Garnets Geschichte - Amy Ewing - E-Book

Garnets Geschichte E-Book

Amy Ewing

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Beschreibung

Garnets Geschichte – ein Muss für alle Fans der Serie In ›Die Gabe‹ und ›Die Weiße Rose‹ folgen wir Violet, während sie unter der Herrschaft der Herzogin vom See in deren Palast dient und nach ihrer Flucht aus dem Juwel. Nun erfahren wir in einer E-Only-Story die Geschichte des Sohns der Herzogin. Garnet war immer ein verwöhnter Playboy, doch jetzt muss er zum ersten Mal die Schrecken zur Kenntnis nehmen, die seine Familie und die herrschende Adels-Clique in der Einzigen Stadt verbreitet haben. Und er scheint bereit zu sein, etwas dagegen zu unternehmen.

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Seitenzahl: 114

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Amy Ewing

Garnets Geschichte

Das Juwel – Eine Story

Aus dem Amerikanischen von Andrea Fischer

FISCHER digiBook

Inhalt

1234567891011Leseprobe aus Band 3 der Trilogie1

1

Als wir mit dem Automobil vor dem Nachtclub halten, lauert bereits ein ganzer Schwarm von Fotografen.

»Soll ich zum Hintereingang fahren, Sir?«, fragt der Chauffeur. Er ist nicht ganz so ungehobelt, wie die Fahrer aus der Bank es manchmal sind. Einer besaß sogar die Frechheit, mich um ein Autogramm zu bitten!

»Hintereingänge sind für Dienstboten«, sage ich. »Ist schon gut so.«

Ich prüfe mein Spiegelbild in der Fensterscheibe. Perfektere Gesichtszüge als meine kann man nicht haben. Die obersten beiden Knöpfe des Hemds habe ich geöffnet, dazu einen Hauch Aftershave aufgelegt. Ich setze mein verwegenstes Grinsen auf, fahre mir noch mal durch die Haare und öffne die Wagentür. Sofort stürzen sich alle auf mich.

»Garnet! Garnet, hier!«

»Bitte lächeln!«

»Ist es wahr, dass Sie im Waleford Hotel einen Schaden von dreißigtausend Diamantinen verursacht haben?«

»Wie viele Skandale kann das Haus vom See noch vertragen, bis Sie seinen Ruf unwiederbringlich beschädigt haben?«

Bei dieser Frage halte ich inne. Ich drehe mich um und sehe den Fotografen durchdringend an.

»Sehr schmeichelhaft, dass Sie mir zutrauen, den Ruf eines Hauses zu zerstören, das zu den Gründungshäusern der Einzigen Stadt gehört«, erwidere ich.

Der Mann besitzt genug Anstand, ein beschämtes Gesicht zu machen.

Eine andere Reporterin springt in die Bresche. »Wird Ihre Frau Mutter morgen auf der Auktion ein Surrogat erstehen?«, fragt sie.

Irgendjemand macht immer die Stimmung kaputt, indem er nach meiner Mutter fragt. Als wäre sie das einzig Interessante an mir.

»Meine Mutter weiht mich nicht in ihre Pläne ein, schon gar nicht wenn es um Familienplanung geht. Sie hat mehr als genug mit dem einen Kind zu tun, das sie hat, wie Ihnen allen bereits aufgefallen sein dürfte.« Unter dem Gelächter der Reporter schlüpfe ich in den Nachtclub.

Sie rufen meinen Namen, wollen mehr wissen, doch ich lasse ihre Fragen an mir abperlen wie Regentropfen. Es ist mir schnurzegal, welchen Ruf ich bei den Zeitungen der Bank habe.

Eines Tages werde ich der Herzog vom See sein.

Die Meinung anderer Leute juckt mich nicht im Geringsten.

 

Der Club heißt »Kronjuwel«. Kein besonders einfallsreicher Name, aber der Laden ist neu und hat gute Kritiken bekommen.

Natürlich war ich auch schon zur großen Eröffnungsparty geladen, aber ich habe mit meinem Besuch ein paar Tage gewartet, weil der Abend vor der Auktion so furchtbar ist, dass ich ihn möglichst weit entfernt von meiner Mutter verbringen möchte. Kurz vor der Auktion ist sie immer besonders unausstehlich, auch wenn sie nie ein Surrogat ersteigert. In diesem Jahr war sie wirklich der absolute Albtraum.

