicht. Da singt Collin West, der Superstar mit Millionen Fans, als Elvis verkleidet auf der Hochzeit meines Bruders. Und als der Abend zu Ende geht, will er nur eines: mich. Harlow Hutton. Träumerin, Denkerin und der größte Collin West Fan auf der Welt. Es ist ein wahr gewordener Traum. Wie ein Märchenprinz entführt er mich in eine fremde Welt aus Champagner und Abenteuer rund um die Welt.

Aber jedes Märchen geht einmal zu Ende und Collins Dämonen der Vergangenheit könnten meinen Traum zum Albtraum werden lassen ...

 

 

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Über das Buch

Ich traue meinen Augen nicht. Da singt Collin West, der Superstar mit Millionen Fans, als Elvis verkleidet auf der Hochzeit meines Bruders. Und als der Abend zu Ende geht, will er nur eines: mich. Harlow Hutton. Träumerin, Denkerin und der größte Collin West Fan auf der Welt. Es ist ein wahr gewordener Traum. Wie ein Märchenprinz entführt er mich in eine fremde Welt aus Champagner und Abenteuer rund um die Welt.

Aber jedes Märchen geht einmal zu Ende und Collins Dämonen der Vergangenheit könnten meinen Traum zum Albtraum werden lassen …

Über Abby Brooks

Abby Brooks ist amerikanische Romance Autorin und lebt mit der Liebe ihres Lebens und ihren drei Kindern in einer Kleinstadt in Ohio. Sie liebt es, in der Küche zu tanzen, zu lachen und bis spät in die Nacht zu lesen.

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Abby Brooks

Beyond Dreams

Aus dem amerikanischen Englisch übersetztvon Kerstin Winter

Inhaltsübersicht

Informationen zum Buch

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1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

Epilog

Impressum

1. Kapitel

Harlow

Sacht schlug das Wasser an den Anleger und rief mir im Rhythmus der Wellen in Erinnerung, wer und wo ich war. Die Sonne glitzerte auf dem Meer, und ich blinzelte, hob die Hand, um meine Augen vor der gleißenden Sonne abzuschirmen, und strich mir eine schweißfeuchte Strähne hinters Ohr. Hier war ich aufgewachsen, hier am Rand der Welt hatte ich gestanden und dem Flüstern des Meeres gelauscht, wann immer meine Gedanken zu laut geworden waren.

Morgen würde mein Bruder Eli die Frau heiraten, die endlich sein Herz gezähmt hatte, und unser Familienunternehmen, das Hutton Hotel – liebevoll das Hut genannt –, richtete den Empfang aus. Auf dem Grundstück hinter mir herrschte eifrige Geschäftigkeit, während Familie und Freunde die letzten Vorbereitungen für die Festlichkeiten trafen, mit denen Hope Maxwell im Hutton Clan willkommen geheißen werden würde, und eigentlich hätte ich dabei sein und mit allen anderen dekorieren, arrangieren und herumalbern sollen.

Und das würde ich auch.

Gleich.

Ich brauchte nur einen Moment zum Durchatmen.

Eine Chance, ein paar Sorgen über Bord zu werfen, bevor sie mich auffraßen.

Als mein Vater gestorben war, hatte ich mir geschworen, die Zeiten unnötiger Ängste hinter mir zu lassen, und ich hatte mich daran gehalten – zum größten Teil zumindest. Ich hatte mich runderneuert und fühlte mich inzwischen stärker, stabiler und weniger abhängig vom Urteil anderer, und ich hatte verinnerlicht, dass es vor allem meine Meinung war, die zählte – zum größten Teil zumindest.

Ja, ich wusste, da war noch Luft nach oben, aber ich entwickelte mich.

Ich zählte die Wellen und stimmte meine Atmung auf sie ab. Bewusst richtete ich meine Gedanken auf all das Gute, das in mein Leben getreten war, und versuchte, die diffusen Sorgen zu verdrängen. Eine Möwe nahte, kreiste über mir und landete schließlich in ein paar Schritten Entfernung. Die Füße mit den Schwimmhäuten platschten auf dem Holzsteg, während sie mich aus einem Auge anstarrte.

Ich lächelte und winkte ihr zu. »Hey – alles gut?«

Der Vogel legte den Kopf schief und kam näher; vermutlich hoffte er auf die Leckereien, die ich manchmal bei mir hatte.

»Tut mir leid, heute gibt es nichts«, murmelte ich und wandte mich wieder dem Wasser zu.

Schwere Schritte ertönten auf dem Steg hinter mir, und meine gefiederte Freundin flatterte davon. Ich stieß den Atem aus, streckte meine zitternden Finger, setzte ein Lächeln auf und drehte mich um.

»Hey, Lolo.« Eli näherte sich mir mit einem breiten Grinsen im Gesicht. »Was machst du hier?«

»Ich brauchte eine Minute für mich«, sagte ich und unterfütterte die Wahrheit mit einer kleinen Lüge. »Lucas hat mal wieder alle herumkommandiert, und ich dachte mir, ich haue besser ab, ehe ich Mom einen Schock versetze, indem ich unserem ältesten Bruder in die Eier trete.«

»Kluge Entscheidung.« Eli fuhr sich mit der Hand durch sein dunkles Haar. »Obwohl es dir wahrscheinlich keiner verübeln würde. Den einen oder anderen Tritt in die Kronjuwelen hat er sich durchaus verdient.« Als zweitjüngster Hutton-Spross und einziger mit rebellischer Ader in unserer Familie hatte Eli schon einige Auseinandersetzungen mit unserem Elite-Soldaten-Bruder und seinem Schwarz-Weiß-Denken ausgefochten.

