Der unerfüllte Kinderwunsch im Spiegel der Seele - Birgit Haus - E-Book

Der unerfüllte Kinderwunsch im Spiegel der Seele E-Book

Birgit Haus

0,0
12,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Warum klappt es nicht?

Ein unerfüllter Kinderwunsch ist ein großes und belastendes Thema, dem vor allem auf medizinische Weise begegnet wird. Aber auch zahlreiche Kinderwunschbehandlungen enden erfolglos, und Paare mit Kinderwunsch bleiben verzweifelt und hoffnungslos zurück. Die so dringend benötigte psychologische Unterstützung, die in bisherigen Büchern zu kurz kommt, liefert die versierte Psychosynthesetherapeutin Birgit Haus. Anhand anschaulicher Therapiebeispiele gibt sie Einblick in die Wechselwirkungen zwischen Psyche, autonomem Nervensystem und ihrem Einfluss auf Hormone, Empfängnis und Schwangerschaft. Eine Entdeckungsreise in die eigene Kindheit hilft zu verstehen, was hinter dem Kinderwunsch steckt und welche dysfunktionalen Glaubenssätze seine Erfüllung blockieren können. Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch erobern sich auf diese Weise ihre Selbstwirksamkeit zurück, die unter zahlreichen medizinischen Eingriffen häufig gelitten hat. Die Arbeit mit sich selbst und dem eigenen inneren Kind ermöglicht so scheinbar Paradoxes: die Versöhnung mit dem unerfüllten Kinderwunsch, die dann doch noch in einer glücklichen Schwangerschaft enden kann.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 313

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Unerfülltem Kinderwunsch wird heute vor allem auf medizinische Weise begegnet. Doch auch zahlreiche Kinderwunschbehandlungen enden erfolglos. Die erfahren Psychosynthese- und Traumatherapeutin Birgit Haus bietet verzweifelten Paaren mit ihrem Buch die so dringend benötigte psychologische Unterstützung.

Anhand anschaulicher Therapiebeispiele erklärt sie, welchen Einfluss Psyche und autonomes Nervensystem auf Hormone, Empfängnis und Schwangerschaft haben. Zahlreiche Übungen führen auf eine Entdeckungsreise ins Innere und helfen zu verstehen, was hinter dem Kinderwunsch steckt oder was ihn gar blockieren kann.

Die Arbeit mit sich selbst und dem eigenen Inneren Kind ermöglicht so scheinbar Paradoxes: die Versöhnung mit dem unerfüllten Kinderwunsch, die dann doch noch in einer glücklichen Schwangerschaft enden kann.

BIRGITHAUS ist Psychosynthese- und Traumatherapeutin, Resilienztrainerin sowie Heilpraktikerin/Psychotherapie und leitet das Institut für Psychosynthese in Köln. Sie absolvierte zahlreiche Aus- und Weiterbildungen, u.a. bei Peter Levine, Diane Poole Heller und Lawrence Heller. Sie ist tiefenpsychologisch orientiert und hat 30 Jahre Erfahrungen in Einzeltherapie, Seminarleitung und Ausbildung von Psychosynthese-Therapeuten. Ihr therapeutischer Schwerpunkt liegt auf Krisenbegleitung, Innerer-Kind-Arbeit, Traumaheilung und Resilienztraining mit den Methoden der Psychosynthese, die sie in ihrem Buch systematisch erklärt.

BIRGIT HAUS

DER UNERFÜLLTE KINDERWUNSCH IM SPIEGEL DER SEELE

Deine tiefe Sehnsucht verstehen, Blockaden lösen und zu neuer Gelassenheit finden

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.Alle in diesem Buch veröffentlichten Hinweise, Ratschläge und Behandlungsvorschläge sind von der Autorin sorgfältig geprüft worden. Sie ersetzen jedoch keine ärztliche oder therapeutische Abklärung. Für eine korrekte Diagnose und entsprechende Behandlung muss stets ein Arzt oder Therapeut aufgesucht werden. Eine Garantie kann jedoch nicht übernommen werden, ebenso ist die Haftung der Autorin bzw. des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ausgeschlossen.Trotz sorgfältiger Recherche und Nachforschungen konnten leider nicht alle Rechteinhaber ermittelt werden. Bei berechtigten Ansprüchen wenden Sie sich bitte an den Verlag.

Copyright © 2024 Kösel-Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlag: zero-media.net, München

Umschlagmotive: © FinePic®, München

Innenteilabbildungen: © kittikornPH / stock.adobe.com

Redaktion: Ralf Lay

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-30356-3V001

www.koesel.de

Für meine Mutter

Als dein Wunschkind habe ich das Licht der Welt erblickt.

Als dein Wunschkind habe ich deine Nöte ertragen und meine Einsamkeit entwickelt.

Als dein Wunschkind hast du, als ich groß wurde, dir meine Nöte angehört, mich gehalten, geliebt und geheilt.

Als deinem Wunschkind gabst du mir den Impuls, dieses Buch zu schreiben.

Als dein Wunschkind habe ich es getan und mir meinen Traum, mein Wissen und meine Erfahrungen zu teilen, mit deiner Rückendeckung erfüllt.

Danke, Mami!

Ich liebe dich!

Dein Wunschkind

Über die Kinder

»Eure Kinder sind nicht eure Kinder.

Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selbst.

Sie kommen durch euch, aber nicht von euch.

Und wenngleich sie bei euch sind, gehören sie euch doch nicht.

Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, doch nicht eure Gedanken,

denn sie haben ihre eigenen.

Ihr dürft ihrem Körper eine Wohnstatt geben, aber nicht ihren Seelen,

denn diese wohnen im Haus von morgen, das ihr nicht aufsuchen könnt, nicht einmal in euren Träumen.

Ihr könnt euch bemühen, wie sie zu sein, aber trachtet nicht danach,

sie euch gleich zu machen.

Denn das Leben geht weder zurück noch verharrt es im Gestern.

Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder

wie lebende Pfeile ausgeschickt werden.

Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit, und er spannt euch mit seiner Kraft, auf dass seine Pfeile schnell und weit fliegen.

