Die Zeit der schweren Not - Günter de Bruyn - E-Book

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Günter de Bruyn

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Beschreibung

Günter de Bruyns Buch ist das meisterhafte Porträt einer aufregenden Epoche. Anknüpfend an ›Als Poesie gut‹, seinen großen Essay über die Berliner Kulturepoche zwischen 1786 und 1807, erzählt de Bruyn am Beispiel von Kleist, Chamisso, Clausewitz und vielen anderen von den Jahren nach Napoleons Sieg über Preußen. Es sind dies einerseits Jahre der Not und Krise. Andererseits öffnet gerade die Niederlage Preußens Weg in die Moderne, und kulturell ist es eine Zeit faszinierender Persönlichkeiten und Geschichten, die de Bruyn mit feinem Gespür für die Widersprüche der Epoche und großer erzählerischer Kraft vor Augen führt.

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Günter de Bruyn

Die Zeit der schweren Not

Schicksale aus dem Kulturleben Berlins 1807 bis 1815

Fischer e-books

Kanon

Die Jahre materieller Not und politischer Ohnmacht, die Preußen zwischen 1807 und 1815 durchleben musste, waren keine Notjahre der Kultur. Vielmehr hatte die militärische Niederlage im Krieg gegen Napoleon dem kleiner gewordenen und wirtschaftlich zerrütteten Land einen moralischen und geistigen Gewinn gebracht. Dieser machte Reformen möglich, zu denen neben der Bauernbefreiung und der Selbstverwaltung der Städte auch die Erneuerung des Bildungswesens gehörte, in deren Folge auch die Berliner Universität entstand. Zwar gab es für Baumeister in diesen Armutsjahren nur selten Aufgaben, so dass Karl Friedrich Schinkel sich auf die Malerei verlegen musste, doch konnte sich in der Bildhauerei der junge Christian Daniel Rauch einen Namen machen, und auch in der Literatur entstanden, durch Heinrich von Kleist und Adelbert von Chamisso zum Beispiel, Werke von bleibendem Wert. Das gesellige Leben Berlins hatte zwar durch den Krieg und die Flucht des Hofes nach Ostpreußen starke Einbußen erlitten, doch blühten das Theater- und Musikleben weiter, und an die Stelle der berühmten Gesprächskreise, die sich zuvor um Henriette Herz und Rahel Levin gebildet hatten, waren andere Salons in adligen und bürgerlichen Häusern getreten. Auch bildeten sich mit der Liedertafel und der Tischgesellschaft neue Geselligkeitsformen aus.

Die Lebensumstände der Berliner veränderten sich mehrfach in diesen Notjahren: erstens, durch den Abzug der französischen Besatzung, für deren Unterbringung und Verpflegung die Bevölkerung hatte aufkommen müssen, zweitens, durch die Reformen, die aus dem Staat des 18. Jahrhunderts einen moderneren machten, und, drittens, durch die Befreiungskriege, deren siegreiches Ende für Preußen zwar Machtgewinn brachte, Freiheit und deutsche Einheit, für die man gekämpft hatte, aber vermissen ließen. Diesen Wechseln entsprechend änderte sich auch die im Volk vorherrschende Stimmung. Dem Entsetzen über die Niederlage folgte eine Zeit gespannter Erwartung, die sich 1813 in einem beispiellosen Freiheits- und Kriegsenthusiasmus entlud. Tonangebend waren dabei vor allem die gebildeten Kreise – zu denen aber auch der Dichter des Vierzeilers gehörte, der die Anregung zu dem Titel dieses Buches gab.

Adelbert von Chamisso, der zum Deutschen gewordene Franzose, hatte das kriegsbegeisterte Berlin des Jahres 1813 verlassen, weil er dort das Gefühl hatte, der einzig Nüchterne unter patriotisch Berauschten zu sein. Während viele der preußischen und nichtpreußischen deutschen Dichter in diesem Jahr die Berufung fühlten, Kriegslieder zu dichten, fasste Chamisso seine so ganz anders geartete Gemütslage in folgende Verse, die er erst mit »Thema«, später mit »Kanon« überschrieb.

»Das ist die schwere Zeit der Not,

Das ist die Not der schweren Zeit,

Das ist die schwere Not der Zeit,

Das ist die Zeit der schweren Not.«

Der Retter

Die briefliche Aufforderung, auf seinen Ministerposten zurückzukehren, um an die Spitze der kleinen Gruppe reformwilliger Beamter und Offiziere zu treten, erreichte den im heimatlichen Nassau erkrankten Freiherrn vom Stein Anfang August 1807. Die Briefe kamen aus dem nordöstlichsten Zipfel Preußens, aus Memel, wohin sich Friedrich Wilhelm III. mit Hof und Regierung vor den Franzosen geflüchtet hatte, und sie waren lange unterwegs gewesen; denn der französischen Postkontrollen wegen hatte man zu ihrer Beförderung den Umweg über die preußische Gesandtschaft in Wien gewählt. Stein wurde durch sie über den am 9. Juli 1807 von Napoleon diktierten Tilsiter Friedensvertrag unterrichtet, und die Bitte zur erneuten Annahme des Ministerpostens wurde damit begründet, dass er allein retten könne, was an diesem um die Hälfte seines Landes beraubten und durch riesige Kontributionszahlungen an den Rand des Ruins gebrachten Staates noch zu retten sei. Der Minister von Hardenberg, den der König auf Verlangen Napoleons hatte entlassen müssen, bat ihn dringend, sein Nachfolger zu werden. Er solle doch möglichst die beleidigenden Äußerungen des Königs, die sein Entlassungsgesuch veranlasst hatten, vergessen und künftig mit dem Monarchen diplomatischer umzugehen versuchen. Auch weihte er ihn in die hoffnungslose politische und finanzielle Lage des Staates ein.

»Auf Sie, lieber Stein, wenden sich alle unsere Blicke in diesen traurigen Augenblicken«, ließ ihn auch die Prinzessin Luise von Radziwill, die Schwester des im Vorjahr gefallenen Prinzen Louis Ferdinand, wissen, und der Gesandte in Wien, jener Graf Finckenstein, den Rahel Levin zehn Jahre vorher zu heiraten gehofft hatte, schloss sich den Bitten der anderen an: »Sie allein werden im Stande sein, mit kräftigem Arm das Ungeziefer der Selbstsüchtigen, der Verräter und, was ebenso schlecht ist, der Dummköpfe auszurotten, welche den Staat bis in seine Grundlagen untergraben haben und die vorzüglichste Ursache unseres Verderbens sind.«

Stein, den eine fieberhafte Krankheit so geschwächt hatte, dass er die Briefe nach Memel seiner Gemahlin diktieren musste, reiste, nachdem er dem König brieflich seine Bereitschaft zum erneuten

Freiherr vom Stein 1806.

Zeichnung von Friedrich Bury

Dienstantritt erklärt hatte, bald nach seiner Gesundung ab. Über Frankfurt und Weimar erreichte er Berlin am 19. September, wo er sich drei Tage lang von Freunden über das Besatzungsregime und das Elend der Bevölkerung unterrichten ließ. Er traf auch mit der Gräfin Brühl und ihrer heimlich mit Clausewitz verlobten Tochter Marie zusammen und hätte auch gern Karoline von Berg, die Vertraute der Königin Luise, gesprochen, aber er fand nur einen Brief von ihr.

»Wo bleibt denn Stein? Das ist noch mein letzter Trost. Großer Kopf, umfassenden Geistes, weiß er vielleicht Auswege, die uns noch verborgen liegen«, hatte die Königin an Frau von Berg geschrieben, und diese hatte sich nun zur Vermittlung zwischen Stein und Luise berufen gefühlt. »Unsere erste Begegnung ist nun schon 22 Jahre her«, schrieb sie an Stein, »und seitdem, erlauben Sie mir, es Ihnen zu sagen, bin ich Ihnen stets gefolgt, fasziniert von einem Charakter, der sein Jahrhundert überragt. In der Art, wie Sie akzeptiert haben, wieder in unsere Nähe zu kommen, haben Sie von neuem diesen Charakter bewiesen. … Es geht ja nicht nur darum, unsere Finanzen wieder in Ordnung zu bringen, es sind die moralischen Werte, die Sie uns zurückgeben müssen. Ich bitte Sie darum, nicht gering von der Königin zu denken, sondern sich ihr wieder zuzuwenden. Wenn Sie die Reinheit ihres Charakters kennen lernen, werden Sie sie schätzen und lieben. … Die Königin braucht jede mögliche Unterstützung in moralischen Fragen. Sie braucht Sie um den König vor Personen zu bewahren, die seine Existenz, die des Landes und seine persönliche Ehre gefährden. Sie braucht Sie für die Erziehung ihres Sohnes. Sie braucht Sie ganz allgemein für jeden Zweck, der zur Würde ihres Hauses und zum Wohl des Staates beitragen kann. Seien Sie also diese Stütze – und nochmals, wenn die ersten Unannehmlichkeiten Sie verärgert haben, lassen Sie sich nicht entmutigen! Ich wage es, Ihnen zu sagen, es ist Ihre Berufung, sich des Ganzen anzunehmen; verkennen Sie diese Berufung nicht.«

Auf dem Weg nach Memel fuhr Stein durch ausgeplünderte, teils auch niedergebrannte Dörfer und Städte, wo überall Mangel an Nahrungsmitteln, Saatgut und Pferden herrschte, sah Scharen hungernder Kinder, die durch Krieg und Seuchen die Eltern verloren hatten, und besuchte in Hinterpommern den General Blücher, dessen Hauptquartier seit dem Ende der Kämpfe in Treptow an der Rega war. Am 30. September erreichte er Memel, wo der König, der ihn im Januar noch als einen »widerspenstigen, trotzigen, hartnäckigen und ungehorsamen Staatsdiener« bezeichnet und so sein Entlassungsgesuch veranlasst hatte, ihn nun als leitenden Minister für alle Zivilangelegenheiten einsetzte, so dass Stein sofort mit der Umgestaltung des Staates beginnen konnte, die von ihm in den Monaten seiner Entlassung vorgedacht worden war. Niedergelegt hatte er seine Gedanken in der sogenannten »Nassauer Denkschrift«, die den sperrigen Titel »Über die zweckmäßige Bildung der Obersten und der Provinzial-, Finanz- und Polizei-Behörden in der preußischen Monarchie« führte, aber neben seinen Vorschlägen zur Verbesserung der staatlichen Lenkung auch schon seine anderen Ideen zur Modernisierung Preußens enthielt. Seine amtliche Ernennung erfolgte am 4. Oktober, und schon fünf Tage später leitete er mit dem sogenannten Oktober-Edikt die innere Umgestaltung des noch besetzten Landes ein.

