Der letzte Rock hat keine Taschen - Wilhelm Kuehs - E-Book

Der letzte Rock hat keine Taschen E-Book

Wilhelm Kuehs

4,8

Beschreibung

EIN TOTER MÖNCH. EIN ERZÜRNTER KÄRNTNER LANDESHAUPTMANN. EIN HARTNÄCKIGER ERMITTLER. ERNESTO VALENTI DECKT AUF! Sturz in den Tod im Kärntner Hüttenberg In Hüttenberg in Kärnten stürzt ein Mönch über den Gebetspfad des Tibet-Zentrums in den Tod - und versetzt damit die Landespolitik in Unruhe. Man befürchtet schlechte Publicity für das Bergdorf und ein Zerwürfnis mit dem Dalai Lama. Dementsprechend erpicht ist der Pressesprecher des Landeshauptmanns darauf, die Angelegenheit rasch als Unfall abzutun und kein großes Aufhebens um den Todesfall zu machen. Journalist Ernesto Valenti hat allerdings seine Zweifel. Er beginnt zu recherchieren und stößt schnell auf viele mögliche Motive für einen Mord an dem Mönch und damit auch auf Tatverdächtige: ein verbitterter Biobauer, eine verliebte Pfarrersköchin, religiöse Fanatiker und ein russischer Oligarch, der mit den Kärntner Politikern in einem seltsamen Naheverhältnis steht ... Ein Spiel mit den Abgründen Kärntens Wilhelm Kuehs spielt ein teuflisches Spiel mit Abgründen: den Abgründen der Kärntner Landespolitik, den Abgründen der menschlichen Seele und den ganz realen Abgründen der Alpen. Schonungslos nimmt sein Ermittler Ernesto Valenti die Verstrickungen der Buberl-Gesellschaft auseinander, wo immer er Kriminalität und Korruption wittert. Sein Krimi ist ebenso gesellschaftskritisch wie spannend - wo Ernesto Valenti aufdeckt, bleibt nichts im Verborgenen! - rasant, spannend und kritisch: ein Kärnten-Krimi der besonderen Art - ein neuer Stern am Ermittler-Himmel: Ernesto Valenti spielt in einer Liga mit Mikael Blomqvist und Carl Mørck "Ernesto Valenti ist brillant und trifft den Nagel immer auf den Kopf - bitte mehr von ihm!" "Bis zur letzten Seite weiß man nicht, was wirklich geschehen ist. Man kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen!"

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Wilhelm Kuehs

Der letzte Rock hat keine Taschen

Ein Kärnten-Krimi

Inhaltsverzeichnis
Cover
Titel
Kapitel 1
1
2
3
Kapitel 2
4
5
6
Kapitel 3
7
8
9
Kapitel 4
10
11
Zeitungsanzeige: Mysteriöser Tod in Hüttenberg
12
Kapitel 5
13
14
15
16
17
Kapitel 6
18
19
20
21
22
23
Kapitel 7
24
25
26
27
Kapitel 8
28
29
Zeitungsanzeige: Königsrufen in Hüttenberg
Kapitel 9
30
31
32
33
Kapitel 10
34
35
36
Kapitel 11
37
Kapitel 12
38
Zeitungsanzeige: Das dunkle Geheimnis des Dalai Lama
39
40
Kapitel 13
41
42
Kapitel 14
43
44
Kapitel 15
45
46
Kapitel 16
47
48
49
50
Kapitel 17
51
52
53
Kapitel 18
54
55
56
Kapitel 19
57
58
59
Zeitungsanzeige: Das magische System der Lamas
60
Kapitel 20
61
62
Kapitel 21
63
64
65
66
Nachwort
Dank
Wilhelm Kuehs
Zum Autor
Impressum
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Wilhelm Kuehs

Der letzte Rock hat keine Taschen

Kapitel 1

1

Ernesto Valenti legte das Buch aufgeschlagen auf seinen Bauch, lehnte sich in der Hängematte zurück und betrachtete durch die Zweige des Apfelbaums den Himmel. Dort oben striegelte der Wind die Federwolken. In den Blättern der Bäume flüsterte er, und die Amsel im Fliederbusch flötete ein Regenlied.

Ernesto versuchte sich zu konzentrieren. Nach einer schlaflosen Nacht dümpelten seine Gedanken vor sich hin. Seit er vor zwei Wochen aus Kroatien geflüchtet war, hatte er kaum ein Auge zugetan. Hier in Kärnten bist du sicher, dachte er sich. Keine Polizisten, die dich verfolgen, keine Leute, die an Straßenecken mit Maschinenpistolen warten, keine Minen.

Zwei Wochen waren vergangen, und es wurde immer schlimmer. Seine Gedanken hafteten weder an den Wolken noch an dem Buch, sie drängten zurück nach Kroatien. Er war dem Bösen entkommen. Wenn es das Böse überhaupt gibt. Selbst als er ihm gegenüberstand, dem, was man als das Böse bezeichnet, zweifelte Ernesto noch.

Das Böse ist ein Konstrukt der Menschen, sagte sich Ernesto jetzt, da er in seiner Hängematte lag. Ein Mantra, dazu bestimmt, die Gedanken zu beruhigen. Doch das gelang Ernesto nicht. Die Bilder drängten sich vor. Sogar die Erinnerung an den Geruch kam zurück. Der Geschmack von Verwesung legte sich auf seine Zunge.

Ernesto Valenti war dem Schrecken entkommen, den Massengräbern von Vukovar, den zerschossenen Häusern und den Toten in den unterirdischen Gängen. Ernesto war zurück in Kärnten, in Sicherheit. Seit zwei Wochen hatte er das Grundstück nur verlassen, um einzukaufen. Er sprach mit niemandem.

Jetzt nahm er das Buch wieder auf. Er sah auf die Seiten, ohne zu lesen. Die Sätze verschwammen vor seinen Augen, die Buchstaben konnte er nicht entziffern. Zeichen, die einmal etwas bedeutet hatten, einmal wieder etwas bedeuten würden.

Gleich nach seiner Ankunft in Wolfsberg hatte Ernesto Primarius Thorwald Baumgartner angerufen. Der Psychiater riet Ernesto zur Abklärung seiner Beschwerden, wie er es nannte. Er wollte keine Ferndiagnose stellen und lud Ernesto zu sich nach Klagenfurt ein. Sie führten ein langes Gespräch über alte und neue Erinnerungen.

Baumgartner diagnostizierte eine posttraumatische Belastungsstörung. „Ich werde Ihnen etwas verschreiben“, sagte er. „Vor allem aber sollten Sie umgehend mit einer Therapie beginnen. Die Bilder werden nicht von selbst verschwinden.“

Nein, die Bilder würden nicht verschwinden. Um das zu erkennen, brauchte Ernesto keinen Psychiater. Diese Schrecknisse häuften sich auf andere. Seine Erinnerungen erschienen Ernesto wie eine Ruinenlandschaft, in der das Unheil auf ihn lauerte. Er konnte sich nicht entspannen. Selbst hier in der Hängematte spürte er die verkrampften Muskeln. Seine Hände zitterten, wenn er sie nicht fest um das Buch schloss. Es wird vorbeigehen. Das Schlimmste habe ich schon überstanden. Ich bin aus Kroatien entkommen. In meiner Hängematte ...

