Die Botschaften unseres Körpers - Jean-Pierre Barral - E-Book

Die Botschaften unseres Körpers E-Book

Jean-Pierre Barral

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  • Herausgeber: Südwest
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Gesundheit ohne Medikamente

Er ist einer der bedeutendsten Wissenschaftler der Gegenwart: Der französische Osteopath Jean-Pierre Barral. Mit diesem Buch legt er seinen ersten populären Ratgeber vor. Er beschreibt darin die Zusammenhänge zwischen unseren Organen und unseren Emotionen und zeigt, wie sie sich gegenseitig beeinflussen. In leicht verständlicher Sprache werden für jedes Organ dessen Funktion, mögliche Störungen und die Gründe hierfür aufgezeigt. Anschließend nennt Barral einfache und effektive Behandlungsmöglichkeiten für die sanfte Selbsthilfe bei körperlichen Beschwerden – ganz ohne Medikamente.

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Seitenzahl: 335

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Jean-Pierre Barral

Die Botschaften unseres Körpers

Ganzheitliche Gesundheit ohne Medikamente

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Impressum

© der deutschen Ausgabe 2013 by Irisiana Verlag, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81637 München

© der Originalausgabe: Éditions Albin Michel, Paris 2005

Titel der Originalsausgabe: Comprendre les messages de votre corps

Die Verwertung der Texte, auch auszugsweise, ist ohne Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen.

Projektleitung: Dr. Harald Kämmerer, Sonia Naumann

Producing: SAW Communications, Redaktionsbüro Dr. Sabine A. Werner, Mainz

Übersetzung: SAW Communications, Mainz: Christa Trautner-Suder

Redaktion: Dr. Sabine A. Werner

Satz und Innenlayout: SAW Communications, Mainz: Katrin Pfeil

Umschlaggestaltung und Konzeption: Geviert – Büro für Kommunikationsdesign München

eISBN 978-3-641-20257-6V001

www.randomhouse.de

Inhaltsverzeichnis

CopyrightVorwortEinleitung
Auf den eigenen Körper hörenWenn wir uns selbst besser verstehen …… wird es uns besser gehen
Erster Teil - Ihr Körper spricht mit Ihnen, hören Sie ihm gut zu
Unser Körper, ein gut eingefahrener Motor
Der Widerhall unserer Emotionen in unseren OrganenDas Echo unserer Organe in unserem VerhaltenDer SchwachpunktDen Körper verstehen: das GehirnZum Glück somatisieren wir
Der Ausdruck von Lebensgefühlen
Das große Schauspiel der GefühleEmotionen zwischen Vernunft und TriebEmotionen sind der Mörtel für unser LebensgebäudeWie funktioniert das Körpergedächtnis? Nicht alle Verletzungen sind sichtbar
Was denken unsere Organe?
Wie Organe unser Verhalten beeinflussen Wie umgekehrt unser Verhalten auch die Organe beeinflusst Ob psychisch oder physisch, der Schauplatz ist derselbe! Ein empfindliches Potenzial Das »Phänomen des Zuviel oder Zuwenig« Die Depression, ein extremes Beispiel für das »Phänomen des Zuviel oder Zuwenig«
Lernen Sie, die Ursache Ihrer Probleme zu finden
Nicht immer ist das Leben ein langer, ruhiger Fluss … Unterschiedliche Widerstandskraft Angstfrei verstehen Emotionale Probleme durch Organbehandlung heilen Organprobleme durch Behandlung emotionaler Probleme heilen Der »Organ-Typ«
Zweiter Teil - Was unsere Organe denken
Das Gehirn: der »Big Boss«
Die Gehirnfunktion Funktionsstörungen des limbischen Systems Wie funktioniert die Beziehung zwischen Gehirn und Organ? Indirekt denken die Organe! Experimente mit Scanner und Photonen Was können Sie für Ihr Gehirn tun?
Lungen und Bronchien: nichts als Luft?
Die Funktion von Lungen und Bronchien Funktionsstörungen von Lungen und Bronchien Der »Lungen-Bronchien-Typ« Was können Sie für Ihre Lungen und Bronchien tun?
Das Herz: ein starker Muskel
Die Funktion des Herzens Funktionsstörungen des Herzens Der »Herztyp« Was können Sie für Ihr Herz tun?
Die Brüste: Symbol der Weiblichkeit
Die Funktion der Brüste Funktionsstörungen der Brüste Der »Brusttyp« Was können Sie für Ihre Brüste tun?
Die Gallenblase: ein Speicher für Ärger
Die Funktion der Gallenblase Funktionsstörungen der Gallenblase Der »Gallentyp« Was können Sie für Ihre Gallenblase tun?
Die Leber: das Fundament der Persönlichkeit
Unser Entgiftungszentrum Die Funktion der Leber Die »weibliche« Leber Funktionsstörungen der Leber Der »Lebertyp« Was können Sie für Ihre Leber tun?
Die Leber und das Cholesterin
Die Wirkungsweise des Cholesterins Das »gute« und das »schlechte Cholesterin« Störungen in Zusammenhang mit Cholesterin Was können Sie tun?
Der Magen und der Zwölffingerdarm: das soziale Ich
Die Funktion von Magen und Zwölffingerdarm Funktionsstörungen von Magen und Zwölffingerdarm Der »Magen-Zwölffingerdarm-Typ« Was können Sie für Magen und Zwölffingerdarm tun?
Bauchspeicheldrüse und Milz: eine schwierige Aufgabe
Die Funktion von Bauchspeicheldrüse und Milz Funktionsstörungen von Bauchspeicheldrüse und Milz Der »Bauchspeicheldrüsen-Milz-Typ« Übersicht über die Reaktionen der Milz Was können Sie für Bauchspeicheldrüse und Milz tun?
Der Darm: ein langer Weg
Die Funktion des Darms Funktionsstörungen des Darms Der »Darmtyp« Was können Sie für Ihren Darm tun?
Die Nieren: so verschieden wie Stiefschwestern
Die Funktion der Nieren Funktionsstörungen der Nieren Der »Nierentyp« Was können Sie für Ihre Nieren tun?
Die Harnblase: pausenlose Kontrolle
Die Funktion der Harnblase Funktionsstörungen der Harnblase Ein Problem nur der Frauen? Der »Harnblasentyp« Was können Sie für Ihre Harnblase tun?
Die Geschlechtsorgane: Ursprung und Zukunft
Die Funktion der Geschlechtsorgane Die Bedeutung des Geruchssinns Erwachende Sinne Funktionsstörungen der Geschlechtsorgane Der »Genitaltyp«, Frau oder Mann Was können Sie für Ihre Geschlechtsorgane tun?
Die Haut: unser »Aushängeschild«
Die Funktion der Haut Die Haut: eine hochempfindliche Hülle Funktionsstörungen der Haut Der »Hauttyp« Was können Sie für Ihre Haut tun?
Dritter Teil - Sanfte Medizin
Unser wertvollstes Gut
Die Suche nach dem Gleichgewicht Ihr Pfad zur Gesundheit Die Erziehung der Kinder und der jungen Sportler
Das Gleichgewicht in unserem Körper respektieren
Psychische Ausgeglichenheit Das körperliche Gleichgewicht
Viszerale Manipulation – gut für die Organe
Die Bewegungen unserer Organe Was kann die viszerale Manipulation bewirken? Den Therapeuten sorgfältig auswählen Ausgewählte Adressen
Dank