Das »Edikt den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigentums sowie die persönlichen Verhältnisse der Landbewohner betreffend« war von einigen höheren Beamten schon ausgearbeitet worden und sollte eigentlich nur für Ost- und Westpreußen gelten, doch setzte Stein beim König seine Geltung für ganz Preußen durch. Durch dieses Gesetz wurden Grund und Boden freiverkäuflich, so dass auch Bürgerlichen nun der Erwerb von Rittergütern möglich war. Adlige durften nun auch bürgerliche Berufe ergreifen, und die Landbewohner wurden von ihrer Erbuntertänigkeit befreit. Ab Martini (11. November) 1810 sollte es nur noch freie Menschen in Preußen geben. Damit war die Befreiung der Bauern, die einsichtige Leute schon seit dem Tode Friedrichs des Großen angemahnt hatten, zwar juristisch endlich erreicht worden, aber es handelte sich dabei nur erst um eine nominelle Befreiung; alle praktischen, das Verhältnis von Bauern und Gutsherren betreffende Fragen, wie die der Abgaben und Dienste, konnten damit noch nicht gelöst werden, und da der in seinen Interessen verletzte Landadel zähen Widerstand leistete, zog sich die tatsächliche, also auch wirtschaftliche Befreiung der Bauern noch lange hin.

Da das Oktober-Edikt die Schranken zwischen den Ständen zwar

Das Oktoberedikt über die Bauernbefreiung

nicht beseitigte, aber doch durchlässig machte und der kapitalistischen Wirtschaftsweise den Weg ebnete, waren Stein und seine Reformer bei ihren Gegnern, den konservativen Altpreußen, fortan als Jakobiner verschrien. Steins Intentionen aber waren keine revolutionären. Er, der Sohn einer reichsunmittelbaren Freiherrenfamilie, die ihre reichen Besitzungen an der Lahn hatte, wollte die Stände nicht abschaffen, er wollte sie nur den neuen Bedingungen anpassen, und als Praktiker der Verwaltung nahm er die Ideen dazu auch anderswo her. Er hatte England bereist und sich mit dessen Wirtschafts- und Regierungsmethoden gründlich beschäftigt, und auch die Errungenschaften der von ihm verabscheuten Revolution in Frankreich konnten ihm Vorbild sein.

Er war nach einem Jura-Studium in Göttingen 1780 in preußische Dienste getreten und hatte es dort schon mit vierundzwanzig Jahren zum Direktor der westfälischen Bergwerke gebracht. Da der für die Industrie zuständige Minister von Heinitz den organisationsbegabten und energischen jungen Mann schätzte, ging es auch mit seiner weiteren Karriere relativ schnell voran. Im Krieg von 1806 war er Finanzminister, konnte beim überstürzten Rückzug nach Ostpreußen durch energisches Handeln die Staatskasse retten, doch war sein Verhältnis zum König immer konfliktbeladen, weil sein tatkräftiges, aber auch schroffes, oft aufbrausendes Wesen dem bedächtigen, stets zögernden Monarchen zuwider war. Ihm fehlte die diplomatische Wendigkeit, die zum Beispiel Hardenberg hatte, wodurch er auch am Hofe vielfach auf Feindschaft stieß. Dem ansässigen Adel galt er immer als Fremder, und da er seine Erfolge vorwiegend in den westlichen Landesteilen erzielt hatte, fühlte er sich im ostelbischen Preußen mit seinen endlosen Weiten, den unfreien Bauern und dem in seinen Augen armseligen Landadel nie recht wohl. Seine Herkunft aus einer reichsunmittelbaren, also nur dem Kaiser verpflichteten Freiherrnfamilie blieb für ihn immer bestimmend. Da ihm die deutsche Kleinstaaterei als Übel erschienen war, hatte er sich für das große und wohlorganisierte Preußen Friedrichs des Großen entschieden und dort immer mit dem Gedanken an Deutschland gewirkt. Das Reich hatte ihm mehr als seine Teilstaaten gegolten, und da Napoleon es aufgelöst und von sich abhängig gemacht hatte, musste er dessen erbitterter Gegner sein.

Gegen Napoleon war für ihn auch die Erneuerung Preußens gerichtet, und zwar im zweifachen Sinne. Es musste wirtschaftlich stärker werden, um die riesigen Kontributionszahlungen leisten zu können, und es musste in sich geschlossener und dabei moderner werden, um dem modernen Frankreich ebenbürtig zu sein. Was dort die Revolution erreicht hatte, sollten hier die Gesetze bewirken. Liberalisierung sollte die Wirtschaft stärken, und die aus alten Zwängen befreiten Menschen sollten aus Untertanen zu Staatsbürgern werden, die am Staat mitwirken und ihre eignen Interessen mit den seinen verbinden konnten. Nur so konnte ein Patriotismus, wie er die Franzosen bewegte, auch in Preußen entstehen.

Steins Idee von der stärkeren Teilnahme des Volkes an der Verwaltung kam am reinsten in seiner neuen Städteordnung zum Ausdruck, die gesetzlich am 19. November 1808 erlassen und zuerst in Königsberg eingeführt wurde, 1809 dann auch in Berlin. Durch sie wurde die Staatsaufsicht in engen Grenzen gehalten, der Einfluss der Zünfte beschnitten und die Stadtregierung von den wohlhabenderen Bürgern gewählt. Während die vielfach miteinander verbundenen Probleme der ländlichen Neuordnung in Steins kurzer Amtszeit durch das Oktober-Edikt allein nicht gelöst werden konnten, wurde die Selbstverwaltung der Städte ein voller und andauernder Erfolg.

Berlin erlebte die ersten Wahlen im April 1809. In feierlicher Form versammelten sich die wahlberechtigten Bürger (das waren solche, die ein jährliches Einkommen von mindestens 150 Talern hatten) in den Kirchen der einzelnen Bezirke und wählten die Stadtverordneten. Diese, insgesamt waren es 100, wählten am 25. April im Palais des Prinzen Heinrich, dem späteren Universitätsgebäude, den Magistrat und die Bürgermeister. Zum Oberbürgermeister gewählt wurde dabei Leopold von Gerlach der Ältere, der zehn Jahre lang die Kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer geleitet hatte, sich durch seine mutige Haltung während der Besatzungszeit Popularität erworben hatte und später, als Hardenbergs Reformen begannen, deren entschiedener Gegner war. Die feierliche Vereidigung und Amtseinführung des neuen Magistrats fand dann in kirchlichen Formen, mit Predigt und Tedeum, am 6. Juli in der Nikolaikirche statt.

Einführung der Stadtverordneten in der Nicolaikirche am 6. Juli 1809 Aquarell von Laurens-Calau

Stein konnte diesen von ihm herbeigeführten Ansatz einer kommunalpolitischen Demokratisierung nur noch aus der Ferne verfolgen. Seine anderen Vorhaben, zu denen auch der Umbau der unzweckmäßigen, noch aus Zeiten des großen Friedrich überkommenen Regierungsstrukturen gehört hatte, waren ihm nur in Ansätzen gelungen und wurden teilweise von Hardenberg weitergeführt. Sein Werk, an dem viele andere Gleichgesinnte beteiligt waren, das aber nur durch seine Energie, seine Furchtlosigkeit und moralische Integrität durchgesetzt werden konnte, blieb also unvollendet. Aber als er nach nur vierzehn Monaten aus dem Amt scheiden musste, hatte er für Preußen vieles erreicht, das nicht mehr rückgängig zu machen war.

