Dark Games - Bedingungslose Hingabe - Valentina Santos - E-Book
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Dark Games - Bedingungslose Hingabe E-Book

Valentina Santos

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Beschreibung

Liebe mich im Dunkeln: Der prickelnde Liebesroman »Dark Games – Bedingungslose Hingabe« von Valentina Santos jetzt als eBook bei dotbooks. Wird das schillernde Großstadtleben ihre Sehnsüchte erfüllen? Die junge Journalistin Alexandra will in Frankfurt durchstarten, privat wie beruflich. Doch statt preisgekrönte Artikel zu schreiben, sitzt sie in einem staubigen Archiv fest – und statt aufregende Liebhaber kennenzulernen, muss sie sich mit einem zwar höllisch attraktiven, aber auch mindestens ebenso von sich selbst überzeugten Chef herumschlagen. Ihr einziger Lichtblick ist der Unbekannte, der sie via Internet zu einem prickelnden Spiel einlädt: ein Blind Date in völliger Dunkelheit. Aber warum will der geheimnisvolle Mann sein Gesicht vor ihr verbergen? Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der Hot-Romance-Roman »Dark Games – Bedingungslose Hingabe« von Valentina Santos. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Über dieses Buch:

Wird das schillernde Großstadtleben ihre Sehnsüchte erfüllen? Die junge Journalistin Alexandra will in Frankfurt durchstarten, privat wie beruflich. Doch statt preisgekrönte Artikel zu schreiben, sitzt sie in einem staubigen Archiv fest – und statt aufregende Liebhaber kennenzulernen, muss sie sich mit einem zwar höllisch attraktiven, aber auch mindestens ebenso von sich selbst überzeugten Chef herumschlagen. Ihr einziger Lichtblick ist der Unbekannte, der sie via Internet zu einem prickelnden Spiel einlädt: ein Blind Date in völliger Dunkelheit. Aber warum will der geheimnisvolle Mann sein Gesicht vor ihr verbergen?

Über die Autorin:

Valentina Santos lebt im Weinviertel, einer lieblich-verträumten Gegend im Nordosten Österreichs. Am Schreibtisch ihres Landhauses setzt sie ihre Ideen in aufregende Geschichten um und lässt ihre Leser in ein mitreißendes Kopfkino eintauchen: Liebe, Hass, geheime sexuelle Gelüste und die Zügellosigkeit erotischer Leidenschaft sind ihr Markenzeichen.

Valentina Santos veröffentlichte bei dotbooks bereits »In Demut, Deine Beatrice«.

***

Originalausgabe August 2022

Copyright © der Originalausgabe 2022 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Redaktion: Ralf Reiter

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ae)

ISBN 978-3-98690-016-8

***

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Valentina Santos

Dark Games – Bedingungslose Hingabe

Roman

dotbooks.

Kapitel 1

»Ein Unglück kommt wirklich selten allein«, murmelte Lexie verdrossen und stieg im Untergeschoss des Verlagshauses in den Aufzug, der sie in die dritte Etage hinaufbefördern sollte. Nicht nur war ihr der Mietvertrag aus heiterem Himmel gekündigt worden und in spätestens vier Wochen würde sie auf der Straße sitzen, kurz darauf war auch noch die zweite Hiobsbotschaft auf ihrem Rechner erschienen. Lexies Zuversicht, dieser Gruft endlich entkommen zu können und in die Vertriebsabteilung versetzt zu werden, löste sich genauso rasch in nichts auf wie Fliegenschiss auf der Fensterscheibe unter dem Glasreiniger.

Schon seit zwei Monaten saß sie im Verlagsarchiv fest und tippte wie verrückt Uraltausgaben des Magazins Tenor ins neue Archivierungsprogramm. Frau Lehnert war mit ihrem gebrochenen Fuß schon seit mehr als sechs Wochen im Krankenstand, sodass die frischgebackene Journalistin die Stellung völlig allein halten musste. Durch das lange Liegen hatte die Archivarin sich eine Thrombose zugezogen, die sie noch um einiges länger von ihrem Arbeitsplatz fernhalten würde. Die Folge war, dass Lexies Rundflug durch die Abteilungen auf unbestimmte Zeit verschoben wurde.

Es konnte noch Ewigkeiten dauern, bis das altgediente Gruftpüppchen – wie die Mitarbeiter des Hauses Frau Lehnert liebevoll nannten – wieder den Dienst antreten konnte. Bis dahin wäre Lexie bestimmt so grau, eingetrocknet und zerfleddert, dass sie problemlos in Die Rückkehr der Mumie mitspielen könnte.

In ihrer Depri-Stimmung war sie für jede Möglichkeit dankbar, der Gruft entfliehen zu können. Also brachte sie die angeforderten Uraltausgaben aus den 90ern selbst in die Redaktion Ratgeber und Wissen hoch, statt einen Boten damit zu beauftragen.

Wie üblich hielt der Aufzug im Erdgeschoss, um Passagiere aus der Empfangshalle einsteigen zu lassen. Es wollte nur ein Fahrgast hoch, aber der hatte es in sich. Auf den ersten Blick war Lexie klar, dass der groß gewachsene Mann weit über dem Durchschnitt der männlichen Spezies lag. Mit angenehm tiefem Timbre begrüßte er sie, ehe er den Button für die vierte Etage drückte.

Seine graugrünen Augen wirkten durch die leicht ausgeprägten Schlupflider und beginnenden Krähenfüße zwar etwas kleiner, aber nicht minder interessant und verwegen. Jedenfalls standen sie in einem sehr harmonischen Einklang zu seiner langen, römischen Nase und dem eher breiten Mund, der in ein markantes Kinn überging. Durch das stoppelbärtige Gesicht wirkte er etwas nachlässig, aber gerade dieser schmuddelige Eindruck verlieh seiner Männlichkeit das gewisse Etwas, und man konnte erahnen, dass dieser Adonis mit einem hohen Testosteronspiegel gesegnet war.

Wie es aussah, schien er gerade von einem Tennismatch zu kommen. Zumindest trug er einen durchgeschwitzten, etwas streng riechenden Trainingsanzug, Turnschuhe, an denen noch der rote Sand klebte, und eine verdammt schicke Tennistasche, die Lexies Gehaltsstufe bei Weitem überstieg. Das hellbraune, zerzauste Haar klebte noch an der feuchten Stirn, was seiner Attraktivität aber ganz sicher keinen Abbruch tat. Jedenfalls strahlte dieser Homme Selbstbewusstsein, Intelligenz, Durchsetzungsvermögen, aber auch eine ordentliche Prise Dekadenz und Schlitzohrigkeit aus. Diese Eigenschaften in Kombination mit dem fabelhaften Aussehen ließen Lexie darauf schließen, dass er wohl mehr zur Gattung Womanizer tendierte als zur Sorte Briefmarkensammler.

Mit einem heftigen Ruck stoppte der Aufzug zwischen zwei Etagen und riss Lexie aus ihren weitschweifigen Fantasien. Verstört hetzte ihr Blick durch die enge Kabine. Auch der attraktive Mitfahrer schien über den unerwarteten Halt nicht besonders erfreut zu sein.

