Erfüllende Beziehungen - Saleem Matthias Riek - E-Book

Erfüllende Beziehungen E-Book

Saleem Matthias Riek

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Beschreibung

Saleem Matthias Riek und Adriana Feldhege sprechen über Wegweiser und Hindernisse für "Erfüllende Beziehungen". Dabei fließen sowohl ihre persönlichen als auch ihre professionellen Erfahrungen in der Paar- und Sexualtherapie als auch aus Seminaren rund um Liebe, Eros, Bewusstsein und Tantra mit ein. Im Einzelnen geht es um Sex, Herz und Bindung als wesentliche und eigenständige Dimensionen einer Liebesbeziehung, um die Paradoxie bedingungsloser Liebe, um Sehnsüchte als Wegweiser und die Bedeutung von Offenheit für Unbekanntes. Die beiden sprechen auch über Erotik und Sexualität, über Flexibilität im Umgang mit erotischen Vorlieben und Obsessionen, über sexuelle Identität und Orientierung und die kulturellen Bilder von Frausein und Mannsein, die im unmittelbaren Kontakt zu Hindernissen werden können. Weitere Themen sind die Bedeutung von Gemeinsamkeit und Andersartigkeit für intimen Kontakt, was bei Eifersucht helfen kann und warum Beziehungen manchmal harte Arbeit, aber auch leicht und spielerisch sein können.

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Inhalt

V

ORWORT

E

INFÜHRUNG

1. S

EX

, H

ERZ UND

B

INDUNG

2. B

EDINGUNGSLOSE

L

IEBE

3. V

ERANTWORTUNG FÜR DIE

L

IEBE

4. S

EHNSUCHT

5. I

NTIMITÄT

6. G

RENZEN

, W

ÜNSCHE UND

V

ORLIEBEN

7. E

ROTISCHE UND SEXUELLE

V

ORLIEBEN

8. S

EXUELLE

I

DENTITÄT UND

O

RIENTIERUNG

9. G

ESCHLECHTSUNTERSCHIEDE

10. G

EMEINSAMKEIT UND

A

NDERSARTIGKEIT

11. E

IFERSUCHT

12. A

RBEIT

, S

PIEL UND

G

NADE

Z

UR

P

ERSON

Vorwort

Erfüllende Beziehungen, wer würde da widerstehen können? Und doch scheint es manchmal eine unerreichbare Traumvorstellung zu sein, dass wir unsere Beziehungen in der Tiefe genießen, dass wir sie bewusst gestalten können und sie als erfüllend erleben.

Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass wir alle eine Zeit durchlebt haben, in der wir uns unsere Beziehungen nicht aussuchen konnten. Wir mussten nehmen, was wir hatten, wir konnten uns keine andere Mama oder einen anderen Papa backen, keine andere Oma, keine anderen Geschwister (oder überhaupt welche) und noch nicht einmal andere Nachbarinnen, andere Lehrer oder andere Mitschülerinnen. Wir haben gelernt, uns an die Personen anzupassen, die nun mal da waren.

Diese frühen Erfahrungen haben unser Selbstbild, unser Menschenbild und unser Weltbild geprägt, wir kannten ja keine andere Welt. Und doch wohnt in vielen von uns die Sehnsucht, dass es anders sein möge, vor allem wenn wir vernachlässigt, manipuliert oder verletzt wurden. Und wer wurde das nicht?

Es ist erstaunlich, wie überlebensfähig unsere Sehnsucht danach ist, wirklich geliebt zu werden und selbst zu lieben. Sie kann nach vielen Jahren der Resignation wieder aufflammen, sobald wir einem Menschen begegnen, der in einem gewissen Umfang unsere Hoffnung wieder aktiviert. Wenn wir dann glauben, wir hätten den oder die Richtige gefunden und alles andere fände sich von selbst, liegt die Enttäuschung meist nicht weit, manchmal sucht sie uns aber auch erst Jahre später wieder auf. Wenn wir das einige Male erlebt haben, fällt unsere Sehnsucht womöglich in ihren Tiefschlaf zurück und wir arrangieren uns mit unserem Single-Leben oder mit einem "Durchmarsch zu zweit", wenn er denn einigermaßen auszuhalten ist.

