Leicht und locker kommunizieren - Barbara Berckhan - E-Book

Leicht und locker kommunizieren E-Book

Barbara Berckhan

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  • Herausgeber: Kösel
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2011
Beschreibung

Ob wir uns mit jemandem verstehen oder nicht, hat weder mit Glück noch mit Fügung zu tun. Es ist vielmehr eine Kunst, die wir lernen können. Wenn es uns gelingt, mit unserem Gegenüber in einen guten Kontakt zu kommen, entsteht eine tragfähige Brücke. Sympathische Kommunikation führt zu einem entspannteren Miteinander und zu besseren Beziehungen– beruflich wie privat.

Kommunikationsexpertin Barbara Berckhan verrät die besten Kniffe und gibt dem Leser fünf von ihr entwickelte Werkzeuge an die Hand, die auch in vertrackten Situationen weiterhelfen. In ihren zahlreichen Beispielen erkennt sich jeder wieder und ihre praktischen Lösungen funktionieren im Alltag tatsächlich.

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Seitenzahl: 160

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Inhaltsverzeichnis

EinleitungDAS ERSTE WERKZEUG: - Die AufmerksamkeitDAS ZWEITE WERKZEUG: - Der KontaktCopyright

Die fünf Werkzeuge der Kommunikation

Einleitung

Eine warmherzige und verständnisvolle Kommunikation – wie geht das eigentlich? In den letzten zehn Jahren habe ich eine Menge darüber geschrieben, mit welchen Strategien wir unsere Probleme mit anderen Leuten lösen können. Dabei ging es darum, sich durchzusetzen, die eigenen Interessen zu vertreten und mit den Seltsamkeiten der anderen fertig zu werden. Aber ich habe nie erklärt, wie wir es von Anfang richtig hinbekommen. Wie wir so miteinander reden können, dass daraus gute Beziehungen entstehen. Genau das hole ich in diesem Buch nach.

Hier beschreibe ich, wie wir es schaffen, von vornherein eine gute Verbindung zu einem anderen Menschen aufzubauen. Egal, ob der Betreffende nur zwei Stunden in der Bahn neben uns sitzt. Oder ob es sich um unseren Kollegen handelt, mit dem wir täglich zusammenarbeiten, oder ob es unsere Nachbarin ist, mit der wir Wand an Wand wohnen, oder unser Partner, mit dem wir Tisch, Bett und Badezimmer teilen. Wie entsteht eine gute Beziehung?

Sich mit jemandem gut verstehen – ist das nicht einfach nur ein glücklicher Zufall? Nein, das täuscht. Gute Beziehungen und gegenseitiges Verständnis sind kein Zufall oder pures Glück. Wir alle können bewusst und absichtlich eine gute Kommunikation aufbauen.

In all den Jahren, die ich bereits als Kommunikation-strainerin arbeite, habe ich gelernt, das Einfache zu schätzen. Das, was klar und plausibel ist, ist auch das, was im Alltag funktioniert.

Deshalb beschreibe ich fünf einfache Werkzeuge, die Sie brauchen, um mit anderen Menschen gut auszukommen. Sie brauchen kein Hochschulstudium und keine Spezialausbildung, um sie anzuwenden. Alle fünf Werkzeuge hintereinander ergeben den Stoff, aus dem warmherzige und verständnisvolle Beziehungen entstehen.

DAS ERSTE WERKZEUG:

Die Aufmerksamkeit

Am Anfang war die Aufmerksamkeit. Egal, ob es sich um ein Gespräch, eine Verhandlung, einen Flirt oder einen Streit handelt – am Anfang heißt es immer: Ich sehe dich. Ich beachte dich. Das ist quasi der Urknall der Kommunikation.

Weil mit der Aufmerksamkeit alles anfängt, ist sie auch das erste Werkzeug, das ich Ihnen hier vorstelle, denn ohne dieses Werkzeug geht nichts.

Abb. 1 Aufmerksamkeit für den anderen – damit beginnt jede Kommunikation

Jede Beziehung, die Sie zu einem anderen Menschen haben, beginnt damit, dass Sie diesem Menschen Ihre Aufmerksamkeit schenken. Aber so einfach, wie das hier klingt, ist es nicht immer. Vor allem nicht, wenn Sie so ungefähr vierzehn oder fünfzehn Jahre alt sind. Und wenn Sie anfangen, sich für Jungs zu interessieren. Dann wird es richtig kompliziert mit der Aufmerksamkeit.

