Die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmers - Reinhard Mohn - E-Book

Die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmers E-Book

Reinhard Mohn

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Beschreibung

Unternehmer übernehmen in der Regel lieber Firmen als gesellschaftliche Verantwortung. In einem ordnungspolitischen Entwurf plädiert Reinhard Mohn für die »menschliche Alternative« in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. »Eine auf Menschlichkeit ausgerichtete Kultur besitzt die Fähigkeit, große Kräfte durch Motivation und Identifikation der Menschen zu aktivieren.« So das Fazit von Reinhard Mohn, einer der bedeutendsten deutschen Unternehmerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Alte machiavellistische Tugenden wie zügelloses Machtstreben, hierarchische Strukturen und Gewinnmaximierung bremsen die Entwicklung zur erfolgreichen Bürgergesellschaft.
Wer dagegen Menschlichkeit »investiert«, gewinnt Kreativität, Engagement und Leistungsfähigkeit. Reinhard Mohn gelingt der Entwurf zu einem friedvollen, demokratischen 21. Jahrhundert der Menschlichkeit.

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Inhaltsverzeichnis
 
Widmung
Geleitwort
 
I. Neue Prämissen für die Ziele und die Arbeitsweise des Unternehmers
1. Vorwort
2. Der Markt
3. Unsere Kultur im Umbruch
4. Eine Zeit neuer Möglichkeiten
5. Die Fortschreibung der Führungstechnik
 
II. Neue Ziele in Staat und Wirtschaft
1. Auf dem Weg zu neuen Zielen
2. Die Folgen eines neuen Menschenbildes
3. Die Legitimation zur Führung
4. Jede Führungskraft bedarf der Überwachung durch übergeordnete Instanzen
5. Den Wandel akzeptieren und bewältigen
 
III. Die neue Führungsphilosophie in der Wirtschaft
1. Der unternehmerische Führungsstil
2. Einkommensgerechtigkeit bei Führungskräften
3. Die Gewährleistung der Führungsfähigkeit
4. Gefahren auf dem Weg zur Macht
5. Bewertung des vorhandenen Führungspotenzials für die Nachfolge im Vorstand
6. Begründung für die Entwicklung einer neuen Unternehmenskultur
7. Von der Streitkultur zur kooperativen Unternehmensverfassung
8. Grundlagen der Unternehmenskultur
9. Die Ziele der Gruppenvertreter
 
IV. Die wirtschaftspolitische Verantwortung des Staates
1. Lehren aus der Vergangenheit
2. Neue Ziele für den Staat
3. Übertragbarkeit der Führungstechnik »Unternehmenskultur«?
 
V. Unternehmenskultur als Beitrag zur demokratischen Ordnung?
1. Neues Selbstverständnis des Bürgers
2. Selbstverwirklichung in der Welt der Arbeit
3. Reformstau im öffentlichen Bereich
4. Identifizierung mit dem Staat möglich?
 
VI. Gemeinsamkeiten in der Führung zwischen Staat und Wirtschaft
1. Thesen zur gesellschaftlichen Bedeutung des Wandels
2. Die Wirtschaft muss dem Staat helfen
3. Wer trägt die Verantwortung für den Arbeitsmarkt?
4. Systembausteine für den Wettbewerb im öffentlichen Bereich
5. Die Führungsaufgabe wird schwieriger
6. Unternehmenskultur als Antwort auf den globalen Wettbewerb
 
VII. Voraussetzungen für eine dezentrale Führung im Staat
1. Rückbesinnung auf die Ursprungsidee der Demokratie
2. So wenig Staat wie möglich – aber mehr Bürgerengagement!
3. Zielverlagerung: Subsidiarität gleichstellen mit Solidarität!
4. Auswirkungen von Leistungsorientierung und Transparenz im öffentlichen Bereich
5. Bewahrung kultureller Eigenständigkeit im Staatenverbund
6. Folgen für das Zielverständnis und die Leistungsfähigkeit des Staates
7. Berufliche Leistungsfähigkeit des Politikers als Voraussetzung für seine Nominierung
8. Ein neues Berufsbild für den Politiker
9. Demokratie muss Transparenz gewähren
 
VIII. Die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmers in der Demokratie
1. Der Leistungsbeitrag des Unternehmens als oberstes Ziel
2. Die Berücksichtigung der Ziele von Kapital, Führung und Arbeit
3. Aufgabe und Zielverständnis der Gruppenvertreter in der Unternehmenskultur
4. Neue Ziele für die Tarifpartner
5. Der Unternehmer in der Bürgergesellschaft
 
