Die Ise-Füchse - Miriam Burdelski - E-Book

Die Ise-Füchse E-Book

Miriam Burdelski

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Beschreibung

In der Ziegenschule steht der alljährliche Schulbasar an. Allerdings gäbe es viel mehr Zeit sich darum zu kümmern, wenn die Wilden Wölfe, die Jungsbande aus der Klasse 2b, nicht ständig die Mädchen ärgern würde. Was bleibt einem da anderes übrig, als selbst eine Bande zu gründen? Madita, Lara, Bella, Sarah und Lotte jedenfalls lassen sich das nicht länger gefallen und gründen Die Ise-Füchse. Wenn dann auch noch ein neuer Lehrer ins Spiel kommt, der mit den schuleigenen Ziegen Fußball spielt, gerne auf dem Kopf steht und auch sonst noch viele chaotische Sachen macht, dann kann das Schulleben tatsächlich ganz lustig sein. Wäre da nicht die furchtbare Sophia aus der 3a, die ständig die Mädchen auf dem Schulhof schikaniert. Und das Baumhaus der Wilden Wölfe, das spätestens im Herbst, wenn alle Blätter fallen, von allen entdeckt werden wird. Und was hat das alles mit dem alten Bootshaus am Kanal zu tun? Als Die Ise-Füchse dann auch noch das Licht einer Taschenlampe im sonst dunklen Schulgebäude entdecken, kommen sie einem Diebstahl auf die Spur, der sie in eine abenteuerliche Verfolgungsjagd führt. Und wer hätte gedacht, dass ausgerechnet die Wilden Wölfe ihnen zu Hilfe kommen?

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Seitenzahl: 142

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Über die Autorin und das Projekt

Miriam Burdelski studierte Germanistik, Geschichte und Kunst auf Lehramt in Hamburg und Venedig. Nach ihrem Studium arbeitete sie als freie Fotografin u. a. für Entwicklungshilfeprojekte im In- und Ausland.

Mit der Geburt ihrer eigenen Kinder (Oscar 2011, Ala 2013) begann sie wieder vermehrt zu schreiben, und seit 2018 leitet sie den Kurs "Kinderbuch schreiben" für Schüler der Schule an der Isebek in Hamburg. Im Rahmen dieses Kurses und unter großer Mithilfe der Kurskinder entstand der erste Band der "Ise-Füchse"- Reihe.

Mehr zu dem Projekt untermiriamburdelski.com

Mehr über die Illustratorin Lotta Katrine Meyer unter

http://www.lottameyer.com/

instagram@lottakatrinemeyer

Bella

Ist die Bandenchefin der Ise-Füchse und ein bisschen in Fynn verliebt.

Sarah

Ist das sportliche Supertalent der Ise-Füchse.

Madita

Ist die Rechenkönigin der Ise-Füchse.

Lara

Ist die Tierliebhaberin der Ise-Füchse.

Lotte

Ist das mutigste Mädchen der Ise-Füchse.

Jess

Wäre gerne bei den Ise-Füchsen, landet aber am Ende bei den Wilden Wölfen.

Fynn

Bandenchef der Wilden Wölfe, kann Schlösser knacken, klettern und super schnell rennen.

Ottilia

Fynns kleine Schwester – geht niemals ohne Rucksack aus dem Haus.

Pius

Hund von Fynn und Ottilia – würde die Kinder am liebsten den ganzen Tag auf Schritt und Tritt begleiten.

Die Wilden Wölfe

Das sind Matti, Ben, Maximilian und Bandenchef Fynn. Sie haben ihre Bande bereits in der ersten Klasse gegründet, sind die besten, treuesten und wildesten Freunde überhaupt. Sie können klettern, schnitzen, schwimmen wie die Weltmeister und wenn es darauf ankommt, extrem schnell rennen; sie können aber auch besonders gut die Mädchen ihrer Klasse ärgern.

Joona

Joona geht auch in die 2b und ist in keiner Bande. Für Joona spielt das aber auch überhaupt keine Rolle. Er liebt nur Fußball. Wenn es nach ihm ginge, bräuchte man auch keine Schule. Den ganzen Tag Fußball spielen würde ihm genügen. Er ist außerhalb der Wilden Wölfe Fynns bester Freund.