Du gefällst mir, deshalb guck ich weg

DIE INTERESSANTEN JUNGS DURFTE MAN NICHT ZU LANGE ANGLOTZEN. Das ging gar nicht. Alle Mädchen wussten das. Ich wusste das natürlich auch. Die meiste Zeit ignorierten wir die Jungs. Es gab dafür zwei gute Gründe.

Der erste Grund war die Tatsache, dass viele Jungs in unserer Schulklasse noch kleine Kinder waren. Sie tobten herum, prügelten sich, machten Unsinn – kurzum: Sie spielten noch. Und genau deshalb bekamen sie von uns Mädchen keine Aufmerksamkeit.

Und dann war da noch die zweite Sorte Jungs. Die waren so wie wir. Also praktisch erwachsen. Die waren interessant. Und deshalb wurden sie auch von uns ignoriert, aber auf eine ganz andere Art. Wir beobachteten sie nur aus dem Augenwinkel heraus. Wir guckten, wenn sie nicht guckten. Wir Mädchen studierten sie, ohne dass sie etwas mitbekamen.

Natürlich waren sie das Gesprächsthema Nummer eins: »Wen findest du gut und warum?« So wurden die interessanten Jungs durchgehechelt, in allen Einzelheiten: Klamotten, Frisur, Körperbau, wovon er ein Fan ist (Musik) und wie er sich so benimmt.

Ich fand Rüdiger ganz gut. Er war ein wenig größer und älter als ich, eine Schulklasse über mir. Er trug knallenge Jeans, wie ich. Und er hatte schulterlange, blonde Haare mit Seitenscheitel. Seine Haare lagen glatt am Kopf an, weil sie ein wenig fettig waren. Fettige Haare hatte damals fast jeder. Er kämmte seine Haare mindestens so häufig, wie ich meine. Den Kamm hatte er immer dabei, hinten in der Hosentasche seiner Jeans. Ach, Rüdiger war ein klasse Typ.

Wer jetzt denkt, dass der Junge immer den ersten Schritt tut, hat keine Ahnung. Das Mädchen fängt an, indem es den Jungen unauffällig ins Visier nimmt. Also fing ich an, Rüdiger auszukundschaften.

Hat er schon eine Freundin? Nein, ich konnte in seiner Nähe kein anderes Mädchen entdecken. In der Pause stand er meistens neben der Turnhalle und alberte mit ein paar Typen aus seiner Klasse herum. Ab jetzt stand ich dort in seiner Nähe, natürlich nicht allein, sondern mit ein paar Freundinnen aus meiner Klasse. Die gaben mir Deckung. Wir Mädchen alberten auch herum, vielleicht ein wenig lauter als sonst. Aufmerksamkeit erregen und gesehen werden, das war jetzt ganz wichtig.

Zufällige Begegnungen auf dem Schulgelände waren kompliziert, aber auch notwendig, um festzustellen, was zwischen uns lief.

Ich sah ihn schon von Weitem. Er kam mir entgegen und gleich würden wir aneinander vorbeigehen. Wir waren schätzungsweise noch fünfzig Meter voneinander entfernt. Ich guckte ihn nur kurz an und sofort wieder weg, während ich gleichzeitig meine langen Haare nach hinten strich und meinen Busen etwas nach vorn schob. Das musste unbedingt unauffällig geschehen, damit er nicht dachte, ich mache das seinetwegen.

Wichtig war, was Rüdiger jetzt tat. Wenn er darauf reagierte, hatte ich ihn an der Angel. Rüdiger sah mich. Und er guckte sofort angestrengt zur Seite. Dabei streckte er seinen Rücken, wahrscheinlich um größer zu wirken. Und er hakte beide Daumen in die Vordertaschen seiner Jeans ein. Er ging zwar wie Popeye, der Seemann, aber er hatte mich bemerkt und er ließ sich nichts anmerken, genau wie ich. Ein gutes Zeichen!