IX. Kontinuitätssicherung als gesellschaftliche Verantwortung
1. Die Bedeutung von Kontinuität in der Vergangenheit
2. Das Entstehen einer neuen Kultur unter den Bedingungen des Wandels
3. Kulturelle Auswirkungen des globalen Wettbewerbs
4. Die Gewährleistung politischer Kontinuität
5. Kontinuitätssicherung durch den Staat
6. Wandlungsfähigkeit als Voraussetzung für wirtschaftliche Kontinuität
7. Führungstechnische Grundlagen der Kontinuitätssicherung
8. Grenzen der menschlichen Wandlungsfähigkeit
 
X. Die Sicherung der staatlichen Lernfähigkeit
1. Ordnungen haben nur eine zeitlich begrenzte Gültigkeit!
2. Transparenz in der Demokratie
3. Der Prozess der politischen Meinungsbildung
 
XI. Eine auf Identifikation beruhende Wirtschaftsordnung
1. Unternehmenskultur als Antwort auf die neuen gesellschaftlichen Bedingungen
2. Thesen zum Zielverständnis der Unternehmenskultur
3. Essentials der Unternehmenskultur
4. Auf dem Wege zur neuen Unternehmenskultur
5. Durchsetzung der Unternehmenskultur
 
XII. Die Zukunft der Unternehmenskultur
1. Die Bedeutung geistiger Orientierung für die Unternehmenskultur
2. Welche Chance hat die Unternehmenskultur?
3. Empfehlungen zur Einführung der Unternehmenskultur
 
XIII. Beispiele aus der Arbeit der Bertelsmann Stiftung
THEMENFELD BILDUNG
THEMENFELD: DEMOKRATIE UND BÜRGERGESELLSCHAFT
THEMENFELD GESUNDHEIT
 
XIV. Schlusswort
Eine menschliche Alternative
 
Copyright
In Dankbarkeit widme ich dieses Buch den zahlreichen Helfern in unserem Unternehmen, die mir auf meinem Weg zur Entwicklung der Unternehmenskultur im Hause Bertelsmann mit Zuspruch, Rat und konstruktiver Kritik zur Seite gestanden haben. – Ganz besonders gilt dieser Dank meiner Frau!
Geleitwort
Reinhard Mohn setzt sich – als Unternehmer und als Stifter – mit konkreten Taten für Gerechtigkeit, Wohlfahrt, Fortschritt und das friedliche Zusammenleben der Menschen dieser Welt ein.
Seine vielfältigen Erfahrungen aus über fünfzig Jahren kreativer Schaffenskraft in der Wirtschaft macht er mit dem vorliegenden Buch für Politik und öffentliche Verwaltung nutzbar. Anhand konkreter Beispiele untersucht er, wie erfolgreiche Ansätze aus den Unternehmen auf die notwendigen Reformen des öffentlichen Sektors übertragen werden können. Reinhard Mohn gibt für ausgewählte Aspekte, wie etwa Mitarbeitermotivation, Delegation und Subsidiarität interessante Reformempfehlungen. Gerade in einer Zeit zunehmender Politikverdrossenheit sollten diese Anregungen für die Verwantwortlichen in Politik und öffentlichem Dienst von besonderem Interesse sein.
Reinhard Mohn sieht streng aus – das kann nicht überraschen bei jemandem, der über Jahre große Verantwortung trägt. Doch im Gespräch mit ihm wird unzweifelhaft deutlich, dass sein Herz für die Menschheit und Menschlichkeit schlägt. Dialog, Engagement, Solidarität, ethische Überzeugungen, aber auch Effizienz sind die Bausteine seiner Vision für eine bessere, tragfähige Zukunft für die Welt und für jede einzelne lokale Gemeinschaft.
Wir, seine Freunde, Kollegen und Leser im Club of Rome, freuen und bedanken uns, dass unser Ehrenmitglied und Gouverneur unserer Club of Rome Stiftung seine kraftvollen, auf solider Lebenserfahrungen fußenden Überzeugungen und Erkenntnisse in diesem eindrucksvollen Werk veröffentlicht.
 
