Große Schatzkammer der Verdienste - Geshe Kelsang Gyatso - E-Book

Große Schatzkammer der Verdienste E-Book

Geshe Kelsang Gyatso

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Beschreibung

Große Schatzkammer der Verdienste bietet eine umfassende Erklärung, wie man Darbringung an den spirituellen Meister (Lama Chöpa auf Tibetisch), eine der wichtigsten Meditationsübungen des Kadampa Buddhismus, praktiziert. Obwohl der Schwerpunkt dieser Übung es ist, sich auf den spirituellen Meister zu verlassen, enthält sie ebenso alle essenziellen Übungen von sowohl Sutra als auch Tantra. Als ein Werk von beispielloser Tiefgründigkeit und Klarheit enthält dieses Buch eine Fülle von verständlichen und praktischen Anleitungen zu den Stufen des Pfades (Lamrim) und der Geistesschulung (Lojong) sowie zum tantrischen Mahamudra.

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Der Ehrwürdige Geshe Kelsang Gyatso Rinpoche ist ein vollkommen verwirklichter Meditationsmeister und international bekannter Lehrer des Buddhismus, der den Weg für die Einführung des modernen Buddhismus in unsere heutige Zeit geebnet hat. Er ist der Autor von 23 hoch angesehenen Büchern, die die alte Weisheit des Buddhismus in vollkommener Weise in unsere moderne Welt übertragen. Des Weiteren ist er der Gründer von über 1.200 Zentren und Gruppen des Kadampa Buddhismus auf der ganzen Welt.
Mehr auf www.tharpa.com

Empfohlene Reihenfolge für Anfänger, in der die Bücher des Ehrwürdigen Geshe Kelsang Gyatso Rinpoche studiert oder gelesen werden sollten:

Wie wir unser Leben verwandeln

Wie wir den Geist verstehen

Freudvoller Weg

Der Spiegel des Dharma

Das neue Herz der Weisheit

Moderner Buddhismus

Tantrische Ebenen und Pfade

Führer ins Dakiniland

Essenz des Vajrayana

Die mündlichen Anleitungen des Mahamudra

Große Schatzkammer der Verdienste

Acht Schritte zum Glück – Neuausgabe

Einführung in den Buddhismus

Wie wir unsere menschlichen Probleme lösen

Sinnvoll zu betrachten

Das Bodhisattva Gelübde

Allumfassendes Mitgefühl

Das neue Meditationshandbuch

Sinnvoll leben, freudvoll sterben

Ozean von Nektar

Herzjuwel

Das klare Licht der Glückseligkeit

Mahamudra Tantra

Dieses Buch wurde unter der Schirmherrschaft des

Internationalen Tempelprojekts der NKT-IKBU

veröffentlich und der Verkaufserlös ist durch diesen Fonds für das Wohl der Allgemeinheit bestimmt.

Eingetragen unter VR 33517 B.

EHRWÜRDIGER GESHE KELSANG GYATSO RINPOCHE

Große Schatzkammer der Verdienste

WIE WIR UNS AUF UNSEREN SPIRITUELLEN MEISTER VERLASSEN

Originaltitel: Great Treasury of Merit

1. Auflage 2019 

Alle Rechte vorbehalten.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Reproduktion ist unzulässig, außer zur Verwendung kurzer Passagen für privates Studium, Forschung und Buchbesprechungen. 

Herausgeber:

Tharpa Verlag Deutschland, ein Teil des 

Dipankara Kadampa Meditationszentrum e. V. (VR 33517 B)

Chausseestraße 108

10115 Berlin

Der Tharpa Verlag hat überall auf der Welt Niederlassungen und Tharpa Bücher werden in den gängigsten Sprachen veröffentlicht.

Kontaktadressen siehe hier

© Deutsche Übersetzung Ehrwürdiger Geshe Kelsang Gyatso Rinpoche und Neue Kadampa Tradition – Internationale Union des Kadampa Buddhismus 2018

Das Titelbild zeigt Lama Losang Tubwang Dorjechang.

Die Abbildungen vorne zeigen Buddha Vajradhara und das Verdienstfeld, Letzteres vom tibetischen Künstler Chating Jamyang Lama. Die Federzeichnungen zeigen die Gurus der Mahamudra Überlieferungslinie.

ISBN 978-3-947058-10-5

ISBN ePub: 978-3-908543-12-6

ISBN Kindle: 978-3-908543-13-4

 Satz: Tharpa Verlag Deutschland

Druck: PieReg Druckcenter Berlin

Inhaltsverzeichnis
Abbildungen
Danksagung
Einleitung
Die herausragenden Eigenschaften Je Tsongkhapas und seiner Lehre
Warum wir den Guru Yoga von Je Tsongkhapa üben müssen
Ursprung und Überlieferungslinie dieser Anleitungen
Die vorbereitenden Übungen
Das Verdienstfeld visualisieren
Die Praxis der sieben Glieder darbringen
Verbeugung
Darbringung
Bekenntnis
Sicherfreuen
Um das Drehen des Dharmarades bitten
Den spirituellen Meister inständig bitten nicht dahinzuscheiden
Widmung
Lobpreisungen und Bitten vorbringen
Bitten vorbringen, indem wir das Namensmantra rezitieren
Bitten vorbringen, indem wir an seine guten Eigenschaften und seine Güte denken
Bitten vorbringen, indem wir seine guten Eigenschaften zum Ausdruck bringen
Einsgerichtete Bitte
Segnungen empfangen
Die Segnungen aller Stufen des Pfades empfangen
Das Bestreben entwickeln, die Essenz unseres menschlichen Lebens zu gewinnen
Wie wir in der Meditationspause üben
Widmung
Anhang I - Die zusammengefasste Bedeutung des Textes
Anhang II - Sadhanas
Befreiendes Gebet
Darbringung an den spirituellen Meister
Der Yoga von Buddha Heruka
Die zusammengefasste Bedeutung des schnellen Vajrayanapfades
Bittgebete an die Gurus der Mahamudra Überlieferungslinie
Glossar
Bibliografie
Bücher
Sadhanas und andere Broschüren
Studienprogramme des Kadampa Buddhismus
Tharpa Niederlassungen weltweit
So finden Sie Ihr nächstgelegenes Kadampa Meditationszentrum

Abbildungen

Mit Ausnahme der letzten drei Abbildungen zeigen die Federzeichnungen die Gurus der Mahamudra Überlieferungslinie.

Vajradhara

Manjushri

Je Tsongkhapa

Togden Jampel Gyatso

Baso Chökyi Gyaltsen

Drubchen Dharmavajra

Gyalwa Ensäpa

Khädrub Sangye Yeshe

Panchen Losang Chökyi Gyaltsen

Drubchen Gendun Gyaltsen

Drungpa Tsöndru Gyaltsen

Könchog Gyaltsen

Panchen Losang Yeshe

Losang Trinlay

Drubwang Losang Namgyal

Kachen Yeshe Gyaltsen

Phurchog Ngawang Jampa

Panchen Palden Yeshe

Khädrub Ngawang Dorje

Ngulchu Dharmabhadra

Yangchen Drubpay Dorje

Khädrub Tendzin Tsöndru

Dorjechang Phabongkhapa Trinlay Gyatso

Vajradhara Trijang Rinpoche Losang Yeshe

Dorjechang Kelsang Gyatso Rinpoche(aufgenommen auf Bitten seiner vertrauensvollen Schüler)

Tantrische Verpflichtungsobjekte

Guru Sumati Buddha Heruka

Danksagung

Dieses Buch, Große Schatzkammer der Verdienste, ist ein umfassender Kommentar zu der tiefgründigen traditionellen Guru Yoga Praxis Darbringung an den spirituellen Meister, die das Tor zu den Verdiensten, oder Glück, ist, die wir für eine erfolgreiche tantrische Praxis ansammeln müssen. Das Buch beruht auf ausführlichen und zuverlässigen mündlichen Kommentaren des Ehrwürdigen Geshe Kelsang Gyatso Rinpoche, die er im Rahmen von Kursen gab, die er im Winter 1979/80 zunächst im Manjushri KMC und 1986 und 1990 dann im Madhyamaka KMC hielt. Aus der Tiefe unseres Herzens danken wir dem Autor für seine unermesslich große Güte, dieses Buch vorbereitet zu haben, durch das diese sehr kostbaren und wichtigen Lehren in der ganzen Welt verfügbar werden.

Ebenso danken wir allen hingebungsvollen, langjährigen Dharmaschülern, die dem Autor geholfen haben, dieses Buch zu überarbeiten und für die Veröffentlichung vorzubereiten.

Roy Tyson

Verwaltungsdirektor

Manjushri Kadampa Meditation Centre

Mai 1994

Einleitung

Darbringung an den spirituellen Meister, oder Lama Chöpa auf Tibetisch, ist ein besonderer Guru Yoga von Je Tsongkhapa, der mit dem Höchsten Yoga Tantra in Beziehung steht. Er wurde vom ersten Panchen Lama Losang Chökyi Gyaltsen als vorbereitende Übung für Vajrayana Mahamudra zusammengestellt. Obwohl die Hauptpraxis ist, sich auf den spirituellen Meister zu verlassen, enthält er ebenfalls alle wesentlichen Übungen der Stufen des Pfades (Lamrim) und der Geistesschulung (Lojong) sowie die Erzeugungsstufe und die Vollendungsstufe des Höchsten Yoga Tantra.

Guru Yoga, oder Lamai Näljor auf Tibetisch, ist eine besondere Methode, die Segnungen unseres spirituellen Meisters zu erhalten. Der Begriff «Guru» bedeutet hier nicht, dass unser spiritueller Meister ein Inder sein sollte, genauso wenig wie der Begriff «Lama» bedeutet, dass unser spiritueller Meister ein Tibeter sein sollte. Unser spiritueller Meister ist jeder spirituelle Lehrer, der uns aufrichtig auf spirituelle Pfade führt, indem er uns richtige Anleitungen gibt. Somit kann unser spiritueller Meister aus dem Osten oder Westen kommen, Laie oder Ordinierter, Mann oder Frau sein. Heutzutage ist es zum Beispiel durchaus möglich, einen spirituellen Meister zu treffen, der westlicher Laie und weiblich ist. Der Begriff «Yoga» weist hier auf eine besondere Sicht hin, mit der wir unseren spirituellen Meister betrachten.

