Das Resilienzbuch - Robert Brooks - E-Book

Das Resilienzbuch E-Book

Robert Brooks

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Beschreibung

Aktuell wie nie: Kinder und Jugendliche stärken! - Wie helfen wir unseren Kindern dabei, ihre seelische Widerstandskraft zu entwickeln? - Empfehlungen für Eltern und Erzieher:innen Was können Eltern tun, um ihre Kinder für die Belastungen des Lebens zu stärken? Wie kommt es, dass ein Kind eine Niederlage gut wegsteckt, ein anderes dagegen daran zerbricht? Wieso gelingt es manchen Kindern, aus Krisen sogar gestärkt hervorzugehen? Welche Eigenschaften bringen diese Kinder mit, und welche Weichen für seelische Widerstandskraft werden schon in der Kindheit gestellt? Diesen und weiteren Fragen widmen sich die erfahrenen Kindertherapeuten Robert Brooks und Sam Goldstein. Schritt für Schritt erklären sie, was Eltern und Erzieher:innen dafür tun können, dass die Kinder »stark« werden und die entscheidenden Ressourcen erwerben, die es ihnen ermöglichen, ihre Lebensbelastungen erfolgreich zu bewältigen.

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Seitenzahl: 683

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Cover for EPUB

Was Eltern und Erzieher auszeichnet, die ihren Kindern Resilienz vermitteln können:

empathisch sein

richtig kommunizieren

die Kinder akzeptieren

negative Lebensskripte ändern

Kompetenzen der Kinder fördern

Kindern helfen, Verantwortung übernehmen zu lernen

und Probleme lösen lernen

Robert Brooks / Sam Goldstein

Das Resilienz-Buch

Kinder fürs Leben stärken

Mit einem Vorwort von Edgar Friederichs

Aus dem Amerikanischen von Ulrike Stopfel

Klett-Cotta

IMPRESSUM

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Klett-Cotta

www.klett-cotta.de

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »Raising resilient children: fostering strength, hope and optimism in your child« im Verlag Contemporary Books, Chicago u. a.

© 2001 by Robert Brooks and Sam Goldstein

Für die deutsche Ausgabe

© 2007, 2023 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Printed in Germany

Cover: Weiß-Freiburg GmbH, Freiburg

Unter Verwendung eines Fotos von PeopleImages / iStock by Getty Images

Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Printausgabe: ISBN 978-3-608-98741-6

E-Book: ISBN 978-3-608-12228-2

PDF-E-Book: ISBN 978-3-608-20647-0

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutsche Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

INHALT

Vorwort für die deutsche Ausgabe

Vorwort der Autoren

1Die Träume und Wunschvorstellungen der Eltern

Die Welt- und Lebensorientierung des resilienten Kindes

Resilienz fördernde Welt- und Lebensorientierung der Eltern

Empathie

Klare Äußerungen und aktives Zuhören

Das Abwandeln »negativer Skripts«

Unsere Kinder – als Menschen in ihrem eigenen Wert geschätzt und willkommen

Akzeptanz und Hilfe bei der Formulierung realistischer Erwartungen und Ziele

Erfolgserlebnisse durch Identifizierung und Stärkung von »Kompetenzinseln«

Aus Fehlern wird man klug

Verantwortungsbereitschaft, Mitgefühl und soziales Gewissen

Problemlösefähigkeit und Entscheidungskompetenz

Regeln und Vorschriften zur Förderung von Selbstdisziplin und Selbstwertgefühl

Unsere Kinder, unsere Zukunft

2Empathie lehren und vermitteln

Welche Funktion hat Empathie?

Ohne Empathie geht es nicht!

Erstes Hindernis: Wir praktizieren, was wir gelernt haben, oder: Die Geschichte hat die unselige Eigenschaft, sich zu wiederholen

Zweites Hindernis: Empathie aufzubringen fällt schwer, wenn Sie wütend sind

Drittes Hindernis: »Mein Kind hat nichts anderes im Sinn als mich zu ärgern«

Viertes Hindernis: Empathie und Erziehung widersprechen sich

Umschalten auf eine empathische Sicht der Dinge

Erste Richtlinie: Beginnen Sie mit Empathie

Zweite Richtlinie: Lassen Sie sich von Ihrer Erfahrung leiten

Dritte Richtlinie: Setzen Sie Ihre Empathie in die Tat um

Der heilsame Einfluss der Empathie

3Wirksames Kommunizieren

Kommunikation und eine resiliente Welt- und Lebensorientierung

Auf zum Mittagessen!

Kontrollmöglichkeiten wahrnehmen

Hindernisse auf dem holprigen Weg zur erfolgreichen Kommunikation

Erstes Hindernis: Wir setzen ein, was wir gelernt haben

Zweites Hindernis: Ärger trübt die Kommunikation

Drittes Hindernis: Wollen unsere Kinder uns »fertigmachen«?

Zehn Schritte zur wirksamen Kommunikation: Zuhören – lernen und verstehen – Einfluss nehmen

Schritt Eins: Fangen Sie mit dem Augenblick der Geburt Ihres Kindes an

Schritt Zwei: Gehen Sie handlungsorientiert (proaktiv) vor

Schritt Drei: Hören Sie aktiv zu

Schritt Vier: Sagen Sie unbedingt: »Ich habe dich gehört«

Schritt Fünf: Ein fairer Ton

Schritt Sechs: Äußern Sie sich nicht wie ein Richter oder Ankläger

Schritt Sieben: Äußern Sie sich kurz und verständlich

Schritt Acht: Seien Sie ein Vorbild für Würde und Ehrlichkeit

Schritt Neun: Bleiben Sie geduldig, wenn Ihre Kinder die gleiche Frage mehrmals stellen

Schritt Zehn: Würzen Sie Ihre Kommunikation mit Humor

Kommunikation und Resilienz

4Erziehungsauftrag und Wortwahl

Beharrlichkeit und Voraussagbarkeit: Gute, schlechte und untaugliche Skripts

Wie kommen negative Skripts zustande, und warum wiederholen wir missglückte Abläufe immer wieder?

Erstes Hindernis: Eine Größe passt allen; Kinder sind im Grunde alle gleich

Zweites Hindernis: Wenn ich plötzlich anders mit meinem Kind spreche, verziehe ich es

Drittes Hindernis: Für mich war es gut genug, oder: Aus mir ist ja schließlich auch etwas geworden

Viertes Hindernis: Unsere Kinder wissen unsere harte Arbeit und unsere elterlichen Bemühungen nicht genügend zu schätzen

Fünftes Hindernis: Ich bestimme, was ein realistisches Ziel ist

Sechstes Hindernis: Das Übergepäck aus der Vergangenheit

Fünf Leitsätze für die Abfassung positiver Skripts

Erster Leitsatz: Akzeptieren Sie den Gedanken, dass Sie sich ändern müssen

Zweiter Leitsatz: Das Problem kennen – Das Ziel kennen

Dritter Leitsatz: Machen Sie sich klar, was Sie bisher getan haben und warum es nicht funktioniert hat

Vierter Leitsatz: Suchet, so werdet ihr finden – Für jedes Problem gibt es eine befriedigende Lösung

Fünfter Leitsatz: Wenn Sie beim ersten Mal keinen Erfolg sehen, versuchen Sie es erneut

Wir schreiben die Skripts, also können wir sie auch umformulieren

5Liebe und Wertschätzung

Das Gefühl, geliebt zu werden

Liebe und der »charismatische Erwachsene«

Resilienz und das Gefühl, geliebt zu werden

Lieben ist schwer, wenn man selbst keine Liebe empfangen hat

Liebe oder Schlendrian?

Wie Sie Ihren Kindern das Gefühl vermitteln können, dass sie geliebt und als sie selbst geschätzt sind – Sechs Schritte

Schritt Eins: Lassen Sie sich von den Erinnerungen an Ihre eigene Kindheit leiten

Schritt Zwei: Schaffen Sie Traditionen und »Extra-Zeiten«

Schritt Drei: Lassen Sie bedeutsame Anlässe nicht ungenutzt verstreichen

Schritt Vier: Zeigen Sie offen, dass Sie Ihr Kind lieben

Schritt Fünf: Aufbauen, nicht wegmeißeln

Schritt Sechs: Akzeptieren Sie Ihr Kind um seiner selbst willen

6Das Kind akzeptieren – so wie es ist

Akzeptanz als Voraussetzung von Resilienz

Akzeptanz und das Temperament des jeweiligen Kindes

Das »einfache« Kind

Das »langsam auftauende« Kind

Das »schwierige« Kind

Akzeptanz und das Problem der ungleichen Temperamente und Fähigkeiten

Akzeptanz und die Formulierung angemessener Erwartungen und Zielvorstellungen

Vier Schritte zur Akzeptanz

Schritt Eins: Machen Sie sich kundig

Schritt Zwei: Nehmen Sie Ihre Einstellung und Ihre Erwartungen unter die Lupe

Schritt Drei: Nehmen Sie erforderliche Anpassungen vor

Schritt Vier: Lassen Sie sich auf einen Prozess der Zusammenarbeit ein

7Erfolgserfahrungen

Hindernisse, die der Festigung von Kompetenzinseln entgegenstehen

Erstes Hindernis: Die Unfähigkeit, Freude am eigenen Erfolg zu empfinden

Zweites Hindernis: Das Festhalten an einem dürftigen Selbstwertgefühl

Drittes Hindernis: Die Entscheidung für negative Aktivitäten

Viertes Hindernis: Die Messlatte wurde zu hoch gelegt

Fünftes Hindernis: Nur die Eltern bestimmen, was Erfolgserfahrungen sind

Prinzipien für die Stärkung kindlicher Erfolgserfahrungen

Erstes Prinzip: Freuen Sie sich an den Leistungen Ihrer Kinder und zeigen Sie diese Freude offen

Zweites Prinzip: Betonen Sie das, was Ihre Kinder von sich aus zu ihrem Erfolg beitragen

Drittes Prinzip: Identifizieren und verstärken Sie die Kompetenzinseln Ihres Kindes durch »Umfeldpflege«

Viertes Prinzip: Lassen Sie Ihren Kindern Zeit zur Entwicklung ihrer Stärken

Fünftes Prinzip: Akzeptieren Sie die einmaligen Stärken und Erfolge jedes Kindes

Erfolg motiviert zu Wiederholung

8Aus Fehlern lernen

Fehler und Rückschläge verstehen

Hindernisse, die den produktiven Blick auf eigene Fehler verstellen

Erstes Hindernis: Temperamentsmerkmale und biologische Faktoren

Zweites Hindernis: Negative Kommentare der Eltern

Drittes Hindernis: Die Eltern hängen die Messlatte zu hoch

Viertes Hindernis: Der falsche Umgang mit der Angst vor Fehlern

Wie können wir unseren Kindern helfen, mit Fehlern und Misserfolgen umzugehen?