Lasst eure Spannung in der Hand des Schützen auf die Freude zielen,

denn so, wie er den Pfeil im Fluge liebt,

liebt er zugleich den straffen Bogen.«[1]

Khalil Gibran

INHALT

Vorwort

Einleitung

Vom Umgang mit diesem Buch

Kleines psychologisches Wording

DIEEIGENEKINDHEITUNDDEINKINDERWUNSCH

Zwei Strategien bei einer problematischen Kindheit

Glaubenssätze: Von der FREMD- zur Selbstbestimmung

Dialogische Achtsamkeit mit dem Inneren Kind

Selbstliebe oder Die Beziehung zum eigenen Inneren Kind

Positive Gefühle als Wegbereiter zum eigenen Kind

Exkurs: Die Polyvagal-Theorie

Unsere zweite Geburt

DERKINDERWUNSCHIMMODELLDERPSYCHOSYNTHESE

Personale und Transpersonale Psychosynthese

Die Beziehung von Lieben und Wollen

Die vier Aspekte des Willens

Wünsche im Unterschied zum Willen

Das Kind als Frucht einer Polarität

Die Ganzheit des Menschenin der Psychosynthese

Der Kinderwunsch zwischen Natur und Wissenschaft

DERPERSONIFIZIERTEKINDERWUNSCHUNDSEINEINNEREVERHINDERUNG

Annas und Pauls Geschichte

Die Entdeckung der KiWu-TP und ihres Inneren Verhinderers – eine Anleitung für deinen Prozess

MÄRCHENALSWEGWEISERZURWUNSCHERFÜLLUNG

Das Grimm’sche Märchen »Die drei Federn«

Das Geheimnis der Wunscherfüllung verstehen

Was wir vom Märchenlernen können

Was es heißt, sich seinen Gefühlen anzuvertrauen

DERPROZESSDESWEGSINDEINKÖNIGREICHDERELTERNSCHAFT

Die Einstimmung auf den Prozess

EINLÖSUNGSANSATZ mithilfe des Märchens

Fallbeispiele im Spiegel des Märchens

KRANKHEITENALSUNBEWUSSTESNEINZUEINEMKIND

DIESCHWANGERSCHAFTALSMOTIVINTRÄUMEN

Amplifikationen rund um das Symbol Schwangerschaft

Wegweiser aus der Nacht

VOMTIEFERENSINNIMUNERFÜLLTENKINDERWUNSCH

Zweierlei Leid und zweierlei Glück

Das Schicksal der Verhinderung als Chance

DASWUNSCHKINDALSERSATZFÜRANDERELEBENSZIELE

Die projizierte Erlösung

Der unerfüllte Wunsch nach einem weiteren Kind

FÜRMÄNNER: »HILFE! MEINEPARTNERINWILL (K)EINKINDVONMIR!«

Wenn Männer keine eigenen Kinder haben (wollen)

Wer bin ich als Mann?Oder will ich nur kein Kind?

»Sie« will kein Kind von »ihm«

DIEENTWICKLUNGEINERZUKUNFTSVISIONEIGENERELTERNSCHAFT

Ein Wort zum Schluss

Dankean die Fügungen meines Lebens

ANHANG

Verzeichnis der Übungen

Weiterführende Literatur

Hilfreiche Seminare und Kontakt

Anmerkungen

Register

VORWORT

Kaum ein »Scheitern« trifft uns so bis ins Mark wie der unerfüllte Kinderwunsch. Das, was eigentlich von der Schöpfung als das Natürlichste auf der Welt vorgesehen und unsere biologische Bestimmung ist, uns zu vermehren, bleibt uns versagt.

Doch warum ist das eigentlich so schlimm? Warum können wir das kaum aushalten, wenn wir uns Kinder wünschen und keine bekommen?

Wenn wir uns auf der anderen Seite den Buchmarkt anschauen, wie viele Ratgeber es über Kindererziehungsfragen und die Bewältigung von Problemen mit Kindern gibt, scheint sich hinter dem Wunsch nach einem Kind vielleicht etwas ganz anderes zu verbergen als der Alltag, der uns später als Eltern erwartet. Daher lade ich dich mit meinem Buch zu einer Entdeckungsreise nach innen ein, die dich gleichermaßen deine unbewussten »Inneren Verhinderer« wie auch die verborgenen Motive hinter der Sehnsucht nach einem Kind aufspüren lässt.

Als Expertin für Innere-Kind-Arbeit beschäftige ich mich seit 30 Jahren mit der frühen Biografie von Menschen und den daraus resultierenden Folgen für ihr eigenes erwachsenes Leben und ihre Beziehungswelt. Diese Arbeit hat mir erstaunliche Erfahrungen mit Frauen beschert, die nach lange währendem unerfülltem Kinderwunsch durch eine besondere Nähe zu ihrem »Inneren Kind« sofort schwanger wurden, nachdem sie an meinem siebentägigen Inneren-Kind-Seminar teilgenommen hatten. Andere erkannten, dass sich hinter ihrem Kinderwunsch eine tiefe Sehnsucht nach sich selbst und der Erfüllung ihrer eigenen Bestimmung verbarg.

Daher will ich dir in meinem Buch an authentischen Beispielen – bei denen die Namen aus personenschutzrechtlichen Gründen geändert wurden – zeigen, wie wir dem Gelingen oder Nichtgelingen einer Schwangerschaft aus psychologischer Sicht auf die Spur kommen können. Es scheint nicht einfach eine dunkle »Macht des Schicksals« zu sein, wenn Frauen nicht schwanger werden oder Männer ein schlechtes Spermiogramm diagnostiziert bekommen.

Als Traumatherapeutin wage ich die These, dass es bei uns Frauen Zusammenhänge zwischen der Verfassung unseres Nervensystems und unserer Hormonausschüttung für eine stabile Schwangerschaft gibt. Der amerikanische Psychiater und Neurowissenschaftler Stephen Porges sowie die Therapeutin Deb Dana erklären diese Wechselwirkungen mit der sogenannten Polyvagal-Theorie, auf die wir noch zu sprechen kommen.[2] Sie machen deutlich, dass vor allem unser Sicherheitsgefühl eine wichtige Voraussetzung für unsere Gesundheit und eine natürliche Homöostase im Körper ist.

