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Jung, Franz

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The Project Gutenberg eBook, Das Trottelbuch, by Franz Jung

This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and withalmost no restrictions whatsoever.  You may copy it, give it away orre-use it under the terms of the Project Gutenberg License includedwith this eBook or online at www.gutenberg.org

Title: Das Trottelbuch

Author: Franz Jung

Release Date: July 12, 2011 [eBook #36718]

Language: German

Character set encoding: ISO-8859-1

***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS TROTTELBUCH***

E-text prepared by Jens Sadowski

Das Trottelbuch

Umschlag und Einbandzeichnung von Franz Henseler, München

Franz Jung Das Trottelbuch

Berlin-Wilmersdorf 1918 Verlag der Wochenschrift DIE AKTION (Franz Pfemfert)

Von Franz Jung erschienen bisher folgende Werke: Im Verlage der AKTION:Sophie. Ein RomanSaul. Ein DramaOpferung. Ein RomanFlucht aus der Welt. Ein Roman. Im Verlage Weißbach, Heidelberg:Kameraden . . .! Ein Roman.

Alle Rechte vorbehalten Copyright 1918 by Franz Pfemfert, Berlin-Wilmersdorf. Dieses Werk wurde gedruckt von H. Klöppel, Quedlinburg.

Inhalt

Trottel. Eine programmatische Einleitung

Der Weg über den Berg

Die Erlebnisse der Emma Schnalke

Der tolle Nikolaus

Trottel

Eine programmatische Einleitung

Um einen Tisch des Café du Dôme saßen mehrere Herren. Eine Frau schritt draußen am Fenster vorbei.

Sie hatten sie alle gekannt, und einige kannten sie noch.

Einer las vor:

Zwei junge Burschen stolpern aus einer Vorstadtkneipe in die Nacht. Blutjunge Burschen und sehr betrunken.

Sie schlagen das Pflaster mit ihren Stöcken, sie johlen, krümmen sich vor Lachen, und sie schleppen die schwergewordenen Füße hinter sich her, daß sie von fern wie hinkende Greise erscheinen.

Eine Katze huscht über den Weg.

Die Betrunkenen bleiben stehen, die Lässigkeit ist aus ihren Gliedern gewichen, ein Rausch ballt sich zusammen. Sie jagen dem Tier nach, verstellen den Weg, sie schlagen mit ihren Stöcken — — als ob das Tier schuld wäre an ihrer Jugend und ihrer Betrunkenheit, so schlagen sie.

Die Katze hält einen Baum an der Straße umkrallt und windet sich mit letzter Kraft hinauf.

Die Burschen halten keuchend inne.

Das Tier ist fast aus dem Bereich ihrer Stöcke, da holt der eine nochmals zum Schlag aus und trifft . . . . trifft das Rückgrat . . .

Das Tier wendet den Kopf und starrt durch die Nacht — starrt — und gleitet dann — ruckweise — den Stamm herunter.

Die beiden haben sich dann ohne Gruß getrennt.

Einer warf ein:

„Aber in jener Nacht schliefen sie nicht. Die Krallen gruben sich in ihr Hirn und lösten Krampf und Zuckungen aus.“

Als niemand etwas sagte, fügte er schüchtern hinzu:

„Wenigstens bei einem . . .“

Da lachten sie alle.

Plötzlich sagte wieder einer:

„Ihr erinnert euch, ich sah sie einmal mit einem Commis oder Offizier oder sowas im Café. Ich ging damals an ihren Tisch und sagte: Du . . . du gehst nicht mit dem . . . komm. Ihr wißt, daß sie damals zu mir kam. Wir gingen in eine Kirche. Sie weinte. Es war sehr peinlich. Neulich war ich wieder in dieser Kirche, ich sah sie wieder vor mir . . . ich könnte mich heute ohrfeigen.“

Sie nickten alle zustimmend.

„Wenn ich damals an den vertrottelten Major geschrieben hätte . . .“ sagte einer.

Der andere las wieder vor:

„Kann ich dafür, daß in Montmartre die Lichter stechen, kann ich dafür . . .?“

„Hör auf, du zerreißt mich, bitte . . . bitte . . du — du —“

Weiter raste der Tanz.

„Bleib bei mir. Komm, mich friert hier.“

„Laß nur, Kleiner.“

„Du . . .“ es war ein Schrei.

Ein Lächeln antwortet.

Aber er liest eine Bitte um Verzeihung heraus und nickt.

Das Weib rast und spiegelt sich in den Blicken aller.

Weiter. Rausch. Schreie. Violinen.

Er richtet sich auf, ballt die Faust, schreit: „Komm . . . “

Ein Riß klafft in dem Taumel.

„Haha . .“ aber sie geht mit ihm.

Der Freund ging mit ihnen. Sie waren nie allein, in ihrer Mansarde wohnten viele Freunde.

Schnee lag auf den Dächern und taute, daß das Wasser in die Kammer tropfte.

Er umkrallte die Hand des Freundes: „Wir haben zu sühnen, ich will ihr die Ruhe geben.“

„Und verlasse mich . .“ höhnte der andere ihm nach.

