Die Krebsflüsterin - Sophie Sabbage - E-Book

Die Krebsflüsterin E-Book

Sophie Sabbage

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  • Herausgeber: Irisiana
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Die Botschaften des Krebs verstehen, um ihn zu überwinden

»Die Krebsflüsterin« ist bewegendes Memoir und praktischer Ratgeber zugleich. Die Autorin beschreibt ihren außergewöhnlichen Weg, der sie in nur wenigen Monaten von der Diagnose Krebs im Endstadium zu einer umfassenden Heilung geführt hat. Sie stellt unsere Sichtweise auf die Krankheit als unseren Feind auf den Kopf, indem Sie zeigt, wie wir auf den Krebs hören können, um emotionale und spirituelle Heilung zu erlangen. Aus ihrer eigenen Erfahrung heraus hat sie einen gut strukturierten, praktischen Sieben-Schritte-Kompass erstellt, der jedem Betroffenen eine wichtige Hilfestellung auf dem Weg emotionaler und mentaler Heilung bietet.

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Seitenzahl: 282

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Sophie Sabbage

Die Krebsflüsterin

Wie Krebs das Leben heiltDer 8-Schritte-Kompass für einen selbstbestimmten Umgang mit der Krankheit

Aus dem Englischen von Ulrike Kretschmer

Die Informationen in diesem Buch sind von Autorin und Verlag sorgfältig erwogen und geprüft, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autorin bzw. des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.Alle Rechte vorbehalten. Vollständige oder auszugsweise Reproduktion, gleich welcher Form (Fotokopie, Mikrofilm, elektronische Datenverarbeitung oder andere Verfahren), Vervielfältigung und Weitergabe von Vervielfältigungen nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Copyright © by Sophie Sabbage 20151. Auflage

© 2016 der deutschsprachigen Ausgabe by Irisiana Verlag, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Sven Beier

Umschlaggestaltung: Geviert, Grafik & Typografie

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN: 978-3-641-19800-8V001

Inhalt

Heiliges Land

Vorwort

Einführung

1 Der Kompass

2 Zurechtkommen

3 Die Krankheit verstehen

4 Ziele setzen

5 Den Körper stabilisieren

6 Den Geist klären

7 Die Behandlung bestimmen

8 Tanz mit der Trauer

9 Die Schale öffnen

10 Die beste Medizin

Anhang

Danksagung

Haftungsausschluss

In diesem Buch werden gesundheitliche Fragen und medizinische Probleme diskutiert, insbesondere verschiedene Behandlungen im Zusammenhang mit Lungenkrebs im Spätstadium. Das Buch kann und will professionellen ärztlichen Rat jedoch keinesfalls ersetzen. Alle Bücher, die ich empfehle, und alle Links zu Webseiten unterstützen meine eigenen Recherchen, sind aber nicht als Empfehlungen hinsichtlich Ihrer Gesundheit gedacht. Ich bin keine Ärztin. Haben Sie Fragen zu einem gesundheitlichen Problem, wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder einen anderen medizinischen Berater. Zudem möchte ich Sie darauf hinweisen, dass ich keinerlei Verantwortung für die medizinischen Entscheidungen übernehmen kann, die Sie nach der Lektüre dieses Buches treffen. Bitte ziehen Sie Ihren Arzt zurate, bevor Sie jedweder Empfehlung in diesem Buch folgen.

Das Modell »Principle of False Cause«: Copyright © Dr. K. Bradford Brown. 1984. Alle Rechte vorbehalten.

»The Purpose Process« (Die Zielstrategie): Copyright © Dr. K. Bradford Brown. 1990. Alle Rechte vorbehalten.

»The Clarity Process«: Copyright © Dr. K. Bradford Brown. 1984. Alle Rechte vorbehalten.

»The Compass Model« (Das Kompassmodell): Copyright © Sophie Sabbage, 2015. Alle Rechte vorbehalten.

»The Regret Process« (Der Reueprozess): Copyright © Sophie Sabbage, 2015. Alle Rechte vorbehalten.

Für meinen Seelenfreund John Sabbage und unsere lebensfrohe Tochter Gabriella – die beste Medizin.

Und für den verstorbenen Dr. K. Bradford Brown, der mich gelehrt hat, das Ungewollte mein Leben heilen zu lassen.