Die Psychosynthese – auf die wir ebenfalls noch näher eingehen – als modernes therapeutisch wirksames Verfahren setzt die Arbeit mit inneren Bildern als eine Möglichkeit ein, die emotional-leibliche Verfassung des Klienten oder der Klientin griffiger zu erfassen und zu lernen, besser mit sich selbst umzugehen. Diese inneren Bilder verstehen wir als eine Ausdrucksform unserer Seele, über die sie sich unserem Bewusstsein mitzuteilen versucht. Das hat nichts mit Esoterik zu tun, sondern leitet sich aus der tiefenpsychologischen Erfahrung der Arbeit mit Träumen ab. Denn auch nachts in unseren Träumen »klopfen« ganz unwillkürlich spontane Bilder aus den Tiefen unserer Seele an die Tür unseres Bewusstseins, die nach Aufmerksamkeit verlangen.

Wenn wir uns nun auf die Reise des »unerfüllten Kinderwunschs im Spiegel der Seele« begeben, kommen wir nicht umhin, uns manchmal auch mit verborgenen unbewussten Ängsten oder aus der Kindheit stammenden überlagernden Glaubenssätzen zu beschäftigen, die uns bis in die Gegenwart verunsichern können.

Mir ist bewusst, dass es im Kontext der heutigen Schulmedizin radikale Leugner des psychischen Einflusses auf die Erfüllung des Kinderwunschs gibt. Da meine Erfahrung aber eine andere ist, richtet sich mein Buch vor allem an die Leserinnen und Leser, deren unerfüllter Kinderwunsch – nach dem Ausschluss medizinischer Ursachen – unerklärlich ist. Und die offen sind, sich nicht allein der Technik und der Wissenschaft zu verschreiben, deren Wert ich nicht in Zweifel ziehe, sondern die bereit sind, auch ihrer eigenen Seele zu lauschen, sich mit ihr zu verbinden, bevor sie neues Leben zeugen und damit einer neuen Seele zur Geburt verhelfen.

Die Methoden der Psychosynthese bieten unserem autonomen Nervensystem (ANS) die Möglichkeit, es in einen Zustand der Sicherheit zu versetzen, der die Grundvoraussetzung für eine Schwangerschaft schafft. Welche Bedeutung der Zustand von Sicherheit für die Spermienproduktion des Mannes bedeutet, gilt es wahrscheinlich noch wissenschaftlich zu erforschen. Gewiss ist jedoch, dass der weibliche Organismus keine Schwangerschaftshormone ausschüttet, wenn er sich in Gefahr erlebt. Dafür muss keine reale äußere Gefahr bestehen, sondern auch meine eigenen (vielleicht unbewussten) Ängste und Unsicherheiten mit meinem Partner können ein Katalysator dafür sein.

Das psychologisch Relevante an dieser Aussage ist, dass das Gehirn mit seiner Neurozeption, also der unbewussten Einschätzung von Gefahr oder Sicherheit, nicht immer an der objektiven Realität bemessen wird, sondern oft durch Trigger fehlgeleitet werden kann. Infolgedessen kann der Körper sich nicht auf eine Schwangerschaft einlassen, sodass es zwar zu einer Befruchtung einer reifen Eizelle kommen kann. Diese findet jedoch möglicherweise nicht den Weg in die Gebärmutter oder trifft dort nicht auf eine Körperchemie, in der sie sich einnisten und reifen könnte.

In inneren Bildern habe ich mit Frauen erlebt, dass »ihr Wunschkind« in einem inneren Dialog sagte, es wolle nicht zu ihnen kommen, weil es nicht die richtigen Rahmenbedingungen im Leben der zukünftigen Mutter vorfand. Bei einer Klientin wurde ich regelrecht Zeugin davon, dass sich die Seele des Kindes dagegen wehrte, jetzt schon zu ihr zu kommen, weil ihr der Beruf und ihre Karriere mit 32 Jahren noch deutlich wichtiger waren, als sich ganz auf ein Kind einzulassen. Dazu später mehr.

Aber was ist eigentlich die »Seele«? Mein Kollege Harald Reinhardt hat sie einmal als das »im Leib strömende Leben« bezeichnet. Vor dem Hintergrund, dass sich hinter fast allen Körpersymptomen auch psychische Botschaften entdecken lassen, ist es lohnenswert, sich diesem Nein des Körpers im unerfüllten Kinderwunsch einmal genauer zuzuwenden.

Gerade die Arbeit mit inneren Bildern, Träumen und insbesondere die Innere-Kind-Arbeit, die auch immer Entsprechungen auf der körperlichen Ebene zeigen, kann uns helfen herauszufinden, was sich symbolisch hinter dem Kinderwunsch verbirgt. Denn es ist ein großer Unterschied, ob eine Frau einfach schwanger werden, ein Kind haben oder Mutter werden will. Das alles sind sehr unterschiedliche Motivationen. Nicht für alle Frauen ist es beispielsweise das größte Glück, Mutter zu sein, wohl aber attraktiv, ein Kind zu haben.

In diesem Buch will ich dich deshalb gern bei der Hand nehmen und dich in zahlreichen Übungen auf deiner inneren Selbstentdeckungsreise begleiten. Dabei kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass diese Reise vielleicht die spannendste im Leben überhaupt ist. Du wirst dich auf diesem Weg selbst immer mehr entdecken. Im besten Fall spielt es am Ende keine Rolle mehr, ob du ein Kind bekommst oder (jetzt noch) nicht. Die Ursache dafür wird sein, dass du vielleicht neugieriger auf dich selbst geworden bist oder vielleicht mehr mit dir selbst in Einklang leben kannst. Dann kannst du endlich aufhören, das »Nichtgelingen« als ein persönliches Scheitern oder Versagen zu interpretieren. Vielleicht wird es dir sogar möglich werden zu erfahren, dass es andere Bedürfnisse in deinem Unbewussten gibt, denen deine Seele im Moment noch Vorrang gibt und die zuerst beachtet werden wollen.

Auf jeden Fall handelt es sich bei meinem Buch nicht um einen Ratgeber, der dir erklärt, »wie das mit dem Kinderkriegen geht«. Das wurde schon hinreichend getan.[3] Mein Buch ist vielmehr der Versuch, dir einen anderen Zugang zu einer Dimension zu verschaffen, die es verständlich werden lässt, warum es bei dir oder euch bisher nicht geklappt hat und wie du und ihr mit der daraus resultierenden Ohnmacht besser klarkommen könnt.

