Beziehungs-Tango - Ernst-Marcus Thomas - E-Book

Beziehungs-Tango E-Book

Ernst-Marcus Thomas

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Beschreibung

Wie man seinen Mustern auf die Spur kommen und eine realistische, glückliche Beziehung eingehen kann. Unbewusste Muster, die wir mit uns herumschleppen, vermiesen uns nicht selten die Liebe. Wie hilfreich wäre es, diese "Programme" frühzeitig zu erkennen und uns damit viel Leid und energieraubende Beziehungen mit Partnern, die überhaupt nicht zu uns passen, zu ersparen. Denn oft erkennen wir die Wahrheit erst viel zu spät, manchmal sogar erst nach vielen Jahren Ehe. Die entscheidenden Konflikte wurzeln meist in der Kindheit, "feuern" aus dem Unterbewussten und machen uns das (Liebes-)Leben schwer. Im Buch "Beziehungs-Tango" geht es um diese unerkannten Muster, die bei zwei Liebespartnern eine Art Tanz aus Anziehung und Abstoßung auslösen. Einen Tanz, der nie zum Happy End führt und den wir doch immer wieder tanzen. Das Buch ist eine Anleitung, die unbewussten "Programme" zu erkennen und aufzulösen, wobei uns der Autor auch an seinen eigenen Erfahrungen teilhaben lässt. Der Ratgeber beinhaltet viele praktische Übungen, die sofort umgesetzt werden können.

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Seitenzahl: 267

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Ernst-Marcus Thomas

Beziehungs-Tango

Wie wir unbewusst die Liebe sabotieren

Beziehungs-Tango

Ernst-Marcus Thomas

Wissenschaftlicher Beirat Programmbereich Psychologie:

Prof. Dr. Guy Bodenmann, Zürich; Prof. Dr. Lutz Jäncke, Zürich; Prof. Dr. Astrid Schütz, Bamberg; Prof. Dr. Markus Wirtz, Freiburg i. Br.

Alle Informationen in diesem Buch wurden sorgfältig recherchiert und zusammengetragen. Dennoch kann ein Buch niemals eine Therapie ersetzen. Im Zweifel suchen Sie bitte professionelle Hilfe bei einem Arzt oder Therapeuten. Autor und Verlag übernehmen keinerlei Haftung für Schäden, die direkt oder indirekt durch Informationen in diesem Buch entstehen.

Alle Fälle und Geschichten in diesem Buch sind echt und authentisch. Zum Schutz der beteiligten Personen wurden jedoch sämtliche Namen geändert.

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Hogrefe AG

Lektorat Psychologie

Länggass-Strasse 76

3012 Bern

Schweiz

Tel. +41 31 300 45 00

[email protected]

www.hogrefe.ch

Lektorat: Dr. Susanne Lauri

Herstellung: René Tschirren

Umschlagabbildung: © Getty Images/Willy GS

Umschlag: Claude Borer, Riehen

Illustrationen: Marcus Wilke, Berlin

Satz: punktgenau GmbH, Bühl

Druck und buchbinderische Verarbeitung: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten

Printed in Germany

Format: EPUB

1. Auflage 2020

© 2020 Hogrefe Verlag, Bern

(E-Book-ISBN_PDF 978-3-456-96035-7)

(E-Book-ISBN_EPUB 978-3-456-76035-3)

ISBN 978-3-456-86035-0

http://doi.org/10.1024/86035-000

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Für meinen Wahl-Großvater Carl, der mir ein emotionales Zuhause gegeben hat.

„Ich schaute unter den Gräbern symbolistischer Dichter

und konnte sie nicht finden.

Ich suchte in den Symbolen von Damien Hirsts ‚Haifisch-Tank‘

und da hätte sie mich fast gebissen.

Ich bin zu schnell vor ihr davongelaufen.

Die Liebe mag es nicht, gedrängt zu werden.

Ihr Wachpersonal ist überraschend aufmerksam.“

Gedicht eines Londoner „Mietpoeten“, der diese Zeilen auf seiner alten Reiseschreibmaschine am Ufer der Themse für mich schrieb. Innerhalb weniger Minuten, nachdem er das Thema des Gedichts erfahren hatte: „Search for Love, Suche nach Liebe“.

Inhaltsverzeichnis

Widmung

Zitat/e

Anstelle eines Vorworts:  Hängen wir unsere Masken an die Garderobe

Das erste Kapitel:  Sicherer Hafen oder nur ein Stück Treibholz?

