Grimm und Lachmund - Ralph Gerstenberg - kostenlos E-Book

Grimm und Lachmund E-Book

Ralph Gerstenberg

4,9

Beschreibung

Henry Palmer hilft einer jungen Polin aus einer Notlage. Am nächsten Tag liegt sie tot auf seinem Sofa - ermordet. Nicht nur die Berliner Kripo ermittelt, auch der Bruder der Toten stellt unbequeme Fragen. Henry flüchtet in die WG seines alten Kumpels Leo Trepka. Als dort auch noch seine alte Freundin Hannah auftaucht, und kurz darauf die Drogenfahndung, ist das Chaos perfekt.

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Seitenzahl: 243

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Ralph Gerstenberg

Grimm und Lachmund
Impressum
Copyright © 2015
ebooknews press
Verlag Dr. Ansgar Warner
Rungestr. 20 (V)
10179 Berlin
ISBN: 9783944953366
Coverbild:
Nordsprotte/Flickr 
(cc-by-2.0)

Zum Autor

Ralph Gerstenberg, geboren 1964 in Berlin, nach dem Abitur Arbeit als Buchhändler, Kleindarsteller und Journalist, Studium der Neueren Deutschen Literatur, Kultur- und Theaterwissenschaft, seit 1997 freiberufliche Tätigkeit als Autor und Journalist. Neben der Henry-Palmer-Trilogie ("Grimm und Lachmund", "Ganzheitlich sterben", "Hart am Rand") erschienen "Das Kreuz von Krähnack" und „Feuer im Aquarium“. Unter dem Titel "He shot me down" gab er eine Anthologie mit Rock’n’Crime-Stories heraus. 