»Außergewöhnliche Patienten weigern sich, Opfer zu sein. Sie informieren und bilden sich und werden zu Spezialisten ihrer Erkrankung. Sie fragen und hinterfragen ihren Arzt, weil sie ihre Behandlung verstehen und daran teilhaben wollen. Sie wollen geachtet und als Mensch gesehen werden und die Kontrolle haben, wie auch immer ihre Krankheit verlaufen mag.«

Dr. med. Bernie S. Siegel

Heiliges Land

Sophie Sabbage

Es gibt einen Ort auf der Karte,

wo die Karte endet.

Keine Wegweiser, keine Fremdenführer;

keine Sprache, die man übersetzen könnte,

keine Städte mit ordentlichen Namen.

Es gibt einen Ort auf dem Weg,

wo der Weg endet.

Keine Vermutungen, keine Prämissen;

keine Philosophien, denen man folgen könnte,

keine Propheten, denen man gehorchen könnte.

Es gibt einen Ort am Horizont,

wo der Horizont endet.

Keine Sonnenuntergänge, die die Tage beschließen;

keine Gezeiten, die die Zeit anbinden,

keine Grenzen zum Überschreiten.

Es gibt einen Ort auf dem Planeten,

wo der Planet endet.

Keine Länder, keine Bünde;

keine Gesetze, an die man sich halten könnte,

keine Ansichten, die man vertreten könnte.

Es gibt einen Ort auf der Karte,

wo die Karte endet.

Dort sind die Straßen aus Licht gemacht.

Dort stehen alle Zeichen verlässlich auf Nord.

Dort herrscht Offenbarung.

Vorwort

von Dr. Francisco Contreras

Leiter des Oasis of Hope Hospital, Tijuana, Mexiko

Ich absolvierte meine Ausbildung als chirurgischer Onkologe an der Universität Wien und praktiziere seit 33 Jahren als Spezialist für Krebserkrankungen. Als Chirurg habe ich von meinen Patienten tausendfach die Bitte gehört: »Schneiden Sie den Krebs raus. Ich will nur, dass er weg ist!« Eine Patientin wie Sophie Sabbage hatte ich nur wenige Male. Sie sticht deswegen hervor, weil sie an dem Tag, an dem sie mit der Diagnose Krebs konfrontiert wurde, statt eines Teufelskreises der Panik eine Entdeckungsreise begann. Sophie erkannte die Tatsache an, dass der Tod ein natürlicher Teil des Lebenszyklus’ ist und keine Tragödie. Sie nahm dem Tod den Stachel – und brachte so die Energie auf, sich auf das Leben zu konzentrieren. Sie fand ihre Wiedergeburt in einer schlichten Wahrheit: Die wahre Tragödie im Leben besteht darin, es starr vor Angst und von Einschränkungen gefesselt zu leben, statt jeden Moment voller Freude und Liebe zu genießen. Jeder Tag ist ein kostbares Geschenk Gottes, und Sophie deckte das Geheimnis vollkommenen körperlichen, geistigen und seelischen Wohlbefindens auf. Mit diesem Buch reicht sie uns den Schlüssel zu dem Geheimnis, das Leben trotz, ja sogar wegen Krebs ganz und gar auszukosten.

Professor Viktor Frankl lehrte an meiner Alma Mater, der Universität Wien, eine absolut entscheidende Wahrheit. Er war als Nachfolger für Sigmund Freud am Lehrstuhl für Psychiatrie vorgesehen, hatte tragischerweise jedoch nie die Chance, die Stelle anzunehmen. Er war Jude; als Hitler an die Macht kam, wurde er seines gesamten Besitzes beraubt und nach Auschwitz deportiert. Doch obwohl er seine ganze Familie in dem Vernichtungslager verlor, zwang er sich dazu, leben zu wollen. Für ihn hatte sein Leiden einen Sinn, und so lehrte er noch viele Jahre später die Menschen diese entscheidende Wahrheit: Man kann sich die Umstände nicht immer aussuchen, aber man kann sich aussuchen, wie man sich diesen Umständen gegenüber verhält. Sophie, deren Mentor bei Frankl selbst studiert hat, hat sich die Haltung ausgesucht, ihrem Leben einen Sinn zu verleihen. Ihre Haltung ist ansteckend.