Das zweite Kapitel:  Weglaufen und Klammern: der Beziehungs-Tango

Das dritte Kapitel:  Symptomcheck: Beziehungsängste

Das vierte Kapitel:  Der Fluch der Vergangenheit – oder das Kind im Cockpit

Das fünfte Kapitel:  Auf dem Einhorn zum ersten Date: Plädoyer für einen neuen Realismus

Literatur

Der Autor

Anstelle eines Vorworts: Hängen wir unsere Masken an die Garderobe

|11|

|12|„Jeder Mensch, dem wir im Leben begegnen, kämpft einen Kampf, von dem wir nichts ahnen.“

|13|Das Zitat stammt nicht von mir, sondern von Sandra Mona1, einer Frau, mit der ich eine kurze und intensive Beziehung in Zürich hatte. Wenn ich an die Zeit mit ihr zurückdenke, kann ich mich an kein einziges Gespräch erinnern, das nicht inspirierend gewesen wäre. Ist es nicht das, was wir in der Liebe suchen? Inspiration. Mit einer längeren Partnerschaft ist es am Ende nichts geworden. Warum nicht? Die ehrliche Antwort lautet: Weil ich es nicht auf die Reihe gekriegt habe. Da treffe ich eine Frau mit Potenzial für etwas Großes – und verbocke es. Etwas konkreter: Sandra Mona hat damals bei mir einige Knöpfe gedrückt. Und ich habe reagiert. Dass sie diese Knöpfe gedrückt hat, war aber gar nicht das Problem. Die wahre Ursache für das Scheitern dieser Liebe lag darin, dass sie die Knöpfe überhaupt drücken konnte; dass sie vorhanden waren. Und das hatte gar nichts mit ihr zu tun, sondern mit meiner eigenen Geschichte.

Genau darum geht es in diesem Buch: um Knöpfe, die im Laufe der Jahre und Jahrzehnte in uns entstehen, und um Menschen, die sie in einer Beziehung oder einer Kennenlernphase drücken. Es ist ein Buch über die Liebe und darüber, warum es so unglaublich schwer ist, den richtigen Partner zu finden. Überhaupt zu merken, dass man einen tollen Menschen gefunden hat, der zu einem passt. Und dann das Richtige zu tun.

Ich habe im Nachhinein viel über Sandra Monas Satz mit dem verdeckten Kampf, den Menschen kämpfen, nachdenken müssen: Wie viel einfacher wäre es doch, wenn wir von Anfang an wüssten, welchen Kampf jemand kämpft! Gerade in Beziehungen. Aber niemand lässt sich gerne in |14|die Lebenskarten schauen. Anstatt unser Blatt auf den Tisch zu legen, investieren wir Unmengen von Energie darin, unser wahres Ich zu verschleiern und stattdessen eine geschönte Version von uns zu inszenieren. Auf Dating-Apps wie Tinder präsentieren wir uns so, wie wir gerne wären, aber nicht, wie wir wirklich sind. Im Alltag übrigens auch. Dort inszenieren wir uns halt nicht digital mit einem Profil, sondern analog in der persönlichen Begegnung.

Eigentlich müssten Tinder und die vielen anderen Dating-Apps ganz dringend eine neue Rubrik einführen. Die Rubrik: „Diesen Kampf kämpfe ich im Leben“. Dann wüsste man gleich von Anfang an, woran man ist und ob die Lebenskämpfe überhaupt zusammenpassen. Manchmal kommen die Partner erst nach vielen Jahren Ehe dahinter, wenn es schon zu spät ist. In Deutschland hält eine Ehe im Schnitt 15 Jahre; Beziehungen enden im Durchschnitt nach nur vier Jahren, bevor jeder wieder seiner Wege geht.

Ehen und Beziehungen sind ein zerbrechliches Gut geworden. Was einmal für die Ewigkeit angelegt war, hält heutzutage oft nur für einen flüchtigen Moment. Nicht nur unser Arbeitsleben wird immer flexibler – unser Beziehungsleben wird es auch. Früher war es völlig normal, bei einem Arbeitgeber in die Lehre und am Ende eines Arbeitslebens auch in Rente zu gehen. Heute ist Jobhopping völlig normal. Loyalität gibt es immer seltener; weder auf Arbeitgeber- noch auf Arbeitnehmerseite. Alles wird immer unverbindlicher und so ist es auch in der Liebe. Unsere Loyalität gilt dann nicht mehr einem besonderen Menschen, sondern nur diesem einen Moment, was auch mit der Erziehung zu tun hat. Kindern wird heute beigebracht, vor allem im Moment glücklich und sich gegenüber loyal zu sein, und dagegen ist auch gar nichts einzuwenden.

Aber es gibt eben auch die Kehrseite. Wir sind immer weniger bereit, Kompromisse einzugehen. Und ohne Kompromisse gibt es keine langen Beziehungen. Früher war man eher gewillt, sich in der Beziehung aufeinander zuzubewegen. Von beiden Seiten gab es die Bereitschaft, sich anzupassen. Solche Qualitäten kommen immer mehr aus der Mode. Heute heißt es eher: Wir sind beide unabhängig und unser eigenes Raumschiff. Wenn man überhaupt beschließt, sich zusammenzutun, muss es perfekt passen. Und zwar sofort. Falls das nicht der Fall ist, heißt es schnell: Und der Nächste bitte! Eine gute Beziehung aber macht gerade die Balance aus zwischen Anpassung und Unabhängigkeit, Nähe und Distanz.