Der Wind blies mir das Haar ins Gesicht, und ich fasste meine blonden Locken zusammen und hielt sie über meiner Schulter fest. »Bist du schon aufgeregt wegen morgen?«

»Und wie.« Er verschränkte die Arme vor der Brust, neigte den Kopf leicht zur Seite und räusperte sich. »Kommst du mit mir?«, fragte er und deutete mit dem Kinn auf das Treiben hinter uns. »Oder brauchst du noch einen Moment?«

»Ich bin gleich bei euch.«

Mit einem verständnisvollen Lächeln nickte Eli und wandte sich zum Gehen. Meine Brüder kannten mich besser als jeder andere Mensch. Sie waren mit meinen Stimmungen vertraut und wussten, dass mir die Welt manchmal zu groß wurde und dann nur das Meer helfen konnte, um mich wieder im Hier und Jetzt zu verankern.

Ich streckte den Arm aus, um ihn an der Hand zu berühren, ehe er ging. »Ich hoffe, du weißt, wie sehr ich mich für dich freue.« Und das meinte ich von ganzem Herzen. Eli dabei zuzusehen, wie er sich in seine Mitbewohnerin verliebt hatte, war wunderschön gewesen. Ich konnte nur hoffen, eines Tages etwas Ähnliches erleben zu dürfen. »Die Hochzeit wird bestimmt ein Traum, und du und Hope passt einfach wunderbar zusammen.«

»Natürlich passen wir wunderbar zusammen: Sie ist toll, und ich bin toll.« Er zwinkerte mir zu. »Bis gleich, Lolo.« Eli schlenderte durch den Sand zurück auf unsere Familie zu, fiel aber in Laufschritt, als er seine Verlobte auf sich zukommen sah. Er riss sie von den Füßen, wirbelte sie herum und stellte sie wieder ab, um sie leidenschaftlich zu küssen.

Es war noch nicht allzu lange her, dass ich geglaubt hatte, meine Familie nie wiederzusehen; meine Brüder und ich hatten uns auf der Flucht vor unserem alkoholkranken Vater in alle Winde zerstreut. In den Jahren vor seinem Tod schien das Glück für uns alle außer Reichweite zu sein, doch meine Brüder hatten einer nach dem anderen bewiesen, dass es nicht so bleiben musste.

Während sie auf unterschiedlichen Wegen die Erfahrungen unserer Vergangenheit verarbeitet und zu sich selbst gefunden hatten, waren sie den richtigen Frauen begegnet, und nun vertrieb ihr Glück die hässlichen Schatten, die unser Vater zurückgelassen hatte. Das Licht besiegte die Finsternis. Die Liebe besiegte den Hass. Die Risse in unseren Herzen und Seelen waren mit Gold gekittet worden und hatten die Narben und die entsprechenden Geschichten in etwas Wunderschönes verwandelt.

Und einen Augenblick lang, einen winzig kleinen Augenblick lang, hatte ich geglaubt, dass sogar für mich ein Märchen wahr werden konnte.

Durch eine Laune des Schicksals hatte ich Collin West kennengelernt, einen Singer-Songwriter, der mit tiefsinnigen Texten, die mir Gänsehaut verursachten, und Melodien, die mich tagelang verfolgten, in kurzer Zeit eine riesige Fangemeinde erobert hatte. Seine Musik war überall und sein Ruhm absolut verdient.

Und ich hatte zu glauben gewagt, dass dieser Mann, der es geschafft hatte, die Welt zu erfassen und zu Poesie zu verdichten, tatsächlich an mir interessiert sein könnte.

An mir, dem jüngsten Hutton-Spross.

Der einzigen Tochter eines Mannes, der keine Geduld mehr für seine Kinder aufbringen konnte.

Der Tochter einer Frau, deren Träume ihr wie Sand durch die Hände geronnen waren.

Einer Sternschnuppe, die verglüht war, ehe sie am Boden aufschlagen konnte.

Tja … aber so durfte ich ja nicht mehr über mich denken. Die neue, bessere Harlow Hutton schwelgte nicht mehr in Selbstmitleid. Sie erhob sich darüber wie die Möwen, die über dem Meer ihre Kreise zogen. Ihr Selbstwert war aus ihren eigenen Ansichten hervorgegangen – aus ihren eigenen und nicht aus denen anderer. Es war nicht die Vergangenheit, die mich definierte. Es war die Gegenwart, und die war schön. Mit oder ohne den verfluchten Collin West.

Er war gegenwärtig auf Tournee, wodurch unsere Gespräche größtenteils mit großen zeitlichen Abständen über SMS abliefen. Mir war das nur recht. Dadurch hatte ich Zeit, mir zu überlegen, wie ich reagieren sollte, wenn er mich als schön bezeichnete. Als faszinierend. Als talentiert. Wenn er mir schrieb, dass er alles von mir wissen wollte. Einmal hatte er mich nach einer besonders langen Phase der Funkstille gefragt, ob ich ihn nicht auf den Rest der Tour begleiten wollte – ob ich nicht in den nächsten Flieger springen und mit einem Superstar die Welt bereisen wollte. Und obwohl ich mich höllisch vor der Situation fürchtete – obwohl ich mich das letzte Mal, als ich ein Risiko eingegangen war, in eine Lage befördert hatte, über die ich aus Scham nicht redete –, hatte ich mich dazu durchgerungen, einzuwilligen.