»Mist. Da fährt man einmal mit dem öffentlichen Aufzug, und dann gibt er den Geist auf«, fluchte der Mann vor sich hin und drückte genervt die Notruftaste. »Sie brauchen keine Angst zu haben«, wandte er sich dann mit beruhigender Stimme an Lexie. »Dieser Lift zählt zu den modernsten Sicherheitsaufzügen in ganz Frankfurt, auch wenn es im Moment nicht so aussieht.«

»Wenn Sie es sagen«, keuchte Lexie und versuchte so gut wie möglich, ihre aufsteigende Panik zu unterdrücken. »Solange es kein Remake von Speed ist und der Personenaufzug Schauplatz eines Sprengstoffattentats wird, kann ich damit leben, zumindest für kurze Zeit.«

Der Mann blickte sie mit interessiertem Schmunzeln an. »Ich bin überzeugt, dass wir nur einen Stromausfall haben und keine Dynamitstangen in der Liftverkleidung stecken. In spätestens 30 Minuten sollte der Aufzug wieder fahrtauglich sein.«

»O Gott«, stöhnte Lexie und verdrehte die Augen. »Das ist ja eine Ewigkeit.«

»Leiden Sie etwa unter Klaustrophobie?«

»Ja, leider. Und wie es aussieht, scheint meine Platzangst heute voll durchzuschlagen.« Mit der rechten Hand hielt sie die Ausgaben des Magazins so fest an sich gedrückt, dass ihr Busen durch das ausgeschnittene Tanktop nach oben gepresst wurde. Sie fühlte den musternden Blick des Mannes auf sich ruhen.

In der sicheren Überzeugung, am Wochenbeginn in eine andere Abteilung zu wechseln, war ihr heute Morgen besonders wichtig gewesen, gut auszusehen. Bereits am Vorabend hatte sie die neuen Jeans zurechtgelegt, um ihre gut geformten Beine zur Geltung zu bringen. In Kombination mit dem weißen Top unter dem kurzen, dunkelblauen Blazer und den hohen Lederstiefeletten wäre dieses Outfit bestimmt passend für den ersten Arbeitstag im Vertrieb gewesen. Bevor sie ihre Wohnung verlassen hatte, war sie noch einmal vor dem fast blinden Spiegel in der Diele stehen geblieben, und ihr kritischer Blick war in ein zufriedenes Lächeln übergegangen: Das noch nicht ganz trockene Haar hatte sich bereits zu wellen begonnen und floss ihr wie schwarz glänzendes Pech über die Schultern. Die wundervolle Haarpracht rahmte ihr blasses Gesicht mit den hohen Backenknochen und den leicht schräg gestellten Katzenaugen, die im klaren Sonnenlicht wie das blaue Gefieder eines Eisvogels leuchteten. Es unterstrich auch ihren langen Schwanenhals, der in ein reizvolles Dekolleté überging.

Nachdem der intensive Blick des Mannes jede Einzelheit ihres Körpers wie in einem Schichtröntgen durchleuchtet hatte, lächelte er sie wohlwollend an. »Ich habe Sie hier noch nie gesehen. Sind Sie etwa beim Tenor beschäftigt?«

»Ja, schon seit zwei Monaten.«

»Und in welcher Abteilung, wenn ich fragen darf?«

»Noch im Verlagsarchiv. Dort vertrete ich die Archivarin, die sich den Fuß gebrochen hat. Wenn Frau Lehnert wieder zurück ist, werde ich hoffentlich versetzt.«

»Gefällt es Ihnen denn nicht in der Gruft?«

Dass er das Archiv mit seinem Spitznamen benannte, deutete darauf hin, dass der Mann ein Insider war und zweifellos auch hier arbeitete.

»Es ist eher was für die lebenden Toten«, erwiderte Lexie trocken.

Er quittierte das mit einem weiteren amüsierten Schmunzeln. »Nach Ihrem Akzent kommen Sie aus dem süddeutschen Raum, oder?«

»Ja, ich bin in einem Kaff in der Nähe von Rosenheim zu Hause«, erwiderte sie fast ein wenig entschuldigend. »Sicherlich wird es noch ein Weilchen dauern, bis sich meine Aussprache halbwegs angepasst hat.«

»Das fände ich sehr schade. Und was hat Sie nach Frankfurt verschlagen?«

»Ich habe Publizistik studiert, und Jobs für angehende Journalisten sind in München dünn gesät.« Lexie seufzte. »Und hier beim Tenor hat sich mir die Chance geboten, meinen Berufswunsch zu verwirklichen. Da muss man schon einen Ortswechsel in Kauf nehmen.«

»Nun ja, solange Sie im Archiv arbeiten, werden Sie Ihr journalistisches Können wohl kaum unter Beweis stellen können.«

»Das sehe ich genauso«, pflichtete sie ihm bei. »Wenn Frau Lehnert zurück ist, kann ich meinen Rundflug durch die Abteilungen endlich fortsetzen. Und nach dieser Kennenlernphase habe ich dann hoffentlich das Glück, in eine Abteilung versetzt zu werden, in der ich mein Potenzial ausschöpfen kann.«

»Was schwebt Ihnen denn so vor?«

»Ich wäre gerne in der Auslandsberichterstattung tätig.«

»Da wären Sie aber nicht viel zu Hause. Ob Ihr Freund oder Mann damit wohl einverstanden ist?«

»Ich habe keinen Freund«, erwiderte Lexie etwas kleinlaut. »Und solange ich ungebunden bin, wäre dieser Job einfach perfekt für mich.«

»Soso.« Der Mann runzelte die hohe Stirn. »Soviel ich weiß, ist im Chefbüro ein Job frei geworden. Dort haben Sie zwar nicht die Möglichkeit, als Auslandsreporterin zu arbeiten, aber die Ausgangsposition wäre schon mal eine ziemlich gute. Wenn Sie wollen, kann ich beim Boss ein gutes Wort für Sie einlegen.«

»Kennen Sie denn Herrn Wolf persönlich?«, fragte Lexie erstaunt.

»Nun ja, wir sind uns nicht gerade fremd«, erwiderte er zurückhaltend.

Lexie überlegte einen kurzen Moment, schüttelte dann aber den Kopf. »Vielen Dank für Ihr Angebot. Doch ich möchte lieber den üblichen Ausbildungsverlauf absolvieren und in den Vertrieb wechseln, so wie es vorgesehen war.«

»Es sollte Ihnen aber bewusst sein, dass zwischen dem Vertrieb und der Chefetage Welten liegen. Um in diese Ausgangsposition zu kommen, kann es Jahre dauern, wenn überhaupt.«

»Dessen bin ich mir durchaus bewusst«, antwortete Lexie nüchtern. »Aber im Büro des Chefs sollen die Stühle wie Schleudersitze sein. Die Vorzimmerdamen bleiben kaum länger als ein halbes Jahr in seinem Büro. Sie stehen zwischen Wolf und seiner Chefsekretärin, und dem ist wohl keine der Damen auf Dauer gewachsen.«

»Da irren Sie sich aber gewaltig«, erwiderte der Mann. »Wolfs Assistentinnen waren einfach nicht … qualifiziert genug.«

»Ich bitte Sie. Bestimmt wissen Sie besser als ich, dass dieser Mann nun einmal eine große Schwäche für die holde Weiblichkeit hat und hübsche Frauen sein liebstes Spielzeug sind. Und wenn er sich lange genug mit einer beschäftigt hat, wirft er sie weg und holt sich eine neue, vorausgesetzt, ihr wird nicht schon vorher von dieser schrecklichen Frau Möller der Wanderstab in die Hand gedrückt. Ich bin jedenfalls kein Spielzeug und will mich nicht den Allüren einer frustrierten, zänkischen Chefsekretärin aussetzen. Mein Ziel ist es, als Journalistin ernst genommen zu werden.«

»Kennen Sie denn Hektor Wolf persönlich?«, fragte der Mann.

»Nein«, erwiderte sie plötzlich sehr zögernd.