Vorwort

Mit dem vorliegenden Buch lehrt uns Barral, wie wir Menschen Botschaften unseres Körpers richtig wahrnehmen und verstehen können. Mit diagnostischer Brillanz beschreibt er komplizierte biochemische Vorgänge, die wichtigsten Bausteine und die unterschiedlichen Stufen des Frühwarnsystems in unserem Organismus. In eindrucksvoller Weise erklärt er außerdem die Alarmsignale, die der menschliche Körper sendet, und wie wir diese am besten verstehen und deuten können. Weiterhin gibt er praktische Tipps für viele Gesundheitsprobleme und bietet gleichzeitig Lösungsvorschläge an.

Dieses Buch ist ein nützlicher Ratgeber und kompetentes Nachschlagewerk. Beim Lesen spürt man, dass es von einem Therapeuten und Menschenkenner geschrieben ist, der in der Fachwelt einen exzellenten Ruf genießt und der sein Wissen und seine Erfahrungen nun an alle Menschen weitergeben möchte. Dies ist ein Buch für uns alle – ein echtes Barral-Buch: simpel, klar und effektiv!

München, 5. April 2006

Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt

Einleitung

Der Mensch hat einen Körper und eine Seele, er ist ein ganzheitliches Individuum. Vor seiner Geburt ist er die Frucht aus der Vereinigung zweier Menschen. Kaum geboren, nimmt er schon Beziehung zu seiner Familie auf, und nach und nach tritt er in Kontakt mit der Gesellschaft. Er hinterlässt seine Spuren auf der Welt, im Universum, im Kosmos. Auch diese sind in ständiger Bewegung wie der Mensch selbst. Von der Geburt bis zum Tod bleibt nichts starr, alles ist in Veränderung – das Aufwachsen und das Altern zeigen dies am deutlichsten. Wer seiner eigenen Entwicklung Aufmerksamkeit schenkt, sich die Rhythmen, Bewegungen und Verbindungen, die den Körper lebendig machen, bewusst macht, lernt sich selbst kennen. Er lernt, für sich zu sorgen, um in Harmonie durchs Leben zu gehen.

Auf den eigenen Körper hören

Niemand möchte ein Egozentriker oder Narziss sein, doch Sie sollten nie die Tatsache aus den Augen verlieren, dass Sie selbst die wichtigste Person in Ihrem Leben sind. Von Ihnen und Ihrer persönlichen Ausgeglichenheit hängt die Harmonie Ihrer Umgebung und das Gleichgewicht eines gesamten Familien- oder Gesellschaftssystems ab. Was Sie im Austausch zurückbekommen, wird immer etwas Gutes sein. Sie haben also sich selbst gegenüber eine »Kontroll- und Instandhaltungspflicht«. Viele von uns schenken ihrem Auto mehr Aufmerksamkeit als ihrem Körper, aber wie viele von denen, die gerne am Steuer eines blitzblank geputzten Autos mit rundlaufendem Motor sitzen, fühlen sich in ihrer Haut so richtig wohl? Wie viele von denen, die beim geringsten verdächtigen Motorgeräusch eilends eine Werkstatt aufsuchen, sind ebenso aufmerksam, wenn sie sich krank oder unwohl fühlen?