Erstes Prinzip: Gehen Sie mit gutem Beispiel voran

Zweites Prinzip: Gehen Sie realistisch und selbstkritisch mit Ihren Erwartungen um

Drittes Prinzip: Vermitteln Sie so klar und nachdrücklich wie möglich, dass Fehler nicht nur akzeptiert, sondern sogar erwartet werden

Viertes Prinzip: Machen Sie Ihre Liebe nicht von Bedingungen abhängig

Keine Furcht vor Fehlern

9Verantwortungsbereitschaft, Mitgefühl und soziales Empfinden

Tätige Anteilnahme und Resilienz

Der Mythos vom mangelnden Verantwortungsgefühl

Die gedankenlose Gleichsetzung von routinemäßigen Arbeiten mit »Verantwortung«

Der Tunnelblick

Das Ungleichgewicht zwischen Erwartungen und Fähigkeiten

Wie können wir unseren Kindern helfen, Verantwortung, Mitgefühl und soziales Empfinden auszubilden?

Erstes Prinzip: Seien Sie ein Vorbild für Verantwortungsbewusstsein

Zweites Prinzip: Sorgen Sie dafür, dass Ihre Kinder sich als Helfer fühlen können

Drittes Prinzip: Machen Sie karitatives Engagement zur Familientradition

Viertes Prinzip: »Das Grobe« bleibt uns nicht erspart – verteilen wir diese Arbeiten also auf faire Weise

Fünftes Prinzip: Betrachten Sie das Leben Ihres Kindes aus der Vogelperspektive

Impuls und Gelegenheit

10Problemlösefähigkeit und Entscheidungskompetenz

Problemlösefähigkeit und Resilienz

Hindernisse für die Ausbildung von Problemlösefähigkeit und Entscheidungskompetenz

Erstes Hindernis: Die Annahme, dass jüngere Kinder noch nicht selbst imstande sind, Entscheidungen zu treffen

Zweites Hindernis: Die Erwartungen übersteigen die Fähigkeiten der Kinder

Drittes Hindernis: Kinder dürfen Entscheidungen treffen – wenn sie sich für das entscheiden, was wir für das Beste halten

Prinzipien, die Sie bei der Aufgabe leiten können, die Problemlösefähigkeit und Entscheidungskompetenz Ihres Kindes zu stärken

Erstes Prinzip: Machen Sie vor, wie man Probleme angeht und löst

Zweites Prinzip: Bieten Sie frühzeitig Wahlmöglichkeiten an

Drittes Prinzip: Halten Sie sich im Rahmen Ihrer Lösungsversuche an einen bestimmten Ablauf

Das Lebensschiff steuern

11Erziehung zur Disziplin

Disziplin und Resilienz

Hindernisse, die einer Erziehung zur Resilienz entgegenstehen

Erstes Hindernis: Wir praktizieren, was wir gelernt haben, oder: »Wenn es für mich gut genug war, ist es auch für meine Kinder gut genug«

Zweites Hindernis: Der krisenorientierte und auf Strafe setzende Erziehungsstil

Drittes Hindernis: Ein strenger und demütigender Erziehungsstil (Schläge, verbale Attacken)

Viertes Hindernis: Eine widersprüchliche und inkonsequente Erziehungspraxis

Fünftes Hindernis: Große Unterschiede im Erziehungs- und Bestrafungsverhalten von Vater und Mutter

Sechstes Hindernis: »Ich will, dass mein Kind mich liebt«

Siebtes Hindernis: Das Kind wird für die unrealistischen Erwartungen der Eltern bestraft

Erziehungsgrundsätze, die es Kindern ermöglichen, eine resiliente Orientierung auszubilden

Erster Grundsatz: Selbstdisziplin und Selbstkontrolle als vordringliches Erziehungsziel

Zweiter Grundsatz: Vorbeugen, vorbeugen, vorbeugen

Dritter Grundsatz: Eltern sollten als Team auftreten

Vierter Grundsatz: Seien Sie konsequent, aber nicht starr

Fünfter Grundsatz: Bieten Sie ein Vorbild für Gelassenheit und rationales Verhalten

Sechster Grundsatz: Überlegen Sie sich gut, was Sie zum Gegenstand von Auseinandersetzungen machen wollen

Siebter Grundsatz: Stützen Sie sich nach Möglichkeit auf natürliche und logische Konsequenzen und nicht auf willkürliche und strafende Maßnahmen

Achter Grundsatz: Überlegen Sie sich, was Ihr Kind kann und was es nicht kann, und bestrafen Sie es nicht dafür, dass Ihre Erwartungen unrealistisch waren

Neunter Grundsatz: Ermutigung und positive Rückmeldungen sind die wirksamsten Instrumente einer Erziehung zur Disziplin

Üben Sie Ihre Aufgabe als Erzieher gut aus

12Das Bündnis zwischen Elternhaus und Schule

Schule und Resilienz

Prinzipien eines produktiven Eltern-Lehrer-Verhältnisses

Erstes Prinzip: Eltern und Lehrer sind Partner

Zweites Prinzip: Bleiben Sie während des Schuljahrs in regelmäßigem Kontakt

Drittes Prinzip: Üben Sie Empathie, Empathie, Empathie …

Viertes Prinzip: Die Erziehung zur Resilienz ist der Leitgedanke in der Zusammenarbeit zwischen Eltern und Lehrern

Fünftes Prinzip: Eltern und Lehrer verhalten sich proaktiv

Schulische Interventionen

Erstes Prinzip: Praktizieren Sie Empathie

Zweites Prinzip: Ändern Sie negative Skripts, wenn Sie das von den Schülern ebenfalls erwarten

Drittes Prinzip: Sorgen Sie dafür, dass alle Schüler sich willkommen und wertgeschätzt fühlen

Viertes Prinzip: Formulieren Sie realistische Erwartungen, die individuell auf das Kind zugeschnitten sind, und nehmen Sie gegebenenfalls Änderungen daran vor

Fünftes Prinzip: Sprechen Sie über die Bedeutung von Fehlern im Lernprozess

Sechstes Prinzip: Fördern Sie Verantwortungsbereitschaft und Mitgefühl

Siebtes Prinzip: Vermitteln Sie Problemlösefähigkeit und Entscheidungskompetenz

Achtes Prinzip: Setzen Sie disziplinierende Maßnahmen ein, um die Selbstdisziplin zu fördern

Den Besucherteppich ausrollen

13Mut und Hoffnung

Eds Geschichte

Die Sitzungen mit Lisa

Was wollen und was brauchen Kinder?

Rumpelstilzchen und die Rote Königin

Unser Vermächtnis für die nächste Generation

14Anhang: Die Ratschläge aus den einzelnen Kapiteln im Überblick

Kapitel 1  Die Träume und Wunschvorstellungen der Eltern

Zehn Wegweiser

Kapitel 2  Empathie lehren und vermitteln

Hindernisse, die einer empathischen Reaktion entgegenstehen können

Richtlinien, die Ihre Empathiefähigkeit fördern

Kapitel 3  Wirksames Kommunizieren

Hindernisse auf dem holprigen Weg zur erfolgreichen Kommunikation

Zehn Schritte zur wirksamen Kommunikation: Zuhören – lernen und verstehen – Einfluss nehmen

Kapitel 4  Erziehungsauftrag und Wortwahl

Fehleinschätzungen, aus denen negative Skripts entstehen

Fünf Leitsätze für die Abfassung positiver Skripts

Kapitel 5  Liebe und Wertschätzung

Hindernisse

Wie Sie Ihren Kindern das Gefühl vermitteln können, dass sie geliebt und als sie selbst geschätzt sind

Kapitel 6  Das Kind akzeptieren – so wie es ist

Vier Schritte zur Akzeptanz

Kapitel 7  Erfolgserfahrungen

Hindernisse, die der Festigung von Kompetenzinseln entgegenstehen

Wie stärken wir die Erfolgserfahrung unserer Kinder?

Kapitel 8  Aus Fehlern lernen

Hindernisse, die den produktiven Blick auf eigene Fehler verstellen

Wie können wir unseren Kindern helfen, mit Fehlern und Misserfolgen umzugehen?

Kapitel 9  Verantwortungsbereitschaft, Mitgefühl und soziales Empfinden

Der Mythos vom mangelnden Verantwortungsgefühl

Wie können wir unseren Kindern helfen, Verantwortung, Mitgefühl und soziales Empfinden auszubilden?

Kapitel 10  Problemlösefähigkeit und Entscheidungskompetenz

Hindernisse, die der Ausbildung von Problemlösefähigkeit und Entscheidungskompetenz entgegenstehen

Wie stärken wir die Problemlösefähigkeit und Entscheidungskompetenz unserer Kinder?

Kapitel 11  Erziehung zur Disziplin

Hindernisse, die einer Erziehung zur Resilienz entgegenstehen

Was ermöglicht es Kindern, eine resiliente Orientierung auszubilden?

Kapitel 12  Das Bündnis zwischen Elternhaus und Schule

Prinzipien eines produktiven Eltern-Lehrer-Verhältnisses

Schulische Interventionen

Übersicht über die Geschichten der einzelnen Kinder

Literatur

Empfohlene Literatur

VORWORT FÜR DIE DEUTSCHE AUSGABE

Lerndefizite, Gewalt an Schulen, Jugendarbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit geben in letzter Zeit vermehrt Anlass, sich Gedanken zu machen über neue Ansätze für eine zukunftsorientierte Förderung unserer zum Teil überforderten Kinder und Jugendlichen. Wichtige Symptome der Überforderung sind u.a. erhöhte Gewaltbereitschaft, Drogenkonsum und erhöhte Krankheitsanfälligkeit. Angesichts einer deutlichen Zunahme psychischer Krankheiten hat in diesem Zusammenhang die Bundesärztekammer in Deutschland auf den »bedrohlichen Vormarsch« von Depressionen, Suchtkrankheiten, Essstörungen und aggressivem Verhalten aufmerksam gemacht. Insbesondere müssten weit verbreitete psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen viel früher behandelt werden. Beeindruckende biomedizinische Erfolge verführen heutzutage zu hohen Ansprüchen und Erwartungen an die Möglichkeiten des medizinischen Versorgungssystems insgesamt. In der Medizin legen wir daher traditionell mehr Wert auf die Behandlung als auf die Prävention. Während sich die klassische Medizin also weitgehend auf die Reduzierung und Ausschaltung von Risikofaktoren von Symptomen (Krankheitsvermeidung, Früherkennung, Vermeidung von Krankheitsfolgen) konzentriert – wir nennen dies den pathogenetischen Ansatz –, geht es in einem sogenannten salutogenetischen Ansatz primär um Wirkfaktoren für die Gesundheit, so z.B. um die Frage, warum Kinder und Jugendliche trotz vielfältiger Belastungen und Stressoren gesund bleiben.

