Hochsensible Mütter - Brigitte Schorr - E-Book

Hochsensible Mütter E-Book

Brigitte Schorr

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Beschreibung

Sie nehmen alles viel intensiver wahr und haben eine "dünne Haut". Hochsensible - und das ist fast jeder Fünfte - kommen oft an ihre Grenzen. Besonders Mütter: Ein Kind zu haben, sorgt für eine Flut von Wahrnehmungen und Gefühlen. Die vielen Ratschläge und Meinungen aus dem persönlichen Umfeld sorgen für zusätzlichen Stress. In diesem Buch finden Hochsensible Mütter eine Fülle von Denkanstößen und praktischen Anregungen, um den Alltag entspannter gestalten zu können.

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ISBN 978-3-7751-7149-6 (E-Book)

ISBN 978-3-7751-5441-3 (lieferbare Buchausgabe)

Datenkonvertierung E-Book:

CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

© der deutschen Ausgabe 2013

SCM Hänssler im SCM-Verlag GmbH & Co. KG · 71088 Holzgerlingen

Internet: www.scm-haenssler.de; E-Mail: [email protected]

Soweit nicht anders angegeben, sind die Bibelverse folgender Ausgabe entnommen:

Neues Leben. Die Bibel, © der deutschen Ausgabe 2002 und 2006

SCM R.Brockhaus im SCM-Verlag GmbH & Co. KG, Witten.

Weiter wurden verwendet:

(ELB) Elberfelder Bibel 2006, © 2006 by SCM R.Brockhaus im SCM-Verlag GmbH & Co. KG · Witten.

(LUT) Lutherbibel, revidierter Text 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung,