Alle Schulen des Buddhismus sind sich einig, dass die Praxis des Guru Yoga, oder sich auf einen spirituellen Meister zu verlassen, die Wurzel des spirituellen Pfades und die Grundlage aller spirituellen Erlangungen ist. Dies können wir anhand unserer alltäglichen Erfahrungen verstehen. Wollen wir besondere Fähigkeiten erlangen, wie eine bestimmte Sportart beherrschen oder ein Musikinstrument spielen, suchen wir natürlich einen qualifizierten Lehrer, der uns anleiten kann. Indem wir dem Beispiel unseres Lehrers folgen und seine oder ihre Anleitungen aufrichtig anwenden, gelangen wir schließlich an unser Ziel und werden genauso wie unser Lehrer. Wenn es also notwendig ist, sich auf einen qualifizierten Lehrer zu verlassen, um solche weltlichen Erfolge zu erlangen, um wie viel notwendiger ist es dann erst, wenn es um spirituelle Erlangungen wie Befreiung oder Erleuchtung geht?

Es gibt zwei Hauptströmungen im Buddhismus: das Hina­yana, oder kleinere Fahrzeug, und das Mahayana, oder große Fahrzeug. In beiden ist die Praxis, sich auf einen spirituellen Meister zu verlassen, grundlegend. Dem Hina­yana zufolge sollten wir unseren spirituellen Meister als jemanden betrachten, der wie ein Buddha ist, ihm oder ihr mit einem Geist des Vertrauens und der Hingabe Geschenke darbringen, ihm dienen und seine Güte erwidern, indem wir seinem Rat folgen und seine Lehren umsetzen. Dem Maha­yana zufolge sollten wir unseren spirituellen Meister jedoch als tatsächlichen Buddha betrachten und uns mit einem Geist des Vertrauens sowohl in Gedanken als auch in Taten aufrichtig auf ihn verlassen.

Das endgültige Ziel eines Hinayana Praktizierenden ist die Erlangung der Befreiung. Diese hängt von der Praxis der drei höheren Schulungen ab, die ihrerseits davon abhängt, dass wir zuerst die Motivation der Entsagung entwickeln. All diese Erlangungen hängen von der Güte eines qualifizierten spirituellen Meisters ab. Zum Beispiel entsteht die Motivation der Entsagung nicht automatisch in unserem Geist, sondern muss entwickelt werden, indem wir besondere Methoden anwenden. Zuerst müssen wir die unbefriedigende Natur Samsaras verstehen und den Wunsch entwickeln, daraus zu entfliehen. Dies hängt davon ab, dass wir ein klares Verständnis von Unbeständigkeit, Wiedergeburt, Karma, Zuflucht und den vier edlen Wahr­heiten haben. Ohne einen spirituellen Meister, der uns in diesen Übungen anleitet und uns ermutigt uns in ihnen zu schulen, werden wir solche Erfahrungen nie machen.

Haben wir erst einmal Entsagung entwickelt, führen wir die drei höheren Schulungen aus: die Schulung in höherer moralischer Disziplin, die Schulung in höherer Konzen­tration und die Schulung in höherer Weisheit. Um höhere moralische Disziplin zu üben, müssen wir erst die Gelübde von einem qualifizierten spirituellen Meister erhalten, der uns dann hilft reine moralische Disziplin zu üben, indem er uns lehrt, was zu tun und was zu lassen ist, und der ein makelloses Vorbild für uns ist, dem wir folgen.

Auf der Grundlage unserer Schulung in höherer moralischer Disziplin üben wir höhere Konzentration, indem wir uns in ruhigem Verweilen schulen. Dazu gehört, dass wir die fünf Hindernisse überwinden, indem wir die acht Gegenmittel anwenden. Ohne von einem qualifizierten spirituellen Meister Anleitungen zu erhalten, wissen wir noch nicht einmal, was diese Hindernisse und Gegenmittel sind, ganz zu schweigen davon, wie wir mit ihnen umgehen sollen. Deshalb können wir nur auf den neun Ebenen des geistigen Verweilens fortschreiten und schließlich ruhiges Verweilen erlangen, wenn wir uns auf einen spirituellen Meister verlassen, der uns aus seiner eigenen Erfahrung he­­raus Anleitungen und Führung gibt.

Haben wir erst einmal ruhiges Verweilen erlangt und schulen uns dann in höherer Weisheit, indem wir unseren Geist in einsgerichteter Konzentration auf Leerheit richten, werden wir bald höheres Sehen erlangen und damit schließlich in der Lage sein, unser Festhalten am Selbst zu beseitigen und uns aus Samsara zu befreien. Allerdings ist Leerheit ein tiefgründiges Objekt und es ist unmöglich, sie ohne die geschickten Anleitungen und die Führung eines qualifizierten spirituellen Meisters zu verwirklichen. Deshalb werden alle Stufen des Hinayanapfades zur Befreiung, von der anfänglichen Entwicklung der Entsagung über das Aufgeben des Festhaltens am Selbst bis zur Erlangung der Befreiung, nur durch die Güte eines qualifizierten spirituellen Meisters vollendet.

So wie es wesentlich ist, sich auf einen qualifizierten spiri­tuellen Meister zu verlassen, um den Hinayanapfad zu vollenden, so ist es auch wesentlich, dies zu tun, wenn man sich auf dem Mahayanapfad schulen möchte. All die Stufen des Mahayana­pfades, von der Erzeugung des Gleichmuts und großen Mitgefühls bis zur endgültigen Erlangung der Buddha­schaft, werden nur durch die Führung und die Segnungen eines spirituellen Meisters des Mahayana vollendet. Um in den Mahayanapfad einzutreten, müssen wir zuerst die Bodhichitta Motivation erzeugen. Wie bei Entsagung entsteht auch diese Motivation nicht von selbst, sondern muss gefördert werden, indem wir besondere Methoden anwenden wie die siebenfache Ursache und Wirkung und das Gleichstellen und Austauschen vom Selbst mit anderen. Ohne Anleitungen zu erhalten und ohne die Führung eines spirituellen Meisters des Mahayana könnten wir diese kostbaren Verwirklichungen nie erlangen. Sobald wir Bodhichitta erzeugen, müssen wir die Bodhisattva Gelübde von einem spirituellen Meister des Mahayana erhalten, der uns dann in der Praxis der sechs Vollkommenheiten anleitet und uns auf die fünf Mahayanapfade und zehn Bodhisattva Ebenen führt, bis wir den Mahayanapfad des Nicht-Mehr-Lernens, oder Buddha­schaft, erlangen. Ohne uns vom reinen Vorbild unseres spirituellen Meisters inspirieren zu lassen, ohne seine fehlerlosen Anleitungen und seine beständigen Segnungen würden wir diese Schulung nie vollenden.

Wenn es nicht möglich ist, sich in den Stufen des Sutra­pfades zu schulen, ohne sich auf einen spirituellen Meister zu verlassen, so ist es vollkommen undenkbar, mit den Übungen des Tantra zu beginnen, ohne sich auf einen spirituel­len Meister des Vajrayana zu verlassen. Buddhas tantrische Lehren sind sehr schwierig zu verstehen und sie finden sich über viele Schriften verstreut, ohne irgendeinen klaren Hinweis auf die richtige Reihenfolge, in der sie praktiziert werden sollten. Versuchen wir Tantra zu praktizieren, ohne uns auf einen qualifizierten spirituellen Meister des Vajrayana zu verlassen, so wird unsere Verwirrung nur zunehmen. In den Schriften heißt es, dass wir, ganz gleich wie lange wir rühren, niemals aus Wasser Butter herstellen werden. Und ebenso werden wir, ganz gleich wie lange wir versuchen Tantra zu praktizieren, niemals tantrische Verwirklichungen erlangen, ohne uns auf einen qualifizierten spirituellen Meister zu verlassen. Wenn wir jedoch einen vollqualifizierten spirituellen Meister treffen, von ihm Ermächtigungen erhalten, uns voller Vertrauen auf ihn verlassen, unsere Gelübde und Verpflichtungen rein einhalten und die Anleitungen zur Erzeugungs- und Vollendungsstufe aufrichtig üben, können wir in einem kurzen menschlichen Lebens mühelos Erleuchtung erlangen.

Wir sehen also, dass jede spirituelle Schulung, ob Hina­yana oder Mahayana, Sutra oder Tantra, von der Führung und den Segnungen eines qualifizierten spirituellen Meisters abhängt. In Die blaue Schrift sagt Geshe Potowa:

Die Krone aller gesammelten Anleitungen ist,

Den heiligen spirituellen Meister nicht aufzugeben.

Sie ist die Schatzkammer von allem,

Die Quelle aller guten Eigenschaften wie Vertrauen und Bodhichitta.

Auch Je Tsongkhapa sagt in Zusammengefasste Darlegung der Stufen des Pfades:

Die Wurzel von allem, das gut und glückverheißend ist,

Und von aller Vortrefflichkeit jetzt und in der Zukunft ist,

Danach zu streben, sich in richtiger Weise in Gedanken und Taten

Auf den heiligen spirituellen Meister zu verlassen, der den Pfad enthüllt.

Dies erkennend, solltest du ihn erfreuen, indem du ihm eine pflichtbewusste Praxis darbringst

Und ihn niemals aufgibst, nicht einmal auf Kosten deines Lebens.

Ich, ein Yogi, habe in dieser Weise praktiziert.

Du, der Befreiung sucht, tue bitte dasselbe.

Auch sagte er:

Der gütige Lehrer ist die Quelle aller guten Eigenschaften

Der Tugend und Vortrefflichkeit, sowohl weltlicher als auch überweltlicher.

Auch in Zusammengefasstes Sutra der Vollkommenheit der Weisheit heißt es:

Gute Schüler, die ihre spirituellen Meister respektieren,

Sollten sich immer auf ihre weisen spirituellen Meister verlassen.

Ihr fragt warum: weil Qualitäten der Weisheit aus ihnen entstehen;

Sie enthüllen die Vollkommenheit der Weisheit.

Der Eroberer, der alle erhabenen guten Eigenschaften besitzt, sagt:

«Die Qualitäten eines Buddha hängen vom spirituellen Meister ab.»