»Wie können Sie dann über den Mann ein so rigoroses Urteil fällen?«

Lexie spürte, dass die Eisschicht unter ihren Füßen plötzlich sehr dünn wurde. Der Mann musste wirklich ein enger Mitarbeiter des Herausgebers sein, wenn er für diesen Tunichtgut so in die Bresche sprang.

»Da haben Sie natürlich recht«, lenkte sie rasch ein. »Doch an den Gerüchten muss doch etwas Wahres dran sein. Und da Vorsicht immer noch die Mutter der Porzellankiste ist, werde ich alles tun, damit Herr Wolf mich so lange wie möglich nicht bemerkt. Erst wenn ich gezeigt habe, dass ich wirklich gute Arbeit leiste, will ich ihm unter die Augen treten und …«

Mit einem plötzlichen Ruck setzte sich der Fahrstuhl wieder in Bewegung, und Lexie atmete erleichtert auf.

»Früher als erwartet«, stellte der Mann fast bedauernd fest.

Der dumpfe Gong kündigte den dritten Stock an, und keine Sekunde später öffnete sich auch schon die Tür. Lexie stieg aus und wandte sich noch einmal dem Mann zu. »Danke für die nette Plauderei. Darüber habe ich fast meine Platzangst vergessen.«

»Es war mir eine ganz besondere Freude«, erwiderte ihr Mitfahrer galant und deutete eine kurze Verbeugung an. »Wie heißen Sie eigentlich?«

»Alexandra Degen. Aber alle nennen mich Lexie.«

»Ich werde an Sie denken … Lexie.« Er lächelte sie mit vieldeutigem Blick an.

»Und wie heißen Sie?«, erwiderte sie. Doch da hatte sich die glänzende Edelstahltür bereits geschlossen, sodass er ihre Frage nicht mehr mitbekam.

Kapitel 2

Früher als erwartet war Frau Lehnert wieder in die Gruft zurückgekehrt, und Lexies Versetzung in die Vertriebsabteilung stand nun nichts mehr im Wege. Noch am Tag des Dienstantritts der Archivarin tauchte die Versetzungsmail auf Lexies Bildschirm auf. Mit entsetztem Blick starrte sie auf die Weisung des Personalbüros: Ihre Dienste wurden nicht im Vertrieb des Verlags, sondern in der Direktion verlangt.

Instinktiv musste Lexie an den attraktiven Mann aus dem Fahrstuhl denken, der ihr unbedingt den Job im Chefbüro hatte andrehen wollen. Hatte er etwa Fäden gezogen, damit sie in der Höhle des Wolfs landete?

Seit ihrem unfreiwilligen Zwischenstopp im Aufzug waren Lexies Gedanken immer wieder zu dem verschwitzten, doch unverschämt attraktiven Tennisspieler zurückgekehrt. Sie spürte immer noch seinen Radarblick, der sie bis auf die Knochen durchleuchten wollte. Selbst jetzt, Tage später, schnellte ihr Blutdruck noch immer nach oben.

Dieses aufregende Gefühl hatte sie schon lange nicht mehr verspürt, aber es ließ auch eine imaginäre Warnlampe in ihr aufleuchten. Das erste und auch letzte Mal, dass Lexie dieses aufregende Kribbeln verspürt hatte, lag mehr als sechs Jahre zurück. Damals war sie noch fast ein Teenager gewesen und hatte kurz vor dem Abitur gestanden. Völlig unverhofft hatte sie sich in den neuen Schlagzeuglehrer ihres Gymnasiums verknallt. Der Musikstudent war für Professor Riegler eingesprungen, der mit einem Herzinfarkt direkt von der Schule ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis der attraktive Aushilfslehrer ein Auge auf das hübscheste Mädchen der Schule geworfen hatte, sodass sich die beiden Hals über Kopf ineinander verliebten. Ihre geheimen Rendezvous waren für Lexie Sternstunden gewesen, und der Reiz des Verbotenen hatte sie diese Beziehung noch intensiver empfinden lassen.

Bis zum Schulschluss war sie überglücklich gewesen, doch der Beginn der Ferien hatte die schillernde Seifenblase zerplatzen lassen, und das blauäugige Mädchen war im Sturzflug auf dem harten Boden der Realität gelandet. Von einem Tag auf den anderen war der Aushilfslehrer verduftet und ließ Lexie in einem Meer der Tränen und der Wehmut zurück.

Es hatte Jahre gedauert, bis sie diesen Schock überwunden hatte. Zurückgeblieben war Verbitterung darüber, wie ein billiges Flittchen behandelt worden zu sein, dessen man sich wortlos entledigte, wenn man es nicht mehr brauchte.

Seit dieser unglücklichen Romanze hielt Lexie sicheren Abstand zu Männern. Der Tiefschlag war einfach zu schmerzhaft gewesen.

Die Erinnerungen ließen ihre Träume sofort wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. Ganz sicher war der Schönling aus dem Aufzug verheiratet, hatte vier eheliche Kinder im Schlepptau, dazu zwei außereheliche Sprösslinge, deren Alimente bestimmt schon die Playboygrenze erreicht hatten, und drei Betthäschen liefen noch nebenher, weil man sich ja sonst nichts gönnte.

In der Regel verströmten solche Prachtexemplare eine besondere Form von Nervengas, das sich absolut toxisch auf Herz und Seele auswirkte.

Kapitel 3

Das dunkelblaue Abiturkostüm passte Lexie zwar noch, aber leider war ihm im Laufe der Jahre der Schick abhandengekommen. Mit der hellblauen Bluse, den schmucklosen Pumps und dem hochgesteckten Haar fühlte sie sich wie ihre eigene Großmutter. Im unmittelbaren Umfeld des Chefs war ein Business-Casual-Dresscode erwünscht, dem sie sich beugen musste. Zumindest die nächsten 14 Tage, bis sie wieder in eine andere Abteilung versetzt wurde.

»Du schaffst das«, murmelte sie zu sich selbst und ging durch den langen Flur, in dem die einzelnen Redaktionen nur durch Glaswände voneinander getrennt waren. In jeder dieser Glaskojen saßen drei bis vier Mitarbeiter und wirkten ziemlich beschäftigt. Hier herrschte ein ganz anderes Arbeitsklima als in der Gruft, wo die Grabesstille selbst die Mäuse vertrieb. Dieses geschäftige Treiben, wo Multitasking-Fähigkeiten unabdingbar waren, war genau das, was Lexie immer schon angestrebt hatte.

Am Ende des Flurs blieb sie vor der Tür mit der goldenen Aufschrift DIREKTION stehen. Die schwarze Hochglanztür machte den Eindruck, als würde sich hier das Tor zur Verdammnis öffnen. Noch einmal atmete Lexie tief durch, ehe sie in einem kurzen Stakkato klopfte.

»Herein«, bellte eine herrische Frauenstimme durch die geschlossene Tür, sodass Lexie unwillkürlich einen Schritt zurückwich.

Frau Lehnert hatte sie vor Frau Möller gewarnt, die den Herausgeber des Tenor wie ein dreiköpfiger Höllenhund bewachte. Und wie es aussah, schien die Archivarin nicht übertrieben zu haben.

Lexie nahm all ihren Mut zusammen und trat ein. Für einen kurzen Moment hatte sie wirklich den Eindruck, einem riesigen Bullmastiff gegenüberzustehen, der sich jede Sekunde auf sie stürzen und sie zerfleischen könnte.

»Guten Morgen!«, begrüßte die berühmt-berüchtigte Chefsekretärin die Neue. Die Walküre hatte nicht nur einen riesigen Kopf, der Lexie beinahe um Haupteslänge überragte, auch ließ ihr wuchtiger Körper die neue Hilfskraft wie ein fragiles Feenwesen wirken.