Dazu hatte ich meine Ängste, nicht gut oder stark genug zu sein, bezwingen müssen – alte Glaubenssätze, denen ich nicht mehr zu folgen gedachte – und beschlossen, ihn als meine Begleitung zu Elis Hochzeit einzuladen. Ich hatte vorgehabt, ihm auf der Feier meine Entscheidung von Angesicht zu Angesicht mitzuteilen.

Also hatte ich meinen ganzen Mut zusammengenommen, eine knappe Nachricht getippt und sie ihm geschickt.

Und seitdem hatte ich nichts mehr von Collin West gehört.

Der Wind fuhr durch mein Haar, und ich sog den Duft der Meeresluft ein, schloss die Augen, spürte die Wärme auf meiner Haut und hörte die Stimmen und das Gelächter meiner Familie, die hinter mir beschäftigt war. Ich straffte den Rücken, strich mein T-Shirt glatt und konzentrierte mich auf den fröhlichen Lärm, der vom Hotel zu mir herunterdrang.

Okay, ich würde also keine stürmische Affäre mit einem Rockstar haben. Aber ich hatte meine Brüder. Meine Mom. Und vier Schwägerinnen, die sich zu wunderbaren Freundinnen entwickelten. Außerdem war ich die Tante zweier anbetungswürdiger Babys, und unsere Familie war heute stärker als je zuvor.

Ich konnte – und wollte! – nicht in Selbstmitleid versinken, wenn um mich herum so viel Gutes geschah. Meine Zeit würde noch kommen. Vielleicht musste ich mich vorher noch etwas mehr lieben lernen.

Mit einem letzten Blick aufs Wasser machte ich kehrt, um meiner Familie zu helfen, und spürte den Sand unter meinen Füßen, während das Lachen und Plappern mit jedem Schritt lauter wurden.

Lucas blickte mir finster entgegen. »Was soll das, Harlow? Du willst mich in die Eier treten?«

»Wollen wir das nicht alle?«, witzelte Wyatt, der Zweitälteste. »Du hast eben diese besondere Ausstrahlung.«

»Genau«, sagte Caleb, der Entspannteste der Huttons, mit einem breiten Grinsen. »Diese Ausstrahlung, die besagt: ›Ja, bitte, lasst euren Frust ruhig an meinen Weichteilen aus. Ich bin so knallhart, ich kann damit umgehen.‹«

Luc schüttelte den Kopf, hatte aber Mühe, sein Grinsen zu verbergen. »Und was ist mit meinen zukünftigen Kindern? Hat einer von euch vielleicht mal darüber nachgedacht?« Mit einem übertriebenen Seufzer wandte er sich seiner Frau Cat zu. »Sei bloß froh, dass du ein Einzelkind bist, Katycat.«

Und so hüllte ich mich in die Liebe meiner Familie und gab mir selbst das Versprechen, mir diesen oder jeden anderen Tag, der darauf folgte, nicht von Collin West verderben zu lassen. Denn alles, was wirklich zählte, war hier. Niemand brauchte Märchen oder hochfliegende Träume, wenn man solche Menschen um sich herum hatte. Und die neue, bessere Harlow Hutton schon gar nicht!

Bestärkt durch diesen Gedanken, spannte ich meinen Bizeps an, küsste ihn und machte mich an die Arbeit.

2. Kapitel

Collin

»Harlow ist keine PR-Aktion.« Ich bedachte Athena Wetherstone – meine Managerin, meine glühendste Fürsprecherin und das Teufelchen auf meiner Schulter – mit einem finsteren Blick. Sie war verdammt gut in dem, was sie tat, wahrscheinlich weil sie keine Seele besaß. Mit ihr zusammenzuarbeiten bedeutete, dass ich meine aufs Spiel setzte, aber dass sie gut für meine Karriere war, ließ sich nicht bestreiten.

Athena ließ sich mit einem Hauch ärgerlicher Verzweiflung tiefer in ihren Sessel sinken. »Das hat auch niemand behauptet. Ich habe lediglich gesagt, dass sie gut für dein Image ist. Die Publicity wäre nur ein Bonus.«

»Mir egal, wie du es nennen willst. Ich bleibe bei meinem Nein.«

Ich starrte aus dem Fenster meines Privatjets. Unter uns erstreckte sich eine endlose Wasserfläche, während wir von einer Stadt, die ich bereits vergessen hatte, zur nächsten flogen, die ich mir genauso wenig würde merken können. Stella, eine Martin Akustikgitarre – Einzelstück –, lehnte an meinem Bein. Ich fuhr mit dem Finger über eine Saite und spürte der Vibration nach, die mich sofort beruhigte. Ohne Musik fühlte ich mich nackt.