Ricardo Diez Hochleitner, Ehren-Präsident des Club of Rome Eberhard von Koerber, Vize-Präsident des Club of Rome
 
Madrid und Zürich, Dezember 2002
I. Neue Prämissen für die Ziele und die Arbeitsweise des Unternehmers

1. Vorwort

In meiner beruflichen Laufbahn habe ich als Unternehmer sehr unterschiedliche Ordnungssysteme in Gesellschaft und Wirtschaft kennen gelernt. Erfolge wie Fehlschläge haben mir dabei vor Augen geführt, dass es angesichts der dramatisch veränderten Existenzbedingungen der Menschen an der Zeit ist, neue Ziele und Wege zu entwickeln. – Freilich kann eine künftige Ordnung nur dann von Bestand sein, wenn sie sich an den Grundsätzen der Menschlichkeit, vor allem aber an dem gewandelten Selbstverständnis der Bürger, orientiert.
Bei der Entwicklung einer neuen Zielsetzung für die Zukunft nutzt uns die Rückschau auf die Vergangenheit relativ wenig. Es kommt vielmehr darauf an, unter den heutigen Bedingungen mit Kreativität, Urteilskraft und Gestaltungsvermögen einen neuen Weg zu finden. – Mir scheint, dass für diese Aufgabe der unternehmerische Mensch die besten Voraussetzungen mitbringt. Denn um erfolgreich zu sein, war der Unternehmer von jeher dazu gezwungen, sich den Wünschen der Menschen anzupassen und auf Veränderungen rasch zu reagieren. Die Marktwirtschaft und der Wettbewerb dulden weder dogmatische Systeme noch Verhaltensweisen, die der menschlichen Wesensart widersprechen. – Ein Beispiel zur Verdeutlichung der geänderten Lebensbedingungen: Früher galt es, im Staat die Tradition zu wahren und die Vorschriften zu erfüllen. Da man Fortschritt im Sinne eines steten Wandels noch nicht als gesellschaftliches Ziel verstand, wurde die Tätigkeit der Beamten auf »Ordnungsmäßigkeit« geprüft. – In unserer Zeit des globalen Wettbewerbs der Ordnungssysteme aber wäre diese Ordnungsmäßigkeit, also die Beibehaltung früher gültiger Gewohnheiten, ein gefährlicher Fehler!

2. Der Markt

Seit Menschengedenken wurde die Erzeugung von Gütern und Dienstleistungen arbeitsteilig gegliedert. Der Austausch von Angebot und Nachfrage erfolgte früher auf dem »Marktplatz«, beziehungsweise durch den »Markt«, wobei die Einführung des Geldes den Tauschprozess erleichterte.
Die Entwicklung von Wissenschaft und Technik führte zur Ausweitung und Verbreiterung des Angebots, und der Markt wiederum wurde durch die Entwicklung der Werbung und den entstehenden Wettbewerb ausgebaut. Die Verbesserung der Kommunikation und der Verkehrsbedingungen erlaubte schließlich eine Ausweitung des einst regionalen Marktes zu dem heutigen globalen Markt.
Die Politik aber erfasste die Bedeutung, die der Markt für den Lebensstandard und die Zufriedenheit der Bürger besitzt, erst relativ langsam, weshalb man lange Zeit glaubte, die nationale Souveränität auch auf die Wirtschaft ausdehnen zu können. – Die wichtigsten nationalen Märkte haben heute jedoch offene Grenzen. Sie haben sich einem freien und globalen Warenaustausch geöffnet.

3. Unsere Kultur im Umbruch

Die gute alte Zeit, in der fast alles seine Ordnung gefunden hatte, liegt weit zurück. Heute führen Meinungsunterschiede über Ziele und Wege nicht nur regional, sondern auch global zu beträchtlichen Differenzen und erbitterten Auseinandersetzungen. Der für die Gemeinschaftsfähigkeit einer Gesellschaft unerlässliche Wertekonsens ist zerbrochen. Egoismen, Machtstreben und Dogmen belasten die internationale Kooperation und haben nicht selten ein Chaos von Streit, Not und Elend, ja sogar die Auflösung der politischen Strukturen zur Folge. – Die Verantwortlichen müssen deshalb begreifen, dass sich die Voraussetzungen und Regeln für stabile Gesellschaftsordnungen und humanes Zusammenleben grundlegend geändert haben!
Die Geschwindigkeit des Umbruchs war schon im 20. Jahrhundert beispiellos. Sie wird sich aber durch die Vermehrung und Verfügbarkeit des Wissens noch weiter beschleunigen! – Während die Menschen ihre Kultur in früheren Zeiten aus den Erfahrungen der Tradition entwickelten, ist uns in dem derzeitigen Wandlungsprozess die Harmonisierung internationaler gesellschaftlicher Regelungen bisher nicht gelungen. In vergangenen Kulturepochen beruhten gesellschaftliche Ordnungen maßgeblich auf den Erfahrungen und dem Gestaltungswillen der Mächtigen, die ihre Ziele im Rahmen hierarchischer Strukturen durchzusetzen suchten. Selbst die für die Gemeinschaftsfähigkeit unerlässliche Werteordnung wurde nach dem Ermessen der Mächtigen vorgegeben! – Solange solche Ordnungen durchgesetzt werden konnten, bestand von Seiten der Machtinhaber kein Änderungsbedarf. Im Gegenteil: Da jegliche Änderungen immer auch Risiken zu bergen schienen, galt die Bewahrung der geltenden Ordnung – insbesondere durch die Pflege der Tradition – als erstrebenswert. – Den Machtinhabern schien diese Gemeinschaftsordnung am ehesten Bestand und Sicherheit zu gewährleisten. – Nach den Interessen der Untertanen wurde nicht gefragt.
Eine solche Herrschaftspraxis hat zum Beispiel in China über lange Zeitperioden Bestand gehabt. Sie setzte allerdings voraus, dass externe und interne Anstöße zu Veränderungen abgewehrt werden konnten, was dank der geografischen Lage Chinas weitgehend möglich war. Unzufriedenheit mit dem Lebensstandard oder etwa das Verlangen nach Fortschritt spielten damals für die Untertanen keine Rolle.
In Europa dagegen gelang es den kulturellen und politischen Führungsschichten nicht immer, ein vergleichbares Ausmaß an Beständigkeit zu gewährleisten. – Vielmehr war es charakteristisch für die europäischen Länder, dass sie inmitten eines sich beschleunigenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Wandels versuchen mussten, unter ständigen Bedrohungen und großer Instabilität zu überleben. Der wiederholte Versuch, mithilfe von Dynastien und gesellschaftspolitischen Dogmen Kontinuität zu sichern, scheiterte immer häufiger an der unzureichenden Führungskompetenz solcher Ordnungssysteme.