© 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

Umschlaggestaltung: Kathrin Retter, Weil im Schönbuch

Titelbild: shutterstock.com

Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach

Inhalt

Vorwort

Ein Dienstagnachmittag im November

I. Grundsätzliche Gedanken zur Hochsensibilität

1.  Von der Widerstandskraft der Mimosen

2.  Vier Kriterien

3.  Der Einfluss des Umfelds

4.  Fragebogen zur Selbsteinschätzung

5.  Überstimulation als hilfreiches Werkzeug

6.  Sie wissen, dass Sie hochsensibel sind – und jetzt?

7.  Über die hochsensible Wahrnehmung

8.  Intuition

9.  Wie Ihre Werte Ihr Handeln beeinflussen

II. Wenn eine hochsensible Frau Mutter wird

1.  Das Dilemma der Mutterrolle

2.  Zwischen Langeweile und Überforderung

Die eigenen Bedürfnisse kennen

Präsent sein

3.  Fremdbestimmung contra Freiheitsstreben

4.  Zwischen Anpassung und Rebellion

5.  Gas- und Bremspedal

6.  Von guten Grenzen, Abgrenzung, Entgrenzungen und der Weite des Horizonts

Die Bedeutung von Grenzen

Grenzerweiterung

Selbstwirksamkeit

Grenzverletzungen

7.  Über Nähe und Distanz

8.  Über den Umgang mit Kritik

Unterscheiden können

Souveränität entwickeln

Distanz zum Geschehen bekommen

III. Hochsensibilität und Nicht-Hochsensibilität in der Familie

1.  Hochsensible Mutter und hochsensibles Kind

2.  Hochsensible Mutter und nicht-hochsensibles Kind

3.  Noch einmal: Distanz üben

4.  Ein paar Gedanken zur Ernährung

5.  Und da sind ja noch die Männer

6.  Von anderen Formen des Zusammenlebens

Gedanken für alleinerziehende Mütter

Hochsensible Mütter in Patchworkfamilien

IV. Von Schuld, Verantwortung, Therapeuten, Lehrern und der Überquerung des Rubikon

Literatur

Anmerkungen

Für meine Mutter

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Vorwort

Jedes Buch hat seine ganz eigene, unverwechselbare und individuelle Entstehungsgeschichte. Ich denke, dass ich am Inhalt dieses Buches gearbeitet habe, seit ich selbst Mutter bin, also seit 17 Jahren. Damals wusste ich noch nicht, dass ich hochsensibel bin und dass ich mich eines Tages beruflich ausschließlich mit hochsensiblen Menschen beschäftigen würde. Aber die täglichen Erfahrungen, die mir zeigten, dass ich immer ein wenig anders war als andere Mütter, gleichzeitig empfindlicher und empfindsamer, unsicherer und überforderter, suchender und empathischer, verdichteten sich in mir zu einem Knäuel von merkwürdigen Zuständen, in denen ich mich selbst nicht mehr wiedererkannte. Ich hatte damals keine Ahnung, dass es anderen Müttern auch so ging. Seit 2004 gibt es deutschsprachige Bücher zum Thema Hochsensibilität. Die Mutterschaft wird darin stets nur am Rande erwähnt. Die eigene Suche nach hilfreicher Literatur für hochsensible Mütter brachte mich zu der Erkenntnis, dass hier dringender Bedarf besteht. So nahm der Gedanke zu diesem Buch Gestalt an. Und ich durfte noch einmal Mutter werden, indem ich dieses Projekt gebar. In den Monaten der Arbeit daran habe ich mit sehr vielen Menschen, vor allem Müttern, gesprochen. Die Ideen, die Sie in diesem Buch wiederfinden, fanden Eingang in meine Vorträge und Seminare, boten Anlass zu Diskussionen im Familien- und Freundeskreis, zeigten sich manchmal widerspenstig, manchmal verlockend und entwickelten sich unter der sorgfältigen Beobachtung des Verlages und mir selbst zu der hier vorliegenden Form. Immerwährend habe ich nach Verknüpfungen Ausschau gehalten, habe in der Soziologie, der Psychologie, der Kunst und Kultur sowie christlichen Quellen nach möglichen Verbindungen gesucht. Diesen Inspirationen bin ich zu tiefer Dankbarkeit verpflichtet. Meine eigenen Erfahrungen und diejenigen meiner Gesprächspartnerinnen sind in dieses Buch eingeflossen. In einer perfekten Welt würde ich alle namentlich und ausführlich erwähnen. So aber kann ich Ihnen nur versichern, dass diese Quellen sowie die vielen hochsensiblen Menschen, die mir ihre Geschichten anvertraut haben, in diesem Buch gegenwärtig sind. Ich hoffe, dass sie zu einem vertieften Verständnis für die hochsensible Wesensart beitragen werden.

Dennoch gibt es Menschen, die ich hier besonders erwähnen möchte. Allen voran meine eigene Mutter, die ihr hochsensibles Kind als Bürde betrachtete und sich nicht anders als mit Härte zu helfen wusste. Heute bin ich mir nicht sicher, ob sie nicht auch hochsensibel gewesen sein könnte. Hätte ich eine liebevollere Kindheit gehabt, so wäre dieses Buch wahrscheinlich nie entstanden.

Meinen hochsensiblen Kindern Raphael und Stella verdanke ich, dass sie mir deutlich die Grenzen meiner Belastbarkeit aufgezeigt haben. Das hat mir ermöglicht, nach Wegen zu suchen, unser Zusammenleben hochsensiblengerecht zu gestalten sowie meine Mutterschaft als Entwicklungsprozess zu betrachten.

Meinen Freundinnen Ulli und Gabriele, die eine nicht-hochsensibel, die andere aber wohl, verdanke ich gute Diskussionen und ich bin gerührt über die nahezu ständig offenen Ohren, die sie für meine Sorgen und Nöte bei diesem Projekt hatten, sowie für manches Brainstorming bei einem Glas Wein und umsorgt von Ullis Kochkünsten.

Meiner Freundin Judith bin ich zutiefst verbunden durch dieselbe hochsensible Wahrnehmung und Differenziertheit, die mir viele Impulse für dieses Buch beschert hat. Mit ihr zu sprechen, nährt meine Seele. Ich wünsche jedem Menschen, jemanden wie Judith zu kennen.

Und natürlich gebührt der Cheflektorin des Hänssler-Verlages, Uta Müller, großer Dank und Anerkennung dafür, dass sie an dieses Projekt geglaubt und mir immer wieder richtungsweisende Inputs gegeben hat, wenn ich mich in der Komplexität zu verlieren drohte. Meiner Lektorin Beate Tumat danke ich sehr für ihre sorgfältige, wertschätzende und sensible Art, mit meinem Manuskript und meinen Gedanken umzugehen.

Sie können sich dieses Buch auf zweierlei Weise nutzbar machen: zum einen als Informations- und Wissenswerk zum Nachlesen und Verstehen, zum anderen als Arbeitsbuch, denn am Ende jedes Kapitels werden Sie Fragen oder Inputs finden, die Sie zu vertiefter Beschäftigung mit den behandelten Themen anregen können.