»Komm schon. Du magst das Mädchen.«

»Und ob.« Ich zupfte an der Saite, ein einzelner zustimmender Ton. »Sie hat mich verdammt noch mal geplättet.« Als meine ehemalige Agentin Maisie Brown ihren Job aufgegeben hatte, um Harlows Bruder zu heiraten, hatte sie mir das Versprechen abgenommen, mir den Ruhm nicht zu Kopf steigen zu lassen …

»Passen Sie auf sich auf«, sagte sie. »Sie sind auf einer abenteuerlichen Reise. Lassen Sie sich davon jeden Tag aufs Neue überraschen. Versprechen Sie mir, dass Sie weiterhin baff bleiben.«

Ich nickte und schob meine Hände in die hinteren Hosentaschen. »Jeden einzelnen Tag.«

Athena schnalzte verächtlich mit der Zunge und vertrieb die Erinnerung. Sie verengte die Augen, die so dunkel waren, dass man die Iris kaum von der Pupille unterscheiden konnte. »Du und dieses alberne Wort.«

Ich runzelte die Stirn. »Was für ein Wort? Verdammt? Ich dachte, du liebst Kraftausdrücke, wenn man bedenkt, wie oft du fluchst.«

»Ich liebe echte Kraftausdrücke, wobei ›verdammt‹ wohl nicht mehr als solcher durchgeht. Nein, ich meine ›geplättet‹. Du klingst, als kämst du aus einem anderen Jahrhundert.« Sie verdrehte ihre dämonischen Augen und brachte gleichzeitig ein engelhaftes Lächeln zustande. »Jedenfalls ist es ein kluger Schachzug, dieses Mädchen zu deiner Tournee dazuzuholen.«

Ich nahm Stella hoch und legte sie mir in den Schoß. »Mit deiner Billigung fühle ich mich schon sehr viel besser«, sagte ich in einem Tonfall, der vor Sarkasmus triefte.

»Freut mich, dass wir einer Meinung sind.« Athena wusste sehr gut, dass wir ganz und gar nicht einer Meinung waren, aber ob sie nun so tat oder nicht, war mir im Grunde egal. Sie konnte so laut bellen, wie sie wollte. Letztendlich war es meine Stimme, die zählte, und auch das wusste sie.

Stirnrunzelnd blickte ich auf meine Gitarre und zupfte an den Saiten. Ich hatte Harlow kennengelernt, als ich Maisie vor ihrer Hochzeit besucht hatte. Mit einem Lächeln auf den Lippen und Stella auf dem Rücken hatte ich das Hutton Hotel betreten, ohne zu ahnen, dass sich bald alles ändern würde …

Eine Melodie drang von irgendwoher zu mir, und ich blieb stehen und neigte den Kopf. Die Musik war süß und gefühlvoll, traf meine Muse mitten ins Herz und forderte meine ungeteilte Aufmerksamkeit.

Maisie kam aufgeregt auf mich zugelaufen und rief mir einen Gruß zu, doch ich bedeutete ihr, still zu sein, ehe ich die Augen schloss, um mich besser konzentrieren zu können. »Was ist das?«, fragte ich. »Verdammt, Brown. Du hast es verscheucht«, fügte ich hinzu, als die Musik endete.

In diesem Moment trat eine Frau mit einer Gitarre in der Hand aus einer Tür, und als sie uns sah, nahm ihr Gesicht einen schockierten Ausdruck an. Sie war klein, hatte weißblondes Haar und Augen, in denen man ertrinken konnte.

Sie setzte an, sich zu entschuldigen, doch ich schüttelte den Kopf und trat auf sie zu. »Nein. Auf keinen Fall. Entschuldige dich niemals dafür.« Ich wandte mich an Maisie. »Singt sie auch? Komm schon, Brown. Sag mir, dass sie singen kann.«

»Das kannst du selbst herausfinden.« Sie zog mich in die Arme. »Wie geht es dir?«, fragte sie. »Immer noch baff?«

Mein Blick wanderte prompt zu der Frau im Türrahmen zurück. »So verdammt baff.«

Harlow Hutton.

Seitdem war kein Tag vergangen, an dem ich nicht an sie gedacht hatte, und ich nutzte jede freie Minute, um mit ihr Nachrichten auszutauschen. Was nicht einfach war. Auf Tournee war mein Tag bis auf die letzte Sekunde durchgetaktet.

Obwohl mich zuerst ihre Musik gefesselt und ihre Schönheit bezaubert hatten, faszinierten mich vor allem ihr warmherziges Wesen und ihre tiefgründigen Gedanken, die sich mir durch unsere »Gespräche« offenbarten. Ich konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass sie für mich gemacht war, und mir war klar, dass ich herausfinden musste, wie gut wir tatsächlich zueinanderpassten.

Harlow hatte mich auf die Hochzeit ihres Bruders eingeladen. Ich hatte beschlossen, sie zu überraschen, und mit Elis und Maisies Hilfe den Ball ins Rollen gebracht. Da ich mir selbst nicht traute, den Mund zu halten, hatte ich auf ihre Einladung nicht reagiert, und ich konnte nur hoffen, dass Harlow sich mein Schweigen mit dem Tourneestress erklärte und nicht zu dem Schluss kam, ich hätte kein Interesse. Schließlich wollte ich sie nicht kränken. Doch ich war zuversichtlich, dass sie sich rasch wieder beruhigen würde, sobald sie wusste, warum ich mich nicht gemeldet hatte.

Zumindest hoffte ich das.

Ungeduldig trommelte ich mit den Fingern auf der Armlehne; ich konnte es kaum noch erwarten. Endlich würde ich sie wiedersehen, ihr wunderschöner Körper zum Greifen nah, die verführerischen Augen auf mich gerichtet, und dieser wache Verstand, der mich immer wieder aufs Neue mit Klugheit und Scharfsicht überraschte.

Und vielleicht, ganz vielleicht, würde ich dann auch herausfinden, ob sie singen konnte.