4. Eine Zeit neuer Möglichkeiten

Die Vermehrung des Wissens und der technische Fortschritt erlauben es den Menschen heute, einen besseren Lebensstandard zu erhoffen und mehr Freiheit für die persönliche Gestaltung ihres Lebens einzufordern. Über die Umsetzung dieser Ziele wird jedoch ständig und von allen Seiten heftig diskutiert, wobei die Kontroversen häufig durch Interessenpolitik gesellschaftlicher Gruppen gekennzeichnet sind, die Sachlichkeit und Fairness vermissen lassen. – Aber trösten wir uns: Die Herausbildung einer neuen Kultur braucht stets Zeit, und das gilt auch für den augenblicklichen Entwicklungsstand unserer Demokratie und für die Fortschreibung unserer Wirtschaftsordnung!
Inzwischen haben wir aus den leidvollen Erfahrungen, aber auch aus den Erfolgen der vergangenen Jahrzehnte gelernt, dass in allen Lebensbereichen die Kompetenz der Führung der entscheidende Erfolgsfaktor ist. Wenn diese Erkenntnis bei der Entwicklung der heutigen Ordnungssysteme noch nicht ausreichend berücksichtigt wird, so ist dies zwar bedauerlich, aber dennoch sollten wir uns hüten, zu früh mit einer gesetzlichen Festlegung neuer Ordnungen für Gesellschaft und Staat zu beginnen. Denn wie problematisch Dogmen und Inflexibilität tatsächlich sind, können wir derzeit gut in Europa beobachten.
Was wir dagegen jetzt benötigen, ist die Akzeptanz der Europäischen Union und die Befähigung zur Entwicklung wirkungsvoller Führungstechniken, die es ermöglichen, Verantwortung nach unten zu delegieren und von dort neue Impulse auszulösen. – Bei dieser Aufgabe muss bedacht werden, dass die Führungsspitzen unserer gesellschaftlichen Organisationen gegenwärtig aufgrund mangelnder Kompetenz völlig überlastet sind und versagen. Von dort wird deshalb der Anstoß zur Reform kaum kommen. Beispiele aus fortschrittlichen Großbetrieben, aber auch das Beispiel der angelsächsischen Demokratie mit dem politischen Engagement der Bürgergesellschaft können uns als Anregung bei unseren eigenen Überlegungen begleiten!