Nachdem sie also mit meinem Vater aufgebrochen ist, um den Abend im Palast von der Rose totzuschlagen, hatte ich das Gefühl, es sei höchste Zeit, mal wieder in der Bank einzufallen. Seit einer Woche bin ich nicht mehr dort gewesen, seit dem Abend im Waleford Hotel, und das Juwel kann so stinklangweilig sein. Außerdem sind die adeligen Mädchen entweder verklemmt oder hängen zu sehr an ihrem Gefährten. Am besten kann man mit den Mädels aus der Bank feiern.

Mein Vater tut mir nicht besonders oft leid, aber momentan schon. Wie viele Auktionsvorabend-Dinner musste er schon über sich ergehen lassen? Worüber reden die da eigentlich? Wie die Surrogate aussehen? Etwas Langweiligeres als ein Surrogat kann ich mir nicht vorstellen. Sie bekommen den Mund nicht auf, und wenn doch sagen sie höchstens »Ja, Mylady« oder »Nein, Mylady.« Sie werden wie Hunde an der Leine herumgeführt, aber meistens sieht man eh nicht viel von ihnen. Im Vergleich zu ihnen sind die normalen Dienstboten richtig interessant, lügen beispielsweise meine Mutter an oder haben untereinander Affären.

Ein großer, stämmiger Kerl in einem langen Mantel öffnet mir mit einer Verbeugung die Tür. Ein Schwall warmer Luft schlägt mir entgegen. Es riecht nach Parfüm und Schweiß. Die Beleuchtung in diesem Laden ist legendär – in der Mitte der Decke hängt ein riesengroßer Lüster aus Tausenden kleiner Glaskugeln. Um die Tanzfläche herum sind runde Tische gruppiert, auf denen kleine Lämpchen mit malvenfarbenen Schirmen und goldenen Fransen stehen. Die Theke ist von hinten beleuchtet und lässt die Flaschen grün, blau und bernsteinfarben schimmern.

Es spielt eine Blaskapelle. Die Tanzfläche ist gut gefüllt mit der jüngeren Generation aus dem Juwel und der wohlhabenden Schicht aus der Bank. Ein Mädchen zwinkert mir zu, als ihr Tanzpartner sie zu einer Drehung herumwirbelt.

Ich gehe zur Theke. Die Leute machen mir Platz, manche grüßen mich mit einem Handschlag oder einer Verbeugung. Die Bankbewohner tun gern so, als wären sie ganz dick mit dem Adel. Das stört mich nicht, so lange ich dadurch schneller an meinen Drink komme.

»Was darf es heute Abend sein, Sir?«, fragt der Barkeeper. Er ist ein Profi – in seinen Augen flackert es nur ein klein wenig, als er mich erblickt.

»Ein Whiskey, pur.«

Er nickt.

»Garnet!« Peri schwankt auf mich zu, schon jetzt wieder betrunken. Er kommt aus dem Haus vom Bach, und ich habe immer den Eindruck, als würde er davon ausgehen, dass wir allein deshalb schon Freunde sein sollten. Als ob ein See und ein Bach dasselbe wären. Mit vollem Namen heißt er Peridot – ich kann ihm nicht verübeln, dass er sich lieber beim Spitznamen rufen lässt. Wenn meine Mutter mir einen so dämlichen Namen gegeben hätte, würde ich sie erwürgen.

»Locker, Peri!«, sage ich. Schwer stützt er sich auf ein Mädchen an seiner Seite. Sie ist hübsch, aber für meinen Geschmack zu blond.

»Ist in Ordnung«, kichert sie. »Hi, ich bin Lacey.« Sie wirft mir einen glutvollen Blick zu, den sie mit Sicherheit zu Hause vor dem Spiegel eingeübt hat.

»Wir haben einen Tisch. Hab mich schon gefragt, wann du endlich auftauchst«, sagt Peri. »Komm mit!«

Der Barkeeper gibt mir mein Glas, ich werfe ein paar Diamantinen auf den Tresen. Dann arbeiten wir uns durch die Menge zu einer kleinen Sitzecke weiter hinten durch. Jasper aus dem Haus vom Tal sitzt zwischen zwei brünetten Mädchen. Ein untersetzter Kerl namens Marver hat eine pummelige Blondine im Arm. Schnell steht er auf und hält mir die Hand hin. Seine Mutter führt eines der besten Gefährtenheime in der Bank.

Neben dem einzigen freien Platz in der Runde sitzt ein umwerfendes Mädel – Haare wie poliertes Kupfer, dunkelrot geschminkte Lippen, tiefausgeschnittenes blaues Kleid, das nicht viel der Phantasie überlässt … Sie lächelt mich an.

»Ist der Platz schon besetzt?«, frage ich. Sie lacht, tief und kehlig. Eine Woge des Verlangens rollt über mich hinweg.