Ernesto klappte das Buch zu, schlug es wieder auf und sah auf die Titelseite. Das Buch sollte ihn ablenken. Aber er sah das zerbombte Kloster von Vukovar immer noch vor sich. Die Kirche, bis auf die Ziegelwände ausgeschlachtet, und an der Stirnseite ein grob gefügtes Kreuz aus den Dachbalken eines zerschossenen Hauses.

Das Gefühl, dem Unheil ausgeliefert zu sein, spürte Ernesto in Kärnten nicht so deutlich. Trotzdem musste er sich erst daran gewöhnen, dass die Wälder hier nicht vermint waren.

Noch hatte er nur eine vage Vorstellung, wie er weitermachen sollte. In der Kulturredaktion der Kärntner Tagespost würde sich ein Schreibtisch für ihn finden, da war er sich sicher. Čertov, der Kulturchef, vermutete Ernesto, würde ihm zumindest den Posten eines freien Mitarbeiters anbieten. Das musste zum Überleben vorerst reichen. Die Lokalredaktion mit den Unfällen und Verbrechen, den Berichten über Landtagssitzungen und dem täglichen Strom an Wortsondermüll wollte er meiden. Keine Morde mehr. Auch wenn das Böse nicht existiert, das Schlechte greift um sich, wuchert wie ein Pilzrhizom durch die Gesellschaft und gebiert als Fruchtstände Mord, Vergewaltigung und Krieg. Damit wollte Ernesto nichts mehr zu schaffen haben. Eine Theateraufführung, eine Vernissage, ja, das war harmlos genug.

Angesichts des Himmels, der Federwolken und des Windes, angesichts des Grüns des beginnenden Sommers sollten die Umtriebe der Menschen an Bedeutung verlieren. Doch Ernesto empfand die Natur wie etwas Fernes. Als wäre eine Glasscheibe zwischen ihm und der Schönheit der Welt aufgerichtet.

2

Obwohl er seit Tagen nichts getan hatte, außer in der Hängematte zu liegen und ein paar Seiten zu lesen, überrollte ihn die Erschöpfung. Ernesto nickte ein, schreckte bei jedem Geräusch wieder auf, dämmerte durch den Nachmittag und fühlte sich ausgelaugt.

Er ignorierte das Läuten des Mobiltelefons und las zum dritten Mal die erste Seite des Buches. Wenn das so weitergeht, dachte er, brauche ich Jahrhunderte für dieses Buch. Die Tabletten, die ihm der Psychiater verschrieben hatte, nahm er nicht. Zwar hatte er das Rezept eingelöst, die Packungen aber im obersten Fach des Badezimmerschranks verstaut.

Die Nummer auf dem Display kam ihm bekannt vor. Er nahm den Anruf nicht an. Wenn es wichtig war, sollte der Anrufer auf die Mobilbox sprechen. Diese Nachricht konnte Ernesto dann löschen, ohne sie abzuhören.

Das Telefon gab Piepstöne von sich. Der Anrufer hatte aufgelegt. Ein paar Sekunden später läutete es wieder. Jemand hat hier den Sinn von Anrufbeantwortern nicht verstanden. Ernesto sah sich die Nummer genauer an. Ein Journalist von der Kärntner Tagespost, ganz klar. Wenig erstaunlich. Ein Hinweis genügte, und sie wussten, Ernesto war wieder im Land. Ihn dann wegen irgendeiner Geschichte anzurufen, war nur konsequent. Nicht anders hatte es Ernesto früher gemacht.

Ernesto hatte sich vorgenommen, solche Versuche, ihn zu ködern, zu ignorieren. Wenn er so weit war, würde er sich melden. Es war sicher kein Auftrag für ein Vokalkonzert oder eine Ausstellung. Wegen einer solchen Nebensächlichkeit hätte niemand dreimal hintereinander angerufen. Auch den nächsten Anruf ignorierte Ernesto und wurde dafür mit einer SMS belohnt.

Als Ernesto die Nachricht löschen wollte, erschien sie auf dem kleinen Bildschirm: „Toter Mönch in Hüttenberg. Ruf mich zurück! Auer.“

Das Mobiltelefon schrillte. Diesmal nahm Ernesto den Anruf an. Ein toter Mönch in Hüttenberg. Das konnte nur ein tibetischer Mönch sein, und das machte Ernesto dann doch neugierig.

„Wo zum Teufel steckst du?“, kam es statt einer Begrüßung.

„Dir auch einen wunderschönen guten Tag.“

„Du musst unbedingt sofort nach Hüttenberg. Der Fotograf ist schon unterwegs“, sagte Auer.

Ernesto zögerte. Er musste gar nichts.

„Ich lege jetzt auf“, sagte er langsam.

„Nein, bitte nicht. Ich ...“ Den Rest hörte Ernesto nicht mehr.

Typisch Auer, die Welt geht unter, wenn nicht alle nach seiner Pfeife tanzen. Du musst jetzt dahin, und danach fährst du noch dorthin, und bitte, ich hätte den Artikel gerne gestern. Ernesto hatte keine Nerven für die ständige Panik in der Lokalredaktion. Ob man die Geschichte morgen schon hatte oder erst übermorgen oder überhaupt nicht, was machte das für einen Unterschied?

Winfried Auer, der Chef der Lokalredaktion, ließ nicht locker. Ernesto hatte gerade aufgelegt, als das Mobiltelefon schon wieder läutete.

„Was?“, schnauzte Ernesto.

„Fährst du jetzt oder nicht?“

„Ich fahre nicht.“

„Das war eine rhetorische Frage.“

„Ich weiß.“

„Also, du rufst mich an, sobald du etwas hast.“

„Wird schwierig hier aus der Hängematte. Schick doch irgendeinen von diesen Idioten aus deiner Redaktion. Daran mangelt es nicht, wenn ich mich recht erinnere.“

„Die Edlinger ist auf Urlaub, und sonst habe ich niemanden.“

„Ob der Mönch tot ist oder nicht, kann sogar der Fotograf feststellen.“ Ernesto fischte sich eine Zigarette aus der Packung.

„Ein toter tibetischer Mönch in Hüttenberg, weißt du, was das ist?“

„Eine Alliteration“, antwortete Ernesto.

„Eine was?“

„Eine Alliteration, ein Stabreim. Wie Mann und Maus oder Hure und Haus. Anfangsreim, um es laienhaft zu sagen.“

„Es ist eine Katastrophe, wenn du die Geschichte nicht machst.“

„Sei nicht so dramatisch. Du witterst nur eine Geschichte, die dich über die Sauregurkenzeit bringt.“

„Jetzt hör mir zu.“

„Das mach ich schon drei Minuten lang.“ Ernesto blies Rauch aus.

„Diese Geschichte wird zu internationalen Verwicklungen führen.“

„Ach, ich bitte dich.“

„Du weißt noch nicht, wer dieser Mönch war.“

„Du wirst es mir gleich mitteilen.“ Ernesto legte das Buch weg und stand auf. Seit es Mobiltelefone gab, ging er beim Telefonieren auf und ab.