5. Die Fortschreibung der Führungstechnik

Bei der anstehenden Aufgabe der Entwicklung einer neuen Führungstechnik dürfen wir uns nicht dazu verleiten lassen, durch die Berücksichtigung regionaler oder gruppenspezifischer Interessen Lösungen zu entwickeln, die nicht in erster Linie auf das Wohl der Mehrheit der Menschen ausgerichtet sind. – Da auch in Deutschland Größe und Macht noch eine gefährliche Rolle spielen, muss das Führungspersonal unserer gesellschaftlichen Organisationen aufhören, an hierarchischen Besitzständen festzuhalten. – Dieser Weg ist nicht weiterführend, und das daraus resultierende Versagen könnte verhängnisvoll sein. Monopole taugen weder in der Wirtschaft noch in der Gesellschaft!
Wahrscheinlich wird der Anstoß zur Bewältigung der anstehenden Reformen nicht von der Politik, der Wissenschaft oder den jetzt verantwortlichen Amtsinhabern kommen, sondern von Menschen, die sich durch eigenständiges Denken, Kreativität und Gemeinschaftsfähigkeit auszeichnen. Mit anderen Worten: Es könnte sein, dass wir über die Entwicklung einer dezentral verfassten Bürgergesellschaft auch eine Führungstechnik bekommen werden, die wir für eine lernfähige und funktionsgerechte Führung in Politik und Verwaltung benötigen.
In der Wirtschaft wird der Lernprozess vermutlich schneller erfolgen, weil dort der Wettbewerb größere Zwänge ausübt. Wirtschaftsbetriebe mit überholten hierarchischen Strukturen oder falschen Zielen wie zum Beispiel dem einer ausschließlichen Gewinnmaximierung können die heute notwendige Flexibilität, Einsatzbereitschaft und Kreativität der Menschen nicht mehr auslösen. – Verallgemeinert gilt, dass es Großbetriebe – und dazu zähle ich auch den Staat – bei dieser Reform schwerer haben werden als mittelständische Unternehmen, da bei den Großorganisationen des Staates der Stil kreativer und unternehmerischer Führung meist im Interesse der Gleichheit der Leistungen und der Risikominimierung gewollt reduziert wurde.
Gegenwärtig nimmt man kaum Rücksicht darauf, welche Folgen die politischen Bemühungen um einen Ausgleich der gesellschaftlichen Interessen und die kontrovers ausgetragenen Diskussionen der Gruppenvertreter für die unter sehr unterschiedlichen Bedingungen arbeitende Wirtschaft haben. Die politisch wohlklingende Zielsetzung der »Gleichheit« ist dort weder sach- noch menschengerecht. Auch die Erfindung der runden Tische durch die Regierung – wie zum Beispiel bei der Ordnung des Arbeitsmarktes und des Gesundheitswesens – hat bisher wenig überzeugt. Sie behandelt ja auch nicht die eigentlichen Ursachen der sichtbar werdenden Misere: Man glaubt nämlich mithilfe der Autorität der politischen Führung, das »Richtige« durchsetzen zu können, ohne die unterschiedlichen Ziele und den notwendigen Finanzspielraum zu beachten. – Bald aber wird man einsehen müssen, dass es auch für das Gemeinwohl Grenzen des Möglichen gibt. Dass die Produktivitätsentwicklung der deutschen Wirtschaft und die Steigerung des deutschen Bruttosozialprodukts im europäischen Vergleich einen zunehmend schlechteren Stellenwert ausweisen, sollte schon jetzt zu denken geben!
Vielleicht werden wir erst durch einen Blick ins Ausland begreifen, dass die Vielzahl der Interventionen von Politik und Tarifparteien die Leistungen in Staat und Wirtschaft sowie die Lebensbedingungen der Mitarbeiter nicht verbessern, sondern in Wirklichkeit verschlechtern und dass das Prinzip der Leistungsorientierung und die unternehmerische Führung einer Organisation noch immer das Optimum der Führungstechnik darstellen, die durch laufende staatliche Interventionen gefährlich beschädigt wird! – Wir sollten auch einsehen, dass die im System der politischen Demokratie viel gerühmte Streitkultur in der Wirtschaft mit ihrer auf Erfolg ausgerichteten Zielsetzung ein gravierender Störfaktor ist. In den heute notwendigerweise stark dezentralisierten Unternehmen darf man vor allem die Motivation der Beteiligten nicht beschädigen, da sonst die Anwendung einer dezentralen, unternehmerischen Führung verhindert wird, die auf Motivation, Kreativität und Einsatzbereitschaft basiert und die allein imstande ist, die in der Zukunft immer schwieriger werdenden Aufgaben zu bewältigen. Was wir brauchen, sind Menschen, die sich mit ihrer kreativen Begabung für ihr Unternehmen einsetzen wollen, und diese Einsatzbereitschaft brauchen wir auf allen Ebenen der Führung. Dementsprechend müssen wir uns um die Motivation der Menschen bemühen und dafür sorgen, dass sie sich mit den Zielen der Organisation identifizieren. – Mit der Anwendung der Streitkultur erreichen wir in der Wirtschaft aber genau das Gegenteil! Streitkultur hat ihren Platz im System der politischen Demokratie. Die Führung in einem leistungsorientierten und dem Wettbewerb ausgesetzten Unternehmen braucht dagegen Kooperationsbereitschaft und Identifizierung, aber nicht Streitkultur! – Man könnte meinen, dass wir im staatlichen Bereich aus dem Scheitern der zentralistischen Planwirtschaft in den sozialistischen Ländern nichts gelernt hätten. – Das haben sogar die Länder in der Dritten Welt inzwischen besser verstanden: Sie setzen auf Wettbewerb, Freiraum, Dezentralisierung und unternehmerische Kreativität. – Auch wir sollten von alten Denkgewohnheiten Abschied nehmen. Freilich fordert dies Sachkenntnisse, Aufrichtigkeit und den Mut zu Reformen!
II. Neue Ziele in Staat und Wirtschaft