|15|In der Realität gerät diese Balance immer öfter aus dem Gleichgewicht. Die Nachfrage nach Paartherapien nimmt in den letzten Jahren stetig zu. In Laufe der Zeit haben sich die Erwartungen an einen Partner immer weiter erhöht: Der möge doch bitte alles können und alles sein. Und auch die Beziehung an sich muss heutzutage alles bieten: Man möchte über Probleme sprechen können, sich verstanden und angenommen fühlen, Unterstützung in allen Lebenslagen finden, sich gegenseitig vertrauen können, respektvoll miteinander umgehen und der Sex soll natürlich auch großartig sein. Und zwar immer. Dass es in dieser „Beziehungsmaschine“ auch mal hakt, ist doch eigentlich ganz normal. Schließlich sind wir Menschen. Ich habe manchmal den Eindruck, sowohl Männer als auch Frauen würden sich ihren perfekten Partner am liebsten in immer gleichbleibender Qualität bei IKEA bestellen. Dass sich die Regalwand Södermalm aber auch nur unter Ächzen und Fluchen aufbauen lässt, wird da gerne vergessen. Wenn es also auch auf einem der vielen Gebiete in einer Beziehung einmal nicht so rund läuft, wird entweder gleich das ganze Fundament der Liebe infrage gestellt oder man muss eben daran „arbeiten“, sprich: eine Paartherapie muss her.

Wo die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau immer weiter aufgebrochen wird, nehmen auch die Konflikte zu. Es wird mehr verhandelt. Man feilscht über alle möglichen Aufgaben: Wer bringt wann den Müll runter? Wer wäscht wessen Geschirr? Welcher Partner kommt wann zu welcher Familienfeier mit? Durch dieses permanente Verhandeln kommen die Charakterunterschiede in Partnerschaften viel stärker an die Oberfläche. Und im Untergrund wabern obendrein die individuellen Lebenskämpfe. Paartherapeuten beobachten, dass die Spannungen vor allem bei Paaren in ihren 30ern oder 40ern zunehmen. Gestritten oder verhandelt wird über Themen wie Kindererziehung, Alltagsaufgaben oder das liebe Geld. In der Therapie fällt dann oft der Satz: „Wir können nicht mehr miteinander reden.“ Die ständigen Streitereien münden in einer Art Zweikampf und man überbietet sich gegenseitig mit Argumenten, wer es denn nun schwerer hat.

Durch diesen Wettbewerb vergisst man völlig, den anderen zu würdigen und zu wertschätzen und auch mal ein Kompliment zu machen. Ein Freund und Kollege von mir hat mit seiner Frau ein schönes Ritual entwickelt, um dem entgegenzuwirken. Sie haben zwei Kinder und sind beide |16|berufstätig. Dass der Alltag da schon mal über beide herüberschwappt, können Sie sich vorstellen. Und genau in diesen Alltagssituationen schauen sie sich einen Moment lang gegenseitig in die Augen und sagen dem anderen: „Ich sehe dich!“

Gerade diese Wertschätzung ist so unglaublich wichtig. Wenn wir das Gefühl haben, ständig nicht gesehen oder gar abgewiesen zu werden, geraten wir in Panik und schalten um auf den Angriffs- oder den Fluchtmodus. Ein Klassiker: Ein Partner wird böse und möchte gehört werden: „Nun hör’ mir doch endlich zu!“ Der andere Partner denkt sich: „Ich mach es sowieso nie richtig“ und zieht sich mehr und mehr zurück. Oder beide schalten auf Angriff und haben permanent Streit miteinander. Oder beide Seiten ziehen sich frustriert zurück. Dann ist die Verbundenheit futsch.

Das „Kleine Wurst“-Syndrom

Und? Welchen Kampf kämpfen Sie? Manchmal wissen wir gar nicht, welche Schlachten unser Unterbewusstsein schlägt. Ich mache jetzt etwas, was für Ratgeberautoren vielleicht etwas ungewöhnlich ist: Ich hänge meine eigene Maske an einen imaginären Garderobenständer und da bleibt sie dann auch. Nur so kann ich ein offenes, ehrliches und authentisches Buch schreiben. Ich möchte Ihnen gerne verraten, welchen Kampf ich schon mein ganzes Leben lang kämpfe.

Dazu muss ich ein wenig ausholen und in meine Kindheit zurückgehen. Meine Mutter hat mich alleine großgezogen. Mein Vater hat sich direkt nach meiner Geburt aus dem Staub gemacht und sich erst kurz nach meinem 18. Geburtstag wieder blicken lassen – aber auch erst, nachdem ich ihn in einem Brief inständig um ein Treffen ersucht hatte. Welche unterschwellige Botschaft sendet ein Vater, der gleich nach der Geburt das Weite sucht, an einen kleinen Jungen, der die wahren Zusammenhänge noch nicht erfassen kann? Die Botschaft: „Du bist es nicht wert, dass ich mich als Vater um dich kümmere!“

Heute weiß ich, dass das Unsinn ist. In Wahrheit ist mein Vater abgehauen, weil auch er seinen Kampf kämpfte und mit sich selber nicht im Reinen und mit der Rolle als Vater komplett überfordert war. Unterhalt |17|zahlte er auch nicht, mit der Folge, dass meine Mutter Vollzeit arbeiten musste, um uns beide durchzubringen. Meine Mutter war also oft auch nicht präsent, ich war schon sehr früh auf mich allein gestellt oder habe viel Zeit bei meiner Oma verbracht.

