Das große Lise-Gast-Buch - Lise Gast - E-Book

Das große Lise-Gast-Buch E-Book

Lise Gast

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Beschreibung

Dieses Buch entstand zum 70. Geburtstag der bekannten Autorin Lise Gast. Ganz unabhängig davon welche Geschichten sie erzählte, sei es nun über einen Waschbären oder ihre geliebten Pferd, über eine Fahrt im Vierspännerschlitten oder die Gedanken von Kindern, sie bleibt ihr eigenen schönen Erzählweise treu. Darüber hinaus kommen auch drei ihrer Töchter mit ihren Geschichten oder Erzählungen über die Mutter zu Wort und ergänzen den Sammelband dabei auf wundervolle Weise.-

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Lise Gast

Das große Lise-Gast-Buch

Bilder von Ingeborg Haun

Loewes Verlag

Saga

Das große Lise-Gast-BuchCopyright © 1978, 2019 Lise Gast und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788711508770

1. Ebook-Auflage, 2019 Format: EPUB 2.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach

Absprache mit SAGA Egmont gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk – a part of Egmont www.egmont.com

Reiterlied

Ein rotes Hemd und eine Bux

Aus abgeschabtem Leder,

So sitz’ ich auf dem schlanken Fuchs,

Und neben mir springt hoch der Lux,

Mein schwarzer Mischmaschköter.

Die Mütze hat mir weggeweht

Ein frischer Wind aus Osten;

Er bläst, daß mir der Haarschopf steht,

Wenn es im Trabe feldwärts geht,

Die Frühlingsluft zu kosten.

Der letzte Schnee liegt schmutzigweiß

Noch in den braunen Gräben,

Doch Pferd und Hund und Reiter weiß:

Der Frühling ist schon auf der Reis’,

Der Frühling und das Leben!

Ein Eselchen wird geboren

Erste Sonne, Tau, Düfte von allen Seiten, Kühle – ein Morgen, wie er nicht schöner sein kann. Ich hatte Besuch von einer mir sehr lieben Schwägerin, der Schwester meines Mannes, mit der ich von ihm sprechen kann, was ich mir immer so heiß wünsche. Ein „Weißt-du-noch“ nach dem andern kommt dann zutage, das geliebte alte Pfarrhaus in Sachsen, in dem er geboren ist, der große Garten, die alten Linden, der Friedhof gleich daneben, die kleine Kirche, in die wir zum Erntedankfest Obst und Gemüse schleppten, die langen, wunderbaren Radtouren... Ich freute mich schon auf das Frühstück mit diesem Besuch, wollte aber zuerst noch nach den Pferden sehen, die die Nacht auf der Waldwiese im elektrischen Zaun verbracht hatten und nun heimgeholt werden konnten. Der Tisch auf der Veranda war schon gedeckt und die Kaffeemaschine in Gang. Hoffentlich war keins der Pferde ausgerückt!

Sie waren noch alle innerhalb des Zauns. Aber außerhalb dieses Zauns, am Waldrand, entdeckte ich jemanden, der sich davongemacht hatte, Richtung Ponyhof, wohl weil dort Heimat und Geborgenheit warteten: unsere Eselin Schnütchen. Sie stand da und sah zu mir herüber, und dann legte sie sich hin.

Bei mir schlug es blitzartig ein: Sie fohlt! Ich rannte zurück, um Steffi zu holen, und bewunderte wieder einmal die Ruhe und Umsicht meiner jüngsten Tochter: Sie regte sich, im Gegensatz zu mir, überhaupt nicht auf, sondern ergriff das Fläschchen mit dem Holzteer, den Nagelknipser, den Filmapparat und rief nach Moritz, demjenigen ihrer kleinen Söhne, der zur Zeit als einziger zu Hause war. „Komm, heute kannst du was Wunderbares erleben!“

Ich rannte los. Steffi machte lange Schritte und hielt damit mein Tempo, ohne außer Atem zu geraten, während ich vor Aufregung schon keine Luft mehr bekam. Wir knieten am Waldrand neben Schnütchen nieder, und Steffi knipste sich in aller Seelenruhe die Fingernägel kurz, um helfen zu können desinfizierte sich die Hände, griff zu...

Moritz und ich hielten den Atem an. Jetzt – jetzt – jetzt – die Eselin lag auf der Seite, hob ein wenig das eine Hinterbein an – zwei kleine Hüfchen schoben sich zwischen ihren Schenkeln hervor, daraufgedrückt eine winzige Schnauze. Steffi hatte den Filmapparat in Stellung gebracht, schon lange war es ihr Wunsch, einmal eine Fohlengeburt zu filmen. Ich sah wie gebannt auf das sich entwickelnde Eselkind, da hörte ich meine Tochter ärgerlich schnaufen.

„Kein Film drin, so ein Pech“, murrte sie und legte die Kamera weg. Und dann griff sie vorsichtig und mit geschickten Händen zu.

Es ist ein Wunder, eins der größten Wunder dieser Erde, das die Natur uns schenkt. Aus einem Tier werden zwei – und das zweite ist das winzige, bis in die kleinste Kleinigkeit perfekte, entzückende Abbild des großen. Und kleine Tiere kommen vollendet hübsch auf die Welt, unbeschreiblich vollkommen, unbegreiflich schön. Neugeborene Menschen sehen oft kummervoll, runzlig und verdrückt aus – man nimmt sie trotzdem voll atemlosem Entzücken ans Herz–, schöner aber sind kleine Tiere. Moritz und ich fühlten es gleich stark, knieten beide vor dem Wunder, das sich da begab, und konnten es nicht fassen, während Steffi mit Seelenruhe den Nabel desinfizierte und die erste Hilfe beim Aufstehen leistete. Denn auch das haben Tiere dem neugeborenen Menschen voraus: Sie stellen sich sofort auf die eigenen Beinchen. Mühsam, mit vielen vergeblichen Anläufen und Pannen versuchen sie, auf vier Beine zu kommen; und stehen sie endlich, so suchen sie sofort die mütterliche Quelle, an die man die Babys auch erst heranführen muß. Freilich, saugen tun Kinder genauso begabt und geschickt wie sie, sonst aber ist das Tier ihnen hier weit voraus. Ich habe einmal auf die Uhr gesehen, als ein Fohlen geboren wurde: Anderthalb Stunden nach der Geburt galoppierte es schon, und der Mensch braucht ein Jahr, um erst einmal auf beiden Beinen zu stehen...!

Wir hatten, als das Eselchen geboren wurde, gerade einen neuen Hund, allerdings keinen jungen. Steffi hatte ihn aus Mitgefühl übernommen; er hatte die ersten drei Jahre seines Lebens an der Kette verbringen müssen. Solche Hunde sind schwierig umzugewöhnen – es ist ein Riesenschnauzer, kohlschwarz, wunderschön, aber ein gewaltiger Kerl, vor dem ich großen Respekt habe –, und er hatte vielleicht noch nie ein neugeborenes Tier erlebt. Was würde er zu Klein-Eselchen sagen? Lieber nahmen wir das vierbeinige Baby mit heim in die schützende Box.

Wir warteten, bis Mutter Schnütchen aufgestanden war, und dann hob Steffi das Tierkind auf die Arme, trug es, die Mutter hinter sich herlockend, über die Wiese dem Ponyhof zu. Ich sammelte alles, was umherlag, auf und gab auch Moritz etwas zu tragen, dessen hellblaue Augen noch immer vor Staunen weit aufgerissen waren.

Wir betteten das Eselchen auf Stroh und gaben seiner Mutter das erste heilige Brot, das jeder jungen Mutter zusteht, und dann ihr Wochensüppchen. Und nun sauste ich schnellstens zurück in mein Haus, um meiner Schwägerin das freudige Ereignis mitzuteilen.

„Und weil alles so gut und glatt gegangen ist, fahre ich dich heute zu Seelchen“, schloß ich, um ihr eine ganz große Freude zu machen. Zu Seelchen, das heißt: nach Langenburg. Dort spielt jenes Buch, das sie seit über fünfzig Jahren kennt und liebt, „Die Heilige und ihr Narr“. Ich selbst lese es auch immer wieder einmal, wenn ich Trost brauche, und sie dorthin zu fahren, bedeutet ein ganz großes Glück für sie.

Der Tag der Eselgeburt hatte leider ein etwas betrübliches Nachspiel. Gerade für diesen Tag hatte sich ein mir sehr wichtiger Besuch angesagt. Eine Frau wollte kommen, die mir auf meine Bücher hin liebe- und verständnisvoll geschrieben, mit der ich mich verabredet hatte und auf die ich mich sehr freute. Das alles vergaß ich über dem kleinen Wunder mit dem seidigen Fell und den langen, langen Ohren...

Steffi erzählte es mir am Abend. Ich schlug mir die Hand vor die Stirn. Wie konnte ich nur! „War sie sehr traurig?“

„Klar, war sie. Aber ich hab’ ihr den Esel gezeigt, und das hat sie getröstet“, sagte Steffi.

Vom Pony zum Großpferd

Auch unsere Kinder stiegen eines Tages vom Pony auf das Großpferd um. Nicht für immer, denn Ponys sind nach wie vor unsere liebsten Hausgenossen und besten Kameraden auf Reitplatz und Koppel. Aber weil die Kinder nicht nur wild reiten, sondern richtigen Unterricht haben sollten, schickte ich sie in den Reitverein des Kreisstädtchens, und dort wird natürlich auf Großpferden geritten. Auch das Reitabzeichen machten sie dort. Und die Turniere lockten.