»Guten Morgen«, erwiderte Lexie zaghaft. »Ich heiße Alexandra Degen und bin in die Direktion versetzt worden.«

Ohne ein Wort der Begrüßung stellte die Chefsekretärin verwundert fest: »Sie sind weder blond noch groß.«

»Stimmt leider«, erwiderte Lexie mit einem entschuldigenden Lächeln. »Die Größe kann ich durch hohe Absätze wettmachen. Doch schwarzes Haar auf Blond zu färben, hätte ein rotes Desaster zur Folge.«

Die Andeutung eines Lächelns zeichnete sich auf dem breiten Gesicht der über 50-jährigen Frau ab. Lexie fiel die mausgraue Bürstenfrisur auf; das Haar war so dicht wie das Fell eines Maulwurfs. Die maskuline Frisur unterstrich die herben Gesichtszüge, die nur wenig Schmeichelhaftes zu bieten hatten. In Kombination mit den schwarzen Hosen und dem grauen Longblazer wirkte Frau Möller eher wie ein eiskalter Bodyguard, der jederzeit bereit war, für seinen Boss zu killen, als eine attraktive Vorzimmerdame.

»Ich heiße Margarete Möller und bin die Chefsekretärin von Herrn Wolf.« Sie schüttelte die zarte Hand der neuen Mitarbeiterin so kräftig, dass Lexies Fingerknochen schmerzhaft knacksten.

»Dann werde ich Ihnen gleich einmal das Büro zeigen, in dem Sie die nächste Zeit für uns arbeiten werden.«

Mit einer so offensichtlichen Abneigung hatte Lexie nicht gerechnet. Noch hatte sie keine Ahnung, wie man auf diese Ressentiments reagieren musste. Im Grunde war das aber nicht wirklich von Bedeutung. Ihr Aufenthalt hier würde ohnehin von kurzer Dauer sein, und sie würde bestimmt keine bleibenden Schäden davontragen.

Unerwartet rasch kam auch schon der nächste Dämpfer. Der Zerberus hatte sie in einen Nebenraum des Büros geführt, der kaum größer war als eine Hutschachtel und somit ein hervorragender Nährboden für Lexies klaustrophobische Anfälle. In dieser fensterlosen Abstellkammer hatten gerade einmal ein Schreibtisch samt einem Sessel und ein Minischränkchen Platz, auf dem ein Drucker stand. Bei geschlossener Tür hätte Lexies Platzangst die besten Chancen, sich in nie geahnte Höhen aufzuschwingen.

»Hier werden Sie von nun an arbeiten, Frau Degen«, sagte die Chefsekretärin mit boshaft herausforderndem Blick. »Ansprechpartner für Herrn Wolf bin ausschließlich ich. Ihre Tätigkeit umfasst das Schreiben von Briefen, die Herr Wolf ins Diktafon zu diktieren pflegt, die Post öffnen und in die Postmappe legen, damit ich sie durchsehen und filtern kann, die Beiträge der einzelnen Redaktionen in eine Mappe einordnen, den Sitzungssaal für die Redaktionskonferenz vorbereiten, und last but not least für Besucher Kaffee kochen und den auch servieren.«

»Dafür habe ich nicht studiert«, protestierte Lexie.

»Sie wollten doch diesen Job, oder etwa nicht?«, erwiderte Frau Möller kratzbürstig. »Haben Sie wirklich angenommen, dass hier die große journalistische Herausforderung auf Sie wartet? In diesem Büro sind Sie nichts anderes als eine Hilfskraft, die mich unterstützen soll. Welche Zusatzleistungen Sie außerhalb Ihrer Dienstzeit für Herrn Wolf erbringen, ist für mich belanglos.«

Lexie musste schlucken. Diese unqualifizierte Äußerung war eine eindeutige Kampfansage. Gerade als sie zum Gegenschlag ausholen wollte, um dieses schreckliche Mannweib in die Schranken zu weisen, läutete das Telefon. Nur zu gut konnte man dem Drachen ansehen, wie sehr er es bedauerte, den Anruf annehmen zu müssen, statt dieses aufmüpfige Püppchen verbal in den Boden zu stampfen, bis nicht einmal mehr der Kopf herausschaute.

Am Telefon veränderte sich ihre streitsüchtige Physiognomie, und die harten Gesichtszüge entspannten sich plötzlich zu einem liebevollen Lächeln, das sie fast feminin wirken ließ.

»Hallo, Brigitte, schön, dass du wieder zurück bist«, säuselte sie mit weicher Stimme in den Hörer.

Während die Chefsekretärin dieser Brigitte zuhörte, ließen ihre kalten Augen Lexie keine Sekunde aus den Augen.

»Ja, Frau Degen ist gerade in mein Büro gekommen«, erwiderte Frau Möller nun ziemlich kühl.

Schweigend hörte sie der Frau am anderen Ende der Leitung zu, und ihre bedrohlichen Gesichtszüge begannen sich langsam zu entspannen.

»Für diese Info bin ich dir sehr dankbar«, erwiderte sie. »Du kannst mir dann mehr beim Mittagstisch erzählen, meine Liebe. Augenblicklich habe ich keine Zeit.«

Als sie das Gespräch beendet hatte, klatschte sie aufmunternd in ihre riesigen Pranken, sodass Lexie ein weiteres Mal erschrocken zusammenzuckte. Frau Möller wirkte plötzlich wesentlich freundlicher und entgegenkommender, was sie auch gleich ein wenig hübscher machte, soweit dies überhaupt möglich war. Lächelnd kam sie auf Lexie zu und reichte ihr nochmals die Hand, aber dieses Mal schüttelte sie sie nicht ganz so kräftig und legte wohlwollend ihre andere Hand darüber.

»Meine liebe Frau Degen, leider hatten wir einen schlechten Start. Unser Gruftpüppchen, die im Übrigen meine beste Freundin ist, hat Klarheit in die Situation gebracht und mir gesagt, dass es gar nicht Ihr Wunsch war, in die Direktion versetzt zu werden. Für Sie bin ich natürlich Maggie.« Sie lächelte Lexie an.

»Es freut mich sehr … Maggie.« Lexie war durch diese 180-Grad-Wende ziemlich verwirrt. »Es wäre schön, wenn Sie mich Lexie nennen würden.«

»Lexie«, sagte Maggie mit einer Herzlichkeit, die man dieser Schreckschraube niemals zugetraut hätte. »Gerade habe ich erfahren, dass Sie ein richtiges Goldstück waren und alle Ausgaben unseres Magazins im neuen Management-System katalogisiert haben.«

»Nun ja, viel anderes gab es im Archiv ja nicht zu tun«, erwiderte Lexie zurückhaltend.

»Nicht so bescheiden, meine Liebe. Es ist Ihr Verdienst, dass die Redakteure die Beiträge und Reportagen in den unzähligen Ausgaben jetzt per Knopfdruck finden und sich nicht mehr stundenlang durch die verstaubten Journale wühlen müssen.«

Aus diesem Blickwinkel hatte Lexie es noch gar nicht betrachtet, und Maggies Feststellung löste in ihr ein angenehmes Feedback aus.

»Brigitte meinte, Sie brauchen unbedingt eine Verbündete, die Sie vor dem bösen Wolf beschützt.«

»Vielen Dank. Aber ich glaube, dass ich schon sehr gut auf mich selbst aufpassen kann.«

»Sagen Sie das nicht, Kindchen.« Maggie schüttelte den mächtigen Kopf und öffnete den zweiten Teil der Flügeltür, der in die Hutschachtel führte.