Wir sollten unseren Körper nicht bis ins Kleinste beobachten, sonst werden wir zu Hypochondern, aber wir sollten lernen, so aufmerksam auf unseren Körper und seine Reaktionen zu achten, dass wir mit »unserem Motor« stets im Gleichklang sind, Pannen vermeiden und optimal von seiner Leistungsfähigkeit profitieren können.

Wenn wir uns selbst besser verstehen …

Vor unserem Körper und seinen Reaktionen müssen wir keine Angst haben. Stattdessen sollten wir unsere Gefühle zulassen und bedenken, dass alle Emotionen sich auch auf den Körper auswirken. Damit wäre der erste Schritt zu einer besseren Lebensqualität bereits getan. Wenn wir verstehen lernen, auf welche Weise der Körper ein Trauma in Erinnerung behält, lassen sich die Vorzeichen mancher Beschwerden leichter erkennen. Unser Motto sollte heißen »Vorbeugen ist besser als Heilen«. Je mehr Aufmerksamkeit wir unserer Gesundheit schenken, desto besser wird es uns gehen. Es ist ein ständiger Lernprozess. Eltern geben sich die größte Mühe, ihren Kindern praktische Fertigkeiten und moralische Maßstäbe zu vermitteln. Sie wollen ihnen helfen, sich im täglichen Leben zurechtzufinden, sich in die Gesellschaft einzugliedern und selbstständig zu werden. Wäre nicht auch in unserem eigenen Gesundheitsmanagement mehr Selbstständigkeit denkbar? Es erscheint mir wünschenswert, die Lebensweisheit »Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott« zu beherzigen und sich vor allem auf sich selbst zu verlassen, wenn es darum geht, gesund zu bleiben. Vertrautheit im Umgang mit sich selbst, eine gute Ernährung und körperliche Aktivität sind die Grundvoraussetzungen für das reibungslose Zusammenspiel von Körper und Geist.

… wird es uns besser gehen

Das aktuelle Gesundheitssystem scheint zu signalisieren: »Seid krank, wir werden euch behandeln.« Ob diese Einstellung richtig ist, darf bezweifelt werden. Besser wäre die Empfehlung: »Unternehmt zuerst alles, was in eurer Macht steht, um gesund zu bleiben.« In diesem Buch werde ich mich bemühen, Ihnen Informationen zu liefern, die Ihnen die Sprache Ihres Körpers und seine Bedürfnisse verständlicher machen, so dass Ihr Wohlbefinden und Ihre Gesundheit davon profitieren. Laufen Sie beispielsweise bei Magenschmerzen nicht gleich in die Apotheke, um ein Medikament zu kaufen, das die Schmerzen verschwinden lässt, sondern stellen Sie sich lieber die folgenden wichtigen Fragen: Wie ist mein Tag verlaufen? Hatte ich im Beruf eine Auseinandersetzung mit einem Vorgesetzten? Wenn ja, wie sehr hat mich das geärgert? Wenn Sie beispielsweise zu dem Schluss kommen, dass Ihre Magenschmerzen eine Reaktion auf die Vorwürfe Ihres Vorgesetzten sind, wird es Ihnen leichter fallen, die Schmerzen einzuordnen und sie auch in Zukunft zu verhindern. Und wie machen Sie das? Indem Sie sich überlegen, wie sie Ihre innere Einstellung zu solchen Situationen verändern können und indem Sie Ihren Selbstschutz festigen und sich auf Ihre Stärken besinnen. Sorgen Sie für »Ihr« Organ mit der passenden Ernährung und einem gesunden Lebensstil. Ein wenig Selbstbeobachtung und der Blick nach innen können Ihnen dabei von Nutzen sein. Als Hilfe finden Sie im vorliegenden Buch zu jedem Organ:

– eine kurze Funktionsbeschreibung;– eine genauere Erklärung seiner Funktionsstörungen und der Symptome, die auftreten können;– eine Aufzählung der Emotionen, die mit diesem Organ zusammenhängen;– eine Beschreibung der Persönlichkeit und der Gefühlsskala, die diesem Organ entsprechen, denn je nachdem, welches Organ im Wechselspiel aller Organe dominiert, gibt es beispielsweise »Leber-«, »Herz-« oder »Nieren-Typen«;– für jedes Organ einige Tipps, die sich auf den Körper, die Ernährung und die Psyche beziehen.

Bevor Sie sich an einen Facharzt wenden und zu hören bekommen »So geht es nicht weiter, wir müssen Sie behandeln«, bedenken Sie, dass Sie über sehr wirksame Möglichkeiten zum Erhalt Ihrer Gesundheit verfügen: Hören Sie einfach auf Ihren Körper, und lernen Sie, seine Botschaften richtig zu deuten.