Es geht darum zu lernen, mit dem »Nicht-Fassbaren« umzugehen und sich wieder so mit der inneren Natur zu verbinden, dass sich unsere natürliche Fruchtbarkeit zu entfalten vermag. Dafür kann es sehr hilfreich sein, das Thema »Elternschaft und Kinder« über die Erfahrungen deiner eigenen Kindheit so weit in Theorie und angeleiteten Übungen zu erschließen, dass du, aus einer tiefen Selbsterfahrung heraus, deine Beziehung zu dir selbst und damit auch deinem Inneren Kind verbessern kannst. Das ist der effizienteste und meistens auch der schnellste Weg zur Fruchtbarkeit, wenn es keine medizinischen Erklärungen gibt.

EINLEITUNG

Die verborgene Macht der Seele im (unerfüllten) Kinderwunsch können wir meistens erst aus der Rückschau erkennen. Wie oft habe ich bereits von Menschen Sätze wie den folgenden gehört: »Als wir überhaupt nicht mehr damit gerechnet hatten, ein Kind zu bekommen, da hat es auf einmal geklappt.« Sei es, dass die Paare ein Kind adoptiert hatten, nach mehreren Jahren der verzweifelten Versuche mit künstlicher Befruchtung aufgegeben hatten, als sie endlich eingewilligt hatten, auch ohne ein Kind ein glückliches und sinnerfülltes Leben führen zu können, als es nach einer heftigen Krise eine neue frische Verliebtheit mit nie erlebter leidenschaftlicher Sexualität gab oder als die Vorbereitung der Hochzeit so viel Aufmerksamkeit schluckte, dass der Kinderwunsch vergessen wurde.

Diese kleine Auswahl möglicher Hintergründe für eine überraschende Schwangerschaft – nach Jahren des Nichtgelingens – deutet bereits darauf hin, dass ein Loslassen von der »zwingenden« Absicht, ein Kind bekommen zu müssen, offensichtlich hilfreich zu sein scheint.

Wahrscheinlich hast auch du schon solche Geschichten gehört. Doch genau dieses Loslassen scheint in der Phase des aktiven Kinderwunschs die größte Herausforderung zu sein. Hier könnte sich die Frage auftun: »Wie soll ich das nur schaffen, das loszulassen, was ich mir am sehnlichsten wünsche?«

Aber vielleicht hilft es dir zu erfahren, dass mehrere medizinische Studien sogar nachweisen konnten, dass die »übertriebene Konzentration auf die Empfängnis zur vorzeitigen Reifung der Eizelle im Eierstock führen kann und dadurch unterentwickelte Eizellen abgestoßen werden, die für eine Befruchtung ungeeignet sind«.[4]

Dieses Wissen um die physiologische Reaktion des Körpers auf den psychischen Druck – der durch den unerfüllten Kinderwunsch im Laufe der Zeit immer größer wird – könnte sicherlich betroffenen Frauen manches Leid ersparen. Denn offensichtlich wehrt sich etwas im System und vielleicht auch in deiner eigenen Seele gegen das »Erzwingen« eines Kindes.

»Loslassen« ist nicht zu verwechseln mit »fallenlassen« im Sinne von »aufgeben«, sondern könnte auch heißen, sich auf etwas anderes zu fokussieren als unaufhörlich auf den unerfüllten Kinderwunsch, zum Beispiel auf die eigene Geschichte oder die eigene Kindheit.

Diese Aufmerksamkeitsverschiebung hat den Vorteil, dass wir etwas über uns selbst entdecken können, was uns bisher nicht bewusst war. Auf diesem Wege können wir uns beispielsweise damit beschäftigen, welche Prägungen wir selbst in uns tragen. Wie war es, das Kind meiner Eltern zu sein? Wie habe ich meine Eltern erlebt? Wie war meine Mutter im Umgang mit mir? Wie war mein Vater im Umgang mit mir? Wie gingen meine Eltern miteinander um? Welches Modell von Elternschaft habe ich durch die Erfahrungen mit meinen Eltern verinnerlicht? Und wie wirkt sich das alles heute noch auf mich, meinen Umgang mit mir selbst und mit anderen aus?

Und wie würde ich, infolge dieser Erfahrungen, meine eigene Elternrolle gern anders ausfüllen?

Dieser Auszug möglicher Fragen wird uns später noch einmal begegnen. An dieser Stelle will ich nur schon einmal darauf hinweisen, dass die Beschäftigung mit dem eigenen Leben im Hinblick auf manche Verhinderungen sehr spannend und vor allem aufschlussreich ist.

Aus den frühen biografischen Erfahrungen leiten sich auch sehr viele irrationale Ängste ab, bei denen es nicht reicht, sie intellektuell zu verstehen. Es ist auch wichtig, sie in ihrer Wirkung emotional zu erleben und im Körper zu spüren.

Unbewusste Ängste, von denen es ganz viele gibt, haben immer einen starken Einfluss auf die Ausschüttung unserer Hormone, die wiederum verantwortlich sind für die Entstehung einer Schwangerschaft. Sie lösen auch Stress aus. Und wenn Ängste und Stress sich »paaren«, dann gibt es in der Regel kein Kind.

Unser autonomes Nervensystem, das alle »automatisch« ablaufenden Prozesse im Körper steuert, muss sich sicher fühlen, damit es sich empfangsbereit für eine Schwangerschaft machen kann. Und Angst ist das Gegenteil von Sicherheit.

In dem Moment, in dem die Amygdala – der »Mandelkern« im Stammhirn, der in der Traumatherapie gern auch der »Rauchmelder für Gefahr« genannt wird – Alarm signalisiert, werden die entsprechenden Defensivsysteme aktiviert, wie Kampf, Flucht oder Totstellreflex, die unser Überleben sichern sollen. Da die Einschätzung der Umgebung durch die Amygdala jedoch autonom vom Gehirn gesteuert wird, ohne dass eine Überprüfung durch unser Bewusstsein stattfindet, kann es leicht passieren, dass sie Gefahren sieht, wo heute keine mehr sind.