Ja, so war das mit der Aufmerksamkeit damals: Das angestrengte Weggucken plus die kleinen Veränderungen in der Körpersprache – beides waren eindeutige Signale für ein gegenseitiges Interesse.

Das war der Startschuss und jetzt konnte die Liebesgeschichte richtig losgehen. Der Rest ist schnell erzählt. Alles, was wir brauchten, war eine passende Gelegenheit. Das war damals traditionell eine Fete. In unserem Fall eine Geburtstagsfete im Keller. Rüdiger stand »zufällig« neben mir und fragte mich von der Seite, ohne mich anzuschauen: »Und? Willst du tanzen?« Na logisch!

Jetzt kam der normale Stufenplan zum Einsatz: erst getrennt tanzen, dann zusammen eng tanzen und später rumknutschen. Von da an gingen wir zusammen. Ganze drei Monate lang.

Da schau an!

Falls Sie nicht mehr vierzehn oder fünfzehn Jahre alt sind, können Sie es sich einfacher machen. Sie müssen Ihre Aufmerksamkeit nicht verstecken. Stattdessen können Sie sie bewusst einsetzen, um mit einem anderen Menschen in Kontakt zu treten. Die besten Anregungen, wie Sie das schaffen, habe ich hier aufgelistet. Bei der Zusammenstellung dieser Tipps habe ich nicht nur an Flirts und Liebesbeziehungen gedacht. Jede Art von Beziehung – auch die zu Kunden, Nachbarn, Schülern oder Mitreisenden – beginnt damit, dass Sie hingucken.

WIE SIE EINEM ANDEREN MENSCHEN ZEIGEN, DASS SIE IHN AUFMERKSAM BEACHTEN

Nehmen Sie einen klaren, freundlichen Blickkontakt zum anderen auf.Fügen Sie mithilfe Ihrer Körpersprache ein Ich-sehe-dich-Signal hinzu. Das kann ein Nicken, ein Lächeln oder eine winkende Geste mit der Hand sein.Halten Sie den Blickkontakt ein klein wenig länger als üblich.Freuen Sie sich sichtbar über eine positive Reaktion des anderen.

Beziehungen entstehen manchmal aus einem einzigen Moment klarer Aufmerksamkeit. Dieser eine Moment reicht aus, damit wir Kontakt zu jemandem bekommen. Später, im Alltag, kommen dann die vielen kleinen Momente klarer, wohlwollender Aufmerksamkeit hinzu, durch die wir eine Beziehung aufbauen und vertiefen.

Denken Sie an Ihre Nachbarschaft. Sie sind beispielsweise neu in das Haus eingezogen. Die Nachbarschaft entsteht durch das regelmäßige Beachten der Nachbarn, das wiederholte Grüßen im Treppenhaus und die paar Worte, die man miteinander wechselt. Es ist nicht eine einzige Begegnung, sondern die regelmäßige Aufmerksamkeit, die solche Beziehungen wachsen lässt.

Ähnliches gilt für die Kollegen am Arbeitplatz und für die Leute, die wir im Fitnessstudio oder im Sportverein treffen. Oder die Leute, die wir am Hotelpool kennenlernen. Eine wohlwollende Aufmerksamkeit ist das erste Werkzeug und zugleich der Startschuss für eine gute Kommunikation. Ob am Ende daraus eine tragfähige Verbindung wird, hängt allerdings auch noch von den anderen Werkzeugen ab, die ich in den nachfolgenden Kapiteln beschreibe. Aber am Anfang heißt es immer: Bitte recht aufmerksam!

Ich will auch beachtet werden

Fast jeder von uns hat in seinem Leben schon mal darum gekämpft, von anderen beachtet zu werden. Wer mit Geschwistern aufgewachsen ist, bekam nicht die ganze Aufmerksamkeit der Eltern. Der Bruder oder die Schwester waren Mitstreiter. Viele von uns haben damals gelernt, wie man die Aufmerksamkeit der Eltern auf sich zieht. Und die Einzelkinder haben spätestens in der Schule gemerkt, wie dort um Aufmerksamkeit gebuhlt wird. Um von den Lehrern und den Mitschülern beachtet zu werden, wurden einige von uns schon als Kind superschlau oder besonders tüchtig. Andere bekamen die meiste Aufmerksamkeit, wenn sie witzig waren. Manche von uns haben eine Menge Blödsinn angestellt, um wenigstens etwas Aufmerksamkeit zu bekommen. Bestraft zu werden war immer noch besser, als gar nicht beachtet zu werden.