ERSTER TEIL

Ihr Körper spricht mit Ihnen, hören Sie ihm gut zu

Unser Körper, ein gut eingefahrener Motor

Wir können nicht in unseren Körper hineinschauen. Einige anatomische und medizinische Begriffe sind uns zwar bekannt, aber über unsere Körperfunktionen und die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Systemen wissen wir nur wenig. Unser höchst geheimnisvolles »Innenleben« wird von der Haut umhüllt, die eine Art Schutzwall gegen äußere Angriffe bildet. Die Haut schützt unser Leben. Wird sie verletzt, bringt uns das in Gefahr. Ein körperliches Trauma, ein chirurgischer Eingriff, eine Wunde oder ein Knochenbruch zerstören das Gefühl körperlicher Integrität und schwächen uns. Die Wunde schließt sich, aber die Haut bleibt von einer Narbe gezeichnet, während das Körpergedächtnis im Inneren Narben, Schmerzen und Stress unsichtbar speichert. Diese unter der Oberfläche liegenden Spannungen können sich jederzeit entladen.

Angriffe auf das eigene Wertesystem und seelische Traumata sind heimtückischer, denn sie schlagen eine Bresche in unseren psychischen Schutzwall und überwinden ihn, ohne sichtbare Spuren zu hinterlassen. Äußerlich kann man zwar nichts erkennen, aber die Erinnerung an die Verletzungen prägt sich unserem Körper tief ein. An welcher Stelle dies geschieht, hängt von unserem persönlichen Schwachpunkt ab. Das kann der Rücken, die Leber oder der Darm sein … Vom Körper gehen zudem elektromagnetische Wellen aus, die eine weitere Schutzhülle um unsere Haut bilden, unsichtbar und subtil. Sie spüren diesen Schutzwall, wenn Ihnen jemand zu nahe kommt. Sie haben dadurch ein Gefühl dafür, wie nah Sie jemanden an sich heranlassen möchten, beziehungsweise welche Distanz Sie zu einem anderen Menschen brauchen.

Sind wir verletzt worden, ob sichtbar oder unsichtbar, so wirkt das auf den Körper und unsere Seele wie ein Schiffsleck, das die Mannschaft abzudichten versucht: Ist sie bei Kräften, wird der Schaden rasch behoben sein, ist sie aber durch mehrere Tage in aufgewühlter See bereits erschöpft, übersteigt die Reparatur ihre Kräfte, und das Leck kann das Schiff letztendlich zum Sinken bringen.

Der Widerhall unserer Emotionen in unseren Organen

Es sind vor allem unsere Organe, die Reaktionen auf unsere Emotionen zeigen – sie sind äußerst empfänglich für unsere Gemütsbewegungen und Gefühle. So nehmen unsere Emotionen im wörtlichen Sinne »Gestalt an«. In verschiedenen Redewendungen wird dies deutlich, wie »Das bereitet mir Magenschmerzen« oder »Das tut mir in der Seele weh«, »Mir wird das Herz schwer«, »Mir kommt die Galle hoch«, »Das nimmt mir den Atem«, »Ich bekomme eine Gänsehaut« und andere. Man sagt auch »Jemand hat einen empfindlichen Magen« oder »Dieser Mensch hat viel Herz«. Sprachliche Wendungen, die eine Verbindung zwischen Gefühlen und Organen herstellen, gibt es viele. Die Organe reagieren unterschiedlich, je nach Intensität, Schwere und Dauer des Stresses. Man kann Stress, der durch den Verlust eines Schlüsselbundes entsteht, nicht mit Stress vergleichen, den der Verlust des Arbeitsplatzes oder der Bruch mit einem geliebten Menschen verursacht.

An der Spitze der emotionalen Belastungen steht der Tod eines nahen Angehörigen, gefolgt von Scheidung, Entlassung, ungewolltem Umzug – die Liste ist endlos lang. Die emotionalen Reaktionen reichen von einfachen Krämpfen der Gallenblase bis zu Magenbrennen, Erbrechen, Unwohlsein, Ohnmachtsanfällen, Geschwüren, Hepatitis oder schwereren Erkrankungen. Im Allgemeinen reagieren bei kleineren Ärgernissen die Gallenblase und der Solarplexus (in der Magengrube). Wie wir noch sehen werden, ist jedes Organ emotional und physisch mit dem Gehirn verbunden. Das Gehirn erkennt qualitative Unterschiede und lässt sich nicht vom erstbesten Stress beeinflussen. Die beiden größten »Emotionsspeicher« sind der Darm und die Leber.

Das Echo unserer Organe in unserem Verhalten

Organe reagieren nicht nur auf Emotionen, sondern auch umgekehrt: Die Reaktion eines Organs löst wiederum bestimmte Verhaltensweisen bei uns aus. Nehmen wir als Beispiel den Darm. Hat jemand einen empfindlichen Darm und steht gerade in einer Krise, wird er möglicherweise eine plötzliche Putzwut an den Tagen legen oder sich wegen Nichtigkeiten mit anderen Menschen anlegen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Der Schwachpunkt

Was Funktionsstörungen unserer Eingeweide angeht, sind wir nicht alle gleich. Jeder von uns hat seinen individuellen Schwachpunkt, ein Organ, das verletzlicher ist als die anderen und in Stress-Situationen unter Beschuss gerät. Man sagt häufig: »Ich habe einen empfindlichen Darm, eine empfindliche Blase« oder Ähnliches. Das anfällige Organ ist häufig durch genetische Vererbung oder als Folge einer dem Organismus abträglichen Lebensweise beeinträchtigt. So wird ein Mensch mit empfindlicher Leber am Morgen nach einem zu schweren Abendessen oder nach dem Genuss von zu viel Alkohol besonders ausgeprägte Probleme haben. Er wird missmutig sein und beim geringsten Stress jähzornig und aggressiv werden. An einem solchen Tag sollte man ihm besser aus dem Weg gehen, denn da reicht ein nichtiger Vorwand als Anlass zum Streit. Die Funktionen des menschlichen Körpers sind aber viel komplizierter. In der weiten Welt der Emotionen hat jedes Organ sein bevorzugtes Gebiet. Hier nur einige einfache Beispiele zur Veranschaulichung:

– Die Leber reagiert empfindlich auf alles, was die Einmaligkeit des Menschen, den Kern seiner Persönlichkeit – das »Selbst«, berührt.– Die Milz und die Bauchspeicheldrüse sind bei intensiven, unerträglichen und plötzlichen Emotionen, wie dem Unfalltod eines Angehörigen, besonders anfällig.– Bei Frauen reagieren die Brüste auf familiäre Probleme, auf einen Mangel an Stabilität und Zuneigung. Es kann zu Stauungen und Schmerzen kommen, oder es können sich Zysten und Tumore entwickeln.– Beim Mann ist der Magen der Spiegel des sozialen Lebens, er ist das Sammelbecken für Spannungen, die durch Konfrontation mit anderen entstehen.– Bei Stress verkrampfen sich bestimmte Organe, wie die Bronchien, der Magen, die Gallenblase oder der Darm. Bei anderen Organen, wie den Nieren, ziehen sich vor allem die Gefäß- und Ausscheidungssysteme zusammen und führen zu einer Funktionsstörung.

Stress durchströmt in Stoßwellen die verschiedenen Teile des Körpers, doch der Mensch verfügt über ein ganzes Sortiment an Präventivlösungen, damit sein »Inneres« gut gepflegt und funktionstüchtig bleibt. Sie können Ihrer Gesundheit ein gutes Fundament bereiten, indem Sie für eine ausgewogene Ernährung sorgen, Giftstoffe meiden, sich ausreichend bewegen und bei Bedarf sanfte Entspannungsmethoden oder Yoga praktizieren.

Den Körper verstehen: das Gehirn

Das Gehirn stellt die untrennbare Verbindung zwischen Körper und Geist her. Es hat Befehlsgewalt über alle Vorgänge, empfängt, leitet weiter und speichert ab. Es ermöglicht uns zu denken, uns etwas vorzustellen, etwas zu erschaffen, zu sprechen, zu gehen. Das Gehirn entscheidet darüber, ob wir glücklich oder unglücklich werden, ob wir lachen oder weinen müssen, aktiv oder passiv sind. Genau genommen handelt es sich um 1,3 Kilogramm Hirnmasse, deren Geheimnisse bei weitem noch nicht gelüftet werden konnten. Als Denkfabrik, Transportunternehmen und Produktionsstätte ist das Gehirn die Schaltstelle zwischen unserer Beziehung zum Kosmos und der Realität unseres Körpers. Die biologischen Rhythmen – Tag-und-Nacht-Rhythmus, Mondphasen und Jahreszeiten –, die den Menschen unbewusst steuern, erreichen zuerst das Gehirn, bevor sie die Körperfunktionen beeinflussen.

Im Verhältnis zu seinem Gewicht, das nur zwei Prozent des Körpergewichts ausmacht, verbraucht das Gehirn sehr viel Sauerstoff: 20 Prozent des Sauerstoffverbrauchs des gesamten Körpers. Die beste Möglichkeit, das Gehirn mit einer ausreichenden Sauerstoffmenge zu versorgen, ist genügend körperliche Aktivität. Wenn man sich klar macht, dass das Gehirn die Muskeln, Gliedmaßen, Nerven, Hormone, Reaktionen, das Denken und den Willen steuert, dann erkennt man, dass der Körper funktioniert wie eine weitgehend perfekte Maschine, die sich selbst steuert. Aber autonom ist sie nicht, denn um gut funktionieren zu können, benötigt diese Maschine die Zufuhr von Stoffen und Anregungen aller Art. Nahrung ist ihr Kraftstoff, aber das allein reicht nicht aus: Liebe, Anerkennung, Wertschätzung und geistige Arbeit sind Faktoren, die für das richtige Gleichgewicht sorgen.

Das Erbteil Gesundheit

Bleiben wir bei dem Vergleich Mensch – Auto, so entspricht unser Körper einer Karosserie mit einem Motor. Dabei wird allerdings außer Acht gelassen, was den Menschen von einer Maschine unterscheidet: das Denken, die Gefühle, erworbene, genetische und kulturelle Eigenschaften. Alles, was der Mensch an solider Struktur und Positivem mitbekommen hat, trägt zu seiner Gesundheit bei. Weniger Günstiges macht sich negativ bemerkbar. Unser Körper und unsere Organe führen unbewusst Buch und registrieren alle Einflüsse. Wir tragen das Gedächtnis unserer Vorfahren in uns, unser genetisches Erbe. Das kann Kraft und ein langes Leben bedeuten, aber auch mehr oder weniger sichtbare Krankheiten, wie Allergien, Diabetes, Asthma, Schuppenflechte oder Ekzeme. Es gibt verborgene Krankheiten, die nur darauf warten, wieder hervorzubrechen wie die Lava eines Vulkans. So kann beispielsweise emotionaler Stress eine bislang nicht bekannte genetische Krankheit »aufwecken«.