Vor Jahren hatte ich einen Patienten, der eine ähnliche Haltung wie Sophie an den Tag legte. Er kam 1986 aus London, um sich am Oasis of Hope in Mexiko behandeln zu lassen. Die Diagnose: Lungenkrebs, der bereits gestreut hatte, auch Wirbelsäule und Leber waren betroffen. Sein Onkologe in der Harley Street hatte ihm noch drei Monate gegeben. Doch diese mehr als düstere Prognose wollte er nicht akzeptieren und so entschied er sich für eine alternative Krebsbehandlung in meinem Krankenhaus. Er wurde auf einer Bahre hereingerollt, weil die Tumoren, die auf seine Wirbelsäule drückten, ihn lähmten. Ich werde nie vergessen, wie er uns allen in die Augen sah und sagte: »Ich werde leben!« Das war so überzeugend, dass sogar sein Körper ihm glaubte. Innerhalb von zwei Wochen gingen die Tumoren so stark zurück, dass die Lähmung nachließ. Er verließ das Krankenhaus aus eigener Kraft und auf den eigenen Beinen. Nach wenigen weiteren Besuchen konnte man von einer kompletten Remission sprechen – heute, 30 Jahre später, lebt dieser Mann immer noch, ohne Krebs. Als er mit dem Krebs konfrontiert wurde, verschwendete er keine Zeit damit, sich Sorgen zu machen. Er überdachte seine Prioritäten und machte es sich zur Aufgabe, sich mit seinen entfremdeten Kindern zu versöhnen. Seine familiären Beziehungen begannen zu heilen, ebenso wie sein Körper. Er ließ »den Krebs sein Leben heilen«.

Auch Sophie lässt »den Krebs ihr Leben heilen«. In diesem wundervoll geschriebenen Buch predigt sie ihre Botschaft der Hoffnung nicht – sie lebt sie auf diesen Seiten aus, damit sie für alle erfahrbar wird. Ich bin mir sicher, auch Sie werden von ihrer Schilderung berührt sein, wie man Krebs von einer Katastrophe in eine faszinierende Reise verwandeln kann. Sie werden Sophie immer mehr lieben und vertrauen, denn sie legt ihre Erfahrung, mit Krebs zu leben, vertrauensvoll offen. Sie werden beim Lesen das Gefühl haben, sie halte Ihre Hand, während Sie heilende Schritte auf Ihrer eigenen Reise unternehmen.

Einführung

Ich saß im Wartezimmer der Radiologieabteilung des Krankenhauses. Vor sechs Wochen hatte ich die Diagnose »Stadium IV eines ›unheilbaren‹, metastasierten Bronchialkarzinoms« bekommen. Nun sollte ein großer Tumor am C3-Halswirbel bestrahlt werden, der sich in meine Wirbelsäule hineinfraß und mir erhebliche Schmerzen verursachte. Ich hatte weitere Tumoren an verschiedenen anderen Stellen im Körper – in der Lunge, an mehreren Lymphknoten, an einigen Knochen und im Gehirn –, doch gebührte diesem hier besondere Aufmerksamkeit: Er gefährdete meine Mobilität und drohte somit, meine »Lebensqualität« stark einzuschränken.

Meinen Ärzten zufolge war mein Leben ohnehin nicht mehr zu retten, und so konzentrierten sie sich nun in erster Linie darauf, seine Qualität zu bewahren – was mich stinksauer machte. Sie schienen mich meinem statistischen Schicksal zu überlassen, ohne auch nur im Entferntesten in Betracht zu ziehen, ich könnte vielleicht eine der wenigen unerklärlichen Ausnahmen sein, die die Statistik versauten. Sie bemühten sich nach Kräften, das »T-Wort« zu vermeiden oder ihn auf einen bestimmten Zeitpunkt zu datieren, doch schwang er unterschwellig immer mit, wenn sie mit mir über meine Erkrankung sprachen: Was auch immer geschehen mag, Mrs Sabbage, machen Sie sich keine Hoffnungen, denn Sie werden ganz bestimmt sterben. Meine Behandlung hatte noch nicht einmal begonnen, und schon schienen alle Möglichkeiten in unerreichbare Ferne gerückt.