»Helfen Sie mir bitte mit dem Schreibtisch«, forderte sie ihre neue Kollegin auf.

»Wohin soll er denn?«, fragte Lexie verwirrt und hob ihn auf der anderen Seite hoch.

»Natürlich in mein Büro, wo er vis-à-vis von meinem Schreibtisch stehen soll. Das hier ist ja nur die Besenkammer, in der ich Sie keinesfalls verrotten lassen will.« Sie zwinkerte verschmitzt. »Jede Blume braucht Licht, besonders dann, wenn sie so schön blüht wie Sie.«

Kaum waren die beiden Frauen mit der Umgruppierung der Büromöbel fertig, ertönte ein Signal aus der Telefonanlage.

»Guten Morgen, Maggie.« Eine männliche Stimme erfüllte das Sekretariat. »Ich hoffe, Sie hatten ein schönes Wochenende.«

»So wie immer, Herr Wolf«, antwortete die Chefsekretärin belanglos.

»Sind die Wahlergebnisse der Landtagswahlen aus Niedersachsen und die Stellungnahmen der Politiker schon in einem Bericht verfasst?«

»Ja, der fertige Beitrag liegt in dem grünen Umschlag neben Ihrer Postmappe.«

»Sehr gut«, erwiderte Wolf zufrieden. »Wer von der Kulturredaktion ist bei der Eröffnung der Buchmesse vor Ort?«

»Bernd Karlowksy hat sich vor einer halben Stunde zur Eröffnung und Pressekonferenz auf den Weg gemacht. Frau Weiß ist schon seit sechs Uhr morgens dort und hat den Messestand mithilfe einiger unserer Hausarbeiter aufgebaut. Die beiden betreuen auch den Stand während der Messe«, informierte sie den Boss. »Karlowsky will wissen, wann Sie kommen.«

»Kann ich jetzt noch nicht sagen. Jedenfalls will ich dem ersten Run entgehen und erst später dazustoßen«, antwortete die Stimme am anderen Ende der Leitung. »Welche Termine habe ich heute?«

»Um 10.30 Uhr sind Sie bei einem Meeting der Deutschen Presseagentur in Köln. Im Anschluss gibt es ein gemeinsames Mittagessen der Teilnehmer. Um 15 Uhr findet die Enquete Wachstum, Wohlstand und Lebensqualität in Deutschland im Radisson Blue statt. Um 17 Uhr haben Sie hier im Büro einen Termin mit dem Leiter des Jüdischen Museums. Um 18 Uhr ist für Sie ein Friseurtermin vereinbart, sodass Sie danach noch in Ihr Appartement fahren können, um sich für das Abendessen um 20.30 Uhr mit den Herren Häußler und Kern bei Ihrem Lieblingsitaliener frisch zu machen, für das ich bereits einen Tisch bestellt habe.«

»Gut, das Mittagessen lasse ich sausen. An der Enquete soll in meiner Vertretung Leo Kretschmer oder Sabine Baltow teilnehmen, damit ich auf der Buchmesse etwas mehr Zeit habe, ehe mir der Direktor des Jüdischen Museums mit seinen Wünschen in den Ohren liegt.«

»Geht es dabei noch immer um die Reportage über den auflebenden Rechtsextremismus in Deutschland?«

»Genau die«, seufzte die Stimme etwas verdrossen. »Haben wir nach dem Zyklus Philosophie der Erotik schon eine andere Fortsetzungsreihe geplant?«

»Nach dieser Abfolge fallen wir bereits ins nächste Jahr hinein, wo der Klimawandel als vierteilige Fortsetzungsreihe auf dem Programm steht und natürlich die aktuellen Diäten nach den kalorienintensiven Feiertagen«, sagte Maggie und blätterte in ihrem Onlinekalender. »Es liegen auch schon die Termine für die kommenden Fashion Weeks vor. Den Beginn macht im Januar Berlin mit den Herbst-Winter-Kollektionen von Tommy Hilfiger, Alexander Wang, Calvin Klein und Marchesa. Danach folgen die in New York, London, Mailand und Paris. Es wäre günstig, wenn Sie jetzt schon entscheiden könnten, wer an welcher Fashion Week teilnimmt, sonst haben wir dieselben Streitereien wie im letzten Herbst.«

»Da haben Sie völlig recht, und ich werde darüber nachdenken«, sagte Wolf. »Und was bringen wir in der Dezember-Ausgabe?«

»Neben den aktuellen Tagesthemen die üblichen Standards vor Weihnachten wie Punsch- und Kochrezepte, Dekorationsideen und Tränendrückergeschichten.«

»Fragen Sie Kellermann, ob man im Dezember vielleicht noch im Feuilleton den Beitrag über den Rechtsextremismus in Deutschland bringen kann.«

»Wird erledigt«, sagte Maggie und stenografierte mit ein paar Strichen die Anordnung auf ihre Schreibunterlage.

Einen Moment lang herrschte Stille, bis er etwas unwillig fragte: »Können Sie mir sagen, wieso wir die Termine nicht in meinem Büro checken?«

»Sie haben mich nicht zu sich gebeten.«

»Ich bitte Sie, Maggie, manchmal sind Sie zickig wie eine alte Jungfrau«, antwortete Wolf. »Sie wissen doch, dass nur Sie meine einzig wahre Geliebte sind und das alleinige Recht haben, unangekündigt mein Büro zu betreten.«

»Aber auch nur deshalb, weil ich Ihren Terminkalender für die nächsten sechs Monate von vorne bis hinten auswendig kenne, weil ich Ihre Anzüge und Hemden in die Reinigung bringe und abhole, Ihre halbjährlichen Zahnarzttermine checke, Ihr Online-Banking erledige und nicht zuletzt den Geburtstag Ihrer Mutter nicht vergesse.«

»Wären das nicht schon genug Gründe, wieso Sie meinem Herzen am nächsten stehen sollten?«

Genervt verdrehte Maggie die beinahe wimpernlosen Augen. Lexie hatte das untrügliche Gefühl, dass die beiden sich sehr nahestanden, obwohl sie sich gegenseitig piesackten.

»Also kommen Sie endlich herein und bringen Sie meinen Kaffee mit.«

»Darf ich Ihnen bei dieser Gelegenheit gleich unsere neue Mitarbeiterin, Frau Degen, vorstellen?«

»Oh, ist sie etwa schon da?«

»Ja, Frau Degen ist gerade eingetroffen.«

»Wunderbar«, tönte es zufrieden durch die Gegensprechanlage. »Dann herein mit ihr.«

Maggie zwinkerte Lexie aufmunternd zu, klemmte ihr iPad unter den Arm und nahm die Tasse schwarzen Kaffees, der auf ihrem Tisch stand.

»Der Kaffee ist ja schon eiskalt«, stellte Lexie verwundert fest.

»Das fällt ihm nicht auf«, erwiderte Maggie ohne jegliche Gemütsregung und öffnete die gepolsterte Tür ins Chefzimmer.

Das riesige Büro des Verlegers war äußerst geschmackvoll eingerichtet. Die dunkelgrauen und mit Edelstahl verbrämten Büromöbel hoben sich von dem hellgrauen Granitboden in angenehm dezenter Weise ab und verliehen dem Raum eine nüchtern-schlichte Eleganz.

Vor der durchgehenden Fensterfront stand ein einfacher Schreibtisch, der wie ein Tapeziertisch aussah, nur dass er mit der langen Glasplatte und den gekreuzten Metallbeinen um einiges teurer gewesen sein dürfte. Hinter ihm saß ein schlanker, groß gewachsener Mann in einem schwarzen Lederstuhl und sah den beiden Frauen interessiert entgegen.