In den Vereinigten Staaten und in anderen angloamerikanischen Ländern wie Australien und Neuseeland werden schon seit Längerem Ansätze und Strategien entwickelt, junge Menschen in ihrer Entwicklung stärker zu fördern. Ziele all dieser Ansätze sind eine angemessene Gesundheitsversorgung und primärpräventive Programme zur Resilienzentwicklung der Jugendlichen.

Es besteht ein dringender Bedarf an Instrumenten zur Bewertung der Resilienzentwicklung. Hierzu muss auch die Kinder- und Jugendmedizin in Deutschland Konzepte entwickeln. Das Buch von Sam Goldstein und Robert Brooks versucht diese Lücken im deutschsprachigen Bereich zu schließen. Es formuliert vor allem neue Gedanken zur Prävention, insbesondere zur Primärprävention.

Das von Goldstein und Brooks in ihrem Buch beschriebene Resilienzkonzept beschäftigt sich mit Kindern und Jugendlichen, die sich trotz bedeutsamer Risiken positiv entwickeln und gesunde Erwachsene werden. Welche Faktoren sind es, die diese Kinder schützen, während andere, die vergleichbaren Belastungen und Risiken ausgesetzt sind, Probleme entwickeln?

Präventionsansätze bewegen sich in der Regel auf einer individuellen, strukturellen und sozialen Basis. Strukturelle und soziale Veränderungen können den Präventionsprozess unterstützen, aber individuelle Handlungsmöglichkeiten im familiären Bereich gibt es schon sehr viel früher. Die Autoren zeigen, wie auch im individuellen Bereich Primärprävention zu einer Resilienzentwicklung führen kann.

Der Leser erfährt, dass Resilienz im Prinzip durch drei Prädiktoren belegt ist, die a) innerhalb des Kindes, b) innerhalb der Familie und c) innerhalb der engeren Gemeinde zu finden sind. Wichtige Faktoren, die Eltern ihren Kindern auf ihrem Weg mitgeben können, sind Einfühlungsvermögen, Wege zur Konfliktlösung, wirksame Kommunikationsmethoden und das Aufzeigen individueller Kompetenzinseln. Eine resiliente Lebensorientierung zu haben heißt, Empathie (Einfühlungsvermögen) und Eigenverantwortlichkeit zu besitzen ebenso wie das Wissen um die Wirkung des eigenen Verhaltens auf andere und schließlich auch das Gefühl zu haben, wirkliche Erfolge erreichen zu können. Optimismus und Erfolg sind daher wichtige Faktoren einer resilienten Lebenseinstellung. Noch wichtiger ist es, dass Erfolg auch selbst als solcher wahrgenommen wird.

Resilienz sollte als unerlässliches Erziehungsziel angesehen werden, welches für alle Kinder anwendbar ist. Resiliente Kinder und Jugendliche sind optimistisch und haben ein hochentwickeltes Selbstwertgefühl im Gegensatz zum herrschenden Zeitgeist. Wir denken oft, wenn Kinder nicht mit Problemen in Kontakt kommen, ist es gut. Das ist falsch. Fehler bringen junge Menschen weiter und machen sie stark.

Dieses Buch macht Mut und unterstützt den Enthusiasmus, mit dem das Konzept Resilienz wirkt. Es steht für Primärprävention und Gesundheitsförderung durch frühzeitige Stärkung. Die Autoren zeigen Perspektiven und Entwicklungen auf und fordern ein Umdenken ein. In einer Zeit, in der Kritik an unserem hochtechnisierten, hochspezialisierten und wenig ganzheitlichen medizinischen Versorgungssystem lauter wird, kommt es genau zum richtigen Zeitpunkt.

Dieses Buch führt den Leser mit Hilfe einer Vielzahl unterschiedlichster Beispiele sehr illustrativ durch die theoretischen Ansätze des Resilienzkonzepts. Es vermittelt Ansätze zum Nachdenken über das eigene Tun, gibt darüber hinaus aber auch hilfreiche praktische Tipps zur Alltagsbewältigung. Es verbindet Vision mit Praxis, es bietet Eltern und all jenen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, die Chance, ein neues Feld der Gesundheitsvorsorge kennenzulernen. Den Verfassern Robert Brooks und Sam Goldstein ist zu danken, dass sie das Konzept Resilienz theoretisch beleuchten und durch viele praktische Beispiele anschaulich darstellen. Es gelingt ihnen, das Resilienzkonzept mit der Aussage »Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft« eindrucksvoll zu verbinden, denn die Idee der Resilienz wird nicht nur auf Kinder und Jugendliche angewandt, die aus schwierigen Verhältnissen kommen, sie wird vielmehr als ein allgemeines Entwicklungsziel für alle Kinder und Jugendlichen dargestellt.

Wenn Kinder unsere Zukunft sein sollen, dann muss mit diesem Anspruch eine Verpflichtung auf das Ziel ihrer resilienten Entwicklung einhergehen, d.h. Entscheidungskompetenzen und das Gefühl der Selbstwirksamkeit müssen zunehmend auf unsere Kinder übergehen. Wenn Medizin – insbesondere die Kinder- und Jugendmedizin – sich in Zukunft an diesem Ziel orientiert, dann können Kinder, Jugendliche und diejenigen, die sich mit ihnen beschäftigen, allesamt nur gewinnen. Ich wünsche diesem Buch eine große Verbreitung.

Priv.-Doz. Dr. med. Edgar Friederichs/Bamberg

VORWORT DER AUTOREN

Nach Jahren des Lebens in ihrem Versteck schrieb Anne Frank im Sommer 1944 in ihr Tagebuch:

Dazu kommt noch, dass ich außerordentlich viel Lebensmut habe, ich fühle mich immer so stark und imstande, viel auszuhalten, so frei und so jung! Als ich das zum ersten Mal merkte, war ich froh, denn ich glaube nicht, dass ich mich schnell unter den Schlägen beuge, die jeder aushalten muss.

Die Worte dieses resilienten jungen Mädchens, vor mehr als sechzig Jahren niedergeschrieben, stehen für Idee und Zielsetzung dieses Buches. Resilienz – die innere Stärke und Widerstandskraft, die Anne Frank so wortgewandt schilderte – half ihr, über Jahre hinweg mit widrigsten Lebensumständen fertigzuwerden. Eine robuste Welt- und Lebensorientierung ist für die jungen Menschen von heute nicht weniger wichtig. Die Widrigkeiten des täglichen Lebens bedrohen das gegenwärtige und zukünftige Wohlbefinden vieler Millionen Kinder in aller Welt.

Fünfzig Jahre gemeinsamer klinischer Tätigkeit haben uns gelehrt, welche Bedeutung der inneren Stärke und Widerstandskraft, dem, was wir mit Resilienz bezeichnen, im Leben von Kindern zukommt. Eine resiliente Welt- und Lebensorientierung, die Fähigkeit, mit widrigen Erfahrungen fertigzuwerden und sie zu überwinden, ist kein Luxus und keine Gabe, die einigen wenigen Kindern »zuteil wird«; sie ist vielmehr von essentieller Bedeutung für alle Kinder und wird mit der dramatisch zunehmenden Komplexität unserer Welt immer wichtiger.

In diesem Buch wollen wir die Ergebnisse unserer Forschung zum Thema Resilienz und zu der Frage, warum manche Kinder mit schlimmsten Lebensumständen fertigwerden, zusammenfassen und in praktischer Form vorlegen. Nach unserer Überzeugung ist es die wichtigste Aufgabe von Eltern und Erziehern, unseren Kindern eben diese Fähigkeiten auf Dauer zu vermitteln.

Diese unsere Überzeugung hatte einen hohen Preis. Wenn wir auf die Jahre unserer klinischen Tätigkeit zurückblicken, dann erkennen wir, dass viele Kinder den falschen Weg eingeschlagen haben, weil Eltern, Erzieher und andere Fachleute ihre Zeit und Kraft darauf verwandten, Defizite zu etablieren, anstatt die Stärken der Kinder zu wecken und zu fördern.

Dass Eltern vor allem die Probleme ihres Kindes im Blick haben, ist nicht schwer zu verstehen. Sogar uns Fachleuten ist das zugegebenermaßen passiert; wir haben es nicht anders gelernt. Klinische Psychologen werden in der Regel dazu angehalten, das, was an ihren Patienten in einem negativen Sinne »anders« ist, dingfest zu machen und anschließend Interventionen anzuraten, um das Symptom bzw. das Problem möglichst zu beheben. Wir alle haben noch gelernt, dass das Defizitmodell uns bei der Beantwortung der Frage helfen kann, in welcher Weise und warum ein Kind »anders« ist, und dass es darüber hinaus Strategien vorgibt, wie wir diese Andersartigkeit bessern oder beheben sollen. Heute sind wir dagegen überzeugt, dass unsere wichtigste Aufgabe darin besteht, allen Kindern dadurch eine bessere Zukunft zu ermöglichen, dass wir ihre Stärken ausfindig machen und fördern. Das Defizitmodell ist allerdings keineswegs geeignet, uns den Weg zu diesem Ziel zu weisen. Die Symptombeseitigung hat sich ganz einfach nicht als Synonym für ein auf Dauer besseres Ergebnis erwiesen. Heute wissen wir, dass die Eigenschaften und Merkmale, die wir in diesem Buch unter dem Begriff Resilienz beschreiben und die Sie bei Ihren Kindern wecken und fördern sollten, die Zukunft der Kinder sicherlich positiv verändern werden.

Wir haben im Rahmen unserer beruflichen Tätigkeit mit zahllosen Kindern und Jugendlichen gearbeitet, die alle möglichen Probleme medizinischer, entwicklungsbedingter, emotionaler und verhaltensmäßiger Art präsentierten. Im Laufe der Jahre stellten wir fest, dass wir zunehmend mehr Zeit auf das Gespräch mit den Eltern unserer kindlichen Klienten verwandten. Wir haben an zwei bedeutenden Universitäten gelehrt, haben fünfzehn Bücher sowie Dutzende von Artikeln und Buchbeiträgen veröffentlicht und mehrere Fachzeitschriften mit herausgegeben. Unsere individuelle Erfahrung als Psychologen ist in eine gemeinsame Sicht eingegangen, die das Herzstück dieses Buches bildet.