Als ich auf die Bestrahlung wartete, befand ich mich immer noch in einem Schockzustand. Ich hatte zugestimmt, diese Behandlung zuerst durchzuführen, da es mir immer schwerer fiel, mich nachts im Bett auf die andere Seite zu drehen oder aus einer sitzenden Position heraus aufzustehen. Ich konnte meine vierjährige Tochter nicht mehr auf den Arm nehmen. Und ich brauchte eine Atempause, frei von Schmerzen, eine Pause, um nachzudenken, zuzuhören, nachzufragen, nachzuspüren und irgendwie entscheiden zu können, was um Himmels willen ich jetzt tun sollte.

Ich hatte mein Gleichgewicht verloren. Meine Hände konnten das Geländer nicht mehr finden, das mir in der Dunkelheit dabei half, unbeschadet die Treppe hinunterzugehen. Ganz allmählich tauchten immer neue medizinische Maßnahmen auf, die wie Trauernde hinter meinem zu Grabe getragenen bisherigen Leben herzogen: Tomografien, Konsultationen, Zugfahrten nach London, um sich die Meinung von Spezialisten einzuholen, Blutuntersuchungen, Versicherungsformulare, Striche durch prädiagnostische Termine in meinem Kalender – ebenso wie durch private Verabredungen oder geschäftliche Treffen –, das Verkünden der Neuigkeiten, um ihnen einen gewissen Grad an Realität zu verleihen.

Der Krebs drängte sich von einer Sekunde auf die andere in mein tadelloses Leben. An einem Tag hatte ich mich noch wohlgefühlt, am nächsten stellte sich ein plötzlicher stechender Schmerz in meinem Rücken als großer Tumor heraus, der auf mein Lungenfell drückte. Im Laufe der folgenden drei Wochen entfaltete sich die Diagnose quälend langsam in eingefrorenen Momentaufnahmen, jede einzelne erlesen brutal in ihrer Präzision. Schließlich teilte man mir mit, ich hätte mehr Tumoren in meinem Gehirn, als man zählen konnte; das mir bekannte Universum zerplatzte wie ein Luftballon und lag als leblose, verschrumpelte Hülle in meinen zitternden Händen.

Während ein Tomografieergebnis nach dem anderen hereinflatterte, schwand meine Lebenskraft zusehends wie der abnehmende Mond. Ich hustete Blut, war kurzatmig, wenn ich auch nur einige Stufen hinaufgehen musste, und verlor so viel Sehvermögen auf meinem linken Auge, dass ich nicht mehr Auto fahren durfte. Ich war müde, ständig war mir kalt. Sehr, sehr kalt. Vielleicht war es die Strahlenbelastung der ganzen Untersuchungen, die die Dinge so immens schnell verschlimmerte, doch sind auch Angst und Schock mächtige Kräfte, die sich wie Querschläger ihren Weg durch den Körper bahnen. Es schien, als ob das Wissen um die Erkrankung an sich mich tötete. Sobald ich daran glaubte, dass mein Leben vorüber sei, zog es sich in einen anderen Raum zurück, radierte Fenster, Vorhänge, Teppiche und Kissen aus, faltete meine Zukunft zusammen, verstaute sie sorgfältig in der untersten Schublade, dimmte das Licht und hielt die Uhr an der Wand an.

Mir war klar, dass ich das, was in meinem Geist ablief, ändern musste, wollte ich auch nur die geringste Chance haben, den fünften Geburtstag meiner Tochter oder meinen eigenen 49. zu erleben. Leugnen, was geschah, wollte ich nicht, aber ebenso wenig wollte ich mich mit den düsteren Vorhersagen meines unausweichlichen baldigen Endes abfinden. Ich wurde unglaublich wütend, wenn sich die Menschen in meiner Umgebung von mir verabschiedeten, und herrschte die Schwestern an, wenn sie mich wie die Insassin eines Sterbehospizes behandelten. Ich wollte jedes einzelne Detail meiner Erkrankung wissen und lehnte jegliche Interpretation anderer ab. In die Hände Gottes wollte ich mein Schicksal legen, nicht aber in die meiner Ärzte oder von Statistiken. Ich wollte meine eigene Geschichte schreiben, soweit mir das nur irgend möglich war, und verdammt sein, die Geschichte anderer zu kopieren.