In seinem sogenannten Politischen Testament, einem Rundschreiben an die Mitarbeiter der oberen Behörden, das auf den Tag seiner Entlassung, den 24. November 1808, datiert wurde, fasste er noch einmal zusammen, was schon getan war und was noch zu erreichen sei. »Es kam darauf an«, heißt es da, »die Disharmonie, die im Volke stattfindet, aufzuheben, den Kampf der Stände unter sich, der uns unglücklich machte, zu vernichten, gesetzlich die Möglichkeit aufzustellen, dass jeder im Volke seine Kräfte frei in moralischer Richtung entwickeln könne, und auf solche Weise das Volk zu nötigen, König und Vaterland dergestalt zu lieben, dass es Gut und Leben ihnen gern zum Opfer bringe. … Der letzte Rest der Sklaverei, die Erbuntertänigkeit, ist vernichtet, und der unerschütterliche Pfeiler jeden Throns, der Wille freier Menschen, ist gegründet. Das unbeschränkte Recht zum Erwerb des Grundeigentums ist proklamiert. Dem Volke ist die Befugnis, seine ersten Lebensbedürfnisse sich selbst zu bereiten, wiedergegeben. Die Städte sind mündig erklärt, und andere minder wichtige Bande, die nur einzelnen nützten und dadurch die Vaterlandsliebe lähmten, sind gelöst. Wird das, was bis jetzt geschah, mit Festigkeit aufrechterhalten, so sind nur wenige Hauptschritte noch übrig.« Und zu diesen zählte er auch die Situation auf dem Lande, wo viele Eigentumsfragen noch ungeklärt waren und die richterliche und polizeiliche Gewalt noch immer in den Händen der Gutsherren lag.

Anlass zu Steins Entlassung hatte im August 1808 einer seiner Briefe gegeben, der den Franzosen in die Hände gefallen war. In ihm hatte sich Stein als Gegner Napoleons zu erkennen gegeben, indem er die zunehmende Verbitterung im rheinbündischen Hessen und Westfalen mit Genugtuung registrierte und den Patrioten riet, im Falle von Aufständen zum Kampfe bereit zu sein. Für Napoleon, der in Paris gerade mit Prinz Wilhelm, dem Bruder des Königs, über ein mögliches preußisch-französisches Bündnis verhandelte, war das ein Grund, die Verhandlungen abzubrechen und Stein seines Doppelspiels wegen an den Pranger zu stellen. Er ließ den Brief im »Moniteur« veröffentlichen und erklärte Monate später den inzwischen vom König entlassenen Minister für rechtlos. »Der genannte Stein«, so lautete der Armeebefehl vom 16. Dezember, »ist wegen des Versuchs, Unruhen in Deutschland zu erregen, zum Feind Frankreichs und des Rheinbundes erklärt worden. Die Besitzungen des genannten Stein in Frankreich oder in den Ländern des Rheinbundes werden sequestriert [beschlagnahmt]. Die Person des genannten Stein soll, wo immer sie durch unsere Truppen oder die unserer Alliierten erreicht werden kann, ergriffen werden.« Und einen seiner Minister ließ er am selben Tag wissen, dass der Gesuchte nach seiner Ergreifung zu erschießen sei.

Als der künftige Gesandte Frankreichs am preußischen Hofe, ein Graf Saint-Marsan, am 5. Januar 1809 in Berlin über die Ächtung Steins unterrichtet wurde, ließ er diesem, der, statt in seine rheinbündische Heimat zurückzukehren, seine Familie nach Berlin geholt hatte, durch einen holländischen Diplomaten eine Warnung zukommen, worauf Stein am 6. Januar die Kutsche bestieg und nach Schlesien, das unbesetzt war, reiste, im Gebirge den Wagen mit einem Schlitten vertauschte und in der Nacht zum 13. die Grenze nach Österreich hinter sich ließ. In einem Brief an seine in Berlin zurückgebliebene Familie erinnerte sich der nun Besitz- und Vaterlandslose an eine Predigt, die er kürzlich mit seiner Frau gemeinsam gelesen hatte. Sie war der Frage gewidmet, was der Christenmensch wirklich zu fürchten habe und was nicht.

Es handelte sich dabei um die Predigt, die der Professor Friedrich Schleiermacher am Neujahrstag 1807, also noch während des Krieges, in der Kirche der von Napoleon aufgelösten Universität Halle unter den Augen der französischen Besatzung gehalten hatte, um den Zuhörern, die nach der Katastrophe von Jena die Plünderung der Stadt erlebt hatten, Mut zu machen und sie an ihre patriotische Pflicht zu erinnern, bei der er bezeichnenderweise, wie Stein, nicht nur an Preußen dachte, sondern an »unser gesamtes deutsches Vaterland«.

Der Prediger

Die preußische Niederlage bei Jena, die Besetzung Halles durch Napoleons Truppen und die Schließung der dortigen Universität hatten bei Schleiermacher eine starke Hinwendung zur Politik bewirkt. Der Theologe, Philosoph, Platon-Übersetzer und Prediger wurde in diesen Monaten mehr und mehr zu einem patriotischen Mahner, der die seit Jahren in Preußen angedachten Reformen verwirklicht haben wollte und in ihnen eine Voraussetzung für die Befreiung von Napoleon sah. Seine Predigten unter den Augen der Besatzung im Winter 1806/07 waren nicht ungefährlich. Er ließ in ihnen den Untergang des Alten und die Geburt des Neuen aufscheinen und ermahnte die Zuhörer, auch im Unglück dem preußischen König und dem Vaterland treu zu sein. Als aber Napoleon Halle von Preußen trennte und die neue Regierung in Kassel das Kirchengebet für König Jerome verordnete, hielt es ihn in Halle nicht länger. Unter französischem Protektorat leben und lehren wollte er nicht. Mit seiner Halbschwester Nanny, die dem Junggesellen die Wirtschaft führte, siedelte er wieder nach Berlin über, wohnte erst bei seinem Freund, dem Verleger Reimer, dann in der Schützenstraße 74, ernährte sich dürftig durch öffentliche Vorträge und stellte sich im Frühjahr 1808 mit seiner Schrift »Gelegentliche Gedanken über Universitäten im deutschen Sinn« auch als Wissenschaftspolitiker vor. Als solcher wirkte er dann auch in der Kommission zur Vorbereitung der Berliner Universitätsgründung mit.

Die enge Freundschaft zu Georg Andreas Reimer, die 1802 begonnen hatte und bis zum Tode währen sollte, brachte Schleiermacher nun nicht nur mit Fouqué, Arnim, Arndt und anderen Autoren des Verlages zusammen, sondern auch mit dem konspirativ tätigen Kreis der Patrioten, der sich, misstrauisch beobachtet von den Spionen der Besatzung, häufig in Reimers Sommerhaus im Tiergarten traf. In Vorbereitung auf eine antinapoleonische Erhebung, die man sich wie die in Spanien vorstellte, hielten die Intellektuellen und Beamten mit den Reformern in Ostpreußen heimlich Verbindung, übten sich sogar im Schießen und führten Spionageaufträge aus. Auch Schleiermacher reiste mit Instruktionen, die geheim waren und blieben, nach Dessau, nach Rügen, nach Schlesien, und brachte im September 1808 zu konspirativen Zwecken mehrere Wochen im ostpreußischen Königsberg zu. Hier kam er mit Mitgliedern der Königsfamilie und auch mit Gneisenau, Scharnhorst und Stein zusammen. Seine Briefe von dieser Reise an Reimer sind uns heute in Teilen so unverständlich, wie sie es damals den französischen Briefkontrolleuren sein sollten. Denn statt der wirklichen Namen der Minister und Offiziere, mit denen er in Königsberg konferierte, wurden von ihm vereinbarte Decknamen verwendet, wie zum Beispiel der eines Herrn Quednow, mit dem der König gemeint war. Es waren gefährliche Reisen, vielleicht auch sinnlose, weil die Aufstände nie stattfanden. Ihre möglichen Geheimnisse enthüllten sich auch der Nachwelt nicht.

Kupferstich von Heinrich Lips

Anders verhält es sich mit der Bilanz einer privaten Reise, die ihn im Sommer 1808 nach Rügen führte und auf der er, wie er seiner Schwester mitteilte, »endlich ganz zur Ruhe gekommen« sei. Den 18. Juli nannte er im selben Brief den »Geburtstag meines neuen Lebens«, und er meinte den Tag seiner Verlobung damit. Diese aber hatte als lange Vorgeschichte eine empfindsame Männerfreundschaft, die 1801 durch seelische Gleichgestimmtheit entstanden war. Als er damals nicht nur an der Entfremdung von Friedrich Schlegel, sondern auch an der unerwiderten Liebe zu Eleonore Grumkow, der Frau seines Amtsbruders, zu leiden hatte, war er mit Henriette Herz, seiner lebenslangen Seelenfreundin, zusammen nach Prenzlau zu deren Schwester gefahren, die dort mit dem Arzt Simon Herz verheiratet war. Dort war er mit dem zehn Jahre jüngeren Sohn eines höheren, erst kürzlich geadelten Kirchenmannes bekannt geworden, der Kandidat der Theologie war und Ehrenfried von Willich hieß. In diesem ihm gefühlsverwandten Jüngling, der damals sein Geld als Hofmeister verdiente, viel im Hause des Arztes verkehrte und sich unglücklich in dessen Frau Johanna verliebt hatte, fand er nun einen Freund und Tröster, der zwar nicht »den tiefen, alles umfassenden Geist Friedrich Schlegels« hatte, aber dafür seinem »Herzen« näher stand. Der ersten Begegnung folgte ein gefühlvoller Briefwechsel, der auch noch andauerte, als Willich in Stralsund Militärpfarrer wurde und 1804 die siebzehnjährige Henriette von Mühlenfels heiratete, die bald an der Korrespondenz der Freunde lebhaft beteiligt war.