Das Buch ist so konzipiert, dass Sie es in verschiedener Weise lesen und wiederlesen können: Wir beschreiben die wichtigsten Kennzeichen einer resilienten Welt- und Lebensorientierung von Kindern ebenso wie die Einstellung, die wir als Erwachsene haben müssen, um Optimismus und Resilienz bei unseren Kindern zu fördern. Wir präsentieren viele spezifische Ideen und Strategien, mit deren Hilfe sich eine resiliente Einstellung fördern lässt. Je nach Ihrer speziellen Interessenlage und Ihrer Familiendynamik werden Sie vielleicht der einen oder anderen hier vorgetragenen Strategie mehr Aufmerksamkeit zuwenden wollen als den übrigen. Vielleicht wollen Sie auch gleich zu einem bestimmten Kapitel vorstoßen oder aber sich mit einem Kapitel immer wieder beschäftigen. Dabei kann Ihnen der Anhang behilflich sein, der Kapitel für Kapitel aufzählt, welche Hindernisse der Ausbildung einer resilienten Welt- und Lebensorientierung entgegenstehen und durch welche Strategien sich eine solche Orientierung wecken und fördern lässt. Wie immer Sie sich dieses Buch zunutze machen wollen, wir möchten, dass Sie sich über die Bedeutung einer resilienten Lebenseinstellung klar werden und dass Sie praktische Vorstellungen entwickeln, wie Sie Ihre Kinder zu resilienten Persönlichkeiten erziehen können.

Die vielen Familien, denen Sie in diesem Buch begegnen werden, sind repräsentativ für die Population, mit der wir es in unserer klinischen Praxis zu tun haben. Manche Geschichten sind zwar Zusammenfassungen unserer Erfahrungen, aber alle Beispiele spiegeln den Gang der Ereignisse für reale Individuen und Familien.* Wir hoffen, dass die hier präsentierten Gedanken, Grundsätze und Richtlinien Ihr Leben und das Leben Ihrer Kinder in einem positiven Sinn verändern werden.

1 DIE TRÄUME UND WUNSCHVORSTELLUNGEN DER ELTERN

Was wünschen sich Eltern in aller Regel für ihre Kinder? Glück, schulische Erfolge, Zufriedenheit mit dem Leben, dauerhafte Freundschaften – das ist es, was uns als Antwort auf diese Frage als Erstes in den Sinn kommt. Es ist wohl keine zu grobe Vereinfachung, wenn wir bei näherer Überlegung zu dem Schluss kommen, dass unsere Kinder, um diese unsere elterlichen Vorstellungen verwirklichen zu können, sich Tag für Tag kompetent und erfolgreich mit den Anforderungen und Notwendigkeiten auseinandersetzen müssen, auf die sie in ihrem Lebensumfeld treffen. Diese Bewältigungskompetenz bezeichnen wir als Resilienz.

Der Begriff Resilienz umfasst die Fähigkeit eines Kindes, mit Druck und Belastungen fertigzuwerden, die täglichen Herausforderungen zu bewältigen, sich angesichts von Enttäuschungen oder unerfreulichen und traumatischen Erfahrungen rasch wieder zu fangen, klare und realistische Zielvorstellungen zu entwickeln, Probleme zu lösen, gut mit den Mitmenschen zurechtzukommen, sich selbst und anderen mit Respekt zu begegnen. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen über Kinder in schwierigen Lebensumständen stützen das Konzept der Resilienz als eines sehr gewichtigen Faktors. Es erklärt, weshalb manche Kinder mit erschreckenden Hindernissen in ihrem Leben fertigwerden und größte Anstrengungen auf sich nehmen, um sich ihren Weg in ein erfolgreiches Erwachsenenleben zu bahnen, während andere ihren frühen Erfahrungen und Lebensumständen zum Opfer fallen.

Wir präsentieren das Resilienzkonzept in dieser Weise, weil wir uns wohl alle − unabhängig von unseren ethischen, kulturellen, religiösen oder wissenschaftlichen Überzeugungen − darin einig sind, dass wir alles tun müssen, um unsere Kinder zu lebenstüchtigen Menschen zu erziehen. Dass wir wissen, was getan werden muss, bedeutet allerdings noch nicht, dass wir auch wüssten, wie die Aufgabe zu lösen sein könnte. Viele von uns betrachten die Welt zunehmend als einen Ort, der dem Großziehen von Kindern eher feindlich gesonnen ist. Es wäre aber keine realistische Lösung, die Mauern rund um unsere Familien höherzuziehen und die Haustür zweimal abzuschließen, um eine offensichtlich toxische Lebenswelt draußenzuhalten. Die Welt um uns herum als familienfeindlich und für Kinder verderblich zu verteufeln – eine Welt, der wir in Wahrheit doch alle angehören und für deren Zustand wir in einem gewissen Umfang verantwortlich sind –, das wird uns kaum von der unguten Ahnung befreien, dass die Zukunft große Widrigkeiten für unsere Kinder bereithält.

In dieser beunruhigenden Situation sind sich wohl die meisten Eltern darin einig, dass Kinder eine kräftige Dosis Resilienz brauchen – aber sie sind sich nicht so sicher, wo sie anfangen sollen. Nach einer in den Vereinigten Staaten unter Eltern durchgeführten Umfrage ist die Ansicht weit verbreitet, es sei sehr viel schwieriger als noch vor zwanzig Jahren, Kinder zu »guten Menschen« zu erziehen (Donahue 1998): Zwei von drei der befragten Personen haben das Gefühl, ihre Sache »schlechter« zu machen; drei Viertel geben an, sie versuchten, gewisse Dinge anders zu machen, sie seien aber unsicher, was sie tun sollen oder ob das, was sie tun, letzten Endes sinnvoll ist. Viele meinen, man müsste die Welt um uns herum verändern, aber sie schrecken vor der riesigen Aufgabe zurück, Einfluss auf eine Welt zu nehmen, die sich mit Schallgeschwindigkeit bewegt. Kein Kind ist gegenüber seinem Umfeld immun. In unserer schnelllebigen und stresserfüllten Welt nimmt die Zahl der Kinder, die auf Schwierigkeiten treffen, und das Ausmaß der Schwierigkeiten, mit denen Kinder es zu tun haben, dramatisch zu. Selbst Kinder, die zu ihrem Glück gute Voraussetzungen mitbringen, erleben den Druck in ihrem Umfeld und spüren die Erwartungen, die auf ihnen ruhen.

Wir sollten also nicht alle unsere Energien auf die Veränderung der Welt um uns herum konzentrieren, sondern mit unseren Veränderungsbemühungen beim Umgang mit unseren Kindern ansetzen, wenn wir resiliente Persönlichkeiten erziehen wollen. Am Anfang muss dabei die Erkenntnis stehen, dass wir es uns nicht länger leisten können anzunehmen, dass unsere Kinder schon »prima geraten« werden, solange sie nicht auf besondere Belastungen oder Widrigkeiten stoßen.

Die Begegnung mit Tausenden von Eltern in unseren Sprechstunden und Workshops bestätigt uns immer wieder, dass das Resilienzkonzept in diesem Prozess im Mittelpunkt stehen sollte. Unsere Erfahrungen sagen uns allerdings auch, dass viele wohlmeinende und liebevolle Eltern die Praktiken entweder nicht kennen oder nicht nutzen, die dazu beitragen können, ein lebenstüchtiges Kind zu erziehen. Das Gefühl, als Eltern überfordert zu sein, belastende Einflüsse aus der Vergangenheit und Unkenntnis, was die neuesten Befunde der Entwicklungspsychologie angeht, sind nur einige von vielen Gründen, die sie daran hindern, Resilienz fördernde Praktiken anzuwenden – wobei diese sich im Grunde von selbst anbieten.

Die meisten Eltern sind sich darüber im Klaren, dass Kinder mehr Kompetenzgefühl und Selbstsicherheit entwickeln, wenn sie angesichts von Herausforderungen mit Unterstützung rechnen können. Als der zwölfjährige Michael von seinen Versuchen, ein Radio aus einem Bausatz zusammenzubauen, genervt war und alles stehen und liegen ließ, reagierte sein Vater, Mr.Burton, ärgerlich: »Ich hab dir doch gleich gesagt, das wird nichts. Du hast einfach nicht die Geduld, die Bauanleitung genau durchzulesen.« Mr.Burton wusste zwar, was sein Sohn in diesem Augenblick nötig hatte – nämlich Ermutigung und Hilfe, nicht aber Kritik –, aber seine Verärgerung stand einer hilfreichen Antwort entgegen und ließ ihn in einer Weise reagieren, die Michaels Vorsatz, auch bei schwierigeren Aufgaben durchzuhalten, ins Wanken brachte.

Ein ähnlicher Fall: Jane Jones, neun Jahre alt, kam weinend aus der Schule nach Hause und erzählte ihrer Mutter unter Schluchzen, ihre Freundinnen hätten in der Mittagspause nicht mit ihr zusammensitzen wollen und ihr gesagt, sie wollten sie nicht dabei haben. Jane war ratlos und traurig und fragte ihre Mutter, was sie tun sollte. Mrs.Jones wusste, dass die Fähigkeit, Probleme selbst zu lösen – eine Grundkomponente von Resilienz – zum Wichtigsten zählt, was Kinder entwickeln müssen. Anstatt aber mit ihrer Tochter über mögliche Lösungen des Problems zu sprechen, sagte sie aus einem Gefühl der Angst heraus, Jane solle den Mädchen klarmachen, wenn sie nicht mit ihr spielen wollten, dann wolle auch sie, Jane, nicht mehr mit ihnen spielen. Dieser mütterliche Rat mag für sich genommen ganz richtig gewesen sein; dass Mrs.Jones ihrer Tochter jedoch gleich ein ganz bestimmtes Vorgehen empfahl, anstatt sie zum Nachdenken über andere Lösungsmöglichkeiten zu veranlassen, verbaute dem Kind eine Gelegenheit, seine Problemlösefähigkeiten zu verbessern.