Als ich meine erste Bestrahlung bekommen sollte, begleitete mich mein Mann John ins Krankenhaus. Während wir im Wartezimmer saßen, bekam ich eine unendlich mitfühlende SMS von einem Freund und hätte meinen Tränen vielleicht nicht freien Lauf gelassen, hätte John nicht neben mir gesessen. Rasch eilte die Schwester, die mich betreute, zu uns herüber und fragte mich, ob alles in Ordnung sei. Ihre Besorgnis erdrückte mich eher, als dass sie mich tröstete; es schien, als wollte sie mich vom Weinen abhalten, statt mich zu unterstützen, als ob meine Tränen mir irgendwie schaden, die anderen Patienten ängstigen oder ihnen – Gott behüte – die Erlaubnis geben könnten, selbst zu weinen. Aber wann weinen, wenn nicht jetzt? Wann hätte ich denn das Leben ehren sollen, das sich im Kielwasser meiner Diagnose allmählich auflöste, wann die Zukunft betrauern, die mir aus den Händen gerissen wurde, wann wie ein Klageweib um das schwindende Licht heulen?

Jetzt war es an der Zeit zu fühlen, nicht zu erstarren: der Geschehnisse völlig gewahr zu sein, jedes freundliche Wort und jede liebevolle Geste den Panzer durchbrechen zu lassen, in dem mein Herz vielleicht immer noch eingeschlossen war. Wach, achtsam und lebendig genug zu sein, um die geliebten Dinge, die in Erinnerung behalten werden wollen, und die unerfüllten Hoffnungen, die betrauert werden wollen, wertzuschätzen. Plötzlich wurde mir die stoische Stille bewusst, die wie dichter Nebel über dem Wartezimmer hing. Die Benommenheit. Der unterirdische Strom unbeantworteter Fragen. Der befangene Schrecken. Die inneren Gebete. Die Intensität verschiedener Gruppen von Patienten, die darauf warteten, dass ein Teil ihres Körpers verbrannt wurde.

»Alles in Ordnung?«, fragte die Schwester erneut mit größerer Dringlichkeit. Ihre Sorge bohrte sich regelrecht in meine Haut.

Ich berührte leicht ihre Hand, um sie zu beruhigen, und erwiderte dann: »Wahrscheinlich bin ich die Einzige hier, mit der alles in Ordnung ist.«

Sie trat zurück, verwirrt, unsicher, was es noch zu sagen oder zu tun gab, um mich von meinen Tränen abzubringen. Dann entfernte sie sich lautlos und hielt sich auch bei meinen folgenden Besuchen im Krankenhaus auf Distanz. Ich war eine Anomalie, eine unverhohlen verletzliche Anomalie im Kontext zensierten Leidens.

Nach der Bestrahlung kam eine andere Schwester auf mich zu und gab mir einen Zettel. »Ihr nächster Termin, Mrs Sabbage«, sagte sie nüchtern und offenbar in der Annahme, dass ich an diesem Tag, zu diesem Zeitpunkt selbstverständlich nichts anderes vorhatte.

Ich sah auf den Zettel, holte meinen Kalender aus der Tasche und sagte ihr dann, dass der Termin bei mir nicht ging. Und da war er wieder: der sichtbare Schrecken auf dem Gesicht einer Schwester, weil ich die falsche Antwort gegeben hatte.

»Aber das ist Ihr nächster Bestrahlungstermin«, beharrte sie.

»Ich weiß, aber ich kann da nicht«, beharrte ich ebenfalls.