Ich sah Athena mit hochgezogener Augenbraue an. »Nur um es einmal festzuhalten – wir sind nicht einer Meinung. Du willst Harlow dabeihaben, weil es gut für die Albumverkäufe ist. Ich will sie dabeihaben, weil ich sie mag und sie besser kennenlernen will. Das ist definitiv nicht dasselbe.« Ich deutete zwischen ihr und mir hin und her und schüttelte den Kopf. »Von einer Meinung kann keine Rede sein.«

»Jeder liebt eine Cinderella-Story.« Ihre Augen leuchteten auf, als ihr diese neue Idee kam, mich auf ihre Seite zu ziehen. »Was könnte romantischer sein, als wenn ein Superstar wie du ein argloses Mädchen seinem durchschnittlichen Dasein entreißt und ihm die große weite Welt zeigt? Ein Traum, der wahr wird! Eine echte Win-win-Situation. Deine Karriere bekommt einen Schub, und sie …« Athena deutete auf das Innere des Flugzeugs: Ledersitze, edle Getränke – und Amos, Brock und Joe, die angetrunken auf ihren Plätzen herumlungerten und so taten, als hörten sie nicht zu. »… bekommt all das.«

»Sie ist kein PR-Schachzug.« Ich hatte keine Ahnung, was sie war, aber das war sie definitiv nicht. Ich begann wieder zu spielen und ließ mich von meiner Musik einhüllen, die echt und wahrhaftig und weit einfacher zu begreifen war als geldgeile Managerinnen und schöne Mädchen mit sehnsüchtigen Augen.

»Hör zu.« Athena, die offenbar einsah, dass sie mich mit ihren Märchen nicht ködern konnte, versuchte eine andere Strategie. »Du und ich wissen ganz genau, dass es heutzutage nicht mehr reicht, großartige Musik zu veröffentlichen. Du musst für deine Fans nahbar sein. Ihnen die Chance geben, dich kennenzulernen. Du willst nicht, dass wir über deine Vergangenheit reden, obwohl die eine gottverdammte Goldmine an Sympathiepunkten wäre …«

Ich hörte mit einem Misston zu spielen auf. »Meine Vergangenheit ist tabu. Wenn du auch nur irgendetwas davon veröffentlichst, wird jedes halbwegs weiche Herz da draußen brechen und um den armen, kleinen Collin West weinen.«

»Du tust gerade so, als wäre das etwas Schlechtes.«

»Von anderen bemitleidet zu werden, klingt in meinen Ohren verdammt schlecht.« Ich bedachte sie mit einem warnenden Blick. »Auf gar keinen Fall wirst du diesen Mist ans Licht zerren, nur um ein paar Dollar mehr zu machen.« In einer Welt, in der über jede Kleinigkeit gejammert wurde, wollte ich den Leuten etwas geben, was sie zum Lächeln brachte – und Horrorstorys aus meiner Kindheit gehörten definitiv nicht dazu. Meine Vergangenheit war, was sie war. Doch sie machte mich nicht aus, jedenfalls nicht, solange ich ein Wörtchen mitzureden hatte.

Joe begegnete meinem Blick und zog eine Augenbraue hoch, um mich stumm zu fragen, ob er eingreifen sollte, doch ich schüttelte den Kopf. Mein bester Freund hatte schon zu viele Schlachten für mich geschlagen.

Athena hielt ergeben die Hände hoch. Dieses Thema kam nicht zum ersten Mal auf den Tisch, und sie wusste, dass ich in dieser Hinsicht unnachgiebig war. »Deine Vergangenheit ist also tabu, und über die Gegenwart redest du nicht …«

Ich schenkte ihr mein schönstes Lächeln. »Ich bin nur ein Durchschnittstyp, der singen und Gitarre spielen kann. Worüber sollte ich schon reden?«

»Über den Typ, der singen und Gitarre spielen kann, zum Beispiel.« Sie verdrehte die Augen. »Aber wenn du dazu keine Lust hast, dann solltest du den Leuten wenigstens die Chance geben, ein bisschen von dir und deinem Leben zu träumen. Hast du eigentlich eine Ahnung, wie viele Fans dafür töten würden, mit diesem Mädchen tauschen zu dürfen?«

»Es kümmert mich ehrlich gesagt einen feuchten Staub, was andere denken. Sie kommt mit auf die Tour …«

»Gut.« Athena sprach das Wort so triumphierend aus, als habe sie die Auseinandersetzung gewonnen.

Ich stellte Stella auf meine Stiefelspitzen. »Sie kommt mit – aber das war’s! Keine Pressemitteilungen, keine Insta-Posts, keine Meldung, kein Foto. Sie kommt mit, weil ich sie mag. Weil ihre Musik …« Ich machte eine frustrierte Geste, als mir kein passendes Wort einfiel. »Weil ihre Musik gehört werden muss.«

»Du entwickelst dich so rasant zum Superstar wie sonst keiner in der Musikindustrie. Du willst das Mädchen mitnehmen und dafür sorgen, dass ihre Musik gehört wird, sie aber trotzdem geheim halten? Würdest du mir bitte mal erklären, wie du das anstellen willst? Sie im Hotel verstecken? Mit einer Tüte über dem Kopf per Livestream zuschalten?«

Ich sparte mir eine scharfe Erwiderung; leider hatte sie nicht ganz unrecht. Ich war mir nicht sicher, wie ich Harlow geheim halten sollte, ich wusste nur, dass ich es wollte.