Es gibt nie eine Zeit, in der wir uns nicht auf einen spiri­tuellen Meister verlassen müssen. Selbst nachdem wir Erleuchtung erlangt haben, müssen wir uns noch aufrichtig auf unseren spirituellen Meister verlassen, um anderen ein gutes Vorbild zu sein. So ist Avalokiteshvaras Scheitel zum Beispiel mit Amitabha geschmückt, um zu zeigen, wie er sich auf seinen spirituellen Meister verlässt. Ebenso ist Maitreyas Scheitel mit einem Stupa geschmückt, der symbolisiert, dass er sich auf seinen spirituellen Meister Buddha Shakyamuni verlässt.

Ein reiner spiritueller Meister muss authentische spirituelle Erlangungen haben, eine reine Überlieferungslinie halten, den Buddhadharma wertschätzen und mit Liebe und Mitgefühl seinen oder ihren Schülern fehlerlose Unterweisungen geben. Treffen wir solch einen spirituellen Meister, dann sollten wir uns sehr glücklich schätzen. Wir sollten Vertrauen in ihn entwickeln und uns aufrichtig auf ihn verlassen, indem wir in reiner Weise praktizieren, was er lehrt. Geshe Potowa sagt, dass es für einen reinen Schüler nicht schwer ist, Erleuchtung zu erlangen, wenn er einen reinen spirituellen Meister trifft.

Unser Geist ist wie ein Feld, die Anleitungen unseres spirituellen Meisters sind wie Samen, die in dieses Feld gesät werden, und unser Vertrauen in unseren spirituellen Meister ist wie das Wasser, das diese Samen keimen lässt. Kommen diese drei zusammen, so werden wir schnell und mühelos reichhaltige Dharma Verwirklichungen ernten. Haben wir diese Bedingungen derzeit nicht, sollten wir dafür beten, sie in der Zukunft zu finden.

Haben wir erst einmal einen qualifizierten spirituellen Meister getroffen, so ist die Art und Weise, wie wir uns auf ihn oder sie verlassen, im Grunde sehr einfach. Wir müssen nur Vertrauen in ihn entwickeln und seine Anleitungen so gut wir können praktisch umsetzen. Wenn wir dies tun, werden unsere Dharma Verwirklichungen ganz natürlich anwachsen und wir werden schnell Erleuchtung erlangen. Wir entwickeln Vertrauen in unseren spirituellen Meister, indem wir ihn als lebendigen Buddha, die Synthese aller Zufluchtsobjekte, betrachten. Obwohl unser spiritueller Meister uns vielleicht in einem gewöhnlichen Aspekt erscheint, sollten wir es vermeiden, Fehler in ihm zu sehen und stattdessen lernen ihn als Buddha zu betrachten. Wir müssen tiefes Vertrauen in unseren spirituellen Meister entwickeln und stets eine reine Sicht von ihm bewahren. Wir sollten versuchen uns ihm nahe zu fühlen, indem wir ihm gegenüber jederzeit einen glücklichen und zuneigungsvollen Geist bewahren. Wir sollten unseren spirituellen Meister als unsere Mutter betrachten, die für uns sorgt und uns wertschätzt, als unseren Vater, der uns mit allem, was wir benötigen, versorgt und uns vor Gefahren schützt, als den Mond, der die Hitze der Verblendungen in unserem Geisteskontinuum kühlt, als die Sonne, die die Dunkelheit der Unwissenheit aus unserem Geist vertreibt, und als einen gütigen Wohltäter, der uns das unschätzbare Geschenk des Dharma gibt.

Einen vollqualifizierten spirituellen Meister zu treffen, ist unendlich viel bedeutsamer, als äußeren Reichtum zu besitzen. Unser spiritueller Meister ist unser wirklicher Wohltäter. Er gibt uns den inneren Reichtum der moralischen Disziplin, Konzentration und Weisheit und führt uns schließlich zur erhabenen Glückseligkeit der vollen Erleuchtung. Selbst wenn wir riesigen materiellen Reichtum besitzen, sind wir in Wirklichkeit verarmt, sofern uns diese inneren Verwirklichungen fehlen. Entwickeln wir jedoch die Verwirklichungen der Stufen des Pfades in unserem Geisteskontinuum, indem wir uns auf einen spirituellen Meister verlassen, werden wir wahrlich reich sein, selbst wenn wir keinen materiellen Besitz haben. Deshalb sollten wir uns keine Sorgen um äußeren Reichtum oder äußere Entwicklungen machen, sondern unsere ganze Kraft darauf verwenden, uns aufrichtig auf einen vollqualifizierten spirituellen Meister zu verlassen.

Die Anleitungen unseres spirituellen Meisters praktisch umzusetzen ist die höchste Darbringung. Je Tsongkhapas Tradition zufolge wird sich ein qualifizierter spiritueller Meister mehr über die Dharma Praxis seiner Schüler freuen als über materielle Darbringungen. Selbst wenn wir den ganzen Tag lang Verbeugungen machen oder unserem spirituellen Meister regelmäßig etwas schenken, haben diese Übungen wenig Kraft, sofern wir nicht dem spirituellen Pfad folgen, den er uns gelehrt hat. Setzen wir jedoch die Anleitungen unseres spirituellen Meisters rein und mit tiefem Vertrauen um, dann werden wir, selbst wenn wir keine körperlichen Verbeugungen machen oder materielle Gaben darbringen können, ständig Darbringungen machen, die unseren spirituellen Meister erfreuen.

Durch aufrichtige Guru Yoga Praxis kann sogar jemand Erleuchtung erlangen, der vorher sehr viel Schlechtes getan hat. Doch ohne sich aufrichtig auf einen spirituellen Meister zu verlassen, kann selbst der intelligenteste Mensch nie ein Buddha werden. Milarepa war anfangs ein sehr schlechter Mensch. Bevor er seinen Guru Marpa traf, tötete er sechsunddreißig Menschen durch schwarze Magie. Später jedoch konnte er seinen Geist vollkommen reinigen, Verdienste und Weisheit ansammeln und schließlich im gleichen Leben Erleuchtung erlangen, indem er sich aufrichtig auf Marpa verließ.

Unser spiritueller Meister ist ein kraftvolles Feld, um Verdienste anzusammeln, negatives Karma zu reinigen und Segnungen zu erhalten. Verdienste müssen wir ansammeln, um in unserer spirituellen Schulung erfolgreich zu sein. In den Sutras sagt Buddha, dass diejenigen mit Verdiensten keine Schwierigkeiten haben, ihre Wünsche zu erfüllen, während diejenigen, denen es an Verdiensten mangelt, dies schwer finden, ganz gleich wie tugendhaft ihre Wünsche auch sein mögen. In ähnlicher Weise wird unser früher angesammeltes negatives Karma ein Hindernis für reine Dharma Verwirklichungen sein, wenn wir es nicht reinigen. So wie Pflanzen nicht in verseuchter Erde wachsen können, so können Dharma Verwirklichungen nicht in einem unreinen Geist gedeihen. Die Übungen, Verdienste anzusammeln und Negativität zu reinigen, sind deshalb essenzielle Vorbereitungen für eine erfolgreiche Dharma Praxis. Im Allgemeinen sind alle Buddhas und heiligen Wesen kraftvolle Objekte, in deren Gegenwart wir Verdienste ansammeln und unseren Geist reinigen können, doch das höchste Objekt ist unser eigener spiritueller Meister.

Auf gleiche Weise sind alle Buddhas sehr gütig, da sie den Geist fühlender Wesen segnen und Dharma enthüllen, doch unser spiritueller Meister ist gütiger als alle anderen Buddhas, da er oder sie uns direkt Segnungen und Dharma Anleitungen gibt. Deshalb heißt es im Heruka Tantra:

Er ist der selbstentstandene Gesegnete,

Der erste unter den Gottheiten des Höchsten Yoga Tantra,

Doch der spirituelle Meister des Vajrayana ist höher als er,

Da er Anleitungen gibt.

Wenn uns dies klar ist, dann sollten wir einen vollqualifizierten spirituellen Meister suchen und uns sowohl in Gedanken als auch in Taten aufrichtig auf ihn verlassen.

Im Sutra der Vollkommenheit der Weisheit in achttausend Zeilen wird die Geschichte eines großen Bodhisattva namens Sadaprarudita erzählt, der sich aufrichtig auf seinen spirituellen Meister Dharmodgata verließ und ihn als kostbarer als sein eigenes Leben und wichtiger als alle Buddhas betrachtete.

Zwar war Sadaprarudita ein hochverwirklichter Meditie­render, doch sehnte er sich danach, einen Lehrer zu treffen, der ihm das Sutra der Vollkommenheit der Weisheit erklären würde, denn er erkannte, dass es nicht möglich ist, Befreiung oder Erleuchtung zu erlangen, ohne die Bedeutung dieses Sutra zu verwirklichen. Obwohl sein Wunsch, einen qualifizierten spirituellen Meister zu treffen, groß war und er landauf landab nach einem solchen Meister suchte, konnte er keinen Lehrer finden, der ihm die ersehnten Anleitungen geben konnte. Er war so traurig, keinen spirituellen Meister zu finden, dass er ständig weinte. Deshalb nannten ihn diejenigen, die ihn kannten, «Sadaprarudita», was «der, der ständig weint» bedeutet.

Eines Tages, als Sadaprarudita in Meditation vertieft war, empfing er eine außergewöhnliche Vision, in der viele Buddhas direkt vor ihm erschienen. Sie sagten ihm, dass er eine enge Verbindung mit einem Bodhisattva namens Dharmodgata hatte, ihn solle er finden und seine Anleitungen befolgen. Nachdem Sadaprarudita sich aus seiner Meditation erhoben hatte, brach er zu seiner Suche nach Dharmodgata auf. Er legte große Strecken zurück und nahm viele Entbehrungen auf sich, doch er war glücklich, denn nun wusste er, dass es einen spirituellen Meister gab, der ihm die Hilfe geben konnte, die er brauchte. Schließlich fand er heraus, wo Dharmodgata lebte.