»Ich darf also selbst an Sie schreiben, es Ihnen von Zeit zu Zeit sagen, wie lieb ich Sie habe, wie ich Sie verehre, wie Ihr Andenken mich begleitet«, so beginnt der erste Brief der Verlobten an den berühmten Theologen vom Juli 1804. Mit Henriette Herz zusammen, die fortan die große Henriette genannt wurde, war er zu Besuch bei den jungen Verlobten gewesen, und da er lebhaften Anteil an deren Glück genommen hatte, riss der Briefwechsel mit vielen Beteuerungen inniger Zuneigung nicht mehr ab. Alle glücklichen und traurigen Momente ihres Lebens ließ die kleine Henriette den Freund ihres Mannes nun miterleben: die Heirat vor allem und die schwierige Geburt ihres ersten Kindes, einer Tochter, die ebenfalls Henriette genannt wurde. Deren Entwicklung gab nun der jungen Mutter viel Stoff für lange Briefe. Sie wollte von ihm, den sie gern mit Vater anredete, auch Erziehungsratschläge haben, und die gab er dem lieben Töchterchen und süßen Jettchen sehr gern. Vorher aber durfte er schon erfahren, dass sie am Vortage ihrer Hochzeit beim Abendmahl innig an ihn gedacht habe, und am Tag danach heißt es: »Zu Ihnen komme ich heute, Vater, und werfe mich mit gerührtem Herzen an Ihre Brust. Ihr Segen, Ihre Liebe, das ist ein köstlicher Brautschatz, den wollen wir immer mit uns führen, unser Leben hindurch, so wie Gottes Friede wird er über uns walten. … Wie waren Sie gestern ganz bei uns in dem Augenblick, da wir eingesegnet waren und einander in höchster Rührung und Freude um den Hals fielen. Schleiermacher und Jette, riefen wir uns da zu.« Wenn sie eine ihrer auf Rügen verheirateten Schwestern besuchte, sollte er ihre Freude an der Natur mit ihr teilen. Musste Ehrenfried sie allein lassen, tröstete sie der Gedanke an Schleiermacher, und wenn sie beim Anblick der kleinen Jette an die Möglichkeit eines kommenden Krieges dachte, war Schleier, wie er von seinen Freunden genannt wurde, der Mutmacher für sie.

Seine Antworten waren immer ausführlich, manchmal auch sanft didaktisch, immer von zärtlicher Väterlichkeit. Von seinen Erlebnissen bei der Besetzung Halles durch die Franzosen konnte er ihr 1806 noch erzählen, dann stockte der Briefwechsel der Kriegsereignisse wegen, bis ihn im März 1807 folgender Brief von ihr aus Sagard auf Rügen erreichte: »Lieber lieber Schleier, mein geliebter Freund, mein Vater! – o mein Gott, mein Gott! –. wie soll ich es Dir aussprechen, und wie sollst Du es hören! Schleier, ich bin nicht mehr die glückliche Jette, deren heiliges Glück Du im Herzen trugst, und woran Du Dich so innigst freutest. Mein lieber Schleier, mache Dich gefasst, das Bitterste zu hören. Die glückliche Jette ist nun eine arme betrübte einsam weinende Jette. O mein Schleier, so sei es denn ausgesprochen das entsetzliche Wort: mein Ehrenfried, mein innig zärtlich geliebter Ehrenfried ist nicht mehr bei mir, er lebt in einer anderen Welt. O Schleier, kannst Du es fassen, kannst Du begreifen, dass ich es überlebt habe? Ich selbst kann es nicht begreifen und nicht die Fassung, mit der ich es getragen habe und tragen werde. Welche Sehnsucht habe ich, Dir mein ganzes Herz zu zeigen. … O mein Schleier, wie sehne ich mich nach Dir, könnte ich nur an Deine Brust sinken und weinen und Dir alles sagen, was in mir ist. Du wirst mich jetzt nicht lassen, nein, gewiss nicht. Du wirst mir Trost und Stütze sein, ich fühle ein so inniges Vertrauen zu Dir.«

Ehrenfried von Willich war nach einer achttägigen Erkrankung mit dreißig Jahren an Typhus gestorben, wenige Wochen vor Henriettes zweiter Entbindung, über die sie ihrem väterlichen Freund dann auch bald berichtete, worauf dieser ihr schrieb: »Als Du den holden Knaben so glücklich ans Licht brachtest, schickte ich mich wohl eben an, zur Kirche zu gehen, um zu predigen. Ich weiß noch, dass ich Deiner gedachte in schmerzlich süßer Erwartung, bald etwas zu hören von der glücklichen Stunde, die auch Dir neues Leben bringt.« Immer, so versicherte er ihr, würde er für sie und die Kinder da sein. Den Sohn, der auf den Namen seines Vaters getauft wurde, wünschte er im Sinne des Vaters erziehen zu können, und er hoffte auf ein Wiedersehen bald nach dem Krieg.

Aber zur Reise nach Rügen kam es erst im Sommer 1808. Die neunzehnjährige Witwe hatte mit ihren zwei kleinen Kindern Unterkunft bei einem Verwandten gefunden, bei dem Pastor Heinrich Christoph von Willich, dem älteren Bruder ihres verstorbenen Mannes, der in Sagard auf Rügen nicht nur seelsorgerisch wirkte, sondern auch zum Nutzen des Fremdenverkehrs. Durch die Erschließung von Heilquellen hatte er 1795 die »Sagarder Brunnen-, Bade- und Vergnügungsanstalt« gegründet und zu einem florierenden Kurbetrieb ausgebaut. Auch Heinrich von Kleist und seine Halbschwester Ulrike waren im Sommer 1800 hier kurzzeitig Gäste gewesen. Doch machten dann 1806/07 der Krieg und die französische Besatzung dem Wohlstand ein Ende, und da Pastor Willich als Kurdirektor zurücktrat und Putbus als Kurort attraktiver wurde, verfielen die Park- und Brunnenanlagen bald wieder, so dass man sich die Brunnenaue bei Sagard, wo dem vierzigjährigen Theologen von der neunzehnjährigen Witwe das Jawort gegeben wurde, nur wenig von Kurgästen belebt vorstellen kann. Die Frage, wer die Initiative zu dem Verlöbnis ergriffen hatte, wurde im Briefwechsel des nächsten Jahres noch eingehend erörtert, und immer wieder wurde sich gegenseitig versichert, dass nicht nur die Liebenden und die beiden Kinder zu dieser Ehe gehören werden, sondern auch der nicht mehr unter den Lebenden weilende Ehrenfried. »Ja, Ehrenfried soll immer mit uns leben. Dein rechter Hochzeitstag ist der seinige, die beiden süßen Kinder hat er uns gegeben, und Du, wie Du Dich mir gibst, bist mir sein Vermächtnis.«

Schleiermachers Entschluss zur Heirat fiel zeitlich etwa mit seiner Berufung zum reformierten Prediger an der Dreifaltigkeitskirche zusammen, als welchem ihm eines der drei nebeneinander gebauten Pfarrhäuser der Gemeinde in der Kanonierstraße (seit 1951 Glinkastraße) zur Verfügung stand. Zwei der zweigeschossigen Bauten aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts sind, Ecke Taubenstraße, noch heute erhalten, während der hübsche Rundbau der Dreifaltigkeitskirche in der nahen Mauerstraße 1943 von Bomben zerstört und nach dem Kriege beseitigt wurde. Heute ist keine Spur von Schleiermachers Kirche mehr zu sehen.

Wäre es nach ihm gegangen, hätte er auch Henriette Herz, die große Henriette, mit in die Ehegemeinschaft aufgenommen, denn ohne sie, schrieb er ihr im November 1808, könnte sein Glück nicht vollständig sein. Sie aber, die wegen der kriegsbedingten Einstellung ihrer Witwenpension Geldsorgen hatte, zog es vor, sich selbständig zu machen und als Gouvernante zu einer der Schwestern der kleinen Henriette nach Rügen zu ziehen.

Ansicht der Mauerstraße mit Blick auf die Dreifaltigkeitskirche.

Federzeichnung von Johann Georg Rosenberg 1776

Auf Rügen wurde auch der Ehebund geschlossen. In der Sagarder Kirche, einer der ältesten der Insel, segnete Henriettes Schwager im Beisein der großen Henriette und der Halbschwester Nanny (die einige Jahre später den aus Rügen stammenden Ernst Moritz Arndt heiraten sollte) das ungleiche Paar am 18. Mai 1809 ein. Vier Wochen später übernahm Schleiermacher mit der feierlichen Amtseinführung als Prediger auch die baulichen Sorgen um die Dreifaltigkeitskirche, die von den Besatzungstruppen als Quartier benutzt worden war. Mit Türen, Gestühl und Wandverkleidungen waren Lagerfeuer in ihr unterhalten worden, man hatte das Glockenspiel gestohlen und die Orgel ramponiert. Die Armut, die in Berlin herrschte, verzögerte die Wiedereinrichtung, und die notwendigen Reparaturen, auch an der Kuppel der Kirche, zogen sich noch bis in die Jahre nach den Befreiungskriegen hin.