Kunst als Waffe

Der junge Mann auf dem Fußboden gab keinen Laut von sich. So war er mir bedeutend lieber als mit der Pistole in der Hand, die jetzt vor mir auf dem Tisch lag. Russisches Fabrikat. Oder sollte es heißen sowjetisches? Jedenfalls sah sie alt aus, wie ein Modell aus dem Zweiten Weltkrieg. Ich nahm sie in die Hand. Sie war kalt und schwer und roch nach Öl. Ich versuchte das Magazin herauszuziehen, doch es klemmte. Obwohl ich gerne gewusst hätte, ob sie geladen war, machte ich nicht weiter. Es kam nicht allzu oft vor, dass ich mit so einem Ding herum spielte. Genaugenommen war es das erste Mal. Aber – es beruhigte mich. Ich zündete mir eine Zigarette an und hatte an diesem völlig verrückten Tag zum ersten Mal das Gefühl, Herr der Lage zu sein. Ich musste lachen. Jetzt konnte ich lachen. Die Nummer, die der Junge hier abgezogen hatte, war ja auch wirklich nicht schlecht gewesen. Es war schon spät, und ich hatte gerade meine Sachen zusammengepackt, als es klingelte. Ich dachte, Nicole hätte ihre Meinung geändert, was manchmal vorkam, oder es wäre die Polizei, wegen des aufgebrochenen Siegels an der Wohnungstür. Doch dann stand da dieser nervöse junge Mann und bedrohte mich mit der Pistole. Ich weiß nicht, wie lange ich abwechselnd in die Mündung und in sein Gesicht starrte. In meinem Kopf herrschte Funkstille – keine Ahnung, was gerade ablief. Ehrlich gesagt, versuchte ich erst gar nicht, irgendetwas zu kapieren. Es war definitiv zuviel. Auch mein unerwarteter Besucher schien im Augenblick ein wenig überfordert zu sein. «Kein Wort», befahl er, obwohl ich noch immer sprachlos war, und stieß mir den Lauf seiner Waffe gegen den Brustkasten. Ich stolperte rückwärts in den Korridor. Trotzdem registrierte ich, wie sich das R ein wenig in seinem Rachen verkantete. Er schloss die Tür sachte, fast ohne Geräusch. Vorsichtshalber lief ich ein paar Schritte weiter zurück und nahm die Hände hoch. Ich musste aufpassen, dass ich nicht über meine Winterstiefel oder die Pakete und Koffer fiel, die zu beiden Seiten am Rand standen, so dass vom Flur nur noch ein schmaler Gang von etwa einem halben Meter übrig blieb. Nicole hatte sich oft genug darüber beschwert, dass sich „der ganze Kram“ in meinem Korridor stapelte, Sachen, die ich ungefähr so oft benutzte wie das Wort Mannequin, und, wenn sie in Form war, ihrer Argumentation Nachdruck verliehen, indem sie einen meiner eingestaubten Stiefel quer durch den Raum kickte. Wie Recht sie hatte. Der junge Mann folgte mir in einem Abstand von ungefähr zwei Metern. Nebenbei öffnete er nacheinander die Küchentür und die Tür zum Bad – das eigentlich nur ein Klo plus Waschbecken plus Duschecke war, insgesamt vier Quadratmeter –, das heißt: Er stieß sie auf, nahm Deckung und sprang mit vorgehaltener Waffe um die Ecke. Zweifellos, er hatte seine Vorbilder. Doch bestand ebenfalls kein Zweifel daran, dass sie ihm eine Nummer zu groß waren. Die ganze Aktion passte nicht zu ihm. Er wirkte unsicher, beinahe verzweifelt, als wäre er mit seinen Nerven am Ende. Gerade deshalb hielt ich ihn für besonders gefährlich. Wäre schließlich nicht das erste Mal, dass einer durchdreht und Unbeteiligte darunter zu leiden hatten. Also vermied ich alles, was ihn irgendwie reizen konnte. Ich bewegte mich langsam, Schritt für Schritt; so kam ich selbst an dem Garderobenständer, ohne mich umzudrehen, einigermaßen elegant vorbei. Mitten im Zimmer – in der Wohnung gab es nur dieses eine – blieb ich stehen. Obgleich es mit einem Blick zu übersehen war, zog mein Gast es vor, von der Türschwelle aus das Feld zu sondieren. Abgesehen von der Pistole, deren Lauf wieder auf meine Brust zielte, hätte man ihn für jemand halten können, der zur Besichtigung da war und die Atmosphäre erst einmal gründlich auf sich wirken lassen wollte. Mein Klappsofa – eine Spezialanfertigung aus den Fünfzigerjahren, das behauptete zumindest der Trödler, von dem ich es hatte – schien es ihm besonders angetan zu haben. Immer wieder musterte er das eher hässliche Möbelstück, als wäre es etwas wirklich Außergewöhnliches. Außergewöhnlich hässlich vielleicht! Aber er war ganz sicher nicht gekommen, um mir Einrichtungstipps zu geben. Ich hatte noch immer die Hände erhoben und wäre ihm dankbar gewesen, wenn er langsam ein paar von seinen Motiven hätte durchscheinen lassen, derentwegen er mich so überraschend besuchte. Sicher, ich ahnte schon, womit es zusammenhing, aber im Moment war es sein Auftritt. Mit einer Handbewegung ließ er mich die Hände runternehmen und auf einen der beiden Korbsessel setzen, die in einem stumpfen Winkel zum Rauchtisch standen. Ich hatte den Eindruck, dass er etwas sagen wollte; zumindest sah es so aus. Vorher machte er jedoch einen verhängnisvollen Fehler, der durch nichts – aber auch gar nichts – wieder gutzumachen war: Er lehnte sich gegen das zweieinhalb Meter hohe Bücherregal, das, wenn man herein kam, links neben der Tür stand! Als ich Ende der Achtzigerjahre in diese Wohnung gezogen war, gab es noch kein IKEA am Stadtrand, und wer mit den überteuerten Pressspanschrankwandteilen des DDR-Einzelhandels nichts im Sinn hatte, musste sich wohl oder übel Bretter besorgen und daraus selbst seine Regale zimmern. Meine handwerklichen Fähigkeiten waren jedoch nicht besonders ausgeprägt und das Ergebnis war eine ziemlich wacklige Angelegenheit geworden. Eigentlich konnte es nur vom Gewicht der Bücher im Lot gehalten werden. Leer wäre es auf der Stelle umgekippt. Bisher hatte ich jeden, der sich diesem statischen Wunder zu nähern beabsichtigte, rechtzeitig warnen können. Doch dazu war es jetzt zu spät. Das Regal neigte sich nach links, und das Bord, das über der Tür hing und als eine Art Aufsatz meine Konstruktion mit der Wand verbinden sollte, verlor seinen Halt und kam herunter. Der gesamte Brecht – Briefe, Arbeitsjournal und zirka ein halbes Pfund Staub inklusive – landete auf dem Kopf des ungebetenen Gastes. Er brach auf der Stelle zusammen. Der ganze Vorgang war ungefähr so komisch wie die Prügelszenen in einem Lemmy-Caution-Krimi. Im Augenblick war ich jedoch zu perplex, um darüber lachen zu können. Seitdem es an der Tür geklingelt hatte, waren vielleicht drei bis vier Minuten vergangen. Sie saßen auf Korbstühlen in Havanna und vergaßen die Welt – ein Satz, der irgendwo in einem der Bücher stehen musste, unter denen der junge Mann begraben war, kam mir seltsamerweise in den Sinn. Vielleicht wäre das nicht das Schlechteste, dachte ich: einfach sitzen bleiben und alles vergessen. Doch Havanna war weit. Ich drückte die Zigarette aus. Mein Gast war noch immer bewusstlos. Über der Stirn zeigte sich eine leichte Platzwunde. Sicher hatte ihn dort eine Kante des Eichenholzbrettes erwischt, als es samt einem halben Zentner Belletristik aus dem freien Fall auf seinen Kopf geprallt war. In den Taschen seiner Jeansjacke fand ich ein Springmesser, eine zerdrückte Packung West, ein Streichholzheft mit einem Aufdruck der Bundesbahn, eine Ausgabe der BZ, datiert vom morgigen Tag, zwei Zwanzigmarkscheine und einen polnischen Pass. Er hieß Andrzej Pszoniak und war vor gut neunzehn Jahren in Szczecin geboren worden. Ich staunte mehr über sein Alter als über seine Nationalität. Er war nicht sehr groß, höchstens einssiebzig, und von eher schmächtiger Statur. In seinem schmalen Gesicht gab es kaum ein Barthaar, dafür jede Menge Akne. Sicher lag es an solchen Details, dass ich ihn nicht älter als sechzehn geschätzt hatte. Auf dem Passbild wirkte er wie ein harmloser Gymnasiast, der er ja normalerweise vielleicht auch war. Die Pistole und das Springmesser steckte ich zu meinen Sachen, die ich in eine Reisetasche gepackt hatte, kurz bevor er gekommen war. Außer der Zeitung verteilte ich sein restliches Eigentum wieder in seinen Jackentaschen. Einen Augenblick dachte ich daran, die Polizei zu rufen. Aber ich fand, dass er mir eine Erklärung schuldig war, die zunächst nur mich etwas anging.

Wiedersehen in New York

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