1. Auf dem Weg zu neuen Zielen

Das ursprüngliche Ziel der Wirtschaft, die Deckung des Bedarfs der Bevölkerung an Produkten und Dienstleistungen, besteht weiterhin unverändert. Und das scheint auch für die Antriebe und Ziele des Kapitals zu gelten. Denn wie eh und je wollen die Kapitalbesitzer heute und wohl auch in Zukunft ihren Reichtum mehren. Im Hinblick auf die Funktion des Kapitals im Unternehmen haben sich jedoch entscheidende Veränderungen vollzogen. Die heute weit verbreitete fälschliche Auffassung über die Führungsrolle des Kapitals stammt noch aus der Zeit der Entstehung großer Vermögen, als im Rahmen der Industrialisierung besondere unternehmerische Leistungen zu gewaltigen Kapitalansammlungen führten. Da sich die meisten Menschen damals kein rechtes Bild von den vielfältigen Funktionen des Unternehmers machen konnten, charakterisierten sie den Unternehmer ganz einfach anhand des leichter zu erkennenden »Reichtums« und bezeichneten ihn als »Kapitalgeber«. Während diese Bezeichnung bei dem Unternehmer tatsächlich noch zutreffend war, ergab sich später mit der Einführung der Kapitalgesellschaft aber eine deutliche Aufspaltung der Funktionen von Führung und Kapitalgeber. Im Zuge der entstehenden Verteilungskämpfe resultierte daraus später die eher unpräzise Bezeichnung von »Kapital« und »Arbeit«. – Dabei dürfen wir aber nicht übersehen, dass der wichtigste Erfolgsfaktor im Unternehmen in Wirklichkeit die Führung ist! – Eine zutreffende Charakterisierung der beteiligten Gruppen müsste deshalb unterscheiden zwischen »Führung«, »Kapital« und »Arbeit« – wobei der Einfluss der Führung heute in den meisten Fällen von größerer Bedeutung ist als der Beitrag der Kapitalgeber mit »Finanzierung« und »Aufsicht«. Gerade in schwierigen wirtschaftlichen Situationen kommt es in erster Linie auf die Befähigung der Exekutive an!
Dieser Sachverhalt lässt sich sehr gut an dem Problem der gesellschaftlich wichtigen Kontinuitätssicherung im Erbfall verdeutlichen. Denn nicht alle nachfolgenden Erben sind in der Lage, die Funktion des Unternehmers zu übernehmen, und nicht selten endet ein solcher Versuch mit dem Untergang des Betriebes. – Deshalb müssen wir zwischen der gestaltenden Tätigkeit des Unternehmers und den heute üblichen Funktionen des Kapitals unterscheiden. Der Beitrag des Kapitals auch als Steuerungsinstrument ist zwar weiterhin von größter Bedeutung, aber es ist der Unternehmer und der unternehmerische Mensch, der den Fortschritt gestaltet.
Die zunehmende Abhängigkeit der Beschäftigten von dem Stil der Führung in den Unternehmen hat im Verlauf des letzten Jahrhunderts zu gravierenden Interventionen der Tarifpartner und des Staates geführt, doch eine sachgerechte und für die Wirtschaft verträgliche Einflussnahme ist daraus bis heute noch nicht entstanden. – Die Unternehmer beklagen die zunehmende Einschränkung ihrer Entscheidungsmöglichkeit und das Ausmaß ihrer finanziellen Belastung, die Gewerkschaften fordern mehr Solidarität und größere Mitbestimmung, und die Politik versucht auf ihre Weise, die Fehlentwicklungen zu beheben, indem sie, etwa im Fall der Lohnnebenkosten, Korrekturen erprobt, deren Qualität ihrer Führungskompetenz kein gutes Zeugnis ausstellt, wie das Beispiel Arbeitsmarkt zeigt. – In Zeiten moderner Kommunikation wäre es ein Leichtes, im Hinblick auf die Grundsätze der staatlichen Finanzierung einen Vergleich mit dem Ausland anzustellen. Aber daran scheinen die politisch Verantwortlichen nicht interessiert zu sein. Sie wollen im Interesse ihres Machterhalts beweisen, dass sie auf dem rechten Wege sind! – Hier muss man in der Tat von einem Systemversagen sprechen – umso mehr, als auch der politische Wettbewerb hierzulande ganz offensichtlich nur unzureichende Sanktionen auslöst.
Angesichts der Stagnation in der Wirtschaft begreift die Öffentlichkeit langsam, dass die Vielzahl der Interventionen von Politik und Tarifparteien die Leistungen in Staat und Wirtschaft nicht verbessert, sondern in Wirklichkeit erschwert! – Politik, Staat und Tarifpartner müssen begreifen, dass die unternehmerische Führung einer Organisation noch immer das Optimum der Führungstechnik darstellt. Wenn diese Führungsform in unserer Zeit zur Unternehmenskultur fortgeschrieben wird, werden wir bei allen Beteiligten das Engagement und die Identifizierung erreichen, die uns befähigen können, dem globalen Wettbewerb standzuhalten und wieder einen Spitzenplatz im internationalen Ranking einzunehmen. – Im Rahmen der Unternehmenskultur ist auch die sachgerechte Einbindung der Stakeholder sehr viel leichter und wirksamer zu erreichen als mit der Hilfestellung der Politik am runden Tisch.

