Heult doch - Jakob Schrenk - E-Book

Heult doch E-Book

Jakob Schrenk

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Beschreibung

"Willkommen im Zeitalter des emotionalen Terrorismus." Hyperemotionalität und funktionale Kränkungsbekundungen spielen mittlerweile auf allen Ebenen und in allen Gesellschaftsbereichen eine neue, radikale Rolle. Jakob Schrenk widmet sich den Fragen, was um alles in der Welt da eigentlich los ist. Warum ist eigentlich ständig irgendwer verletzt oder beleidigt? Woher kommt die allgemeine Überempfindlichkeit? Und wieso ist der Fühlterrorismus eigentlich gerade für die junge Alterskohorte so attraktiv?

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Seitenzahl: 22

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Jakob Schrenk

Heult doch

Die schlimmste Jugendmode aller Zeiten ist die Empfindeley

Eine junge Frau. Ein junger Mann. Vier Wände. Freie Zeit. Da ist Liebe. Schon. Aber da hängt auch eine unangenehme Stille in der Luft wie hartnäckiger Hochnebel. Unsichere Blicke zucken umher und laden den Raum elektrisch auf. Und dann räuspert sich der junge Mann, wie Donner klingt das ganz bestimmt nicht: »Also, das kränkt mich jetzt schon.« Was ist hier passiert? Hat die junge Frau ihren Partner betrogen? Mit ihren Freundinnen über seine neue Frisur gelacht? Das Passwort seines Computers geknackt und E-Mails, Kontoauszüge und die Browserhistory analysiert? Der junge Mann fährt fort: »Ich hatte mich so auf dieses Wochenende gefreut.« Und: »Ich dachte, du weißt, wie wichtig mir das ist.« Und: »Ich fahre doch jedes Jahr dorthin.«

Die junge Frau hat den gemeinsamen Winterurlaub mit ein paar Freunden nicht leichten Herzens abgesagt, es ist nur so, dass im Büro kurzfristig ein paar wichtige Meetings angesetzt wurden und einige Kollegen krank ausfallen (man hat ihr gesagt, man zähle auf sie). Die junge Frau hat versucht, ihrem Partner die Gründe für ihre Entscheidung darzulegen (sie weiß genau, wie gerne er Ski fährt). Sie hat ruhig gesprochen, ihr Bedauern gezeigt und betont, dass sie durch ihr Engagement vielleicht den nächsten Karriereschritt machen kann.

Der junge Mann hört ihr nicht zu. Er kann ihr nicht zuhören, denn in seinem Kopf tobt ein Wirbel aus Angst, Wut und Zweifeln, der alles andere übertönt. Ich, denkt er. Ich bin traurig, denkt er. Ich bin traurig, weil sie nicht mitkommen will, denkt er. Weil er aber will, dass sie mitkommt, nutzt er keine Argumente oder den Hochglanzprospekt des Skigebiets, um sie zu überzeugen, er zeigt ihr die kalte Schulter, pflegt die Stirnfalten, zieht eine Schnute, macht zu. Der passive Rückzug als aggressive Methode.

Psychologische Kriegsführung