Altstätten, im Herbst 2012Brigitte Schorr

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Ein Dienstagnachmittag im November

Die junge Frau sitzt auf der Bettkante. Sie beobachtet ihren kleinen Sohn, wie er sich daranmacht, die Welt des kleinen Ein-Zimmer- Appartements zu entdecken und in eine leere Schublade des Kleiderschrankes krabbelt. Danach klettert er wieder hinaus. Hinein, hinaus, immer wieder. Dabei sieht er seine Mutter erwartungsvoll an. Die Frau sieht den Blick ihres Sohnes und seine Aktivitäten. Kurz huscht ihr durch den Sinn, dass er sich seine Fingerchen einklemmen könnte, wenn die Schrankschublade sich zu schnell schließt. Draußen herrscht strahlender Sonnenschein und sie weiß, eigentlich sollte sie sich und ihn warm einpacken und die spätherbstliche Sonne genießen. Doch etwas in ihr hemmt sie. Deshalb bleibt sie sitzen und schaut ihrem Sohn weiterhin zu, der immer unruhiger wird. Es widerstrebt ihr, nach draußen zu gehen. Sie ist fremd in dieser Gegend und in diesem Land. Ihr Mann arbeitet. Er hat gerade eine Anstellung in einer großen Firma gefunden und der Umzug in dieses Land ist geplant. Der jungen Frau erscheint die Welt außerhalb dieses Zimmers fremd und bedrohlich. Und sie fühlt sich den Situationen, die ihr auf einem Spaziergang begegnen können, nicht gewachsen. Es bedeutet eine Herausforderung für sie, den Kinderwagen zurechtzumachen, die Wickeltasche zu packen (irgendwie quillt ihre immer über, während die von anderen Müttern stets ordentlich und leer zu sein scheinen), den Kleinen anzuziehen (schon das braucht so viel Zeit und Energie, vor allem im Winter) und das Zimmer zu verlassen. Eigentlich ist ihr nach Ruhe und Einsamkeit zumute, aber sofort meldet sich das schlechte Gewissen, ihr ständiger Begleiter: Das Kind braucht doch Anregung und Abwechslung, sie ist doch dafür verantwortlich, dass er sich gesund entwickelt und sie hat gerade gelesen, wie wichtig der tägliche Spaziergang in Verbindung mit sozialen Kontakten ist. Aber alles in ihr sträubt sich dagegen. Zu unsicher fühlt sie sich in dieser Gegend, die Blicke der Menschen, die ihr begegnen, erscheinen ihr aufdringlich und neugierig. Seit sie Mutter ist, hat sie schockiert festgestellt, dass wildfremde Menschen ihr Ratschläge erteilen, das Kind und sie beobachten und Vermutungen darüber anstellen, wie sie sich als Mutter macht. Manchmal kann sie die Gedanken der anderen förmlich hören. In Sekundenbruchteilen analysiert sie die Mimik und die Ausstrahlung des Gegenübers. Meistens fällt ihre Beobachtung nicht zu ihren Gunsten aus. Sie fühlt sich einsam und unverstanden und verhält sich gezwungen und unecht. Im Kontakt mit ihrem Kind versucht sie sich freundlich zu verhalten, obwohl sie eigentlich ständig müde und überreizt ist. Konsequenz in der Erziehung ist ein Problem für sie.

Die junge Frau hat an diesem Nachmittag das Zimmer nicht mehr verlassen. Jedoch folgten auch viele Tage, an denen sie sich dazu zwang. Oft verstand sie sich selbst nicht mehr. Sie wollte das Kind und sie hatte den Kleinen gern, was war nur los mit ihr? Die Frau war nicht nur Mutter, sie war auch hochsensibel.