Ich glaube nicht, daß ich zu den ehrgeizigen Müttern gehöre, zu denen, die ihre Kinder überall als Erste sehen wollen: in der Schule, beim Sport, in der Musik – und auch beim Reiten. Es ist schön zu sehen, wie sie Fortschritte machen, wie sie sich immer mehr zutrauen und auch allmählich Besseres leisten. Aber das ist kein häßlicher Ehrgeiz.

Unsere Kinder machten also das Abzeichen, und dann fingen die Turniere an. Himmel, war das eine Aufregung, als unser Jüngster das erste Mal „gemeldet“ hatte.

Für Turniere werden Programmhefte gedruckt, in denen Pferde und Teilnehmer stehen; so auch für dieses. Die ganze Familie stürzte sich auf das Heft und suchte nach dem Namen des Zwölfjährigen. Da aber gab es eine Enttäuschung. Statt Christoph hatte man Christian hineingesetzt, und der Nachname lautete Böhm – wieso, ist uns immer schleierhaft geblieben. Also war es nichts mit dem Aufheben dieses ersten Dokumentes im Familienarchiv.

Unser Jüngster ritt damals außer im Reitverein auch noch die Stute eines Bauern, ein ausgesprochen ländliches Pferd, das noch auf dem Acker arbeitete, aber bereits jahrelang in Turnieren gestartet war. Fanny ist ein Schatz, ruhig, vernünftig, ohne Mucken. Sie geht Dressur, springt und ist auch auf dem Geländeritt zuverlässig. Was sie nie leiden konnte, sind Fässer; über die springt sie nicht gern. Sonst aber macht sie bei Hindernissen im A-Springen keine Schwierigkeiten. (A bedeutet Anfänger, L leicht, M mittel und S schwer.) Christoph hatte also für A gemeldet, und wir borgten alles zusammen, was zur korrekten Reitausrüstung gehört: Hose, Jackett – das hatte „Onkel Heinrich“ gehört, dem Bruder eines mit uns befreundeten Reitkinder-Vaters, und es schlotterte etwas um die schmalen Schultern unseres Bürschleins. Aber was machte das! Eine Kappe, die über die Augen rutschte, so daß wir sie mit ein paar Seiten „Pferd und Reiter“ ausstopften, Gummireitstiefel und Gerte. Fertig. Sporen gab es noch nicht für ihn.

Wir besaßen damals noch kein Auto und mußten uns bei jemandem einladen, der sowieso hinfuhr. Das Turnier fand etwa vierzig Kilometer von unserem Städtchen entfernt statt. Da wir immer zu mehreren auftreten, war das nicht einfach, klappte aber dann doch. Geladen voll Spannung fuhren wir los, wie immer viel zu spät, hatten Angst, das erste Auftreten unseres Jüngsten zu verpassen, rannten, kaum aus dem Wagen gestürzt, dem Turnierplatz zu und erreichten ihn noch zur Zeit. Das A-Springen begann gerade. Als Christoph mit seiner Fanny im Lautsprecher genannt wurde, klopfte uns allen das Herz so, daß man glaubte, man sähe es durch die Bluse hindurch randalieren.

Nun war es keineswegs das erste Mal, daß eins meiner Kinder oder sogar mehrere in einem Turnier mitwirkten. Bisher aber hatten sie entweder nur in einer Gruppe mitvoltigiert, waren auf ihren Isländern außer Konkurrenz gestartet oder von der Turnierleitung aufgefordert worden, eine Pause auszufüllen. Christoph mit seinem kleinen Hengst Winnetou, einem Shetlandschimmel, den er fünf Jahre lang ritt, war schon bekannt beim Publikum. Winnetou hatte den Leuten oft Spaß gemacht, wenn er startete. Er hatte nämlich die Angewohnheit, wenn er springen sollte, bis nahe ans Hindernis heranzugaloppieren und dann stehenzubleiben, so daß es aussah, als röche er an der Stange. Wenn Christoph ihn dann trieb, sprang er doch noch, zwar aus dem Stand, steil, oft wie ein Ziegenbock mit allen vieren auf einmal, aber er sprang.

Alles lachte.

Auch gefahren hatte er ihn schon, das erstemal zufällig mit dem Bauern als Konkurrenz, dem die Fanny gehört und mit dem er seither gut befreundet ist. Schorsch, dieser Bauer, fuhr mit dem Einspänner seine Fanny, groß und hager im Wagen sitzend, mit der langen Peitsche vorschriftsmäßig Zeichen gebend, wenn es um die Ecken ging. Christoph im Dogcart mit Winnetou davor mußte sich beeilen, um Schritt zu halten, er hatte noch dazu die Außenbahn, und Winnetou setzte seine Hüfchen rasend schnell, um nicht zurückzubleiben. Es war ein Bild für Götter. Als die Disziplin zu Ende war, schöpfte das gesamte Publikum so hörbar Atem, als wäre es mit Winnetou gerannt.

Jetzt aber startete unser Benjamin erstmals auf einem Großpferd. Als Mutter überschätzt man die Gefährlichkeit eines ländlichen Turniers haushoch; ich erinnere mich noch genau, daß ich immerzu nur Daumen hielt und vor mich hin sagte: „Nur nichts passieren lassen! Nur nicht stürzen!“, als wäre es mindestens ein M-Springen. Den großen Geschwistern ging es ähnlich. Ich fühlte den Ellbogen meiner ältesten Tochter an meinem – wer von beiden zitterte mehr? Jetzt: Flagge herunter. Die beiden gingen in Galopp. Im Halbkreis um die Bahn – erstes Hindernis – das waren Fäßchen! Wir hatten vorher gar nicht danach gesehen. Und prompt blieb Fanny stehen.

So hatten wir uns das ja nicht gedacht. Gleichzeitig erleichtert und empört starrten wir auf das Unglaubliche – und hörten, wie Schorsch, der hinter uns stand, ärgerlich brummte: „Weck sie auf!“

Das tat Christoph. Richtete rückwärts, trieb, zwang dem Pferd seinen Willen auf, und Fanny sprang. Über die Fäßchen, über das nächste Rick, über das übernächste – ruhig und unerregt ging sie ihren Parcours, und als die Ziellinie durchritten war, machte sich unsere überstandene Angst in wilden Ovationen Luft: „Bravo, bravo! Nur drei Fehler!“

Das war das erste Turnier.

Es folgten noch viele. Auch Steffi, die jüngste Tochter, startete – ich hatte manchmal nicht genug Daumen, die ich gern gedrückt hätte. Eine Zeitlang waren wir Sonntag für Sonntag ausgebucht, auf lauter kleinen, liebenswerten ländlichen Turnieren. Entweder Christoph oder Steffi oder Uli waren dabei und verschiedene Beinahesöhne und -töchter. Die größeren Kinder waren schon von daheim fortgewesen, als wir die Reiterei endlich beginnen konnten. Sie ritten zwar auch – in Uni-Reitställen oder Reitvereinen –, aber nicht auf Turnieren. Das besorgten die „Kleinen“, die schnell heranwuchsen.

Einmal hatte Christoph in Ludwigsburg gemeldet. Ludwigsburg war für Süddeutschland damals das, was Aachen für den Westen war. Eine Ehre für ihn, überhaupt mitmachen zu dürfen. Bei der Dressur stand ich nahe am Richterwagen – das werde ich aber nie wieder tun. Man hört nämlich, was der Richter in die Maschine diktiert, und zwar diktiert er nur das Negative, also die Schnitzer. Ich weiß noch genau, wie er anfing: „Einreiten leicht schwankend“. Da wurde mir bereits blümerant. Und dann mußte ich alles, alles mit anhören, was da nicht ganz so klappte, wie es klappen sollte. Mir wurde immer schwächer. Ich wunderte mich nur, daß sie ihn nicht vom Platz verwiesen. Nachher hatte er aber doch eine gute Gesamtnote. Ja, man lernt nie aus...

Inzwischen hatten wir eine Turnierhose gekauft, man kann ja nicht dauernd borgen gehen. Da er sie nur zu Turnieren trug, übersahen wir, daß er wuchs, ja, in einem Jahr geradezu schoß – das war das Jahr, in dem er von Winnetous Rücken Abschied nehmen mußte, einen für alle traurigen Abschied. Fünf Jahre waren sie unzertrennlich gewesen, die zwei. Gottlob wuchsen in den Enkeln neue Winnetou-Reiterlein nach. Ich sehe meine älteste Enkelin, damals zweijährig, noch auf Winnetou durch den Bach reiten, nur ein Unterhöschen an und auf dem Kopf einen hellblauen Südwester. Wir hatten Reitbesuch, und dessen Ponys wollten nicht durchs Wasser, da machte sie es auf Winnetou vor.

Christoph also war sehr plötzlich gewachsen, und als er, wieder einmal in Ludwigsburg, Dressur ritt, sah ich mit Entsetzen, daß seine beiden Hosenbeine an den Knien einrissen und bei jedem Trabschritt, den Fanny machte, ratsch, ratsch, ratsch, ein Stück weiter aufgingen. Wenn ich nicht so gebannt auf ihn hätte schauen müssen, hätte ich wahrscheinlich mein Haupt verhüllt. Wie lange dauert eine Dressur? Ob er dann als Seppel mit nackten Knien da oben saß?