„Dieser Mönch, ein gewisser Dadul Gyal... irgendwas, war der offizielle Vertreter des Dalai Lama in Österreich. So etwas wie sein Botschafter.“

„Dann schreib einen Nachruf.“

War er eben gestorben, dieser Mönch. Der Dalai Lama würde den nächsten schicken. Ernesto fragte sich seit Jahren, was die Tibeter ausgerechnet in Hüttenberg wollten. Vielleicht fühlten sie sich dort heimisch, weil es genauso trist und abgelegen war wie ihre Heimat. Ein Kuhdorf in den Bergen, dessen Existenzberechtigung mit der Schließung des Bergwerks erloschen war.

Ernesto sah zu den Federwolken hinauf. Ein Bussard zog eine Schleife über dem Waldstück. Der Wind spielte an seinen Schwingen. Früher hätte Ernesto dieses Bild genossen. Jetzt fühlte er nichts. Wie unter einer Glasglocke.

„Du musst nur hinfahren, dich umschauen, und dann rufst du mich an.“

„Das Ganze noch einmal von vorne.“ Ernesto setzte sich auf die Kante des Gartentisches und betrachtete die Ranunkeln, die in Blüte standen. „Ein tibetischer Mönch ist in Hüttenberg gestorben. Er war der Botschafter des Dalai Lama. Wie ist er gestorben?“

„Er ist über den Lingkor gestürzt.“

„Über den was?“, fragte Ernesto.

„Den tibetischen Gebetspfad.“

„Aha“, machte Ernesto.

„Genaueres weiß ich nicht. Die Kriminalpolizei ist jedenfalls dort.“

„Steinkellner?“

„Wer sonst?“

„Es könnte also ein Mord gewesen sein. Warum hast du das nicht gleich gesagt?“

„Hätte es etwas geholfen?“

„Nein, aber jetzt langweilt mich die Geschichte nicht mehr so. Trotzdem, ich habe hier ein dickes Buch, und ich bin wild entschlossen, dieses Buch jetzt zu lesen.“ Ernestos Gegenwehr erlahmte. Diese Story war eine Gelegenheit sich abzulenken.

„Du bist der Einzige, der die Geschichte machen kann“, insistierte Auer. „Du kennst dich mit diesen Buddhisten aus, und du kennst auch die Hüttenberggeschichte.“

„Sagen wir einmal, ich mach es. Was bekomme ich dafür?“

„Wie meinst du das?“

„Es ist deiner geschätzten Aufmerksamkeit vielleicht entgangen. Aber ich bin arbeitslos.“

„Welchen Schreibtisch hättest du gerne? Du kommst heute noch vorbei und unterschreibst.“

„Ich hätte gerne einen Schreibtisch in der Kulturredaktion. Beim Fernsehprogramm wird keiner mehr frei sein, nehme ich an.“

„Im Fernsehprogramm ist wirklich nichts frei. Da sitzen schon vier Leute, und zwei bei den Leserbriefen. Es sind nicht alle so genial wie du. Aber Kulturredaktion ...“

„Der Čertov geht doch bald in Pension“, unterbrach Ernesto ihn.

„Wenn du ihn dazu überredest, gehört der Sessel dir.“

„Ich werte das als Zusage.“

„Und wenn das nichts wird, kommst du zu mir als Chef vom Dienst.“

„Träum weiter“, sagte Ernesto und legte auf.

3

Chef vom Dienst, das fehlte Ernesto gerade noch. Damit hätte er mehr Stress am Hals als jemals zuvor. Ein Job, zu dem Ernesto keine Lust hatte, und für den er sich für ungeeignet hielt. Er war unfähig, den Geschehnissen solche Bedeutung beizumessen, wie Auer es tat. Auch wenn ihn die Toten verfolgten, sie und er und der Schmerz waren nur innerhalb der Welt der Menschen wichtig. Dieser Welt wollte er entkommen, und dafür war der Posten des Chefs vom Dienst einer Tageszeitung kein sonderlich geeigneter Ausgangspunkt.

Als er über die Bergstraße von St. Margarethen im Lavanttal über Preims aufs Klippitztörl fuhr, fragte er sich noch einmal, ob das die richtige Entscheidung war. Die Story konnte er schnell erledigen. Aussteigen, ein paar Fragen stellen, einsteigen und Auer anrufen. So hätten es die meisten gemacht. Ernesto gehörte nicht zu den meisten, und deshalb machte er sich keine Illusionen. Ernesto wusste ganz genau, dieser tote Mönch stand am Anfang einer Reihe von Geschichten, die Auer über den Sommer retten würden.

Die Landesregierung ging bald in die Sommerpause. Über das Wetter kann man zwar immer schreiben, aber das Thema reißt weder Leser noch Redakteure vom Hocker. Mit etwas Recherche fand Ernesto auch etwas anderes als diesen toten Mönch. An Skandalen herrschte kein Mangel. Aber ein Toter war besser.

Keine halbe Stunde, und ich verwandle mich in ein zynisches Arschloch. Journalismus ist nichts für zimperliche Leute. Und schon wieder fahre ich an einen Ort, den andere Menschen fluchtartig verlassen.

Die Straße ins Görtschitztal wand sich in engen Kurven durch den Wald. Der Belag war aufgerissen und bröckelte an den Rändern ab. Die Gemeindearbeiter hatten die Schneestangen selbst im Juni noch nicht entfernt. Eine vergessene Gegend.

In der Lausing hielt Ernesto an. Er musste sich sammeln, bevor er sich in den Wahnsinn stürzte. Das Gasthaus hatte geschlossen. In einem Waldweg stand ein Wagen ohne Nummernschild. Im Garten neben dem Gasthaus wucherten Brennnesseln. Die ersten Boten des Untergangs.

Er stieg nicht aus dem Wagen, kurbelte nur die Seitenfenster herunter und verschränkte dann die Hände hinter dem Kopf. Von hier aus waren es noch zehn Kilometer bis nach Hüttenberg. Zehn Kilometer auf einer schmalen Straße, die kaum noch befahren wurde. Die Hauptstraße, falls man das so nennen konnte, führte durch die Einöde der Seetaler Alpen in die Steiermark. Nach Neumarkt, um genau zu sein, eine ebenso trostlose Gegend wie Hüttenberg. Nun ja, vielleicht nicht ganz so schlimm, aber Ernesto war sich da nicht sicher.

Die andere Straße führte in die Heft, eine kleine Ortschaft, in der vor noch nicht einmal 150 Jahren das größte Eisenwerk Europas gestanden hatte. Ernesto erinnerte sich an seinen letzten Besuch. Da gab es nur die Ruinen des Werks, Ruinen, in die man für die Landesausstellung eine pompöse Konstruktion aus Stahl und Glas gesetzt hatte. Das Gebäude stand seit Jahren leer.

Damals war Ernesto weiter in die Berge gefahren. Die Asphaltstraße verwandelte sich zuerst in eine Schotterpiste und dann in einen Feldweg, der irgendwo auf einer Alm aufhörte. Das Ende der Welt.