»Ganz und gar nicht«, sagt sie. »Was trinkst du?«

»Whiskey.« Ich halte mein Glas hoch.

»Ich auch«, erwidert sie, lächelt wieder und stößt mit mir an.

Ich glaube, ich bin verliebt.

»Garnet, kennst du Cyan schon?«, fragt Marver. »Ihr Vater ist der Inhaber des Juwel-Boten.«

»Also pass auf, was du in ihrer Nähe sagst«, mahnt Peri mit einem demonstrativen Augenzwinkern. Am liebsten würde ich ihn schlagen. Er macht alles kaputt, bevor ich überhaupt losgelegt habe.

Aber Cyan lacht nur. »Heute Abend ist alles inoffiziell, versprochen«, sagt sie. Ihre Hand streift meinen Oberschenkel, dann sieht sie mir tief in die Augen und leert ihr Glas in einem Zug.

»Noch einen?«, frage ich. Sie lächelt.

 

Als ich am nächsten Morgen erwache, habe ich das Gefühl, mein Schädel wäre riesengroß und die Zunge aus Sandpapier.

»Oooh«, stöhne ich, will mich umdrehen, rutsche stattdessen aber aus dem Bett auf den Boden. Ich bin noch im Anzug. Das Hemd ist allerdings aufgeknöpft, dazu trage ich noch einen Schuh.

Was ist gestern Abend passiert?

Ich versuche, mich zu erinnern, kann aber keinen klaren Gedanken fassen. Cyan drückte sich auf der Tanzfläche an mich, auf unserem Tisch standen Whiskey- und Champagnerflaschen, Cyan zog mich in eine dunkle Ecke, presste ihre Lippen auf meine …

Ich schlage die Augen auf. Wir sind irgendwo gewesen. Zu zweit. Mir fällt wieder ein, dass sie mein Hemd aufgeknöpft hat, ich den Reißverschluss ihres Kleids aufzog.

O nein. Ich habe doch hoffentlich nicht … Ich fasse mir in den Schritt, als könnte ich dadurch erfühlen, ob ich das einzige Gesetz des Adels gebrochen habe, das auf gar keinen Fall verletzt werden darf. Gegen jedes andere habe ich längst verstoßen, nur gegen dieses eine nicht: Sex vor der Ehe. Und zwar mit einem Mädchen aus der Bank? Ich würde mein Erbe verlieren, meinen Titel, alles.

Ich läute nach einem Lakai. Brauche jetzt dringend einen Kaffee und etwas zu essen. Vielleicht habe ich ja doch nichts Schlimmes getan, sondern nur ein bisschen mit ihr rumgemacht. Irgendwie meine ich mich zu erinnern, dass ich ihr was versprochen habe, sie daraufhin lachte und dann ganz rührselig wurde. Ein neues Auto? Könnte sein. Oder eine Einladung in die Konzerthalle im Juwel?

Mit pochendem Schädel stehe ich auf, schleppe mich ins Badezimmer und drehe den Hahn auf. Das warme Wasser ist eine Wohltat fürs Gesicht. Ich betrachte mein Spiegelbild: Die Augen sind rot und geschwollen, die Haare strubbelig.

»Was hast du bloß getan?«, frage ich mich.

Es klopft an der Tür. »Herein!«, rufe ich und trockne mir das Gesicht mit dem Handtuch ab. »Hoffentlich hat Zara heute einen starken Kaffee gekocht.«

Doch als ich zurück ins Zimmer komme, steht da kein Lakai, um mir das Frühstück zu bringen, sondern Annabelle.

Selbst wenn ihr Gesicht nicht das ausdrucksstärkste wäre, das ich je gesehen habe, liegt auf der Hand, dass ich Ärger bekomme. Wahrscheinlich hat sich keiner der Lakaien getraut, mir heute gegenüberzutreten.

»Was habe ich getan?«, frage ich.

Annabelle stellt das Tablett auf dem Tisch ab und schreibt etwas auf ihre Schiefertafel.

Auto

»Hab ich einen Unfall gebaut?« Ich kann mich nicht erinnern, am Vorabend nach Hause gefahren zu sein.

Annabelle verdreht die Augen.

SEE

»Ich bin damit in den See gefahren?«

Sie nickt.

»In unseren See?«

Sie nickt erneut.

»Wow. Das ist mal was Neues!«

Ich kann nicht anders – ich muss lachen. Die Vorstellung, dass meine Mutter am Tag der Auktion aufwacht, aus dem Fenster schaut und das Automobil ihres Sohnes in ihrem kostbaren See erblickt, ist einfach unbezahlbar.