Eine junge 25-jährige Patientin konsultierte mich wegen eines großen Ekzems, das zwei Tage zuvor heftig ausgebrochen war. Ich wusste, dass die Patientin sehr sensibel ist, und fragte sie, ob sie einen emotionalen Schock erlitten hatte? Mit einem tiefen Seufzer, der klang, als trage sie alle Last der Welt auf ihren Schultern, erzählte sie: »Nein, es war kein Schock. Ich hatte aber letzte Woche ein Bewerbungsgespräch und war wahnsinnig aufgeregt.« Ich fragte sie weiter: »Gibt es in Ihrer Familie Angehörige mit Ekzem?« »Meine Großmutter«, antwortete sie mir. Unter dem Druck des Bewerbungsgesprächs, ihrem ersten großen Stress als eigenverantwortliche junge Frau, entwickelte sich aus der Anlage heraus der Ausschlag.

Zum Glück somatisieren wir

Das Gehirn empfängt so viele Informationen, dass es nicht alle speichern kann. Unter normalen Bedingungen empfängt es von allen fünf Sinnen gemeinsam ungefähr 100 Milliarden Informationen pro Sekunde, und bei Gefahr wird es von 100 Millionen zusätzlichen Stimuli überflutet. Alle Informationen, die dort zusammenkommen, werden glücklicherweise selektiert und von der Formatio reticularis, einer Hirnregion, geordnet. Das Gehirn verarbeitet wie ein Computer Daten für die Somatisierung und kanalisiert die Informationen beziehungsweise Emotionen. Die Somatisierung ist sozusagen der Abfluss für das Zuviel an Emotionen in unseren Organen. Solange sich das in einem vernünftigen Rahmen hält und uns nicht gefährdet, ist die Somatisierung ein begrüßenswertes Phänomen und hält uns geistig gesund.

Aber manchmal grübeln wir einfach zu viel und machen uns Sorgen. Wir fantasieren und dramatisieren, so dass eine kleine Ursache große Folgen haben kann. Dies war bei einer Patientin der Fall, die mich wegen wiederkehrender Rückenschmerzen aufsuchte, die sie zunehmend beunruhigten. CT und Kernspintomographie waren ohne Befund. Anstatt jedoch beruhigt zu sein, hatte sie sich das Schlimmste vorgestellt. Dadurch war sie depressiv geworden und litt unter Verdauungsstörungen. Fast jeder von uns wird schon einmal diese leise innere Stimme vernommen haben, die einem einflüstert: »Du bist vielleicht in Gefahr, mit solchen Beschwerden kann auch eine Krebserkrankung anfangen.«

Wiederkehrende Schmerzen erwecken in uns Menschen die Angst vor Krankheit und nahem Tod. Bei der Untersuchung der besagten Patientin zeigte sich bei der Mobilisierung des Thorax und der Rippen, dass eine Rippe auf der linken Seite, relativ weit von der Wirbelsäule entfernt, vollständig blockiert war. Druck auf genau diese Stelle war sehr schmerzhaft. »Genau hier tut es sehr weh!«, rief sie aus. »Wie haben Sie das gefunden?«

Oft findet man das Problem nicht, wenn man dem Patienten Fragen stellt, sondern indem man seinen Körper befragt und dessen Botschaften interpretiert. Schmerzhafte Bereiche ziehen im wahrsten Sinn des Wortes die Hand des Osteopathen an. Die Ärzte, bei denen die Patientin zuvor gewesen war, hatten die Ursache der Schmerzen nicht gefunden, weil sie sich nur auf die Wirbelsäule konzentriert hatten. Eine falsche Bewegung der Patientin beim Schließen der Fensterläden hatte zu der Blockade geführt. Dieses physische Problem hatte zu einer Dysfunktion der Bauchspeicheldrüse geführt, die wiederum die Angst genährt hatte.

Gelenke, Muskeln und Bänder haben gemeinsame Nervenzentren mit den Organen. Eine Organreizung kann daher ein Gelenkproblem verursachen. Doch auch das Gegenteil ist möglich: Ein Gelenkproblem kann zu einem Problem in den Eingeweiden führen. Der beschriebene Fall zeigt deutlich, welche Bedeutung kleine Ereignisse des täglichen Lebens für einen empfindlichen Menschen haben können. Manchmal kommt es auch vor, dass wir ein bisschen Theater spielen und die Situation dramatisieren, vor allem, wenn der Arzt uns nicht versteht oder unsere Schmerzen nicht nachempfinden und analysieren kann. Wer sich mit seinen Beschwerden nicht ernst genommen fühlt, wird ängstlich und ist frustriert.

100 000 Kilometer Nerven

Das Gehirn und der gesamte Organismus müssen miteinander kommunizieren. Die geringste Information beschäftigt unser Nervensystem, das wie ein Kommunikationszentrum aus einem Netz winziger Kabel aufgebaut ist. Diese verlaufen durch unseren Körper und enden in zwei Zentralen: dem Rückenmark und dem Gehirn. Würde man alle unsere Nerven aneinanderfügen, käme eine Länge von 100 000 Kilometern zustande. Diese Zahl unterstreicht einmal mehr, wie komplex der menschliche Körper ist. Zudem gehört zu jedem Nerv ein Blutgefäß. Es durchlaufen also auch 100 000 Kilometer Gefäße unseren Körper. Insgesamt ein perfekt konzipiertes System, dessen Ursprung uns nicht bekannt ist und das uns demütig machen sollte.