Sadaprarudita wollte einige Gaben mitbringen, um sie Dharmodgata darzubringen, doch er besaß nichts. Um etwas Geld für Darbringungen aufzutreiben, ging er in eine nahe gelegene Stadt und verkündete, dass er sein Fleisch an jeden verkaufen werde, der es haben wolle. Die Bewohner der Stadt glaubten, er sei verrückt, und schenkten ihm keine Beachtung. Der Gott Indra jedoch, der Sadaprarudita vom Himmel aus sah, entschloss sich die Aufrichtigkeit seiner Absichten auf die Probe zu stellen. Er manifestierte sich als alter Mann, ging zu Sadaprarudita und sagte, er wolle etwas von seinem Fleisch kaufen. Erfreut schnitt Sadaprarudita sofort ein Stück aus seinem Oberschenkel heraus und gab es ihm. Der Alte meinte, dass er gern auch etwas Knochenmark hätte. Sadaprarudita freute sich noch mehr. Gerade als er im Begriff war, sein Schienbein zu brechen, um etwas Knochenmark zu entnehmen, erschien eine junge Frau. Sie war die Tochter eines ortsansässigen Kaufmanns und fragte Sadaprarudita, was er da tue. Sadaprarudita antwortete, dass er sein Fleisch und Knochenmark verkaufe, um seinem spirituellen Meister Gaben darbringen zu können. Die Frau fragte, wie jemand derart wichtig sein könne, dass er zu einer solchen Tat bereit sei, um ihm Gaben darzubringen. Sadaprarudita erklärte, dass Dharmodgata ihm kostbare Anleitungen über die Vollkommenheit der Weisheit geben würde und dass er durch das Befolgen dieser Anleitungen in der Lage sein würde, Erleuchtung zum Wohle aller Lebewesen zu erlangen. Als sie dies hörte, entwickelte die junge Frau großes Vertrauen in Buddha und seine Lehren. Sie bat Sadaprarudita, sich nicht weiter zu verstümmeln und versprach ihre Eltern zu bitten, das Geld zu spenden, das er für die Darbringungen benötigte.

In dem Moment warf Indra seine Verkleidung ab und fragte Sadaprarudita, weshalb das Geld so wichtig sei. Sadaprarudita antwortete, er brauche nicht das Geld, sondern die Anleitungen über den Pfad zur Erleuchtung. Indra erkannte, dass Sadapraruditas Absicht echt war, und bot ihm alle erforderlichen Reichtümer an. Sadaprarudita aber lehnte das Angebot ab, da er nun von den Eltern der jungen Frau genügend Geld erhalten würde, um Dharmodgata Gaben darzubringen. Dann brach er mit der jungen Frau und vielen ihrer Diener auf, um Dharmodgata zu treffen. Sie brachten Gaben dar und erhielten kostbare Anleitungen über die Vollkommenheit der Weisheit, und indem sie Dharmodgatas Anleitungen umsetzten, erlangten sie später volle Erleuchtung.

Denken wir tief über diese Geschichte nach, so werden wir verstehen, dass es nichts Kostbareres gibt als einen qualifizierten spirituellen Meister, der uns richtige Anleitungen über den Pfad zur Erleuchtung geben kann. Wenn sich ein großer Meditierender wie Sadaprarudita, der direkt von den Buddhas Anleitungen erhalten konnte, auf einen spirituellen Meister verlassen musste, dann versteht es sich von selbst, dass wir einen qualifizierten spirituellen Meister finden und uns aufrichtig auf ihn oder sie verlassen müssen.

Die herausragenden Eigenschaften Je Tsongkhapas und seiner Lehre

Es ist die Essenz des Guru Yoga, die starke Überzeugung zu entwickeln, dass unser spiritueller Meister ein Buddha ist, uns vor ihm zu verbeugen, Gaben darzubringen, aufrichtige Bitten an ihn oder sie zu richten und dann seine tiefgründigen Segnungen zu erhalten. Im Guru Yoga Darbringung an den spirituellen Meister entwickeln wir die Überzeugung, dass unser spiritueller Meister die gleiche Natur wie Je Tsongkhapa ist, der eine Emanation des Weisheitsbuddha Manjushri ist. Der Kommentar zu dieser Praxis wird unter den folgenden beiden Überschriften dargelegt:

1. Die herausragenden Eigenschaften Je Tsongkhapas und seiner Lehre

2. Der Guru Yoga von Je Tsongkhapa

DIE HERAUSRAGENDEN EIGENSCHAFTEN JE TSONGKHAPAS UND SEINER LEHRE

Eines Tages, als Buddha Shakyamuni seinen Schülern Unterweisungen gab und das Sutra König des Erteilens von Anleitungen verkündete, erschien vor ihm ein kleiner Junge, der in Wirklichkeit eine Emanation Manjushris war. Er brachte Buddha einen Rosenkranz aus Kristall mit dem Gebet dar: «Möge ich der Halter der Überlieferungslinie der reinen Sicht und reinen Taten sein.» Da sagte Buddha voraus, dass dieser Junge in der Zukunft als ein Mönch namens Losang Dragpa an einem Ort namens Ganden in der Nähe von Drikhung erscheinen werde und der Halter der Linie der reinen Sicht und reinen Taten werden würde. So wie Buddha es vorausgesagt hatte, erschien Je Tsongkhapa, dessen Ordinationsname Losang Dragpa war, im vierzehnten Jahrhundert in Tibet und gründete in der Nähe eines Ortes namens Drikhung sein erstes Kloster namens Ganden.

Obwohl Je Tsongkhapa eine Emanation Manjushris war und über Hellsicht und Wunderkräfte verfügte, erschien er nicht als ein besonderes, erhabenes Wesen, sondern manifestierte sich als gewöhnlicher, bescheidener Praktizierender. In diesem Aspekt war er ein makelloses Vorbild für andere, gab reine Unterweisungen und führte Tausende von Menschen auf richtige spirituelle Pfade. Er verbreitete einen sehr reinen Buddhadharma in ganz Tibet. Er zeigte dabei, wie die Übungen von Sutra und Tantra miteinander verbunden werden und insbesondere, wie die Vinaya und das Höchste Yoga Tantra zusammen praktiziert werden.

Je Tsongkhapa war wie eine Mutter, die ihre Kinder unterrichtet. Eine Mutter bringt ihren Kindern geduldig alles bei, was sie wissen müssen, vom Essen und Gehen bis zum Lesen und Schreiben. Genauso brachte Je Tsongkhapa den Tibetern geduldig alles bei, was sie für ihre spirituelle Entwicklung brauchten, vom anfänglichen Schritt in eine spirituelle Praxis bis zur endgültigen Erlangung der Buddhaschaft. Klar und fehlerlos lehrte er, wie Schritt für Schritt geübt werden sollte - wie man den ersten Schritt macht, um in den Buddhadharma einzutreten, wie man dann in das Mahayana eintritt und wie man schließlich in das Vajrayana eintritt und die volle Erleuchtung erlangt. Er zeigte auch besondere Methoden, um all diese Erfolge schnell zu erlangen. Die unvergleichliche Güte Je Tsongkhapas wurde vom ersten Dalai Lama Je Gendundrub in seinem Gesang des östlichen Schneebergs gepriesen, in dem er schreibt:

Für die glücklichen Menschen in Tibet, dem Lande des Schnees, ist Deine Güte, o Beschützer, unvorstellbar.

Besonders für mich, Gendundrub,

Ist die Tatsache, dass mein Geist auf Dharma gerichtet ist,

Allein Eurer Güte zu verdanken, o Ehrwürdige, Vater und Söhne.

Von jetzt an bis ich Erleuchtung erlange,

Werde ich keine andere Zuflucht als Euch suchen.

O Ehrwürdige, Vater und Söhne,

Bitte sorgt für mich mit Eurem Mitgefühl.

Obwohl ich Deine Güte nicht erwidern kann, o Beschützer,

Bete ich, dass ich mit einem Geist frei von Anhaftung und Hass

Danach streben möge, Deine Lehre zu bewahren und zum Erblühen zu bringen,

Ohne jemals dieses Bemühen aufzugeben.

Bevor Je Tsongkhapa in Tibet erschien, gab es viele andere hohe Wesen, die Dharma praktizierten, doch die meisten offenbarten ihre spirituellen Erlangungen, indem sie Hellsicht, Wunderkräfte und so weiter zur Schau stellten. Je Tsongkhapa betrachtete solche Zurschaustellungen als wenig hilfreich, da sie den Lebewesen nicht helfen, ihre Unwissenheit, die Hauptursache ihrer Leiden, zu überwinden. Wie kann es Schülern helfen, wenn ein Lehrer ihnen Hellsicht oder Wunder­kräfte offenbart, indem er oder sie zum Beispiel vor ihnen im Raum schwebt? Anstatt zu helfen, kann das sogar Hindernisse hervorrufen. Die Schüler können misstrauisch werden oder anfangen zu zweifeln und einigen mag es sogar unangenehm sein zu wissen, dass ihr Lehrer ihre Gedanken lesen und ihre innersten Geheimnisse entdecken kann. Solche Bedenken führen sowohl für die Schüler als auch für den Lehrer nur zu Hindernissen. In der Vergangenheit wurden Praktizierende beschuldigt schwarze Magie auszuüben, wenn sie ihre Wunderkräfte anderen offenbarten, und einige gerieten sogar in Lebensgefahr. Deshalb stellten die Kadampa Geshes und Je Tsongkhapa eine Regel auf, die es ihren Anhängern untersagte ihre Wunderkräfte zur Schau zu stellen. In den Klöstern der Tradition Je Tsongkhapas wurde jeder Mönch, der seine Wunderkräfte öffentlich zur Schau stellte, gebeten das Kloster zu verlassen.

Andere Traditionen sehen in der Zurschaustellung von Wunderkräften ein Zeichen großer Erlangung, doch Je Tsongkhapas Tradition zufolge haben solche Darstellungen wenig Sinn. Schließlich können Vögel durch die Luft fliegen und Mäuse können sich unter der Erde bewegen, doch sie bleiben genauso verblendet wie eh und je und kommen dadurch der Befreiung oder Erleuchtung nicht näher. Außerdem besaß jeder von uns in seinen unzähligen früheren Leben oftmals Wunderkräfte, doch unser Geist ist noch immer in Unwissenheit gehüllt und wir werden fortwährend unkontrolliert in leidvollen Zuständen wiedergeboren.