Kinder zu resilienten Persönlichkeiten zu erziehen, ist ein Ziel, das alle Eltern einen sollte – allerdings handelt es sich hier um einen Prozess, der nirgendwo gelehrt wird und der den meisten Eltern noch bis vor ganz kurzer Zeit nicht einmal als besonders wichtig dargestellt worden ist. Dass das Resilienzkonzept uns als Richtlinie bei unseren elterlichen Praktiken einfach nicht zur Verfügung stand, hat nach unserer Überzeugung die Probleme, mit denen so viele Kinder zu kämpfen haben, noch verschärft – sie sind nicht darauf vorbereitet, künftige Herausforderungen zu meistern. Wenn Eltern vom Begriff der Resilienz nichts wissen, werden ihre Anstrengungen möglicherweise fehlschlagen oder sogar kontraproduktiv wirken. Das heißt, vernünftiges und kluges Elternverhalten kann nicht zum Zug kommen, weil es an Information fehlt oder weil die verfügbare Information nicht genutzt wird.

Unserer Überzeugung nach beschreibt das Resilienzkonzept einen erzieherischen Prozess, der unabdingbar ist, wenn wir unsere Kinder erfolgreich auf die Zukunft vorbereiten wollen. Wir sollten uns also bei allen unseren Interaktionen mit Kindern von dem Grundsatz leiten lassen, dass wir ihr Resilienzvermögen stärken müssen, so dass sie imstande sind, angesichts der Herausforderungen des Lebens überlegt, vertrauensvoll, zweckgerichtet und empathisch zu handeln.

In manchen Kreisen wird der Begriff Resilienz vor allem im Zusammenhang mit jungen Menschen verwendet, die mit großen Belastungen und Schwierigkeiten fertiggeworden sind; Resilienz sollte aber elementarer Bestandteil eines jeden Erziehungsprozesses sein. Alle Familien entwickeln, basierend auf unzähligen Faktoren, ihre je einmaligen Zielvorstellungen und Werte, und sie können sich in diesem Prozess von einer Reihe Resilienz fördernder Strategien leiten lassen. Die Unterweisung unserer Kinder in Fragen der Freundschaft, der Religion, des sportlichen Verhaltens, im Umgang mit Fehlern, in der Frage des Teilens mit den Geschwistern und in Fragen der Verantwortung gewinnt noch, wenn dahinter ein Verständnis der Komponenten von Resilienz steht.

Jede Interaktion mit unseren Kindern ist für uns Eltern zugleich eine Möglichkeit, ihnen zu innerer Stärke und Widerstandskraft zu verhelfen. Dabei kann das Ergebnis der jeweiligen Transaktion wichtig sein, noch wichtiger ist aber die Lektion, die sich aus der Art des Umgangs mit dem aktuellen Sachverhalt oder Problem ziehen lässt: Sie ist der Nährboden, auf dem der Same der Resilienz aufgeht und gedeiht.

Dieses Buch will Ihnen nicht vorschreiben, welche Werte oder Zielvorstellungen Sie sich und Ihrer Familie setzen sollten. Es will Ihnen vielmehr einen Gedanken nahebringen, von dem wir überzeugt sind: Wenn Sie sich das Ziel gesteckt haben, Ihr Kind zu einer resilienten Persönlichkeit zu erziehen, dann können alle Aspekte Ihrer elterlichen Bemühungen unter diesem Leitgedanken stehen – ob es darum geht, ihm Werte zu vermitteln, es zur Disziplin und zur Ausdauer bei seinen Aktivitäten zu erziehen, ob es darum geht, dass es sich einzigartig und wertgeschätzt fühlen soll, dass es lernt, Entscheidungen zu treffen und sich mit diesen Entscheidungen wohlzufühlen, oder dass Sie ihm helfen, befriedigende zwischenmenschliche Beziehungen einzugehen. In den folgenden Kapiteln beschreiben und erkunden wir die Welt- und Lebensorientierung resilienter Kinder ebenso wie die Welt- und Lebensorientierung von Eltern, die das Resilienzkonzept zum Fokus ihrer Bemühungen gemacht haben, und wir zeigen auf, dass und wie diese elterliche Orientierung in spezifische Formen des Umgangs mit den Kindern mündet.

Zuvor sollten wir allerdings noch darauf hinweisen, dass in jüngster Zeit die Rolle der Eltern als Beeinflusser des Lebens ihrer Kinder hin und wieder in Frage gestellt worden ist. Vielen sei vielleicht nicht bewusst, wie verschieden Kinder von Geburt an sind; es könne also sein, dass sie die Erfolge wie auch die Niederlagen ihrer Kinder in größerem Umfang dem eigenen Konto gutschreiben bzw. zur Last legen, als es angemessen wäre. Wir sind allerdings der Ansicht, dass die Eltern ungeachtet dieser – ob angeborenen oder milieubedingten – Unterschiede eine große Rolle in der Entwicklung ihrer Kinder spielen. Eine gut fünfzigjährige Forschungstätigkeit an Eltern und Kindern – übrigens nicht nur unserer eigenen Spezies, sondern auch anderer Arten wie der Affen – hat durchweg gezeigt, welch großen Einfluss Eltern auf die Entwicklung des Verhaltens und der Einstellungen ihrer Kinder haben.

Schon vor nahezu fünfzig Jahren hat der Experimentalpsychologe Harry Harlow dargelegt, dass Säuglinge zwar selbstverständlich Nahrung brauchen, dass sie aber, wenn sie die Wahl haben, eher Kontakt und Trost als Fütterung bei der Mutter suchen, und dies nicht nur wenn sie unter Stress stehen, sondern auch wenn sie hungrig sind. Und ein Überblick über die Erziehungsforschung hat unlängst zu dem Schluss geführt, dass »die Ausprägung erblicher Merkmale oft in einem erheblichen Umfang von Erfahrungen wie dem spezifischen Elternverhalten abhängt« (Collins, Maccoby et al., 2000, S. 228).

Wie wir zeigen werden, ist es jedenfalls unerlässlich, die Parameter unseres Einflusses zu kennen, damit wir für den Umgang mit unseren Kindern realistische Ziele und Erwartungen formulieren können.

Um die Welt- und Lebensorientierung einer Mutter zu verstehen, der es gelingt, das Resilienzvermögen ihrer Kinder zu wecken und zu stärken, müssen wir zudem die Orientierung oder Perspektive eines resilienten Kindes verstehen. Wir müssen fragen, welche Kennzeichen, Fähigkeiten und Fertigkeiten es im Wesentlichen sind, die zum Resilienzvermögen eines Kindes beitragen, zu seinem hoffnungs- und vertrauensvollen Blick in die Zukunft. Wenn wir uns ein Bild von der Welt- und Lebensorientierung eines resilienten Kindes machen können, steht uns eine unschätzbare Quelle der Information zur Verfügung, die uns in unseren elterlichen Praktiken und bei unseren Versuchen leiten kann, die Komponenten dieser Orientierung bei unseren eigenen Kindern zu fördern. Das einleitende Kapitel beschreibt in Kürze die Welt- und Lebensorientierung des resilienten Kindes und die der Mutter, die das Resilienzvermögen ihres Kindes fördert. Diese Grundlage wird Ihnen helfen zu verstehen, was Sie selbst als Eltern tun können, um die Resilienz fördernden Eigenschaften und Merkmale zu hegen und zu kräftigen. Die nachfolgenden Kapitel nennen Strategien zur Förderung des Resilienzvermögens.

Die Welt- und Lebensorientierung des resilienten Kindes

Resiliente Kinder verfügen über bestimmte Eigenschaften und/oder haben ein Selbst- und Weltbild, wie wir es bei Kindern, die mit Belastungen und Herausforderungen nicht fertiggeworden sind, nicht antreffen. Sie sind imstande, diese Sicht ihrer selbst und der Welt bzw. diese Orientierung in wirksames Handeln umzusetzen. Sie sind darüber hinaus optimistisch und haben ein hochentwickeltes Selbstwertgefühl. Was trägt zu dieser von Hoffnung geprägten Einstellung und zu diesem Selbstwertgefühl bei?

Resiliente Kinder fühlen sich als die, die sie sind, und damit als etwas Besonderes, und sie wissen, dass sie wertgeschätzt werden. Sie haben gelernt, sich realistische Ziele zu setzen und realistische Erwartungen zu hegen. Sie haben die Fähigkeit zur Problemlösung und Entscheidungsfindung entwickelt und betrachten folglich Fehler, widrige Umstände und Hindernisse eher als Herausforderungen, denen man sich stellen muss, und nicht als Belastungen, denen man besser aus dem Weg gehen sollte. Sie verlassen sich auf konstruktive Bewältigungsstrategien, die ihrer Entwicklung nicht im Weg stehen, sondern sie fördern. Sie sind sich ihrer Schwächen und Verletzlichkeiten bewusst, sie kennen aber auch ihre Stärken und ihre Begabungen. In ihrem Selbstkonzept herrschen die Vorstellungen von Stärke und Kompetenz vor. Sie haben wirksame interpersonale Fertigkeiten sowohl im Verhältnis zu ihren Altersgenossen als auch im Verhältnis zu Erwachsenen entwickelt und können sich Hilfe und Unterstützung in angemessener und unaufgeregter Weise von solchen Erwachsenen holen, die eben diese Unterstützung leisten können. Und schließlich können sie diejenigen Aspekte ihres Lebens benennen, die sie beherrschen, und ihre Energien und ihre Aufmerksamkeit auf diese Faktoren richten anstatt auf andere, die sie nur begrenzt oder gar nicht beeinflussen können.

Resilienzvermögen ist das, was wir uns für alle Kinder wünschen. Ein resilientes Kind ist ein emotional gesundes Kind, das Herausforderungen mit Erfolg angehen und sich nach einem Rückschlag rasch wieder fangen kann. Ein solches Kind ist in gewisser Weise ein »Ergebnis«; es ist so geworden, wie wir unsere eigenen Kinder sehen möchten, es hat ein Selbst- und Weltbild, wie wir es uns für unsere eigenen Kinder wünschen. Wie können wir die einzelne Situation, die einzelne Interaktion mit unseren Kindern so nutzen, dass sich dieses Ergebnis einstellt? Wie und wo müssen wir ansetzen, um das Resilienzvermögen eines Kindes kontinuierlich zu steigern?