Der Ausdruck von Lebensgefühlen

Emotionen finden ihren Ausdruck: Sie lassen sich vom Gesicht ablesen, wenn unsere Augen vor Freude glänzen oder unser Mund vor Erstaunen offen steht; sie lassen sich an der Haut erkennen, zum Beispiel wenn wir erröten, blass werden oder eine Gänsehaut bekommen; sie lassen sich aus Gesten erraten, wenn wir vor Schreck die Hände vors Gesicht schlagen. Bevor der Mensch lernte, sich durch Sprache mitzuteilen, war die nonverbale Kommunikation das erste Verständigungsmittel. Ursprünglich ist sie angeboren wie der Instinkt der Tiere. Mit zunehmender Zivilisation und Verfeinerung der Sitten lernte der Mensch, seine Gefühle zu kontrollieren. Aber noch immer springen wir vor Freude in die Luft, lachen vor Glück, lächeln vor Freude, weinen aus Kummer oder bekommen eine traurige Miene. Je nachdem, welche Art von Erziehung uns geprägt hat und in welchem Umfeld wir aufgewachsen sind, zeigen wir unsere Emotionen mehr oder weniger. Jemand müsste aber schon sehr beherrscht sein, um sein gesamtes emotionales Register verbergen zu können, was sich im Übrigen sehr nachteilig auf sein psychisches Gleichgewicht auswirken würde. Wir Menschen unterscheiden uns bei unseren Gefühlen und zeigen nicht alle dieselben Reaktionen auf bestimmte Ereignisse.

Das große Schauspiel der Gefühle

Vielleicht erinnern Sie sich noch an die »Flitzer«, die während der Fernsehübertragung großer Sportereignisse splitternackt übers Spielfeld rannten. Es war interessant, vor dem Fernseher die Reaktion des Publikums zu beobachten. Einige grölten, lachten und applaudierten, andere standen von ihren Sitzen auf, waren aber so verblüfft, dass ihnen der Mund offen blieb, wieder andere blieben sitzen und ihre verschlossenen Gesichter zeigten deutlich ihre Missbilligung. Man konnte sogar Zuschauer sehen, die voller Schreck eine Hand vor den Mund hielten und natürlich Polizisten, die die »Flitzer« verfolgten.

Ein und derselbe Reiz ruft bei verschiedenen Menschen ganz unterschiedliche Reaktionen hervor. Was zur Erheiterung der einen beiträgt, kann andere ängstigen. Jeder reagiert gefühlsmäßig so, wie es seinem Kulturkreis und seiner Erziehung entspricht.

Emotionen zwischen Vernunft und Trieb

Den Einfluss unserer Gefühle auf unseren Körper können wir mehr oder weniger gut kontrollieren, beispielsweise indem wir tief atmen und somit die Muskeln entspannen und den Herzschlag verlangsamen. Wenn wir unsere Triebe besser verstehen, wird es uns auch besser gelingen, sie zu leiten und zu regulieren. Erst dann können wir behaupten, dass der Geist die Gefühle beherrscht. Bis uns dieses Verhalten in Fleisch und Blut übergeht, haben wir jedoch noch eine lange Lehrzeit vor uns. Wenn wir Emotionen auch nicht völlig eliminieren können, ist es doch gut, ein Zuviel zu vermeiden. Die Lösung hierzu liegt in uns selbst, und es gibt zahlreiche Methoden, die uns helfen, mit unseren Emotionen gut umzugehen. Dabei werden die Ergebnisse bei jedem etwas anders aussehen, denn wir wissen ja: Das Gefühlsleben ist nicht bei jedem gleich.

Antonio Damasio, amerikanischer Neurologe und Forscher, internationaler Spezialist auf dem Gebiet der Emotionen, behauptet, dass unsere intellektuelle und moralische Urteilsfähigkeit von unseren Emotionen bestimmt wird und dass unsere Gefühle aus der Bewusstwerdung bestimmter Emotionen entstehen – kurz gesagt, dass die Emotionen der Vernunft vorausgehen und beide voneinander abhängen. In Situationen, die eine starke emotionale Reaktion provozieren, wird es nur wenigen gelingen, nicht die Kontrolle zu verlieren. In diesen Fällen zeigt sich die wahre emotionale Natur, und was man dann zu sehen bekommt, ist vor allem angeboren.

Der Emotionale Quotient (EQ)

Lange galt der Intelligenzquotient (IQ) als einziges Standardmaß für die Intelligenz. Inzwischen stellt man ihm jedoch den Emotionalen Quotienten (EQ) zur Seite. Zwei identisch intelligente Individuen, die theoretisch in der Lage sind, ein und dasselbe Problem zu verstehen und zu lösen, werden nicht dieselben Entscheidungen treffen, da ihre emotionale Reaktionsfähigkeit unterschiedlich ist. Aber warum ist das so? Ganz einfach, weil wir keine Roboter sind, und weil jeder mit einem eigenen komplizierten Gefühlsleben ausgestattet ist. Die Gefühlsskala reicht von »sehr impulsiv« bis »durch Erziehung gedämpft«. Je nachdem, wie stark die emotionale Seite eines Menschen entwickelt ist, hilft sie ihm voranzukommen, lässt ihn auf der Stelle treten oder sie blockiert ihn so, dass er sich zurückentwickelt.