Ganz so schlimm wurde es nicht. Die Richter hatten es zwar auch gesehen und schmunzelten, was mir sehr peinlich war. Ich sehnte den Schluß der Dressur herbei. Kaum war der Gehorsamssprung geschafft und der Reiter abgesessen, da zerrte ich ihn hinter ein Zelt.

„Gib die Hose her, ich flick’ sie dir – zieh deine alten Jeans an.“ Er mußte ja noch zur Siegerehrung. Aber es erwies sich als fast unmöglich, auf einem Turnier Nadel und Faden zu beschaffen. Ich versuchte es im Bierzelt, beim Roten Kreuz und der Feuerwehr – nichts zu machen. Schließlich verließ ich den Turnierplatz und ging in Ludwigsburg von Haus zu Haus, klingelnd, bittend: „Hätten Sie vielleicht...“ Die meisten schlugen die Tür wieder zu, weil sie dachten, ich würde spinnen oder erlaubte mir einen dummen Witz.

In einem Jubiläumsjahr des Ludwigsburger Reitvereins hatte er drei Siege und war damit erster ländlicher Reiter; er bekam die goldene Schärpe, die nur alle zehn Jahre verliehen wird. Wir platzten fast vor Stolz. In einem anderen Jahr aber, er war schon erwachsen, ritt er ein schwieriges Pferd und hatte eigentlich eine gute Chance, denn es wurde nur nach Stil und Fehlern beurteilt, die Zeit war gleichgültig. Auf einem kleinen Turnier im Filstal hatte er, sozusagen als Hauptprobe, einen sehr guten und überlegten Ritt hingelegt, mit keinem Abwurf und in korrekter Haltung. Diesmal aber... Die großen Jungen brachten ihre Pferde natürlich selbst zum Turnier, verluden immer abends und schliefen die Nacht in Ludwigsburg im Stall. Christoph und sein Kumpan aber hatten es sich anders überlegt. Statt zu verladen, kegelten sie den ganzen Abend und die halbe Nacht, bis früh um zwei, luden um vier die Stute ein – es war nicht mehr Fanny, sondern Iris, eine Julmond-Enkelin (von Julmond muß ich noch berichten) – und zuckelten mit dem Trecker nach Ludwigsburg. Die Stute stand einigermaßen geschützt im Anhänger, die beiden großen Jungen aber saßen in der Morgenkälte auf dem Traktor und bibberten, obwohl sie natürlich nicht zugaben, daß sie frören. Es war Mai, aber nachts noch sehr kalt. Steif gefroren und durch das Bier, das sie am Abend bei der Kegelei konsumiert hatten, ebenfalls leicht angeschlagen, stiegen sie in Ludwigsburg ab. Der Ritt, der bald darauf folgte, wurde zu keinem Ruhmesblatt unseres Jüngsten. Ein Klotz nach dem anderen fiel, und er wurde von siebzehn Teilnehmern der sechzehnte. Das war noch nicht dagewesen. Was aber machte er sich daraus? Nichts. Als ich endlich zu ihm durchgedrungen war, um ihn zu trösten – in Ludwigsburg herrscht immer ein Volksgewimmel, daß man kein Bein auf die Erde bekommt –, gab er gerade hübschen Mädchen Autogramme. Mir blieb der Mund offen. „Wa-was machst du denn da?“

Er lachte.

„Ich weiß auch nicht. So viele hab’ ich noch nie geben müssen. Von allen Seiten kommen sie. Ich glaub’, die halten mich für Schockemöhle. Und merken erst, wenn sie meinen Namen lesen, daß da ein kleiner Irrtum vorliegt...“

Schockemöhle war nämlich auch da und damals schon sehr erfolgreich. Ich tauchte schleunigst wieder in der Menschenmenge unter. Trotzdem – wenn er zur Zeit verladen hätte, wäre diese Pleite nicht passiert. Ich ärgerte mich für ihn. So albern können nur Mütter sein.

Württemberg hat ein altes, berühmtes Haupt- und Landesgestüt, Marbach auf der Alb, das vor vierhundert Jahren gegründet wurde. Dort gibt es für Kinder und junge Leute Reitkurse, die sehr begehrt sind. Man muß sich lange vorher anmelden, wenn man dort reiten will. Dafür ist es aber einmalig und unvergeßlich schön in seiner strengen Zucht und herrlichen Kameradschaft. Alle meine reitinteressierten Kinder waren dort, manche mehrfach. Jetzt reiten schon die Enkel dort.

In Marbach stand als Hauptdeckhengst jahrelang der Trakehner Julmond. 1945, als die Russen näher rückten, ritt der dortige Stallmeister mit diesem Hengst von Trakehnen bis Schleswig-Holstein, machte dort Quartier, ritt zurück und führte den Treck mit den kostbaren Zuchtstuten und rettete sie dadurch. Er hat diesen Ritt in wenigen Wochen während eines fürchterlichen Winters dreimal gemacht, wahrhaftig eine Leistung von Pferd und Reiter! Julmond kam später nach Marbach und vererbte dort seine guten Eigenschaften, seine Zähigkeit, seine Härte, sein Durchhaltevermögen, und machte das Württemberger Pferd leichter. Das war ja bis dahin eigentlich nur Arbeitspferd, jetzt will man das Sportpferd herauszüchten. Julmond wurde dreiundzwanzig Jahre alt und ist in Marbach begraben. Meine Kinder haben ihn noch persönlich gekannt.

Julmonds Söhne vererben weiter, alle ihre Namen beginnen mit einem I oder J, das gilt in Züchterkreisen als ein Buchstabe. Ikarus und Jäger zum Beispiel – Ikarus ist der Vater der Stute, die Christoph ritt, und Julmond ihr Großvater.

Auch meine jüngste Tochter war oft in Marbach zu Kursen, machte das Examen als Reitwart und unterrichtete später in Feuchtwangen, wo sie einen ihrer Reitschüler heiratete. Mit ihm und ihren gemeinsamen drei Söhnen führt sie den Ponyhof weiter, den ich gründete, viel sachverständiger als ich und in größerem Stil. Viele Kinder haben bei ihr die Grundbegriffe des Reitens gelernt. Als sie zwei Söhne hatte und das dritte Kind erwartete, wurde sie manchmal gefragt, ob es diesmal eine Tochter werden sollte.

„Wenn es nur gesund ist und vier Beine hat“, sagte sie. Dieser Versprecher ist typisch für sie, die dauernd mit Vierbeinern umgeht. Bei einem großen Reiter übrigens, Fritz Thiedemann, unvergessen durch seinen Meteor, wurde Wahrheit, was sie aus Versehen gesagt hatte. Da kamen zwei Söhne auf einmal auf die Welt... Diese Jungen reiten natürlich längst!

Auch meine jüngste Tochter reitet Turniere, ja sie ritt sogar einmal, was ich gottlob nicht wußte, eine Military mit. Dazu gehört ein schwerer Geländeritt mit gefährlichen Hindernissen. Ich erfuhr es erst hinterher und war sehr glücklich, daß alles gutgegangen war, aber auch darüber, daß Militarys bei uns nicht an der Tagesordnung sind. Viele von euch kennen solche schwierigen Ritte sicherlich vom Fernsehen her. Wenn man sie in Wirklichkeit sieht, bleibt einem manchmal fast das Herz stehen.

Mein Jüngster kaufte sich vor einiger Zeit ein Pferd, ein Großpferd, sehr sprungfreudig, das er auf einem Turnier beobachtet hatte, vor allem an der Kombination. Das ist ein Hindernis, das aus zwei oder drei Sprüngen besteht, deren Zwischenräume genau ausgemessen sind; Hindernisbauen ist ja eine Kunst und muß erlernt werden. Diese Stute setzte zwischen den Sprüngen nur einmal auf, wo die anderen Pferde zwei Galoppsprünge machten. Sie hat also ein enormes Greifvermögen. Die kaufte er, und als ich ihn fragte, was er damit vorhabe, sagte er, „unter anderem auch Militarys reiten“. Das versetzte mir einen kleinen Schock.

Mein Ältester tröstete mich. „Du lebst doch von Katastrophen, die gut ausgehen“, sagte er, aus seiner mich weit überragenden Höhe auf mich herabblickend. „Wenn er jetzt diese Stute reitet, hängst du am Katastrophen-Dauertropf und brauchst keine anderen mehr.“ Da mußte ich doch lachen.

Meine Tochter ritt einmal auf einem Turnier eine Schaunummer im Damensattel. Langes schwarzes Reitkleid aus Samt, Dreimaster auf dem Kopf. Es sah bezaubernd aus. Sie erzählte nachher, man säße im Damensattel auch sehr sicher, besonders schön wäre der Galopp. Eine andere meiner Töchter ritt aus Übermut ohne Sattel im Damensitz, trabte sehr vergnügt, flog dann aber doch durch einen nicht vorhersehbaren Zufall herunter und bekam eine Gehirnerschütterung. Ach ja, Gehirnerschütterungen gab es bei uns häufig. Ich war manchmal froh, wenn ich die Kinder dann für eine Weile auf Nummer Sicher im Bett hatte. Der jüngste Enkel verabschiedete sich (mit sieben Jahren!) im Krankenhaus, wo man ihm eine Platzwunde genäht hatte, mit einem „Na, dann bis bald!“

Als der älteste vier Jahre alt war, trat er das erste Mal in einem Turnier auf, auch als Schaunummer. Er sah süß aus mit der viel zu großen schwarzen Kappe auf den Locken und ritt an der Hand seiner älteren Kusine. Der Lautsprecher gab bekannt:

„Sie sehen jetzt die Kinder unserer bekannten Reiterin“ – es folgte der Name –, „die schon ihrerseits als Kind unsere Turniere verschönte. Bitte einfahren! Das große Brüderchen hat das kleine Schwesterchen am Führzügel...“ Das große Brüderchen war die Nichte, das kleine Schwesterchen der Sohn. Macht nichts, goldig sahen sie auf jeden Fall aus.