Resilienz fördernde Welt- und Lebensorientierung der Eltern

Eltern, denen es ein Anliegen ist, resiliente Kinder zu erziehen, haben manchmal eine ganz feste, manchmal auch implizite oder intuitive Vorstellung davon, was sie tun können, um die entsprechende Einstellung und die entsprechenden Verhaltensweisen bei ihren Kindern zu fördern. Solche Eltern kennen und schätzen das, was Resilienz ausmacht, und lassen sich deshalb im Umgang mit ihren Kindern von einer Kombination wichtiger Grundsätze, Vorstellungen und Handlungen leiten. Allerdings: Die Komplexitäten dieser Kombination zu begreifen, das ist ein fortlaufender Prozess von Herausforderungen, Enttäuschungen, Rückschlägen, aber auch von Erfolgen. Wie eine Mutter es ausdrückte: »Es wäre vielleicht einfacher, wenn die Kinder ein Benutzerhandbuch bzw. eine Landkarte schon mit auf die Welt brächten.«

Diese Wunschvorstellung kommt allen Eltern von Zeit zu Zeit in den Sinn. Es wäre ihnen eine Beruhigung, wenn sie an eine Gesamtheit von Handlungsrichtlinien glauben könnten, an einen schnurgeraden Weg, dem sie nur zu folgen brauchten, um ihre Kinder auf das, was vor ihnen liegt, vorzubereiten. So mancher wünscht sich den »wahren«, den garantierten, den goldenen Weg in die Zukunft, aber dieser Weg existiert nicht. Nichtsdestoweniger können wir uns mit dem Gedanken trösten, dass uns doch eine Reihe von Wegweisern zur Verfügung stehen, die uns helfen, den je individuellen Weg des einzelnen Kindes in Gedanken abzugehen und zu akzeptieren. Jeder Lebensweg steht zwar unter dem Einfluss einer Vielzahl von Faktoren, zu denen das angeborene Temperament des Kindes, der Stil und die Wertvorstellungen der Familie, die Erziehungserfahrungen und die größere Gesellschaft oder Kultur zählen, in der das Kind aufwächst; aber diese Wegweiser zeigen doch immerhin Grundsätze und Vorstellungen an, die sich auf allen Straßen anwenden lassen und uns bei unserer Aufgabe leiten können, innerlich starke und widerstandsfähige Kinder zu erziehen.

Im vorliegenden Kapitel wollen wir diese wegweisenden Überlegungen skizzieren und zeigen, dass und wie sie die Orientierung und die Handlungsweise von Eltern bestimmen. In den weiteren Kapiteln werden dann die entsprechenden Grundsätze und Vorgehensweisen im Detail unter die Lupe genommen: Sie sind es, die elterliche Praktiken und Überzeugungen bestimmen, die für alle Kinder wichtig sind, nicht nur für diejenigen, die ungewöhnlichen Härten, widrigen Lebensumständen oder traumatischen Erfahrungen ausgesetzt waren oder sind. Die in schneller Bewegung und Veränderung begriffene Welt des 21. Jahrhunderts erfordert es, dass alle Kinder sich eine von Resilienz geprägte Einstellung und entsprechende Lebensfertigkeiten zu eigen machen. Im Folgenden listen wir die zehn »Wegweiser« auf, mit deren Hilfe sich das Resilienzvermögen unserer Kinder fördern und steigern lässt. Vielleicht sehen sie im ersten Augenblick aus wie ganz selbstverständliche Praktiken, wie etwas, das sozusagen auf der Hand liegt und das die meisten vernünftigen Eltern ohnehin befolgen würden. Aber, wie schon gesagt, auch die Grundsätze und Praktiken effizienten Elternverhaltens, die »auf der Hand liegen«, müssen immer wieder überdacht und reflektiert werden, damit wir das wirklich Wichtige nicht aus den Augen verlieren. Eltern, denen das Resilienzvermögen ihrer Kinder ein Anliegen ist, haben die wegweisenden Überlegungen verinnerlicht:

Sie üben Empathie.

Sie äußern sich klar und hören aktiv zu.

Sie wandeln »negative Skripts« ab.

Sie geben ihrem Kind mit ihrer Liebe das Gefühl, als Mensch in seinem eigenen Wert geschätzt und willkommen zu sein.

Sie akzeptieren ihr Kind so, wie es ist, und verhelfen ihm zu realistischen Erwartungen und Zielvorstellungen.

Sie verhelfen ihrem Kind zu Erfolgserlebnissen, indem sie seine Kompetenzinseln identifizieren und stärken.

Sie geben ihrem Kind Gelegenheit zu erkennen, dass man aus Fehlern lernen kann.

Sie wecken Verantwortungsbewusstsein, Mitgefühl und ein soziales Gewissen bei ihrem Kind, indem sie ihm Gelegenheit geben, sich zu beteiligen.

Sie lehren ihr Kind, Probleme zu lösen und Entscheidungen zu treffen.

Sie setzen Regeln und Vorschriften, die das Selbstwertgefühl und die Selbstdisziplin ihres Kindes fördern.

Machen wir uns nun mit jeder dieser wegweisenden Überlegungen und mit den Grundsätzen und Vorgehensweisen vertraut, für die sie stehen.

Empathie

Empathie – Einfühlungsvermögen – ist die Basis jeder Beziehung, sei es die Eltern-Kind-Beziehung, die eheliche Beziehung oder die Lehrer-Schüler-Beziehung. In der Eltern-Kind-Beziehung ist Empathie die Fähigkeit der Eltern, sich in ihr Kind hineinzuversetzen und die Welt mit seinen Augen zu sehen. Empathie üben heißt nicht, dass man mit allem, was ein Kind tut, einverstanden ist. Es heißt vielmehr, dass man versucht, die Sichtweise des Kindes zu verstehen und für gültig zu erklären.

Viele Eltern glauben zwar, einfühlsam zu sein, die Erfahrung zeigt aber, dass diese Einfühlung uns leichterfällt, wenn unsere Kinder tun, was wir sie zu tun gebeten haben, wenn ihre Unternehmungen ihnen gelingen und wenn sie lieb und zugänglich sind. Einfühlsam zu sein ist längst nicht so leicht, wenn wir uns aufregen müssen, wenn wir wütend, verärgert oder enttäuscht über unsere Kinder sind: Dann nämlich sagen oder tun selbst wohlmeinende Eltern Dinge, die den Anstrengungen des Kindes, Resilienz zu entwickeln, gerade entgegenarbeiten.

Die beiden folgenden Beispiele machen deutlich, in welchem Maß die eigene Frustration das Einfühlungsvermögen von Eltern beeinträchtigen kann.

Johns Eltern, Mr. und Mrs.Kahn, konnten nicht begreifen, warum es ihrem anscheinend doch intelligenten Sohn, Schüler der siebenten Klasse, so schwerfiel, seine Hausaufgaben zu erledigen. John war ein guter Sportler, aber mit dem Lesenlernen hatte er sich von Anfang an schwergetan. Die Eltern konnten sehen, dass John sich nicht für die Schule interessierte. Sie waren der Ansicht, er könnte es schaffen, wenn er gefälligst »dran denken« würde, und ermahnten ihn immer wieder, sich mehr anzustrengen: Er würde sich doch ganz schrecklich fühlen, wenn er später nicht in das College seiner Wahl aufgenommen würde.

Mit der Absicht, ihn zu motivieren, sagten ihm die Eltern, er dürfe an keinem außerschulischen Sportereignis mehr teilnehmen – Sport war immerhin ein Gebiet, auf dem er sich auszeichnete –, wenn er nicht mindestens einen Notendurchschnitt von »Gut« erreichte. Bei ihren sicher gutgemeinten Sprüchen, er solle sich »mehr anstrengen«, dachten sie allerdings nicht daran, wie diese Worte bei John ankamen. Viele Kinder, denen immer wieder gesagt wird, sie sollten sich mehr anstrengen, empfinden diese Aufforderung nicht als hilfreich, sondern als eine Verurteilung oder Anschuldigung, und das verstärkt nur ihren schon vorhandenen Schulfrust, nicht aber ihre Motivation, sich um Erfolge zu bemühen. Die Worte, die das Ehepaar Kahn verwendete, wirkten also ihrem Ziel, John zu motivieren, gerade entgegen.

Sally, acht Jahre alt und ein scheues Kind, wurde von ihren Eltern immer wieder gedrängt, »Guten Tag« zu sagen, wenn sie Freunde der Familie traf. Sally war aber schon als ganz kleines Kind eher ängstlich gewesen und zeigte sich von neuen Situationen leicht überfordert. In der Öffentlichkeit oder wenn irgendwelche Leute, die sie nicht kannte, zu Besuch kamen, versteckte sie sich hinter ihrer Mutter. Die Carters konnten nicht begreifen, weshalb Sally von anderen Menschen so aus der Fassung gebracht wurde, zumal sie sich selbst als liebevolle Eltern betrachteten. Sie sagten ihrer Tochter, wenn sie nicht lernte, »Guten Tag« zu sagen, dann würden andere Leute nichts mit ihr zu tun haben wollen. Sally brachte es bestenfalls fertig, mit niedergeschlagenen Augen ein »Hallo« zu flüstern.

Die Eltern, die es gerne gesehen hätten, wenn ihre Tochter mehr aus sich herausgegangen wäre, begriffen nicht, dass Sallys Schüchternheit ein angeborener Zug war und sich nicht einfach dadurch beseitigen ließ, dass man ihr sagte, sie solle anderen Leuten freundlich »Guten Tag« sagen. Wenn man schüchterne Kinder immer wieder ermahnt, »Guten Tag« zu sagen, dann kann das ihre Angst noch vergrößern und ihre Tendenz zum Rückzug – als Mittel, einer unbehaglichen Situation aus dem Weg zu gehen – sogar verstärken.

Einfühlsame Eltern überlegen sich, wie ihnen zumute wäre, wenn irgendjemand ihnen das Gleiche antäte oder das Gleiche sagte, was sie ihren Kindern gesagt oder angetan haben. Wenn wir uns nach Kräften bemühen und dennoch auf Schwierigkeiten treffen, würden wir es dann hilfreich finden, wenn jemand uns ermahnte, uns noch mehr anzustrengen? Wie viele schüchterne Erwachsene würden einen Rat wie etwa »Geh doch raus und such dir Freunde« ernst nehmen? Wenn man es mit einem schüchternen Kind zu tun hat, wird eine einfühlsame Bemerkung, begleitet von ermutigenden Worten, sehr viel eher zu Erfolg, Selbstwertgefühl und Resilienz führen.

Ein Beispiel: Ein Vater sagte seiner schüchternen Tochter, dass viele Kinder sich mit dem Guten-Tag-Sagen schwertäten und dass er tun würde, was er könnte, damit es ihr in Zukunft leichterfiele, Leute zu begrüßen. Eine solche Reaktion akzeptiert das, was das Kind erfährt, in nicht richtender Weise und weckt die Hoffnung auf Veränderung. Sie schafft ein Klima, in dem sich Resilienz entwickeln kann.