Dass die Ehe des schon bejahrten und berühmten Mannes mit der jungen verwitweten Schönen von den Zuhörern seiner Predigten, die meist aus gebildeten Kreisen kamen, neugierig beobachtet wurde, ist anzunehmen, doch gab sie nie Anlass zu Klatsch und Tratsch. Zu den zwei Kindern, die Henriette mit in die Ehe gebracht hatte, wurden in den nächsten Jahren noch drei Töchter und ein Sohn geboren, und nach außen hin wurde das Bild eines harmonischen Familienlebens immer gewahrt. Von den schmerzlichen Problemen des ungleichen Paares wusste nur ein enger Kreis der Freunde, und auch der Nachwelt wurde nur wenig davon bekannt. Wenn Varnhagen, der diese Ehe als eine »der Natur entgegen« geschlossene betrachtete, im Tagebuch rückblickend von ihr berichtet, deutet er an, dass die junge Frau ein »feindliches Verhältnis« zu Henriette Herz, zu Freund Reimer und zu ihrer Schwägerin Charlotte entwickelt habe, »worunter Schleiermacher unsäglich litt.« Auch eine Freundin der jungen Frau, eine Karoline Fischer, die die Familie mit ihren hellseherischen und heilmagnetischen Fähigkeiten tyrannisierte, stiftete Unfrieden, und schon in den ersten Jahren der Ehe musste Schleiermacher erleben, dass Henriette in leidenschaftlicher Liebe zu einem anderen entbrannte, was Varnhagen nur zu natürlich fand. Wie hätte die schöne Witwe, schrieb er, »ihren Sinn verschließen und in der ganzen Welt nichts sehen sollen als den kleinen missgeschaffenen Gelehrten, der überdies den ganzen Tag in seine Arbeit versunken war«. Ziel ihrer Sehnsüchte war der mit ihr etwa gleichaltrige, gutaussehende und geistvolle Alexander von der Marwitz, der auf der Universität in Halle Schleiermachers liebster Schüler gewesen war.

Diese Ehekrise fiel in die Jahre der engen Verbindung zwischen Marwitz und Rahel Levin, die, obwohl auf die Jüngere eifersüchtig, in dieser geheimen Liebesbeziehung doch als Mitwisserin, vielleicht auch als Förderin tätig war. Schleiermacher, der darunter am meisten zu leiden hatte, erwies sich als der Lebenserfahrenste und Edelste, indem er nämlich feinfühlend, aber entschieden auf einer Lösung des Herzenswirrwarrs bestand. Er hatte in Abwesenheit Henriettes auf ihrem Schreibtisch neben Zetteln von Rahel und griechischen, von Marwitz übersetzten Versen auch »eine Zeichnung von Alexanders Potsdamscher Wohnung« gefunden, und diese Entdeckung hatte in ihm ein Gefühl »unendlicher Ausgestorbenheit« erzeugt. Statt aber der Untreuen Vorwürfe zu machen, war er traurig darüber, dass sie, um das »höchste Glück« ihres Lebens zu finden, das Eheversprechen hatte brechen müssen, und er versprach ihr, ihr zu verzeihen. »Frei kann ich Dich nicht sprechen, aber innig bedauern. … Ich kann Dein liebes Haupt an mein Herz drücken und Deine Stirne küssen und mich Dir ganz aufs Neue geloben.« Auch er leide darunter, »dass sie sich demütigen muss unter diese Wege Gottes! Ja, mein Herz, es ist ein Schmerz in unser Leben gelegt, der nie ganz zu verwinden ist. Lass uns ihn heilig halten, Gott hat ihn hineingelegt, und lass uns Ihm zu Ehren soviel Freude drum herum säen und pflegen, als wir nur können, dass sich das Leben doch noch zu einem anmutigen und fruchtbaren Garten Gottes gestalte.«

So gelassen wie möglich, stellte er Marwitz zur Rede, ließ sich von ihm die Beendigung des Verhältnisses versprechen, fürchtete mehr als den Bruch des Versprechens die Möglichkeit, ihn dabei verletzt zu haben, und als 1814 Marwitz’ Tod auf dem Schlachtfeld bekannt wurde, trauerte er gemeinsam mit Henriette um ihn.

Der Gelehrte

Ein negatives Urteil über Scharnhorst zu fällen, fiel selbst einem so entschiedenen Reformgegner wie Friedrich August Ludwig von der Marwitz, dem älteren Bruder Alexanders, schwer. In seinen im Alter geschriebenen Memoiren hält er zwar den Nachruhm des Militärreformers für übertrieben, kommt aber um die Anerkennung seiner Verdienste nicht herum. Er missbilligt die Aufstellung des Scharnhorst-Denkmals Unter den Linden und wirft dem Bildhauer Rauch eine zu starke Idealisierung vor. Denn Scharnhorsts Gestalt und Wesen sei alles andere als militärisch gewesen, er habe vielmehr wie ein »alter, nachdenklicher Schreiber« ausgesehen. Ihm sei auch »keineswegs eine so prächtige Normal-Lende« eigen gewesen, wie Rauch sie gestaltet habe, und schließlich sei der Geehrte doch kein siegreicher Feldherr gewesen, sondern habe nur organisatorisch Gutes bewirkt.

Dieses muss Marwitz aber sogar rühmen. Es sei ein Glück für Preußen gewesen, diesen Mann in den schweren Jahren nach Jena »am Ruder der militärischen Angelegenheiten« gehabt zu haben, denn »alles Dauerhafte und Wesentliche, das zwischen 1807 und 1813 eingerichtet« worden sei, stamme von ihm. »Er hatte ein eigenes Talent, mit dem Könige umzugehen und sich durch dessen Brüskerien (so!) nicht abschrecken zu lassen. Wenn dieser eine Sache zurückwies, so schwieg er und brachte sie den andern Tag wieder vor und den dritten Tag wieder. Und wenn der König sagte: Schon hundertmal gesagt, wills nicht haben! Oder: Bleiben mir vom Halse! Gar nicht mehr von reden hören! so schwieg er wieder und rückte nach vierzehn Tagen oder drei Wochen aufs neue damit heraus, bis der König, teils aus Ungeduld, teils in dem Gedanken, es möchte wohl gut sein, weil Scharnhorst so sehr darauf versessen sei, zuhörte und schließlich auch nachgab.«

Wilhelm von Humboldt, der sich 1809 in Königsberg mit Scharnhorst anfreundete, fand ihn auf den ersten Blick sympathisch. Er beobachtete an ihm eine »ruhige, bescheidene Verschränkung der Arme« und einen »stillen, aber festen und bestimmten Ton der Stimme«. »Er ist ein sehr gescheuter, origineller Mann, zugleich von liebenswürdigem und großem Charakter, der unter einem … beinahe träumerischen Ansehen sehr viel verbirgt.«

Scharnhorst war weder als Adliger noch als Preuße geboren und hatte schon deshalb bei Marwitz und anderen Altpreußen einen schweren Stand. Dass der König sich über diese Vorurteile hinwegsetzen konnte und ihn, oft gegen den Widerstand seiner Umgebung, mit entscheidenden Posten betraute, hatte sicher nicht nur mit Scharnhorsts unzweifelhaften militärischen Qualitäten, sondern auch etwas mit seinem ruhigen, zurückhaltenden Wesen zu tun, das dem König sympathisch war. Während der Freiherr vom Stein sich leicht erregte, manchmal auch aufbrauste oder gar jähzornig wurde, zeigte Scharnhorst äußerlich immer Gelassenheit. Verglichen mit Steins Eloquenz war er ein Schweiger, und es war ihm, wie wir von seinem Schüler und Freund Clausewitz wissen, auch »eine auffallende Unbehilflichkeit im Ausdrucke eigen, als ob ihm die Mitteilung seiner Ideen schwer würde«, und diese Unbeholfenheit im Reden wurde »durch seinen langsamen hannöverischen Dialekt noch verstärkt.« Und doch war er ein ausgezeichneter Lehrer, dem nicht nur sein Schüler Clausewitz im Reformwerk verbunden blieb. Auch war er im schriftlichen Ausdruck von äußerster Prägnanz. Seine Aufsätze und Bücher, wie das »Handbuch für Offiziere«, das »Militärische Taschenbuch zum Gebrauch im Felde« oder das »Handbuch der Artillerie« bearbeitete er so lange, bis jede Unklarheit oder Weitschweifigkeit beseitigt war. Seine Denkschriften für den König waren ohne überflüssige Phrasen und immer genau durchdacht.

Er stammte aus bäuerlichen Verhältnissen, war 1755 in Bordenau bei Hannover geboren und hatte als Militärschriftsteller, Artillerieoffizier und Generalstäbler schon einen Namen, als er 1801 als Oberstleutnant aus hannoverschen in preußische Dienste übergetreten war.