„Ich habe bereits alles auf mich genommen . .“ bat er wieder.

„Es war eine wundervolle Nacht,“ warf sie ein.

„Nein,“ heulte der eine.

Sie lachte. „Ich hatte mich danach gesehnt . . . und gleich alle drei . .“

Du wirst noch Orangen verkaufen, dachte der Freund. (Und der Vorleser lächelte selbstgefällig.)

„Als ihr mich nahmt, war ich so befreit . .“

„Du warst rein,“ brüllte der eine. „Oh ich Schuft, aber ich werde dich noch . .“

„Du blöder Hund.“

„Du. Du weißt, wie ich dich liebe.“

Sie wies mit einer Bewegung der Hand auf den Schnee über ihrem Fenster.

Schweigen.

Er starrte sie mit fiebernden Blicken an. Verflucht, dachte der andere, soll ich ihn halten?

„Gut . . .“ schrie der, „aber dann . . .“ Er schwang sich hinaus.

Ein Zucken ging über ihr Gesicht, sie rang in sich etwas nieder. Der Freund saß regungslos.

Von draußen kam ein Kratzen und Schürfen. Dann ein Poltern, ein Schrei oder ein Lachen oder ein Wimmern —

Man sah einen Ring über dem Dachrand zittern und brechen.

Der Freund saß regungslos.

In ihren Zügen lag ein Leuchten, ein Flackern, eine Flamme, eine Erstarrung, ihr Leben ballte sich zusammen. Sie sah den Freund ihr gegenüber beschmutzt, stinkend, schamlos in seiner Ohnmacht und Bestürzung.

Dann zupfte sie den anderen am Rock und würgte lächelnd heraus: „Zwanzig Franken muß er noch haben.“

Der Freund räusperte sich, er war erlöst.

Dann gingen sie.

Man schwieg eine Zeitlang am Tisch.

Dann setzte einer schnell, wie um den anderen zuvorzukommen, hinzu: Zwei Freunde treffen sich in London. Der eine schwärmte: Ich habe ein Weib gefunden. Krampf und Zuckungen. Ich will den Rhythmus ihrer Liebe suchen.

Der andere lächelt und sagt: „Dann mußt du ihr mehr zu saufen geben.“

Während sie noch so sprachen, trat die Frau am Arm eines Fremden ins Café und schritt an ihrem Tisch vorbei.

Die Herren standen auf und verbeugten sich.

Sie trug eine entzückende Robe, und der Fremde sah aus wie ein russischer Großfürst. Vielleicht, daß in seinem Hemd Brillanten funkelten. Auch tranken die beiden Gott weiß was für teure Sachen.

Die Herren hätten viel darum gegeben, wenn sie etwas von der Unterhaltung der beiden gehört hätten.

Sie hörten aber nichts und machten nur die Wahrnehmung, daß beide sehr zufrieden aussahen.

Er sog lächelnd an einer sicherlich exquisiten Zigarette, und sie führte von Zeit zu Zeit bedächtig das Glas an den Mund . . . .

Am Tische der Herren fing schließlich einer wieder etwas zu lesen an.

Der Weg über den Berg

(In drei Etappen)

Der 50. Geburtstag

Frau Päsel feierte ihren 50. Geburtstag.

Frau Päsel wartete in einem Garten mit ihrer Tochter, der Frau König, zwei volle Stunden auf Herrn König, der unter dem Vorwande, einen Bekannten aufzusuchen, sich vom Tisch entfernt hatte und wahrscheinlich in einer Kneipe nebenan ein Wiedersehen begoß.

„Du hättest ihn erst gar nicht gehen lassen sollen,“ brummte die Alte.

Die Tochter kniff die Augen zusammen und schien mit Tränen zu kämpfen.

„Nu ja,“ besänftigte die Mutter, „vertragen müßt ihr euch schon. Für dich ist es schwer.“ Sie seufzte tief auf.

Da kam Herr König.

Er kam tänzelnden Schrittes, machte eine tiefe Verbeugung und rief lustig: „Guten Taaaag!“

Wirklich ein fescher Kerl. So ein Schlingel — — dachte die Alte und bekam einen dicken, feuerroten Kopf. Dann schrie sie: „So treibst du’s wieder, du besoffner Lump.“

Herr König mühte sich, einen Zusammenhang zu finden.

„So muß alles zu Grunde gehen,“ jammerte seine Frau und beobachtete dabei einen Nebentisch, an dem irgend etwas vorgehen mußte, was Herr König nicht sehen konnte.

Herr König blieb vorderhand ganz ruhig und setzte sich. Donnerwetter, dachte er, und immer leiser: Donnerwetter, die paar Glas Bier und so. Aber es wurmte ihn.

Die Alte redete weiter:

„Daß du dich auch gar nicht halten kannst. Gleich wieder den verfluchten Fusel.“ Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn.

„Du siehst doch, wie sich die Mutter grämt,“ warf die andere ein und hatte Verachtung im Blick.

