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Jahrbuch Wirtschaftsrecht Schweiz – EU 2024 E-Book

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Beschreibung

Der vorliegende 19. Band der Jahrbuchreihe „Wirtschaftsrecht Schweiz – EU“ dokumentiert die aktuellen Entwicklungen in zentralen Bereichen des EU-Wirtschaftsrechts und deren Bedeutung für die Schweiz. Berücksichtigt werden diverse wirtschaftsrelevante Rechtsgebiete, u.a. Kapitalmarktrecht, Immaterialgüterrecht, Arbeitsrecht, Steuerrecht und Wettbewerbsrecht. Das Jahrbuch richtet sich an Unternehmens‑, Wirtschafts- und VerwaltungsjuristInnen sowie an RichterInnen und RechtsanwältInnen und bietet ihnen einen kompakten Überblick über die wichtigsten Gesetzgebungsvorstösse, neue Rechtsakte und ergangene Urteile im vergangenen Jahr 2023. Auch diese Ausgabe des Jahrbuchs erscheint wiederum im Verlag EIZ Publishing, und zwar als frei verfügbares E-Book (open access) sowie in gedruckter Form (print on demand). Wir bedanken uns bei Andreas Von Gunten und Petra Bitterli von buch & netz für die gute Zusammenarbeit bei der technischen Umsetzung der neuen Publikationsvarianten.

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Jahrbuch Wirtschaftsrecht Schweiz – EU Copyright © by Andreas Kellerhals und Tobias Baumgartner is licensed under a Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International, except where otherwise noted.

© 2024 – CC BY-NC-ND (Werk), CC BY-SA (Text)

Verlag: EIZ Publishing (eizpublishing.ch)Herausgeber: Andreas Kellerhals, Tobias Baumgartner, Europa Institut an der Universität ZürichProduktion, Satz und Vertrieb: buch & netz (buchundnetz.com)ISBN:978-3-03805-668-3 (Print – Softcover)978-3-03805-669-0 (PDF)978-3-03805-670-6 (ePub)DOI: https://doi.org/10.36862/eiz-668Version: 1.01 – 20240320

Dieses Werk ist als gedrucktes Buch sowie als E-Book (open access) in verschiedenen Formaten verfügbar. Weitere Informationen finden Sie unter der URL:https://eizpublishing.ch/publikationen/jahrbuch-wirtschaftsrecht-schweiz-eu-2024/.

Zitiervorschlag:Nachname Vorname, Teilgebiet, in: Kellerhals/Baumgartner (Hrsg.), Wirtschaftsrecht Schweiz – EU 2023/24, Zürich, Seitenzahl

1

Vorwort

Der vorliegende 19. Band der Jahrbuchreihe „Wirtschaftsrecht Schweiz – EU“ dokumentiert die aktuellen Entwicklungen in zentralen Bereichen des EU-Wirtschaftsrechts und deren Bedeutung für die Schweiz. Berücksichtigt werden diverse wirtschaftsrelevante Rechtsgebiete, u.a. Kapitalmarktrecht, Immaterialgüterrecht, Arbeitsrecht, Steuerrecht und Wettbewerbsrecht. Das Jahrbuch richtet sich an Unternehmens‑, Wirtschafts- und VerwaltungsjuristInnen sowie an RichterInnen und RechtsanwältInnen und bietet ihnen einen kompakten Überblick über die wichtigsten Gesetzgebungsvorstösse, neue Rechtsakte und ergangene Urteile im vergangenen Jahr 2023. Auch diese Ausgabe des Jahrbuchs erscheint wiederum im Verlag EIZ Publishing, und zwar als frei verfügbares E-Book (open access) sowie in gedruckter Form (print on demand). Wir bedanken uns bei Andreas Von Gunten und Petra Bitterli von buch & netz für die gute Zusammenarbeit bei der technischen Umsetzung der neuen Publikationsvarianten.

Zürich, März 2024 Andreas Kellerhals Tobias Baumgartner

2

Inhaltsübersicht

Banken- und Kapitalmarktrecht Rechtsentwicklung EU: Stefan SulzerRechtsentwicklung Schweiz: Stefan SulzerVersicherungsrecht Rechtsentwicklung EU: Hansjürg Appenzeller/Vanessa IslerRechtsentwicklung Schweiz: Hansjürg Appenzeller/ Vanessa IslerKommunikation und Medien Rechtsentwicklung EU: Tobias BaumgartnerRechtsentwicklung Schweiz: Ulrike I. HeinrichWettbewerbsrecht Rechtsentwicklung EU: David BruchRechtsentwicklung Schweiz: David MamaneArbeitsrecht Rechtsentwicklung EU: Wesselina UebeRechtsentwicklung Schweiz: Thomas GeiserÖffentliches Auftragswesen Rechtsentwicklung EU: Peter RechsteinerBedeutung für die Schweiz: Peter RechsteinerEnergie Rechtsentwicklung EU: Fatlum AdemiRechtsentwicklung Schweiz: Brigitta KratzSteuerrecht Rechtsentwicklung EU: René Schreiber/Jana Fischer/ Jochen Meyer-BurowRechtsentwicklung Schweiz: René SchreiberImmaterialgüterrecht Rechtsentwicklung EU: Ulrike I. HeinrichRechtsentwicklung Schweiz: Ulrike I. HeinrichVerbraucherrecht Rechtsentwicklung EU: Alexander BrunnerRechtsentwicklung Schweiz: Alexander BrunnerInternationales Privatrecht Rechtsentwicklung EU: Dirk TrütenRechtsentwicklung Schweiz: Dirk TrütenAussenwirtschaftsrecht Rechtsentwicklung EU: Janick ElsenerRechtsentwicklung Schweiz: Andreas R. Ziegler

3

Autorenverzeichnis

Fatlum Ademi, MLaw, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Europa Institut der Universität Zürich

Dr. Hansjürg Appenzeller, Rechtsanwalt, Partner bei Homburger, Zürich

Dr. Tobias Baumgartner, LL.M. (Eur.), Rechtsanwalt, Stv. Direktor des Europa Instituts an der Universität Zürich

Dr. David Bruch, Referent beim Sekretariat der Wettbewerbskommission (WEKO)

Prof. Dr. Alexander Brunner, Titularprofessor em. für Handels- und Konsumrecht sowie Verfahrensrecht an der Universität St. Gallen, Oberrichter a.D. am Handelsgericht Zürich und nebenamtlicher Bundesrichter a.D. an der Ersten Zivilabteilung des Bundesgerichts, Lausanne

Janick Elsener, BLaw, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Europa Institut an der Universität Zürich

Jana Fischer, LL.M., Rechtsanwältin, Steuerberaterin und Partnerin bei Baker McKenzie, Frankfurt

Prof. Dr. iur. Dr. h.c. Thomas Geiser, em. Ordinarius für Privat- und Handelsrecht an der Universität St. Gallen, em. Direktor des Forschungsinstitutes für Arbeit und Arbeitswelten an der Universität St. Gallen

Dr. Ulrike I. Heinrich, Rechtsanwältin, Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE), Bern

Vanessa Isler, LL.M., Rechtsanwältin bei Homburger, Zürich

Dr. Brigitta Kratz, LL.M., Rechtsanwältin, Badertscher Rechtsanwälte AG, Zürich, ehem. Vizepräsidentin Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom

David Mamane, LL.M. (Bruges), Advokat, Partner bei Schellenberg Wittmer Rechtsanwälte, Zürich, Lehrbeauftragter für Wettbewerbsrecht an der Universität Luzern

Jochen Meyer-Burow, LL.M., Mag. Rer. Fiscalium, Rechtsanwalt und Partner bei Baker McKenzie, Frankfurt

Peter Rechsteiner, Rechtsanwalt, Bracher Spieler Schönberg Eitel Rechsteiner, Rechtsanwälte und Notare, Solothurn

René Schreiber, Rechtsanwalt/dipl. Steuerexperte, Partner bei Eversheds Sutherland AG, Zürich und Bern, Dozent für Steuerrecht an der Universität Zürich

Dr. Stefan Sulzer, LL.M., Rechtsanwalt, Group General Counsel, The Adecco Group, Zürich

PD Dr. Dirk Trüten, LL.M., Privatdozent für Europäisches Privat‑, Wirtschafts- und Verfahrensrecht sowie Privatrechtsvergleichung an der Universität Luzern

Dr. Wesselina Uebe, Rechtsanwältin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Europa Institut an der Universität Zürich

Prof. Dr. Andreas R. Ziegler, LL.M., Ordinarius für internationales Recht, Direktor des LLM-Programms, Universität Lausanne

Banken- und Kapitalmarktrecht

Stefan Sulzer

„Die Europäische Union wird ihre strategische Souveränität stärken und ihre wirtschaftliche, industrielle und technologische Basis für den grünen und den digitalen Wandel rüsten“