Vielleicht hätte ich verschieben können, was auch immer ich für diesen Tag geplant hatte. Vielleicht war es egoistisch von mir, mich nicht dem System anzupassen. Doch irgendetwas kroch da meine erkrankte Wirbelsäule hinauf, das mich hart bleiben ließ. Das kam gar nicht infrage. Niemand befahl mir, irgendwann irgendwo aufzutauchen, ohne mich vorher höflich gefragt zu haben, ob ich da auch konnte. Und hätte ich mir einen besseren Zeitpunkt aussuchen können, um egoistisch zu sein? So verzweifelt und krank ich auch war: Ich wusste, dass es entscheidend für mich war, auf jedem Schritt dieser Reise meine eigenen Entscheidungen zu treffen, meine Behandlungstermine nach meinem Leben auszurichten und nicht umgekehrt, mich zum Autor und Protagonisten meiner eigenen Geschichte zu machen. Obwohl mir in letzter Zeit oft gesagt wurde, meine Behandlungstermine über alles andere zu stellen – unausgesprochener Zusatz: oder Sie werden sterben –, kommt dickköpfig immer wieder etwas Lebensbejahendes und potenziell Lebensrettendes ins Spiel: mein leidenschaftliches, streitlustiges und unerschütterliches Selbstgefühl.

Ich sollte noch viele Briefe erhalten, in denen stand, wo und wann ich mich zur nächsten Behandlung einzufinden hatte, bevor mein Onkologe die Botschaft verstand. Ihn traf keine Schuld. Es war die Schuld des Systems, in dem er arbeitet, ein System, das einen nur allzu leicht mitreißt, wenn man die Diagnose Krebs bekommt. Wie beim schnellen Fahren auf der Autobahn. Bevor man weiß, was geschieht, wird man von Scheinwerfern geblendet und kann nicht mehr sehen, was da auf einen zukommt. Plötzlich ist dein Kalender voller Behandlungstermine, Rezepte werden kommentarlos überreicht und Entscheidungen werden für dich getroffen – während du selbst immer noch versuchst, mit der Diagnose zurechtzukommen.

Steht das Leben derart auf dem Spiel und scheint jede Entscheidung potenziell gefährlich, überlassen es viele Krebspatienten ihrem Arzt, diese Entscheidungen für sie zu treffen. Dafür habe ich Verständnis. Und sollte das der Weg sein, den Sie auf Ihrer Reise einschlagen möchten, ist dieses Buch vielleicht nicht das Richtige für Sie. Doch wenn Sie das Gefühl haben, dass die richtige Behandlung für Sie darin besteht, sie selbst zu lenken, Ihrer eigenen Weisheit zu vertrauen und selbst die Regie zu übernehmen – mit anderen Worten: seelische Medizin, die vielleicht ebenso wichtig ist wie die Medikamente für Ihren Körper und die Nahrung, die Sie zu sich nehmen –, dann habe ich dieses Buch für Sie geschrieben.

Dieses Buch wendet sich an Krebspatienten, die ihre Würde behalten und selbstbestimmte Menschen bleiben möchten, auch wenn sie die Ärzte und die Diagnose zu Tode erschrecken, auch wenn sie so schockiert sind, dass sie sich morgens kaum mehr die Schuhe selbst anziehen können, auch wenn sie zwischen orthodoxer und Komplementärmedizin gefangen sind und auch wenn sie verstörenderweise das Gefühl haben, das Gesundheitssystem behandle sie selbst wie eine Krankheit und nicht wie Menschen. Es richtet sich an Krebspatienten, die irgendwie ahnen, dass sie durch die Erkrankung etwas lernen, etwas gewinnen, durch sie vielleicht verwandelt werden sollen, vorausgesetzt, es gelingt ihnen, sich der Krankheit anders zu nähern als auf die gesellschaftlich übliche Weise. Es ist für Krebspatienten oder überhaupt für alle Patienten geschrieben, die nach einem anderen Weg suchen.

Das Buch ist zum einen die Erzählung meiner eigenen Geschichte und zum anderen ein Selbsthilferatgeber. Es soll Ihnen helfen, der Autor Ihrer Geschichte zu sein und zu bleiben, mit aller erforderlichen Weisheit, mit allem Realismus, aller Kreativität und vor allem mit Mut. Ich möchte Ihnen erzählen, wie ich meinen Weg durch Schock, Angst, Leid und das peinliche Berührtsein fand, das andere angesichts meiner Prognose empfanden. Und ich möchte Ihnen davon erzählen, wie ich auch heute noch versuche, das Wesen, die Ursachen, die Lektionen und auch den Segen dieser verheerenden und trotzdem erhellenden Krankheit zu erkunden.