Als eine Manifestation des Weisheitsbuddha Manjushri erkannte Je Tsongkhapa, dass man Lebewesen am besten helfen kann ihre Unwissenheit zu überwinden, wenn man ihnen ein gutes Beispiel zeigt und klare und tiefgründige Unterweisungen gibt. Wie eine Mutter, die für ihre Kinder sorgt, so widmete Je Tsongkhapa sein ganzes Leben dem Ziel, durch seine klaren und tiefgründigen Unterweisungen anderen zu helfen ihre Unwissenheit zu überwinden.

Je Tsongkhapas Lehren sind wie Schlüssel, die uns die Bedeutung von Buddhas Sutras und Tantras erschließen. Ohne Je Tsongkhapas Werke, allein durch das Lesen der Schriften, wäre es uns nicht möglich, Buddhas Absicht zu erkennen. Heutzutage sind wir nur durch die Güte Je Tsongkhapas in der Lage, die Stufen des Pfades zur Erleuchtung, Lamrim, zu üben. Die Lamrim Lehren gehen auf Buddha selbst zurück. Ihre systematische Darstellung allerdings stammt von Atisha, dem großen buddhistischen Meister aus Indien, der von König Jangchub Ö nach Tibet eingeladen wurde. Jedermann betrachtet Atisha als sehr gütig, da er die reine Tradition gründete, die als Kadampa Tradition bekannt ist, und den ursprünglichen Lamrim Text Lampe für den Pfad verfasste. Schauen wir uns diesen Text jedoch an, dann sehen wir, dass er nur wenige Seiten umfasst und die komplexe Bedeutung aller Stufen des Pfades zur Erleuchtung in sehr wenigen Worten zusammenfasst. Ohne Erklärung und Kommentar können wir diese Unterweisungen unmöglich verstehen und umsetzen. Es war Je Tsongkhapa, der die essenziellen Erklärungen dazu gab, die es uns ermöglichen, Atishas kostbare Lehren umzusetzen. In seinen Schriften Große, Mittlere und Zusammengefasste Darlegung der Stufen des Pfades stellt Je Tsongkhapa einen vollkommen klaren und fehlerlosen Leitfaden für jede der essenziellen Übungen des Pfades zur Erleuchtung zur Verfügung.

Je Tsongkhapa gab eine besonders klare und fehlerlose Erläuterung der tiefgründigen Leerheit, die mit der Sicht des Beschützers Nagarjuna übereinstimmt. Bevor Je Tsongkhapa in Tibet erschien, entwickelten viele Praktizierende Missver­ständnisse hinsichtlich Buddhas Lehren über Leerheit. Unfähig das genaue Objekt der Verneinung klar zu erkennen, fielen sie in die Extreme der Beständigkeit und des Nichts. Viele Tibeter glaubten, dass es unmöglich sei, die Unfehlbarkeit von Ursache und Wirkung zu begründen, wenn Phänomene vollkommen leer von inhärenter Existenz sind, und dass es infolgedessen keine Grundlage für die Praxis moralischer Disziplin oder anderer Methodenübungen wie Mitgefühl oder Bodhichitta gebe. Andererseits glaubten sie, dass für den Fall, dass es eine Grundlage für die Methodenübungen gibt, Phänomene von ihrer eigenen Seite existieren würden und infolgedessen Leerheit unmöglich wäre. Je Tsongkhapa zeigte die Fehler dieser Denkweise und begründete klar, dass es keinen Widerspruch zwischen Leerheit, dem Fehlen der inhärenten Existenz aller Phänomene, und nichttäuschender Ursache und Wirkung gibt. So konnte er in Übereinstimmung mit der Absicht Nagarjunas die richtige Sicht des mittleren Weges begründen und dadurch seine Anhänger davor schützen, in eines der beiden Extreme zu fallen.

Neben Lamrim können Dharma Praktizierende heutzutage auch die besonderen Methoden der Geistesschulung, oder Lojong, praktizieren. Diese Übungen, die dem Lamrim entnommen sind und besonders betont werden, sind kraftvolle Methoden, um durch die Praxis des Gleichstellens und Austauschens vom Selbst mit anderen, verbunden mit der Praxis des Nehmens und Gebens, einen besonderen Bodhichitta zu erzeugen. Wie im Lamrim sind auch die ursprünglichen Anleitungen des Lojong sehr kurz und für uns schwierig zu verstehen. So umfasst zum Beispiel Geshe Chekhawas Urtext Sieben Punkte der Geistesschulung nur zwei Seiten. Würden wir versuchen Lojong zu praktizieren, indem wir uns allein auf diesen Text verlassen, so würden wir nur schwerlich Fortschritte machen. Je Tsongkhapas Kommentare entschlüsseln die verborgene Bedeutung der Texte der Geistesschulung und ermöglichen uns, sie in die Praxis umzusetzen. Nur dank der Güte Je Tsongkhapas sind wir heute in der Lage, die Anleitungen der Geistesschulung zu praktizieren.

Je Tsongkhapas Werke sind auch für die Übung des Geheimen Mantra unentbehrlich. Würden wir versuchen Geheimes Mantra zu praktizieren, indem wir uns allein auf die Tantras verlassen, so würden wir feststellen, dass die Schriften nicht entzifferbar sind. Ohne Je Tsong­khapas Kommentare, die ihre Bedeutung entschlüsseln, wären Schriften wie Vajradharas Guhyasamaja Wurzeltantra oder das Heruka Wurzeltantra, das auch die Anleitungen zum Vajra­yogini Tantra enthält, wie versiegelte Schatztruhen, zu denen wir keinen Zugang finden. In seinen tantrischen Lehren erläutert Je Tsongkhapa die essenziellen Übungen aller tantrischen Gottheiten. Heutzutage können zum Beispiel viele Menschen nur dank der Güte Je Tsongkhapas die besonderen Yogas von Heruka und Vajrayogini praktizieren. Indem sie Je Tsongkhapas Erklärungen folgten, verfassten spätere Lehrer die außergewöhnlichen Sadhanas und Kommentare zu Heruka und Vajrayogini, die heute praktiziert werden.

Aus seiner tiefgründigen Weisheit heraus präsentierte Je Tsongkhapa eine ganz bestimmte Anordnung der Übungen von Sutra und Tantra, die in einem kurzen menschlichen Leben zur vollen Erleuchtung führen können, wenn sie aufrichtig befolgt werden. Dieser Anordnung zufolge beginnen wir mit der Praxis des Lamrim, den Stufen des Pfades, schreiten dann fort zu Lojong, der Geistesschulung, und schließlich zum Vajrayana Mahamudra, dem eigentlichen schnellen Pfad zur Erleuchtung. Es gibt ein tibetisches Sprichwort, «chö ma nor chag lam lo sum», was bedeutet: «Der fehlerlose Dharma ist Lamrim, Lojong und Mahamudra». Je Tsongkhapa lehrte, wie wir alle Dharma Übungen in diese Reihenfolge integrieren. Die ersten beiden, Lamrim und Lojong, sind vorbereitende Übungen und Vajrayana Mahamudra ist die eigentliche Praxis. Viele der vertrauensvollen Anhänger Je Tsongkhapas erlangten durch die Praxis des Vajrayana Mahamudra der Gelugpa Tradition in drei Jahren Erleuchtung.

Bevor Je Tsongkhapa in Tibet erschien, gab es viele Missverständnisse und falsche Praktiken hinsichtlich der tantrischen Lehren Buddhas. Viele Tibeter glaubten, die Übungen des Tantra seien unvereinbar mit dem reinen Einhalten der Vinaya Gelübde und gaben deshalb entweder Tantra zugunsten der Praxis der Vinaya oder die Vinaya zugunsten der Praxis des Tantra auf. Je Tsongkhapa widerlegte diese falschen Sichtweisen und zeigte, wie alle Lehren Buddhas rein und ohne Widerspruch geübt werden können. Äußerlich zeigte er, wie die reine moralische Disziplin der Vinaya geübt werden soll, indem er alle zweihundertdreiundfünfzig Gelübde eines vollordinierten Mönchs auf makellose Weise einhielt. Innerlich zeigte er, wie man die umfangreichen Übungen der Taten eines Bodhisattva ausführt, indem er die Bodhisattva Gelübde rein einhielt. Und im Geheimen zeigte er, wie die zwei Stufen des Geheimen Mantra geübt werden, die in der höchsten Vereinigung von Glückseligkeit und Leerheit gipfeln, indem er seine tantrischen Gelübde und Verpflichtungen mehr schätzte als sein eigenes Leben. Diese außergewöhnlichen Eigenschaften Je Tsongkhapas werden in einem besonderen Widmungsvers gepriesen, der oft in Dharma Zentren rezitiert wird:

Möge ich der Lehre des Eroberers Losang Dragpa begegnen,

Der über eine makellose moralische Disziplin verfügt,

Die mutige Praxis der umfangreichen Taten eines Bodhisattva

Und die Yogas der zwei Stufen zur höchsten Glückseligkeit und Leerheit.

Obwohl Je Tsongkhapa während seines Lebens nie seine Wunder­kräfte öffentlich zur Schau stellte, gab es doch Gelegen­heiten, in denen er sie diskret offenbarte. Als er sich zum Beispiel einmal in Zentraltibet aufhielt, erreichten ihn viele Nachrichten seiner Mutter, die weit entfernt im östlichen Tibet lebte. Sie teilte ihm mit, dass sie ihn sehr vermisse und sich wünsche, dass er nach Hause zurückkehre. Da Je Tsongkhapa so damit beschäftigt war, anderen zu helfen, glaubte er, seine Arbeit für solch eine lange Reise nicht unterbrechen zu können. Doch um seine Mutter zu trösten, zeichnete er ein Bildnis von sich auf ein Blatt Papier und schickte es ihr durch einen Boten. Als Je Tsongkhapas Mutter das Bild erhielt, sprach es zu ihr: «Sorge dich nicht, liebe Mutter, ich bin hier.» Später wurde das Bildnis in das Kloster Kumbum gebracht, wo es zu einem heiligen Objekt der Dar­bringung und Verbeugung für Tausende von Mönchen wurde.