Das gleißende Licht dieses sonnigen Herbsttages blendete Lexie. Nachdem sich ihre Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten und sie wieder klaren Blickes war, ließ das pure Entsetzen sie im Schritt verharren.

Der Herausgeber des Magazins war niemand anderer als der verschwitzte Schönling aus dem Aufzug, der jetzt einen perfekt sitzenden Designeranzug trug, gewaschenes Haar hatte, rasiert war und angenehm nach herbem Aftershave roch. In diesem Business-Outfit erkannte Lexie den Verleger nun auch von verschiedenen Fotografien wieder, die an den Wänden der Redaktionen hingen.

Wolf erhob sich und blickte Lexie amüsiert entgegen. Ihre zitternden Knie wollten ihr nur sehr widerwillig gehorchen.

»Darf ich Ihnen Frau Alexandra Degen vorstellen?«, fragte Maggie, der der Schock der neuen Mitarbeiterin nicht entgangen war.

»Liebe Maggie, das ist nicht nötig. Wir kennen uns bereits.« Wolf schmunzelte und drückte die Hand der neuen Assistentin. Unwillkürlich tauchte vor Lexies innerem Auge das Aufzugsszenario auf, in dem sie ihren Boss mehr oder weniger als schwanzgesteuerten Hurenbock bezeichnet hatte. Jetzt konnte sie nur noch hoffen, dass Wolf unter vorzeitigem Alzheimer litt und diesen Teil des Gesprächs vergessen hatte.

»Aber im Aufzug sagten Sie doch, dass Sie Herrn Wolf nur … kennen«, stotterte Lexie. Sie wollte vor Scham fast vergehen.

»Ich sagte, dass er mir nicht fremd ist. Sie haben mich aber nicht gefragt, ob ich Hektor Wolf bin«, korrigierte er sie mit verschmitztem Lächeln und wandte sich dann seiner Sekretärin zu.

»Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihnen zu erzählen, wie ich Frau Degen im stecken gebliebenen Aufzug kennengelernt und einen ziemlich guten Eindruck von unserer neuen Mitarbeiterin gewonnen habe. Dabei kam mir der geniale Gedanke, dass Frau Degen ein absoluter Gewinn für unser Büro wäre. Finden Sie nicht auch, Maggie?«

»In der Tat«, erwiderte die Sekretärin kühl. »Soweit mich Frau Lehnert informiert hat, ist Frau Degen eine sehr intelligente und fleißige Kollegin, die es verdient, respektiert und mit Hochachtung behandelt zu werden.«

Dieser Wink mit dem Zaunpfahl war bei Wolf angekommen, und mit einem amüsierten Lächeln erwiderte er: »Natürlich werde ich mich von meiner besten Seite zeigen, da Lexie – ich darf Sie doch hoffentlich noch immer so nennen? – einen ziemlich schlechten Eindruck von mir bekommen hat. Das muss ich auf jeden Fall wieder ins rechte Licht rücken.«

»Von welchem Licht sprechen Sie, Herr Wolf?«, fragte Maggie. »Etwa vom Licht der Erleuchtung, dass eine schöne Frau auch tüchtig sein kann?«

»Nun ja, an dieses Licht habe ich zwar nicht gedacht, aber wer weiß, vielleicht offenbart mir unsere neue Kollegin eine völlig neue Perspektive«, antwortete Wolf und grinste provokant auf Lexie herab. Diese eindeutige Zweideutigkeit lief ihr eiskalt über den Rücken, während ihr Gesicht die Farbe einer Purpurschnecke annahm.

»Vielleicht sollten Sie mich zum Meeting der Deutschen Presseagentur nach Köln begleiten. Für eine angehende Journalistin können solche Zusammenkünfte sehr aufschlussreich sein«, überlegte Wolf. Diese Erwägung verursachte in Lexie gleich eine weitere Herzrhythmusstörung, die sie instinktiv nach Luft schnappen ließ. Hilfe suchend blieb ihr Blick an Maggie hängen, die auch prompt reagierte.

»Herr Wolf, das wird leider nicht möglich sein«, wehrte sie ab. »Frau Degen muss heute noch im Sicherheitsbüro den Ausweis für die Chefetage anfordern. Ohne den kommt sie morgen nicht ins Büro. Außerdem sollten Sie ihr etwas Zeit geben, sich einzugewöhnen.«

»Da haben Sie bestimmt recht.« Wolf schüttete sich den kalten Kaffee, ohne mit der Wimper zu zucken, in einem Zug in den Rachen. »Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Es wird sich bestimmt ein anderes Mal die Möglichkeit ergeben, Ihnen Einblicke in die weitreichende Arbeitswelt eines Journalisten zu gewähren.«

Demonstrativ blickte seine Sekretärin auf die Uhr. »Sie sollten sich langsam auf den Weg machen, wenn Sie pünktlich sein wollen. Mit dem Frühverkehr müssen Sie mindestens 30 Minuten mehr einplanen.«

Schicksalsergeben sah Wolf nun selbst auf die Uhr. »Ist in meinem Wagen genug Benzin?«

»Natürlich«, antwortete Maggie ganz selbstverständlich. »Ich habe ihn gestern noch volltanken und waschen lassen.«

»Wo sind denn meine Schlüssel?«, fragte Wolf und begann, in seinen Taschen zu kramen.

»In Ihrer linken Sakkotasche, dort, wo sie immer sind«, setzte Maggie seiner Suche ein Ende.

»Was würde ich bloß ohne Sie machen?« Wolf lächelte sie erleichtert an und zog tatsächlich seine Schlüssel aus der Anzugtasche.

»Vielleicht selbstständig werden?«

Ohne seine Antwort abzuwarten, winkte Maggie der neuen Hilfsassistentin zu, ihr zu folgen.

Lexie verschwand mit Wolfs zweitem Gehirn aus dem Büro.

Kapitel 4

Die Frankfurter Buchmesse war nicht nur das bedeutendste Event der Stadt; dieses Forum war auch das Zentrum der internationalen Medienwelt und ein kulturelles Großereignis. Nirgendwo zeigte sich die Publishing- und Medienbranche vielfältiger und innovativer als an diesem Handelsplatz, wo Schwerpunkte und Richtlinien im Medien- und Kulturbereich gesetzt wurden, und alles, was Rang und Namen hatte, fand sich in diesen fünf Tagen im Oktober auf dem Frankfurter Messegelände ein.

Bei diesem Erfahrungsaustausch, dem Knüpfen von Kontakten und Anbahnen von Geschäften durfte der Herausgeber eines der bedeutendsten Magazine Deutschlands keinesfalls fehlen. Auch wenn Wolf am Eröffnungstag dieser internationalen Großveranstaltung nicht sehr präsent gewesen war, er holte es die restlichen vier Tage nach.

In dieser Zeit war er kaum im Büro anzutreffen. Wenn er jedoch auftauchte, signalisierte er Lexie sein unverhohlenes Interesse. Gott sei Dank war Maggie da, die immer ein Auge auf sie hielt. Wenn sie merkte, dass sich Lexie durch Wolfs allzu reges Interesse zu sehr in die Enge gedrängt fühlte, fuhr sie wie ein Panzer dazwischen und bombardierte ihren Chef mit einem Sperrfeuer von Fragen, Informationen und Neuigkeiten, sodass seine Gedanken schnell wieder auf andere Ebenen gelenkt wurden. Dafür war Lexie der Chefsekretärin sehr dankbar, denn zu wirklich verfänglichen Situationen kam es nicht.