Mit der Arbeit an diesem Buch begann ich zehn Monate nach Diagnosestellung. Ich lebe immer noch mit dem Krebs, auch wenn fast alle Metastasen inzwischen verschwunden sind. Ich habe immer noch einen Primärtumor in der Lunge und muss damit leben, dass der Krebs jederzeit mutieren und meinem Körper erneut den Krieg erklären kann. Meine Krebserkrankung ist systemisch und »unheilbar«, aber etwas, womit ich leben kann. Nein, nicht nur leben – sogar gedeihen. Ich höre meinen Ärzten zu, für die ich über alle Maßen dankbar bin, und halte alle meine Behandlungs- und Gesprächstermine ein. Doch jetzt werde ich angerufen und gefragt, wann ich Zeit habe, und meine Ärzte schlagen mir eine bestimmte Therapie vor, statt sie anzuordnen. Wir sind zu Partnern auf meiner Reise geworden und haben die hierarchische Arzt-Patienten-Beziehung überwunden, die in unserer Gesundheitskultur leider noch allzu oft vorherrscht.

Tatsache ist, dass die Krankheit mich immer noch töten kann. Wenn ich mich all den Statistiken, Prognosen und Wahrscheinlichkeiten bezüglich Stadium IV eines Bronchialkarzinoms beuge, bin ich schon so gut wie tot. Doch ich ziehe es vor, mich nicht zu beugen. Ich höre mir alles an, aufmerksam und demütig genug, um die verkrusteten Schichten des Leugnens abzutragen, die uns vor Wörtern wie »Endstadium« oder »unheilbar« beschützen, bis wir in der Lage sind, sie uns anzuhören, ohne gleich wie Glas in tausend Teile zu zerspringen. Ich ziehe es vor, die Informationen anzunehmen, ohne ihnen nachzugeben, meinen Namen über die Dächer der Statistiken zu rufen, bevor er in der kalten Anonymität von Zahlen untergeht. Hinsichtlich der Ernsthaftigkeit meiner Erkrankung mache ich mir keinerlei Illusionen, allerdings kann ich nun ganz behutsam wieder mit dem Gedanken an ein Morgen spielen, ohne Angst zu haben zu fallen, zu ertrinken oder in Flammen aufzugehen.

Leben ist das, was ich mehr als fast alles andere will. Fast. Ich widme meine Tage, Stunden und Minuten der Verlängerung meines Lebens, in der felsenfesten Absicht, meine Tochter aufwachsen zu sehen, mit meinem geliebten Mann alt zu werden und die Spuren zu hinterlassen, die ich, das möchte ich jedenfalls glauben, auf der Welt hinterlassen soll. Doch der größte Sieg würde nicht darin bestehen, den Krebs zu überleben, so gewaltig dieser Sieg auch sein würde und so sehr es auch meine Absicht ist, das zu tun. Der größere Sieg würde darin bestehen, mir mein Menschsein zu bewahren, wie auch immer die Sache ausgeht – das hart erkämpfte »Ich«, das weder zu meinem Körper gehört noch sich mit ihm auflösen wird –, und zu wissen, dass ich es trotz Krebs erblühen lassen kann, selbst wenn das Fleisch welkt. Und der einzige Weg, das zu erreichen, ist meines Wissens, meine Augen offen zu halten für die Möglichkeiten, die sich mir bieten, und eine tapfere, vertrauensvolle und würdevolle Entscheidung nach der anderen zu treffen.

Zu Beginn meiner Reise sagte der Arzt, der den Krebs bei mir diagnostizierte, mein erstes Computertomogramm auswertete und die Bronchoskopie bei mir durchführte – die übrigens nichts für schwache Nerven ist –, etwas ganz Erstaunliches zu mir, bevor er mich zum Onkologen überwies:

»Werden Sie nicht zur Patientin, Mrs Sabbage. Leben Sie Ihr Leben.«

Diese Worte habe ich mir sehr zu Herzen genommen. Sie verliehen mir die Kraft, mehr zu wollen, als nur länger zu leben, als meine Prognose mich glauben machen wollte, oder tapfer zu sterben – denn ich war von diesen Worten überzeugt. Als ich mich in diesem frischen, unendlich tiefen Schockzustand befand, kurz davor eins zu werden mit der sternenlosen Nacht, wo man nichts anderes sehen, hören oder sich wünschen kann, erweckte dieser Arzt das Beste in mir. Den Teil, der weiß, dass nichts, absolut nichts geschrieben steht, dass alles aus einem Grund geschieht, der unser Wissen übersteigt, und dass, wenn es hart auf hart kommt, ich mich entweder in mein Schicksal ergeben oder es in die Hand nehmen kann. Ich glaube, ich habe es seitdem nicht mehr losgelassen.