Was löst es in einem Kind aus, wenn die Mutter oft nicht „verfügbar“ ist? „Wenn meine Mutter so oft nicht zu Hause ist, muss das wohl an mir liegen.“ Auch hier gilt: Als Kind kann man die wahren Zusammenhänge (Meine Mutter ist nicht da, weil sie Geld zum Leben verdienen muss) noch nicht herstellen und stattdessen brennt sich dieser falsche Leitsatz, dieses Schuldgefühl schon ganz früh tief auf der Festplatte des Unterbewusstseins ein. Und zwar in den ersten entscheidenden Jahren, in denen so viele Weichen für das spätere Leben gestellt werden. Wenn man als Erwachsener die Hintergründe dann schließlich durchschaut, hat der Verstand zwar begriffen, was damals wirklich los war, aber das Unterbewusstsein sendet weiter seine destruktiven Signale. Es ist wie bei einer Festplatte, die man zwar neu beschreiben kann: Die ursprünglichen Dateien bleiben im Hintergrund weiter aktiv. So lange, bis man die Festplatte komplett formatiert und sämtliche Sicherungskopien löscht. Technisch ist so etwas kein großes Ding; alte Programme beim Menschen zu löschen oder umzudeuten, ist ungleich komplizierter.

Zudem sprechen wir hier von den 1970er-Jahren (Ich bin Jahrgang 1973). Heute zieht man vor alleinerziehenden Müttern oder Vätern, die berufstätig sind, ganz tief den Hut und hat höchsten Respekt vor deren Leistung. In den 70ern war es für Nachbarn, die Kindergartenleiterin oder später die Mitschüler einfach nur merkwürdig, dass da jemand ohne Vater aufwächst. Es wurde viel über meine Mutter und mich getuschelt. Wie konnte es nur sein, dass der Vater nicht da war? All das – Vater weg, Mutter oft nicht zu Hause und das Grundrauschen des Getuschels – macht etwas mit einem Kind. Etwas, das einen dann sein ganzes Erwachsenenleben lang begleitet. Ich hatte schon sehr früh das Gefühl, nicht richtig zu sein, so wie ich bin.

Um es mal salopp zu formulieren: Die so wichtige frühkindliche Bindung ist bei mir voll in die Hose gegangen. Normalerweise geben Eltern ihren Kindern gerade in der frühen Entwicklungsphase ein Gefühl wie: „Du bist gut so, wie du bist. Du bist willkommen auf dieser Welt.“ Hier entscheidet sich, ob ein Mensch später eine sichere oder unsichere Bin|18|dung entwickelt. Sicher gebundene Kinder sind im späteren Leben zuversichtlich, dass eine Bindungsperson auch verfügbar ist. Das kann ich von mir leider nicht behaupten und so kämpfe ich schon mein ganzes Leben gegen das Gefühl an, nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das permanent aus dem Untergrund feuert und massive Auswirkungen auf meine Lebens- und Liebesentscheidungen hat.

Dieser Mangel aus Kindheitstagen erweist sich im Erwachsenenalter als schwarzes Loch. Als Fass ohne Boden: Egal, wie viel Bestätigung, Anerkennung und Liebe ein Partner auch gibt, es ist nie genug. Alle Bemühungen werden nicht gesehen. Der Partner oder die Partnerin kämpft auf verlorenem Posten, denn die Leere, die in früher Kindheit entstanden ist, kann Jahrzehnte später kein Partner der Welt füllen. Nach der Trennung schrieb mir Sandra Mona: „Ich habe dir in so vielen Momenten gezeigt, wie toll ich dich finde. Doch das siehst du nicht. Mit dir zusammen zu sein, ist wie Topfschlagen im Minenfeld.“ Ein starkes Bild, das mir ebenso wenig aus dem Kopf gegangen ist wie ihre Aussage über Lebenskämpfe. Ein Vergleich, der zeigt, wie mächtig alte Kindheitsprogramme sind und wie schwer es ist, sich selber neu zu programmieren. Ich wusste, dass 40 Jahre alte Muster aus meiner Kindheit meine Beziehung zu Sandra Mona sabotierten, und trotzdem vermochte ich es nicht, etwas dagegen zu tun – und fuhr die Beziehung sehenden Auges an die Wand.

Diese negative Sicht auf mich selbst nenne ich das „Kleine Wurst“-Syndrom. Das ist nun ganz und gar kein psychologischer Fachausdruck, aber es beschreibt wunderbar bildhaft mein Innenleben: das Gefühl, mich wie eine „kleine Wurst“ zu fühlen. Im Kapitel über das innere Kind möchte ich Ihnen eine hochwirksame Übung gegen dieses Gefühl mit auf den Weg geben. Sozusagen eine „Anti kleine Wurst“-Therapie. Nun kämpft natürlich nicht jeder, der dieses Buch liest, gegen das Gefühl an, sich zu klein und irgendwie nicht richtig zu fühlen. Aber es ist doch ein negativer Glaubenssatz, der viel öfter auftaucht, als man denkt. Und falls auch Sie sich in irgendeiner Form darin wiederfinden, gebe ich Ihnen später Werkzeuge, mit denen Sie wirksam an diesem negativen Gefühl arbeiten können.