Was haben Sie in Ihrer Ursprungsfamilie getan, um die Aufmerksamkeit Ihrer Eltern zu bekommen?

Gibt es Situationen, in denen Sie sich heute auch noch so verhalten?

Einige dieser Muster und Maschen, mit denen wir früher um Aufmerksamkeit gekämpft haben, sind ein Teil unserer Persönlichkeit geworden. Wenn wir auf neue Menschen treffen, uns in Gruppen unsicher fühlen, tun wir fast immer automatisch das, was uns früher Beachtung eingebracht hat. Wir reden superschlau daher oder machen uns nützlich oder wir bringen andere zum Lachen.

Es gibt allerdings auch Menschen, die hatten es schon in ihrer Kindheit schwer, überhaupt gesehen zu werden. Das waren die stillen, unauffälligen, zurückhaltenden Kinder. Oft wurden aus ihnen ebenso zurückhaltende, introvertierte Erwachsene, die man leicht übersieht. Menschen, denen es schwerfällt, auf sich aufmerksam zu machen.

Keiner beachtet mich

Hat man Sie schon mal übersehen, ignoriert oder glatt vergessen? Wurden Sie schon mal überhört, übergangen oder einfach links liegen gelassen? Das fühlt sich nicht nur mies an, das kann manchmal richtig verletzend sein. Und es ist der erste Missklang in der Kommunikation, noch bevor jemand irgendein Wort sagt.

ICH BRAUCHTE EINE BATTERIE FÜR MEINE NEUE DIGITALKAMERA. Ich ging zu dem Fachgeschäft, in dem ich die Kamera gekauft hatte. Mein Plan sah so aus: kurz rein ins Geschäft, die Batterie kaufen und wieder nach Haus.

Mein »Guten Tag!« war vielleicht nicht energisch genug. Ich stand in dem Geschäft am Tresen und wartete darauf, dass der Verkäufer mich beachtet. Aber der Mann war anderweitig beschäftigt. Er blätterte in irgendwelchen Papieren. Seine Augen überflogen jeweils eine Seite, dann die nächste. Diese Papiere waren offenbar wichtiger als ich. Ich gebe zu, dass ich ein wenig ungeduldig war. Mein Plan, diesen Batteriekauf ratzfatz zu erledigen, geriet ins Wanken. Warum legte der Mann die Papiere nicht beiseite und verkaufte mir schnell eine Batterie? Hatte er mich überhaupt bemerkt? Eigentlich stand ich genau in seiner Blickrichtung. Er müsste nur den Kopf etwas heben und mich anschauen. Tat er aber nicht. Für ihn war ich gar nicht da.

Was jetzt? Was könnte ich tun, damit ich interessanter werde als die Papiere, die der Verkäufer gerade durchblättert?

»HALLO!? Bedienen Sie hier oder tun Sie nur so?« Nein, das habe ich nicht gesagt. Aber es ging mir durch den Kopf. Wenn ich den Verkäufer jetzt pampig anpflaume, wird er daraufhin wahrscheinlich ebenso pampig antworten. Dadurch geht meine Stimmung noch mehr den Bach runter. Auf die Nummer hatte ich keine Lust. Ich wollte eine Batterie kaufen, mir aber nicht den restlichen Tag verderben.

Vielleicht ist es Ihnen auch schon mal so ergangen. Ich suche in solchen Situationen immer nach Lösungen, die mir weiterhelfen, aber keinen zusätzlichen Stress in die Sache reinbringen. Ich will keinen Kampf um Dominanz und Recht führen.

Das Ergebnis meiner Überlegungen habe ich für Sie hier zusammengefasst. Bitte beachten Sie, dass ich bei diesem Einkauf reichlich Zeit zum Nachdenken hatte.