Als Je Tsongkhapa starb, war das ganze Land überwältigt von Trauer über den Verlust des kostbaren Lehrers. Nicht nur konnten die Menschen ihn jetzt nicht mehr persönlich sehen, die meisten konnten nicht einmal ein Abbild von ihm betrachten, da es nur wenige Darstellungen von ihm gab. Infolgedessen begannen viele Kunsthandwerker Statuen anzufertigen und Thangkhas von ihm zu malen. Obwohl Je Tsongkhapa während seines Lebens seine Wunderkräfte nicht öffentlich zur Schau gestellt hatte, vollbrachte er durch diese Statuen und Thangkhas viele Wunder, nachdem er gestorben war. Besonders acht Statuen wurden seither sehr berühmt. Sie sind bekannt als:

1. Je she par ma (Der Ehrwürdige, der mit einem Lächeln verschwand)

2. Je nga dra ma (Der Ehrwürdige, der ein besseres Abbild ist)

3. Je shen pän ma (Der Ehrwürdige, der anderen nützlicher ist)

4. Je ku thim ma (Der Ehrwürdige, der sich in den Körper auflöste)

5. Je nam pur ma (Der Ehrwürdige, der in den Raum aufstieg)

6. Je tsong pön gelek ma (Der Ehrwürdige Großkaufmann Gelek)

7. Je tsö dog ma (Der Ehrwürdige, der Zwietracht befriedet)

8. Je ling pur ma (Der Ehrwürdige, der in ein anderes Land ging)

Die Geschichte der ersten Statue ist folgende: Einst versuchte ein bescheidener Praktizierender eine Statue von Je Tsongkhapa für sein Retreat zu finden und als ihm das nicht gelang, fertigte er während seines Retreats eine kleine Statue an und stellte sie auf seinen Altar. Für ihn war diese Statue wie der lebendige Je Tsongkhapa und er brachte ihr jeden Tag vor Beginn seiner Meditation Gaben dar und verbeugte sich vor ihr. Als er sich eines Tages aus der Meditation erhob, bemerkte er, dass die Statue allmählich zu Licht schmolz. Während er dies beobachtete, lächelte die Statue plötzlich, stieg in den Raum auf und verschwand vollständig. Der Meditierende staunte und konnte kaum glauben, was er gesehen hatte. Nachdem er lange Zeit nachgedacht hatte, entschloss er sich zu seinem Lehrer zu gehen und ihm zu erzählen, was geschehen war. Sein Lehrer war hocherfreut und sagte ihm, er solle eine weitere, genau gleiche Statue anfertigen. Dies tat er und diese Statue wurde danach bekannt als «Der Ehrwürdige, der mit einem Lächeln verschwand».

Die zweite und dritte Statue wurden von zwei Kunst­handwerkern hergestellt, die in einem freundschaftlichen Wettbewerb feststellen wollten, wer von ihnen größeres Geschick in der Herstellung von Statuen hatte. Sie brachten beide Statuen zu einem hohen Lama, der entscheiden sollte. Als der Lama sie mit einem Geist voller Vertrauen betrachtete, sprach die eine Statue: «Ich bin das bessere Abbild.» Darauf erwiderte die andere Statue: «Aber ich bin für andere nützlicher.» So erhielten diese beiden berühmten Statuen ihre Namen.

Die vierte Statue wurde nach einer Statue benannt, die einem Praktizierenden namens Nyungnä Lama gehörte, dessen Hauptpraxis der Guru Yoga von Je Tsongkhapa war. Er hatte eine Statue von Je Tsongkhapa auf seinem Altar und betrachtete sie als lebendigen Je Tsongkhapa. Jeden Tag übte er Guru Yoga von der Zufluchtnahme bis zur Auflösung Guru Tsongkhapas in sein Herz. Da er so aufrichtig übte, entwickelte er ein sehr reines Herz und erlangte eine besondere Erfahrung von Konzentration. Als er eines Tages visualisierte, wie sich Je Tsongkhapa in sein Herz auflöste, erlebte er, wie sich seine Statue tatsächlich in ihn auflöste, und als er sich aus der Meditation erhob, war die Statue auf seinem Altar vollständig verschwunden. Nach dieser Erfahrung erlangte er schnell viele hohe Verwirklichungen. Die Kunde davon verbreitete sich und der Kunsthandwerker, der die Statue angefertigt hatte, wurde sehr berühmt. Später stellte er eine weitere Statue Je Tsongkhapas her, der er den Namen «Der Ehrwürdige, der sich in den Körper auflöste» gab.

Die fünfte Statue gehörte einem Kloster. Dort beobach­tete ein besonders aufrichtiger Praktizierender des Öfteren, wie sie sich in den Raum erhob und danach an ihren Platz auf dem Altar zurückkehrte. Deshalb wurde die Statue unter dem Namen «Der Ehrwürdige, der sich in den Raum erhob» bekannt.

Die sechste Statue wurde von einem Minister der Regierung angefertigt, der ein vertrauensvoller Schüler Je Tsongkhapas war. Je Tsongkhapa selbst hatte sie gesegnet. Eines Tages jedoch stahl ein böswilliger Mensch die Statue aus Neid, trug sie weit fort und warf sie in einen großen Fluss. Einige Zeit später ritt ein bedeutender Kaufmann namens Gelek auf seinem Pferd durch jene Gegend und bemerkte einen Regenbogen in leuchtenden Farben, der senkrecht im Raume stand und dem Flussbett zu entspringen schien. Er dachte, dass dies ein ungewöhnliches Zeichen sei, und beschloss deshalb, die Nacht in der Nähe zu verbringen. Am nächsten Morgen war der Regenbogen immer noch da und so entschloss er sich, weitere Nachforschungen anzustellen. Obwohl die Anwohner nichts im Fluss entdecken konnten, war Gelek nicht überzeugt. Er sicherte sich mit Seilen, watete in den eiskalten Fluss und tauchte auf den Grund. Dort fand er die Statue von Je Tsongkhapa, die leuchtendes farbiges Regenbogenlicht ausstrahlte. Als er wieder auftauchte, staunten die Zuschauer, dass er nicht ertrunken war, und noch mehr staunten sie angesichts der kostbaren Statue in seinen Händen. Da es der Großkaufmann Gelek war, der die Statue geborgen hatte, wurde sie anschließend als «Der Ehrwürdige Großkaufmann Gelek» bekannt.

Die siebte Statue stammt aus einer Gegend im östlichen Tibet, wo einst ein lang anhaltender Bürgerkrieg herrschte. Die örtliche Bevölkerung sehnte ein Ende der Kämpfe herbei und so gingen sie zu einem Lama in der Nähe, der ein hohes Ansehen als großer Meditierender genoss, und fragten ihn, was sie tun sollten. Er riet ihnen, in ihrer Stadt eine große Statue von Je Tsongkhapa zu bauen, ihm Gaben darzubringen und Bitten an ihn zu richten. Dies taten sie und bald darauf endeten die Kämpfe und Frieden breitete sich in jener Gegend aus. Diese Statue wurde später unter dem Namen «Der Ehrwürdige, der Zwietracht befriedet» bekannt.

Die achte Statue wurde nach einer hochverehrten Statue von Je Tsongkhapa benannt, die auf geheimnisvolle Weise aus Tibet verschwand. Reine Praktizierende, die hellsichtig waren, erkannten, dass die Statue in ein anderes, weit entferntes Land gegangen war. Dort war der Boden mit Diamanten bedeckt und Sprache und Sitten waren vollkommen anders. Sie sahen auch, dass die Statue den Menschen in jenem Land half, und beschlossen daher, eine weitere, ähnliche Statue anzufertigen, und diese nannten sie «Der Ehrwürdige, der in ein anderes Land ging».

Wunder wie diese gab es nicht nur in alten Zeiten. Auch heute gibt es viele Statuen und andere Darstellungen Je Tsongkhapas, die besondere Eigenschaften haben. Zum Beispiel gab es einst einen Geshe namens Geshe Jatse, den ich gut kannte, als ich im Kloster Sera in Tibet war. Als er seine Geshe Schulung beendet hatte, zog er sich in eine Berghöhle zurück, um in Abgeschiedenheit zu meditieren. Er blieb für den Rest seines Lebens dort und lebte genau wie Milarepa. Als er starb, gingen seine zahlreichen Schüler zusammen mit vielen Zuschauern zur Höhle, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Zu ihrem Erstaunen sahen sie, dass der Je Tsongkhapa Statue von Geshe Jatse Zähne und Haare gewachsen waren. Ich erfuhr dies direkt von den Schülern, die ich zum Teil gut kannte.

Mein erster Philosophielehrer im Kloster Ngamring Jampa­ling hieß Geshe Palden. Einmal machte er ein langes Je Tsong­khapa Annäherungsretreat, in dem er Migtsema Gebete zählte. Am Ende des Retreats erschien ein Bild Je Tsong­khapas auf einer der Perlen seiner Mala. Er zeigte sie mir und ich konnte es ganz deutlich sehen.

Es gibt noch viele andere Geschichten wie diese, die uns zeigen, dass auch in diesen unreinen Zeiten vertrauensvolle Praktizierende unaufhörlich die Segnungen Je Tsongkhapas erhalten können. Stellen wir ein Bild oder eine Statue Je Tsongkhapas auf unseren Altar und betrachten diese Darstellung mit tiefem Vertrauen als lebendigen Je Tsongkhapa, bringen ihm Gaben dar, verbeugen uns vor ihm und richten Bitten an ihn, dann werden unsere Lebens­spanne und unsere Dharma Verwirklichungen mit Sicherheit anwachsen. Insbesondere heißt es, dass die Bewohner eines Hauses, in dem eine Statue Je Tsongkhapas steht, keine Armut erleben und dass ihre Weisheit ganz natürlich größer wird.

Warum wir den Guru Yoga von Je Tsongkhapa üben müssen

DER GURU YOGA VON JE TSONGKHAPA

Der Guru Yoga von Je Tsongkhapa wird nun unter drei Überschriften erklärt:

1. Warum wir den Guru Yoga von Je Tsongkhapa üben müssen

2. Ursprung und Überlieferungslinie dieser Anleitungen

3. Die eigentlichen Anleitungen

WARUM WIR DEN GURU YOGA VON JE TSONGKHAPA ÜBEN MÜSSEN

Da unsere Anhaftung an weltliche Tätigkeiten so stark ist, haben wir normalerweise wenig Lust, überhaupt Dharma zu praktizieren, ganz zu schweigen vom Guru Yoga von Je Tsongkhapa. Das ist unser Haupthindernis. Damit wir es überwinden, müssen wir über die Gründe nachdenken, warum es notwendig ist, diesen besonderen Guru Yoga zu üben.