Mein Ansatz für dieses Buch lässt sich in zwei Worten zusammenfassen: ehrlich und praktisch. Denn genau diese beiden Punkte habe ich bei den gängigen Beziehungsratgebern bislang vermisst. Ich persönlich fand, dass sich die Autoren hinter eine Maske verstecken (darauf komme ich gleich |19|noch zu sprechen) und Übungen vorstellen, die in der Praxis kaum anwendbar sind. Und genau das möchte ich mit diesem Buch anders machen.

Beziehungsprobleme? Ich doch nicht!

Vielleicht lesen Sie gerade diese Zeilen, finden sich in dem Thema auch wieder, haben aber gleichzeitig das Gefühl, das Problem liege nun wirklich nicht bei Ihnen. Bei der Recherche zu diesem Buch habe ich oft Sätze wie diesen hier gehört: „Ich hätte ja gerne eine Beziehung, treffe aber nur auf Männer oder Frauen, die nicht so richtig wollen oder davonlaufen, wenn es ernst wird.“ Oder die verheiratet/vergeben/gebunden sind. Oder am anderen Ende der Welt leben. Oder die potenziellen Partner erfüllen ihre Ansprüche einfach nicht; es scheint so, als würden heutzutage nur noch Volldeppen herumlaufen. Die ganze Welt scheint schuld an ihrem Beziehungsdrama zu sein, aber Sie doch nicht…

Bei der Recherche zu diesem Buch haben mir erstaunlich viele Frauen und Männer ihre Geschichte erzählt. Darunter sehr viele Menschen um die 40, die einfach keinen Partner finden, seit Jahren Single sind und an möglichen Kandidaten immer irgendetwas auszusetzen haben.

Die 41-jährige Anne antwortete auf meine Frage, wie lange denn ihre längste Beziehung gehalten habe, zunächst gar nicht, druckste dann herum und gestand schließlich: „Ja, ähm, also… Ich hatte eigentlich noch nie eine Beziehung.“ Kurze Kunstpause. Und dann hatte sie auch gleich eine ganze Reihe von Erklärungen parat: Die Männer seien schuld an ihrer Misere! Immer wieder treffe sie auf Männer, die sich nicht binden wollten. Der letzte Typ, den sie gedatet habe, machte sämtliche Pläne für sein Leben einfach immer ohne sie. Bei der Urlaubsplanung fragte er Anne nicht, ob sie vielleicht mitkommen wolle – und fuhr einfach alleine zum Tauchen. Als sie merkte, dass mich das alles nicht so richtig überzeugte, kam gleich der nächste Erklärungsversuch: Eigentlich sei ihr eine Beziehung auch nicht so wichtig; die Karriere habe immer Vorrang gehabt.

Bianca hatte zwar mehrere Beziehungen, ist aber seit Jahren Single. Sicher, sie habe hier und da jemanden kennengelernt. Aber alles nur Rohrkrepierer. Auffallend war auch in diesem Fall, dass Bianca keinerlei |20|Fehler bei sich selber sah. Ganz im Gegenteil. Sie sei doch so eine tolle Frau. „Warum nur gibt es heutzutage keine vernünftigen Männer mehr?“ Interessanterweise ist ihr gesamter Freundeskreis in glücklichen Beziehungen. Offenbar haben ihre Freundinnen doch irgendwie die Nadel im Heuhaufen gefunden. Alle im gleichen Alter, alle am gleichen Ort. Merkwürdig kam ihr das nicht vor.

Das sind nur zwei Beispiele von vielen und betreffen sowohl Männer als auch Frauen. Allen gemein ist, dass die „Schuld“ für die nicht gelingenden Beziehungen immer woanders gesucht wird – außerhalb von einem selbst. Aber die spannende Frage ist, warum ziehen wir immer wieder Partner an, die nicht verfügbar sind und sich nicht binden wollen? Die Antwort ist sehr einfach, aber gleichzeitig auch bitter: Diese Muster haben immer auch mit uns selber zu tun. Und das Anziehen der falschen Partner ist wie eine Dauerschleife, die sich immer wiederholt. So lange, bis wir erkennen, was eigentlich bei uns selber schiefläuft.

Ein weiteres Beispiel: Susanne, eine alleinerziehende Mutter, gerät auch immer wieder an die Falschen. Etwa an einen Mann, der noch verheiratet ist und ihr seit Beginn ihrer „Beziehung“ verspricht, sich endlich scheiden zu lassen. Nennen wir ihn Dave. Immer wieder hält Dave Verabredungen nicht ein und ist tagelang nicht zu erreichen. Dann taucht er plötzlich wieder auf und tut so, als sei das alles völlig normal; er brauche halt seine Freiheit. An einem Abend sind Susanne und Dave zum Dinner verabredet. Susanne hat gekocht. Gemeinsam mit ihrer Tochter wartet sie auf Dave, der wieder einmal nicht erscheint und die Verabredung auch nicht absagt. Er ist auch nicht zu erreichen und auf WhatsApp ist plötzlich die Funktion ausgeschaltet, mit der man sehen kann, wann jemand zum letzten Mal online war. Tage später taucht Dave plötzlich auf und hat irgendeine faule Ausrede parat. Es sei ihm etwas Wichtiges dazwischengekommen und die „Zuletzt online“-Funktion sei noch nie eingeschaltet gewesen.