Frau Päsel weinte. Dann sagte sie sanft:

„Willst du hier etwas essen?“

„Nein.“

„Aber iß doch, lieber Junge. Wie nett du aussiehst in dem neuen Hut . . .“

„Fritz, so iß doch was.“

„Halt die Fresse.“

Herr König schlug auf den Tisch.

„Ja, was ist denn — — vertragt euch doch, Kinder.“

Frau Päsel zitterte.

Die andere lachte auf.

„Laß ihn doch, er ist ja besoffen.“

„Was!? Das sollst du büßen. Warte nur . . .“

„Aber Kinder . . .“

„Das geht mir doch zu weit, oh warte. . .“

Er keuchte vor innerer Erregung.

„Sie hat es doch nicht so gemeint.“

„Oh die — das muß sein,“ er schnappte mit der Stimme über.

„Alle Leute werden ja auf euch aufmerksam,“ flehte Frau Päsel. Sie war leichenblaß.

Die andere riß die Augen weit auf, zog die Schultern automatisch ruckweise rauf und runter und stieß schrille, pfeifende Schreie aus.

Die Alte hielt sie.

„Um Gotteswillen, was ist dir denn?“

„Der da — der da — der da“ — sie schrie weiter.

Er stürzte mit erhobener Faust auf sie zu.

„Sie hat wieder was, die Komödie, Aas verfluchtes.“

Die umsitzenden Leute lachten. Ein Kellner sagte zu jemandem: „Was geht das Sie an . . .“

Frau Päsel rang die Hände und stotterte vor sich hin: „Was ist denn los um Gotteswillen.“ Ein entsetzlicher Gedanke fuhr ihr durch den Kopf: Wenn mich hier jemand kennt, um Gotteswillen, der Päsel. Dann schrie sie ihren Schwiegersohn an: „Dich kenn’ ich jetzt.“

Herr König war starr. Er nahm seinen Hut und ging hinaus.

„Was ist denn, Kind?“ jammerte die Alte.

Die junge Frau stand hastig auf.

„Mutter, er geht. Geh schnell.“

Frau Päsel lief hinaus und erwischte ihn noch an der Straßenecke.

„Wo willst du denn hin? Sei doch vernünftig.“

„Ich kann das Frauenzimmer nicht mehr sehen.“

Sie kam hinzu.

„Was hab ich dir denn getan?“

Sie weinte noch leise.

„Ich will nicht mehr. Schluß. Immer dasselbe.“

„Sprich doch nicht so . . .“

„So versöhnt euch doch, Kinder. Was muß ich mit euch noch alles erleben.“ Sie sah völlig gebrochen aus.

„Mit Kerlen treibt sie sich rum und alles so, und wenn ich dann . . .“

„Aber es hat ja niemand etwas gesagt,“ mischte sich die Alte wieder hinein.

„Ich will nicht!“ Er schrie so laut, daß die Passanten stehen blieben.

Frau König sah hilflos unschuldig aus. Sie schaute zu ihm auf und schien zu flehen: Siehst du, so bin ich. Nimm mich doch.

Aber er hörte nichts. Er freute sich, daß ihm Unrecht geschah und fühlte, wie ein reißender Strom sie von seiner Seite fortriß und entführte.

Die Frauen faßten ihn unter den Arm und lächelten.

Er merkte, daß er müde war, und daß es vielleicht besser wäre, jetzt alles gut sein zu lassen, aber er riß sich mit einem Ruck los, daß Frau Päsel unter den Stand eines Obsthändlers rollte. Er sprang auf eine vorbeifahrende Tram und fuhr davon. Zu seiner Enttäuschung mußte er sich eingestehen, daß niemand hinter ihm her schrie.

Abends auf der Heimfahrt sagte er zu seiner Frau:

„Eigentlich haben wir nichts erreicht. Mit dem Pump wird es wohl jetzt nichts werden.“

„Siehst du, die Mutter ist nicht mal mit auf die Bahn gekommen,“ schmollte sie, „du bist auch immer so aufgeregt . . .“

Er grübelte: Ob sie es weiß, daß sie mich betrogen hat, und weiter: aber der alten Kupplerin hätte ich es mal richtig geben sollen, und später: wenn wir nur erst allein wären . . . Sie hatten sechs Stunden zu fahren.

Als sie dann im Abteil allein waren, küßten sie sich.

Nächtliche Szene

Gegen drei Uhr nachts stolperte der junge Bittner die Treppe zu seiner Dachwohnung hinauf. In dem dürftig ausgestatteten Zimmer brannte noch die Lampe. Die Anna Zöpfel lag angekleidet auf dem Bett und schlief.

„So — schrie er, hab ich dich erwischt!“

Er rüttelte sie am Arm. Sie wachte auf und rieb sich die Augen.

„Kommst du erst jetzt? Ich bin so müde. Mich friert.“

„Was! Du — du, du willst mir Vorwürfe machen? du —??“ Er schrie, daß sie erschreckt sich aufrichtete. „Du — hä, wo warst du denn? hä!?“

Sie stammelte: „Ja, was soll das?“

„Ah, ich habe es geahnt, ich weiß.“

Er ging im Zimmer auf und ab.