Emotionen sind der Mörtel für unser Lebensgebäude

Man sagt, Erfahrung forme den Charakter. Wir wollen genauer sagen, es sind vor allem die Emotionen, die im Lauf der gesammelten Erfahrungen erlebt werden, die zur Konstruktion der Persönlichkeit beitragen. Ist das Erlebte schmerzlich, spricht man von Prüfungen. Zwei Individuen, die mit derselben Prüfung konfrontiert werden, können ganz verschieden reagieren und sich unterschiedlich entwickeln. Unbewusst werden die tiefen Emotionen zum Spielleiter für die Zukunft, wie das folgende Beispiel zeigt. Zwei Brüder verloren ihre Mutter im Alter von zwölf beziehungsweise 14 Jahren. Sie wurden von ihrem Vater aufgezogen, der bald wieder heiratete. 20 Jahre später ist der Ältere verheiratet und Vater eines Babys. Er sieht die Zukunft seines Kindes positiv. Der Jüngere ist ledig und leidet. Er klagt über verschiedene Beschwerden, empfindet ein starkes Gefühl von Ungerechtigkeit und hegt dem Leben gegenüber einen tiefen Groll. Von Geburt an hatten beide unterschiedliche psychische Fähigkeiten. »Schon als Kinder hatten sie nicht denselben Charakter«, erklärt der Vater. »Als ihre Mutter starb, reagierte der Apathischere erstaunlicherweise kämpferisch, während der bisher Eigenwilligere sich ganz in seinem Schmerz vergrub.«

Warum sind selbst bei jungen Menschen die Verhaltensweisen so unterschiedlich? Es heißt, mit sieben Jahren sei die Persönlichkeitsbildung weitgehend abgeschlossen und die elterliche Erziehung beendet. Im Alter von zehn bis zwölf Jahren kommen zum genetischen Erbe noch erzieherische und moralische Werte hinzu, durch die sich die schon sehr persönlich geprägte emotionale Welt der Kinder weiter ausdifferenziert.

Alles, was das Individuum an Angeborenem besitzt, und alles, was es im Lauf seines Lebens erwirbt, schreibt sich mit Bild und Ton in seinen Körper ein, ähnlich wie auf einem Videoband. Bei einem Unfall beispielsweise tritt plötzlich ein Schock auf und als Folge Schmerzen und Emotionen. Die Zeit vergeht, und schließlich glaubt man, alles vergessen zu haben, doch in Wirklichkeit genügt eine vergleichbare Stresssituation, um Gegenwart und Vergangenheit zu verknüpfen und die alten Ängste wieder aufleben zu lassen, denn der Film mit dem früheren Ereignis wurde im Gedächtnis gespeichert, das wie ein Archiv funktioniert.

Eine meiner Patientinnen hatte einen Fahrradunfall. Ein Hund war ihr vor das Rad gesprungen, sie hatte zu heftig gebremst, so dass die Räder blockierten und sie über das Lenkrad auf die Straße stürzte. Im selben Moment nahm sie das Geräusch eines Lastwagens wahr, der sich von hinten näherte. Da sie nicht wusste, wohin sie genau gestürzt war, hatte sie große Angst, überfahren zu werden, aber der Lastwagen war weit genug von ihr entfernt. Die Bilanz des Unfalls: eine Kieferfraktur und eine Halsverstauchung. Ich behandelte sie sehr viel später wegen anhaltender Kopfschmerzen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihre Schmerzen mit dem Gedächtnis ihrer Halswirbel zusammenhängen könnten. Dabei gestand sie mir, dass sie beim Radfahren, wenn sie einen Lastwagen kommen hört, so in Panik gerät, dass sie sich am liebsten in den Graben fallen lassen würde. Die Angst hatte eine tiefere Prägung hinterlassen als die physischen Schmerzen.

Eine vierstufige Pyramide

Das menschliche Individuum besitzt eine vierstufige Struktur. Sie besteht aus:

– dem Selbst, dem innersten Wesenskern, der angeboren ist;– der Prägung durch die Familie, durch die das Gefühlsleben und der Charakter geformt werden und wodurch Vorschriften und Wertvorstellungen gefestigt werden;– der Prägung durch die Gesellschaft, in die das Individuum sich eingliedern muss. Hier wird der Mensch in zusätzliche Regeln eingeweiht und muss Schwierigkeiten überwinden;– der Persönlichkeit, die aus einer Symbiose des Angeborenen und des Erworbenen entsteht.

Wie funktioniert das Körpergedächtnis?

Wir wissen, dass der Körper unter anderem physische wie auch emotionale Schocks in Erinnerung behält. Erstere sind etwas Direktes: Sie bereiten Schmerzen und lassen den Körper unmittelbar durch den Schmerz reagieren, den sie verursachen. Das Gehirn zeichnet gleichzeitig das körperliche Leiden und das Gefühl dabei auf. Folgendes prägt sich in unser Unterbewusstsein ein:

ENDE DER LESEPROBE