2. Die Folgen eines neuen Menschenbildes

Mit dem Markt und den wirtschaftlichen Produktionsbedingungen veränderte sich im Lauf der letzten zwei Jahrhunderte auch das Selbstverständnis der Menschen. Die Verbesserung des Lebensstandards und der Bildungsmöglichkeiten verstärkte den Wunsch nach mehr Freiheit und einer eigenständigen Gestaltung des Lebens. Die überlieferten und offensichtlich unzureichenden Reformversuche der alten Obrigkeit und die Missstände der kapitalistischen Wirtschaftsordnung warfen immer wieder die Frage nach einer humaneren und gerechteren Gesellschaftsordnung auf. Bei den daraus resultierenden Denkansätzen bestätigte sich allerdings die geschichtliche Erfahrung, dass die Herausbildung neuer gesellschaftlicher Ordnungen einen Reifeprozess von Jahrhunderten benötigt.
Auch in unserer Zeit erstreben die Menschen einen höheren Lebensstandard, mehr Gerechtigkeit und die Chance, ihr Glück zu versuchen. Angesichts der allgemeinen Stagnation und der Missstände in der Führung sind sie nicht mehr mit Versprechungen zu trösten. Sie wollen am Fortschritt teilhaben und Ergebnisse sehen! Das bisherige Ziel der »Ordnungsmäßigkeit« ist überholt und entspricht nicht mehr den Notwendigkeiten und Möglichkeiten. – Die Bürger erwarten Reformen, die ihnen gestatten, sich am öffentlichen Leben zu beteiligen, selbst Einfluss auszuüben und Verantwortung zu übernehmen. Die Konzepte von Demokratie und Marktwirtschaft beinhalten zwar diese Ziele, ihre Verwirklichung ist aber noch relativ wenig vorangekommen. Denn statt Dezentralisierung und Deregulierung zu fördern, versuchen die Verantwortlichen in Staat und Wirtschaft derzeit noch immer, sich durch den Hinweis auf Erfolge in der Vergangenheit zu rechtfertigen. Sie haben die neuen Möglichkeiten offensichtlich noch gar nicht verstanden und befürchten, dass Reformen mit Machtverlust verbunden sein könnten! Entsprechende Vorschläge, die häufig aus der unteren Zuständigkeitsebene kommen, werden deshalb eher als Störung der Ordnungsmäßigkeit unterdrückt. – Sollten im Laufe des 20. Jahrhunderts aus Revolutionären schon wieder Besitzstandswahrer geworden sein?
Im Folgenden sollen Probleme angesprochen werden, die überfällig sind und dringend einer Lösung bedürfen. Der Anfang muss dabei mit einer Untersuchung unserer gesellschaftlichen Ziele und der Führungssysteme gemacht werden. Stimmen diese Ziele noch mit den Erwartungen der Menschen überein, und entspricht ihre Umsetzung den heutigen Möglichkeiten moderner Führungstechnik und Arbeitsweise?
Viele Bundesbürger erwarten heute nicht nur die üblichen staatlichen Dienstleistungen. Unter dem Einfluss staatsgläubiger Politiker haben sie sich daran gewöhnt, dass ihr Lebensstandard steigt und die staatlichen Leistungsbeiträge ständig ausgeweitet werden – bei sinkender persönlicher Belastung. Der ursprünglich als »Solidarität« bezeichnete Hilfsanspruch geht inzwischen so weit, dass man ein auskömmliches Leben auch mit einem Minimum an Schwarzarbeit bestreiten kann, wohingegen der Begriff der »Subsidiarität«, der Selbsthilfe und Eigenverantwortung, aus unserem Sprachgebrauch fast verschwunden ist. Die Folgen dieses falschen Sozialverständnisses verspüren wir in Deutschland augenblicklich an den leeren Kassen, der Stagnation des Bruttosozialprodukts und einer immer weiter um sich greifenden Arbeitslosigkeit.