Ein schönes Ende der Welt, wenn sich seit Ernestos letztem Besuch nichts verändert hatte. Wälder, so weit man sah, und Weiden, ein paar Kühe und der Geruch nach Speik. Keine Menschen, quadratkilometerweit keine Menschen. Dorthin wollte Ernesto fahren, wenn er die Geschichte mit dem Mönch beendet hatte.

Ernesto drehte die CD-Anlage auf. Eingehüllt von Ostbahnkurti und der Chefpartie fuhr er über die Landstraße, querte einige Male die aufgelassene Bahnlinie. Die Schienen waren unter Büschen verschwunden. Bäume wuchsen an den Weichen, und das Holz der Schwellen setzte Pilze an.

Die Menschen des eisernen Zeitalters, sagt Ovid, sind die letzten Menschen vor der Wiederkehr des goldenen Zeitalters. In Hüttenberg hat es immer solche Menschen gegeben. Sie gruben in der Erde und förderten das Erz. Die Kelten waren die ersten. Im dritten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung siedelten sie sich hier an, und sie waren es, die den Römern das Eisen für ihre Schwerter lieferten. Das römische Weltreich rüstete seine Legionen mit Schwertern aus Hüttenberg aus. Dieses Eisen, der einzige Naturstahl der Antike, war den Waffen der Gegner überlegen. Zusammen mit der neuen Taktik römischer Kriegsführung war das norische Eisen die wichtigste Säule der Expansion des römischen Reiches.

Doch schon damals war Hüttenberg ein Kaff, und daran hatte sich nichts geändert. Nur, so gottverlassen eine Landschaft auch scheinen mag, die Menschen in ihr, die Bodenschätze, die Pflanzen können die ganze Welt verändern.

Die Menschen aber hatten Hüttenberg verlassen. Es gab keine Arbeit mehr. Das Bergwerk blieb geschlossen, und der Tourismus kam nicht in Gang. Nur die Alten waren geblieben und ein paar Bauern. Die Jungen wanderten ab, und die wenigen, die sich von ihrem Heimatort nicht losreißen konnten, pendelten jeden Tag hundert Kilometer und mehr zur Arbeit, nach St. Veit, nach Klagenfurt und wieder zurück. Viele blieben die Woche über weg und kehrten nur am Wochenende zurück. Die Hoffnung blieb, und sie manifestierte sich in neuen Häusern, großen Häusern mit schweren Holzbalkonen und Geländewagen in der Einfahrt.

Ernesto glaubte nicht an diese Hoffnung. Seit fast zwei Jahrzehnten laborierte die Politik an Hüttenberg und der Heft herum. Weder das Schaubergwerk noch die Landesausstellung hatten eine Veränderung gebracht. Jetzt versuchte man es mit Esoterik. Tibet, der Dalai Lama, Heinrich Harrer. An jedem anderen Ort der Welt hätte diese Mischung Tausende angelockt. Aber nicht hier, nicht in Hüttenberg.

Kapitel 2

4

Ernesto blieb der Mund offen stehen. Er parkte den Wagen vor dem Heinrich-Harrer-Museum und stieg kopfschüttelnd aus. Mit vor der Brust verschränkten Armen lehnte er sich an den Wagen und betrachtete das Spektakel auf der anderen Straßenseite.

Ein Feuerwehrwagen mit Hebebühne parkte vor dem Eingang zum Gebetspfad. Er verdeckte einen Teil der Fresken an der Außenmauer. In mehreren Abteilungen reihten sich tibetische Götter aneinander. Ernestos Blick hielt sich dort aber nicht auf. Er schweifte zur Stupa. Über dem viereckigen Gebäude wölbte sich ein Zwiebelturm, der in einer langen ausgebleichten Spitze auslief, von der aus Schnüre mit Gebetsfahnen bis zur Felswand gespannt waren. So eine Stupa wird normalerweise als eine Art Kapelle genutzt. Hier aber bildete die Stupa den Eingang zum Gebetspfad.

Ernestos Blick wanderte hinauf zu den Stahltreppen. Mit Ankern in den Fels gebohrt, schlängelten sie sich den gut hundert Meter hohen Hang hinauf, endeten etwa zehn Meter unter dem höchsten Punkt und führten den hoffentlich schwindelfreien Wanderer über eine Wendeltreppe herunter an die Unterseite eines riesigen Gemäldes, das Padmasambhava, den Begründer des tibetischen Buddhismus, darstellte.

Dort schwebte die Hebebühne der Feuerwehr, und Männer in weißen Overalls kraxelten auf der Felswand herum. Hier und da leuchteten gelbe Markierungen aus der Felswand. Die Spurensicherung musste schon seit Stunden im Gang sein.

Ein hochaufgeschossener Mann mit welligem, grauem Haar kam über den Platz auf Ernesto zu. Er trug den Fotoapparat lässig in der Armbeuge und hatte eine dieser unvermeidlichen ärmellosen Jacken an.

„Fritz Hochegger“, stellte er sich vor. „Auer hat gesagt, dass Sie schon unterwegs sind.“

„Ist die Leiche noch irgendwo?“ Ernesto glaubte, sich an Hochegger zu erinnern, aber er hatte ein verdammt schlechtes Personengedächtnis.

„Die Leiche. Ich weiß nicht. Ich glaube, die stehen alle da hinter der Mauer bei dem ... Wie heißt das noch?“

„Gebetspfad“, sagte Ernesto. „Haben Sie Steinkellner schon gesehen?“

„Den Major? Der muss irgendwo sein.“

Ernesto löste sich vom Wagen und ging auf den Feuerwehrwagen zu. Er hatte es hier mit einem Genie zu tun. Wie es aussah, war Hochegger schon länger in Hüttenberg und hatte genau nichts herausgefunden. „Schon andere Aasgeier gesehen?“

„Noch sind wir die einzigen.“ Hochegger grinste.

„Wird nicht lange dauern. Prominente Leiche. Wir werden bald Gesellschaft haben. Also, machen wir schnell. Ich werde mit Steinkellner reden, und Sie, Sie machen, was auch immer Sie nicht lassen können.“ Damit ließ Ernesto den Fotografen stehen und drängte sich durch die wenigen Schaulustigen, die sich im Umkreis des Feuerwehrwagens versammelt hatten.

Ohne nach links oder rechts zu sehen, betrat er die Stupa. Er hatte den Eindruck, den schwachen Geruch von Räucherstäbchen wahrzunehmen. Auf beiden Seiten des finsteren Raumes hockten Bronzestatuen. Buddha Shakyamuni, die Grüne Tara und noch ein paar Figuren aus der tibetischen Mythologie. Über ihm an der Decke prangte ein Mandala.

Ein Beamter in Zivil vertrat ihm den Weg. Ernesto sah ihm in die Augen und verzog das Gesicht zu einer Grimasse.

„Valenti, Kärntner Tagespost. Lassen Sie mich durch.“

„Sie haben hier keinen Zutritt“, sagte der Beamte.