Schlussfolgerung des Europäischen Rates, 9. Februar 2023

Inhalt

Rechtsentwicklungen in der EU im Jahr 2023 (Stefan Sulzer)BankenunionBankenpaketBericht über den einheitlichen AufsichtsmechanismusKrisenmanagement im BankensektorEigenkapitalNachhaltiges FinanzwesenPlattform für nachhaltiges FinanzwesenNachhaltigkeitsberichterstattungEU-Taxonomie und ESG-RatingMärkte für Finanzinstrumente (MiFID II und MiFIR)Digitales FinanzwesenModernisierung der ZahlungsdienstleistungenZugang zu FinanzdatenDigitaler EuroKryptoanlagenDigitale BetriebsstabilitätLangfristige InvestmentfondsZentralverwahrerBenchmarksGeldwäsche und TerrorismusfinanzierungRechtsentwicklungen in der Schweiz im Jahr 2023 (Stefan Sulzer)BundFinanzmarktinfrastrukturAnerkennung von HandelsplätzenBankenEigenmittelInsolvenz und EinlagensicherungLiquidität – Staatliche LiquiditätssicherungNachhaltiges FinanzwesenPrävention von GreenwashingKlimaberichterstattungSwiss Climate ScoreGeldwäscherei und TerrorismusfinanzierungFinanzmarktaufsicht (FINMA)RisikomonitorNachhaltiges FinanzwesenManagement von klimabezogenen FinanzrisikenNetwork for Greening the Financial SystemFinanzmarktinfrastrukturBankenEigenmittelRecovery- und Resolution Pläne systemrelevanter InstituteOperationelle Risiken bei BankenWertberichtigungen für AusfallrisikenKryptobasierte Vermögenswerte – Staking-DienstleistungenDerivatgeschäfteDatenschutzGeldwäschereiGeldwäschereiverordnung-FINMAGeldwäschereirisikoanalyseSIX Swiss ExchangeAktienrechtsrevisionCorporate GovernanceNeukotierungen von ETF und ETPManagement-TransaktionenPro Forma-Finanzinformationen für die HandelszulassungAd hoc-Publizität

Rechtsentwicklungen in der EU im Jahr 2023

Bankenunion

Bankenpaket

Die EU hat den weitaus grössten Teil der Basel-III Standards von 2017 umgesetzt. Dies hat die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors der EU gestärkt, die Finanzstabilität erhöht und die Grundlage für eine stabile Finanzierung der Wirtschaft geschaffen. Entsprechend hat das Bankensystem der EU die COVID-19-Krise und die Zeit nach der russischen Invasion in die Ukraine auf einer wesentlich widerstandsfähigeren Basis begegnen können, so dass Banken den wirtschaftlichen Schock eher mildern als verstärken konnten. Für die Umsetzung von Basel III in der EU blieben einige abschliessende Elemente bestehen, die von der Europäischen Kommission im Oktober 2021 vorgeschlagen wurden (sog. Bankenpaket).[1]

Im Dezember 2023 haben die Vorbereitungsgremien des Europäischen Parlaments und des Rates das Bankenpaket gebilligt. Die beiden gesetzgebenden Organe haben hierbei bestätigt, dass die neuen Eigenkapitalverordnungsvorschriften am 1. Januar 2025 in Kraft treten werden. Die in der Eigenkapitalrichtlinie enthaltenen Bestimmungen müssen von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden, bevor sie mit der Anwendung beginnen.

Bericht über den einheitlichen Aufsichtsmechanismus

Der einheitliche Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM) wurde im November 2014 als wichtiger erster Schritt zur Schaffung der Bankenunion eingerichtet. Ziel war es, höchste Standards bei der Aufsicht über Kreditinstitute in der EU sicherzustellen, die EU-Politik zur Aufsicht über Kreditinstitute auf logische und wirksame Weise umzusetzen und für eine kohärente Anwendung des einheitlichen Regelwerks zu sorgen. Der SSM wurde als integriertes System konzipiert und beruht auf der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Zentralbank (EZB) als supranationaler Behörde und den zuständigen nationalen Behörden der Mitgliedstaaten, die Teil des Euro-Währungsgebiets sind, sowie der Mitgliedstaaten, die eine Vereinbarung über eine enge Zusammenarbeit mit der EZB geschlossen haben.

Am 18. April 2023 veröffentlichte die Europäische Kommission den Bericht über die zweite Überprüfung des einheitlichen Aufsichtsmechanismus.[2] Die Überprüfung bestätigt, dass sich der SSM zu einer ausgereiften, gut funktionierenden Organisation entwickelt hat. In den letzten Jahren wurden stärker harmonisierte, transparentere und besser vergleichbare Aufsichtspraktiken entwickelt, bspw. für die Festlegung der für Banken geltenden Anforderungen und Leitlinien der Säule 2 sowie für Beurteilungen der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit.

Die Überprüfung hat auch einige Bereiche aufgezeigt, die verstärkte Aufmerksamkeit erfordern. Erstens bestehen im Rahmen des SSM Herausforderungen dahin gehend, dass es an Fähigkeiten mangelt, die für die Aufsicht in hochspezialisierten Bereichen erforderlich sind. Dadurch ist es nur begrenzt möglich, der Arbeit in Bereichen wie Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)- und Cyberrisiken und der Bewertung von internen Modellen grössere Priorität einzuräumen. Der Bericht zeigt ausserdem auch Schwierigkeiten auf, mit denen der SSM in Bereichen wie Eignungsbeurteilungen, Sanktionsbefugnisse und Geldwäschebekämpfung, in denen weitgehend nationales Recht gilt, konfrontiert ist. Ein stärker harmonisierter Rechtsrahmen käme der Aufsicht zugute, da dadurch Bedenken hinsichtlich ungleicher Wettbewerbsbedingungen innerhalb des SSM ausgeräumt werden könnten.

Krisenmanagement im Bankensektor

In ihrer Erklärung vom 16. Juni 2022 stellte die Euro-Gruppe fest,[3] dass die Bankenunion nach wie vor nicht vollendet ist, und sprach sich dafür aus, bei den weiteren Arbeiten den unmittelbaren Schwerpunkt zunächst auf die Stärkung des Rahmens für Krisenmanagement und Einlagensicherung zu legen. Der Bankensektor der EU kann sich auf einen starken Rahmen für das Krisenmanagement stützen und ist in den vergangenen Jahren viel widerstandsfähiger geworden. Die Erfahrung hat indes gezeigt, dass mittelgrosse und kleinere Banken bei Ausfall häufig nicht abgewickelt werden, sondern andere Lösungen zur Anwendung kommen, bei denen anstelle der internen Ressourcen, private, branchenfinanzierte Sicherheitsnetze wie Einlagensicherungssysteme und Abwicklungsfonds mitunter Steuergelder herangezogen werden.

Am 18. April 2023 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Anpassung und Stärkung des bestehenden EU-Rahmens für das Krisenmanagement im Bankensektor und die Einlagensicherung angenommen.[4]

Der Vorschlag sieht die Änderung verschiedener Rechtsetzungserlasse[5] vor und weist folgende Elemente auf: (i) Wahrung der Finanzstabilität und Schutz von Steuergeldern. Der Vorschlag vereinfacht den Einsatz von Einlagensicherungssystemen in Krisensituationen, um Einleger vor Verlusten zu schützen und eine Ansteckung anderer Banken sowie negative Auswirkungen auf die Gemeinschaft und die Wirtschaft zu vermeiden; (ii) abschirmen der Realwirtschaft vor den Auswirkungen eines Bankenausfalls. Die vorgeschlagenen Vorschriften werden es den Behörden ermöglichen, die zahlreichen Vorteile, die eine Abwicklung als eines der wichtigsten Instrumente des Krisenmanagements bietet, voll auszuschöpfen. Im Gegensatz zur Liquidation kann die Abwicklung für Kunden weniger disruptiv sein; (iii) die in der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme festgelegte Deckungssumme von EUR 100,000 pro Einleger und Bank bleibt in der EU für alle Einleger, die unter das System fallen, bestehen. Der neue Rahmen weitet den Einlegerschutz auf öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen oder Gemeinden aus sowie auf Kundengelder, die etwa von Investmentgesellschaften, Zahlungsinstituten oder E-Geld-Instituten in bestimmte Arten von Kundenfonds eingezahlt werden.

Eigenkapital

Am 28. April 2020 nahm die Europäische Kommission ein Bankenpaket an, das den Banken in der EU die Kreditvergabe an private Haushalte und Unternehmen erleichtern soll. Dieses Paket umfasst gezielte „Sofort“-Änderungen an den EU-Bankenvorschriften[6], namentlich der Eigenkapitalverordnung (CRR und CRR II)[7], um die Fähigkeit der Banken zur Kreditvergabe und zum Ausgleich coronabedingter Verluste zu maximieren. Es handelte sich um aussergewöhnliche temporäre Massnahmen, mit denen die unmittelbaren Folgen der COVID-19-Krise abgemildert werden sollten. Hierzu zählen die Anpassung des Zeitplans für die Anwendung der Internationalen Rechnungslegungsstandards auf das Kapital der Banken, eine günstigere Behandlung von Garantien, die während der Krise gewährt werden, die Verschiebung des Anwendungsbeginns des Puffers bei der Verschuldungsquote und die Änderung der Art und Weise, wie bestimmte Risikopositionen von der Berechnung der Verschuldungsquote ausgenommen werden.

Mit der CRR II wurde in die CRR eine Bestimmung aufgenommen, die global systemrelevanten Instituten einen Puffer bei der Verschuldungsquote vorschreibt. Dieser Puffer sollte ursprünglich ab 1. Januar 2022 gelten. Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie und im Einklang mit dem vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) beschlossenen neuen Umsetzungszeitplan wurde der Geltungsbeginn um ein Jahr auf den 1. Januar 2023 verschoben.

Nachhaltiges Finanzwesen

Der europäische Grüne Deal[8] und der Übergang zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft bis 2050 stellen erhebliche Herausforderungen dar, insb. im derzeitigen geopolitischen und wirtschaftlichen Kontext. Sie bieten jedoch auch Chancen für die EU. Investitionen in den grünen Wandel werden helfen, eine nachhaltige, gerechte und wohlhabende Gesellschaft aufzubauen. Investitionen in saubere und nachhaltige Energiequellen und Energieeffizienz werden die offene strategische Autonomie der EU stärken und die Abhängigkeit von Einfuhren fossiler Brennstoffe von ausserhalb der EU verringern und so dazu beitragen, die Energiepreise künftig zu dämpfen.