Susanne verzeiht ihm (wieder einmal) und hofft darauf, dass sich endlich etwas ändert. Und tatsächlich zeigt sich Dave das nächste Mal von seiner süßesten Seite und hat sogar ein Geschenk für Susannes Tochter dabei. Bis er Susanne das nächste Mal erneut enttäuscht. Weitere sechs Monate später ist Scheidung übrigens noch immer kein Thema für ihn. Das könne er seiner Frau nicht antun, die psychisch gerade labil |21|sei, aber sobald sich ihre Situation stabilisiert habe, lasse er sich natürlich scheiden.

Da ist er wieder, der Beziehungs-Tango, das unendliche Hin und Her, das die beiden Tänzer immer unglücklicher macht. Ich bohre nach und frage Susanne, ob sie das erste Mal solche Schwierigkeiten habe wie mit Dave. Und tatsächlich hat sie sich in letzter Zeit nur in unzuverlässige Typen verliebt, die sich auf nichts einlassen wollten. Genau genommen fällt der Vater ihrer Tochter auch in diese Kategorie. Warum lässt sich Susanne also immer wieder auf Männer ein, die offenkundig gar keine Beziehung wollen? Oder die keine Beziehung mit ihr wollen? Könnte es sein, dass sich Susanne selber unbewusst gar nicht binden will und sie selber es ist, die sich immer wieder in derartige Situationen manövriert?

Ganz anders, aber auch irgendwie ähnlich läuft es bei Kathy, die sich im Urlaub in Pablo verliebt, der kurz vor seiner Hochzeit steht. Beide verlieren sich komplett in ihrer stürmischen Verliebtheit. Eigentlich weiß Kathy, dass es mit einem Mann, der demnächst heiraten will, nichts werden kann (außer in Liebeskomödien mit Hugh Grant). Aber Pablo versichert Kathy, er habe sich unsterblich in sie verliebt und werde die Hochzeit abblasen. Sie ahnen schon, wie die Geschichte ausgeht: Natürlich heiratet Pablo wie geplant. Und zwar nicht Kathy, sondern die Dame, mit der das ursprünglich auch geplant war. Kathy gesteht mir den Tränen nah, dass dies wohl das Drama ihres Lebens sei: Immer wieder lerne sie Männer kennen, die sich am Ende in Luft auflösten.

Wenn sich Verwundete treffen

Wie um alles in der Welt können unbewusste Programme aus unserer (frühen) Kindheit Kontrolle über unsere heutigen Liebesentscheidungen übernehmen?

Über eine Online-Dating-Plattform lerne ich in meiner Wahlheimat Amsterdam Rosalie kennen. Nach den ersten Treffen sind wir beide „compleet van de kaart“, wie man auf Niederländisch sagt, also voll von den Socken. Die körperliche Anziehung ist groß und auch sonst scheint es perfekt zu passen. Rosalie arbeitet in einer Einrichtung für psychisch auffällige Erwachsene, die zum Teil auch gewalttätig gegen das Betreuungs|22|personal werden. Auch Rosalie muss mehrfach solche körperlichen Angriffe erleben, bei denen sie einmal sogar regelrecht zusammengeschlagen wird. Dennoch ist ihr Beruf für sie ihre große Erfüllung, in dem sie Menschen hilft und einen Beitrag für die Gesellschaft leistet. Ich habe davor großen Respekt, auch wenn ich mir nach ihren Schilderungen Sorgen um sie mache. An meinem Beruf als TV- und Radio-Moderator kann sie jedoch wenig finden. Immer öfter kritisiert sie mich für meine Berufswahl. Während sie aus ihrer Sicht Großes leistet, gehöre ich für sie offenbar in die Rubrik „Gaukler, Schlangenbeschwörer und fahrendes Volk“. Jemand, der sein Geld quasi im Schlaf mit ein wenig Blabla am Mikro verdient und weit entfernt davon ist, jeden Tag die Welt zu verbessern. Ganz im Gegensatz zu ihr natürlich.

In dieser Zeit unterschreibe ich auch den Vertrag für mein erstes Buch: ein Ratgeber, in dem ich erkläre, wie wir im täglichen Leben unseren Auftritt und unsere Wirkung verbessern können. Auch für dieses Projekt hat sie nur ein mildes Lächeln übrig. Ich hätte mir gewünscht, dass sie stolz auf mich ist, doch dafür hätte ich wohl über meine spirituelle und tiefe Begegnung mit dem Dalai Lama schreiben müssen (die bis heute immer noch aussteht).