„Sagen Sie Steinkellner, dass ich hier bin.“

„Ich muss Sie bitten, wieder zu gehen. Zivilpersonen haben hier keinen Zutritt.“

„Gott im Himmel“, sagte Ernesto wie zu sich selbst. „Steinkellner“, schrie er dann. „Ich muss mit Ihnen reden.“

„Valenti?“, kam es aus dem Hintergrund. „Sind Sie das, Valenti?“ Major Steinkellner tauchte neben dem Zivilbeamten auf. „Ist schon gut“, sagte er. „Ich mache das.“ Dann wandte er sich Ernesto zu. „Sie hätte ich hier nicht erwartet. Müssen Sie sich nicht noch ein wenig erholen?“

„Was können Sie mir über die Leiche sagen?“ Ernesto ignorierte den süffisanten Unterton.

„Ich dachte, die kroatischen Kollegen …“

„Die Leiche“, fiel ihm Ernesto ins Wort.

„Na, ich hab doch nichts gesagt. Also, die Leiche.“

„Ich bitte darum.“

„Der Tote hieß ...“ Steinkellner sah auf seinen Notizzettel.

„Lassen Sie mich das abschreiben.“ Ernesto nahm ihm den Zettel aus der Hand. „Aha. Dadul Gyaltsen, 56 Jahre alt. Er war der Botschafter des Dalai Lama in Österreich?“, sagte er tadelnd. „Ich glaube nicht, dass es so etwas gibt.“

„Ich sammle Informationen, und das ist es, was mir der Museumsdirektor gesagt hat. Dieser Mönch war nicht nur ein Mönch, sondern ein Wissenschaftler und Politiker.“

„Was die so Wissenschaftler nennen“, murmelte Ernesto.

„Beauftragt, mit der Gemeinde, dem Land und dem Bund dieses Tibet-Projekt voranzutreiben“, fuhr Steinkellner fort.

„Und weil ihn diese Aufgabe überfordert hat, köpfelte er von einem hundert Meter hohen Felsen in den Lingkor.“

„In den was?“

„Tibetischen Gebetspfad“, sagte Ernesto. „Und?“

„Wissen wir noch nicht“, antwortete Steinkellner. „Die Spurensicherung arbeitet noch. Die Leiche kommt in die Gerichtsmedizin in Graz.“

„Todesursache?“, fragte Ernesto.

„Der Doktor sagt Genickbruch. Er kann ausgerutscht sein, oder er ist gesprungen, oder jemand hat ihn gestoßen.“

„Wir wären dann so weit“, mischte sich eine dritte Stimme ein.

Ernesto sah auf. Vor ihm stand ein Mann im weißen Overall. Wolfgang Havlicek, Chef der Spurensicherung. „Meine Leute räumen nur noch zusammen. Habe die Ehre“, verabschiedete er sich.

„Havlicek“, rief Ernesto. „Was war das Ihrer Meinung nach? Ein Mord? Haben Sie schon eine Vermutung?“

Havlicek sah Ernesto an, ohne die Miene zu verziehen. Dann drehte er sich um und ging.

„Und Sie, Steinkellner, sind Sie gesprächiger?“

„Das wäre das erste Mal, dass Havlicek etwas vermutet. Aber wenn Sie mich fragen, dann ist der Mönch von da oben, von seinem Meditationssitz abgestürzt, direkt neben der Wendeltreppe zweimal aufgeschlagen und dann in dem Stahlgestänge hängen geblieben.“ Steinkellner zeigte Ernesto mit dem ausgestreckten Arm, wie er sich die Fallkurve des Mönches vorstellte.

„Meditationssitz?“

„Angeblich ...“ Steinkellner blätterte in seinem Notizbuch. „Angeblich, das sagt jedenfalls der Museumsdirektor, ist er jeden Morgen zum Meditieren da hinaufgestiegen.“

„Okay“, sagte Ernesto. „Wenn er das jeden Tag gemacht hat ...“

„Der Museumsdirektor sagt, er hat ihn immer beobachtet.“

Ernesto kratzte sich mit dem stumpfen Ende des Kugelschreibers an der Stirn und sah zu Boden.

„Mhmm“, machte er dann. „Das heißt jetzt? Was wird die Polizei offiziell verkünden?“

„Was weiß ich?“ Steinkellner hob die Arme. „Wir warten die Ergebnisse ab.“

„Der Museumsdirektor?“, fragte Ernesto.

„Graber“, sagte Steinkellner. „Der ist drüben im Museum und rotiert.“

„Wir sehen uns“, sagte Ernesto. „Ja. Ich glaube, wir werden uns jetzt öfter sehen.“

Ohne auf eine Antwort zu warten, ging Ernesto und machte sich auf den Weg ins Museum. Draußen warf er noch einmal einen Blick auf die Felswand. Oben an der Fundstelle kämpfte ein Feuerwehrmann mit einer Schnur, auf der Gebetsfahnen aufgereiht waren. Daneben konnte Ernesto einen Schriftzug am Felsen erkennen. Om mani padme hum stand da in tibetischen Schriftzeichen.

Wörtlich übersetzt heißt das so viel wie: Om Juwel im Lotus hum. Dieses Mantra wiederholen die tibetischen Buddhisten unablässig. Sie rufen damit den Bodhisattva des universellen Erbarmens an. Avalokiteshvara nennen sie dieses Wesen, das die Erleuchtung erlangt hat und sich aus Mitgefühl immer wieder inkarniert, um alle Wesen aus dem Rad der Wiedergeburt zu befreien. Simpel gesagt, bedeutet Om mani padme hum nichts anderes als: Alles in Ordnung, du musst dir keine Sorgen machen. Bla, bla, bla, fügte Ernesto in Gedanken hinzu.

5

Direktor Georg Graber ging gestikulierend einen Gang des Museums entlang, als Ernesto ihn aufspürte. Zuerst war Ernesto irritiert, bis er das Headset bemerkte, mit dem Graber telefonierte. Ein Journalist, so hörte Ernesto mit, verlangte Auskunft über den Tod des Mönchs.

Ernesto sah sich in der Zwischenzeit die Schaukästen an. Tibetische Gebetsmühlen, Schaffelljacken, Fotografien von Yaks und Nomaden, Geschirr aus Silber, Peitschen und Gebetsfahnen. Der Raum war mit Artefakten aus Tibet, Nepal und dem nördlichen Indien vollgestopft. Die Schilder an den Kästen verrieten nur, wer die Gegenstände gesammelt hatte und aus welcher Epoche sie stammten. Auf einer Tafel war ein kurzer Abriss der tibetischen Geschichte zu lesen. Kurz und falsch. Der Verfasser hatte sich um die Kriegszüge des 5. Dalai Lama herumgeschwindelt, und das missfiel Ernesto.

„Ich hätte Sie gerne kurz gesprochen“, sagte Ernesto, als Graber das Telefonat beendet hatte. „Ich bin zwar auch Journalist, aber ich werde versuchen, Sie nicht zu nerven. Ernesto Valenti, Kärntner Tagespost.“

„Das ist alles ganz fürchterlich“, sprudelte es aus Graber heraus. „Dadul war ja nicht irgendein Mönch. Du liebe Güte, der Dalai Lama. Und der Bürgermeister, er ist außer sich. Sie haben ja keine Ahnung.“

„Deshalb bin ich hier. Weil ich keine Ahnung habe und das gern ändern möchte.“

„Dann kommen Sie mit in mein Büro.“

Der Raum befand sich am hinteren Ende des Museums. Auf dem mächtigen Tisch in der Mitte stapelte sich Papier. Einige Laptops standen an der Längsseite, und an den Wänden reihten sich Regale und schmale Vitrinen. Anatomische Präparate, ausgestopfte Vögel und eine Menge Alltagsgegenstände waren hinter den Glasscheiben verstaut. Sie setzten sich an die Stirnseite des Tisches, und Ernesto zückte seinen Notizblock.