Oft werden wir gefragt, ob man die eigene Empathiefähigkeit verbessern kann. Wir glauben, dass das möglich ist. Man kann Eltern dazu anleiten, indem man ihnen bestimmte Fragen stellt, die Einfühlung sozusagen nahelegen, zum Beispiel: »Wie würde ich mir wünschen, dass mein Kind mich beschreibt?« »Wie würde mein Kind mich tatsächlich beschreiben, und wie nahe kommt diese Beschreibung derjenigen, die ich mir von ihm wünsche?« »Wenn ich mit meinem Kind spreche oder Dinge mit ihm unternehme, verhalte ich mich dann so, dass es mir wirklich gerne zuhört?« »Möchte ich, dass jemand anderes so mit mir redet, wie ich mit meinem Kind rede?« Wenn Eltern es schaffen, sich über ihren Frust oder ihren Ärger hinwegzusetzen und sich selbst solche Fragen zu stellen, praktizieren sie Empathie, eine Schlüsselkomponente für eine gelungene Welt- und Lebensorientierung.

Klare Äußerungen und aktives Zuhören

Empathie bringt Farbe in die Kommunikation mit unseren Kindern. Kommunikation hat viele Aspekte. Sie erschöpft sich nicht einfach in der Art, in der wir mit einer anderen Person sprechen. Effektives Kommunizieren heißt auch, unseren Kindern aktiv zuzuhören, es heißt ihre Mitteilungen zu verstehen und für gültig zu erklären, und es heißt so darauf einzugehen, dass Machtkämpfe vermieden werden – das heißt, wir unterbrechen sie nicht, wir sagen ihnen nicht, was sie zu denken haben, wir demütigen sie nicht, und wir unterlassen es, kategorische Vokabeln wie zum Beispiel »immer« und »nie« in einem abfälligen Sinn zu verwenden (»du hilfst ja nie«, »du bist immer frech«).

Resiliente Kinder lernen das wirksame Kommunizieren mit Unterstützung ihrer Eltern, die ihnen dabei wichtige Vorbilder sind. Mr.Burtons Reaktion auf Michaels vergeblichen Versuch, ein Radio zusammenzubauen (»Ich hab dir doch gesagt, das wird nichts. Du hast einfach nicht die Geduld, die Bauanleitung genau durchzulesen.«) ist ein Beispiel für eine Mitteilung, die dem Entstehen einer resilienten Welt- und Lebensorientierung gerade entgegenwirkt, weil sie einen Unterton von Anklage hat. Richtige Kommunikation hat viel zu tun mit wesentlichen Elementen von Resilienz wie z.B. zwischenmenschlicher Sensibilität, Einfühlungsvermögen, Problemlösungsfähigkeit und Entscheidungskompetenz.

Das Abwandeln »negativer Skripts«

Die Erfolglosigkeit ihrer Bemühungen über Wochen, Monate und Jahre hindert viele, auch wohlwollende Eltern nicht daran, immer dieselbe Methode bei ihren Kindern anzuwenden. Wir wissen beispielsweise von Eltern, die ihrem Kind jahrelang mit der Aufforderung zusetzten, sein Zimmer selbst aufzuräumen – was das Kind niemals befolgte. Unsere Diskussionen mit Familien haben gezeigt, dass Eltern nicht zuletzt deshalb an ihren unproduktiven Praktiken festhalten, weil sie glauben, dass es die Kinder sind, die sich ändern müssten, und nicht sie selbst. Allerdings – viele Eltern können das bezeugen – halten Kinder es in dieser Sackgasse länger aus als Erwachsene.

Wenn hingegen Eltern, die selbst eine resiliente Einstellung besitzen, feststellen müssen, dass ihre Kinder schlicht nicht tun, was sie ihnen nun schon eine ganze Zeitlang gesagt oder abverlangt haben, dann wird ihnen bewusst, dass sie das eigene Skript ändern müssen, wenn die Kinder das ihrige ändern sollen. Sie müssen die Einsicht und den Mut besitzen, sich zu überlegen, was sie anders machen könnten, um sich nicht in sinnlosen Machtkämpfen zu verfangen.

Hinter den negativen Skripts von Eltern liegen häufig »Mythen« oder eine belastende Prägung, die sie aus der eigenen Kindheit mitgebracht haben. Ein Beispiel dafür ist das, was sich in der Familie des siebenjährigen Billy abspielte, nachdem er zum dritten Mal in einer Woche ein Glas Milch umgestoßen hatte. Die Milch lief über den Tisch und auf den Fußboden.

Mr. und Mrs.Murray, im Allgemeinen geduldige Eltern, waren verärgert. Der Vater sagte kurz angebunden: »Geht es denn nicht mal ein bisschen weniger ungeschickt? Du passt ja anscheinend überhaupt nicht auf!«

Billy war verletzt und verstört. Er hatte die Milch nicht absichtlich verschüttet; es war ganz einfach passiert. Er versprach seinen Eltern, es würde nicht wieder passieren, und er würde in Zukunft besser aufpassen. Aber am nächsten Tag verschüttete er etwas von seinem Saft.

Mrs.Murray nahm ihm den Saft weg und sagte: »Hoffentlich denkst du von jetzt an daran, dein Glas richtig zu halten!«

Wären Billys Eltern sich über die signifikanten Unterschiede im Temperament von Kindern im Klaren gewesen, dann hätten sie sein ständiges Verschütten von Getränken vielleicht nicht als Zeichen von Unaufmerksamkeit, Absicht oder Opposition gedeutet und nicht mit einer Bestrafung reagiert. Eine andere Einstellung würde es ihnen ermöglichen zu sehen, was Billy daran hinderte, sein Glas richtig zu halten, und ihren Ansatz vielleicht zu ändern – ihm also zum Beispiel ein Glas mit Deckel zu geben.

Wenn Eltern das eigene Skript ändern, dann heißt das nicht, dass sie ihrem Kind »nachgeben« oder es »verwöhnen«; vielmehr dient diese Änderung dazu, dem Kind zu zeigen, dass es auch alternative Wege der Problemlösung gibt. Auf jeden Fall sorgt sie dafür, dass das Kind allmählich lernt, verantwortlicher und vorsichtiger mit schwierigen Situationen umzugehen.

Unsere Kinder – als Menschen in ihrem eigenen Wert geschätzt und willkommen

Eine unerlässliche Voraussetzung dafür, dass ein Kind ein Resilienzvermögen ausbildet, ist die Präsenz mindestens eines Erwachsenen (wünschenswert sind mehrere), der an den Wert des Kindes glaubt. Julius Segal sprach in diesem Zusammenhang von »charismatischen Erwachsenen« – Personen, von denen ein Kind »Stärke bezieht«. Wir sollten keineswegs unterschätzen, was ein einzelner Mensch bewirken kann, um ein Kind in Richtung eines volleren, gelungeneren, befriedigenderen Lebens sozusagen umzulenken. Als Eltern müssen wir Wege finden, um unseren Kindern zu dem Gefühl zu verhelfen, dass sie Menschen mit einem eigenen Wert und uns lieb und willkommen sind, ohne sie allerdings einfach gewähren zu lassen.

Ein möglicher Weg dahin wäre die Verabredung »spezieller Zeiten«, die wir mit jedem unserer Kinder allein verbringen. So können wir dem Kind unsere ungeteilte Aufmerksamkeit schenken und es wissen lassen, dass wir ihm vertrauen. Das ist allerdings häufig schwieriger zu bewerkstelligen als man glaubt – wie am Beispiel der Familie der achtjährigen Stephanie deutlich wird.

Stephanies Eltern, Mr. und Mrs.Grant, hielten sich jeden Abend eine gewisse Zeit dafür frei, ihrer Tochter vorzulesen oder mit ihr zu spielen. Stephanie mochte diese Zeiten sehr. Allerdings – wenn das Telefon klingelte, unterbrachen die Eltern ihre Beschäftigung mit der Tochter mit der Bemerkung, Telefonanrufe seien wichtig. Binnen Kurzem beschloss Stephanie, lieber fernzusehen als ständig von den Eltern enttäuscht zu werden.

Wenn wir unseren Kindern das Gefühl ihres individuellen Wertes und die Überzeugung vermitteln wollen, dass sie willkommen sind, dann müssen wir ihnen unsere Liebe bedingungslos schenken. Das bedeutet nicht etwa, dass für Disziplin und Eigenverantwortlichkeit kein Raum mehr wäre; es bedeutet vielmehr, dass wir sie lieben und akzeptieren, auch wenn sie die ihnen gesetzten Grenzen überschreiten.

Akzeptanz und Hilfe bei der Formulierung realistischer Erwartungen und Ziele

Zu den schwierigsten Aufgaben der Eltern gehört es, das angeborene und einmalige Temperament ihres Kindes zu akzeptieren. Wenn diese Akzeptanz gegeben ist, lassen sich Erwartungen und Ziele formulieren, die mit dem Temperament des Kindes im Einklang stehen. Jedes Kind ist vom Augenblick seiner Geburt an ein einmaliges Wesen. Manche Kinder kommen mit einer »einfachen« Veranlagung auf die Welt, andere sind »schwierige« Temperamente, und wieder andere sind schüchtern oder vorsichtig. Wenn die Eltern sich des angeborenen Temperaments ihres Kindes nicht bewusst sind, sagen oder tun sie unter Umständen Dinge, die befriedigenden Eltern-Kind-Beziehungen entgegenstehen, indem sie von ihrem Kind Leistungen erwarten, die es nicht erbringen kann.

Ein Beispiel: Der zehnjährige Carl hatte in der Schule so gut wie keinen Erfolg. Morgens trödelte er herum und verpasste deshalb häufig den Schulbus. Seine Eltern, Mr. und Mrs.Thomas, fühlten sich dann verpflichtet, ihn mit dem eigenen Auto in die Schule zu bringen. Eine Nachbarin riet ihnen davon ab: Wenn er an einem solchen Tag den Unterricht versäumte, dann müsste ihm das doch eine Lehre sein. Mr. und Mrs.Thomas akzeptierten ihren Rat, entdeckten aber zu ihrem Missvergnügen, dass Carl am nächsten Tag nicht besser darauf vorbereitet war, rechtzeitig zum Unterricht in der Schule zu sein. Sie wussten nicht, was sie als Nächstes tun sollten, und ihr Ärger auf Carl und seine scheinbare Verantwortungslosigkeit nahm zu. In ihrer Verzweiflung beschlossen sie, ihn ausgerechnet in den Aktivitäten zu beschneiden, an denen er Freude hatte.

