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Die unheimliche Karriere eines unscheinbaren Kristalls. Ob Wurst, Wein oder Krautsalat – er steckt überall und nicht nur in kleinen Mengen. Dabei gilt Zucker als bedeutender Risikofaktor für die Gesundheit: Er kann Übergewicht, Diabetes oder Leberschäden verursachen. Forscher mahnen weltweit zur strikten Reduktion und fordern schärfere Gesetze. GEO-Autor Christian Schwägerl hat auf die Mahnung gehört – und sich und seine Familie auf Zuckerentzug gesetzt Die großen Themen der Zeit sind manchmal kompliziert. Aber oft genügt schon eine ausführliche und gut recherchierte GEO-Reportage, um sich wieder auf die Höhe der Diskussion zu bringen. Für die Reihe der GEO-eBook-Singles hat die Redaktion solche Einzeltexte als pure Lesestücke ausgewählt. Sie waren vormals Titelgeschichten oder große Reportagen in GEO.
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Seitenzahl: 21
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Herausgeber:
GEO
Die Welt mit anderen Augen sehen
Gruner + Jahr GmbH & Co KG,
Am Baumwall 11, 20459 Hamburg
www.geo.de/ebooks
Zucker: unser Feind auf dem Teller
Von Christian Schwägerl
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Die unheimliche Karriere eines unscheinbaren Kristalls Ob Wurst, Wein oder Krautsalat – er steckt überall und nicht nur in kleinen Mengen. Dabei gilt Zucker als bedeutender Risikofaktor für die Gesundheit: Er kann Übergewicht, Diabetes oder Leberschäden verursachen. Forscher mahnen weltweit zur strikten Reduktion und fordern schärfere Gesetze. GEO-Autor Christian Schwägerl hat auf die Mahnung gehört – und sich und seine Familie auf Zuckerentzug gesetzt
Von Christian Schwägerl
Unser alter Freund, der Urmensch, klopft meistens abends an unsere Tür. Wild, als wäre es ein Notfall. Wenn einer von uns aufmacht, stürmt er zum Abendbrottisch. Steht da, was er sucht, greift er zu, kippt es in sich hinein, schmatzt und durchwühlt Regale und Kühlschrank: Wo ist der Jumbobecher Fruchtjoghurt? Die Tafel Schokolade? Limonade?
Glücklich sieht er aus, der Urmensch, wenn er fündig geworden ist. Er lacht, reibt sich den Bauch, vergessen sind die Anstrengungen des Tages. Zuerst hat sich der Zucker auf seiner Zunge ausgebreitet, dann über den Magen und Darm im Blut verteilt und in seinem Gehirn einen Schwall von Wohlfühlmolekülen freigesetzt.
Wo unser Vorfahr herkommt, aus den Savannen Afrikas, war Zucker eine Rarität. Ab und an fiel ihm ein Bienennest vor die Füße, aus dem Honig triefte. Vielleicht fand er ein paar Früchte. Aber das passierte selten. Reiner Zucker ist für ihn deshalb der ultimative Kick – pure Energie, geballt in Joghurtgläsern, Bonbontüten, Limonadenflaschen. Alles sofort verfügbar – unsere Küche ist sein Schlaraffenland. Und er sagt uns jeden Tag aufs Neue: Greif zu!
Dieser zuckerliebende Urmensch sitzt tief in uns drin, in unseren Genen, in jeder Körperzelle, auf unseren Zungen, in den Windungen unserer Gehirne, in unseren Bauchgefühlen. Wir mögen ihn. Er bringt mit seiner Zuckerliebe Spaß und Genuss ins Leben.
Aber: Wir haben auch ein Problem mit ihm. Meine Tochter Elin, 7, mein Sohn Palle, 12, und ich, 47, wir leben in einer Welt, in der Zucker nicht wie in Vorzeiten eine Kostbarkeit ist – sondern allgegenwärtig. Wir müssen ihn nicht suchen wie unsere Ahnen, wir sollten ihn, will man den Warnungen der letzten Jahre folgen, sogar eher meiden. Jedenfalls nicht in derart exzessiven Mengen verzehren: 31 Kilogramm puren Zucker verbraucht der Durchschnittsdeutsche pro Jahr – die vielen Sirup-Varianten oder Honig gar nicht eingerechnet.