Es gibt zwei hauptsächliche Guru Yogas in Verbindung mit Je Tsongkhapa: Darbringung an den spirituellen Meister, oder Lama Chöpa, der in Verbindung mit dem Höchsten Yoga Tantra geübt wird, und Die Hunderte von Gottheiten des Freudvollen Landes, oder Ganden Lhagyema, der eher ein allgemeiner Yoga ist und entweder in Verbindung mit Sutra oder Tantra geübt werden kann. Diese zweite Praxis ist sehr berühmt und alle Anhänger Je Tsongkhapas lernen sie auswendig und üben sie regelmäßig. In dieser Praxis gibt es ein besonderes Gebet, das Migtsema Gebet. Wenn wir dieses Gebet verstehen, werden wir verstehen, warum es so wichtig ist, den Guru Yoga von Je Tsongkhapa zu üben. Das Gebet lautet:

Tsongkhapa, Kronjuwel der Gelehrten vom Lande des Schnees,

Du bist Avalokiteshvara, Schatz des nichtbeobacht­baren Mitgefühls,

Manjushri, erhabene makellose Weisheit,

Und Vajrapani, Zerstörer der Scharen von Maras.

O Losang Dragpa, ich ersuche Dich, bitte gewähre Deine Segnungen.

mig me tse wai ter chen chen re zig

dri me kyen pai wang po jam pal yang

du pung ma lu jom dze sang wai dag

gang chen khe pai tsug gyen tsong kha pa

lo sang drag pai zhab la sol wa deb

Dieses Gebet ist sehr gesegnet, da es ursprünglich von Man­jushri gesprochen wurde. Es stammt aus Manjushris Ema­nationsschrift, die er direkt an Je Tsongkhapa überlieferte. Als Je Tsongkhapa dieses Gebet empfing, änderte er zwei Zeilen und brachte es seinem spirituellen Meister Rendapa dar. Rendapa aber gab es Je Tsongkhapa in seiner ursprünglichen Form zurück und sagte, dass es ihm eher entsprechen würde.

Viele Anhänger Je Tsongkhapas haben durch die Praxis des Migtsema in Verbindung mit dem Guru Yoga von Je Tsong­khapa sehr hohe Verwirklichungen erlangt. Diejenigen, die ein Handlungs­retreat über Je Tsongkhapa abgeschlossen haben, können hundertacht rituelle Übungen in Verbindung mit Migtsema ausführen, die von späteren Lamas verfasst wurden. Dazu gehören Rituale, um geistige und körperliche Krankheiten zu heilen, verschiedene Hindernisse zu überwinden, unheilvolle Zeichen und schlechte Träume abzuwenden, es regnen zu lassen oder Regen zu beenden sowie Lebensspanne, Verdienste und Dharma Verwirklichungen anwachsen zu lassen. Vor allem aber ist die Migtsema Praxis die beste Methode, um unser Vertrauen in Je Tsongkhapa und seine Lehre zu vertiefen. Wenn wir Vertrauen haben und Je Tsongkhapas Lehren über Mahamudra aufrichtig umsetzen, können wir innerhalb von drei kurzen Jahren Erleuchtung erlangen. Unser Hauptproblem ist der Mangel an Vertrauen.

Das Migtsema Gebet zeigt, dass Je Tsongkhapa eine Ema­nation von Avalokiteshvara, Manjushri und Vajrapani ist. Als Emanation Avalokiteshvaras ist er die Verkörperung des Mitgefühls aller Buddhas, als Emanation Manjushris ist er die Verkörperung der Weisheit aller Buddhas und als Emanation Vajrapanis ist er die Verkörperung der spirituellen Kraft aller Buddhas. Da Je Tsongkhapa eine Emanation von Avalokiteshvara, Manjushri und Vajrapani ist, verbeugen wir uns vor allen Buddhas, wenn wir uns vor ihm verbeugen, bringen allen Buddhas Gaben dar, wenn wir ihm Gaben darbringen, richten Bitten an alle Buddhas, wenn wir Bitten an ihn richten und erhalten die Segnungen aller Buddhas, wenn wir seine Segnungen erhalten. Deshalb müssen wir auf jeden Fall den Guru Yoga von Je Tsongkhapa üben.

Indem wir uns auf Je Tsongkhapa verlassen, vertiefen sich unser Mitgefühl, unsere Weisheit und spirituelle Kraft ganz natürlich. Weil Je Tsongkhapa eine Emanation des Weisheitsbuddha Manjushri ist, ist es für seine vertrauensvollen Anhänger insbesondere nie schwierig, ihre Weisheit zu vergrößern. Überall dort, wo es eine Gemeinschaft vertrauensvoller Anhänger gibt, die Je Tsongkhapas Lehren aufrichtig praktizieren, vergrößert sich ihre innere Weisheit ganz natürlich. Weisheit ist sehr wichtig. Je mehr Weisheit wir haben, desto weniger Unwissenheit haben wir, und je weniger Unwissenheit wir haben, desto weniger Leiden erleben wir. Wenn wir Weisheit haben, gibt es keine Grundlage dafür, Probleme zu erleben.

Was ist Weisheit? Gewöhnliche Intelligenz ist keine Weis­heit. Manche Menschen sind zum Beispiel sehr intelligent, wenn es um die Herstellung von Waffen, giftigen Chemikalien oder anderen zerstörerischen oder schädlichen Substanzen geht. Andere sind sehr gewandt im Geschäftsleben oder in der Politik. Ebenso sind einige Tiere sehr klug. Katzen können zum Beispiel sehr geschickt Mäuse fangen und Mäuse können sehr geschickt Lebensmittel stehlen. Dies sind jedoch keine Beispiele für Weisheit. Weisheit führt nie zu Leiden oder Nicht­tugend.

Weisheit ist ein tugendhafter, intelligenter Geist, der sein Objekt fehlerlos versteht und die Funktion hat, verblendeten Zweifel zu vertreiben. Da Weisheit ein tugendhafter Geist ist, ist sie immer eine Ursache für Glück und führt nie zu Leiden oder Problemen. Außerdem führt Weisheit immer zu richtigen Pfaden und richtigen Handlungen und täuscht Lebewesen nie, da sie ihr Objekt fehlerlos versteht. Wenn wir immer richtig handeln, gibt es keine Grundlage für das Entstehen von Problemen und die Folgen sind immer gut. Zudem vertreibt Weisheit verblendete Zweifel, die die Entwicklung von Vertrauen behindern und unserem spirituellen Fortschritt im Wege stehen.

Wenn unsere Weisheit schwach ist, begegnen wir Hinder­nissen. Ist unsere Weisheit hingegen stark, dann haben wir keine Probleme. Weisheit lehrt uns, was wir tun und was wir lassen sollten. Sie ist wie ein innerer Lehrer, den wir in unserem Herzen tragen, und wie ein Beschützer, der uns davor bewahrt, falsche Handlungen zu begehen und ihre unangenehmen Folgen erleben zu müssen. Wenn wir entmutigt, enttäuscht oder niedergeschlagen sind, dann erhellt Weisheit unseren Geist und macht uns glücklich, und wenn wir sehr aufgeregt oder abgelenkt sind, dann beruhigt Weisheit unseren Geist und verringert unsere Ablenkungen. Mit Weisheit ist unser Geist immer im Gleichgewicht und fühlt sich wohl.

Im Sutra der Vollkommenheit der Weisheit sagt Buddha, dass wir wie ein Blinder sind, wenn es uns an Weisheit mangelt. Haben wir aber Weisheit, dann können wir alles sehen. Weisheit ist das erhabene Auge, das uns in die Lage versetzt, all die verschiedenen Arten von Pfaden zu sehen. Gewöhnliche Augen können nur äußere Pfade sehen, die von einem äußeren Ort zu einem anderen führen. Weisheits­augen jedoch können auch innere Pfade sehen. Es gibt viele verschiedene Arten von inneren Pfaden. Einige führen zu einer Wiedergeburt in niederen Bereichen, einige führen zu einer Wiedergeburt in höheren Bereichen und einige führen zu einer Wiedergeburt in Reinen Ländern. Einige innere Pfade führen zur Befreiung, andere führen zur Erleuchtung. Weisheitsaugen können alle diese verschiedenen Pfade sehen. Außerdem führt Weisheit uns zu richtigen Entscheidungen darüber, welchen inneren Pfaden wir folgen sollen. Ohne Weisheit ist es sehr leicht, falschen Pfaden zu folgen. Aufgrund unseres Mangels an Weisheit sind wir seit anfangsloser Zeit falschen Pfaden gefolgt. Obwohl wir immer nach Glück und Zufriedenheit strebten, führten unsere Handlungen bisher überwiegend zu Leiden und Unzufriedenheit. Das zeigt, dass wir falschen inneren Pfaden gefolgt sind.

Es gibt viele verschiedene Arten von Weisheit wie durch Zuhören entstandene Weisheit, durch Kontemplation entstandene Weisheit, durch Meditation entstandene Weisheit, Weisheit, die konventionelle Wahrheiten erkennt, und Weis­heit, die endgültige Wahrheit erkennt. Jede dieser Weis­heiten hat viele Ebenen. Wollen wir vollkommen frei von Leiden sein und dauerhaftes Glück erlangen, so müssen wir unbedingt diese verschiedenen Arten von Weisheit entwickeln. Deshalb müssen wir den Guru Yoga von Je Tsongkhapa praktizieren.