Plattform für nachhaltiges Finanzwesen

Der Dialog und die enge Zusammenarbeit zwischen einer Vielzahl von Interessengruppen aus dem öffentlichen und privaten Sektor werden von entscheidender Bedeutung sein, um die Ziele der EU-Taxonomie-Verordnung und letztlich des europäischen Grünen Deals und der EU-Klimaziele für 2030 und 2050 zu erreichen.

Die Plattform für nachhaltiges Finanzwesen bringt weltweit führende Nachhaltigkeitsexperten aus einer Vielzahl von Interessengruppen zusammen und spielt eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, Zusammenarbeit zu ermöglichen, indem sie das beste Know-how der Unternehmen und des öffentlichen Sektors, der Industrie, der Zivilgesellschaft und der Finanzbranche zusammenbringt. Die Plattform wurde erstmals im Oktober 2020 für ein zweijähriges Mandat eingerichtet. Im Oktober 2022 wurde eine Aufforderung zur Einreichung von Bewerbungen für die Auswahl der Mitglieder für das neue Mandat der Plattform veröffentlicht. Die neue Zusammensetzung der Plattform wurde am 8. Februar 2023 bekannt gegeben.[9]

Nachhaltigkeitsberichterstattung

Am 21. April 2021 legte die Europäische Kommission ein umfassendes Massnahmenpaket vor, das dazu beitragen soll, in der EU mehr Geld in nachhaltige Tätigkeiten zu lenken und die Anleger in die Lage zu versetzen, ihre Investitionen auf nachhaltigere Technologien und Unternehmen umzustellen und so wesentlich zur Klimaneutralität Europas bis 2050 beitragen.[10]

Die geänderte Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung der Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD)[11] ist am 6. Januar 2023 in Kraft getreten. Art. 4 dieser Richtlinie wird ab dem 1. Januar 2024 auf am oder nach dem 1. Januar 2024 beginnende Geschäftsjahre angewandt.

EU-Taxonomie und ESG-Rating

Am 13. Juni 2023 hat die Europäische Kommission ein neues Massnahmenpaket vorgelegt, um auf den Grundlagen des EU-Rahmens ein nachhaltiges Finanzwesen aufzubauen und zu stärken.

Das vorgeschlagene Paket sieht insb. folgende Massnahmen vor:

(a) Delegierte Verordnungen zur EU-Taxonomie.[12] Die EU-Taxonomie ist ein Eckpfeiler des EU-Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen und ein wichtiges Instrument für Markttransparenz, das Direktinvestitionen in die Wirtschaftstätigkeiten unterstützt, die für den ökologischen Wandel am dringendsten benötigt werden. Die Europäische Kommission hat im Grundsatz eine Reihe neuer EU-Taxonomiekriterien für Wirtschaftstätigkeiten genehmigt, die einen wesentlichen Beitrag zu einem oder mehreren der nicht klimabezogenen Umweltziele leisten, wie etwa nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, und Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme. Die Kriterien stützen sich weitgehend auf die im März und November 2022 veröffentlichten Empfehlungen der Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen[13].

(b) Verordnung über Anbieter von ESG-Ratings (Umwelt, Soziales und Governance).[14] ESG-Ratings spielen auf dem EU-Markt für nachhaltige Finanzierungen eine wichtige Rolle, da sie Anlegern und Finanzinstituten bspw. Aufschluss darüber geben, wie sich Anlagestrategie und Risikomanagement mit Blick auf ESG-Faktoren gestalten. Am ESG-Ratingmarkt mangelt es derzeit an Transparenz. Die Europäische Kommission schlägt daher eine neue Verordnung vor, um die Zuverlässigkeit und Transparenz von ESG-Ratings zu verbessern. Neue organisatorische Grundsätze und klare Regeln zur Vermeidung von Interessenkonflikten werden für mehr Integrität hinsichtlich der Tätigkeiten von ESG-Ratinganbietern sorgen. Die neuen Vorschriften werden Anleger in die Lage versetzen, bei nachhaltigen Investitionen fundiertere Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus ist in dem Vorschlag vorgesehen, dass Anbieter von ESG-Ratings, die Anlegern und Unternehmen in der EU Dienstleistungen anbieten, von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) zugelassen und beaufsichtigt werden müssen. Dadurch wird auch die Qualität und Verlässlichkeit ihrer Dienstleistungen gewährleistet, so dass die Investoren geschützt sind und die Marktintegrität gewahrt bleibt.

Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II und MiFIR)

Seit Januar 2018 gilt die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (Markets in Financial Instruments Directive, MiFID)[15] und die dazugehörige Verordnung (Markets in Financial Instruments Regulation, MiFIR)[16], deren Ziel es ist, die Finanzmärkte effizienter, widerstandsfähiger und transparenter zu machen, sowie den Anlegerschutz zu stärken. Im November 2021 verabschiedete die Europäische Kommission ein Massnahmenpaket, um die Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten von Unternehmen in der gesamten EU zu verbessern und dafür zu sorgen, dass Europäerinnen und Europäer ihre Ersparnisse und Investitionen bestmöglich nutzen können.[17]

Das Massnahmenpaket enthält u.a. die Einführung eines sog. „konsolidierten europäischen Datentickers“ (European consolidated tape).[18] Dieser soll Anlegern Zugang zu fast in Echtzeit bereitgestellten Handelsdaten für Aktien, Anleihen und Derivate an allen Handelsplätzen in der EU verschaffen. Bisher ist dieser Zugang auf eine Handvoll professioneller Anleger beschränkt. Die vorgeschlagenen Überarbeitungen werden ferner die Wettbewerbsbedingungen für Börsen und Investmentbanken weiter angleichen. Darüber hinaus wird die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Handelsplätzen in der EU gefördert, indem die Regel des offenen Zugangs abgeschafft wird.

Am 30. Juni 2023 erzielte das Europäische Parlament und der Europäische Rat eine politische Einigung über das vorgeschlagene Massnahmenpaket.

Digitales Finanzwesen

Modernisierung der Zahlungsdienstleistungen

Der Markt für Zahlungsdienstleistungen hat sich in den letzten Jahren erheblich verändert. Elektronische Zahlungen in der EU haben stetig zugenommen. Dieser Trend wurde durch die COVID-19-Pandemie beschleunigt. Neue Anbieter, die sich digitale Technologien zunutze machen, sind in den Markt eingetreten und bieten insb. Dienstleistungen des „offenen Bankwesens“ an, d.h. den sicheren Austausch von Finanzdaten zwischen Banken und Finanztechnologieunternehmen (FinTechs). Es sind auch komplexere Arten von Betrug entstanden, die die Verbraucher gefährden und das Vertrauen beeinträchtigen.

Am 28. Juni 2023 legte die Europäische Kommission Vorschläge vor, um den Zahlungsverkehr und den Finanzsektor im weiteren Sinne in das digitale Zeitalter zu führen. Die neuen Vorschriften werden ausserdem den Verbraucherschutz und den Wettbewerb bei elektronischen Zahlungen weiter verbessern und die Verbraucher in die Lage versetzen, ihre Daten auf sichere Weise weiterzugeben, damit sie ein breiteres Spektrum besserer und billigerer Finanzprodukte und -dienstleistungen erhalten können. Mit dem Vorschlag wird die derzeitige Zahlungsdienstrichtlinie (PSD2) geändert und zur PSD3[19] modernisiert sowie eine neue Verordnung über Zahlungsdienstleistungen[20] eingeführt. Damit soll (i) Zahlungsbetrug bekämpft und eingedämmt, (ii) Verbraucherrechte verbessert, (iii) Wettbewerbsbedingungen zwischen Banken und Nichtbanken weiter angeglichen, (iv) die Funktionsweise des offenen Bankwesens verbessert, (v) die Verfügbarkeit von Bargeld in Geschäften und an Geldautomaten verbessert, und (vi) die Harmonisierung und Durchsetzung gestärkt werden.

Zugang zu Finanzdaten

Das von der Europäischen Kommission am 28. Juni 2023 vorgelegte Massnahmenpaket[21] sieht auch einen Legislativvorschlag über einen Rahmen für den Zugang zu Finanzdaten[22] vor, mit dem klare Rechte und Pflichten für den Austausch von Kundendaten im Finanzsektor über Zahlungskonti hinaus festgelegt werden, wie insb. (i) Anrecht, aber keine Verpflichtung für Kunden, ihre Daten an Datennutzer weiterzugeben; (ii) Verpflichtung der Inhaber von Kundendaten, diese Daten den Datennutzern zur Verfügung zu stellen; (iii) vollständige Kontrolle der Kunden darüber, wer und zu welchem Zweck auf ihre Daten zugreifen darf; (iv) Normierung der Kundendaten und der erforderlichen technischen Schnittstellen; (v) klare Haftungsregelungen bei Datenschutzverletzungen und Streitbeilegungsmechanismen; und (vi) zusätzliche Anreize für Dateninhaber zur Einrichtung hochwertiger Schnittstellen für Datennutzer.

Digitaler Euro

Der Euro steht nach wie vor für die Einheit und die Stärke Europas. Im gesamten Euro-Währungsraum und darüber hinaus nutzen Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen seit über zwei Jahrzehnten Euro-Münzen und -Banknoten als Zahlungsmittel. Immer mehr Menschen und Unternehmen entscheiden sich indes, digital zu bezahlen. Dabei nutzen sie Karten und Anwendungen, die von Banken sowie von anderen Finanzunternehmen und Digitalunternehmen zur Verfügung gestellt werden. Dieser Trend hat sich durch die COVID-19-Pandemie beschleunigt.