Sechs Methoden, wie Sie in einem Geschäft auf sich aufmerksam machen, ohne unfreundlich zu werden (und wie Sie dabei auch Ihren Spaß haben können)

Simulieren Sie einen ganz schlimmen Hustenanfall. Husten Sie laut und aus voller Lunge. Vermeiden Sie es dabei, auf den Verkaufstresen zu spucken. Hören Sie auf zu husten, wenn Ihr Gegenüber Sie ansieht. Begrüßen Sie die Person freundlich.Kommen Sie dem Verkäufer/der Verkäuferin langsam immer näher. Je näher Sie kommen, desto schwerer ist es für den Betreffenden, Sie weiterhin zu ignorieren. Wenn derjenige Sie anschaut, gehen Sie sofort ein paar Schritte zurück und sagen »Hallo« oder »Guten Tag«.Sie können noch mehr Aufmerksamkeit erregen, wenn Sie das langsame Näherkommen mit dem Hustenanfall kombinieren. Machen Sie sich aber klar, dass das bereits ein schweres Geschütz ist. Bitte nur im Notfall verwenden.Holen Sie Ihr Handy aus der Tasche und schalten Sie es unauffällig ab, damit es nicht klingelt. Tun Sie so, als würden Sie einen Anruf entgegennehmen. Halten Sie Ihr Mobiltelefon ans Ohr und sagen Sie mit lauter Stimme so etwas wie:

»Ja, ich hör das Baby schreien. Kannst du den Kleinen bitte noch einen Moment trösten. Ich werde hier gleich bedient und komme dann sofort nach Haus.«

Auch mit diesem Text machen Sie auf sich aufmerksam:

»Nein Tobias, du darfst dem Hund nicht mit der Nagelschere die Haare schneiden. Leg die Schere weg. Ich komm gleich nach Haus.«

Oder:

»Schatz, wenn du blutest, dann kleb dir ein Pflaster auf die Wunde. Ja, ich kann dir einen Verband anlegen, aber im Moment warte ich hier noch.«

Sie können natürlich auch ohne Mobiltelefon anfangen zu reden. Wühlen Sie in Ihren Jackentaschen, als würden Sie einen Schlüssel suchen, und führen Sie dabei ein Selbstgespräch, etwa mit diesen Worten: »Oh, wo ist er denn? Ich hab ihn doch eingesteckt! Jetzt finde ich ihn nicht mehr.« Und dann etwas lauter: »DA! Jetzt hab ich ihn!« Wahrscheinlich wird der Verkäufer/die Verkäuferin spätestens bei Ihrem lauten »Da!« neugierig zu Ihnen hinschauen. Halten Sie die Aufmerksamkeit Ihres Gegenübers fest, indem Sie denjenigen begrüßen und gleich danach sagen, was Sie möchten.Die einfachste Methode (leider auch die langweiligste): Sprechen Sie den Verkäufer/die Verkäuferin direkt an und beginnen Sie Ihren Satz mit den Worten »Entschuldigung« oder »Verzeihen Sie bitte«. Sagen Sie anschließend klar, was Sie möchten, etwa so: »Verzeihen Sie bitte, ich möchte eine neue Batterie für meine Kamera kaufen.«

Wie ist die Sache in meinem Fall ausgegangen? Ich habe die langweilige Methode gewählt. Als ich näher kam und zum Verkäufer sagte »Verzeihen Sie bitte«, hat er mich noch nicht angeschaut. Aber als ich dann sagte »Hier ist ein Unglück geschehen«, hatte ich seine Aufmerksamkeit. Und dann fügte ich schnell hinzu: »Die Batterie meiner Digitalkamera ist leer. Ich brauche eine neue.« Der Verkäufer schien einen Moment lang enttäuscht zu sein, weil es sich nur um ein sehr kleines Unglück handelte. Aber ich bekam, was ich wollte.

Ich bin viel zu schüchtern, um Aufmerksamkeit zu erregen

Als ich diese kleine Geschichte in einem Workshop zum Besten gab, meldete sich ein Teilnehmer, der ganz hinten im Raum saß. Ich hatte zuerst Schwierigkeiten, ihn zu verstehen. Er redete schnell und leise.