Scharnhorst. Gemälde von Friedrich Bury

1802 war er vom König geadelt worden. Er hatte in Berlin die Militärische Gesellschaft und die Akademie für junge Offiziere, zu deren erstem Jahrgang auch Clausewitz gehört hatte, gegründet und geleitet, war für die Neuorganisation der gesamten Offiziersaus- und -weiterbildung tätig gewesen und 1806, bedrückt von der Vorahnung der kommenden Niederlage, im Generalstab der Armee nach Thüringen ausgerückt. Das Schlachtfeld bei Auerstädt hatte er am 14. Oktober als einer der letzten Preußen zu Fuß und leicht verwundet verlassen, sich dem Blücher’schen Armeekorps angeschlossen und dessen strapaziösen Rückzug bis zur Kapitulation am 7. November bei Lübeck mitgemacht. Fast täglich hatte er sich auf der Flucht Zeit genommen, seiner ältesten Tochter Juliane durch Briefe ein Lebenszeichen von sich zu geben, so dass wir Details dieses Rückzuges kennen, auch kuriose darunter, wie die von seiner Gefangennahme, bei der der französische Soldat, dem er sich ergab, ihn nicht gänzlich beraubte, sondern brüderlich mit ihm teilte, ihm also die Hälfte seiner Barschaft ließ. Wie damals üblich, wurden die Offiziere schon am Tage danach auf Ehrenwort freigelassen, und er hatte das Glück, gegen einen von den Preußen gefangenen französischen Obersten ausgetauscht zu werden, so dass er bald auch vom Ehrenwort, in diesem Krieg nicht mehr gegen Frankreich zu kämpfen, entbunden war. Die folgenden Briefe des einundfünfzigjährigen Obersten an seine »innigstgeliebte Tochter« kamen dann schon aus Hamburg, Rostock, Anklam und Danzig, weil er sich selbstverständlich sofort auf den Weg zum König nach Ostpreußen gemacht hatte, sich am 8. Dezember im Hauptquartier zurückmelden konnte und im Unterschied zu vielen überflüssig gewordenen Offizieren sofort auch Verwendung fand. Seine Briefe ins heimatliche Hannover berichten sowohl über den gnädigen Empfang durch König und Königin, als auch über seine Eindrücke von dieser ihm bisher nicht bekannten Provinz. Er, der ehemalige Junge vom Lande, bewunderte die Güte der Böden, war überrascht von der strengen Kälte, dem vielen Schnee und den dort üblichen warmen Pelzen, fand aber auch die dichten Wälder mit Wölfen und die kleinwüchsigen, aber erstaunlich ausdauernden Pferde bemerkenswert.

Seine privaten Briefe waren weiterhin vor allem an sein liebes Julchen gerichtet, das ihm 1808 nach Ostpreußen folgen und nach einjährigem Hofdamendienst bei der Prinzessin Marianne einen seiner Schüler, den Grafen Friedrich von Dohna-Schlobitten auf Schloss Finckenstein heiraten sollte. Oft schrieb er aber auch an seinen Bruder Wilhelm, der seine fünf Kinder bei sich aufgenommen hatte, als 1803 seine Frau mit 39 Jahren gestorben war. Seit deren Tod war er noch schweigsamer und in sich gekehrter geworden, und nur seine besten Freunde, wie Clausewitz, wussten von seiner freundlichen Lebhaftigkeit in vertrautem Kreise und seiner Empfindungsstärke, die, manchmal an Sentimentalität grenzend, besonders in seinen Briefen an die Tochter zum Ausdruck kam. Die Sorgen um seine Kinder bedrückten ihn ständig. Monatelang hatte er während des noch tobenden Krieges keine Briefe von ihnen erhalten, während die eignen, die er über den preußischen Gesandten in Hamburg leiten konnte, seine Familie erreichten. Da keine Briefe durch die Frontlinien kamen, wohl aber Zeitungen aus Hamburg in Ostpreußen eintrafen, kam Scharnhorst auf die Idee, seine Kinder zu bitten, ihm durch ein Zeitungsinserat Nachricht von ihrem Wohlergehen zu geben. Am 21. Februar 1807 konnte er dann tatsächlich im »Hamburger Korrespondenten« Folgendes lesen: »Dem Wunsche des O. v.S. zufolge, zeigen ihm dessen Kinder und Bruder W. S. in B…u bei Hannover an, dass sie wohl sind und die Freude gehabt haben, seine sämtlichen Briefe zu erhalten.«

Mit dem Frieden von Tilsit regelte sich der Briefwechsel zwischen ihm und seiner Heimat Hannover wieder. In seinen Briefen ist manchmal von Tränen, die sie benetzen, die Rede. Er versucht vorsichtig, als »Freund und Vater« der Tochter bei unsicheren Liebesgefühlen zu raten, und den jüngsten Sohn August, der Offizier werden will, erinnert er an die vielen nach dem verlorenen Kriege brotlos gewordenen Kameraden und empfiehlt ihm, lieber erst ein Handwerk zu lernen, »Kunstdrechsler, Tischler oder Uhrmacher« vielleicht. Dem Bruder Wilhelm in Bordenau konnte er nun wieder den Unterhalt für die Kinder zahlen. Er war inzwischen zum Generalmajor befördert worden, verzichtete aber auf das Gehalt eines solchen und ging so bei den nötigen Sparmaßnahmen mit gutem Beispiel voran.

Bald nach seiner Ankunft in Ostpreußen war seinem Wunsch entsprochen worden, zur kämpfenden Truppe zu gehen. An den blutigen Schlachten, die mit wechselnden Erfolgen zwischen den Armeen Napoleons und denen der Preußen und Russen ausgetragen wurden, war er führend beteiligt, konnte sich dabei den Pour le mérite erwerben, doch ist in den Briefen an seine Tochter nicht von Erfolgen und Auszeichnungen zu lesen, sondern vom Elend, das der Krieg mit sich bringt. »Die Verwüstung des Landes ist mir schrecklicher als der Krieg selbst«, schreibt er nach der verlustreichen Schlacht von Preußisch-Eylau. »Ganze Strecken von 12 bis 15 Meilen sind verwüstet, keine lebendige Seele im Dorfe, nur nach den Karten sind die Namen derselben zu erraten, kein Heu, keine Kartoffeln als die, welche die Leute noch heimlich in der Erde haben, womit sie ihr Leben hinhalten. Die Pferde laufen auf der Straße oder im Felde umher, das übrige Vieh ist aufgezehrt. Die Not macht, dass ein jeder tut, was er will. Der Feind glaubt ein Recht dazu zu haben, die Russen haben keine anderen Mittel, und die große Menge Kosaken sind wild und nicht diszipliniert. Die Dörfer sind noch voller Verwundeter, halb oder ganz verhungert. Gestern fanden wir zwanzig verwundete Franzosen in einigen Häusern eines wüsten Dorfes, die um Brot fleheten. … Noch liegt das Schlachtfeld voller toter Körper, an manchen Stellen Mann an Mann. Man behauptet, dass die Anzahl der hier liegenden Pferde gegen 15000, die der Menschen über 12000 betrage. … Die Anzahl der Verwundeten ist vier- bis fünfmal größer als die der Toten, dies weiß man aus allen Kriegen. Welch eine Verwüstung! Welch ein Morden!«

Froh über das Ende des Tötens, aber der für Preußen so demütigenden Bedingungen wegen mit »blutendem Herzen«, erlebte er an Ort und Stelle den Frieden von Tilsit, der Preußen arm, klein und kraftlos machte, Scharnhorst aber die Gelegenheit zur wichtigsten Tat seines Lebens gab. Zugleich mit seiner Beförderung wurde er vom König zum Vorsitzenden der Militär-Reorganisationskommission berufen, als der er die von ihm schon seit Jahren durchdachten und in Denkschriften geforderten Reformen, die teilweise auch den Ideen des Königs entsprachen, durchsetzen konnte, trotz heftigen Widerstands jener, denen dabei das eine oder andere Vorrecht verlorenging. Als Clausewitz sich brieflich aus seiner Gefangenschaft in Frankreich wieder zurückmeldete, machte er diesem in einem langen Brief vom 27. November 1807 die Prinzipien seines Vorhabens klar. »Man muss der Nation das Gefühl der Selbständigkeit einflößen, man muss ihr Gelegenheit geben, dass sie mit sich selbst bekannt wird, dass sie sich ihrer selbst annimmt; nur erst dann wird sie sich selbst achten und von anderen Achtung zu erzwingen wissen. Darauf hinzuarbeiten, dies ist alles, was wir können. Die alten Formen zerstören, die Bande des Vorurteils lösen, die Wiedergeburt leiten, sie pflegen und in ihrem freien Wachstum nicht hemmen, weiter reicht unser Wirkungskreis nicht.« Zwar stehe es mit der Zukunft des Staates misslich, aber wenn die Regeneration der Armee gelänge, könnte sie ihrer neuen Bestimmung entsprechen, nämlich der, mit den Bürgern des Staates in näherer, innigerer Verbindung zu sein.

Der Reorganisationskommission, zu der neben reformwilligen und reformhemmenden Offizieren auf eignen Wunsch auch der Minister vom Stein gehörte, gelang es in zähen Verhandlungen tatsächlich, zu einem Ergebnis zu kommen, so dass sich 1808 fast gleichzeitig mit Steins Bauernbefreiung und Städteselbstverwaltung auch Scharnhorsts Reformierung des Militärwesens vollzog. Die Armee, die dann 1813 gegen Napoleon antreten sollte, war eine, die den Vorsprung der französischen aufgeholt hatte, sie hatte mit der alten aus Friedrichs Zeiten wenig mehr als die Traditionen gemein.