Am 28. Juni 2023 hat die Europäische Kommission ein Massnahmenpaket vorgestellt, das dafür sorgen soll, dass die Bürgerinnen und Bürger zwischen einer Barzahlung und einer digitalen Zahlung wählen können, wenn sie mit Zentralbankgeld bezahlen wollen. Das Massnahmenpaket enthält einen Legislativvorschlag über Euro-Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel[23], wodurch die Rolle des Bargelds gewahrt und sichergestellt werden soll, dass es als Zahlungsmittel weithin akzeptiert wird und für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen im gesamten Euro-Währungsgebiet leicht zugänglich bleibt. Ausserdem ist ein Legislativvorschlag zur Schaffung des Rechtsrahmens für einen möglichen digitalen Euro enthalten.[24] Mit diesem Vorschlag soll sichergestellt werden, dass Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen eine zusätzliche Option haben, durch die sie mit einer weithin akzeptierten, kostengünstigen, sicheren und widerstandsfähigen Form öffentlichen Geldes im Euro-Währungsgebiet digital bezahlen können. Mit dem Vorschlag wird zwar der Rechtsrahmen für den digitalen Euro geschaffen, doch liegt die Entscheidung, ob und wann der digitale Euro ausgegeben wird, letztlich bei der Europäischen Zentralbank.

Kryptoanlagen

Im September 2020 legte die Europäische Kommission erstmals Rechtsvorschriften[25] über Kryptowerte (eine digitale Darstellung von Werten oder Rechten, die elektronisch gespeichert und gehandelt werden können) vor.[26] Mit der Verordnung über Märkte für Kryptowerte (Regulation on Markets in Crypto Assets – MiCA) werden Innovationen gefördert. Gleichzeitig wird damit bezweckt, die Finanzstabilität zu wahren und Anleger vor Risiken zu schützen. Die neuen Vorschriften ermöglichen es in einem Mitgliedstaat zugelassenen Betreibern, ihre Dienste in der gesamten EU zu erbringen. Als Sicherheitsvorkehrungen sind Eigenkapitalanforderungen, die Verwahrung von Vermögenswerten, ein den Anlegern zur Verfügung stehendes obligatorisches Beschwerdeverfahren und Rechte des Anlegers gegenüber dem Emittenten vorgesehen. Emittenten bedeutender mit Vermögenswerten hinterlegter Kryprowerte (globale stablecoins) werden strengeren Anforderungen unterliegen (z.B. in Bezug auf Eigenkapital, Anlegerrechte und Aufsicht). Die MiCA[27] trat am 29. Juni 2023 in Kraft.

Vom 8. November bis 6. Dezember 2023 führte die Europäische Kommission eine Anhörung zu vier delegierten Verordnungen[28] zur Unterstützung der MiCA durch. Damit sollen insb. die Kriterien für die Einstufung eines vermögenswertereferenzierten Token oder E-Geld-Token als signifikant präzisiert, Aufsichtsmassnahmen in Bezug auf Befugnisse zur Produktintervention eingeführt, Verfahrensvorschriften für die Verhängung von Geldbussen durch die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) festgelegt und Vorschriften über die von der EBA erhobenen Aufsichtsgebühren eingeführt werden.

Digitale Betriebsstabilität

Technologieunternehmen gewinnen im Finanzbereich – sowohl als IT-Anbieter für Finanzunternehmen als auch als Anbieter von Finanzdienstleistungen selbst – vermehrt an Bedeutung. Im September 2020 legte die Europäische Kommission erstmals Rechtsvorschriften[29] zur digitalen Betriebsstabilität (Digital Operational Resilience Act – DORA) vor. Damit soll sichergestellt werden, dass alle Teilnehmer am Finanzsystem die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen haben, um Cyberangriffe und andere Risiken abzumildern. Durch diese Rechtsvorschriften werden alle Unternehmen verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sie jeder Art von Störungen und Bedrohungen standhalten können, die mit Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zu tun haben. Die neue Verordnung zur digitalen Betriebsstabilität[30] trat am 16. Januar 2023 in Kraft.

Vom 16. November bis 14. Dezember 2023 führte die Europäische Kommission eine Anhörung zu zwei delegierten Verordnungen[31] zur Ergänzung der Verordnung zur digitalen Betriebsstabilität durch, namentlich um bestimmte Kriterien und Gebühren im Zusammenhang mit kritischen IKT-Drittanbietern festzulegen.

Langfristige Investmentfonds

Am 25. November 2021 schlug die Europäische Kommission konkrete Massnahmen zur Stärkung der europäischen Kapitalmärkte vor.[32] Die Vorschläge umfassen insb. die Überarbeitung der Verordnung über europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF)[33], um die Attraktivität europäischer langfristiger Investmentfonds für Anleger zu erhöhen und ihre Rolle als ergänzende Finanzierungsquelle für EU-Unternehmen zu stärken. Ausserdem wird es Kleinanlegern erleichtert, in solche Investmentfonds zu investieren insb. durch die Abschaffung der Mindestinvestitionsschwelle von 10’000 EUR bei gelichzeitiger Gewährleistung eines starken Anlegerschutzes.

Der Europäische Rat hat am 7. März 2023 den überarbeiteten Regelungsrahmen für ELTIF angenommen. Die Verordnung trat am 8. April 2023 in Kraft.[34] Aufgrund der Übergangsregelung finden die überarbeiteten ELTIF-Vorschriften nach einer neunmonatigen Karenzzeit ab dem 10. April 2024 Anwendung.

Zentralverwahrer

Zentralverwahrer (Central Securities Depositories, CSDs) sind systemisch relevante Infrastrukturen in modernen Wertpapiermärkten. Sie betreiben die nötige Infrastruktur, damit Wertpapiergeschäfte (z.B. mit Aktien oder Anleihen) an den Finanzmärkten abgewickelt werden können. „Abwicklung“ heisst, dass die Wertpapiere an den Käufer ausgeliefert werden und die Gelder dafür im Gegenzug an den Verkäufer übergehen. Bis ein Geschäft endgültig abgewickelt ist, können bis zu zwei Geschäftstage vergehen. In dieser Zeit können sowohl Kredit- als auch Rechtsrisiken bestehen. Dass solche Geschäfte sicher und effizient abgewickelt werden, ist für das EU-Finanzsystem eminent wichtig.[35] Im Nachgang zur Finanzkrise trat am 17. September 2014 die Zentralverwahrer-Verordnung[36] in Kraft, um die Abwicklung sicherer und effizienter zu machen und gewisse einheitliche Anforderungen für alle Zentralverwahrer in der EU festzulegen.

Am 18. März 2022 legte die Europäische Kommission Änderungen an der Zentralverwahrer-Verordnung vor[37], um die EU-Abwicklungsmärkte noch effizienter zu machen und gleichzeitig die Finanzstabilität zu bewahren. Der Vorschlag ist zentraler Bestandteil des Aktionsplans zur Kapitalmarktunion von 2020[38].

Am 27. November 2023 nahm der Europäische Rat die vorgeschlagene Verordnungsänderung an. Sie findet ab dem 1. Mai 2024 Anwendung.

Die Zentralverwahrer-Verordnung wird in folgenden zentralen Punkten verbessert: (i) das „EU-Pass-Verfahren“ für Zentralverwahrer wird vereinfacht, sodass sie leichter mit nur einer Lizenz in der gesamten EU tätig werden können; (ii) die Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden wird verbessert, indem für bestimmte Zentralverwahrer Kollegien vorgeschrieben werden, um die Aufsicht konsequenter und stimmiger zu machen; (iii) die Bedingungen, unter denen Zentralverwahrer Zugang zu Bankdienstleistungen haben, werden angepasst; (iv) die Regeln zur Abwicklungsdisziplin werden in einigen Punkten geändert, um ihre Wirksamkeit und Verhältnismässigkeit zu erhöhen; und (v) die Verordnungsänderung stellt sicher, dass die Aufsichtsbehörden besser über die Tätigkeiten von Drittlands-Zentralverwahrern in der EU informiert sind.

Benchmarks

Die EU-Benchmark Verordnung[39] wurde eingeführt, um die Robustheit der in der EU bereitgestellten und verwendeten finanziellen Benchmarks zu verbessern. Die Verordnung schränkt die Möglichkeit beaufsichtigter Unternehmen in der EU, Referenzwerte aus Drittstaaten zu verwenden ein. Die Verwendung eines Referenzwertes aus einem Drittstaat durch beaufsichtigte Unternehmen in der EU sind nur im Fall von Finanzinstrumenten, Finanzkontrakten und Messungen der Wertentwicklung von Investmentfonds gestattet, die bereits auf diesen Referenzwert Bezug nehmen oder die vor dem 31. Dezember 2023 den Bezug auf einen solchen Referenzwert einfügen.[40]

Vom 20. Mai bis 12. August 2022 führte Europäische Kommission eine Konsultation[41] bei interessierten Kreisen durch, um die Auswirkungen auf EU-Bürger und Unternehmen festzustellen und um dann einen Vorschlag zur Überprüfung der Vorschriften für ausserhalb der EU bereitgestellten Benchmarks auszuarbeiten.