Oder, und für diesen Fall haben wir dieses Gespräch geführt, wir werden neugierig. Vielleicht sind wir sogar einigermaßen zufrieden mit unserem Liebesleben, aber wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, bemerken wir: Da geht noch was! Anstatt zu glauben, es ginge nur darum, unsere "bessere Hälfte" zu finden, entwickeln wir eine zunehmende Bereitschaft, aus unseren Beziehungen, aus den Beziehungen anderer und vielleicht auch mit professioneller Hilfe zu lernen und uns in unserer Liebesfähigkeit weiterzuentwickeln. Unsere Sehnsucht nach erfüllenden Beziehungen wird zu unserem Kompass.

Seit vielen Jahren begleiten wir Menschen auf diesem Weg. In unserem Gespräch, das bereits seit Jahren als Video und als Podcast verfügbar ist, haben wir einige unserer Erfahrungen und Erkenntnisse zu diesem Thema zusammengetragen. Auf vielfachen Wunsch machen wir es nun auch in lesbarer Form verfügbar.

Wir wünschen dir, liebe Leserin, lieber Leser, eine spannende, aufschlussreiche und inspirierende Reise auf dem Weg zu und mit deinen erfüllenden Beziehungen.

Sölden und München, Juni 2023

Einführung

Adriana: Hallo Saleem, herzlich willkommen zu unserem heutigen Gespräch über Beziehungen. Wir wollen über Geheimnisse erfüllender Beziehungen sprechen beziehungsweise über Wegweiser dorthin. Ich denke, das Thema erfüllende Beziehungen ist für viele Menschen relevant.

Wir kennen uns aus vielen Trainings und Assistenzen, die ich bei dir durchlaufen habe, und ich habe dich als einen scharfsinnigen und feinfühligen Lehrer und Leiter erlebt, der es schafft, in diesem sehr komplexen und verwirrenden Bereich rund um die Liebe, in dem so viele Paradoxien enthalten sind, immer wieder Dinge so zu formulieren, dass sich beim Zuhören oder Lesen neues Bewusstsein entwickeln kann.

Saleem: Danke für Lobesrede, liebe Adriana. Ich werde da etwas beklommen, mir ist das eher unangenehm. Du bist seit vielen Jahren Paartherapeutin und natürlicherweise allein schon deswegen auch sehr erfahren beim Thema erfüllende Beziehungen und was Wegweiser dorthin sein könnten.

Adriana: Also lass uns ins Gespräch kommen zum Thema Geheimnisse erfüllender Beziehungen. Ich habe mir Gedanken darüber gemacht und natürlich auch meine eigenen Erfahrungen. Ich freue mich, wenn wir miteinander in die Forschung einsteigen.

Saleem: Ja, das machen wir, ich freue mich darauf.

Adriana: Gut. dann will ich dir erzählen, wie ich mir ausgedacht habe, dieses Gespräch heute zu führen. Ich habe als Schülerin und auch als Assistentin immer wieder mal wieder Sätze und Inhalte von dir gehört, die ich zusammengesammelt habe und hier in den Diskussionsraum stellen möchte. So werde ich dich jetzt an einige deiner Thesen erinnern, um mit dir ins Gespräch darüber zu kommen. Darf ich loslegen?

Saleem: Okay, wir gehen in medias res.

1. Sex, Herz und Bindung

Sex, Herz und Bindung sind eigenständige Dimensionen in einer Beziehung, die ihre jeweils eigene Dynamik haben und ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten.

Adriana: Diese These finde ich sehr interessant. Magst du etwas dazu sagen, Saleem?

Saleem: Ja gerne. Ich finde, dass oft etwas verwechselt wird, indem zum Beispiel behauptet wird, dass, wenn jemand Sex mit jemand anderem hat, automatisch eine Bindung entsteht oder wenn jemand verliebt ist, dass das automatisch etwas mit Bindung zu tun hat. Das würde heißen, dass Sex und Herz automatisch Bindung schaffen.

Teilweise wird schon noch zwischen Sex und Herz differenziert und anerkannt, dass es dabei um verschiedene Qualitäten geht. Aber selbst das ist für manche schwierig, genau auseinanderzuhalten. Was ist eine erotische Qualität in einer Begegnung und was ist eine Herzensqualität?

Die dritte Dimension wird meistens komplett ausgeblendet und kommt dann unbewusst mit ins Spiel, nämlich die Frage: Wie und an wen binden wir uns?

Sexualität ist eher etwas, was mit Polarität zu tun hat, also mit Spannung und mit der Frage, wie gehen wir damit um, dass wir verschieden sind? Wie können wir das erotisch besetzen? Wie kann daraus ein gewisses Prickeln entstehen?

Herzensqualität ist aus meiner Sicht eher eine Art und Weise, mit der wir uns umarmen, unsere Gemeinsamkeit spüren, Verbundenheit spüren und einander annehmen, so wie wir sind.