Die Umwandlung begann mit Äußerlichkeiten, wie der Einführung zweckmäßigerer Uniformen und der Abschaffung des Zopfes, als dem Symbol der Vergangenheit. Der König hatte sich seinen Zopf schon im Mai 1807 abgeschnitten, ihn der Königin als Erinnerungsstück zukommen lassen, und diese hatte sein Ende sehr richtig als Folge der »Macht der Französischen Revolution« angesehen. Nach französischem Vorbild wurde auch die Gliederung der Armee geändert, und moderne Gefechtsmethoden wurden eingeübt. Scharnhorsts Grundsatz, mit dem er eine Denkschrift von 1807 begonnen und damit auf die Einführung des Wehrdienstes für alle gezielt hatte: »Alle Bewohner des Staates sind geborene Verteidiger desselben«, ließ sich zwar nicht durchsetzen (die allgemeine Wehrpflicht wurde erst nach seinem Tode, 1814, verwirklicht), aber die Militärpflicht wurde doch beträchtlich ausgedehnt und die Befreiung von ihr beschränkt. Abgeschafft wurde die Werbung von Ausländern. Körperliche Strafen, wie Prügeln und Gassenlaufen, wurden verboten und die sogenannte Kompaniewirtschaft, bei der höhere Offiziere an den Ausgaben und Einnahmen ihrer Einheiten verdienen konnten, durch ein modernes Wirtschaftssystem ersetzt. Offizierstellen waren nun nicht mehr dem Adel vorbehalten, sondern sie standen jedem offen, der die dazu nötige Befähigung und Bildung, die er in einem Examen nachweisen musste, besaß. Da Scharnhorsts Pläne, neben der regulären Armee, die laut Tilsiter Frieden nur die Stärke von 42000 Mann haben durfte, eine Reservearmee, die sogenannte Landwehr zu schaffen, sich unter den Augen von Napoleons Spionen nicht verwirklichen ließen, wurde von ihm das sogenannte Krümpersystem ersonnen, bei dem möglichst viele Rekruten einberufen und nach notdürftiger Ausbildung wieder entlassen wurden, wodurch man sich ohne Erhöhung der Mannschaftsstärke für den Bedarfsfall eine Reserve schuf. Neugestaltet wurde auch das Kriegsministerium, das praktisch von Scharnhorst geleitet wurde, obwohl er nicht offiziell der Minister war.

Gedacht waren alle diese Maßnahmen für einen künftigen Krieg gegen Napoleon, den Scharnhorst, Gneisenau und ihre Freunde, die an wirksame Insurrektionen in Norddeutschland glaubten, schon 1809 an der Seite Österreichs begonnen hätten, doch machte der vorsichtigere Friedrich Wilhelm III. bei diesem gewagten Abenteuer nicht mit. Als der österreichisch-französische Krieg im Oktober mit dem Frieden von Schönbrunn endete, schienen Scharnhorst alle »patriotischen Wünsche gescheitert«. Deprimiert und körperlich geschwächt durch eine fieberhafte Erkrankung, die auch seinen Freund Clausewitz ergriffen hatte, konnte er im November auf Schloss Finckenstein (wo zwei Jahre vorher Napoleon seine Romanze mit der Gräfin Maria Walewska erlebt hatte) noch die Heirat seiner Tochter Juliane mit dem in seinem Ministerium tätigen Hauptmann Friedrich Graf von Dohna-Schlobitten (einem jüngeren Bruder des Schülers und Freundes Schleiermachers Alexander von Dohna) miterleben, dann machte er sich, nachdem er in Finckenstein Abschied genommen hatte, Anfang Dezember auf die Fahrt nach Berlin. Das Königspaar und der Hof hatten Ostpreußen schon einige Tage zuvor verlassen. Berlin sollte wieder zur Residenzstadt werden. Napoleon, der den König näher an seiner Einflusssphäre haben wollte, verlangte es so.

Als am 23. Dezember 1809 die Heimkehr des Königspaares von den Berlinern bejubelt wurde, durfte auch Scharnhorst in dem Festzug nicht fehlen. Ernst Moritz Arndt, der sich unter die »Jauchzenden und Weinenden« in der Straße Unter den Linden gedrängt hatte, sah ihn, wie er sich »vornübergebückt, blass und verschlossenen Blicks von seinem Rosse unter anderen Generalen ruhig forttragen ließ.«

Die Heilige

Als im ersten Halbjahr 1807 in Ostpreußen noch verlustreiche Kämpfe tobten, die Tausende von Toten und viele Verwundete und Kranke zurückließen, machte in Königsberg eine Frau von Krüdener von sich reden, weil sie den Soldaten in den von Typhus verseuchten Behelfslazaretten wie ein Engel erschien. Sie gab Geld für Unterkünfte, half beim Verbinden, begleitete Sterbende, konnte mit jedem Franzosen, Deutschen und Russen in seiner Muttersprache reden und beten, war daneben aber auch bei der Königin Luise ein gern gesehener Gast. »Ich kann Ihnen versichern«, schrieb die Königin an ihre Freundin Karoline von Berg, »diese Frau hat mich besser gemacht, indem sie mich religiöser machte als ich war. Zum Beispiel nach einer langen Unterredung, die ich hier nicht wiederholen kann, belehrte sie mich soweit, dass ich eine Möglichkeit sah, Napoleon zu verzeihen, und ich habe ihm von Herzensgrund alles persönliche Leid, das er mir angetan und gegen mich beabsichtigt hat, verziehen.«

Achim von Arnim, der die zierliche Frau von Krüdener unter friedlicheren Umständen fünf Jahre vorher am Genfer See kennengelernt hatte, begleitete sie in Königsberg manchmal auf ihren nächtlichen Samaritergängen und hielt nach ihrer Abreise die Bewahrung ihres Andenkens für seine »heilige Pflicht«. Sein Aufsatz in Schenkendorfs Zeitschrift »Vesta« beschreibt ihre Wohltaten, erwähnt auch ihre früheren schriftstellerischen Erfolge, sagt aber über die Wandlung, die sich in ihr seit seiner ersten Begegnung mit ihr vollzogen hatte, kein Wort. Dabei war doch aus der leichtlebigen Weltdame, die in fast allen aristokratischen Salons Europas verkehrt hatte und die Rahel Levin aus dem Badeort Teplitz als »petite maitresse, mit achtzig neuen Kleidern – vierzig aus Paris und vierzig aus London – mit Pelzen im Sommer«, in Erinnerung hatte, eine Büßerin und Missionarin geworden. Die Spötter, deren es viele gab, waren freilich der Meinung, sie habe nur die weltliche Eitelkeit mit der einer Heiligen vertauscht.

Die junge Juliane von Krüdener.

Titelkupfer ihres Romans »Valerie«

Diese hübsche und gefühlvolle Frau, die sich später als durchsetzungsfähig und auch provokant erweisen sollte, war 1764 als Barbara Juliane von Vietinghoff in Riga, der Hauptstadt der damaligen russischen Provinz Livland, als Kind baltendeutscher Aristokraten zur Welt gekommen und schon als Elfjährige mit ihrem Vater, der hohe Ämter am Hofe des Zaren bekleidete, durch halb Europa gereist. Auch ihre mit achtzehn Jahren geschlossene Ehe mit Baron von Krüdener, einem Diplomaten des Zaren, führte sie von einem europäischen Land zum anderen, wie auch ihr späteres Leben, über das sie nach dem Tod ihres zwanzig Jahre älteren Mannes im Jahre 1802 selbst bestimmen konnte, eine einzige, sie kreuz und quer durch Europa führende und schließlich auf der Krim endende Reise war. Nationale Gefühle spielten für sie, wie beim alten europäischen Adel, noch keine Rolle, und Französisch sprach und schrieb sie so gut (mancher meinte, so schlecht) wie Deutsch.

Ihre Ehe, die sie in ihrem französisch geschriebenen Roman »Valerie oder Briefe Gustavs von Linar an Ernst von G.« zu einer unglaublich harmonischen verschönte, wurde ihr, nachdem sie einen Sohn und eine Tochter geboren hatte, bald unerträglich, denn als Gemahlin des russischen Gesandten an den Höfen von Berlin, Kopenhagen und Venedig war sie der dort herrschenden strengen Etikette unterworfen, gegen die ihr Selbstbestimmungsdrang rebellierte, so dass es zu längeren Trennungen der Eheleute kam. Angeblich ihrer angeschlagenen Gesundheit wegen lebte sie lange allein in Paris und dem südlichen Frankreich, wo sie die Geliebte eines jungen Dragonerhauptmanns wurde, mit dem sie zu ihrem Mann nach Kopenhagen reiste und mit dem offenen Bekenntnis ihrer außerehelichen Liebe einen Skandal auslöste, der ihren Mann zur zeitweiligen Trennung der Ehe zwang. Ihr Traum von einem stillen, naturnahen Leben mit dem Geliebten auf dem väterlichen Gut in Livland ging nicht in Erfüllung, weil der Geliebte sie bald wieder verließ. Allein aber konnte sie die östliche Einsamkeit nicht ertragen, sie folgte deshalb dem Angebot ihres Mannes, die Erziehung ihres Sohnes in Leipzig zu überwachen, wo sie ihren guten Ruf vollends schädigte, weil sie sich in eine Liaison mit einem französischen Emigranten einließ, die aber auch nicht von Dauer war. Teplitz, Genf, Paris, Lyon, Riga und auch Berlin, wo sie wieder wenige Monate an der Seite ihres Mannes verbrachte, wurden zu weiteren Stationen ihres Reiselebens, das sie unter anderem auch nach Hof führte, um Jean Paul zu besuchen, der gerade durch seinen »Hesperus« berühmt geworden war. Während der noch immer bitterarme Pastorensohn sich auf nähere Beziehungen zu der Dame von Welt nicht einlassen wollte, gewann sie unter den französischen Dichtern Verehrer und Freunde wie Bernhardin de St. Pierre und Chateaubriand. Kurzzeitig gehörte sie zu den Bewunderern, die die Madame de Staël in Coppet am Genfer See um sich scharte. Und alle diese Beziehungen zu Literaten ermunterten sie dazu, ihren schlechten Ruf mit einem tugendhaften Roman zu verbessern, der ihr, wie sie später Jean Paul mitteilte, »einfach und gut« geriet. Er »strömte so aus meiner Seele heraus, dass ich fast nicht weiß, ob es ein Hauch oder eine Schrift ist«, und erschien 1803 in Paris. Eine Übersetzung ins Deutsche folgte bald darauf.