„Sie sagten, Dadul, so war doch der Name des Mönchs, war kein gewöhnlicher Mönch. Wie meinten Sie das?“

„Dadul Gyaltsen, Doktor Dadul Gyaltsen, war ein Vertrauter des Dalai Lama und darüber hinaus einer der bedeutendsten Übersetzer des Tibetischen ins Englische. Ein ausgewiesener Kenner tibetischer Theologie und Mythologie. Wahrscheinlich einer der wichtigsten Vertreter der tibetischen Exilregierung in Europa. Es gibt übrigens auch einige seiner Bücher auf Deutsch.“ Graber sah sich im Büro um. „Ich habe hier noch ein paar Exemplare.“ Er ging zu einem Regal und fuhr mit dem Finger über die Buchrücken. „Hier und hier und hier“, sagte er, nahm die Bücher heraus und drückte sie Ernesto in die Hand. „Das sollten Sie lesen.“

„Er war also ein Lama?“, fragte Ernesto.

„Ja, ein Meister und Lehrer. Sein Tod ist ein schwerer Verlust für uns. Er war unsere direkte Verbindung zum Dalai Lama.“

„Ich verstehe“, sagte Ernesto. „Und soweit ich gehört habe, ging er jeden Morgen zu dieser Stelle über dem Gebetspfad, um zu meditieren.“

„Deshalb verstehe ich das ja auch nicht. Er kletterte jeden Morgen, meist noch in der Nacht, dort hinauf, und nie ist ihm etwas passiert.“

„Warum gerade diese Stelle?“

„Ah, das ist kompliziert. Ich weiß nicht, ob Sie das verstehen werden.“

„Versuchen Sie es“, forderte ihn Ernesto auf.

„Sie wissen vielleicht, dass dieser Gebetspfad 1996 errichtet wurde. Die Stelle hat Heinrich Harrer in Rücksprache mit dem Dalai Lama ausgewählt. Wenn Sie sich dafür interessieren, es gibt eine Broschüre dazu. Jedenfalls wurde der Pfad nach geomantischen und anderen spirituellen Gesichtspunkten ausgewählt.“

Ernesto bemühte sich, nicht zusammenzuzucken, als Graber Geomantie und Spiritualität in einem Atemzug erwähnte.

„Diese Felswand stellt ein bestimmtes Kraftfeld dar, und der Ort, an dem Dadul meditierte, ist das Herz dieses Kraftfeldes. Von hier aus spannt sich eine Linie bis hin zu den heiligen Stätten in Tibet. Dadul sagte, wenn er dort oben meditiere, sei er in Kontakt mit den Göttern seiner Heimat.“

„Gut, das wäre also geklärt“, sagte Ernesto schnell, um Graber daran zu hindern, noch mehr von diesem esoterischen Zeugs abzusondern. „So wie sich mir die Sache jetzt darstellt“, fuhr Ernesto fort, „haben wir es mit einem Todesfall aus noch ungeklärter Ursache zu tun. Das ist sicher alles andere als erfreulich, und da es sich um einen tibetischen Mönch handelt, werden Sie noch ein paar anstrengende Tage haben, in denen Ihnen Journalisten auf die Nerven gehen werden. Aber die große Katastrophe sehe ich nicht.“

„Und wenn es Mord war?“, platzte Graber heraus.

„Ja, gibt es dafür einen Hinweis?“, fragte Ernesto zurück.

„Nein, gibt es nicht. Aber auch so. Dieser Todesfall gefährdet das ganze Projekt.“

„Können Sie das näher erklären?“

„Wir versuchen, hier in Hüttenberg ein geistiges Zentrum des tibetischen Buddhismus zu etablieren. Das können wir natürlich nur mit Unterstützung der tibetischen Exilregierung. Dadul Gyaltsen war direkt vom Dalai Lama damit beauftragt und ermächtigt, mit Politikern und Behörden zu verhandeln. Da er auf so unglückliche Art zu Tode gekommen ist, wird es bei der Fortsetzung des Projekts vermutlich Probleme geben.“

Ernesto schwieg, er wartete auf eine Erklärung.

„Wie Sie vielleicht wissen, trifft der Dalai Lama seine Entscheidungen nach anderen Kriterien als die meisten Staatsoberhäupter. Er befragt ein Orakel. Meist das berühmte Staatsorakel.“

„Ronald Reagan stützte sich auf die Ratschläge seiner Astrologin“, sagte Ernesto.

„Das ist wohl kaum vergleichbar“, wies ihn Graber zurecht.

Ernesto zog einen Mundwinkel nach unten, sagte aber nichts. Für eine kulturwissenschaftliche Debatte über Okkultismus war später noch Zeit, und später würde er auch entscheiden, ob sich so eine Diskussion mit Graber lohnte.

„Das Staatsorakel verkörpert den Kriegsgott des tibetischen Buddhismus“, sagte Graber. „Seinen Anweisungen ist unbedingt Folge zu leisten. Und der Dalai Lama wird sicherlich eben dieses Orakel befragen.“

„Und Sie befürchten, das Orakel könnte sich gegen eine Nachbesetzung des Postens aussprechen?“

„Schlimmer noch. Das Staatsorakel könnte den Tibetern vorschreiben, sich aus Hüttenberg zurückzuziehen.“

6

In der halben Stunde, die Ernesto in Grabers Büro verbracht hatte, war die Menschenmenge vor dem Gebetspfad angewachsen. Allerdings gab es nichts zu sehen, außer Feuerwehrmännern, die ihre Ausrüstung verstauten, und Polizisten, die Absperrbänder aufrollten. Die Leiche war abtransportiert worden, dennoch drängten die Leute zum Eingang der Stupa hin.

„Jetzt hat auch der Letzte in diesem Kuhdorf erfahren, was hier los ist“, sagte Ernesto zu sich selbst und steuerte auf die Menschenansammlung zu. Da bemerkte er den großen, dunklen Wagen mit einem Nummernschild der Landesregierung, der vor dem Eingang zum Gebetspfad parkte. Statt zum Gebetspfad ging Ernesto zu seinem Wagen und verstaute die Bücher, die ihm der Museumsdirektor aufgedrängt hatte, im Kofferraum. Er würde auf keinen Fall in die Unterhaltung platzen, die Major Steinkellner mit wem auch immer führte. Während er sich eine Zigarette drehte, überlegte Ernesto, wer das sein konnte. Es erstaunte ihn dann nur milde, als er sah, wie Jörg Tschabuschnig, der Pressesprecher des Landeshauptmanns, beim Eingang des Gebetspfades auftauchte.