Obwohl der Boss nicht im Verlag war, hatten die beiden Damen alle Hände voll zu tun. Ständig rief er an und gab Maggie Anweisungen, verlangte Zahlen oder Statistiken oder Recherchen und Beiträge, die das Magazin vor Jahren schon gebracht hatte und die nun aus irgendwelchen Gründen wieder von Belang waren.

Maggies Schreibtischunterlage war ein riesiger Papierblock, auf den sie seine telefonischen Anweisungen blitzschnell stenografierte. Jede Direktive fasste sie in Sprechblasen zusammen, um sie nach dem Ende des Telefonats abzuarbeiten und nach Erledigung durchzustreichen. Am Ende des Tages war das riesige Blatt voll mit durchgestrichenen Rechtecken, Quadraten und Kreisen.

Schon nach kürzester Zeit waren die beiden Frauen aufeinander eingespielt. Maggie gab alle Aufträge, die Lexie ohne großes Insider-Wissen bewältigen konnte, an sie weiter. Schon bald konnte Lexie sich ein Bild machen, wie vielfältig die Arbeit in einem Zeitungsverlag war und wie rasch die Dinge erledigt werden mussten, um am Ball zu bleiben. Was heute noch von Wichtigkeit war, war morgen schon Schnee von gestern.

Langsam begann Lexie zu verstehen, wieso Wolf die Chefsekretärin seine einzig wahre Geliebte nannte. Ohne ihre Mithilfe und ihr vorausdenkendes Handeln in fast allen Bereichen seines Lebens hätte Wolf ein echtes Problem gehabt. Sie war eindeutig die Sekretärin, die sich jeder wünschte, die aber nur die wenigsten im Vorzimmer sitzen hatten. Wäre die Chefsekretärin nur ein kleines bisschen hübscher gewesen, hätte Maggie bestimmt die vollen 100 Prozent eingeheimst, die für eine Vorzimmerdame zu vergeben waren.

Am späten Freitagnachmittag war die Arbeit auch für die beiden so weit erledigt, dass sie endlich ins Wochenende starten konnten. Während Lexie ihren Rechner herunterfuhr, strich Maggie noch die vollgekritzelten Post-its glatt, die Wolf bei seiner letzten Kurzvisite zerknüllt aus der Hosentasche gezogen und ihr zum Erledigen auf den Schreibtisch geknallt hatte. Im sicheren Wissen, heute niemanden mehr zu erreichen, stapelte Maggie die gelben Notizzettel zu einem kleinen Stoß, den sie gleich Montagmorgen abarbeiten wollte.

»Sie waren mir wirklich eine große Hilfe«, sagte sie dankbar, während sie mit einem müden Lächeln die Post-its in ihre Schreibtischlade einschloss. »Unser Halbgott scheint völlig zu vergessen, dass ich Mitte 50 bin, während die Wünsche und Forderungen Seiner Herrlichkeit die Energie einer 20-Jährigen erfordern. Ohne Ihre Unterstützung wäre ich die letzten Tage bestimmt Amok gelaufen.«

Erst jetzt fiel Lexie auf, dass Maggie dunkle Ringe unter den kleinen, runden Augen hatte. Feierabend war normalerweise um sechs Uhr abends. Da steckte Wolfs Sekretärin aber oft noch voll in ihrer Arbeit. In der Regel verließ sie erst weit nach acht den Verlag und war am nächsten Morgen schon vor acht Uhr wieder im Büro.

»Das war doch selbstverständlich.« Lexie freute sich über Maggies Dankbarkeit. »Die paar Tage, die ich jetzt noch da bin, bin ich gerne bereit, Ihnen so weit wie möglich unter die Arme zu greifen.«

Verwirrt blickte Maggie zu Lexie hinüber. »Was verstehen Sie unter ein paar Tage?«

»Nun ja, Sie wissen doch, dass ich alle 14 Tage in eine andere Abteilung versetzt werde, um die Struktur des Verlags kennenzulernen.«

Mit einem bedauernden Kopfschütteln lächelte Maggie. »Kindchen, wenn der Boss Sie hier haben will, dann liegt es an ihm, wann und ob Sie überhaupt noch versetzt werden.«

»Aber ich habe doch fest mit dieser Versetzung gerechnet.« Lexie war wie vor den Kopf gestoßen.

»Hier können Sie nur mit einem rechnen: dass er Sie flachlegen will.«

Das bestätigte Lexies Befürchtung.

»Darf ich Sie etwas fragen, Maggie?«

»Klar, raus mit der Sprache.«

»Stimmt es wirklich, dass dieser Job hier ein Schleudersitz ist und meine Vorgängerinnen niemals länger als ein halbes Jahr darauf saßen?«

Nachdenklich lehnte sich Maggie in ihrem Stuhl zurück. »Wie das mit Gerüchten oft der Fall ist, entsprechen auch die leider in vielem der Wahrheit.«

»Und was ist die Wahrheit?«

»Nun ja, wenn eine seiner Auserwählten im Verlag arbeitete, holte Wolf sie nicht nur aus reiner Bequemlichkeit in sein Vorzimmer, sondern auch deshalb, um dem Tratsch im Verlag vorzubeugen. Nur sehr wenige dieser Kandidatinnen haben das verlockende Angebot ausgeschlagen. Zudem sahen viele der ungebundenen Ladys in ihm ein potenzielles Heiratsopfer und wollten ihm nur zu gern das goldene Fangeisen an den Ringfinger werfen. Auf solche Besitzansprüche reagiert der Boss allerdings ziemlich allergisch. Meist waren diese Liebchen dann schneller verduftet als ein Furz im Wind. Aber grundsätzlich wird unser Don Juan seiner Herzensdamen ziemlich schnell überdrüssig. Nicht nur einmal war ich damit beschäftigt, im Haus einen Job für eine abservierte Kurzzeitgeliebte zu finden, ziemlich weit weg von der Chefetage.«

»Das ist doch reinster Sexismus«, empörte sich Lexie.

»Wenn Sie es so sehen wollen, dann ja. Der Gute hatte deshalb auch eine Menge Arbeitsgerichtsprozesse und Anzeigen wegen sexueller Belästigung am Hals. Die meisten hat er verloren, und er musste die Damen finanziell abfinden oder wieder im Verlag beschäftigen.«

»Und wieso lassen sich die Frauen trotzdem auf diesen Schwerenöter ein?«

»Weil jede glaubte, etwas Besonderes zu sein. Doch für Wolf waren die Schnecken nichts anderes als eine wunderschöne Nebensache.«

»Und wieso fährt er jetzt ausgerechnet auf mich ab? Ich will doch nur eine Chance, ihm mein Talent zu beweisen. Für Männer ist in meinem Leben absolut kein Platz. Und wenn, dann wäre Wolf ganz sicher der Letzte, den ich ranlassen würde.«

»Gerade das will er ja ändern.« Maggie schmunzelte und fuhr nun auch ihren Rechner herunter. »Sie sind für ihn auf jeder Ebene eine Herausforderung.«

»Und was heißt das im Klartext?«

»Wolf steht vorzugsweise auf große Blondinen mit einer ordentlichen Portion Sex-Appeal, so wie es Anna Nicole Smith einst war. Nun ja, vielleicht nicht ganz so trashig, aber doch so, dass ihre Vorzüge ganz offensichtlich im Vordergrund stehen und ein Mann sofort weiß, was er zu erwarten hat. Jedenfalls fokussiert er sich auf Damen mit einem leicht ordinären Touch. Sie hingegen sind eine klassisch schöne Frau, die mit diesen Sexbomben nicht zu vergleichen ist.« Maggie sagte das so nüchtern, als würde sie die Vorzüge einer Waschmaschine mit eingebauter Trocknerfunktion beschreiben. »Nicht nur passen Sie kaum in sein Beuteschema, seine Avancen prallen an Ihnen auch ab wie der Regen an einem Schirm. Das heizt seinen Jagdtrieb noch mehr an. Dieser ausgefuchste Windbeutel wird ganz sicher nichts unversucht lassen, Sie zumindest einmal zu besteigen, um sein Ego zu befriedigen.«

»So weit werde ich es niemals kommen lassen!«, schwor Lexie.