In Cannstatt auf dem Hauptfest der Landwirtschaft fand einmal ein Turnier statt, zu dem auch Christoph gemeldet hatte. Es war einer der übermäßig heißen Sommer der vergangenen Jahre, hatte wochenlang nicht geregnet, die Sonne brannte wie ein Scheinwerfer herab, und wir bedauerten die Reiter in ihrer schwarzen Kluft. Kurz vor Beginn des Turniers zog sich ein Wetter zusammen. Ich suchte Christoph, der mit der ersten Equipe starten sollte.

„Hast du was gegessen?“ fragte ich. Mütter denken ja immer, ihre Kinder fallen vom Fleisch. Er wehrte ab.

„Ja, ja, hab’ ich. Muß auf den Abreiteplatz...“

Ich verzog mich. Los ging’s. Der Himmel hatte sich bezogen, und dann schüttete es herab, als wollte Petrus alles nachholen, was er wochenlang versäumt hatte. Wer in einem solchen Guß starten muß, hat Pech, Rücksicht auf das Wetter kann nicht genommen werden.

Es war kein leichtes Reiten. Nachdem der erste Ärger gehabt hatte – sein Pferd verweigerte schon beim ersten Hindernis –, startete Christoph. Er ritt gegen einen Regen an, daß man sich wunderte, wie er die Zahlen an den Hindernissen erkennen konnte. Schorsch, jener Bauer mit der Fanny und der Iris, hat einmal gesagt, als unsere jüngste Tochter sich im Parcours irrte: „Reiten kann die und springen auch, alle Achtung. Nur bis zwölf zählen, das muß sie noch lernen.“

Christoph verzählte sich nicht. Dafür schlug sein Pferd jedes Hindernis an, über das es sprang, bolzte dagegen, daß es bebte, aber keins fiel. Nach jedem Sprung drehte er sich auch noch um und vergewisserte sich: Fehler? Nein. Einmal wakkelte die Stange noch, als er schon die übernächste ankrachte.

„So scheußlich bin ich noch nie gesprungen, so faßbeinig“, sagte er hinterher und nahm die Kappe ab. Durchgeregnet war er bis auf die Haut. „Ich hab’ halt zu gut gegessen.“

„Was denn?“ fragte ich.

„Eisbein mit Sauerkraut und sooo eine Maß dazu...“ Er deutete mit der Hand vom Boden. Mir wurde schwach. Und das vorm Springen!

„Was willst du denn? Ich war eingeladen, brauchte nicht zu bezahlen.“

Michael, der eine meiner Beinahesöhne, schenkte sich und seiner Frau zur Hochzeit eine Stute, Jola. Christoph und Schorsch hatten sie mit ausgesucht. Wir waren alle sehr stolz auf sie.

Der Pferdekauf war vor sich gegangen, wie sich das gehört. Die drei Männer standen mit dem Bauern im Stall, sahen das Pferd an, sagten nichts. Daß der Preis, den der Besitzer forderte, viel zu hoch war, hatten sie natürlich anfangs gleich gesagt. Nun wurde geschwiegen. Von Zeit zu Zeit nahm einer den Hut, setzte ihn auf und lief hinaus – einmal der Bauer und ein andermal einer von den drei Kauflustigen. Der Preis wurde in Fünfzigmarkraten heruntergehandelt. Um die letzten hundert Mark wurde man nicht einig. Die drei verließen grußlos den Stall, das Gehöft und das Dorf und kamen heim. Ich wartete gespannt. „Na?“

„Nichts na.“ Sie erzählten. Ich fand sie blöd. Wegen hundert Mark!

„Teilt euch doch drein! Jeder kommt dem anderen mit fünfzig Mark entgegen!“

Sie behaupteten, davon verstünde ich nichts. Das könnte man nicht. Man verlöre dann an Gesicht. Worauf ich mich ans Telefon hängte, dem Bauer versprach, ich würde fünfzig Mark drauflegen, wenn er auch um diesen Betrag zurückginge. Er willigte ein. Am anderen Tag holten wir Jola. Alles strahlte um die Wette.

Jola gewöhnte sich gut ein, kam zum Hengst, nahm auf – das erste Mal – und erwartete im nächsten Frühjahr ihr erstes Fohlen. Das ist immer sehr spannend, und oft kommt man nicht aus den Kleidern, weil man dabeisein will und Nacht für Nacht wacht. Am liebsten fohlen die Stuten allein. Schorsch belauerte einmal eine von seinen Tag und Nacht. Wenn er nicht bei ihr sein konnte, mußte seine Frau ihn ablösen. Sie frühstückten auch getrennt. Eines Morgens, als beide nacheinander – der andere war im Stall – ihren Frühimbiß zu sich genommen hatten, übernahm Schorsch wieder die Wache.

„Ach, trag mir doch die Milchkanne mit hinunter“, bat seine Frau. Schorschs Anwesen liegt direkt an der Straße, das Milchauto hält immer dort und nimmt die Kanne mit. Schorsch faßte mit an. Als er nach kaum drei Minuten wieder in den Stall kam, war das Fohlen gerade geboren.

Es gibt Züchter, die dreißig Jahre lang züchten und keine Geburt miterlebt haben. Ein uns bekannter alter Bauer ließ sich schließlich den Lehnstuhl in den Stall tragen und hinter die Box der Stute stellen, deren Geburt längst überfällig war. In diesem Stuhl bezog er Posten. Nachdem er einmal kurz eingeduselt war, schrak er plötzlich auf – und sah das Fohlen, bereits auf den Beinen stehend, heftig an der Mutter saugen.

Wir haben mehr Glück gehabt. Ich habe mindestens fünf Fohlengeburten miterlebt, obwohl Isländer womöglich noch scheuer sind als Großpferde. Sie als halbe Wildpferde haben das Gefühl, schwach zu sein in diesem Moment, und da wollen sie von niemandem beobachtet werden. Einmal war ich ganz allein zu Hause, als eine Stute das erste Mal fohlte. Ich stellte mich hinter die Hausecke und beobachtete sie, ohne daß sie es merkte. Vom ersten Moment an, da sie hin und her trat, im Kreis ging und sich dann niedertat, bis zu dem Moment, wo das Fohlen aufzustehen versuchte. Da hielt ich es nicht mehr aus, sprang zu und riß die Eihaut auf. Was ist man da glücklich und dankbar!

Bei Jola ging es glatt, ohne Hilfe, aber die Komplikationen kamen hinterher. Sie nahm das Fohlen nicht an. Sobald es sich ihr näherte, biß sie nach ihm. Das tun manche junge Pferdemütter, vor allem, wenn das Euter schon straff voller Milch ist und es weh tut, wenn ein Fohlenmäulchen dranstößt. Daß es danach besser wird, kann man der Stute hundertmal sagen, so gescheit ist sie wiederum nicht, das zu glauben.

Jedenfalls war es Jola nicht. Wir versuchten alles, schmeichelten mit ihr, hielten sie fest, versuchten abzumelken – das ging nicht, kein Gedanke daran! – und streuten Kleie auf das nasse Fohlen, damit sie es ableckte. Nichts half. Schließlich mußten wir sie in eine Box stellen, die mit einem Holzzaun von ihrer eigenen getrennt war, so daß sie das Fohlen sehen und riechen, es aber nicht erreichen konnte. Vielleicht gewöhnte sie sich daran. Sorgenvoll warteten wir, ob sie nicht zu Verstand kommen würde.

Am nächsten Morgen ließ sie die Milch laufen, das war ein Glück, denn so gab es keine Euterentzündung. Aber an Trinkenlassen war nicht zu denken. So besorgten wir Milupa, und Michaels Frau, von uns „Mausel“ genannt, zog Agapi, so hieß das Fohlen, mit der Flasche auf. Das hört sich leicht an, ist aber nicht so romantisch, wie man es sich vorstellt. Alle zwei Stunden, auch nachts, muß das Fohlen getränkt werden, und es trank manchmal vier Flaschen hintereinander. Es war zwar sehr rührend zu sehen, wie Agapi ihrer Ziehmutter entgegenrannte, sobald diese erschien, aber deren Schlaf wurde stark beeinträchtigt, und sie ist nicht nur Hausfrau, sondern auch berufstätig. Wir anderen lösten sie manchmal ab, aber das war Agapi nicht recht. Deshalb suchten wir nach einer Amme, telefonierten und fuhren umher, und schließlich, nach etwa vier Tagen, hatten wir eine gefunden. Nun standen Agapi und ihre Pflegemutter zusammen in der Nachbarbox, streng beobachtet von Jola, und die erste Ziehmutter konnte wieder schlafen.