Von seinem Standort aus konnte Ernesto nicht hören, was Tschabuschnig zu Steinkellner sagte, er sah nur sein Gefuchtel. Mit erhobenem Zeigefinger versuchte er, Steinkellner etwas klar zu machen. Ernesto machte sich auf den Weg. Er wollte Tschabuschnig stellen, bevor dieser in seinen Wagen stieg und davonfuhr. Aber Ernesto unterschätzte die Geschwindigkeit des Pressesprechers.

„Tschabuschnig“, schrie Ernesto über den Platz.

Der Pressesprecher drehte sich um. In diesem Moment hatte Ernesto das Gefühl, dass Tschabuschnig ihn erkannte. Jedenfalls sprang Tschabuschnig in den Wagen und fuhr davon.

Steinkellner sah Ernesto kommen und wartete. Die Wut war ihm deutlich anzusehen.

„Was ist es jetzt?“, fragte Ernesto.

„Unfall“, sagte Steinkellner leise. Seine Stimme zitterte beinahe unmerklich.

„Sicher? Vor einer Dreiviertelstunde war es noch ungeklärte Ursache.“

„Es wird Unfall im Bericht stehen. Der Mönch ist ausgerutscht.“

„Aha“, machte Ernesto.

Sie standen nebeneinander am Eingang zum Gebetspfad und sahen auf die Menschen hinunter, die sich da versammelt hatten.

„Was machen die Leute überhaupt hier? Es gibt doch nichts mehr zu sehen“, sagte Ernesto.

„Sie halten eine Totenwache. Sagt wenigstens die da drüben.“ Steinkellner war nicht so diskret wie Ernesto und zeigte mit dem Finger auf eine Frau mit hochgesteckten Haaren und einem orangen Umhang. Ernesto gab ein leises Winseln von sich.

„Was haben Sie denn?“ Steinkellner drehte sich besorgt zu ihm hin.

„Es geht schon, keine Sorge. Nur die übliche Allergie gegen Esoterik. Und der da in der Trachtenuniform?“

„Keine Ahnung, aber der neben ihm ist der Bürgermeister.“

„Aus dem bin ich noch nie schlau geworden“, sagte Ernesto und sah sich die Gesichter in der Menge an. Da hinten stand ein großer Mann mit weißen Haaren, die er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Ein Alternativer, urteilte Ernesto. Daneben ein paar Hausfrauen in Kittelschürzen, eine sogar mit Lockenwicklern. Auffallend wenig junge Leute. Eigentlich nur diese Frau neben dem Pfarrer. Sehr hübsch. Männer mit unrasierten Gesichtern in Arbeitskleidung. Bauern vermutlich.

Das waren nicht die üblichen Verdächtigen. Diese Leute waren mit wenigen Ausnahmen keine Kandidaten für einen Esoterikkurs. Die drei Bauern da am Rande, die sich gerade gegenseitig Feuer gaben, die konnte sich Ernesto schwer in Meditationshaltung vorstellen. Die meisten waren nicht hier, um dem Toten zu gedenken. Sie waren gekommen, weil in ihrem Dorf endlich einmal etwas passierte und sie nichts davon versäumen wollten.

„Gut“, sagte Ernesto und zog seinen Notizblock heraus. „Ich nehme an, Sie haben jetzt eine Geschichte für mich. Wann stieg Dadul Gyaltsen hinauf zu seinem luftigen Meditationsplatz?“

„Schätzungsweise zwischen vier Uhr dreißig und fünf Uhr am Morgen“, antwortete Steinkellner.

„Ist er beim Aufstieg verunglückt?“

„Nein, als er gegen sechs Uhr dreißig wieder heruntersteigen wollte. Gesehen hat das niemand.“

„Wie soll ich mir das vorstellen?“

„Der Tau macht den Felsen rutschig, und auch in den paar Grasbüscheln da oben sammelt sich der Tau. Da muss er ausgerutscht sein. Er kletterte übrigens ohne Schuhe.“

„Das heißt, eine tragische Geschichte“, sagte Ernesto, während er schrieb.

„Überaus tragisch“, bestätigte Steinkellner.

„Dann werde ich das so schreiben.“ Ernesto blätterte um und schrieb etwas, riss den Zettel ab. „Hier, meine Telefonnummer. Nur falls Sie Ihre Meinung über die Todesursache doch noch ändern.“

Kapitel 3

7

Ernesto setzte sich auf den Fahrersitz, die Füße gegen die offene Tür gestemmt und wählte die Nummer des Amtes der Kärntner Landesregierung. Er landete in der Warteschleife. Das Telefon unters Ohr geklemmt, drehte er sich eine Zigarette, zündete sie an und sah sich den Gebetspfad an.

„Amt der Kärntner Landesregierung“, meldete sich eine Frauenstimme. „Was kann ich für Sie tun?“

„Ernesto Valenti, Kärntner Tagespost. Den Pressesprecher des Landeshauptmanns, bitte.“

„Der ist nicht im Haus.“

„Sicher?“

„Er hat sich ausgetragen.“

„Kommt er heute noch einmal?“

„Ich weiß nicht.“

„Könnten Sie mir seine Handynummer geben?“

„Ich weiß nicht, ob ich das darf.“

„Er ist Pressesprecher.“ Ernesto warf die Zigarette auf den Parkplatz. „Ich bin von der Presse. Also wird das schon in Ordnung gehen. Sonst schieben Sie es auf mich.“

„Wie soll das gehen?“

„Sagen Sie, ich war lästig.“

Sie gab ihm die Handynummer. Ernesto wiederholte die Nummer zur Sicherheit. Dann legte er auf und wählte die Nummer des Pressesprechers.

„Tschabuschnig“, sagte Ernesto, als der Pressesprecher den Anruf entgegennahm. „Ich habe Sie in Hüttenberg nicht mehr erwischt. Sie waren so schnell weg, man könnte meinen, Sie wären auf der Flucht.“

„Mit wem spreche ich?“

„Ernesto Valenti, Kärntner Tagespost. Es geht um den toten Mönch in Hüttenberg.“

Schweigen auf der anderen Seite.

„Was sagt denn der LH dazu?“

„Der Landeshauptmann drückt sein Bedauern aus.“

„Habe ich mir gedacht. Deshalb sind Sie von Klagenfurt nach Hüttenberg gerast? Um das Bedauern des LHs zu übermitteln?“

„Genau. Dieser Mönch war ein wichtiges Mitglied der tibetischen Delegation.“

„Eigenartig nur, dass Sie das tiefe Mitgefühl unseres geschätzten Landeshauptmanns dem ermittelnden Kriminalbeamten Major Steinkellner übermittelt haben.“

Wieder Schweigen.