Am 14. Juli 2023 legte die Europäische Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über den Anwendungsbereich der Benchmark-Verordnung vor, insb. im Hinblick auf die fortgesetzte Nutzung von Referenzwerten aus Drittstaaten durch beaufsichtigte Unternehmen und über potenzielle Mängel des derzeitigen Rahmens. Aufgrund dieses Berichts kommt die Europäische Kommission zum Schluss, dass eine Mehrheit der Referenzwert-Administratoren aus Drittstaaten noch nicht die erforderlichen Schritte unternommen haben, um sich auf die Beendigung des festgelegten Übergangszeitraums am 31. Dezember 2023 vorzubereiten und sicherzustellen, dass ihre Referenzwerte in der EU auch danach noch verwendet werden dürfen. Aus diesem Grund hat die Europäische Kommission den Übergangszeitraum um zwei Jahre bis zum 31. Dezember 2025 verlängert.[42]

Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Im Juli 2021 legte die Europäische Kommission ein umfassendes Legislativpaket vor, mit dem die Vorschriften der EU zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gestärkt werden sollen.[43] Ein zentraler Bestandteil des Legislativpakets ist die Schaffung einer neuen Behörde für die Geldwäschebekämpfung (Anti-Money Laundering Authority, AMLA), die die Aufsicht über die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in der EU verändern und die Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen verbessern soll.

Das Europäische Parlament und der Rat haben die Gesetzgebungsverhandlungen über dieses Legislativpaket aufgenommen, einschliesslich des Vorschlags zur Einrichtung einer AMLA. Bei der Wahl des Sitzes der AMLA haben sich die gesetzgebenden Organe auf die Kriterien für die Wahl des Sitzes der AMLA geeinigt. Am 28. September 2023 hat die Europäische Kommission auf Ersuchen der gesetzgebenden Organe eine Aufforderung an die Mitgliedstaaten zur Einreichung von Anträgen betr. den Sitz der AMLA veröffentlicht.

Rechtsentwicklungen in der Schweiz im Jahr 2023

Bund

Finanzmarktinfrastruktur

Das Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG)[44] regelt die Bewilligung und die Pflichten von Finanzmarktinfrastrukturen sowie die Verhaltenspflichten der Finanzmarktteilnehmer im Effekten- und Derivatehandel. Es ist seit Januar 2016 in Kraft.

Am 29. November 2023 verabschiedete das Parlament eine Änderung der Strafbestimmungen im FinfraG.[45] Künftig wird mit Busse bestraft, wer in einem Angebotsprospekt oder in einer Voranmeldung eines öffentlichen Kaufangebots unwahre oder unvollständige Angaben macht. Damit wird eine Strafbarkeitslücke geschlossen. Die neue Strafbestimmung traten am 1. Februar 2024 in Kraft.

Anerkennung von Handelsplätzen

Die Europäische Kommission hatte 2019 die Anerkennung der Börsenäquivalenz der Schweiz nicht verlängert. Daraufhin aktivierte die Schweiz die Schutzmassnahme gegenüber der EU. Die Massnahme zielt auf den Schutz und Erhalt einer funktionsfähigen Schweizer Börseninfrastruktur ab. Sie hat die Grundlage geschaffen, damit Wertpapierfirmen aus der EU weiterhin Aktien von Schweizer Gesellschaften an Schweizer Börsen handeln können. Damit konnten negative Auswirkungen auf den Börsen‑, Finanz- und Wirtschaftsstandort Schweiz vermieden werden.[46]

Nachdem die EU die Schweizer Börsenregulierung weiterhin nicht als gleichwertig anerkannte, verlängerte der Bundesrat am 17. November 2021 die Gültigkeit der Schutzmassnahme bis zum 31. Dezember 2025. Vom 17. November 2021 bis 4. März 2022 führte der Bundesrat die Vernehmlassung zur Überführung der Schutzmassnahme ins FinfraG durch.[47] Am 22. Juni 2022 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft[48] zur Überführung der Massnahme zum Schutz der Schweizer Börseninfrastruktur in das FinfraG. Dieser Schritt war notwendig, weil die Schutzmassnahme ansonsten ausser Kraft getreten wäre.[49]

Die gesetzliche Verankerung der seit 2019 geltenden Börsenschutzmassnahmen trat am 1. Januar 2024 in Kraft. Die Massnahme bleibt auch nach Überführung in das FinfraG ausserordentlich und temporär, und gilt vorerst für eine Dauer von fünf Jahren. Der Bundesrat kann die Massnahme gegenüber der EU vor Ablauf der Frist deaktivieren.

Banken

Eigenmittel

Mit Basel III sollen insb. die Solvenz und Liquidität der Banken gestärkt werden. Das Basel Committee on Banking Supervision hat das finalisierte Rahmenwerk im Dezember 2017 verabschiedet und im Februar 2019 mit einem überarbeiteten Mindeststandard für Marktrisiken vervollständigt. Im Zentrum der nationalen Umsetzung der Basel-III-final-Standards steht, dass risikobehaftete Bereiche im Bankengeschäft mit mehr Eigenmittel bzw. weniger risikoreiche Bereiche mit weniger Eigenmittel unterlegt werden müssen. Die nationale Umsetzung der Basel-III-final-Standards wurde geraume Zeit vor der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS im März 2023 angegangen. Deren Notwendigkeit wurde durch diese Krise zusätzlich unterstrichen. Die Umsetzung wird die Stabilität des Schweizer Finanzplatzes und die Grundlage für internationale Geschäfte der Schweizer Banken weiter stärken. Eine Evaluation zur sog. „too-big-to-fail“-Regulierung für systemrelevante Banken wird zudem im Rahmen des Berichts des Bundesrates gem. Art. 52 BankG erfolgen, der im Frühjahr 2024 vorliegen soll.

Vom 4. Juli bis 25. Oktober 2022 führte das Eidg. Finanzdepartement (EFD) die Vernehmlassung zu einer entsprechenden Änderung der Eigenmittelverordnung (ERV)[50] durch.[51] Die Vorlage berücksichtigt als Vergleich insb. die Umsetzungsentwürfe in Australien, der EU, Hongkong, Kanada, Singapur, Grossbritannien und den USA. Australien, Japan und Kanada haben ihre Regulierung bereits angepasst. In der EU und den USA ist die Umsetzung auf 1. Januar resp. 1. Juli 2025 vorgesehen. Am 29. November 2023 hat der Bundesrat die Änderung der ERV für Banken angenommen. Sie tritt am 1. Januar 2025 in Kraft.

Insolvenz und Einlagensicherung

Am 17. Dezember 2021 hat das Eidg. Parlament die Änderung des Bankengesetzes (BankG)[52] verabschiedet. Aufgrund der im BankG vorgenommenen Änderungen musste auch die Bankenverordnung (BankV)[53] angepasst werden. Die Ausführungsbestimmungen umfassen hauptsächlich Definitionen und Konkretisierungen zur Einlagensicherung. So wird den Banken vorgegeben, wie sie sich vorbereiten müssen, um im Fall einer Insolvenz die rasche Auszahlung der gesicherten Einlagen zu gewährleisten. Konkretisiert werden auch die finanziellen und organisatorischen Anforderungen an nicht beaufsichtigte wichtige Unternehmen, die zu einer systemrelevanten Bankengruppe gehören. Schliesslich betrifft die Vorlage auch die Grossbanken, weil deren Rabatt auf bestimmte Eigenmittelanforderungen durch ein Anreizsystem ersetzt werden soll.

Vom 8. April bis 15. Juli 2022 führte das EFD die Vernehmlassung zur Änderung der BankV durch. Die Änderung des BankG sowie der BankV traten am 1. Januar 2023 in Kraft.

Liquidität – Staatliche Liquiditätssicherung

Systemrelevante Banken erfüllen Aufgaben, deren Ausfall erhebliche Verwerfungen im Finanzsystem sowie bedeutende volkswirtschaftliche Schäden verursachen kann. Um die Widerstandsfähigkeit systemrelevanter Banken zu stärken, haben Bundesrat und Parlament in den letzten Jahren die Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen erhöht sowie die Abwicklungsfähigkeit dieser Banken verbessert. 2022 beschloss der Bundesrat Eckwerte zur Einführung einer staatlich abgesicherten Liquiditätshilfe, um das Vertrauen der Marktteilnehmer in die Überlebensfähigkeit einer rekapitalisierten und solventen systemrelevanten Bank zu erhöhen.[54]

Eine staatliche Liquiditätssicherung (Public Liquidity Backstop, PLB) gehört international zum Standard-Instrumentarium bei Bankenkrisen. Sie erhöht die Erfolgschancen einer allfälligen Sanierung einer systemrelevanten Bank, trägt damit zur Finanzstabilität bei und würde die systemrelevanten Banken in der Schweiz mit ihren ausländischen Konkurrenten gleichstellen, womit eine Lücke geschlossen wird. U.a. haben Grossbritannien, die USA, die EU, Japan sowie Kanada den PLB oder ein ähnliches Instrument eingeführt.

Im Rahmen der Bewältigung der Vertrauenskrise bei der Credit Suisse hat der Bundesrat am 16. März 2023 die Grundlagen des PLB mittels Notrecht eingeführt. Vom 25. Mai bis 21. Juni 2023 führte der Bundesrat die Vernehmlassung zur Einführung des PLB durch.[55] Der Bundesrat hat am 6. September 2023 die Botschaft[56] zur Einführung einer staatlichen Liquiditätssicherung für systemrelevante Banken verabschiedet.[57] Mit dieser Vorlage soll nun der Auftrag des Bundesrates aus 2022 erfüllt und einzelne im März 2023 mit Notverordnung eingeführte Bestimmungen in ordentliches Recht überführt werden. Obsolet geworden sind jedoch u.a. die Bestimmungen zur Verlustgarantie des Bundes gegenüber der UBS für gewisse Aktiva, die diese von der Credit Suisse übernommen hat.[58]

Nachhaltiges Finanzwesen

Prävention von Greenwashing

Der Bundesrat hat im Dezember 2022 seinen Standpunkt bezüglich Greenwashing-Prävention im Finanzsektor veröffentlicht.[59] Gleichzeitig hat er das EFD beauftragt, zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern des Eidg. Departments für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), der FINMA, der Branche und Nichtregierungsorganisationen zu prüfen, wie diese Vorgaben effizient umgesetzt werden können. Unter Greenwashing im Finanzsektor wird die Täuschung von Kundinnen und Kunden bezüglich nachhaltiger Eigenschaften von Finanzprodukten und -dienstleistungen verstanden. Finanzprodukte oder -dienstleistungen sollen nur dann als nachhaltig angeboten werden, wenn sie mit mind. einem spezifischen Nachhaltigkeitsziel verträglich sind oder dazu beitragen, ein Nachhaltigkeitsziel zu erreichen. Damit soll gewährleistet werden, dass Finanzprodukte und ‑dienstleistungen, die allfällige ESG-Risiken reduzieren sollen, nur als nachhaltig bezeichnet werden, wenn sie neben einem rein finanziellen auch ein nachhaltiges Anlageziel verfolgen. Anbieter nachhaltiger Produkte oder Dienstleistungen sollen darlegen, wie sie das angestrebte nachhaltige Anlageziel zu erreichen gedenken. Die Anbieter sollen zudem periodisch über die gewählten nachhaltigen Anlageziele Rechenschaft ablegen und die Einhaltung der Transparenzanforderungen soll durch einen unabhängigen Dritten überprüft werden können.