Carls Eltern begriffen nicht, dass ihr Sohn nicht etwa verantwortungslos, sondern, wie so manche anderen Kinder auch, eher leicht ablenkbar war, sich häufig von anderen Aktivitäten gefangen nehmen ließ und insgesamt ein langsames Schrittmaß hatte. Statt ein solches Kind anzuschreien oder zu bestrafen, wäre es sinnvoller, sich zu sagen, dass dies eben sein Stil ist, und es in ein Gespräch darüber zu ziehen, was man seiner Meinung nach tun könnte, um das Problem zu beheben. Möglich wäre auch, eng mit der Schule zusammenzuarbeiten – dort könnte man ihm eine motivierende Aufgabe oder kleine Verpflichtung übertragen, die immer morgens vor Unterrichtsbeginn wahrzunehmen wäre. Ein Kind, mit dem wir arbeiteten, erhielt beispielsweise in seiner Schule den Job des »Verspätungswächters«, d.h. es musste morgens rechtzeitig da sein und notieren, welche Schüler zu spät kamen. Das Kind liebte diese Aufgabe und war von nun an immer pünktlich in der Schule.

Dass wir Kinder als diejenigen, die sie sind, akzeptieren und ihr jeweils unterschiedliches Temperament hinnehmen, heißt nicht, dass wir unangemessenes und inakzeptables Verhalten entschuldigen. Es heißt vielmehr, dass wir dieses Verhalten verstehen und dem Kind helfen, es so zu verändern, dass sein Selbstwertgefühl und seine Würde nicht beschädigt werden.

Erfolgserlebnisse durch Identifizierung und Stärkung von »Kompetenzinseln«

Resiliente Kinder leugnen die Probleme nicht, auf die sie treffen, sondern machen sich ihre Stärken bewusst und konzentrieren sich auf sie. Leider gibt es viele Kinder, die gering von sich und ihren Fähigkeiten denken und deshalb ohne große Hoffnung in die Zukunft blicken. Das führt häufig dazu, dass sie die eigenen Stärken herunterspielen oder nicht einmal wahrnehmen. Eltern berichten gelegentlich, dass die positiven Kommentare, die sie ihren Kindern zukommen lassen, auf »taube Ohren« stoßen – was wiederum sie, die Eltern, verärgert und die Zahl ihrer positiven Rückmeldungen an die Kinder reduziert.

Eltern müssen sich klarmachen, dass ein Kind mit einem dürftigen Selbstwertgefühl unter Umständen weniger geneigt ist, ihre positiven Rückmeldungen zu akzeptieren; sie sollten dennoch nicht aufhören, solche Rückmeldungen zu liefern. Viel wichtiger ist allerdings, dass sie sich klarmachen, dass Selbstwertgefühl, Optimismus und Resilienz von Erfolgserlebnissen des Kindes in solchen Lebensbereichen abhängen, die das Kind selbst für wichtig hält und die auch andere für wichtig halten. Das heißt, die Eltern müssen die »Kompetenzinseln« ihres Kindes ausfindig machen und stärken. Jedes Kind besitzt solche Inseln der Kompetenz, Bereiche, in denen seine Stärken liegen, und wir Eltern müssen diese Bereiche fördern, anstatt den Akzent auf die Schwächen des Kindes zu legen.

Die fünfzehnjährige Laurie tat sich schwer im Umgang mit Gleichaltrigen, während kleine Kinder ihr nur so zuliefen. Wie ihre Eltern, Mr. und Mrs.Laramie, es ausdrückten: Sie war die »Rattenfängerin« des ganzen Quartiers. Mit diesem Stück Kompetenz bot sie sich als Babysitterin an. Mit zunehmendem Selbstvertrauen war sie dann auch eher bereit, ihren Umgang mit ihresgleichen unter die Lupe zu nehmen und etwas daran zu ändern, was ihr zu größerer Akzeptanz auch in diesem Kreis verhalf.

Wir kannten auch einen Jungen mit einer Leseschwäche, der die Entdeckung machte, dass er künstlerisch begabt war, vor allem im Zeichnen von Cartoons. Seine Eltern hängten seine Zeichnungen zuhause auf, und die Lehrerinnen stellten sie in der Schule aus. Diese ganz konkrete Mitteilung, dass er Stärken besaß, gab seinem Selbstwertgefühl einen gewaltigen Auftrieb.

Wenn Kinder ihre Stärken entdecken, sind sie eher bereit, sich auch mit Bereichen auseinanderzusetzen, die bisher problematisch für sie waren.

Aus Fehlern wird man klug

Es gibt ganz erhebliche Unterschiede in der Art, wie Kinder ihre Fehler betrachten. Resiliente Kinder sehen Fehler in der Regel als Chance, etwas zu lernen. Dagegen erfahren Kinder, die nicht sehr optimistisch in die Zukunft sehen, Fehler häufig als ein Zeichen dafür, dass sie eben Versager sind. Entsprechend dieser pessimistischen Betrachtung neigen sie dazu, sich angesichts von Herausforderungen eher zurückziehen, fühlen sich den Dingen nicht gewachsen und geben anderen die Schuld an ihren Schwierigkeiten. Wenn Eltern ihre Kinder zu resilienten Persönlichkeiten erziehen wollen, müssen sie ihnen also helfen, von klein auf eine gesunde Sicht auf die eigenen Fehler zu entwickeln.

Mr.Burton, der seinen Sohn Michael kritisierte, weil dieser es nicht geschafft hatte, das Radio zusammenzubauen, und Mrs.Murray, die Billy dafür bestrafte, dass er seine Milch verschüttet hatte, gaben beide zu verstehen (wahrscheinlich ohne es selbst wahrzunehmen), dass Fehler etwas Schreckliches seien, das Strafe verdient. Wenn Eltern dagegen eine eher positive Einstellung gegenüber Fehlern fördern wollen, tun sie gut daran sich zu überlegen, was ihre Kinder wohl auf die nachstehenden Fragen antworten würden: »Was tun deine Eltern, wenn sie einen Fehler gemacht haben?« und »Was tun deine Eltern bzw. was sagen sie, wenn du etwas falsch machst oder wenn irgendetwas nicht richtig läuft?«

Da sie frustriert sind, reagieren viele Eltern in einer Weise auf Fehler ihres Kindes, die dessen Selbst- und Weltvertrauen beeinträchtigt. Wenn Eltern das Resilienzvermögen ihres Kindes fördern wollen, dann müssen ihre Worte und Handlungen die Überzeugung vermitteln, dass man aus Fehlern lernen kann. Die Furcht, etwas falsch zu machen, ist eines der größten Lernhindernisse und mit einer resilienten Welt- und Lebensorientierung nicht zu vereinbaren.

Verantwortungsbereitschaft, Mitgefühl und soziales Gewissen

Resiliente Kinder besitzen ein Gefühl der Verantwortung. Aber wie verstärken wir dieses Gefühl bei unserem Nachwuchs? Nur zu oft sprechen wir davon, dass die Kinder »häusliche Aufgaben« übernehmen müssen, wenn wir ihre ersten kleinen Verantwortlichkeiten meinen. Nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene sind in aller Regel nicht gerade begeistert von der Vorstellung, solche eher langweiligen Routinearbeiten erledigen zu müssen. Fast jedes Kind aber ist schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt in seinem Leben bereit, anderen zu helfen. Dass es diesen »Drang zum Helfen« gibt, belegen Umfragen unter Erwachsenen, die über besonders positive Momente in ihrer Schulzeit berichten sollten. Zu den häufigsten Antworten zählten solche, in denen von irgendwelchen Hilfeleistungen berichtet wurde (sie betreuten ein jüngeres Kind bei den Hausaufgaben, sie halfen bei der Gestaltung der Wandzeitung, sie bedienten den Filmprojektor).

Eltern mit einer resilienten Welt- und Lebensorientierung wissen, dass Resilienz und Selbstwertgefühl zunehmen, wenn Kinder Gelegenheit bekommen, sich hervorzutun und sich an Erfolgen zu freuen, vor allem, wenn sich dadurch in ihrem Umfeld etwas zum Positiven verändert. Eltern, die ihre Kinder in karitative Initiativen einbinden, etwa in Anti-Hunger- oder Anti-Aids-Kampagnen oder in Aktionen zugunsten einer gesunden Ernährungsweise, sind sich auch über die Bedeutung solcher Unternehmungen für das Selbstwertgefühl und das soziale Gewissen der Kinder im Klaren.

Problemlösefähigkeit und Entscheidungskompetenz

Optimistische und resiliente Kinder mit einem ausgeprägten Selbstwertgefühl sind überzeugt, dass sie ihr Schicksal selbst gestalten und über ihr Leben selbst bestimmen können. Bestimmungsgewalt über das eigene Leben zu haben und zu behalten, ist für uns alle von größter Wichtigkeit. Wenn Eltern es ihren Kindern ermöglichen zu lernen, wie man Entscheidungen trifft und Probleme selbstständig löst, haben sie damit eine sehr wichtige Komponente im Prozess der Entwicklung dieser »Kontrolle« oder Bestimmungsgewalt geliefert. Resiliente Kinder verstehen sich darauf, Probleme zu definieren, unterschiedliche Lösungen zu erwägen, es anschließend mit der ihrer Ansicht nach aussichtsreichsten Lösung zu versuchen und am Ende aus dem Ergebnis zu lernen.

Wenn Eltern diese auf Problemlösung zielende Orientierung bei ihren Kindern fördern wollen, dann müssen sie sich davor hüten, den Kindern zu sagen, was sie zu tun haben. Sie müssen ihre Kinder im Gegenteil dazu anhalten, über mögliche Lösungen selbst nachzudenken. Um diesen Prozess in die Wege zu leiten, empfiehlt es sich, dass sie im wöchentlichen oder zweiwöchentlichen Abstand ein bestimmtes Maß an Zeit für ein »Familientreffen« reservieren, bei dem Probleme besprochen und Lösungen formuliert werden können.

Erinnern wir uns in diesem Zusammenhang daran, wie Jane, deren Klassenkameradinnen nicht mit ihr zusammensitzen wollten, ihre Mutter fragte, was sie denn tun sollte. Mrs.Jones meinte es gut mit ihr; indem sie Jane jedoch eine Lösung vorschlug, anstatt zunächst einmal das Kind aufzufordern, sich Gedanken über eine Lösung zu machen, beraubte sie ihre Tochter einer Gelegenheit, problemlösende Fertigkeiten zu entwickeln.

Ein ähnliches Beispiel: Barry und sein älterer Bruder Len