„Wissen Sie, Tschabuschnig, im Moment interessiert es mich nur am Rande, was der LH zu sagen hat. Mich interessiert, was Sie zu Steinkellner gesagt haben.“

„Nichts von Bedeutung.“

„Genau. Bevor Sie in Hüttenberg Ihren Kurzauftritt hatten, war die Todesursache noch unklar. Nachdem Sie weg waren, sagte Steinkellner, es war ein Unfall. Ob es da wohl einen Zusammenhang gibt?“

„Sicher nicht. Was wollen Sie mir unterstellen?“

„Ich unterstelle gar nichts. Ich bin nur fair und gebe Ihnen die Chance, etwas dazu zu sagen.“

„Wozu?“

„Stellen Sie sich nicht so an“, sagte Ernesto. „Ich werde genau das schreiben. Nach dem Besuch des Pressesprechers Jörg Tschabuschnig stand für Major Horst Steinkellner die Todesursache fest.“

„Das stimmt so nicht. Das können Sie nicht schreiben.“

„Sie streiten es ab, obwohl Sie dann ja nicht mehr in Hüttenberg waren. Woher wissen Sie, dass Steinkellner das nicht gesagt hat?“

„Was?“

„Dass die Todesursache ein Unfall war.“

„Das weiß ich auch nicht“, gab Tschabuschnig zu.

„Sehen Sie.“

„Ich habe sicher keinen Einfluss auf die Ermittlungen der Kriminalpolizei genommen.“

„Kann ich das zitieren?“

„Zitieren Sie doch, was Sie wollen.“

Ernesto lachte und legte auf.

8

Die Geschichte entwickelte sich ganz hervorragend. Ob der Mönch nun wirklich nur ausgerutscht war oder ob ihn jemand ermordet hatte, spielte da keine Rolle. Auer würde das gefallen. Aber bevor er ihn anrief und ihm die freudige Nachricht mitteilte, wollte Ernesto noch auf einen Sprung ins Dorfgasthaus schauen.

Deshalb ging er die Straße hinauf in Richtung Hauptplatz. Zwanzig Meter hinter dem Harrer-Museum blieb Ernesto wie angewurzelt stehen. Auf einem Hang stand die Miniaturausgabe des Hollywood-Schriftzuges. Daneben wehte eine tibetische Flagge. Und gleich gegenüber bildeten Massen von Gartenzwergen entlang eines Weges zu einer Schrebergartenhütte einen alternativen Lingkor. Dieses Dorf hatte fraglos ein Händchen fürs Bizarre.

Das Gasthaus Zum Goldenen Ochsen hatte schon bessere Zeiten gesehen. Der Sonnenschirm über dem Tisch im Freien alterte hier sicher schon das eine oder andere Jahrzehnt vor sich hin, und über der Eingangstür bröckelte die Stuckverzierung.

Ernesto trat in das Vorhaus. Es roch nach verschüttetem Bier, und irgendwo brummte das Aggregat des Kühlhauses. Er stieß die Tür zum Gastzimmer auf. Keiner der Gäste hob den Kopf. Der Wirt wischte Biergläser aus und schien Ernesto nicht zu bemerken. Ernesto klopfte auf die Theke und bestellte Kaffee, dann setzte er sich zu den Männern am Stammtisch.

„Du bist der Zeitungsschmierer“, begrüßte ihn ein Bauer mit unrasiertem Gesicht.

„Und du bist der ...?“, entgegnete Ernesto.

„Mostbauer.“

„Und? Was sagst du zu dem tragischen Unfall?“, fragte Ernesto.

„Ich sag nix.“

Die anderen am Tisch grinsten. Der Wirt kam, wischte mit einem dreckigen Fetzen über den Tisch und stellte den Kaffee vor Ernesto hin.

„Der Mostbauer wird nicht beleidigt sein, wenn einer von den Glatzerten abkratzt“, sagte der Wirt.

„Du doch auch nicht.“ Ernesto drehte sich zum Wirt hin. „Ein Toter ist gut fürs Geschäft.“

„Für deins vielleicht.“

„Ich weiß mir auch was Besseres“, sagte Ernesto. „Aber so ist das eben. Hat einer von euch den Mönch gekannt?“

„Ich nicht“, sagte der Mostbauer.

„Aber gesehen hast du die Mönche schon einmal“, sagte Ernesto.

„Ja, gesehen. Kannst ja nicht anders. Und? Wie is er denn abgekratzt?“

„Nix Genaues weiß man nicht.“ Ernesto zuckte mit den Schultern.

Der Mostbauer nahm einen kräftigen Zug von seinem Bier.

„Und du?“ Ernesto drehte sich zu einem anderen Stammgast, einem Mann um die Dreißig.

„Ich?“, fragte der zurück. „Ich red doch mit denen nichts. Was soll ich auch mit denen reden. Aber die Isolde, die musst du fragen.“

„Welche Isolde?“

„Die Köchin vom Pfarrer. Die steigt doch mit denen ins Bett. Irgendwas machen die anders, so ein perverses Zeug.“

„Na, jetzt hör mir auf“, sagte der Mostbauer. „Woher willst du das denn wissen? Ha? Red doch nicht so einen Blödsinn daher.“

„Das weiß doch jeder.“

„Warst vielleicht dabei?“ Der Mostbauer stellte sein Bierglas heftig ab. „Die Isolde, die wird doch nicht …“ Er verwarf die Hand und griff wieder zu seinem Glas.

„Dann erzähl halt du, Mostbauer“, mischte sich der Wirt ein.

„Ja, was denn?“, wehrte der Mostbauer ab.

„Was war denn mit deiner Alma, ha?“

„Die Alma, das is ja schon fünf Jahre her.“

„Jetz erzähl schon“, setzte der Wirt nach und stellte eine Reihe Schnapsgläser vor sich auf. Ohne abzusetzen schenkte er ein, kam mit dem Schnaps an den Stammtisch und stellte vor jeden Gast ein Glas. Ernesto schnaufte. Er hatte keine Lust auf den Schnaps, aber wenn er die Geschichte hören wollte, dann musste es sein. Wie in Kroatien, dachte er, aber wenigstens ist es schon Nachmittag. Bei jeder Gelegenheit ein Schnaps, Ernesto hatte vergessen, dass das in Österreich nicht anders war.

„Also, was ist jetzt mit der Alma?“, forderte Ernesto den Mostbauer auf.

„Es ist fast an der gleichen Stelle gewesen. Der Mönch ist doch von dort abgestürzt, wo er immer gesessen ist?“

Ernesto nickte.

„Also dann stimmt es“, fuhr der Mostbauer fort. „Von dort oben ist die Alma auch abgestürzt.“

„Und? Ist ihr was passiert?“, fragte Ernesto.

„Bewusstlos war sie. Sie ist da in diesen Pfad gestürzt, hinein in die Seile, und da ist sie hängen geblieben. Wie ich sie gefunden habe, hat sie sich nicht gerührt. Ich hab schon gedacht, sie ist tot. Aber dann hat sie zu schreien angefangen.“

„Und wie die geschrien hat“, sagte der Wirt. „Bis hier herauf hab ich das gehört.“

„Gezappelt hat sie, ganz aufgeregt war sie, und die Feuerwehr hat fast eine Stunde gebraucht“, sagte der Mostbauer. „Aber überlebt hat sie es. Ein paar Schürfwunden, sonst nichts.“

„Kann ich mit dieser Alma sprechen?“, fragte Ernesto.

„Probieren kannst du es ja“, sagte der Mostbauer und lachte.

„Was ist daran so witzig?“ Ernesto war für einen Moment verwirrt.