Beides, Mutterschaft und Hochsensibilität, beeinflussen die erlebte Lebensqualität. Mutter zu sein, bestimmt das Leben jeder Frau in einzigartiger Weise. Die Herausforderungen, die auch heute noch an jede Mutter gestellt werden, sind nicht einfach zu bestehen: Die Entscheidung zur Mutterschaft fordert Konsequenzen – in der Regel wird die werdende Mutter ihre Karriere nicht in der gleichen Weise weiterverfolgen können wie bisher. Selbst wenn sie es möchte, wird doch früher oder später ein Vorgesetzter oder die eigene Familie sie daran erinnern, dass sie nicht beides haben kann. Andererseits, sollte sie sich für ein Leben als Mutter entscheiden und zu Hause bei ihren Kindern bleiben, wird sie schnell als »Heimchen am Herd« abqualifiziert1 und muss mit mangelnder Akzeptanz, finanzieller Abhängigkeit und weitgehender Unselbständigkeit rechnen. Trotz der wertvollen Verdienste, welche die Frauenbewegung für das Leben von Frauen erreicht hat, ist aber auch dies ein Ergebnis der feministischen Bewegung: dass es heute jeder Frau (und im Übrigen auch jedem Mann) bewusst ist, dass Selbständigkeit und finanzielle Unabhängigkeit erstrebenswerte Ziele darstellen, die man durch Mutterschaft aufs Spiel setzt.

Hochsensibel zu sein heißt, innere und äußere Reize stärker wahrzunehmen als Nicht-Hochsensible. Wer mit dieser Veranlagung geboren wird, reagiert stark auf Gerüche, Geräusche, Stimmungen, Befindlichkeiten anderer Menschen, unausgesprochene Erwartungen und macht sich sehr viele Gedanken (oftmals sorgenvolle) über das eigene Sein und den Umgang mit anderen. Das Leben selbst fühlt sich für diese Menschen oft sehr anstrengend an, weil sie nahezu keinen Filter zwischen ihren Wahrnehmungen und der Umwelt (dem Innen und dem Außen) haben. Einschneidende Lebensereignisse, die für alle Menschen lebensbestimmend sind, wie zum Beispiel die Geburt eines Kindes, werden für hochsensible Menschen noch zusätzlich zu einer Flut von Reizen, Gefühlen und Gedanken, die so intensiv ist, dass es sich manchmal so anfühlen mag, als würden die Betroffenen von ihr einfach wie von einer Tsunami-Welle überschwemmt werden.

Wird eine hochsensible Frau Mutter, fließt ihre Veranlagung mit dem gesellschaftlichen Rollenbild zusammen. Das fühlt sich dann mitunter schwer, zerrissen und auf vielfältige Weise unsicher an. Viele hochsensible Mütter bleiben mit diesen Empfindungen allein, da sie sich entweder nicht mitteilen können oder wollen oder sie sich durch ihr Umfeld unter Druck gesetzt fühlen.

Was in einem Menschen angelegt ist, wird mitunter erst durch ein äußeres Ereignis sichtbar. Im Grunde genommen können wir alle nicht wissen, wie wir im Falle eines schweren Unfalls oder einer schicksalhaften Krankheit, eines Todesfalls oder eben der Geburt eines Kindes reagieren werden. Hält sich jemand für geduldig, muss er oder sie vielleicht feststellen, dass ihre Geduld doch engere Grenzen hat als vermutet. Hielt man sich für großzügig, stellt sich vielleicht heraus, dass sich im eigenen Verhalten mitunter eine Kleinlichkeit Bahn bricht, die man nicht an sich vermutet hätte. Die menschliche Persönlichkeit ist lebenslang wandelbar und entwicklungsfähig. Dabei gibt es Persönlichkeitsmerkmale, welche mehr oder weniger gleich bleiben und die Persönlichkeit ihres Besitzers wie ein roter Faden kennzeichnen.2 Es kann vorkommen, dass sich Freunde nach Jahrzehnten wiedertreffen und feststellen, dass sie immer noch im Wesentlichen die Gleichen sind. Eigenschaften können zwar stabil sein, je nach Lebensphase und Situation aber unterschiedlichen Aus druck finden. Nehmen wir zum Beispiel die Fähigkeit, innere und äußere Vorgänge zu reflektieren. Wenn ein Kind mit dieser Eigenschaft geboren wird, so kann sie sich im Kindes- und Schulalter in einer stillen Beobachtungshaltung widerspiegeln, in der Pubertät dagegen kann die gleiche Fähigkeit sich in Rebellion und kompromissloser Wahrheitssuche äußern, während der erwachsene Mensch vielleicht eine Affinität zu tiefen Gesprächen entwickelt.