Athena nickte. »Das dachte ich mir. Wieder hast du eine großartige Idee, bloß keine Ahnung, wie sie umzusetzen ist. Dafür bezahlst du mich. Und ich sage dir, dass es nur dann funktionieren wird, wenn du dich mit der Publicity abfindest.«

Statt ihr zu antworten, spielte ich einfach lauter und ließ meine Musik für mich sprechen. Lass mich in Ruhe, sagte sie, während meine Finger über die Bünde wanderten. Es kotzt mich an, dass sich bei dir alles immer nur ums Geld dreht.

Auch Joe schien es nicht mehr auszuhalten. Er setzte sich auf und bedachte meine Managerin mit einem zornigen Blick. »Das reicht, Athena.«

Sie schnaubte. »Mach, was du willst, Collin. Ignorier meine Vorschläge, wenn du dich dann besser fühlst, aber ich kann dir versprechen, dass sich alles fügen wird. Wenn du dich an meine Empfehlungen hältst, werden deine Fans diese Harlow lieben – und dich dadurch umso mehr.«

3. Kapitel

Harlow

Die Hochzeit meines Bruders vereinte Elis Dreistigkeit und Hopes Humor aufs Schönste: von der Wolke aus aufflatternden Schmetterlingen, als sie ihr Gelübde leisteten, über die – vollständig bekleideten – Stripper, die mit einer erotischen Tanzeinlage die Zeremonie an sich rissen, bis zu verrückten Showeinlagen beim anschließenden Empfang. Die Drinks waren stark, das Essen köstlich, und obwohl ich gehofft hatte, den Tag mit Collin erleben zu können, sah ich nicht ein, über seine Abwesenheit nachzugrübeln. Ich dachte nicht daran, meine Energie auf jemanden zu verschwenden, der sich nicht einmal die Mühe machte, sich zu einer Einladung zu äußern.

Keine Antwort war auch eine Antwort.

Und zwar eine aussagekräftige.

Was immer der Grund für diese plötzliche Funkstille war – ich würde mir später den Kopf darüber zerbrechen. Ich war hier im Kreis meiner Familie und wollte Eli, Hope und das Elvis-Double feiern, das gerade die Bühne betrat.

»Diese Hochzeit ist ein verflixter Zirkus«, sagte ich zu Eli und lachte ungläubig, als der Mann im weißen, mit Strass besetzten Overall ans Mikro klopfte.

»Dann läuft ja alles nach Plan.« Mein Bruder warf seiner frischgebackenen Ehefrau einen Blick zu, als unsere Schwägerin Maisie sich zu uns gesellte. Ich strich mir über die Seide meines Brautjungfernkleids und bot ihr den Platz neben mir an. Ihr Lächeln wirkte etwas zu breit, ihre Augen zu strahlend. Irgendwas war im Busch.

»Was ist?«, fragte ich und tastete nach meinen Haaren; hatte sich meine Frisur aufgelöst?

»Ach, nichts.« Maisie spähte in ihr Glas. »Dieser Cocktail macht mich fertig, das ist alles. Eli weiß wirklich, wie man gute Drinks mixt.«

Jeder wusste, dass Elis Drinks stark waren, aber Maisie wirkte nicht betrunken.

Sondern aufgedreht.

Erwartungsvoll.

Nahezu verschlagen.

»Wieso habe ich den Eindruck, dass du mir irgendetwas verschweigst?«

Maisie zuckte die Achseln und setzte ein derart unschuldiges Gesicht auf, dass sie irgendetwas im Schilde führen musste. »Keine Ahnung, wie du auf so eine Idee kommst.«

Als die ersten Klänge von Can’t help falling in love einsetzten, wandte Hope sich ihrem frisch Angetrauten zu. »Noch eine Überraschung?«

Er zog sie an sich und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Als sie den Kopf zurückzog und ihn fragend ansah, legte er ihr einen Finger auf die Lippen. »Geduld ist die Mutter der Porzellankiste«, sagte er und zwinkerte ihr zu, als sie zu kichern begann. Mein Bruder hätte alles getan, um Hope zum Lachen zu bringen, und dazu gehörte auch, sich zum Affen zu machen, indem er Redewendungen so falsch zusammensetzte, dass sie ihn berichtigen konnte. Ihr Glück wärmte mein Herz, und ich seufzte zufrieden.

Auf der Bühne begann Elvis zu singen. Der Mann hatte eine phantastische Stimme, versuchte aber nicht einmal, wie der King zu klingen. Wenn ich eine Stimme wie er gehabt hätte, hätte ich daran auch nichts ändern wollen. Dieser Kerl …

Die Stimme war gut.

Und vertraut …

Sehr vertraut.

Eigentlich klang er ziemlich nach …

Ich schnappte nach Luft und schlug mir die Hand vor den Mund, als ich begriff, wer der Sänger dort auf der Bühne war, obwohl mein Verstand es nicht glauben wollte. Eli strahlte mich an, und Maisie zuckte mit den Schultern und trank ihr Glas in einem Zug leer. »Ups«, sagte sie. »Ich bin wohl doch weniger beschwipst, als ich dachte.«

Es bestand kein Zweifel mehr daran, wem diese Stimme gehörte. Das Elvis-Double auf der Bühne bei der Hochzeit meines Bruders war niemand anderer als Collin West. Seine Songs erklangen überall. Sein Name war in aller Munde. Und er fixierte mich mit seinem Blick, während er eins der romantischsten Lieder sang, die je geschrieben worden waren.