Die Ziegenschule

Es wird gemunkelt, es würde sie wirklich geben, aber wer bei der Hamburger Schulbehörde nachfragt, wird erfahren, dass keine Schule in ganz Hamburg so heißt. Es bleibt dann wohl ein Geheimnis. Es wäre aber wirklich toll, wenn es sie geben würde, denn sie ist ziemlich großartig. Ihr Schulhof grenzt direkt an einen mit Bäumen umsäumten Kanal, der Wein, der sich am Schulgebäude hochrankt, verfärbt sich im Herbst blutrot. Es gibt echte Ziegen, die in dieser Geschichte sogar Fußball spielen können, einen Bienenstock, einen Schulgarten mit echtem Gemüse und einen Dachboden, auf dem man klettern, toben und ganz wunderbar spielen kann – und das ist sogar ein eigenes Unterrichtsfach.

Um die Ziegen dürfen sich die Schulkinder im Übrigen selber kümmern. Sie müssen gefüttert und mit frischem Wasser versorgt werden, ihr Gehege gefegt und ihr Fell gebürstet werden. Klingt schön für eine Schule mitten in der Stadt? Finde ich auch.

Frau Fink

Ist die Lehrerin der Klasse 2b an der Ziegenschule. Sie wird von den Schülern wahnsinnig geliebt. Das liegt wohl an ihrem fröhlichen Charakter, ihrem Kopf voller Ideen und ihrer Liebe zu ihrem Beruf. Frau Fink gibt es natürlich nicht in echt. (Oder vielleicht heißt sie da nur einfach anders?)

Herr Schlüsselbein

Herr Schlüsselbein ist der neue Sportlehrer der Schule. Er ist wirklich witzig. Und er macht ziemlich oft Dinge, die nicht so ganz erlaubt sind. Die Kinder finden ihn trotzdem super.

Sophia von Hellenkamp

Sophia geht in die 3a, trägt immer die teuersten Klamotten, liebt Glitzer, Perlen und Strass-Steine. Sie tritt selten ohne ihre beste Freundin Lia auf, und auf dem Schulhof ist es ihre Lieblingsbeschäftigung, Mädchen aus den unteren Klassen zu schikanieren.

Konstantin von Hellenkamp

Ist Sophias Vater. Er hat eine große Baufirma und immer sehr viel Geld verdient. Deshalb können sie sich auch eine riesige Wohnung in der Isestraße und mehrere Autos leisten.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapital 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Jungs sind einfach überflüssig. Man fragt sich wirklich, warum sie zuhauf diese Erde bevölkern. Und diese Stadt. Und diese Klasse. Die in der Klasse sind am schlimmsten. Fynn und die Wilden Wölfe – wie sie sich nennen. Wie kann eine Bande einen so uncoolen Namen haben? Die Wilden Wölfe, wo sind wir denn hier? Bei den Indianern?

Fynn ist der Schlimmste von allen. Wie er da steht, mit seinen Locken und immer in kurzer Hose. Was soll das? Findet er das cool? Bald ist November und der läuft herum wie im Hochsommer und hat ständig seine Jungs um sich geschart. Ben, Matti und Maximilian – die Wilden Wölfe. Einer alberner als der andere. Aber man kann sich seine Klasse nicht aussuchen. Seine Lehrer übrigens auch nicht.

***

„Bella? Bella, hast du zugehört?“

Frau Fink stand direkt vor ihrem Tisch und sah auffordernd zu ihr herunter. Bella sah Hilfe suchend zu Madita herüber, aber die brütete schon wieder unaufgefordert über ihren Matheaufgaben. Warum musste die ständig irgendetwas rechnen, anstatt ihr jetzt zu helfen? Vor dem Fenster fielen die ersten Blätter von den Bäumen. Wäre es nicht so grau und regnerisch, hätte es fast schön ausgesehen.

„Entschuldigung“, murmelte Bella.

Fynn flüsterte mit Maximilian und kicherte. In der Pause würde sie es ihm heimzahlen. Ständig hatte sie das Gefühl, er würde sie auslachen. Sie versuchte Blickkontakt zu vermeiden und sah schnell wieder zu Frau Fink auf.

„Ich habe gerade erzählt, dass Herr Neuwart auf eine Fortbildung gehen wird. Ihr werdet also für ein paar Monate einen neuen Sportlehrer bekommen.“

Sie wandte sich ab und ging zurück zur Tafel. Auch das noch, dabei war Herr Neuwart nicht zu ersetzen. Wer sollte denn da jetzt als Ersatz kommen, der auch nur ansatzweise mit ihm mithalten konnte?

„Herr Neuwart geht?“, erkundigte sich Madita flüsternd.

Immerhin hatte die anscheinend auch nicht zugehört. Sie schob schweren Herzens ihre Mathe-Knobel-Aufgaben auf die Seite und versuchte sich unauffällig so weit nach hinten zu lehnen, dass sie fast gegen den Tisch von Lara und Sarah stieß.