»Ihr Wort in Gottes Ohr.« Maggie seufzte. »Wenn er auch in vielem ein Chaot ist, so weiß er doch ganz genau, wie er es anstellen muss, seine Wünsche Wirklichkeit werden zu lassen.«

»Da wird er bei mir ganz sicher den Kürzeren ziehen.«

»Kindchen, Sie haben ja absolut keine Ahnung von seinem Einfallsreichtum.«

»Und was soll ich jetzt tun? Ich habe fest damit gerechnet, in einer Woche wieder versetzt zu werden.«

»Hmm, guter Rat ist da wirklich teuer«, überlegte die Chefsekretärin. »So ein Problem hatte ich bisher noch nicht.«

»Aber es muss doch eine Möglichkeit geben, seinen Avancen zu entgehen, ohne mich gleich ins Abseits zu katapultieren.«

»Ich schätze, dass Sie etwa drei Wochen haben. Das aber nur dann, wenn Sie es geschickt anstellen und ich Ihnen dabei ein bisschen unter die Arme greife. Jedenfalls muss es Ihnen irgendwie gelingen, Wolf von Ihrem journalistischen Talent zu überzeugen. Sein halbwegs gesunder Menschenverstand sagt ihm, dass er auf gute Kräfte nicht verzichten kann, auch wenn Sie ihn nicht an Ihr Höschen lassen.«

»Wie soll ich das anstellen, wenn ich keine Möglichkeit habe, mein Können unter Beweis zu stellen?«

»Trotz meiner langjährigen Erfahrung kann ich Ihnen leider nur ein paar mickrige Tipps geben, wie Sie ihn vielleicht überzeugen können.«

»Und wenn ich das nicht schaffe, dann habe ich sozusagen die Arschkarte gezogen.«

»Jedenfalls hätten Sie noch immer die Option einer Spielzeitverlängerung, wenn Sie mit ihm in die Kiste steigen. In dieser Zeit können Sie sich dann einen neuen Job suchen oder ihn so weit bringen, dass er Ihnen die Möglichkeit gibt, sich zu profilieren.«

»Also eine Mission Impossible«, murmelte Lexie frustriert.

»Kopf hoch, Mädchen. Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Es gibt für alles eine Lösung, denn manchmal geht der Zufall Wege, da kommt die Absicht gar nicht hin.«

»Maggie, wie haben Sie es denn geschafft, sich so lange im Sattel zu halten?« Die Worte waren Lexie schneller aus dem Mund gesprudelt, als sie denken konnte. »Sorry, das wollte ich so nicht sagen.«

Ein amüsiertes Lächeln huschte über die schmalen Lippen der Chefsekretärin. »Ihnen müsste doch auf den ersten Blick aufgefallen sein, dass ich nicht der Wunschtraum, sondern der Albtraum jedes Mannes bin«, gab Maggie frei von der Seele zu. »In mir sieht Wolf keines seiner Liebchen, sondern das Wesen, das bereits für seinen Vater gearbeitet hat und ihn als Rotznase schon kannte, als ihm noch die Scheiße aus den Windeln quoll. Ich gehöre sozusagen zum Urgestein des Verlags. Für Wolf bin ich das Mädchen für alles, das ihm das Leben leichter macht.«

»So lange arbeiten Sie schon für den Verlag?«

Mit einem versonnenen Lächeln schüttelte Maggie den mächtigen Kopf. »Ja, manchmal kann ich es selbst kaum glauben.«

Kapitel 5

Mit diesen nicht gerade rosigen Zukunftsprognosen zog sich Lexie ins Wochenende zurück, das so gut wie keine Highlights bieten würde. Den ganzen Samstag über fuhr sie von einer Wohnungsbesichtigung zur nächsten, doch eine günstige Wohnung im unmittelbaren Umfeld des Verlags zu finden, glich der Quadratur des Kreises. Ihr Portemonnaie war aus reinstem Zwiebelleder gearbeitet: Wenn sie hineinblickte, trieb es ihr die Tränen in die Augen. Und jene Wohnungen, die sie sich hätte leisten können, mussten erst einmal renoviert werden, um darin halbwegs menschenwürdig zu leben. Die Zeit drängte aber. Genauso wie bei dem Problem mit Wolf musste Lexie spätestens in zwei Wochen Erfolg gehabt haben. Das ließ den Boden unter ihren Füßen langsam heiß werden.

Müde und frustriert kehrte sie am Abend von einer weiteren erfolglosen Wohnungsbesichtigung zurück. Keines der Appartements entsprach auch nur annähernd ihren Vorstellungen, sodass sie morgen früh gleich wieder das Internet durchforsten musste, um vielleicht doch etwas halbwegs Akzeptables zu finden.

Während die Tiefkühl-Lasagne in der Mikrowelle auftaute, fuhr sie ihren Laptop hoch. Was gab es Schöneres für eine alleinstehende Frau Mitte 20, als am Samstagabend einsam und verlassen vor einer aufgewärmten Lasagne zu sitzen und sich mit dem tristen Gedanken herumzuschlagen, unter welcher Mainbrücke sie in wenigen Tagen ihre Zelte aufschlagen sollte und welches Arbeitsamt wohl für einen gekündigten Zeitungsfritzen zuständig war, von dem es noch keinen einzigen veröffentlichten Artikel gab?

So trübselig hatte sich Lexie das Leben in Frankfurt ganz bestimmt nicht vorgestellt. Momentan passte einfach gar nichts.

Niedergeschlagen loggte sie sich in das Chatforum ein, in dem sie aktives Mitglied war. Auf keinen Fall wollte sie ihre Englisch-Kenntnisse einrosten lassen. Besonders für eine Journalistin, die im Ausland arbeiten wollte, war gutes Englisch unabdingbar. Deshalb korrespondierte sie regelmäßig mit einer Lehrerin aus Wales und einem pensionierten kanadischen Forstwirt, um nicht aus der Übung zu kommen.

Um ihrem Weltschmerz noch ein kleines Häubchen aufzusetzen, war keiner ihrer beiden Gesprächspartner online. Wieso sollten sie auch? Es war Wochenende, wo die Menschen Besseres zu tun hatten, als auf eine einsame Außenseiterin aus einer deutschen Großstadt zu warten.

Gerade als sie das Chatforum wieder schließen wollte, ging ein Fenster auf, in dem in deutscher Sprache stand: Guten Abend, einsames Herz! Hast du Lust, dich mit mir zu unterhalten?

Lexies Hoffnungen, heute Abend ihre Sprachkenntnisse etwas aufzupolieren, waren nun endgültig dahin. Auf keinen Fall war das mit einem User möglich, der sich Schattentänzer nannte.

»In der Not frisst der Teufel Fliegen«, murmelte sie und schrieb nicht gerade begeistert zurück: Klar doch! Wie war dein Tag, Schattentänzer?

Die Antwort kam umgehend.

Gab schon bessere. Allein an einem Samstagabend vor dem PC zu sitzen, ist nicht die Erfüllung meiner Träume.

Mit einem bitteren Lächeln setzte Lexie zum Schreiben an.