Am 25. Oktober 2023 informierte das EFD den Bundesrat, für die Umsetzung des Standpunktes des Bundesrates eine Vorlage für eine prinzipienbasierte staatliche Regulierung auf Verordnungsstufe zu erarbeiten. Eine entsprechende Vernehmlassungsvorlage soll bis spätestens Ende August 2024 vorliegen.

Klimaberichterstattung

Transparenz von grossen Unternehmen zur Klimawirkung ihrer Tätigkeit ist ein zentrales Element für das Funktionieren der Märkte sowie für Klimanachhaltigkeit im Finanzsektor. Bisher fehlen in der Schweiz klare, vergleichbare Offenlegungen im Bereich Klima.[60] Dies hat der Bundesrat mit einer neuen Verordnung ermöglicht. Vom 30. März bis 7. Juli 2022 führte das EFD bei interessierten Kreisen eine Vernehmlassung zum Verordnungsentwurf durch. Am 23. November 2022 verabschiedete der Bundesrat die entsprechende Verordnung.[61] Sie trat auf den 1. Januar 2024 in Kraft.

Die Verordnung sieht die verbindliche Umsetzung der international anerkannten Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) für grosse Schweizer Unternehmen vor. Publikumsgesellschaften, Banken und Versicherungen, die mind. 500 Mitarbeitende beschäftigen und eine Bilanzsumme von mind. 20 Mio. Franken oder einen Umsatz von mehr als 40 Millionen Franken aufweisen, sind verpflichtet, über Klimabelange öffentlich Bericht zu erstatten. Die öffentliche Berichterstattung umfasst einerseits das finanzielle Risiko, das ein Unternehmen durch klimarelevante Tätigkeiten eingeht. Anderseits muss offengelegt werden, welche Auswirkungen die Geschäftstätigkeit des Unternehmens auf das Klima hat. Zudem muss beschrieben werden, welche Reduktionsziele das Unternehmen bezüglich seiner direkten und indirekten Treibhausgasemissionen setzt und wie es diese umzusetzen plant.

Swiss Climate Score

Der Schweizer Finanzplatz soll mit glaubwürdiger Klimatransparenz einen internationalen Spitzenplatz einnehmen. Im Juni 2022 hat der Bundesrat zu diesem Zweck die „Swiss Climate Scores“ lanciert.[62]

Die „Swiss Climate Scores“ verschaffen institutionellen und privaten Anlegerinnen und Anlegern in der Schweiz vergleichbare und aussagekräftige Informationen, inwiefern ihre Finanzanlagen mit internationalen Klimazielen verträglich sind. Die „Swiss Climate Scores“ sollen, wo sinnvoll, bei Finanzanlagen und Kundenportfolien angewendet werden.

Die „Swiss Climate Scores“ enthalten Indikatoren, welche sowohl die aktuelle Situation von globalen Unternehmen im Finanzprodukt oder Portfolio widerspiegeln (Ist-Zustand), als auch aufzeigen, wo sich diese Unternehmen in Bezug auf globale Klimaziele (Netto-Null-Zielsetzung per 2050) aktuell situieren. Netto-Null bedeutet, dass global nicht mehr Treibhausgase ausgestossen werden dürfen, als natürliche und technische Speicher aufnehmen können.

Am 8. Dezember 2023 hat der Bundesrat die Weiterentwicklung der „Swiss Climate Scores“ beschlossen.[63] An den ab 1. Januar 2025 gültigen „Swiss Climate Scores“ wurden einige Klärungen vorgenommen, um deren Umsetzung für die Branche zu erleichtern und die Verständlichkeit für Anlegerinnen und Anleger zu erhöhen. Neu werden optionale Fragen zum Anlageziel in Bezug auf das Klima gestellt, bei denen Finanzinstitute angeben und begründen können, ob ein Finanzprodukt klimaverträglich ist oder einen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels leistet. Zudem soll neu nicht nur die Exposition gegenüber fossilen Brennstoffen ausgewiesen werden, sondern auch gegenüber erneuerbaren Energien. Es sollte bei sämtlichen Finanzanlagen und Kundenportfolien vergleichbare und aussagekräftige Transparenz bezüglich Klimaverträglichkeit geschaffen werden, und, wo sinnvoll, das Set an Indikatoren der „Swiss Climate Scores“ angewendet werden.

Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung

Die Schweiz verfügt über wirksame Instrumente zur Bekämpfung der Finanzmarktkriminalität. Sie ist zudem aktives Mitglied der internationalen Financial Action Task Force (FATF).

Am 19. März 2021 hat das Eidg. Parlament die Revision des Geldwäschereigesetzes (GwG)[64] beschlossen. Diese verbessert das Abwehrdispositiv der Schweiz zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und trägt den wichtigsten Empfehlungen des Länderberichts der FATF über die Schweiz vom Dezember 2016 Rechnung. Die Massnahmen verlangen nach Ausführungsbestimmungen, namentlich im Bereich des Meldesystems für Geldwäscherei, der Einführung einer Bewilligungspflicht für den Ankauf von Altedelmetallen, des Zentralamtes für Edelmetallkontrolle als neue Geldwäschereiaufsichtsbehörde und der Transparenz von Vereinen mit einem erhöhten Risiko der Terrorismusfinanzierung.

Vom 1. Oktober 2021 bis 17. Januar 2022 führte der Bundesrat eine Vernehmlassung zur Änderung der Geldwäschereiverordnung (GwV)[65] sowie weiterer Verordnungen, wie der Verordnung über die Meldestelle für Geldwäscherei, der Handelsregisterverordnung, der Edelmetallkontrollverordnung und der Verordnung über die Gebühren der Edelmetallkontrolle, durch.[66]

Am 31. August 2022 hat der Bundesrat das revidierte GwG sowie die angepasste GwV per 1. Januar 2023 in Kraft gesetzt. Die Revision sieht Massnahmen vor für Finanzintermediäre in den Bereichen wirtschaftliche Berechtigung, Aktualität der Kundendaten und Geldwäschereiverdachtsmeldungen. Zudem fördert sie die Transparenz von Vereinen mit erhöhtem Risiko im Bereich der Terrorismusfinanzierung und verstärkt die Aufsicht und Kontrollen im Bereich der Edelmetalle.

Am 19. Oktober 2023 veröffentlichte die FATF den vierten Folgebericht der Schweiz zur letzten Länderprüfung vom Jahr 2016.[67] Die FATF anerkennt dabei die Fortschritte, welche die Schweiz insb. durch die nun am 1. Januar 2023 in Kraft getretene Revision des GwG gemacht hat.

Zur Sicherung eines integren Finanzplatzes sind aus Sicht des Bundesrates dennoch weitere Massnahmen notwendig, insb. im Bereich der Transparenz juristischer Personen und im Bereich der Beratertätigkeiten (vor allem der Rechtsberatung) im Zusammenhang mit der Strukturierung von Gesellschaften und Trusts. Auch auf internationaler Ebene entwickeln sich die Standards laufend weiter. So hat die FATF unter anderem ihren Standard bezüglich der Transparenz von juristischen Personen weitgehend überarbeitet.

Vom 30. August bis 29. November 2023 führte der Bundesrat eine Vernehmlassung für eine Vorlage zur Stärkung der Geldwäscherei-Bekämpfung durch.[68] Mit einem eidg. Register der wirtschaftlich berechtigten Personen, Sorgfaltspflichten für besonders risikobehaftete Tätigkeiten in Rechtsberufen sowie weiteren Bestimmungen sollen die Integrität und die Wettbewerbsfähigkeit des Finanz- und Wirtschaftsstandortes Schweiz weiter gestärkt werden.

Die nächste Länderprüfung der Schweiz durch die FATF steht voraussichtlich 2027/2028 an. Dabei wird das Dispositiv der Schweiz wieder neu und umfassend beurteilt.

Finanzmarktaufsicht (FINMA)

Risikomonitor

Am 9. November 2023 veröffentlichte die FINMA ihren Risikomonitor 2023.[69] Sie gibt damit einen Überblick über die aus ihrer Sicht aktuell bedeutendsten Risiken für die Beaufsichtigten und beschreibt den daraus abgeleiteten Fokus der Aufsichtstätigkeit.