Diese Situation ist nun nicht schicksalhaft bedingt, sondern zurückzuführen auf eindeutiges Versagen der politischen Führung! – Eine Demokratie muss sich zwar um das Wohl der Bürger kümmern, aber nicht in der Art, dass sie sich zur Handlungsunfähigkeit verurteilt!
Am Beispiel der Demokratie in den USA kann man ein anderes politisches Konzept besonders treffend beobachten. Die Amerikaner sagen aus Überzeugung: »So wenig Staat wie möglich.« Dafür sind die Bürger aber bereit, die öffentlichen Angelegenheiten, soweit es in ihren Kräften steht, gut und vor allem in ihrem eigenen Sinne zu ordnen. Diese Form der Demokratie, bekannt unter dem Namen »Bürgergesellschaft«, ist flexibler und effizienter: Mithilfe laufender Befragungen wird der Zufriedenheitsgrad der Bürger ermittelt, und je nachdem, wie das Ergebnis ausfällt, werden dann die entsprechenden Konsequenzen gezogen. Die Bereitstellung staatlicher Dienstleistungen erfolgt zu Wettbewerbsbedingungen und steht auch privater Konkurrenz offen. – Dieses völlig andere Demokratieverständnis hat zur Folge, dass in den USA bei sehr viel niedrigeren Steuersätzen der Wohlstand der Gesellschaft und die Produktivitätsrate der Wirtschaft wesentlich schneller wachsen können. Es nimmt nicht wunder, dass die US-Bürger stolz auf ihre in hohem Maße selbst gestaltete Demokratie sind, während die deutschen Bürger angesichts der verbreiteten Missstände in ihrem Staat eher zur Verzweiflung neigen.
Fassen wir das Resultat dieser Betrachtung zusammen, so ergibt sich die Forderung, dass sich auch in Deutschland das Verständnis von Demokratie verändern muss. – Demokratie gibt es nun einmal nicht umsonst! Demokratisches Bürgerverhalten muss von der politischen Führung gefordert und durchgesetzt werden. Alle Bundesbürger, auch die Hilfsbedürftigen und Arbeitslosen, müssen nach ihren Kräften Verantwortung übernehmen und Leistung erbringen! Indem wir die Grundlagen der Bürgergesellschaft wieder erlernen, gelangen wir zu einer besseren und »schlankeren« Demokratie, die eine erfolgreiche Alternative zu der jetzigen Praxis wäre, ständig unhaltbare Wahlversprechungen zu machen und den politischen Gegner zu verunglimpfen. Jedenfalls bin ich überzeugt davon, dass ein derart erneuerter demokratischer Stil auch in unserem Lande durchführbar ist und von den Wählern honoriert werden würde!
Ähnliches gilt auch für den wirtschaftlichen Bereich. Die Arbeitsverfahren in der Wirtschaft verlangen heute die Aufgabe des überlieferten hierarchischen Führungsstils, denn nur eine dezentrale Organisation, die sich auf die Motivation und Einsatzbereitschaft ihrer Mitarbeiter stützt, stellt im Hinblick auf Menge, Qualität, Kosten und Flexibilität die beste Form der Leistungserbringung dar. Heutzutage nämlich wollen die zur Eigenständigkeit erzogenen Menschen nicht mehr nur Befehlsempfänger sein. Vielmehr sind sie bereit, Verantwortung zu übernehmen und selbst zum Erfolg beizutragen. Wir sollten also versuchen, die überlieferten hierarchischen Strukturen hierzulande aufzubrechen und uns dabei das amerikanische Modell der Bürgergesellschaft zum Vorbild zu nehmen. – Ich selbst habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass das nicht nur möglich, sondern auch viel erfolgreicher ist! – Denn die Gewissheit, einen persönlichen Beitrag zum Erfolg geleistet zu haben, verleiht unseren Mitarbeitern ebenso wie den Bürgern deutlich mehr Zufriedenheit und erlaubt es ihnen, einen Sinn in ihrer Arbeit zu sehen.

3. Die Legitimation zur Führung