Die Hochzeitsgäste hielten inne und starrten gebannt auf die Bühne, während die Stimme in jeden Winkel zu dringen schien. Dann verklangen die letzten Töne, und Elvis grinste breit. »Herzlichen Glückwunsch, Mr. und Mrs. Hutton!«

Ich erhob mich atemlos, während er die Perücke abnahm, unter der dichtes rotes Haar zum Vorschein kam, das ihn auch für alle anderen im Saal als einen der momentan berühmtesten Musiker der Welt entlarvte. Er trat von der Bühne, als ich schon auf ihn zustürmte und so kurz vor ihm bremste, dass ich ihn beinahe umgerannt hätte.

Am liebsten hätte ich mich in seine Arme geworfen und vor Freude geschrien, aber wenn man bedachte, wen ich vor mir hatte und dass wir uns bisher erst einmal persönlich begegnet waren, kam mir das dann doch ein wenig drüber vor. Allerdings war allein die Tatsache, dass er hier war, total drüber – und dann noch als Elvis verkleidet. Wenn keine Antwort eine Antwort war, was hatte dann eine Überraschung von dieser Größenordnung zu bedeuten?

Und wenn wir schon dabei waren: Wie war das korrekte Vorgehen, wenn ein Superstar auf eigene Einladung auf der Hochzeit des Bruders auftauchte, nachdem er einen mit tagelanger Funkstille am ausgestreckten Arm hatte verhungern lassen?

Ich stand wie angewurzelt vor ihm und grinste, als sei ich nicht gescheit, während sich die Kunde von Elis prominentem Gast wie ein Lauffeuer im Saal verbreitete. Und schon drängte man sich aufgeregt um uns, um näher an den Star heranzukommen. Der Lärm stieg an, Handykameras wurden gezückt, und immer wieder erklang sein Name, aber auch meiner, und ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, was die Leute denken mochten.

»Tut mir leid, dass ich so spät komme.« Collins kastanienbraune Augen glitzerten in der dämmrigen Beleuchtung, und sein Lächeln wirkte froh und vergnügt. Er griff nach meiner Hand, schob die Finger durch meine und rieb mit dem Daumen über meine Knöchel. Die Berührung trieb mein Herz prompt zu Höchstleistungen an, und ich war mir sicher, dass jeder es in meiner Brust hämmern hören konnte, als plante es seinen Ausbruch.

»Ich kann nicht fassen, dass du gekommen bist.« Ich wusste, dass ich ihn dümmlich anstrahlte, aber es kümmerte mich nicht. »Oder dass du mir nichts gesagt hast. Wenn ich nicht so aufgeregt wäre, würde ich dich ohrfeigen.«

»Das würde ich wohl auch verdienen, wenn der Andrang nicht nachlässt.« Collin deutete auf die Hochzeitsgäste, die sich immer näher an uns heranschoben, um unserem Gespräch zu lauschen. »Ich kann uns Luft verschaffen, wenn ich ihnen gebe, was sie wollen«, flüsterte er mir zu und beugte sich dabei so dicht zu mir, dass ich einen Hauch von seinem Parfum erhaschte und seine Wärme auf meiner Wange spürte. »Bin gleich wieder da.«

Und damit wich er vor mir zurück, wandte sich der Menge zu und breitete die Arme aus. Eine Frau stieß einen spitzen Schrei aus, fächelte sich mit der Hand Luft zu und nahm meinen Platz ein. Collin ließ sich von ihr umarmen und schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, während er sich für ein Foto mit ihr in Stellung brachte. Er schüttelte den Männern die Hände, nahm Augenkontakt auf und widmete jedem Einzelnen in dem Gedränge um ihn herum echte Aufmerksamkeit. Die Atmosphäre war aufgeladen, aber Collin ging professionell damit um.

Erst jetzt bemerkte ich hinter ihm zwei Männer, die ich noch nie gesehen hatte. Breite Schultern, stoische Mienen, schwarze Anzüge, die Blicke auf den Sänger gerichtet, der Autogramme gab und sich für Selfies zur Verfügung stellte. Zwischen den beiden Männern stand eine einschüchternd wirkende Frau mit kirschroten Lippen, die das Spektakel mit dunklen Augen verfolgte. Sie trug ein enges Seidenkleid und Stilettos, durch die sie die gleiche Größe wie die beiden Kolosse an ihren Seiten hatte. Sie beobachtete Collin, als gehörte er ihr, und musterte mich mit unverhohlener Neugier. Dass sie unmittelbar mit Collin zu tun hatte, schien mir eindeutig, und ich hoffte inständig, dass sie seine Agentin oder Managerin war, nicht seine Freundin.

Etwas abseits lehnte ein dunkelhaariger Mann mit gelangweiltem Gesichtsausdruck und vor der Brust verschränkten Armen an der Wand. Er bemerkte meinen Blick und zog eine Augenbraue hoch, starrte dann aber wieder ins Leere.

In dem Gefühl, mich plötzlich in einer Parallelwelt wiederzufinden, kehrte ich zu unserem Tisch zurück und ließ mich neben Maisie nieder, um darauf zu warten, dass der Superstar im Elvis-Kostüm seine Fans abgefertigt hatte, damit ich mich mit ihm unterhalten konnte.

Ich warf meiner Schwägerin einen Blick zu. »Du wusstest es?« Es fiel mir schon schwer, einfachste Sätze zu formulieren.