„Herr Neuwart geht?“, fragte sie noch einmal.

„Weißt du, Madita, wenn du etwas weniger rechnen und etwas mehr zuhören würdest, dann wüsstest du jetzt, wovon geredet wird“, bemerkte Lara und strich sich die roten Haare aus dem Gesicht. „Er geht nicht wirklich, nur für ein paar Monate,“ fügte sie versöhnlich hinzu.

„Mädels, Ruhe!“, ermahnte Frau Fink sie. „Ihr müsst jetzt echt mal konzentriert zuhören, denn wir haben noch einige organisatorische Dinge zu besprechen. Der Schulbasar steht an und wir haben in zwei Wochen Ziegendienst.“

***

„Machen wir Ziegendienst zusammen?“, erkundigte Sarah sich und versuchte mit dem Bleistift Bella am Rücken zu erwischen, die direkt vor ihr saß. Es wäre einfacher, ihre Aufmerksamkeit zu bekommen, wenn Bella nicht andauernd heimlich zu Fynn hinüberstarren würde.

„Bella“, flüsterte sie noch einmal.

„Machen wir Ziegendienst zusammen?“

Bella blickte sich erschrocken um.

„Warum piekst du mich?“, fragte sie entrüstet.

„Weil du schon wieder nur Augen für Fynn hast“, seufzte Sarah.

„Das stimmt doch gar nicht“, zischte Bella zurück. Madita neben ihr verdrehte nur die Augen.

„Okay, wir vier, Ziegendienst?“, fasste sie zusammen und sah zwischen den anderen hin und her.

„Nicht ohne Lotte“, fügte Sarah hinzu.

„Sie ist bestimmt nächste Woche wieder gesund.“

Die vier nickten einstimmig.

***

Die restliche Stunde wurde nur noch über den bevorstehenden Basar gesprochen. Was sie basteln und vorbereiten würden, für welchen guten Zweck die Einnahmen gespendet werden sollten. Die Wilden Wölfe schlugen Ziegenrennen, Schleim werfen und den Mädchen die Schuhe klauen vor – alles wurde mit ziemlich großer Mehrheit abgelehnt. Die vier Jungs allerdings lachten sich kringelig.

Frau Fink ließ die Mappe sinken, die sie gerade von Herrn Neuwart entgegengenommen hatte. Im Lehrerzimmer herrschte ein ziemliches Stimmengewirr. Innerhalb der nächsten Stunden musste eine Entscheidung gefällt werden, wer die Vertretung von Herrn Neuwart und somit der neue Sportlehrer der 2b werden sollte.

„Gefällt er dir nicht?“, erkundigte sich Herr Neuwart und warf noch mal einen Blick auf die Mappe. Frau Fink nahm einen Schluck ihres Kaffees.

„Ich weiß nicht“, murmelte sie. „Er soll schließlich der Sportlehrer meiner Klasse werden und ich weiß, dass es ihnen eh schon schwerfallen wird, dass du für ein paar Monate nicht da sein wirst.“

Herr Neuwart fühlte sich kurz geschmeichelt. Dann nahm er noch mal die Mappe mit der Bewerbung in die Hand und schlug die erste Seite auf. Über dem dort sorgsam getippten Lebenslauf klebte eine Fotografie. Das Bild eines sehr sportlichen, gut aussehenden jungen Mannes, mit dunklen Haaren und haselnussbraunen Augen, einem freundlichen Lächeln und einem jugendlich flackernden frechen Glitzern in den Augen.

„Ist er dir zu hübsch?“

Frau Fink lachte.

„Nein, es ist mir egal, wie er aussieht. Mir ist wichtig, dass die Kinder ihn mögen, und irgendetwas an ihm stört mich.“

„Also doch zu hübsch“, grinste Herr Neuwart und schlug die Mappe wieder zu.

Als nur ein paar Minuten später über die Bewerber abgestimmt wurde, siegte der attraktive junge Mann mit allen Stimmen, bis auf eine – die von Frau Fink. Sie stimmte nicht dagegen, sondern enthielt sich. Irgendetwas störte sie. Und nichts war ihr wichtiger, als für ihre Klasse die beste Vertretung zu wollen.

***

Bella und Madita saßen auf der Bank vor dem Ziegengehege und sahen den Jungs beim Fußball zu.

„Magst du ihn?“, erkundigte sich Madita. Bella tat so, als hätte sie ihre Freundin nicht verstanden.

„Was?“

„Ob du ihn magst? Fynn?“

Madita deutete mit dem Kopf in Richtung Fußballfeld. Fynn stand in der Nähe des Tores und lachte mit Ben. Bella zuckte mit den Schultern.