Er sagte zu mir: »Frau Berckhan, hätten Sie vielleicht noch ein paar seriöse Lösungen für so ein Problem?«

Er sprach tatsächlich von seriösen Lösungen. Als wären meine Vorschläge nicht seriös. Ich war eine Sekunde lang leicht verschnupft. Da meldete sich eine Teilnehmerin zu Wort und sprach den Mann direkt an: »Sie brauchen etwas, womit Sie im Job Aufmerksamkeit bekommen? Oder?« Der Mann nickte.

»Geht mir auch so«, sagte die Frau, jetzt in meine Richtung. »Ich werde da leicht übersehen. Und dann kann ich nicht immer einen Hustenanfall vortäuschen.«

Der Mann, der nach ein paar seriösen Lösungen suchte, hieß Markus. Und er war schüchtern. In seinem Job hatte er meistens mit Zahlen zu tun und so gut wie keinen Kundenkontakt. Für ihn war das in Ordnung. Aber es gab eine Situation, in der er selbst unter seiner Schüchternheit litt. Das waren die Meetings in der Firma. Jede Woche nahm er an diesen Besprechungen teil und häufig ging es dabei auch um seinen Aufgabenbereich.

Markus neigte im Job dazu, sich völlig unauffällig zu verhalten. Er betrat den Besprechungsraum immer ganz still und setzte sich hin, ohne mit jemandem zu reden. Seine Wortbeiträge während des Meetings waren kurz, aber sehr genau durchdacht. Meistens machte er einen konkreten Vorschlag. Im schlimmsten Fall passierte das: Niemand ging auf ihn ein, niemand unterstützte ihn, niemand widersprach ihm. Seine Worte blieben unbeachtet. Die Diskussion ging weiter, als hätte er nie etwas gesagt.

Für Markus war es entmutigend, dass seine Beiträge einfach sang- und klanglos unter den Tisch fielen. Er wurde immer schweigsamer und meldete sich immer seltener zu Wort. Damit katapultierte er sich ins berufliche Aus. Er leistete viel, aber man hörte nichts von ihm. Hatte er überhaupt an dem letzten Meeting teilgenommen? So richtig wahrgenommen hat ihn niemand. Was tut dieser Mann hier überhaupt?

Alles eine Sache des Trainings

Gestatten Sie mir eine kurze Zwischenbemerkung. Schüchternheit kennen wir alle. Wir kennen diesen Zustand, in dem wir innerlich gehemmt sind. Wir trauen uns nicht, auf andere Leute zuzugehen oder etwas zu sagen. Das passiert jedem Menschen hin und wieder. Zum Glück ist unsere Persönlichkeit eine Art Gemischtwarenladen. Wir verfügen über ein breites Sortiment an inneren Gefühlslagen und Verhaltensweisen. Einige davon liegen bei uns im Schaufenster und sind für andere gut sichtbar. Andere lagern weiter hinten im Regal und einiges ist gut im Keller unserer Seele versteckt. Die Verhaltensweisen und Gefühle aus dem Schaufenster haben wir besonders häufig erlebt und deshalb haben wir sie auch gut trainiert.

Auch schüchterne Menschen haben einige Verhaltensweisen im Laufe ihres Lebens intensiv trainiert. Schüchterne sind sehr geübt darin, sich zurückzunehmen, leise und unauffällig zu sein und lange zu überlegen, was sie sagen und ob sie überhaupt etwas sagen. Das sind alles akzeptable Verhaltensweisen in der Kommunikation.

Schwierig wird es erst, wenn jemand nicht anders kann. Wenn jemand nur gehemmt ist. Diese Einseitigkeit macht das Leben schwer. Gelungene Kommunikation mit anderen Menschen entsteht aus der Vielfalt unserer Verhaltensweisen und Gefühle, nicht aus der Einfalt.

In dem Gemischtwarenladen unserer Persönlichkeit darf es gern Zurückhaltung, Schweigsamkeit und Unauffälligkeit geben. Wichtig ist nur, dass wir auch über das Gegenteil verfügen. Zum Gegenteil gehören beispielsweise das spontane Reden, die Kontaktfreudigkeit und die Fähigkeit, im Mittelpunkt zu stehen.