DASKIWU-TAGEBUCH

Ein hilfreicher, fast unverzichtbarer Wegbegleiter für die Kinderwunsch-(KiWu-)Abenteuerreise zu zweit ist die Anschaffung dreier leerer Bücher, nennen wir sie »KiWu-Tagebücher« – für jeden von euch ein eigenes und eines für euch beide zusammen als Paar. In diesen leeren Büchern könnt ihr alles dokumentieren, was euch in eurer Kinderwunsch-Zeit widerfährt, was sich innerlich bewegt, welche Teilpersönlichkeiten ihr entdeckt, welchen sinnvollen »Zufällen« (Synchronizitäten, später dazu mehr) ihr auf eurem Weg begegnet und dergleichen mehr.

Bei den Listen für euch als Paar könnt ihr dann jeweils auch Spalten für »sie« und »ihn« vorsehen.

Dieses Phänomen hat vor allem bei Menschen mit entwicklungstraumatischen Belastungen eine besondere Relevanz.[5] Gerade im Zusammenhang mit dem unerfüllten Kinderwunsch haben unsere biografischen Prägungen eine spezielle Bedeutung. Unter Angst geht unser autonomes Nervensystem in einen Verteidigungsmodus, der dem Überleben dient. Deshalb lade ich dich gleich zu Beginn meines Buches zu einer kleinen Selbstreflexion ein.

Übung zur Einstimmung auf den Kinderwunsch

Stell dir einmal die folgende Frage:

»Was steht mir im Weg, meinen Kinderwunsch loszulassen?«

Dazu mach dir am besten eine Liste, in der du alle Argumente tabellarisch aufzählst, die dir im Weg stehen, deinen Kinderwunsch loszulassen. Hier kannst du einmal auf deinen Körper achten:

Welche Empfindungen stellst du dabei fest?Wie fühlt sich der Körper an, wenn du alles auflistest, was dir im Weg steht, deinen Kinderwunsch loszulassen?

Da mein bevorzugtes therapeutisches Verfahren die Psychosynthese ist, die das Leben in Polaritäten (Gegensätzen) betrachtet, bitte ich dich gleich zu Beginn, auch eine Liste mit Antworten zu folgenden Fragen zu machen, bevor du dieses Buch weiterliest:

Was motiviert mich, ein Kind bekommen zu wollen?Wie stelle ich mir ein Leben mit Kind vor?Welche Vorteile hat es, jetzt (schon) ein Kind zu bekommen?Welche Nachteile könnte es haben, jetzt (schon) ein Kind zu bekommen?

Wenn du alles aufgelistet hast, kannst du wieder einen Moment lang einmal die Augen schließen und auf deinen Körper achten:

Welche Empfindungen stellst du jetzt dabei fest?Wie fühlt sich der Körper an, wenn du alles auflistest, was dich motiviert, ein Kind bekommen zu wollen?

In meiner Praxis habe ich bereits alles erlebt. Frauen, die ihr erstes Kind ungewollt mit 16 Jahren bekommen haben und damit völlig überfordert waren, es deshalb bei der eigenen Mutter abgegeben haben und fast wie Geschwister für eine Zeit lang miteinander aufwuchsen. Oder eine andere Frau, die völlig überraschend mit 47 Jahren mit einem neuen Partner glückliche Mutter wurde, nachdem sie sich in ihrer 20-jährigen Ehe bewusst gegen Kinder entschieden hatte.

In der Psychosynthese interessieren wir uns für die verborgene Absicht der Seele des Menschen. Was heißt das?

Damit ist gemeint: Wir gehen davon aus, dass es in jedem Menschen Anlagen gibt, die im Leben verwirklicht werden wollen: So wie im Rosensamen bereits die Voraussetzungen für einen ganzen Rosenbusch stecken, so sind im Apfelkern die Informationen für einen ganzen Apfelbaum enthalten.

Das Dilemma des modernen Menschen ist, dass er verlernt hat, ein Teil der Natur zu sein und sich solchen natürlichen Rhythmen des Lebens anzupassen. Stattdessen unterliegt unser Bewusstsein starken Moden und gesellschaftlichen Zwängen, die häufig von den Bedürfnissen unserer Seele abweichen.

Ziel meiner Arbeit ist es, ein Bewusstsein zu entwickeln, das sich in den Dienst unserer Seele und damit unserer natürlichen Anlagen stellt, statt sich allgemeinen Konventionen zu unterwerfen, die oft nicht im Einklang mit unserer inneren Natur sind.

Ich werde das Thema »Unerfüllter Kinderwunsch« deshalb aus vielen verschiedenen seelischen Perspektiven beleuchten, was dich dabei unterstützen kann, ein Bewusstsein für die Bedürfnisse deiner Seele zu entwickeln.

Je tiefer du dich auf die Übungen einlässt, umso wahrscheinlicher ist es, dass du dich bis zum Ende meines Buches immer mehr in Kontakt und im Einverständnis mit dir selbst fühlen wirst.

Daher hoffe ich, dass dieser Prozess dich dabei unterstützt, wieder Frieden im Herzen zu finden, um (mit oder ohne Kind) ein glückliches Leben führen zu können.

Lass es uns gemeinsam angehen!

VOM UMGANG MIT DIESEM BUCH

Mein Buch verstehe ich als ein Angebot für Menschen, die bereit sind, sich neuen Perspektiven und Lernwegen zum Thema »Unerfüllter Kinderwunsch« zu öffnen. Das wird vor allem dann entlastend wirken, wenn die Schulmedizin keine Erklärung hat, warum es bei uns nicht funktioniert. Die Idee dabei ist, die verborgenen Ursachen für unseren (bisher) unerfüllten Kinderwunsch in uns selbst zu suchen, was uns einen neuen Handlungsspielraum schenken wird.