Agapi ist groß und schön geworden, Michael reitet sie, wir lieben sie alle. Einmal hatte Mausel sie früh auf die Koppel gelassen, die ein wenig abschüssig ist, und Michael sah mittags nach ihr. Er fand sie mit einem Knüppel, der schräg durch ihre Brust gebohrt war, am Zaun stehend. Der Stock ich habe ihn selbst in der Hand gehabt, und mich hat geschaudert – war so dick wie ein Besenstiel und etwa einen halben Meter lang und ragte auf beiden Seiten aus dem Fell heraus. Michael entfernte ihn – er war dazu auch noch splittrig – und holte natürlich sofort den Tierarzt. Der wusch die Wunde aus, desinfizierte sie und verklebte die Ränder. Was keiner zu hoffen wagte: Agapi überstand den Unfall. Keine Blutvergiftung trat ein, die beiden Wunden heilten.

Wie das Unglück passierte, haben wir uns lange nicht denken können. Michael fand schließlich eine Spur im nassen Gras, unten am Koppelzaun, da muß Agapi ausgeglitten und in ein Stück Zaun hineingerutscht sein. Trotzdem ist so etwas kaum vorstellbar und selten – noch seltener ist es jedoch, daß ein Pferd es übersteht. Da hat ihr der heilige Georg freundlich beigestanden!

Wenn Schorschs Stuten zum Hengst müssen, reitet Christoph sie meist hin. Einmal sollte er zwei nach Ludwigsburg bringen, das sind etwa fünfzig Kilometer. Die Stuten mit Handpferd zu reiten, über Autostraßen und Bahnübergänge – er war damals vielleicht siebzehn Jahre alt –, das ist schon eine Aufgabe. Als ich davon hörte, bot ich mich sogleich an mitzureiten, die zweite Stute zu übernehmen, damit er es leichter habe. Christoph sah mich an, schluckte kurz und sagte dann: „Gut. Wenn du dir’s zutraust...“

Ich war damals schon Großmutter. Mit einer Vernunft, die meine Jahre überstieg – so sagten meine Kinder –, nahm ich Abstand von diesem meinem heißen Wunsch. Ich war so gerührt, daß er nicht „Spinnst du“ oder „Das schaffst du nicht“ gesagt hatte, sondern, liebenswürdig, wie er ist, zustimmte. Ich habe später weitere Ritte gemacht, vor allem in Island, aber immer auf Robust- und nie auf Großpferden, die ich nicht so gewöhnt bin.

Leidenschaftlich spielen wir Reitersuchen. Das ist ein Spiel, von uns erfunden, das uns immer aufs neue begeistert. Wenn einer von uns – meist Christoph oder die Ponyhoftochter – über Land reitet, sagt er nicht, welchen Weg er nimmt. Wir fahren dann nach einiger Zeit mit dem Auto nach. Es gehört zum Spiel, daß wir suchen müssen. Im Wagen hat man je nach der Jahreszeit heißen oder kalten Tee in der Thermosflasche, dick belegte Brote für den Reiter und Mohrrüben für das Pferd. Und nun wird gemutmaßt, wo der Reiter sein kann, und ausgespäht...

Einmal spielten wir es im Winter. Ich hatte die damals noch ziemlich kleinen Jungen meiner Tochter im Wagen und hielt an einer Kreuzung, über die die Reiter vermutlich kommen würden. Dabei unterhielt ich mich mit den Jungen. Moritz, der mittlere, saß bei mir vorn. Ich fragte, ob er kalte Füße hätte.

„Hm“, sagte er gleichmütig und lutschte weiter an seinem Gummibären. Ich zog ihm probeweise einen Gummistiefel vom Bein. Darin stand das Eiswasser sicherlich fünf Zentimeter hoch, und aus seinem Strumpf lief es wie aus einer aufgedrehten Wasserleitung.

„Junge, wie hältst du das nur aus?“ fragte ich entsetzt, zog auch den anderen Stiefel herunter und verbrachte die Wartezeit, bis die Reiter auftauchten, damit, ihm die erstarrten, glasig rosa Füße in der Hand zu wärmen, sie anzuhauchen und in Schal und Mütze einzuwickeln.

Ja, so ein Reiterleben ist hart.

Aber schön! Es wird mit nie endender Arbeit bezahlt, aber es lohnt sich. Wir alle möchten nicht tauschen, auch wenn wir winters mit erstarrten Händen Wassereimer schleppen oder im Sommer in glühender Hitze Zäune umsetzen müssen. Dafür sind weiche Pferdenasen da, die an uns schnobern und uns freundlich anstoßen: „Hast du mir nichts mitgebracht?“ Dafür können wir reiten, wenn es die Zeit erlaubt, und erleben immer wieder Neues und Schönes. Als Kind auf dem Pony, als Größerer auf Pferden – es ist schon eine alte, immer neue Wahrheit, daß dort das Glück der Erde liegt!

Was wird aus Regine?

Eine große Freude und ein kleiner Schmerz

Während Regine, die Bratpfanne in der Hand, in der Kochnische stand, mußte sie laut auflachen. „Bei uns ist es so eng, daß wir die Tür offenlassen müssen, wenn wir Bratkartoffeln machen, weil sonst kein Platz für den Pfannenstiel ist“, hatte Axel einmal gesagt. Das war wahrhaftig nicht übertrieben. Sie schob mit dem Knie den Stuhl beiseite, der vor dem Herd stand. Axel hatte seine Windjacke über die Lehne gehängt, um sie trocknen zu lassen.

Er war mit seinem Freund noch einmal hinuntergegangen, um Zigaretten zu kaufen. Bis die beiden zurück waren, mußte das Abendessen fertig sein. Die Männer! Immer mußte alles hopp hopp gehen, aber an die Schwierigkeiten der Hausfrau dachten sie nicht.

Regine war wirklich schon eine kleine Hausfrau mit ihren zwölf Jahren. In den Stunden, die ihr die Schule ließ, hielt sie das winzige Dachstübchen, in dem sie mit Axel hauste, in Ordnung, kochte und räumte auf. Die Wäsche gab sie aus dem Hause, die hätte sie nicht geschafft, aber was es sonst noch zu tun gab, tat sie: Socken und Pullover stopfen, einkaufen und all die anderen kleinen Wichtigkeiten des Haushalts.

Da kam Axel mit seinem Freund schon wieder. Sein dunkler Lockenschopf war naß, aber sein Gesicht vergnügt. Regine lachte zurück. All ihr Groll war ja nicht echt; es gehörte nur sozusagen zu den Spielregeln, daß sie über die Männer und ihren Unverstand schalt. Im Nu hatte sie den kleinen Tisch mit Tellern, Messern und Gabeln gedeckt. Axels Freund saß noch nicht, da war alles schon fertig.

„Wartet, ich habe noch ein Ei, das schlage ich darüber“, sagte sie in das Brutzeln der Bratkartoffeln hinein. „Ja, eine Zigarette könnt ihr noch rauchen. Und dann wird gegessen. Mußt du noch mal fort, Axel?“

„Heute nicht. Heute bleibe ich hier“, sagte er. Sie freute sich.

Er mußte fast immer noch einmal fort, auf die Redaktion der kleinen Provinzzeitung, bei der er seit drei Jahren angestellt war. Er hatte nach dem mit achtzehn Jahren bestandenen Abitur studiert, weil seine ganze Liebe dem Zeitungswesen galt. Besonders begabt war er für Sprachen, in denen er sich laufend weiterbildete. Neuerdings sprach er andauernd italienisch, auch mit Regine, um ihr einen Begriff davon zu geben. Dabei gab es viel Spaß und Verwechslungen. Ein Freund aus seiner Studienzeit, ein junger Italiener, war viel bei ihnen ein- und ausgegangen, und durch seine Lebhaftigkeit war dieser Sprachunterricht noch lustiger geworden. Mit Axel wurde immer alles lustig und ein bißchen verrückt. Regine lernte in der Schule vorläufig nur Französisch, aber das ähnelt ja dem Italienischen, und so konnte sie manches erraten. Manches riet sie aber auch falsch oder gar nicht. Sie lachten oft, bis sie ganz erschöpft waren.

Jetzt blieb sie stehen, die Pfanne in der Hand haltend, mit der sie zum Tisch getreten war – sie wollte die Bratkartoffeln gleich auf die Teller verteilen. Im Schein der Lampe, die mit einem Bindfaden herübergezogen war, so daß sie über dem kleinen runden Tisch hing, sah sie Axels Augen.

Sie sahen anders aus als sonst. Ein wenig fragend, schüchtern fragend – und betrübt. Axel betrübt? War das möglich?

„Was ist denn?“ fragte sie nach einem kurzen Schweigen. Sie fragte es gedämpft, wie es sonst nicht ihre Art war. „Hast du was? Ist was los?“

„Ja. Setz mal das Ding ab!“ Er suchte ein Stück Papier und legte es auf den Tisch, nahm ihr behutsam die Pfanne aus der Hand und stellte sie darauf. Dann zog er die Schwester zu sich heran, zwischen seine Knie.

„Regele“, setzte er an. Und dann sah er ein wenig hilfesuchend zu seinem Freund hinüber, der soeben seine Zigarette „kippte“. Er hatte gedacht, jetzt ginge das Essen los.

„Ich will mich kurz fassen“, sagte Axel, als er sah, daß Wilm ganz leise mit den Schultern zuckte, sie ein wenig hob, so, als wolle er sagen: Ich weiß auch nicht. „Es ist was los, Regele. Was Schönes für mich. Und was Schlimmes für dich. Eigentlich ist so was ja nicht möglich, denn wir gehören doch nun mal zusammen, du und ich. Aber – ja also...“

„Nun komm schon zur Sache!“ brummte Wilm und zündete seine Zigarette wieder an. „Oder soll ich?“

„Was Schönes für dich?“ fragte Regine leise. Es klangschüchtern, verschüchtert, was sie sonst nie war. Und was Schlimmes für mich? Das aber sprach sie nicht aus. Es geisterte nur in ihren Gedanken hinterher.