„Irgendwie weiß ich es nicht so genau“, begann sie.

„Kann ja sein, dass er alleine ganz nett ist, aber seine blöden Wilden Wölfe gehen mir auf die Nerven. Gestern habe ich fast eine halbe Stunde nach meinen Hausschuhen gesucht. Sie hatten sie hinter die Tafel gesteckt. Das nervt“, murrte Madita.

„Sie nerven alle“, stimmte Bella ihr zu.

„Guck mal, dahinten ist Sophia, lass uns abhauen“, bemerkte Madita und griff nach ihrer Jacke.

Bella blickte auf. Sophia kam schnurstracks auf sie zu. Die langen Haare wippten in einem Pferdeschwanz, ihre Jeans glitzerte an den Knien, genau wie ihre Fellstiefel. Sophia aus der 3a war das meist gefürchtete Mädchen der Schule. Wer nicht zu ihrem auserwählten Freundeskreis zählte, hatte nichts zu lachen. Ihr ganzes Leben schien aus Luxusgütern zu bestehen. Das teure Fahrrad, die Glitzerschuhe, die unendliche Anzahl an Kleidungsstücken.

„Madita?“, Bella griff nach ihrer Jacke und sah sich hilflos um. Wie auch immer sie das gemacht hatte, Madita war verschwunden.

„Das ist meine Bank“, bemerkte Sophia und stellte sich direkt vor Bella auf.

„Kannst du gerne haben“, erwiderte Bella.

Sophia ließ sich darauf nieder, und direkt tauchte ihr Schatten Lia auf. Lia und Sophia, die Unzertrennlichen. Flanierten über den Schulhof, als ob er ihnen allein gehören würde. Bella wollte nach ihrem Schal greifen, aber er fiel ihr zu Boden. Sophia stellte demonstrativ ihren dreckigen Stiefel darauf.

„Ups“, flötete sie nur und blickte Bella mit einem kalten Lächeln an.

„Geh da runter“, versuchte Bella bestimmt zu sagen, aber heimlich suchte sie den Schulhof aus den Augenwinkeln nach Hilfe ab.

„Was?“, fragte Sophia spöttisch. „Ich hab dich nicht verstanden.“

„Geh da runter“, wiederholte Bella, aber es klang nicht besonders einschüchternd. Sophia hob den Stiefel, aber bevor Bella sich bücken und nach dem Schal greifen konnte, hatte sie ihren Stiefel bereits auf einer anderen Stelle wieder abgesetzt und hinterließ den zweiten dunklen Matschfleck.

„Du sollst da runter gehen, hast du nicht gehört?“

Bella sah sich um. Das war nicht ihre Stimme, die da so resolut sprach, sondern die von Fynn. Er stand einfach nur da, im Gefolge der Wilden Wölfe. Sophia hob eingeschüchtert ihren Stiefel und lächelte dann liebevoll.

„Oh, das war aus Versehen“, flötete sie. Die Wilden Wölfe verzogen keine Miene.

„Pass auf, dass dir das nicht noch mal aus Versehen passiert“, warnte Ben und kickte einen kleinen Stein ins Ziegengehege.

Dann drehten sie sich grußlos um und verschwanden wieder auf dem Fußballfeld, als sei nie etwas vorgefallen.

Bella klemmte sich den zusammengeknüllten Schal unter den Arm und rannte so schnell sie konnte die Treppe zum zweiten Stock hoch. Aber als sie den anderen davon berichten wollte, klingelte es bereits und sie nahmen alle an ihren Tischen Platz.

„Alles gut?“, erkundigte Madita sich.

„Ja, wo bist du gewesen?“, flüsterte Bella.

Madita zuckte bloß mit den Schultern und kramte schnell das geforderte Matheheft aus ihrem Ranzen.

Lotte lief zwischen den ganzen schick gekleideten Erwachsenen hin und her, die erleichtert lachend mit Sekt anstießen und sie kaum beachteten. Auf einem langen Tisch war ein Buffet aus lauter Köstlichkeiten angerichtet, und sie war auf dem Weg dorthin, in der Hoffnung, dort einen Schokomuffin zu ergattern und dann den direkten Weg die kleine Treppe hinunter in den Garten zu nehmen. Ständig vernahm sie Gratulationswünsche fremder Menschen, bis auf einmal aus dem Nichts ihre Mutter vor ihr auftauchte.

„Hey, hey!“, rief diese fröhliche und stellte sich ihr in den Weg. „Alles gut bei dir? Hast du auch ein bisschen Spaß?“

„Ja, total“, erwiderte Lotte und es klang nicht so überzeugend, wie es sollte.