Ihre Vorwürfe lassen mich nicht kalt und gehen mir zunehmend an die Nieren. Im Untergrund springt mein Kindheitsprogramm an und mein negatives Selbstbild („Ich bin nicht genug“) wird mit jeder Menge neuer Nahrung versorgt. Um diesen Schmerz zu vermeiden, nehme ich zunehmend Abstand, bis es schließlich zur Trennung kommt.

Aber auch ich bekomme es mit ihren alten Kindheitsmustern zu tun. Ich erfahre, dass Rosalie adoptiert wurde und sich die Schuld daran gibt, dass ihre leiblichen Eltern sie verlassen haben. Auch ihre liebevollen Adoptiveltern konnten diese tiefe Wunde später nicht heilen. Nicht nur, dass sie im beruflichen Leben körperliche Angriffe, quasi als Teil ihrer Bestimmung zur Rettung der Welt, akzeptiert – auch ihr Exfreund hat sie mehrfach geschlagen und schließlich verlassen, nachdem er eine andere Frau geschwängert hatte. Auch für diese körperlichen Übergriffe und massiven Kränkungen innerhalb der Beziehung, das Fremdgehen und die Flucht ihres Exfreundes gibt sich Rosalie die Schuld. Ihr Exfreund, ein Brasilianer, verlässt schließlich die Niederlande und taucht in Brasilien unter. Und das, nachdem Rosalie alles getan hat, um seine Aufenthaltsgenehmigung zu ermöglichen. Mehr kann man einen Menschen kaum ver|23|letzen und enttäuschen, doch trotz aller unfassbaren Vorfälle höre ich heraus, dass Rosalie ihn sofort zurücknehmen würde, wenn er plötzlich in Amsterdam vor ihrer Tür stünde.

Sie sehen, vordergründig hing der Himmel bei Rosalie und mir voller Geigen, aber eigentlich sind sich zwei tief verwundete Menschen begegnet, deren Wunden zu der Zeit ganz und gar nicht verheilt waren. Die unterschwelligen Programme haben Tango getanzt, ohne dass wir das zu der Zeit überhaupt geahnt hätten. Das mag an dieser Stelle zunächst reichen. Jedenfalls versuche ich, dieses Gefühl des „Nicht gut genug sein“ hinter einer Fassade aus Selbstsicherheit zu verbergen. Als Moderator und Kommunikationstrainer eignet man sich über die Jahre professionelle Techniken an, wie man selbstsicher rüberkommt, obwohl man es im Innern gar nicht ist. Diese Maske der Selbstsicherheit wird von Menschen, die mich nicht kennen, auch oft mit Arroganz verwechselt. Die tiefere Wahrheit aber ist: Der kleine Junge in mir sucht seit 46 Jahren nach einem emotionalen Zuhause, das er in seiner Kindheit nicht hatte.

Auf der Allee der Verlierer

So, jetzt hängt meine Maske am Garderobenständer und Sie haben freie Sicht auf meinen Lebenskampf. Mich selber hat es übrigens Jahrzehnte gekostet, dahinterzukommen, welchen Kampf ich eigentlich kämpfe. Und das, obwohl ich mein Psychologiestudium mit dem Schwerpunkt Persönlichkeitspsychologie in München erfolgreich abgeschlossen habe: bei Prof. Klaus Schneewind, einer Koryphäe auf dem Gebiet. Seine Standardwerke zum Thema Persönlichkeit finden sich auch in der Literaturliste in diesem Buch. Wie konnte es sein, dass ich mit meinem Psychologie-Hintergrund an mir selber scheiterte? Ist es wie bei den Schuhmachern, die selber die schlechtesten Schuhe tragen? Manchmal sehen Außenstehende, Wildfremde, einen klarer, als man sich selber sieht.

Ich erinnere mich an eine Begegnung in New York. Ich hatte Karten für das Musical „Avenue Q“. Der Hauptsong in dem Musical trägt den Titel „It sucks to be me“, was frei übersetzt so viel heißt wie „Es ist beschissen, ich selber zu sein“. In dem Musical streiten sich die Hauptfiguren darum, |24|wem es gerade am beschissensten geht, und überbieten sich mit Horrorgeschichten aus dem eigenen Leben. Die Bewohner der Avenue Q sind allesamt Verlierer, die sich eine Wohnung in der Premiumlage Avenue A nicht leisten können und deshalb bis zum Buchstaben Q aus der Stadt rausgezogen sind. In der Pause wurden T-Shirts mit dem Thema des Musicals darauf verkauft: „It sucks to be me“. Ich kaufte eines. Als Souvenir. Als Gag. Oder war doch mehr dahinter, als mir zu dem Zeitpunkt bewusst war? Am nächsten Tag trug ich das T-Shirt beim Frühstück in meinem Hotel in Chinatown und kam dort mit einem älteren Ehepaar aus Bayern ins Gespräch. Die beiden lasen das Motto auf meinem Shirt und konnten sich keinen Reim darauf machen, was dieser englische Ausdruck denn bedeuten sollte. Ich klärte sie auf und die Frau sagte nur trocken: „Na, Sie scheinen ja eine schlechte Meinung von sich selber zu haben!“

Runter vom Hochsitz!