Der Einfluss von »Werthers Leiden« und der »Neuen Héloïse« sind in diesem autobiographisch gefärbten Briefroman unverkennbar. Seine dürftige Handlung hat die reine, nämlich sinnlichkeitsfreie Liebe zum Thema und kommt mit drei gleichermaßen edlen Personen aus: mit dem schon älteren Grafen, der das Amt des schwedischen Gesandten in Venedig bekleidet, dem jungen Sekretär des Grafen und Briefschreiber Gustav sowie Valerie, der jungen Frau des Grafen, mit der die Autorin ein engelhaftes Selbstporträt zu zeichnen versucht. Die bezaubernde Titelheldin ist ihrem wesentlich älteren Gatten in treuer Liebe ergeben und ist an der heimlichen Liebe, in der Gustav zu ihr entbrennt, so unschuldig, dass sie sie erst bemerkt, als der Unglückliche an gebrochenem Herzen stirbt.

Glaubt man den schwärmerischen Briefen, mit denen die Autorin Jean Paul vergeblich zum Schreiben einer lobenden Rezension über »Valerie« veranlassen wollte, so vergossen die französischen Leser über den Roman viele Tränen, und durch das Bedürfnis der Pariserinnen, sich wie Valerie zu kleiden, wurde eine neue Mode kreiert. Wenn auch böse Zungen behaupteten, Frau von Krüdener habe durch ständiges Nachfragen in den Pariser Modesalons selbst dazu beigetragen, eine Mode à la Valerie zu entfachen, so ist doch richtig, dass der Roman ein Verkaufserfolg war. Um diesen nun auch in Deutschland zu wiederholen, sollte Jean Paul ihr Buch öffentlich loben, und da, wie sie behauptete, die französischen Journale, die ihres Lobes voll waren, in Russland weniger als die deutschen gelesen würden, komme auf diese Weise ihr Ruhm auch dem Zaren vor Augen, und darauf allein ziele sie ab. »Ich gehe nach Russland«, schreibt sie weiter, »meine Pflicht ruft mich dahin. Ich hoffe, allmählich meinen Bauern Freiheit zu verschaffen, wenigstens ihnen nützlich zu sein. Um Einfluss zu haben, um anderen Menschen zu dienen, muss man gekannt sein. Hätte ich bloß Eitelkeit, – o, die ist genug befriedigt worden! Aber mein Herz hat noch mächtigere, noch edlere Bedürfnisse: helfen, wo ich kann, Gutes wirken, wo ich kann und so recht erst meines Romans genießen. Denn was wäre Ruhm ohne das Glück der Moralität dabei? Also gekannt will ich sein, und das auch von unserm vortrefflichen Kaiser«, – womit sie Alexander I. meinte, der 1801 Zar geworden war. Und dann schreibt sie Jean Paul auch gleich vor, was die Rezension, die nie geschrieben wurde, beinhalten sollte: die »große Moralität« des Buches solle gelobt werden und der »ungeheure Beifall« in Frankreich recht breit ausgemalt.

Nach Russland ging sie damals tatsächlich wieder, doch statt sich um die Befreiung der Bauern zu kümmern, hatte sie dort ihre sogenannte Erweckung, mit der die Zweiundvierzigjährige sich von der adligen und literarischen Welt abwandte und mit ihren Samariterdiensten in den preußischen Lazaretten ein neues, der christlichen Missionierung gewidmetes Leben zu führen versuchte, das nach nächtlichen Gebetsstunden allein mit dem Zaren einen Höhepunkt in der Gründung der Heiligen Allianz finden sollte, dann aber mit der Verbannung aus politischen Gründen seinen Abschluss fand.

Ihr sonderbares, teils auch kurioses Leben war doch in doppelter Hinsicht für diese Übergangszeit bezeichnend. Es markiert die beginnende Befreiung der Frauen aus konventionellen Zwängen, die sich besonders in vermögenden Kreisen wie denen des Adels zeigte, wo Selbstbestimmung finanziell auch gesichert werden konnte, und es ist auch als Reaktion auf den Rationalismus der Aufklärung zu begreifen, die das Christentum wieder erstarken ließ. Bei den Protestanten zeigte sich diese Glaubensstärkung teils als Annäherung an den Katholizismus, mit vielen Übertritten zu diesem, teils als sogenannte Erweckungsbewegung, in der sich der nicht nur bei den Herrnhutern noch lebendige Pietismus mit verschiedenen Arten von Mystizismus, vor allem dem Swedenborgs, verband. Katholische Tendenzen sind beispielsweise bei Novalis, Wackenroder und Fouqué zu finden. Unter den Konvertiten befanden sich so bedeutende Leute wie Friedrich und Dorothea Schlegel, Adam Müller und Zacharias Werner. Und die neue protestantische Frömmigkeit, die teilweise, wie bei Matthias Claudius, in einem von der Aufklärung nicht erreichten Volksglauben wurzelte, teils auch von der Mystik Jakob Böhmes beeinflusst wurde, nahm dann in den Befreiungskriegen, bei Arndt und Schenkendorf besonders, militante Züge an. Einer der ersten Erweckten war Johann Heinrich Jung, der sich als Autor Jung-Stilling nannte und in seiner 1777–1778 erschienenen, viel gelesenen und auch heute noch lesenswerten »Lebensgeschichte« dem Rationalismus eine Frömmigkeit entgegensetzte, die nicht auf Vernunft, sondern auf Gemüt beruht. Einer seiner Anhänger wurde zeitweilig auch Frau von Krüdener. Als sie dann aber in der Restaurationsperiode prophetische Gaben in sich zu entdecken meinte und, dem Postulat christlicher Nächstenliebe folgend, die Ärmsten der Armen mobilisierte, wurde sie zu einer politischen Gefahr.

Juliane von Krüdener 1822.

Gouache von Johann Renatus Lüderitz

Dass der wenig christliche und allem Fanatismus abholde Goethe diese bizarre Gestalt der Zeitgeschichte nicht mochte, zeigen neben einer abfälligen Bemerkung, die er anlässlich ihres Todes 1824 dem Kanzler Müller gegenüber machte, auch auf sie zielende Verse, die man in seinem Nachlass fand:

»Junge Huren, alte Nonnen

Hatten sonst schon viel gewonnen,

Wenn, von Pfaffen wohlberaten,

Sie im Kloster Wunder taten.

Jetzt geht’s über Land und Leute

Durch Europens edle Weite!

Hofgemäße Löwen schranzen,

Affen, Hund’ und Bären tanzen –

Neue leid’ge Zauberflöten –

Hurenpack, zuletzt Propheten!«

Die Verlobten

Im Jahre 1808, als Berlin noch von den Franzosen besetzt war, lernten Karl August Varnhagen und Rahel Levin sich kennen, und zwar in der Straße Unter den Linden, wo er die aus der Ferne schon lange Bewunderte zufällig traf. In Gesellschaften waren sie einander bereits begegnet, aber Rahel hatte ihn unbeachtet gelassen, und er hatte eine Annäherung an die in seinen Kreisen berühmte Frau nicht gewagt. An diesem nasskalten Frühlingstag aber kam sie ihm auf der Straße entgegen, und da sie von einer ihm bekannten Freundin begleitet wurde, war es ihm möglich, die beiden anzusprechen und ein paar Schritte mit ihnen zu gehen. Um sich als jemand auszuweisen, der in den von Rahel geschätzten Kreisen verkehrte, benutzte er einen ihrer originellen Aussprüche, und da er diesen falsch zitierte, musste die Urheberin ihn korrigieren, und dabei lud sie ihn auch gleich ein. Er solle sich, um nicht wieder falsch unterrichtet zu werden, doch lieber persönlich an die Quelle solcher Äußerungen begeben, also ins Levin’sche Haus in der Jägerstraße, wo sie bis zum Herbst 1806 ihren berühmten Salon geführt hatte. Gleich am nächsten Tag war Varnhagen schon dort.

Damit begann für den dreiundzwanzigjährigen Medizinstudenten, der als Publizist, Chronist und Autographensammler in die Kulturgeschichte eingehen sollte, eine neue Lebensperiode, in der seine Gefühle auf die vierzehn Jahre ältere Rahel fixiert waren und seine Lebensführung das bisher Ziellose verlor. Er hatte, seinem früh verstorbenen Vater folgend, Arzt werden sollen und wollen, das Studium an der Berliner Ausbildungsstätte für Militärärzte, der sogenannten Pépinière, aber nicht abgeschlossen, war in Hamburg und Berlin als Hauslehrer in reichen jüdischen Familien tätig gewesen, hatte sich an der Universität in Halle mehr als der Medizin den Geisteswissenschaften gewidmet und sich immer wieder im Verein mit Chamisso und anderen jungen Autoren mit geringem Erfolg als Dichter versucht. Nun aber wollte er um Rahels willen sein Studium zu Ende bringen, doch war der eigne Antrieb, sich als Arzt zu etablieren, nicht sonderlich groß.

Rahel Varnhagen von Ense, geb. Levin.

Bleistiftzeichnung von Wilhelm Hensel 1822

Rahel hatte damals gerade erfahren müssen, dass die Politik, um die sie sich nur wenig gekümmert hatte, für ihr Leben weitgehend bestimmend war. Die Auflösung ihres Salons im Herbst 1806