In diesem Buch finden Sie einige Ergebnisse der Forschungen, die ich angestellt habe, die Behandlungsformen, für die ich mich entschieden habe, die Ernährungsweise, der ich folge, und die Hilfsmittel, die mir am meisten gutgetan haben. Ich hoffe, sie werden Ihnen Abkürzungen durch den Krebs-Informationsdschungel bieten, der verwirrend viele und auch widersprüchliche Aussagen umfasst. Darüber hinaus empfehle ich Ihnen bestimmte Bücher und Filme, die zu lesen und anzusehen sich meines Erachtens für jeden lohnt, der mit der Diagnose Krebs konfrontiert wird.

Ich bin jedoch ausdrücklich keine Ärztin oder Gesundheitsexpertin irgendeiner Art. Ich bin Krebspatientin und möchte Sie lediglich in einem Umwandlungsprozess begleiten. Ich bin nicht qualifiziert, Ihnen dabei zu helfen, Ihre Erkrankung zu überwinden; was ich jedoch kann, ist, Ihnen dabei zu helfen, Ihre Einstellung zu ändern, die meiner Meinung nach wesentlich für den Heilungsprozess ist. Ich kann Ihnen dabei helfen, dass es Ihnen gut geht, selbst wenn Sie sich krank fühlen, und ich kann Ihnen dabei helfen, sich von emotionalen Faktoren zu befreien, die möglicherweise zur Entstehung Ihrer Erkrankung beigetragen haben.

Ich muss die wahre Bibliothek, die es inzwischen über Ernährung, Symptomlinderung und medizinische Maßnahmen bei Krebs gibt, nicht noch mit einem weiteren Buch füllen. Ich kann Sie aber dabei unterstützen, sich Ihren Weg durch all diese Informationen mit klarem Verstand, wacher Intuition und einem starken Selbstgefühl zu bahnen. Ob Sie den Krebs nun loswerden können oder nicht, Sie können sich auf jeden Fall von ihm befreien – von der Angst, die ihn nährt, von der Frist, die er Ihnen setzt, von der Macht, die er über Ihre Entscheidungen ausübt, von den giftigen Glaubenssätzen, die Ihren Heilungsprozess kontaminieren, und von dem Gefühl der Unausweichlichkeit, mit der Sie scheinbar Ihrem Schicksal entgegengehen.

Zaubermittel oder Wunder kann ich Ihnen zwar nicht bieten, aber ich hoffe, dass dieses Buch Ihnen dabei hilft, Heilung zu finden, die Sie andernfalls vielleicht nicht gefunden hätten. Aus meiner eigenen Erfahrung mit Krebs und aus den 20 Jahren Erfahrung mit meiner Arbeit mit Menschen, die ich zu einem neuen Bewusstsein erwecken und geistig befreien wollte, habe ich ein praktisches und hoffentlich transformierendes Vorgehen entwickelt, das es Ihnen ermöglicht, radikal die Verantwortung für Ihre Behandlung zu übernehmen und Ihrer Erkrankung ihren Sinn zu entlocken. Mein Hauptziel ist es, Krebspatienten dabei zu helfen, ihre Einstellung zu ihrer Erkrankung zu ändern, sodass sie von ihrer Erkrankung verändert werden, egal ob das Endergebnis nun Leben oder Tod lautet. Vielleicht erfahren Sie durch dieses Buch die Leuchtkraft der Verletzlichkeit, die Macht der Absicht, die Freiheit der Authentizität, das Wunder, sich seinen eigenen Weg durch einen dichten, dunklen Wald zu suchen, der manchmal weder Aufschub noch Entkommen zu gewähren scheint. Vor allem hoffe ich, dass Sie mithilfe des Buches auf Ihre innere Stimme hören lernen, die Ihnen zuflüstert, dass der Krebs Sie etwas lehren will, wenn Sie nur seine Sprache verstünden.

ENDE DER LESEPROBE