Annabelle tut so, als wolle sie mich mit ihrer Schiefertafel schlagen.

»Aua! He!«

Ist nicht lustig

»’tschuldigung, tut mir leid.«

Gefährlich

»Ich weiß«, erwidere ich. »Tu ich nicht noch mal.«

Böse funkelt sie mich an.

»Versprochen«, füge ich hinzu und male mit dem Finger ein Kreuz auf mein Herz. Auf diese Weise hat sie mir als Kind immer geschworen, dass sie mich nicht verraten würde, wenn ich Blödsinn angestellt hatte und in Schwierigkeiten geriet. Wenn ich beispielsweise Schimpfwörter auf die Wände des Ballsaals gekritzelt oder die Schnürsenkel meines Vaters zusammengeknotet hatte.

Annabelle lächelt schwach, und ich weiß, dass alles wieder gut ist. Dann hebt sie die Glocke vom Tablett. Der Duft von heißer Pastrami und Pommes frites ist Balsam für meinen Magen.

Annabelle weiß, was ich am liebsten esse, wenn ich einen Kater habe.

»Pastrami zum Frühstück?«, sage ich. »Du rettest mir das Leben.«

Sie zieht die Vorhänge vor den Fenstern zurück. Das Licht draußen ist wie dunkles Gold; die Sonne geht unter.

»Habe ich den ganzen Tag geschlafen?«

Annabelle hebt nur eine Augenbraue.

Was war gestern los

»Nichts«, antworte ich. »Ich weiß nichts Genaues … Aber nichts Schlimmes.«

Ich merke, dass sie mir nicht glaubt. Ich stürze mich auf mein Sandwich, Annabelle macht ein langes Gesicht. Lautlos wie ein Geist verlässt sie das Zimmer.

Am späten Abend kommt einer der Lakaien vorbei, William, um mir die Neuigkeit zu erzählen.

»Was ist?«, frage ich genervt, als er anklopft.

»Ihre Mutter, Sir. Sie ist von der Auktion zurück.«

»Und warum sollte mich das interessieren?«

Schließlich bin ich nur deshalb den ganzen Tag in meinem Zimmer geblieben, damit ich ihr nicht über den Weg laufe. Und weil ich mich eventuell übergeben könnte, falls ich mich zu stark bewege.

William schluckt. »Sie ist nicht allein, Sir. Sie hat ein Surrogat gekauft.«

2

Am nächsten Morgen verlasse ich meine Gemächer mit klaren Sinnen und einer gewissen Neugier.

Vielleicht hätte ich es kommen sehen müssen. Der Fürst und die Fürstin haben einen kleinen Sohn, für den bald eine Partnerin gefunden werden muss – der Spross im Fürstenpalast darf nicht lange unverlobt bleiben. Ich hatte gehört, dass die diesjährige Auktion die größte in der jüngsten Geschichte war. Aber Mutter tut immer so, als sei sie derart erhaben über die Ränkespiele und das Getratsche, dass ich nie auf die Idee gekommen bin, sie könne mittendrin stecken. Kleines Versehen meinerseits. Denn Mutter liebt Intrigen, mehr als die meisten Angehörigen des Juwels.

Ein zweites Kind. Wie das Leben im Palast mit einem Baby wohl wird? Ich tue den Gedanken ab, denn wahrscheinlich werde ich so gut wie nichts mit meiner kleinen Schwester zu tun haben. Mutter hätte bestimmt viel zu viel Angst, dass ich die Kleine mit meinem aufmüpfigen Verhalten anstecke. Ich habe lieber meine Ruhe. Kleinkinder sind laut und anstrengend.

Ich überzeuge mich, dass die Luft rein ist, bevor ich mein Zimmer verlasse. Im Moment habe ich noch keine Lust, meiner Mutter gegenüberzutreten. Echt heftig, dass ich das Auto im See versenkt habe.

Als ich durch den Gang schleiche, höre ich plötzlich das typische flötende Gesäusel meiner Mutter, wenn sie enttäuscht ist. Vielleicht ist es auch ihre erzürnte Stimme. Beide sind sich so ähnlich, dass ich sie oft verwechsele.

»Wohin willst du?« Ich drehe mich um. Sie kommt die Treppe herunter, die zu ihren Privatgemächern oben führt. Nach dem Funkeln in ihren Augen zu urteilen, tippe ich auf erzürnt.

»Guten Morgen, Mutter«, sage ich fröhlich. »Ich dachte, ich nehme mein Frühstück heute mal im Speisezimmer ein. Habe gehört, du hattest gestern einen erfolgreichen Abend. Wo ist denn das glückliche Surrogat?«