Warum lege ich meine Karten hier offen auf den Tisch, obwohl das erste Kapitel noch nicht mal begonnen hat? Weil mir diese ganzen Ratgeberautoren auf den Keks gehen, die ihre Bücher vom Hochsitz aus schreiben und von dort oben ihre Anweisungen geben, wie man sein Leben glücklicher und besser leben und die perfekte Beziehung führen solle. Und zwar ohne auch nur eine Sekunde herunterzukommen und sich als Mensch zu erkennen zu geben.

Aus der Psychotherapie wissen wir mittlerweile, dass der wichtigste Faktor für den Erfolg einer Therapie gar nicht so sehr die Wahl der Methode ist, sondern die Frage, ob Therapeut und Klient einen guten Draht zueinander haben. Wenn die Chemie stimmt, ist das schon einmal eine gute Basis dafür, dass die Therapie am Ende ein Erfolg wird. Das heißt, wenn sich beide Seiten auf der menschlichen Ebene begegnen, ist es gar nicht mehr so entscheidend, ob nach der Freud’schen Psychoanalyse therapiert wird, mit einer Personenzentrierten Gesprächstherapie nach Rogers oder einer Verhaltenstherapie. Und dennoch gibt es viele Psychotherapeuten alter Schule, die in ihrer Praxis im edlen Ledergestühl sitzen, milde lächelnd auf ihrer Halbbrille herumkauen und so tun, als seien sie allwissend. Und während sie von ihren Klienten erwarten, dass diese nicht nur die Maske abnehmen, sondern im übertragenen Sinn auch die |25|Hose runterlassen, verschanzen sich diese Analytiker hinter einer dicken Ritterrüstung und spielen die Rolle des unnahbaren Therapeuten. Damit meine ich, dass sie sich selber nicht als Menschen zu erkennen geben, die auch Schwächen haben.

Ich möchte Sie, liebe Leser, ermuntern, Ihre eigene Maske abzunehmen und zu meiner an die Garderobe zu hängen. Das Verhältnis von mir als Autor und Ihnen als Leser könnte nicht intimer sein: Sie lesen dieses Buch vermutlich gerade in Ihrem Lieblingsstuhl. Oder eingemummelt im Bett, mit Schnuffeltuch und Früchtetee. Oder Sie liegen mit dem Buch in der Wanne. Oder sitzen gerade in einer dieser Leseecken in einer Buchhandlung, haben mein Buch in der Hand und wollen herausfinden, ob es etwas für Sie sein könnte. In all diesen Situationen sind wir zu zweit, nur Sie und ich. Und ich finde, in einer vertrauten Situation wie dieser brauchen wir keine Masken. Das ist vielleicht etwas ungewohnt in Zeiten von Instagram und Co., wo die wenigsten die Wirklichkeit zeigen. Bevor man verletzlich wirkt, stülpt man doch lieber gleich mehrere Masken oder Filter über die Realität. Wie eine Torte, deren eigentliche Geschmacksrichtung unter Unmengen von Zuckerguss gar nicht mehr zu erkennen ist. Und obendrauf kriegen alle, die die perfekten Instagram-Fotos anschauen, noch ein schlechtes Gefühl, weil ihr Leben nicht so perfekt ist wie das in den Profilen der anderen. Mittlerweile belegen Studien, dass soziale Medien wie Facebook und Instagram uns unglücklich machen: weil wir uns ständig mit dem vermeintlich perfekten Leben der anderen vergleichen. Wobei man auch sagen muss, dass es inzwischen Instagram-Stars gibt, die eine Gegenbewegung gestartet haben und sich ungeschminkt, faltig oder traurig zeigen – und von ihren Fans dafür geliebt werden.

Im Rückwärts-Tangoschritt raus aus der Beziehung

Warum habe ich das Buch „Beziehungs-Tango“ genannt? Weil mich das Verhalten zweier Partner in einer Beziehung an einen Tanz erinnert. Und der Tango zeichnet sich durch abrupte Tempiwechsel der Tanzpartner aus.

Nehmen wir noch einmal mein eigenes Beispiel. Ich habe unterschwellig das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Womit haben es die Frauen in meinem Leben also zu tun bekommen? Mit einem Mann, der am Anfang alles |26|getan hat, um sie zu erobern. Und sobald ich eine Frau sicher hatte, kam gleich der nächste Tanzschritt: der Rückzug. Aus Angst, die Frau könnte dahinterkommen, dass ich nicht gut genug bin. Dass sie es quasi nur mit einem Hochstapler zu tun hat. Bevor das also durch zu große Nähe hätte auffliegen können, bin ich lieber weggelaufen. Nicht selten liefen die Frauen dann hinterher, um mich festzuhalten (die nächste Tanzphase). Oder sie hatten genug von mir und traten den Rückzug an, worauf ich dann Panik bekam und versuchte, die betreffenden Damen festzuhalten. Kaum zurückerobert, bin ich dann aber wieder im Rückwärts-Tangoschritt raus aus der Beziehung – und die Frauen hinterher. Oder irgendwann auch nicht mehr.