Sie hielt Ausschau nach ihrer kleinen Schwester, aber die war nirgends zu entdecken. Manchmal war es ja sogar schöner, mit der kleinen Schwester Muffins im Garten zu essen als ganz alleine.

„Stell dir vor“, fuhr ihre Mutter mit glücklich geröteten Wangen fort, „ich bin jetzt eine richtige Lehrerin! Ich muss nie wieder für eine Prüfung lernen. Und bald werden wir beide sogar an derselben Schule sein!“

Sie strahlte so sehr, dass Lotte automatisch mitstrahlen musste, obwohl ihr noch nicht klar war, ob sie sich wirklich darüber freute, dass ihre Mutter ausgerechnet an der Ziegenschule ihren neuen Job als Lehrerin anfangen musste. Gab es nicht genug andere Schulen in Hamburg? Was, wenn sie als Lehrerin total streng war und die anderen Kinder anfangen würden über sie zu reden? Oder wenn sie Pausenaufsicht hatte und sah, dass Lotte und die anderen manchmal heimlich Schokoladenkekse aßen, die sie in einer alten Blechdose unter dem Bambus versteckt hatten. Herr Neuwart hatte sie schon einmal dabei entdeckt, aber zum Glück verschwörerisch einen Finger auf die Lippen gelegt und sein Stillschweigen signalisiert.

Ach, Herr Neuwart, was hatte Bella ihr erzählt? Dass Herr Neuwart für ein paar Monate weg sein würde und es eine Vertretung geben würde? Dann war das doch mal eine gute Wendung, dass auch ihre Mutter jetzt Teil des Kollegiums war. Sie würde bestimmt relativ bald wissen, wer und vor allem wie der neue Lehrer so war.

***

Sophia nahm ihre Jacke vom Garderoben-Haken und sah sich um. Niemand beobachtete sie. Sie ließ die Hand mit der Jacke langsam sinken und griff in die Jackentasche. Vorsichtig zog sie eine kleine Papiertüte heraus. Als es knisterte, sah sie sich erschrocken um. Sie war immer noch allein. Hungrig öffnete sie die Tüte und biss zwei Mal mit großen Bissen von ihrem Brötchen ab. Die Tüte war so unscheinbar wie das trockene Brötchen darin. Dabei hatte sie immer die vollsten und tollsten Brotdosen von allen gehabt. Zu Sternen ausgestochene Melonenstückchen, Erdbeeren auch im Winter, feines Gebäck, kleine Häppchen mit norwegischem Lachs.

Sophia sah sich noch einmal um. Dann steckte sie die knisternde Tüte zurück in die Jackentasche, wischte sich einmal über den Mund, um die verdächtigen Krümel verschwinden zu lassen, und verließ hoch erhobenen Hauptes den Flur der dritten Stufe.

***

Lotte hingegen verschwendete keinen Gedanken an trockene Brötchen. Sie hatte sich vorsorglich gleich drei Schokomuffins vom Buffet stibitzt und es sich damit im Garten gemütlich gemacht. Die kleine Feier für die neugebackenen Lehrer fand in einem Café nah der Schule statt. Von hier hatte man einen guten Blick auf den jetzt von herbstlichem Laub umsäumten Isebekkanal, die Hundewiese, auf der gerade ein kleines Fellknäuel ununterbrochen kläffte, und den Kletterbaum, den sie alle als kleinere Kinder so geliebt hatten. Wie stolz man damals war, wenn man die unteren Äste erreichen konnte, und wie man sich von Jahr zu Jahr höher hinaufgetraut hatte. Höher und höher, Lottes Blick glitt an dem Baum hoch, bis sie stockte. Was war das denn?

Sie legte ihren Muffin zur Seite und sah noch mal zu dem Baum hinüber. Die Baumkrone war noch immer sehr dicht, das Laub fiel erst langsam von den Bäumen, aber da oben war ganz klar etwas, was dort nicht hingehörte. Etwas, was da im letzten Winter ganz sicher noch nicht gewesen war.

***

Frau Fink schrieb den letzten Vorschlag mit den Ideen für den Schulbasar an die Tafel und sah sehr zufrieden aus.

„Ach, ihr seid schon eine kleine Chaoten-Klasse“, lachte sie. „Aber eure Köpfe sind voll mit wunderbaren Ideen.“

Sie legte die Kreide zurück und trat an ihr Pult.

„Ach Madita“, seufzte Sarah, „kannst du nicht einmal etwas machen, was normale Kinder auch machen?“

Madita sah sich um.

„Was mach ich denn?“, erkundigte sie sich.