Dabei geht es um mehr als darum, sein Leben dahingehend zu verändern, dass wir in Zukunft zum Beispiel Vollkorn- statt Weißmehlbrötchen essen. Es reicht auch nicht, diese Brötchen jetzt sogar selbst backen zu lernen, sondern es geht darum zu spüren, was mein Körper und meine Seele wirklich brauchen, um das Größte aus mir hervorzubringen, nämlich ein Kind, mich davon berühren zu lassen und wirklich darauf einzugehen. Das ist mehr als eine formale Änderung meines Lebens. Hier geht es, wie auch der Neurobiologe Gerald Hüther schreibt, um eine tiefgreifende Verwandlung und keine oberflächliche Veränderung.[6]

Erst dann können wir neue Erfahrungen als Paar miteinander machen und uns wirklich tief in unseren Seelen begegnen. Wir können so wirklich erfahren, wer wir selbst und der oder die andere sind. Unsere Liebe kann aufwachen und sich vertiefen. Vor allem können wir immer mehr Vertrauen in die verborgene Intelligenz unserer Seele entwickeln. Damit können wir als Paar gemeinsam zu einem fruchtbaren Quell werden, der neues Leben hervorbringt. Unsere Partnerschaft wird auf diese Weise von einem Ort der »Verwicklung« zu einem der Entwicklung, der uns beide nährt und uns einen Schutzraum für gemeinsames Wachstum bietet. In diesem Schutzraum gibt es dann die Möglichkeit, die schwierigen Erfahrungen der eigenen Kindheit zu heilen, die verborgenen Ängste liebevoll zu umkreisen und als Teil der vergangenen Bewältigungsstrategien anzunehmen.

Je weniger Ängste wir haben, umso besser können wir die Macht von behindernden Glaubenssätzen aufspüren und sie in neue Erfahrungen verwandeln. In traumatischen Erlebnissen aus der Vergangenheit können wir einen Ausgangspunkt für unsere Spiritualität entdecken, vielleicht sogar Hinweise auf eine verborgene Absicht unserer Seelen.

Mein Buch kann betrachtet werden als ein Kinderwunsch-Lesebuch mit sehr vielen Fallbeispielen des Gelingens aus meiner Praxis und Übungen, die zur Heilung und Ganzwerdung deiner Seele beitragen. Ich empfehle, das Buch in der Reihenfolge der Kapitel zu lesen. Für die eine mögen die Fallbeispiele zum Katalysator für Verwandlung werden. Für den anderen die Übungen. Dieses Buch wird die größte Wirkung auf deine Seele entfalten, wenn du dir – so oder so – dafür viel Zeit nimmst, dich auf die verschiedenen Übungen wirklich einzulassen und bis an den Grund deiner Seele einzutauchen.

Mein Buch will dir einen Reigen von verschiedenen Zugängen anbieten, damit du für dich den besten Weg findest, deiner Seele zu begegnen. Es geht von der Hypothese aus, dass der Schlüssel zur Erfüllung deines Kinderwunschs in dir liegt. Dazu brauchst du zunächst nichts in deinem äußeren Leben zu verändern, sondern du musst dich einfach nur auf dich selbst einlassen, in dich hineinhorchen, einen liebevollen inneren Dialog mit dir selbst führen und endlich auf die Bedürfnisse eingehen, die du in deiner eigenen Tiefe findest. Dann wirst du mit Antworten aus ebendieser Tiefe beschenkt, die den Weg deiner Verwandlung einleiten werden, sofern dein erwachsenes Ich bereit ist, diesen Weg zu gehen.

Für diese Reise nach innen ist ein psychologisches Verständnis hilfreich, das ich dir im Laufe des Buches so gut nachvollziehbar wie möglich erklären will. Ob du nach der Lektüre dieses Buches immer noch ein Kind haben möchtest oder ob du am Ende der Reise froh bist, (noch) keins zu haben, weil du endlich zu dir selbst und deinen wahren Bedürfnissen gefunden hast – das wirst du in dem Maße erfahren, in dem du dir viel Zeit für dich selbst nimmst. Indem du dich tief auf die Übungen und Fallbeispiele einlässt und mitfühlst, welche Wege andere vor dir zur Erfüllung ihres Kinderwunschs gegangen sind und welche Bedürfnisse in dir darauf warten, endlich wahrgenommen und ernst genommen zu werden.

Was heißt es, mich »tief« einzulassen? Für mich bedeutet das,

als Erstes innezuhalten, zur Ruhe zu kommen, mich zu »entschleunigen«, die Augen zu schließen und nach innen zu schauen,neugierig auf mich selbst zu sein,bereit zu sein, mich der Verhinderung als einem Teil von mir selbst, vielleicht sogar einem unerkannten Bedürfnis, zu öffnen,bereit zu sein, meine Situation so zu akzeptieren, wie sie jetzt ist,keine Schuldigen zu suchen, weder bei mir selbst noch bei anderen,auch meinen Partner oder meine Partnerin, der oder die bisher keine Kinder mit mir zeugen kann oder will, als eine Aussage über mich selbst zu akzeptieren,[7]es zu wagen, neue, unbekannte Weg zu gehen,eine Treue zu mir selbst zu entwickeln, indem ich Dinge oder Menschen loslasse, von denen ich erkenne, dass sie mich seelisch nicht mehr nähren.

Für die praktische Anwendung dieses Buches empfehle ich dir, die längeren Übungszyklen mit deinem Smartphone oder einem Tonträger anderer Art aufzunehmen und dich dann durch die Übung führen zu lassen.

Ansonsten könnt ihr die Übungen als Paar wechselseitig miteinander machen. Oder du suchst dir eine Freundin oder einen Freund, die oder der dich durch die Übungen begleitet. Wenn du dich von jemandem begleiten lässt, hat es oft noch eine tiefere Wirkung, als wenn du es allein machst.

KLEINES PSYCHOLOGISCHES WORDING

Im Folgenden möchte ich dir die wichtigsten psychologischen Begriffe, die ich in diesem Buch verwende, gut verständlich erklären. Dazu biete ich dir auch kurze, eingängige Übungen an, die dir den Zugang auf der Erfahrungsebene erleichtern. Auf diese Weise gewinnst du ein Gespür, das dir für das intuitive Gesamtverständnis meiner psychologischen Sicht der Zusammenhänge rund um deinen unerfüllten Kinderwunsch sicher sehr hilfreich sein wird.

Seele und Persönlichkeit

Im Menschenbild der Psychosyntheseist der Mensch eine Seele, und er hat eine Persönlichkeit, sagte Roberto Assagioli, auf den wir noch ausführlicher zu sprechen kommen. Das kann man wie folgt verstehen: Wir werden als eine Seele geboren, die viele Potenziale mit auf die Welt bringt, welche sich im Laufe des Lebens manifestieren wollen. Durch die frühen Prägungen in der Kindheit entwickeln wir, abhängig von unserem Kulturkreis und der sozialen Gemeinschaft, in der wir aufwachsen, eine bestimmte Persönlichkeit.