»Collin hat mich vor zwei Tagen gebeten, das mit Eli zu klären. Er wollte dich überraschen.«

Eli setzte sich neben mich auf einen Stuhl, stützte seine Ellenbogen auf die Knie und faltete die Hände. »Es tat mir so leid, dich unten am Anleger zu sehen, weil ich genau wusste, wie traurig du warst. Ich hätte es dir fast verraten, aber ich wollte euch die Überraschung nicht verderben.«

»Wisst ihr eigentlich, wie verrückt ich mich wegen ihm gemacht habe? Dass ihr mich habt glauben lassen, er hätte kein Interesse mehr, werde ich euch nie im Leben verzeihen.« Ich legte den Kopf schief und öffnete die Hände. »Na schön, das war gelogen. Ich habe euch schon in dem Moment verziehen, als ich ihn auf der Bühne erkannt habe.«

Maisie tätschelte mein Knie. »Davon sind wir ausgegangen. Aber ich habe Collin auch gesagt, dass ich ihn ohne Gewissensbisse verpetzen würde, falls sein Schweigen dich zu sehr deprimiert.«

»Dann hättest du es mir schon vor drei Tagen verraten müssen.« Ich dachte daran, wie niedergeschmettert ich mich gestern noch gefühlt hatte, und musste plötzlich lachen. Erstaunlich, wie schnell sich alles ändern konnte. »Wer sind die Leute da bei ihm?« Während ich sie abschätzend musterte, taten sie dasselbe mit mir.

Maisie folgte meiner Blickrichtung. »Die großen Kerle sind seine Bodyguards, Amos und Brock. Und die Frau …« Sie rutschte ein wenig vor und senkte ihre Stimme. »Das ist Athena Wetherstone, Managerin Schrägstrich Agentin Schrägstrich Bulldogge. Er hat sie engagiert, als ich Los Angeles verlassen habe. Sie ist die Hölle auf High Heels. Vor ihr sollte man sich mehr fürchten als vor seinen Leibwächtern. Sie will gewinnen und geht dafür über Leichen. Und der Kerl an der Wand ist Joe Channing, Collins bester Freund.«

Ich blinzelte und nickte, während ich das Gehörte zu verarbeiten versuchte. »Warum ist er hier?«

Maisie zuckte die Achseln. »Joe ist da, wo Collin ist.«

»Nein, ich meine, warum Collin hier ist.« Mich kümmerte dieser Joe nicht, genauso wenig wie die beiden Wachhunde oder die Frau in den viel zu hohen Schuhen. Der einzige Mensch, der mich interessierte, war Collin.

»Die Antwort kennst du besser als ich«, antwortete Maisie mit einem Grinsen. »Aber ich würde mal schätzen, dass er wegen einer gewissen aufregenden Blondine hier ist.«

Eli räusperte sich und stand auf. »Das ist mein Stichwort. Bis später.«

Collin begegnete über der Schulter eines Fans meinem Blick, und ich wurde rot und biss mir auf die Unterlippe, als ich die Hand hob und ihm zaghaft winkte.

»Herrgott, was soll ich dem Kerl bloß sagen?«, fragte ich Maisie. »Einfach ›Hey, wie geht’s denn so?‹, als sei er nicht der Collin West? Als sei er nicht Musikhochadel und ich nicht … ich?«

Als würde mich nicht allein sein Anblick schon höllisch nervös machen? Als würde sich der Gedanke an ihn nicht anfühlen, als würde ich Tagträumereien, Märchen oder anderem kindischen Quatsch nachhängen?

»Collin ist auch nur ein Mensch, Harlow. Ja, er ist talentiert und diszipliniert und hat darüber hinaus noch das richtige Maß an Glück gehabt. Aber er ist dennoch ein Mensch wie du und ich.«

Das glitzernde Elvis-Kostüm schmiegte sich an seine schmale Taille. Der tiefe Ausschnitt zeigte seine starke Brust. Sein rotgoldenes Haar glänzte, und sein Gesicht leuchtete auf, wann immer jemand ihm die Hand entgegenstreckte. Es waren jedoch seine Augen, die es mir angetan hatten – von einem Braun, das wie Kupfer wirkte, tiefgründig und voller Emotionen.

Jedes Mal, wenn er in meine Richtung blickte, bekam ich eine Gänsehaut.

Ich bedachte Maisie mit einem verächtlichen Schnauben. »Ich bitte dich. Ein bisschen anders ist er ja schon.«

Meine Schwägerin lachte. »Na schön, ein bisschen anders ist er. Aber er ist trotzdem der Kerl, mit dem du dich schon die ganze Zeit unterhältst. Es hat sich nichts geändert, nur weil er plötzlich in Fleisch und Blut vor dir steht.«

»Das denkst du«, sagte ich und setzte mich aufrechter hin, als Collin sich aus der Gruppe löste und auf mich zukam. Die Wachhunde folgten ihm, im Kielwasser Athena Wetherstone. Maisie stand auf und begrüßte ihren alten Freund mit einer herzlichen Umarmung.

»Ich würde dich ja fragen, ob du noch immer geplättet bist«, sagte sie, »aber in der Aufmachung bin vor allem ich es von dir.«

Collin lachte leise, während Athena die Augen verdrehte. Die Frau musterte mich von Kopf bis Fuß, und ich musste ein Schaudern unterdrücken. Sie war genauso hübsch wie einschüchternd, und etwas an der Art, wie sie mich taxierte, erinnerte mich an meinen Vater – was nicht gerade der beste Start für eine freundschaftliche Beziehung war.

Ende der Leseprobe