Grundlage vieler der erkannten Hauptrisiken sind eine Reihe von makroökonomischen Unsicherheiten. Die Ursachen dafür liegen bei den anhaltenden geopolitischen Spannungen und regionalen Konflikten, aber auch bei einem aufgrund hoher Inflation sowie steigender Zinsen und Energiekosten verlangsamten Wirtschaftswachstum. Ausserdem führten Mitte 2023 der Zusammenbruch verschiedener amerikanischer Regionalbanken sowie die Unsicherheit im Zusammenhang mit der Credit Suisse weltweit zu Stress im Bankensektor.

Vor diesem Hintergrund identifizierte die FINMA neun Hauptrisiken für die gesamte Finanzbranche. Sieben Risiken bestanden bereits im Vorjahr: Zinsrisiken, Kreditrisiken bei Hypotheken, Kreditrisiken bei übrigen Krediten, Credit-Spread-Risiken, Risiken vor Cyber-Angriffen, Risiken im Bereich der Geldwäschereibekämpfung sowie Risiken wegen eines erschwerten grenzüberschreitenden Marktzugangs. Im Vergleich zum Vorjahr werden den Risiken im Zusammenhang mit der Liquidität und Refinanzierung sowie mit Auslagerungen von Geschäftsaktivitäten eine höhere Bedeutung beigemessen, so dass diese neu Eingang in den Risikomonitor fanden.

Der Risikomonitor behandelt jeweils auch einen ausgewählten Trend, der den Schweizer Finanzmarkt nach Ansicht der FINMA längerfristig und nachhaltig beeinflussen kann. Aufgrund der steigenden Bedeutung in vielen Lebensbereichen sieht die FINMA den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) als solchen Trend. Besondere Herausforderungen ergeben sich namentlich im Zusammenhang mit der Verantwortung für KI-Entscheidungen, der Zuverlässigkeit von KI-Anwendungen, der Transparenz und Erklärbarkeit von KI-Entscheidungen sowie der Gleichbehandlung von Finanzmarktkundinnen und -kunden.

Nachhaltiges Finanzwesen

Management von klimabezogenen Finanzrisiken

Die grössten Banken und Versicherungsunternehmen müssen gem. den FINMA-Rundschreiben Offenlegung – Banken[70] und Offenlegung – Versicherer (Public Disclosure)[71] ihre wesentlichen klimabezogenen Finanzrisiken beschreiben. Dabei haben sie darzulegen, welchen Einfluss die Klimarisiken auf die Geschäfts- und Risikostrategie sowie deren Auswirkungen auf die bestehenden Risikokategorien haben. Zudem müssen die Institute die Risikomanagementstrukturen und -prozesse offenlegen, mit welchen sie die Risiken identifizieren, bewerten und behandeln. Die Institute haben auch darzulegen, mit welcher Governance-Struktur sie klimabezogenen Finanzrisiken begegnen. Schliesslich müssen sie Einschätzungen machen, für wie wesentlich sie die Risiken halten und welche Kriterien und Bewertungsmethoden für diese Einschätzung berücksichtigt werden.

Am 24. Januar 2023 veröffentlichte die FINMA eine Aufsichtsmitteilung[72] betreffend Entwicklungen im Bereich des Managements von Klimarisiken. Darin bekräftigt die FINMA ihre Erwartung, dass beaufsichtigte Institute ein adäquates und ihrem Risikoprofil entsprechendes Klimarisikomanagement etablieren. Dabei erwartet die FINMA, dass die beaufsichtigten Finanzinstitute sich proaktiv mit den angesprochenen Empfehlungen und Hilfestellungen internationaler Gremien sowie mit bewährten Praktiken am Markt auseinandersetzen und ihre Instrumente und Prozesse wo nötig weiterentwickeln.

Network for Greening the Financial System

Am 4. Dezember 2023 hat das Network for Greening the Financial System (NGFS) eine Erklärung[73] über seinen Beitrag zu den Zielen der UN-Klimakonferenz 2023 (COP28) veröffentlicht. Die FINMA ist seit 2019 Mitglied dieses Netzwerks. Seither integriert die FINMA klimabezogene Finanzrisiken stufenweise in ihre Aufsichtstätigkeit.

Die FINMA treibt verschiedene Massnahmen voran, die sich an den unverbindlichen NGFS-Empfehlungen, sowie den Vorgaben und Leitlinien von internationalen Standardsetzungsgremien wie der BCBS orientieren. Zusammen mit ihrer Greenwashing-Bekämpfung trägt die FINMA so zu einem nachhaltigen Finanzplatz bei. Die FINMA verfolgt insb. Massnahmen in den folgenden Bereichen: (i) Klima- und weitere Naturrisiken: Die FINMA erarbeitet ein neues FINMA-Rundschreiben „Naturbezogene Finanzrisiken“, das für Banken und Versicherungen gelten soll. Damit will die FINMA die Anforderungen an das Risikomanagement der Institute in Bezug auf klima- und weiteren naturbezogene Finanzrisiken konkretisieren. Eine öffentliche Anhörung zum neuen FINMA-Rundschreiben ist für das erste Quartal 2024 geplant. (ii) Transparenz zu Klimarisiken: Die FINMA wird 2024 prüfen, ob aufgrund der vielseitigen Entwicklungen im Bereich der Klima- und Nachhaltigkeitsberichterstattung eine Revision der geltenden FINMA-Offenlegungsanforderungen angezeigt ist. Ab 2024 werden in der Schweiz zahlreiche Banken und Versicherungen zudem die neue Verordnung über die Berichterstattung über Klimabelange[74] umsetzen. Die neuen Verordnungsanforderungen stützen sich auf das Obligationenrecht und sind teilweise umfassender als die bestehenden FINMA-Anforderungen.

Finanzmarktinfrastruktur

Mit Inkrafttreten des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes (FinfraG)[75] und den ausführenden Verordnungen wurden die Bestimmungen zur Meldepflicht zwecks Förderung der Transparenz des Effektenhandels und zur Verbesserung der Handelsüberwachung revidiert.[76] Handelsplatzteilnehmer sowie übrige Banken und Wertpapierhäuser sind nach einer Übergangsfrist seit dem 1. Oktober 2018 (inländische Teilnehmer) bzw. 1. Januar 2019 (ausländische Teilnehmer) verpflichtet, die Abschluss- und Transaktionsmeldungen nach Art. 39 FinfraG zu erstatten. Für die Entgegennahme und die Verarbeitung der für die Handelsüberwachung zentralen Transaktionsmeldungen betreiben die Handelsplätze je eine Meldestelle gem. Art. 5 Abs. 4 Finanzmarktinfrastrukturverordnung-FINMA (FinfraV-FINMA)[77]. Die von den Meldepflichtigen übermittelten Transaktionsmeldungen weisen bei Derivaten bis heute nicht die Qualität auf, die für eine effektive Handelsüberwachung und die Marktaufsicht durch die FINMA erforderlich ist. Ein Grund hierfür liegt in der offenen Formulierung des Meldeinhalts von Art. 3 FinfraV-FINMA und die gestützt auf diese Bestimmung erlassenen Meldespezifikationen der Handelsplätze.

Gestützt auf eine vom 9. Mai bis 5. Juli 2022 durchgeführten Anhörung veröffentlichte die FINMA am 14. Dezember 2022 die teilrevidierte FinfraV-FINMA. Die FINMA präzisierte darin den zu meldenden Inhalt bei meldepflichtigen Derivatetransaktionen. Transaktionen über Derivate, die an einem Handelsplatz zum Handel zugelassene Effekten als Basiswert haben, müssen gemeldet und in die Handelsüberwachung einbezogen werden. Zudem müssen die Handelsplätze Meldungen, die offensichtlich falsch oder unvollständig sind, erkennen und wo nötig zurückweisen. Die Verordnung sieht für die Erstellung der technischen Spezifikationen zuhanden der Meldepflichtigen sowie für die operative Einführung gestaffelte Übergangsfristen von insgesamt 15 Monaten vor. Weiter aktualisierte die FINMA als Reaktion auf die Benchmark-Reform den Katalog abrechnungspflichtiger Zinsderivate, die über eine zentrale Gegenpartei abzurechnen sind. Dabei orientierte sich die FINMA wie bis anhin eng am EU-Recht. Die teilrevidierte FinfraV-FINMA trat am 1. Februar 2023 in Kraft.

Banken

Eigenmittel

Der internationale Bankenstandard Basel III umfasst Regeln zu anrechenbaren Eigenmitteln, zur Höhe der Eigenmittel zur Verlustabfederung, zur Risikoverteilung, zur Liquidität und zur Offenlegung. Gesetzes- und Verordnungsgeber haben seit 2013 das als Reaktion auf die letzte Finanzkrise entwickelte Reformpaket der Basel-III-Standards schrittweise ins Schweizer Recht eingeführt. Mit der Einführung der sog. finalen Basel-III-Standards findet dieser Prozess seinen Abschluss.[78]

Zur Einführung der finalen Basel-III-Standards passen der Bundesrat die Eigenmittelverordnung und die FINMA ihre zugehörigen Ausführungsbestimmungen in Form von fünf neuen FINMA-Verordnungen an.[79] Gleichzeitig hebt die FINMA fünf von sechs relevanten FINMA-Rundschreiben auf.[80] Vom 4. Juli bis 25. Oktober 2022 führte die FINMA die Anhörung zu ihren Verordnungen durch. Die Eigenmittelverordnung des Bundesrats und die zugehörigen FINMA-Verordnungen sollen am 1. Juli 2024 in Kraft treten.