Bindung ist nochmal etwas anderes. Bindung heißt, dass das Ganze auf Kontinuität angelegt ist und beinhaltet auch Bedürfnisse wie Zugehörigkeit und Verlässlichkeit, die wir natürlich aus unserer Kindheit stark kennen.

Sie haben eine eigene Qualität, die nicht notwendigerweise mit einer sexuellen oder erotischen beziehungsweise einer Herzens- oder Liebesqualität einhergehen muss, aber natürlich durchaus kann.

Adriana: Okay. Würdest du denn sagen, dass Sex, Herz und Bindung zu gleichen Teilen vorhanden sein sollen? Also die sexuelle Energie den gleichen Anteil haben sollte wie Herzenergie und Bindungsenergie? Oder muss das nicht unbedingt so sein?

Saleem: Ich stelle mir das als ein Dreieck vor, bei dem jede Seite des Dreiecks eine dieser Qualitäten verkörpert. Dieses Dreieck ist stabiler, wenn alle drei Qualitäten in der Beziehung Platz haben.

Allerdings würde ich nicht sagen, das muss immer genau ausgewogen sein, sondern im Gegenteil. Ich würde sogar sagen, für die meisten wäre es erstmal wichtig, jede dieser Qualitäten als eine eigenständige Qualität kennenzulernen und sie nicht mit den anderen zu verwechseln.

Also zum Beispiel: Wenn ich erotisch auf jemanden stehe, dann heißt das noch nicht, dass ich diese Person liebe oder umgekehrt. Wenn ich jemand liebe, heißt das noch nicht, dass ich auf diese Person erotisch abfahre.

Das ist für manche schon beängstigend, diese Vorstellung, dass das ganz verschiedene Dimensionen sind und dass man diese voneinander trennen kann.

Manchmal wird das auch vorgeworfen, wenn jemand diese Dimensionen trennt. Darf man das? Aber es sind erstmal verschiedene Qualitäten, so wie wir Arme und Beine haben. Die können verschiedene Dinge bewerkstelligen, aber natürlich sind sie durch einen gemeinsamen Körper miteinander verbunden.

Adriana: Das ist spannend, wie du das gerade sagst. Wenn wir zum Beispiel keine Arme hätten, sind wir doch immer noch ein Mensch. Natürlich ist es schöner, mit Armen zu leben als ohne, aber wir bleiben ein Mensch.

Und ja, ähnliche Dinge höre ich in meiner Arbeit manchmal auch, z.B. den Aspekt, den du gerade genannt hast: Wenn da Liebe ist, aber keine sexuelle Anziehung, dann kann es keine richtige Liebe sein. Aber das stimmt eben nicht.

Sagtest du gerade, es kann Liebe da sein, auch wenn keine sexuelle Energie da ist? Und umgekehrt? Ich denke nämlich manchmal auch so: Wenn so viel sexuelle Energie da ist, muss doch auch Liebe im Spiel sein.

Saleem: Genau, so denken wir. Aber stimmt es auch?

Adriana: Das ist im Grunde schon spannend genug, aber noch spannender wird es an der Stelle, wo wir denken: Wenn wir jemanden lieben, müssen wir doch auch eine Beziehung eingehen wollen!

Saleem: Und eine Beziehung zu wollen heißt, eine Bindung zu wollen. Spätestens wenn Leute erzählen, sie haben verschiedene Partner – und das heißt, sie binden sich auch an verschiedene Partner – sagen die meisten Menschen: Das hat doch Grenzen. Wir können nicht mit jedem Menschen eine Beziehung haben! Das stimmt natürlich, da kommen wir zeitlich an Grenzen.

Aber auf der Ebene der Liebe können wir durchaus eine ganze Menge Menschen lieben, ohne dass wir viel Zeit mit ihnen verbringen. In meinem Verständnis von Liebe können wir unser Herz für eine Person öffnen, sodass wir sie annehmen können, wie sie ist, aber nicht unbedingt Zeit mit ihr verbringen.

Es kann eine kurze Begegnung sein, kann ein Augenkontakt sein, der voller Liebe ist, aber da ist möglicherweise noch keine Bindung im Spiel. Das heißt, nach diesem Augenkontakt gehe ich weiter und lasse diese Person wieder los. Das Bedürfnis nach Bindung, nach Zuverlässigkeit, nach "wir gehören zusammen" ist von der Qualität her was anderes als das, was ich als Liebe bezeichnen würde.