Die Persönlichkeit ist also nichts Angeborenes, sondern eine Antwort auf die frühen Bezugspersonen, die mehr oder weniger gut auf die Bedürfnisse des Kindes nach Kontakt und Einstimmung auf sein Wesen eingehen.

In dem Maße, wie der Säugling erlebt, dass seine Bedürfnisse befriedigt werden, kann er sich gemäß den Anlagen seiner Seele entfalten und sich in seinem Sein grundsätzlich sicher fühlen. Werden die Bedürfnisse des Säuglings und späteren Kleinkindes hingegen nicht adäquat beantwortet, entwickelt dieses Kind eine Persönlichkeit, die schon sehr früh lernen muss, Strategien zu entwickeln, um ausreichend versorgt zu werden. Die Anpassung an die frühen Bezugspersonen legt den Grundstein für die Persönlichkeitsentwicklung.

Die eigenen frühen Erfahrungen haben zusätzlich auch einen wesentlichen Einfluss auf unsere spätere Beziehung zu Kindern überhaupt und tragen entsprechend zur Entstehung eines Kinderwunschs bei oder nicht.

Unter den Menschen, die eine schwierige Kindheit beziehungsweise belastende Erfahrungen in der Kindheit gemacht hatten, konnte ich beobachten, dass sie sich in zwei Gruppen einteilen lassen:

Die einen lehnen es ab, eigenen Nachwuchs zu haben, um keinem Kind auf dieser Welt zuzumuten, etwas so Schlimmes zu erfahren, wie sie es selbst erlebt haben. Hier handelt es sich um eine unbewusste Identifikation mit dem Kind von einst und eine Parteinahme für dasselbe beziehungsweise für das eigene Innere Kind.Die anderen wünschen sich unbedingt ein Kind, um ihm endlich all das geben zu können, was sie als Kinder selbst bei ihren frühen Bezugspersonen entbehren mussten. Hier handelt es sich um eine unbewusste Projektion der Bedürfnisse des eigenen Inneren Kindes auf ein reales Kind.

Dazu zwei Fallbeispiele:

Beispiel für die Ablehnung eines eigenen Kindes

Meine Klientin Julia, Mitte 30, kommt zu mir in die Therapie, weil ihr Freund, Anfang 40, ihr Druck macht, dass er unbedingt ein Kind mit ihr haben wolle. Er würde sich nicht von ihr geliebt fühlen, wenn sie zu diesem Schritt nicht Ja sagte. Dies führte dazu, dass sie sich sexuell verweigert, aus Angst, in eine Lebenssituation zu geraten, die sie nicht haben will.

Bereits ihre Mutter war ungewollt mit ihr schwanger geworden und wurde damals von ihren Eltern genötigt, den Vater des Kindes zu heiraten. Diese Last hat Julia ihre ganze Kindheit hindurch gespürt. Sie fühlte sich immer schuldig, weil die Mutter sehr unzufrieden mit ihrem Leben war, denn sie hatte wegen der Schwangerschaft mit ihr das Studium abbrechen müssen. Schon anderthalb Jahre nach ihrer Geburt bekam die Mutter noch ein zweites Kind. Das war das völlige Aus für die Fortführung ihres Studiums.

Bei der Vorstellung, ein eigenes Kind zu bekommen, fällt Julia körperlich in sich zusammen und fühlt sich innerlich beengt. Sie glaubt, dass ihr eigenes Leben mit einem Kind zu Ende wäre.

In der Therapie arbeiten wir schließlich an ihrer Beziehung zu ihrer Mutter, die sie für ihre Blockaden im Leben verantwortlich macht. Julia verinnerlichte durch diese Erfahrung einen Glaubenssatz: »Kinder verhindern das eigene Leben.« Als sie erkennt, dass sie sich unbewusst mit diesem Glaubenssatz der Mutter identifiziert hat,fühlt sie sich sehr erleichtert.

Im inneren Dialog mit ihrem eigenen Inneren Kind erfährt sie, dass sich ihre »kleine Julia« ganz viel Aufmerksamkeit von ihr wünscht und mit ihr spielen will. Davon ist meine Klientin sehr berührt. Denn genau das ist es, was sie als kleines Mädchen in ihrer Kindheit immer als einen großen Mangel empfunden hatte. Ihre Mutter hat gut funktioniert, sie äußerlich tadellos mit Nahrung und Kleidung versorgt, aber sie wollte weder mit ihr spielen noch hatte sie viel Einfühlung in ihre emotionalen Nöte als Kind.

Als ihr Inneres Kind, ihre kleine Julia, ihr sogar sagt: »Du bist nicht schuld daran, dass Mama nicht studieren konnte«, fühlt sie sich wie freigesprochen. Sie merkt, dass sie jetzt erst anfangen kann, ihren kreativen Impulsen zu folgen und ihr eigenes Leben richtig in die Hand zu nehmen.

Zu einem späteren Zeitpunkt berichtet sie mir, dass sie sich zusammen mit einer Freundin als Grafikdesignerin selbstständig gemacht habe und Erfüllung in ihrem Beruf erlebe. Von ihrem Freund habe sie sich getrennt, auch wenn sie es nicht ausschließen wollte, in späterer Zukunft doch noch ein Kind haben zu wollen.

Beispiel für die »Sucht« nach einem eigenen Kind

Eine andere Klientin dreht regelrecht am Rad, wie sie salopp sagt, weil sie unbedingt ein Kind haben will. Sie beschreibt, dass sie kaum mehr an etwas anderes denken könne. Alle ihre Freundinnen hätten inzwischen Kinder, nur sie nicht. Dadurch fühlt sie sich ein Stück weit ausgegrenzt.

Ihr Freund reagiert sehr verhalten auf das Thema. Aber je mehr sie sich da hineinsteigert, umso weniger will er mit ihr ein Kind. Er fühlt sich davon »gestresst«. Inzwischen hat er sogar manchmal schon Erektionsprobleme. Dann streiten sich die beiden immer.

Nach dem, was ich aus ihren Erzählungen weiß, fällt mir als Außenstehender auf, dass es offenbar gar keinen richtigen Kontakt zwischen den beiden gibt.