„Ja. Stell dir vor, ich soll nach Rom! Der gute Benjamino, der dort beim ,Messagero‘ ist, bei einer der größten römischen Zeitungen, weißt du, hat mir geschrieben. Sein Vater ist dort Direktor. Ich soll mich bei ihnen um eine Stellung bewerben. Es wäre so gut wie sicher, daß ich sie bekäme. Vielleicht für ein Jahr, vielleicht sogar für noch länger. Was sagst du dazu? Nach Rom, was ich mir immer schon gewünscht habe!“

„Oh!“ Es war gut, daß die Bratkartoffeln sichergestellt waren. Regine warf beide Arme um Axels Hals.

„Nach Rom? Axel! Für ein Jahr! Wirst du auch ordentlich verdienen?“

„Natürlich. Sogar mehr als hier. Aber vor allem...“

„Ja, ich weiß doch!“ Regine tat alles, was Axel jetzt sagen wollte, mit einer Handbewegung ab. Sie wußte wirklich, wie es Axel bei dieser Aussicht zumute sein mußte. Ihm, der seit Monaten von nichts anderem träumte als von der Peterskirche und der Via Appia, vom Tiber, von dem Sabinergebirge und all dem, was er bisher nur von Bildern und Büchern her kannte! Nein, dagegen gab es wohl nichts, was so schlimm wäre, daß man es nicht auf sich nehmen könnte als Gegenleistung.

„Und nun sag schon das Schlimme!“ sagte sie deshalb schnell. Je eher man es hinter sich hatte, desto besser war es. „Ich muß solange allein bleiben? Ist es das, ja? Aber das ist doch klar.

„Siehst du, so ist sie!“ sagte Axel halblaut zu seinem Freund hinüber. „Ich hab’ dir’s doch gesagt. Keine Träne, keine Szene. Ich hab’ die beste kleine Frau der Welt! Ja, Regele, das mußt du, aber nicht hier. Hier kann ich dich nicht allein lassen. Du mußt irgendwohin, zu Verwandten, wo du es gut hast.“

„Hier fort?“ Regine sah sich um. Das Kämmerchen mit der einen schrägen Wand, in die sie selbst ein Bücherbrett eingebaut hatten, mit dem kleinen Mansardenfenster und dem Gardinchen davor, mit ihrer Chaiselongue und dem Feldbett für Axel, das sie nachts immer hinaus in den Bodenraum stellten, damit Axel dort schlafen konnte wie ein treuer Ritter, der die Königstochter bewacht. Das alles sollte sie verlassen?

„Für immer?“ fragte sie ganz leise. Axel nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände.

„Nein, Regele. Wir haben folgendes gedacht: Wilm nimmt das Zimmer, solange wir weg sind, ganz und gar, so wie es ist. Deshalb habe ich ihn mitgebracht. Und wenn ich wiederkomme, und du magst auch wiederkommen ...“

„Denkst du etwa, ich mag nicht?“ fragte Regele heftig. Er lachte, und auch Wilm lachte.

„Gut, abgemacht! Und nun mach in Gottes Namen deine Zigarette zum zweitenmal aus, Wilm! Wir wollen essen. Mit leerem Magen plant es sich nicht gut. Ich habe schon eine Liste aufgestellt von allen Verwandten, die in Frage kommen, Regele. Wollen wir sie durchgehen bei deinen köstlichen Eierbratkartoffeln?“

„Zeig her!“ sagte Regine eifrig. Er zog ein Kartenblatt aus der Tasche, etwa in der Größe eines kleinen Schulheftes, und stellte es auf den Tisch, an seinen Becher gelehnt. Es war eine schöne Karte mit blauem, geschlängeltem Rand. Regine griff danach.

„Menü“, las sie langsam und ein wenig stockend. „Mockturtlesuppe – hast du so fein gegessen?“

„Weißt du denn, was Mockturtlesuppe ist?“ fragte Wilm belustigt.

„Nein. Natürlich nicht. Aber es klingt so vornehm.“

„Richtig. Du hast die richtige Nase, Regele“, sagte Axel und stopfte einen Riesenbissen in den Mund, „aber wo werde ich fein essen gehen ohne dich! Wir drucken die Karten nur in unserer Druckerei, daher habe ich eine. Und hier“ – er drehte sie um –, „hier habe ich alle unsere lieben Verwandten aufgeschrieben, damit wir aussuchen können. Zu wem möchtest du, zu Onkel Henry oder Tante Traudel oder...“

„Kann ich nicht lieber hierbleiben? Und ihm“ – sie wies schüchtern mit dem Kinn zu dem jungen Mann hinüber – „hier die Wirtschaft führen? Das ist doch das einfachste“, sagte Regine und goß Tee ein. „Autsch, das war heiß. Ich bin doch darauf eingerichtet.“

„Nein, Regele. Wilm ist doch nicht dein Bruder, das geht nicht, weißt du. Was wolltet ihr denn auch auf die Visitenkarte draußen an der Tür schreiben?“

Regine sah zu Wilm hinüber. Er hatte ein blasses, gescheites Gesicht und war ebenso kräftig und blond wie Axel schwarz. Trotz der Schmalheit seiner Wangen hatte er zwei Grübchen darin, ganz leicht hingetupfte, winzige Grübchen. Nett sah er aus.

„Du siehst mich ja so an?“ fragte Wilm lächelnd.

„Ja. Eigentlich schade, daß Sie nicht auch mein Bruder sind“, sagte Regine langsam. Die beiden jungen Männer lachten.

„Nein, gut so. Später, Regele, heirate ich dich mal, und dann kannst du mir die Wirtschaft führen. Das ist viel hübscher, findest du nicht?“ sagte er vergnügt. „Wirst du mich mögen?“

„Vielleicht“, sagte Regine ernsthaft. – „Vielleicht, wenn...“

„Na?“ fragte Wilm, nun doch gespannt. „Wenn du keinen Netteren mehr kennenlernst bis dahin, ja? Wolltest du das sagen?“

„Nein. Wenn Axel mich dann nicht mehr braucht“, antwortete Regine unbeirrt. Wilm schwieg ein wenig beschämt.

„Nun also: Verwandtenauswahl. Hier!“ Axel deutete mit der Gabel auf die oberste Zeile, die er auf die Rückseite der Karte geschrieben hatte. „Tante Barbara. Deine Patin. Bezirksschwester in Marburg. Fünfzig Jahre. Sehr lieb und nett.“

„Ja, sie ist lieb! Aber sie hat, glaube ich, keinen Platz für mich“, sagte Regine nachdenklich. „Jedenfalls schrieb sie einmal von einem winzigen Zimmer, in dem sie mit ihrer Schwester wohnt. Aber nett ist sie, denn sie schickt mir zu jedem Geburtstag etwas und zu Weihnachten auch. Zu der ginge ich gern. Aber sie ist sicher den ganzen Tag unterwegs.“

„Das war ich doch auch“, brummte Axel. „Weiter erst mal! Tante Traudel, Gärtnerin, Mann verloren, fünf Kinder, allerdings zwei davon schon groß. Nein, zu der können wir dich nicht geben, die hat schon genug auf dem Hals. Aber wie wäre es mit Onkel Henry? So sehr nahe verwandt ist er ja nicht mit uns, dafür sozusagen das Staatsstück der Familie. Vaters Vetter, verwitwet, kinderlos, Besitzer einer Papierfabrik in Lütjendortmund, gut wattiert, soviel ich weiß, großes Haus, sicher dicker Wagen.“

„Ach, das ist der, von dem erzählt wurde, er könnte Mutter nicht leiden?“ fragte Regine eifrig. „Der soll Vater doch übelgenommen haben, daß er Mutter heiratete, weil sie nur von einem kleinen Hof stammte, oder was weiß ich, warum. Jedenfalls hat er von den Eltern nichts wissen wollen, und wenn sie ihn einluden, kam er meistens nicht.“

„Ja der“, sagte Axel zögernd, „kommt der in Frage?“

„Lieber nicht“, meinte Regine. „Weiter! Wen hast du noch?“

„Onkel Hannes“, sagte Axel und zeigte auf die letzte Zeile seiner Aufstellung. „Hannes Westphal, Lehrer in Grüningen. Sehr nette Frau, vier Jungen. Wie wäre das, Regele?“

„Wo liegt denn Grüningen?“ fragte Regine. Axel schob den Teller von sich und griff nach den Zigaretten.

„Vielleicht dreihundert Kilometer von hier. Irgendwo in Westfalen. Hm. Ich finde ja, daß es dort vielleicht am ehesten paßt. Aber es ist sehr weit von hier. Hättest du denn Lust? Vier Jungen!“

„Warum denn nicht?“ fragte Regine verwundert. „Ich werde doch mit vier Jungen fertig werden!“

„Das glaube ich auch“, sagte Wilm trocken. Regine sah Axel an.