Recovery- und Resolution Pläne systemrelevanter Institute

Die FINMA beurteilt jährlich die Fortschritte der Recovery- und Resolution-Planung (Stabilisierungs‑, Notfall- und Abwicklungsplanung) der systemrelevanten Finanzinstitute. In der Recovery-Planung zeigen die systemrelevanten Finanzinstitute auf, wie sie sich im Krisenfall stabilisieren können. Die Resolution-Planung soll auf Basis der bestehenden gesetzlichen „too-big-to-fail“-Vorgaben zeigen, wie systemrelevante Institute saniert oder liquidiert werden können. Am 26. April 2023 veröffentlichte die FINMA ihre jährliche Beurteilung für das Berichtsjahr 2022.[81] Die Schweizer Grossbanken konnten im Jahr 2022 mit weiteren operationellen Fortschritten ihre globale Resolvability (Abwickelbarkeit) verbessern. Der Notfallplan von Raiffeisen entspricht erstmals den Anforderungen an die unterbruchsfreie Weiterführung der systemrelevanten Funktion bei drohender Insolvenz. Der Notfallplan der Zürcher Kantonalbank (ZKB) ist weiterhin nicht umsetzbar, da die ZKB für die Rekapitalisierung im Notfall nicht genügend Kapital reserviert hat. Die PostFinance muss nach dem Scheitern der Revisionsvorlage zum Postorganisationsgesetz ihre Strategie zur Rekapitalisierung im Notfall neu ausrichten.

Operationelle Risiken bei Banken

Gestützt auf eine vom 10. Mai bis 11. Juni 2022 durchgeführten Anhörung veröffentlichte die FINMA am 13. Dezember 2022 das totalrevidierte Rundschreiben zu den operationellen Risiken bei Banken.[82] Sie will damit den fortschreitenden technologischen Entwicklungen Rechnung tragen und konkretisiert ihre Aufsichtspraxis in Bezug auf das Management operationeller Risiken, insb. im Zusammenhang mit der Informations- und Kommunikationstechnologie, dem Umgang mit kritischen Daten und den Cyber-Risiken. Das Rundschreiben übernimmt zudem die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht im März 2021 veröffentlichten revidierten Prinzipien zum Umgang mit operationellen Risiken und die neuen Prinzipien zur operationellen Resilienz. Das totalrevidierte FINMA-Rundschreiben trat am 1. Januar 2024 in Kraft.[83] Für die Sicherstellung der operationellen Resilienz gelten zusätzlich schrittweise Übergangsbestimmungen über zwei Jahre.

Wertberichtigungen für Ausfallrisiken

Seit 1. Januar 2020 gelten neue Bestimmungen zur Bildung von Wertberichtigungen für Ausfallrisiken auf nicht gefährdete Forderungen. Die FINMA hat 2020 eine Ex-post-Evaluation zu diesen Bestimmungen vorgenommen, die in der Rechnungslegungsverordnung-FINMA (RelV-FINMA)[84] und im FINMA-Rundschreiben Rechnungslegung – Banken[85] verankert sind. Am 1. März 2023 veröffentlichte die FINMA ihren Ex-post-Evaluationsbericht.[86] Die FINMA ortet insgesamt keinen Anpassungsbedarf an den Bestimmungen. Diese erscheinen wirksam und haben seit ihrer Einführung zu einer Erhöhung der entsprechenden Wertberichtigungen auf nicht gefährdete Forderungen von 1,9 Mia. Schweizer Franken geführt.

Kryptobasierte Vermögenswerte – Staking-Dienstleistungen

Im Zusammenhang mit Staking-Dienstleistungen stellen sich bei der Verwahrung von kryptobasierten Vermögenswerten diverse rechtliche Auslegungsfragen. Es besteht namentlich eine Rechtsunsicherheit darüber, ob gestakte kryptobasierte Vermögenswerte im Konkursfall des Staking-Dienstleisters geschützt sind. Ein Schutz setzt voraus, dass die kryptobasierten Vermögenswerte jederzeit für die Kundinnen und Kunden bereitgehalten werden. Es besteht kein einheitliches Verständnis über den Begriff „Staking“. Die FINMA versteht unter Staking den Vorgang der Sperrung nativer kryptobasierter Vermögenswerte auf der Staking-Adresse eines Validator Nodes zur Teilnahme am Validierungsprozess einer Blockchain, die auf einem Proof-of-Stake-Konsensmechanismus basiert.

Am 20. Dezember 2023 veröffentlichte die FINMA eine Aufsichtsmitteilung zu Staking-Dienstleistungen.[87] Mit der Mitteilung schafft die FINMA Transparenz über den finanzmarktrechtlichen Umgang mit Staking-Dienstleistungen. Solange das übergeordnete Recht oder die Rechtsprechung den Punkt der Aussonderbarkeit nicht näher präzisiert, sind im Konkurs eines FINMA-Beaufsichtigten die gestakten kryptobasierten Vermögenswerte gem. aktueller Einschätzung der FINMA zugunsten der Depotkunden aus der Konkursmasse abzusondern und es wird insofern keine Eigenmittelunterlegung durch das beaufsichtigte Institut verlangt, falls dieses risikomindernde Massnahmen umgesetzt und die Kundin oder den Kunden über die Risiken angemessen aufgeklärt hat. Weiter gibt die FINMA in der Mitteilung einen Überblick über die verschiedenen Varianten des Staking kryptobasierter Vermögenswerte (z.B., custodial staking, direct staking, staking-Kette, non-custodial staking), benennt die Risiken (z.B., technisches Risiko, Gegenparteirisiko, Marktrisiko) und legt die risikomindernden Massnahmen dar, die vom beaufsichtigten Institut umzusetzen sind.

Derivatgeschäfte

Aufgrund von Rechtsentwicklungen an wichtigen Finanzplätzen, namentlich der EU und in Grossbritannien, werden die Übergangsfristen für den Sicherheitsaustausch bei Aktienoptionen um mind. zwei Jahre verlängert. Vor diesem Hintergrund gewährt auch die FINMA eine entsprechende Firsterstreckung bis zum 1. Januar 2026, um Nachteile für Schweizer Derivatehändler zu verhindern.[88]

Die FINMA hatte die Übergangsfrist für die Pflicht zum Austausch von Sicherheiten für nicht zentral abgerechnete OTC-Derivatgeschäfte, bei denen es sich um Optionen auf einzelne Aktien oder Indexoptionen handelt, bereits zweimal verlängert.[89] Der Bundesrat verlängerte die Frist in der entsprechenden Verordnung auf den 1. Januar 2024.[90]

Datenschutz

Am 25. September 2020 wurde die Totalrevision des Datenschutzgesetzes[91] vom Parlament verabschiedet.

Vom 9. März bis 10. Mai 2022 führte die FINMA eine Anhörung[92] zur Totalrevision der Datenverordnung-FINMA durch. Diese[93] trat zeitgleich mit dem totalrevidierten Datenschutzrecht des Bundes am 1. September 2023 in Kraft.

Mit der Totalrevision der Datenverordnung-FINMA sind die bestehenden Ausführungsvorschriften der FINMA im Lichte der neuen Bundesregelungen ergänzt und präzisiert worden. Gleichzeitig wurde das revidierte Datenschutzrecht umgesetzt. Mit der neuen Datenverordnung-FINMA sieht die FINMA materiell keine Anpassung ihrer bestehenden Praxis der Datenbearbeitung vor.

Geldwäscherei

Geldwäschereiverordnung-FINMA

Am 2. November 2022 passte die FINMA die Geldwäschereiverordnung-FINMA[94] an, um den jüngsten Revisionen des GwG und der GwV Rechnung zu tragen. Die Verordnung trat am 1. Januar 2023 in Kraft.

Die vom 8. März bis 10. Mai 2022 durchgeführte Anhörung im Vorfeld der Revision ergab, dass wie von der FINMA vorgeschlagen die gesetzlich geregelte Überprüfung der Identität der wirtschaftlich berechtigten Person sowie die periodische Überprüfung der Aktualität der Kundendaten auf Verordnungsstufe nicht konkretisiert werden müssen. Hingegen bleibt die Bestimmung bestehen, dass Finanzintermediäre die Modalitäten der Aktualisierung und Überprüfung der Kundenbelege in einer internen Weisung regeln müssen. Zudem wird die Geldwäschereiverordnung-FINMA auch auf Distributed-Ledger-Handelssysteme angewendet.

Geldwäschereirisikoanalyse

Die FINMA hat im Rahmen von Vor-Ort-Kontrollen wiederholt Mängel im Bereich der Geldwäschereirisikoanalyse festgestellt. Dies veranlasste sie, im Frühjahr 2023 die Geldwäschereirisikoanalysen von über dreissig Banken vertieft zu prüfen. Dabei zeigte sich, dass zahlreiche der geprüften Risikoanalysen den Anforderungen nicht entsprechen. So fehlte teilweise eine angemessene Definition der Geldwäschereirisikotoleranz, also selbst festgelegte Limiten zur Begrenzung der Risiken. Weiter mangelte es an verschiedenen strukturellen Elementen für eine wirksame und robuste Risikoanalyse.

Die Geldwäschereirisikoanalyse ist ein zentrales Instrument der strategischen Leitung von Banken und anderen Finanzintermediären. Gem. Art. 25 Abs. 2 GwV-FINMA sind die Banken verpflichtet, unter Berücksichtigung des Tätigkeitsgebiets und der Art der geführten Geschäftsbeziehungen eine Geldwäschereirisikoanalyse zu erstellen. Mit ihr erfassen und begrenzen sie die Risiken im Bereich der Geldwäscherei und bestimmen die für die Tätigkeit des Finanzinstituts relevanten Risikokriterien.

Am 24. August 2023 veröffentlichte die FINMA eine Aufsichtsmitteilung zur Geldwäschereirisikoanalyse.[95] Damit schafft sie Transparenz zu ihren in der Aufsichtspraxis gemachten Beobachtungen und Erfahrungen in diesem Bereich.

SIX Swiss Exchange

Aktienrechtsrevision