Über einige Sitzungen hinweg ist meine Klientin zunächst vollständig darauf fixiert, dass das Problem bei ihrem Freund läge. Doch je mehr wir in ihre eigene Kindheit vordringen, stoßen wir nach und nach auch auf tiefer liegende Zusammenhänge. So berichtet sie, dass sie das jüngste von drei Kindern einer Patchworkfamilie war. Die Mutter war meistens mit ihrem neuen Partner beschäftigt. Ihr leiblicher Bruder war schon fünf Jahre älter, und die ältere Stiefschwester interessierte sich auch nicht für sie.

So fühlte sich meine Klientin in ihrer Kindheit bereits sehr einsam. Als wir den Kontakt mit ihrem Inneren Kind herstellen, muss sie auf einmal weinen und wird sehr traurig. Ihr Inneres Kind zeigt ihr ihre ganze Not. Das war ihr gar nicht so bewusst.

Dieses Mädchen, das sein Herz vor ihr ausgeschüttet hat, wird auf einmal ganz weich und will sich an meine Klientin anschmiegen. Sie reagiert sehr unsicher darauf, weil es wenig Körperkontakt in ihrer Familie gab. Doch als sie sich mit meiner Unterstützung immer besser darauf einlassen kann, ihr Inneres Kind auf den eigenen Schoß zu nehmen, löst sich ihre Spannung. Und das Gepresste in ihrer Stimme wird auf einmal weicher.

Meine Klientin erkennt, dass sie jetzt die Nähe zu ihrem Inneren Kind spürt, nach der sie sich immer gesehnt hatte, wenn sie an ihren Kinderwunsch denken musste. Und sie erkennt auch, dass sie diese Sehnsucht immer auf ein Kind projiziert hatte. Doch jetzt merkt sie, dass sie heute anfangen kann, ihrem Inneren Kind diese sensible Nähe selbst zu geben.

Erst durch ihre eigene Impathie (siehe »Ich-Bewusstsein« in diesem Kapitel) fängt sie an, Mitgefühl für ihren Freund zu entwickeln, nachdem sie ihn vorher fast hatte zwingen wollen, ein Kind mit ihr zu zeugen. Dass seine Potenz, die bei ihm sonst sehr stark war, plötzlich ihrem Druck wich, konnte sie nachvollziehen und macht sie auch sehr betroffen. Sie war so fixiert, dass sie ihn in seinen Bedürfnissen gar nicht mehr wahrnehmen konnte.

Sie ist ein typisches Beispiel dafür, dass eine Frau in ihrer eigenen Kindheit nicht ausreichend viel Aufmerksamkeit erfahren hat und sie deshalb später ihre eigene Sehnsucht nach Liebe auf ein Kind projiziert.

Mit diesen Einsichten wollte sie jetzt erst einmal eine Pause vom Kinderwunsch einlegen und zunächst ihr eigenes Inneres Kind gut nähren.

Das Innere Kind

Im Verständnis der Psychosynthese ist das Innere Kind ein Symbol für unsere Seele. Aber genauso ist es auch ein Bild für unsere biografischen Erfahrungen. Über das Bild des Inneren Kindes, das ich als einen Fachterminus immer großschreibe, können wir zu einem sehr komplexen seelischen Geschehen in unserem Unbewussten Zugang bekommen. Der innere Dialog zwischen unserem Erwachsenen-Ich-Bewusstsein und unserem Inneren Kind gibt uns die Chance, alte Wunden zu heilen.

Der finnische Psychiater Ben Furman formulierte dies treffend, als er einem Buch den Titel Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben gab.[8] Denn wenn wir als Erwachsene anfangen, unserem Inneren Kind endlich all das zu geben, was es in seinen ersten respektive frühen Lebensjahren von seinen Eltern nicht bekommen hat, dann werden wir uns glücklich fühlen können. Und es reicht auch, wenn wir das in unserer Vorstellung tun. Denn natürlich ist nicht allen Menschen alles möglich.

Das Gehirn kann nämlich nicht unterscheiden zwischen dem, was wir uns vorstellen, und dem, was wirklich ist. Das bedeutet, dass die Physiologie des Körpers genauso auf unsere Vorstellungen, Imaginationen, Fantasien und nächtlichen Träume reagiert wie auf unser reales aktives Handeln und Erleben. Oder wie erklärt es sich beispielsweise, wenn man nachts von einer Flucht träumt und am nächsten Morgen mit Muskelkater in den Beinen aufwacht?

Für den unerfüllten Kinderwunsch ist dies zum Beispiel auch insofern bedeutsam, als dass die Imagination eines Babys auf dem Arm vom Gehirn »verrechnet« wird, als ob wir tatsächlich ein Baby auf dem Arm hielten. Es entsteht mehr Wärme im Körper, und oft wird der Puls langsamer und die Herzfrequenz gleichmäßiger.

Ich selbst hatte tatsächlich das Glück, in jungen Jahren einen Partner zu finden, dem es geradezu Freude bereitete, dem verlorenen Kind in mir alle Wünsche zu erfüllen. Das heißt nicht, dass ich am Ende nicht auch lernen musste, mein Inneres Kind selbst zu versorgen. Aber durch die Erfahrung mit ihm habe ich tatsächlich auch ein sehr wichtiges Seminar entwickeln können: »Rituale später Elternliebe – Wege zu mehr Selbstliebe und Autonomie«. Wenn uns andere Erwachsene später im Leben etwas geben, was wir früher nicht bekommen haben, können wir aus diesen Erfahrungen lernen, wie sich das anfühlt, endlich das Ersehnte zu bekommen. Und auf dieser Erfahrung basierend, wird es in der Regel sehr leicht, sich das im Nachhinein auch selbst zu geben. Wenn wir dann eines Tages ein Kind bekommen, sind wir so in der Regel auf der sicheren Seite, dass es nicht irgendetwas von uns »abkriegt«, was eigentlich unserem Inneren Kind gilt.

Wer diese komplexen Zusammenhänge gern tiefer verstehen möchte, dem lege ich sehr die Lektüre meines Buches Lieben ohne Leiden ans Herz.[9] Dort erkläre ich ausführlich, wie sich schwierige Erfahrungen der Kindheit auf die Partnerschaft auswirken. Aber auch im Anschluss an dieses Kapitel gehe ich noch näher auf die Innere-Kind-Arbeit ein.

Eltern-Introjekte: Mutter- und Vater-Introjekt

Unter Introjektionverstehen wir in der Tiefenpsychologie