„Wenn du meinst?“

„Ich denke, wir versuchen es.“

„Aber die Reise dahin ist sehr teuer.“

„Ja, das ist sie. Aber das ist nicht ausschlaggebend. Wir haben ja noch etwas Geld von den Eltern, wenn wir auch immer so tun, als wär’ das nicht da. Es ist der Notgroschen – aber hier könnte man vielleicht einmal etwas davon nehmen.“

„Oh, ich weiß was. Ich kenne einen Fernfahrer, der immer einmal diese Strecke fährt“, griff jetzt Wilm ein. „Grüningen, das liegt doch nicht weit hinter Kassel? Na, wunderbar. Wir müssen ihn nur mal fragen. Da fährst du ganz umsonst mit.“

„Mit einem Laster?“ Regines Augen blickten erwartungsvoll. „Das wäre fein! Viel feiner als mit der Eisenbahn! Wann fährt er denn?“

„Ich muß mich erkundigen. Also du würdest dort hinwollen?“

„Erst müssen wir aber doch anfragen, ob du kommen kannst“, gab Axel zu bedenken. „Du kannst doch nicht so auf gut Glück loskutschieren.“

„Du, Axel, ich würde lieber nicht anfragen“, sagte Wilm jetzt langsam. „Sieh einmal, vier Jungen haben die Leute schon, das ist heutzutage schon zum Haareraufen. Und nun noch ein Mädel dazu?“

„Ich schicke aber doch einen Zuschuß. Ich will es ja nicht umsonst“, ereiferte sich nun Axel. „Alles, was ich irgendwie entbehren kann, schicke ich ihnen als Unterhaltshilfe.“

„Trotzdem! Ich finde es viel besser, Regine fährt einfach los. Wenn sie hinkommt, müssen eure Verwandten sich damit abfinden. Außerdem, ich nähme deine kleine Schwester auch und wenn ich zwölf Jungen hätte.“

„Schmeichler“, sagte Axel, aber es tat ihm doch gut. Man sah seinem Gesicht deutlich an, daß er sich Gedanken machte. „Nein, aber ganz unangemeldet kann man es nicht gut tun. Dem Vormund sage ich, Westphals rissen sich um dich. Damit er sich nicht etwa dazwischenschiebt. Das bekomme ich schon in Ordnung, der ist froh, wenn ich ihm einen Vorschlag mache.“

„Dann gib ihr doch einen Brief mit!“ rief Wilm.

„So wie im Märchen vom Teufel mit den drei goldenen Haaren?“ sagte Regine. „Und die Räuber? Wenn ich nun unterwegs unter die Räuber gerate? Und sie vertauschen den Brief und schreiben einen andern?“

„Na, ich werde wohl etwas anderes hineinschreiben als dieser menschenfreundliche König“, sagte Axel. „Nein, wir machen es noch anders. Ehe du hier wegfährst, schreibe ich an Westphals. Dann kommt der Brief an, kurz bevor du dort eintriffst. Sie sind dann vorbereitet und können doch nicht mehr absagen. Ist das nicht ausnehmend schlau?“

Nach langem Hin und Her beschlossen sie, es so zu machen. Axel war dabei nicht recht behaglich zumute, aber er wußte auch nicht, wie er es anders machen sollte. Wilm versprach, mit dem Fernfahrer zu reden, den er gut kannte. Regine wäre bei ihm bestimmt in guter Hut, versicherte er.

„Du bist also nicht traurig?“ fragte Axel schließlich. Er hatte nicht fragen wollen, aber es ließ ihm keine Ruhe. Regine sah ihn an.

„Nein, gar nicht!“ sagte sie, und gleich darauf fiel sie ihm um den Hals, drückte ihr Gesicht fest an seine Schulter und schluchzte. Wilm stand auf und suchte sehr umständlich nach Streichhölzern. Er fand keine, obwohl zwei Schachteln auf dem Tisch lagen. Zuletzt ging er, Unverständliches murmelnd, hinaus. Drinnen im Zimmer war es still.

„Ich bringe dir ganz was Schönes mit aus Rom“, sagte Axel nach einer langen Weile. Sie hatten sich beide die Nasen geputzt und sahen sich an, ein wenig schüchtern. „Was wünschst du dir denn? Wünsch dir was, Regele!“

„Eine Apfelsine“, schluchzte Regine, „aber du mußt sie selbst gepflückt haben. Kann man das dort?“

„Natürlich. Nein, was anderes. Etwas, was bleibt.“ Axel hatte große dunkle Augen, während er überlegte. „Am liebsten...“

„Am liebsten?“ fragte Regine gespannt.

„Am liebsten nähme ich dich mit“, sagte er leise, und es klang so sehnsüchtig, daß er selbst erschrak. Bisher waren sie beide so tapfer gewesen, aber wenn er sich vorstellte, daß er mit ihr das alles ansehen und erleben könnte, dann wurde ihm ganz entsetzlich weich ums Herz.

„Natürlich, das wäre am schönsten. Aber das geht ja doch nicht.“ Regine sprach ganz vernünftig und nüchtern. „Wir sprachen doch vom Mitbringen, nicht vom Mitnehmen. Die Thea aus meiner Klasse, weißt du – ihr Vater war voriges Jahr auch in Rom und auf Capri. Wirst du auch nach Capri kommen, oder ist das zu weit?“

„Natürlich werde ich“, sagte Axel schnell. „Capri, blaues Meer, noch blauerer Himmel...“

„Von dort hat ihr Vater was Süßes mitgebracht, aber sicher ist es zu teuer. Weißt du...“ Regine verstummte.

„Was ist es denn?“ fragte Axel vorsichtig.

„Ja, aber bloß, wenn du es wirklich bezahlen kannst! Ein Eselwagen, so groß...“ Regine zeigte mit den Fingern einen Abstand von vielleicht acht Zentimetern. „Zwei Esel vor einem Karren, aus so etwas Ähnlichem wie Porzellan, aber schöner.“

„Keramik?“ fragte Axel.

„Weiß nicht. So ungefähr wie Ton. Also der ist goldig! Solche Karren gibt es nur dort, auch in Wirklichkeit. Aber denk doch mal, wenn ich so einen hätte, hier auf dem Tischchen – als Aschenbecher für dich!'“

„Regele“, sagte Axel, und er sagte es so laut, daß der rücksichtsvolle Wilm draußen zusammenfuhr und dachte: „Jetzt zanken sie sich doch noch.“ – „Regele! Und wenn ich nur wegen dieses Eselkarrens nach Capri führe, den bekommst du!“

Der Herr mit dem roten Wagen

„Danke. Nein wirklich, ich sitze wunderbar. Und ich fahre furchtbar gerne Lastwagen“, sagte Regine. Sie mußte es sehr laut sagen, denn der zweite Gang, den der Fahrer gerade eingeschaltet hatte, machte einen fürchterlichen Krach, so einen Krach, daß man eigentlich regelrecht schreien mußte, um sich verständlich machen zu können.

„Ja? Man sieht ja auch mehr von der Landschaft als von einem so lächerlichen niedrigen Personenwagen aus“, sagte der Fahrer stolz und bescheiden. Er war ein älterer Mann, braungebrannt und ein wenig bartstoppelig, aber mit so guten braunen Augen, daß man ihn gleich gern haben mußte. „Sieh mal, da unten! Wir sitzen hier wie der Kapitän auf einem Ozeandampfer, hoch oben, und das da sind die kleinen Motorboote.“ Er wies auf einen kleinen Personenwagen, der sie eben überholte und an ihnen vorbeiwitschte. Regine nickte.

„Wirklich!“ Ja, wie auf einem Dampfer kam sie sich vor, der ins weite Meer hinaussteuert. Beinahe meinte sie, ihre Reise sei eigentlich viel schöner und großartiger als die Axels. Natürlich, der freute sich schrecklich, aber er wußte doch wenigstens, wohin er kam. Nach Rom, von dem er schon so viele Bilder gesehen und ihr gezeigt hatte. Sie aber fuhr in ein ganz unbekanntes Land, an einen Ort, den weder sie noch Axel gesehen hatte. Vielleicht gab es Grüningen am Ende gar nicht? Vielleicht war es nur ein Druckfehler auf der Karte?

„Waren Sie schon einmal dort? Ich meine, in Grüningen“, sagte sie aus diesem Gedankengang heraus. Man konnte sich jetzt in normaler Lautstärke unterhalten.

„Freilich, ich bin oft daran vorbeigefahren. Freust du dich denn darauf, dorthin zu kommen?“ Wilm schien ihm einiges erzählt zu haben.

„Ja, sicher. Nur – ob die Leute dort sich freuen, wenn ich komme?“

„Sie werden schon. Es sind doch Verwandte von dir?“

„Ja, die Frau ist Mutters Schwester. Aber sie hat schon selbst vier Kinder.“

„Ha no, ich hab’ auch fünf“, sagte der Fahrer tröstend. Regine lachte ihn dankbar an.

„Buben oder Mädel?“

„Vier Buben und ein Mädel.“

„Was? Wirklich?“

„Ja. Wir haben uns immer ein Mädel gewünscht, und schließlich kam es auch noch. Wenn man so etwas überhaupt sagen darf – das Mädel ist mir fast das liebste von allen“, sagte er. Etwas Schöneres hätte Regine nicht hören können.