Wie verhält es sich nun mit der Sensibilität? Sensibilität ist, von außen betrachtet, nicht immer gleich als solche zu erkennen. In meinem Beispiel von oben könnte ein Beobachter möglicherweise annehmen, dass die junge Frau vielleicht zu müde ist, um das Zimmer zu verlassen oder auch schlichtweg zu faul. Erst bei näherer Betrachtung und eingehender Erforschung wird deutlich, dass es sich bei dem beobachtbaren Verhalten vielmehr um einen Ausdruck von hoher Wahrnehmungsfähigkeit, eben Hochsensibilität, handelt. Die junge Frau ist vielleicht immer schon sensibel gewesen, aber bislang ist diese Eigenschaft nie in besonderer Weise hervorgetreten oder gar als störend und beeinträchtigend erlebt worden. Nun ist sie Mutter und auf einmal, scheinbar wie aus heiterem Himmel, reagiert sie überempfindlich auf ganz normales Alltagsgeschehen. Sie ist überreizt oder, wie die Fachwelt es bezeichnet, »emotional ansprechbar«, das Gegenteil von stabil.

Es ist bereits viel über das Zusammenleben mit Kindern aller Altersstufen geschrieben worden. Die Ratgeberliteratur zu Kindererziehung füllt meterweise die Regale der Buchhandlungen. Dabei steht stets das Kindeswohl im Mittelpunkt. Selbstverständlich ist es wichtig, dass es Kindern gut geht. Wir leben in einer Zeit wohlwollender Erziehender. Noch niemals zuvor wurde den Kindern so viel Aufmerksamkeit geschenkt wie heutzutage. Daneben ist das Mütterwohl etwas aus dem Blick geraten. Was brauchen Mütter? Und was hilft besonders sensiblen Frauen, ihr Muttersein als positiv zu erleben? Wie können Mütter auf eine lebensfreundliche Weise sowohl für sich als auch für ihre Kinder sorgen? Diesen Fragen soll in diesem Buch Raum gegeben werden. Außerdem sollen die Mechanismen aufgezeigt werden, auf die empfängliche Frauen besonders sensibel reagieren. Hochsensibilität und Muttersein – es kann sich sehr erfüllend und bereichernd anfühlen, aber meistens erst, wenn die hochsensible Veranlagung gut in die eigene Persönlichkeit integriert wurde und im Alltag ihren angemessenen Ausdruck findet. Dieses Buch soll dabei behilflich sein. Ich denke, dass auf der Ebene des Verstandes es sich bereits entlastend anfühlen kann, wenn Sie aus diesem Buch Erkenntnisse gewinnen. Der konstruktive und lebensfreundliche Umgang mit Ihrer Hochsensibilität geschieht dann aber durch die Seele und den Körper. Deshalb enthält dieses Buch auch Anleitungen und Impulse für gezielte Übungen.

Die junge Frau in der Eingangsszene ist übrigens keine erfundene Figur. Diese junge Mutter war ich, dies ist eine Szene, an die ich mich noch lebhaft erinnere. Hätte ich damals schon gewusst, dass ich hochsensibel bin, wäre manches in meinem Leben und in der Beziehung zu meinen Kindern für mich besser einzuordnen gewesen und das Wissen um meine Veranlagung hätte mir früher die Tür zu mehr Gelassenheit geöffnet. Nun hoffe ich, dass dieses Buch dazu beitragen kann, dass andere hochsensible Mütter zu mehr Zufriedenheit und Ausgeglichenheit finden.

[Zum Inhaltsverzeichnis]

I. 

Grundsätzliche Gedanken zur Hochsensibilität

Man soll niemandes Sensibilität verachten– eines jeden Sensibilität ist sein Genie.

Charles Baudelaire

1.   Von der Widerstandskraft der Mimosen

Die Natur liefert uns zahlreiche Beispiele für körperliche und seelische Prozesse. Wenn wir uns hier mit dem Thema Hochsensibilität beschäftigen, dann liegt der Vergleich mit einer Pflanze nahe, die für ihre Empfindlichkeit bekannt ist: der Mimose. Sie werden vielleicht auch schon die Erfahrung gemacht haben, als »Mimose« bezeichnet zu werden. Beschäftigt man sich mit der Pflanze, so fällt einem auf, dass die Mimose zwar sehr berührungsempfindlich ist, stark auf Licht- und Temperaturschwankungen reagiert und Erschütterungen übel nimmt, dass sie aber gleichzeitig nur den betroffenen Pflanzenteil »einklappt«, der Rest der Pflanze bleibt unbeeindruckt. Nach einer Weile öffnet sich die Pflanze wieder und regeneriert sich.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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