Es ist ein Widerspruch, uns zu wünschen unsere Unwissen­heit zu überwinden und unsere Weisheit zu vergrößern, den Guru Yoga von Je Tsongkhapa aber zu vernachlässigen oder abzulehnen, da Je Tsongkhapa der Weisheitsbuddha ist. Während die meisten tibetischen Lamas in der Zeit vor Je Tsongkhapa die Erlangung und Zurschaustellung von Wunder­kräften betonten, sah Je Tsongkhapa seine Haupt­verantwortung darin, fühlenden Wesen zu helfen, ihre Unwissenheit durch das Vergrößern ihrer Weisheit zu beseitigen. Er verstand sehr genau, dass die Entwicklung von Weisheit der einzig sichere Pfad ist, der zur Freiheit von Leiden führt. Statt Wunderkräfte zur Schau zu stellen, verbrachte Je Tsongkhapa deshalb sein ganzes Leben damit, Unter­weisungen zu geben, die den Pfad zur Befreiung klar und fehlerlos enthüllen. Lehnen wir die Praxis von Je Tsong­khapa ab, so werden wir nur unsere Unwissenheit vergrößern.

Ebenso wie wir unsere Weisheit vergrößern müssen, müssen wir auch unser Mitgefühl und unsere spirituelle Kraft verbessern. Da Je Tsongkhapa eine Emanation von Avalokiteshvara ist, dem Buddha des Mitgefühls, und von Vajrapani, dem Buddha der spirituellen Kraft, werden unser Mitgefühl und unsere spirituelle Kraft ganz natürlich anwachsen, wenn wir den Guru Yoga von Je Tsongkhapa praktizieren. Uns zu wünschen unser Mitgefühl und unsere spirituelle Kraft zu verbessern, den Guru Yoga von Je Tsongkhapa aber zu vernachlässigen oder abzulehnen, ist ebenfalls ein Widerspruch. Weitere Einzelheiten zur Praxis des Migtsema und Ganden Lhagyema finden sich im Kommentar Herzjuwel.

Aus Sicht des Höchsten Yoga Tantra ist Heruka der Herr der Überlieferungslinie des Mitgefühls, Yamantaka ist der Herr der Überlieferungslinie der Weisheit und Guhyasamaja ist der Herr der Überlieferungslinie der spirituellen Kraft. Um schnell Erleuchtung zu erlangen, müssen wir die Segnungen dieser drei Gottheiten erhalten. Wenn wir den Guru Yoga Darbringung an den spirituellen Meister üben, ist Je Tsongkhapa das Hauptobjekt der Zuflucht und das Feld für die Ansammlung von Verdiensten. Als Emanation des Weisheitsbuddhas Manjushri ist er dieselbe Natur wie Yamantaka. In seinem Körper visualisieren wir die zweiunddreißig Gottheiten von Guhyasamaja und erzeugen uns gleichzeitig als Heruka. Auf diese Weise können wir die Segnungen aller drei Gottheiten erhalten und alle essenziellen Übungen des Höchsten Yoga Tantra in einer Sitzung praktizieren.

Wie bereits erwähnt ist die Reihenfolge, um in einem kurzen menschlichen Leben Erleuchtung zu erlangen, zuerst eine gewisse Erfahrung des Lamrim zu erlangen, danach Lojong zu üben und dann in das Vajrayana Mahamudra einzutreten. Der Guru Yoga der Darbringung an den spirituellen Meister beinhaltet alle diese Übungen. Da er alle Unterweisungen über die Stufen des Pfades zur Erleuchtung enthält, besitzt er alle herausragenden Eigenschaften der Lamrim Texte. Wenn wir uns auf diese Praxis verlassen, werden wir verstehen, dass es in Buddhas Lehre keine Widersprüche gibt. Wir werden alle Lehren Buddhas als persönlichen Rat betrachten und sie umsetzen. Wir werden leicht Buddhas endgültige Absicht erkennen und ganz natürlich frei vom großen Fehler und allen anderen Fehlern sein. Da dieser Guru Yoga alle Anleitungen über die Geistesschulung enthält, besitzt er außerdem die herausragenden Eigenschaften der Lojong Texte. Deshalb sagt Geshe Chekhawa in Geistesschulung in sieben Punkten: «Er ist wie ein Diamant, wie die Sonne und wie ein Medizinbaum.» Weitere Einzelheiten über die herausragenden Eigenschaften des Lamrim und Lojong finden sich in den Büchern Freudvoller Weg und Allumfassendes Mitgefühl.

Darbringung an den spirituellen Meister ist auch eine vorbereitende Übung für Vajrayana Mahamudra und beinhaltet alle Stufen der Erzeugungs- und Vollendungsstufe des Höchsten Yoga Tantra. Widmen wir uns dieser Praxis regelmäßig und aufrichtig, dann werden wir besondere Segnungen erhalten und es wird uns sehr leichtfallen, Verwirklichungen zu erlangen, wenn wir schließlich ein Dreijahresretreat über Vajrayana Mahamudra machen. Viele Anhänger Je Tsongkhapas wie Mahasiddha Dharmavajra, Gyalwa Ensäpa und Khädrub Sangye Yeshe erlangten in drei Jahren Erleuchtung, indem sie sich auf diesen besonderen Guru Yoga verließen. Im Gegensatz zu Milarepa, der keinen Zugang zu dieser Praxis hatte, mussten sie keine großen Entbehrungen auf sich nehmen, sondern konnten reibungslos und schnell auf den Stufen des Vajayana Mahamudra voranschreiten, indem sie sich auf diesen Guru Yoga verließen. Das ist die außergewöhnliche Eigenschaft des Guru Yoga von Je Tsongkhapa. Möchten wir schnell und mühelos Erleuchtung erlangen, müssen wir deshalb unbedingt Vertrauen in Je Tsongkhapa entwickeln und seinen Guru Yoga aufrichtig praktizieren.

Das Ausmaß an Hilfe, das uns durch diesen Guru Yoga zuteilwird, hängt von unserem Vertrauen in Je Tsongkhapa ab. Um unser Vertrauen zu vertiefen, müssen wir immer wieder darüber nachdenken, warum wir den Guru Yoga von Je Tsongkhapa üben müssen. Folgen wir dann in reiner Weise der Tradition Je Tsongkhapas, ohne sie mit anderen Traditionen zu mischen, und verlassen uns auf seinen Dharma Beschützer Dorje Shugden, dann werden unser Vertrauen in Je Tsongkhapa und damit unsere Verwirklichungen ganz natürlich anwachsen. Diesem Rat zu folgen – tiefes, unerschütterliches Vertrauen in Je Tsongkhapa zu entwickeln, seiner Tradition in reiner Weise zu folgen, ohne sie zu mischen, und uns aufrichtig auf den Dharma Beschützer Dorje Shugden zu verlassen –, wird uns auf jeden Fall großen Nutzen bringen. Ermutigt uns ein Lehrer, dies zu tun, dann sind wir es, die einen Nutzen davon haben, nicht der Lehrer. Dieser Rat hat nichts Parteiisches, sondern wird uns nur zu unserem eigenen Wohl gegeben. Die Erfahrung zeigt, dass Verwirklichungen aus tiefem, unerschütterlichem Vertrauen entstehen und dass dieses Vertrauen entsteht, wenn man einer Tradition in reiner Weise folgt, das heißt, sich auf einen Lehrer verlässt, seine Anleitungen umsetzt und seinem Dharma Beschützer folgt. Mischen wir Traditionen, so entstehen viele Hindernisse und es dauert sehr lange, bis wir Verwirklichungen erlangen.

Ursprung und Überlieferungslinie dieser Anleitungen

Die Überlieferungslinie dieser Anleitung, die als «außer­gewöhnliche Geflüsterte Überlieferungslinie» bekannt ist, wurde von Buddha Vajradhara an Manjushri und von Manjushri direkt an Je Tsongkhapa überliefert. Ab Je Tsongkhapa wurde sie durch genau die gleiche Über­lieferungslinie an die heutigen Lehrer weitergegeben wie das Mahamudra der Tugendhaften Tradition. Es wurde bereits erklärt, dass es in Verbindung mit Je Tsongkhapa zwei Hauptarten des Guru Yoga gibt: Die Hunderte von Gott­heiten des Freudvollen Landes, oder Ganden Lhagyema, und Darbringung an den spirituellen Meister, oder Lama Chöpa. Beide wurden in einer besonderen Schrift, die als Kadam Emana­tionsschrift bekannt ist, von Buddha Manjushri an Je Tsongkhapa überliefert. Diese Schrift enthält außerdem Anleitungen zu Vajrayana Mahamudra und zu sechs Sadhanas von Manjushri: Erlangung des äußeren Manjushri, Erlangung des inneren Manjushri, Erlangung des geheimen Manjushri, Erlangung des Körpermandalas von Manjushri, Erlangung des Manjushri des Dharma Rades und Erlangung des Alleinigen Manjushri.

Die Hunderte von Gottheiten des Freudvollen Landes wurde von Je Tsongkhapa an seinen Schüler Je Sherab Senge weitergegeben. Dieser große Lama lebte und praktizierte an einem Ort namens Se in Tibet. Er und seine beiden Haupt­schüler wurden später als «Segyupa Vater und Söhne» bekannt. Die Überlieferungslinie der Praxis Die Hunderte von Gottheiten des Freudvollen Landes ist bekannt als «Segyu Überlieferungslinie». Weitere Erklärungen zu dieser Über­lieferungslinie finden sich im Buch Herzjuwel und eine tiefgründige Erläuterung, wie wir Vajrayana Maha­mudra in Verbindung mit dem Guru Yoga der Segyu Über­lieferungs­linie üben, findet sich im Buch Mahamudra Tantra.

Die Überlieferungslinie der Darbringung an den spiri­tuellen Meister entwickelte sich wie folgt: Nachdem Je Tsongkhapa verstorben war, wurde seine Tradition von seinen beiden Haupt­schülern Khädrubje und Togden Jampel Gyatso aufrechterhalten und gefördert. Khädrubje, eine Emanation Vajrapanis, wurde Je Tsongkhapas Nachfolger im Kloster Ganden. Während er sich dort aufhielt, gab er vielen Schülern umfangreiche Unterweisungen, genauso wie es sein spiritueller Meister Je Tsongkhapa getan hatte. Er war besonders gewandt in Logik und Debatte. Er konnte alle Fragen hinsichtlich der Lehren Je Tsongkhapas beantworten und alle diesbezüglichen Missverständnisse klären. Seine Weis­heit war so scharf und seine Begründungen so treffend, dass er mit dem großen indischen buddhistischen Meister Dharma­kirti verglichen wurde, einer Emanation Manjushris, der die essenziellen Anleitungen zur Logik und zu logischen Begründungen enthüllt hatte.