Ach nein, Regines Herz war nicht schwer. Der Abschied von Axel hatte natürlich weh getan, aber man konnte ja gar nicht trüb und traurig sein, wenn man bei solchem Wetter, in einer so bezaubernden Gegend und noch dazu in dieser Jahreszeit fuhr! Es war wohl der schönste Frühlingsmorgen, den der liebe Gott sich in seiner besten Laune ausgedacht hatte. In der Ferne lag ein zarter Dunst über den Wäldern; hier an der Landstraße rechts und links blühten die Bäume weiß und rosa, und die Wiesen lagen in schimmerndem Grün in der Sonne. Der Schatten des Lasters, der eilig neben ihnen herlief, war auf dem betauten Gras umstrahlt von einem hellgoldenen Kranz. Regine beobachtete dies schon die ganze Zeit und wies jetzt hinaus, zeigte es ihrem Begleiter.

„Sehen Sie mal, Herr Burger, wir sind golden eingerahmt.“

Er lachte.

„Glaubst du, daß ich das noch nie gesehen hätte? Freilich, wir müssen nach vorn sehen, wir Fahrer. Oder höchstens in den Rückspiegel, wenn uns jemand überholen will. Aber neulich hatte ich mein kleines Mädel mitgenommen. Es ist noch etwas jünger als du. Die hat mir das auch gezeigt. Ihr habt eben doch offnere Augen als unsereiner.“

„Vielleicht für so etwas. Aber sonst nicht. Sehen Sie, daß der an uns vorbei wollte, hatte ich noch nicht gemerkt.“

„Der darf auch nicht“, sagte Burger und schmunzelte schadenfroh. Ein sehr eleganter Wagen, niedrig, dunkelrot, besetzt mit einem einzelnen Herrn, wollte sie schon seit einem Weilchen überholen. Er kam aber nicht dazu. Immer wieder kam ihnen ein anderes Fahrzeug entgegen, das er erst vorbeilassen mußte.

Regine, in ihrer hellen Frühlingsstimmung, beugte sich aus dem Fenster, dessen Scheibe sie heruntergekurbelt hatte, schaute rückwärts und winkte ihm lachend zu. Gerade mußte er wieder seine vorwitzige Kühlernase, als er eben im Begriff gewesen war, an ihnen vorbeizuflitzen, zurückziehen und brav hinter ihnen bleiben, bis der Lastzug, der ihnen entgegenkam, vorbeigebrummt war. Regine hatte sich mit ihrer Kleinmädel-Schmalheit auf die linke Seite des Fahrers gesetzt, weil man da mehr sehen konnte. Rechts von ihnen lagen auf dem breiten Ledersitz ihr Rucksack und ihr neuer kleiner Koffer, den Axel ihr noch gekauft hatte.

„Gelt, der ist bös! Na, wenn er erst auf der Autobahn fährt, kann er überholen, soviel er will“, brummte Burger und sah dem Wagen nach, der jetzt endlich vorbeigeschossen war. Ein bitterböser Blick war zu ihnen heraufgefunkelt in der Sekunde, in der sie auf gleicher Höhe fuhren. Der Herr schien gemeint zu haben, Regine lache ihn aus.

„Laß ihn sausen!“

„Kommen wir wirklich auf die Autobahn, und fahren wir lange drauf?“ fragte Regine.

„Bis Kassel. Weil ich heute leer fahre. Ich lade erst in Paderborn. Sonst benutze ich hier die Autobahn nicht. Sie ist mir zu bergig. Wenn man geladen hat, fährt man lieber um die Berge herum, wo es möglich ist. Aber ohne Ladung tu ich es schon.“

„Oh!“ Regine setzte sich erwartungsvoll aufrecht. „Und jetzt sind wir gleich da?“ Sie hatte das blaue Schild gesehen.

„Ja, und sie ist schön. Gerade diese Strecke. Ich habe dir extra gesagt, du sollst dich auf diese Seite hier setzen, da siehst du bei Hersfeld die schöne alte Burg. Ich glaube, sie ist jetzt als Jugendherberge eingerichtet.“

„Sie sind lieb“, sagte Regine aufatmend. „Überhaupt, daß ich mit Ihnen fahren darf!“

„Na, na!“ brummte er. „Ich dachte an mein Mädel. Das hat noch vier Brüder und Vater und Mutter. Und wen hast du noch?“

„Einen Bruder hab’ ich auch noch“, sagte Regine schnell. „Und der ist wirklich gut. Bloß eben – jetzt ist er nicht da!“

„So. Aber nun gib acht!“ sagte Herr Burger.

Wie schön rollte der Wagen jetzt auf der ebenen Glätte nach der holprigen Zubringerstraße! Es war ein Genuß zu fahren. „Weißt du was? Jetzt trinken wir erst einmal richtig Kaffee“, schlug er vor. „Hier gibt es schöne Rasthäuser.“

„Kommt jetzt eins?“ fragte Regine.

„Ja, dort halte ich meistens. Die Leute haben ein zahmes Reh. Willst du es einmal ansehen?“

„Ist deshalb hier das Bild von dem Rehbock?“ fragte Regine interessiert. Sie waren an einem Schild vorbeigefahren, auf dem ein lebensgroßer Rehbock zu sehen war.

„Nein“, sagte Herr Burger und lachte, „das nicht. Aber hier ist ein Wildwechsel. Weißt du, was das ist? Ein Weg, den die Rehe benützen, wenn sie über die Autobahn wechseln. Da müssen die Fahrer besonders achtsam sein, damit sie kein Tier verletzen, sowohl bei Tag als auch in der Nacht.“

„Fahren Sie denn auch in der Nacht?“ staunte Regine.

„Natürlich, oft. So, jetzt sind wir da.“

Herr Burger fuhr den Wagen rechts heran und bremste. Hier war auch eine Tankstelle, und Wagen aller Art standen dort. Regine sprang hinaus, ihr Fahrer folgte. Sie gingen zum Rasthaus hinüber.

Das war ein schöner, neuer Bau, hell, mit schmiedeeisernen Gittern vor den Fenstern, und darin war es besonders gemütlich. Die Wände waren mit hellem Holz getäfelt, die Tische weiß gescheuert, und alles war freundlich und sauber. Herr Burger bestellte für Regine und sich selbst je ein tüchtiges Fernfahrerfrühstück.

„Ich lade dich selbstverständlich ein, du brauchst nichts zu bezahlen“, sagte er beruhigend. Regine sprang hinaus in die Küche, sie wollte so gern das zahme Reh sehen.

Als sie durch die Gaststube ging, stieß sie um ein Haar mit einem Herrn zusammen, der eben durch die hintere Tür hereintrat. Sie wich ihm gerade noch aus und war selbst sehr erschrocken, weil es beinah einen Zusammenstoß gegeben hätte. Aber ihr „Oh, Entschuldigung!“ bekam nur ein undeutliches Brummen zur Antwort. Sie war froh, gleich darauf draußen zu sein. In dem Augenblick, in dem sie den Herrn angesehen hatte, hatte sie ihn erkannt. Es war der Fahrer des dunkelroten Wagens, der sie während der Fahrt einigemal zu überholen versucht hatte.

In der Küche stand eine freundliche, runde Frau am Herd und brühte eben Kaffee auf. Ihr ganzes Gesicht glänzte vor Behagen und Gutmütigkeit. Regine fragte sie zutraulich nach dem Reh.

„Natürlich kannst du es sehen. Es ist draußen im Garten hinter dem Haus. Nein, es tut nichts, du kannst es gern streicheln. Warte, ich gehe mit dir, ich muß sowieso draußen nach dem Rechten sehen.“

Die Frau wollte einen Eimer mit Hühnerfutter aufnehmen, der neben dem Herd stand. Regine bückte sich rasch und kam ihr zuvor.

„Ich kann ihn auch tragen!“

Sie gingen zusammen hinaus in den Garten. Der war mit einem Drahtzaun umgeben. Gleich dahinter begann der Wald.

„Den Zaun haben wir nur der Hühner wegen gesetzt. Unser Rickele reißt nicht aus“, sagte die Frau und lockte das Reh. Es äugte aus seinen sanften braunen Lichtern zu ihnen herüber, hob das lackschwarze Geäse und kam ganz vertraut zu ihnen heran. Regine streichelte es vorsichtig, damit es nicht erschrecke, und sprach zärtlich mit ihm. Nein, was für ein unwahrscheinlich zartes Tier solch ein Reh war. Sie hatte noch nie eins so nahe gesehen.

Sie fütterten dann zusammen die Hühner und freuten sich an dem eifrigen Gepicke der bunten Schar. Schließlich aber meinte die Frau, sie müsse jetzt schnell wieder in die Küche, die Herren warteten ja auf den Kaffee.

„Ich komme mit“, sagte Regine und lief voran, den Eimer in der Hand. Vor der Hintertür des Hauses lagen ein paar Kartoffelschalen verstreut. Regine sprang darüber hinweg, die Frau aber hatte wohl nicht hingesehen. Sie trat darauf und rutschte aus. Bums! Regine drehte sich erschrocken um. Da lag die dicke, freundliche Frau am Boden und stöhnte.

„Warten Sie, ich helfe Ihnen auf!“ Regine war sehr hilfsbereit und stützte die Verunglückte. Diese ächzte und humpelte mühsam in die Küche hinein.

„Mein Fuß! Ich muß ihn mir vertreten haben!“

Ja, nun war guter Rat teuer. Die Wirtsfrau hockte auf einem Küchenstuhl und rieb stöhnend an ihrem Knöchel herum, und drinnen mußte bedient werden.

„Gebrochen ist er nicht“, murmelte sie auf Regines mitfühlende Frage hin. „Aber er tut so weh. Ruf die Maria, sie muß oben sein. Sie soll schnell herunterkommen!“