Bei diesen letzten Verhaltensweisen haben viele schüchterne Menschen einen gewissen Übungsrückstand. Anders gesagt: Sie haben die Zurückhaltung lange und intensiv trainiert und das Gegenteil ist zu kurz gekommen. Wie gesagt, es handelt sich nur um einen Übungsrückstand. Und der lässt sich durch ein gutes, regelmäßiges Training beheben. Die Schüchternheit soll dabei nicht verschwinden. Nein, sie ist vollkommen in Ordnung. Aber eine freie Wahl im Verhalten entsteht erst, wenn die Gegenseite, die Kontaktfreudigkeit, auch ins Schaufenster unserer Persönlichkeit darf.

Wie mache ich auf mich aufmerksam?

Markus stellte mir eine Frage, die viele schüchterne Menschen haben: Wie schafft man es, auf sich aufmerksam zu machen, sodass einem die anderen Leute zuhören und auf das eingehen, was man sagt? Markus betonte noch einmal, dass er nach seriösen Lösungen suche. Und für mich war klar, dass es eine Lösung sein musste, die ein schüchterner Mensch auch wirklich anwenden kann.

Die erste Antwort auf die Frage ist einfach und etwas ernüchternd. Wir können niemanden zwingen, uns zu beachten. Aufmerksam sein und zuhören – das sind beides absolut freiwillige Leistungen. Aber wir können einiges dafür tun, dass andere Menschen uns freiwillig, ja sogar neugierig beachten und uns zuhören.

Ein wichtiger Grundsatz lautet:

Unsere Aufmerksamkeit geht dorthin, wo es attraktive Reize gibt. Wenn etwas sehr fade und eintönig ist, driftet unsere Aufmerksamkeit weg.

Vielleicht haben Sie das schon einmal selbst erlebt, zum Beispiel bei einer langweiligen Rede oder einem eintönigen Vortrag: Sie haben sich bemüht zuzuhören, aber Ihre Gedanken sind woanders hingewandert. Wenn man Sie nach dem Vortrag fragen würde, was der Redner da gerade erzählt hat, könnten Sie vom Inhalt nur drei Minuten wiedergeben, obwohl der Redner 60 Minuten lang gesprochen hat.

Die einfache Formel lautet: Unsere Aufmerksamkeit hungert nach Reizen. Mit den richtigen Reizen können Sie die Aufmerksamkeit anderer Menschen ködern und festhalten.

Ich erklärte Markus die vier einfachsten (und ganz seriösen) Aufmerksamkeitsköder, die er in einem Meeting einsetzen kann, um beachtet zu werden. Er kann dabei nur einen Aufmerksamkeitsköder einsetzen oder mehrere miteinander kombinieren, falls er mal stärker auftrumpfen möchte.

Auf den folgenden Seiten erkläre ich ausführlich, wie diese vier Aufmerksamkeitsköder funktionieren, sodass Sie sie auch in Ihrem Alltag einsetzen können.

DIE VIER EINFACHSTEN AUFMERKSAMKEITSKÖDER ODER WIE SIE DAFÜR SORGEN, DASS ANDERE MENSCHEN SIE BEACHTEN

Der erste Aufmerksamkeitsköder: Seien Sie selbst aufmerksam für andere Menschen.

Wenn Sie von anderen Menschen beachtet werden wollen, dann fangen Sie damit an, andere zu beachten. Beachten Sie Ihre Mitmenschen. Zeigen Sie deutlich, dass Sie die anderen wahrnehmen. Es reicht zunächst, wenn Sie kurz grüßen. Mit einem simplen Kopfnicken, einem »Hallo!« oder einem »Guten Tag« sagen Sie Ihrem Gegenüber indirekt: Ich sehe dich und du bist es wert, von mir beachtet zu werden. Sie zeigen, dass Sie aufmerksam sind.

Das Ködern der Aufmerksamkeit beginnt schon, wenn Sie einen Raum betreten. Statt sich stumm an den Tisch zu setzen, können Sie die anderen, die dort bereits sitzen, kurz ansehen und wenn Ihr Blickkontakt erwidert wird, grüßen diese Leute Sie mit einem Kopfnicken oder einem Hallo. Gehen Sie davon aus, dass jeder Mensch ein tiefes Bedürfnis danach hat, beachtet zu werden. Und Sie sind die Person, die diese Beachtung verschenken kann. Damit machen Sie auf sich aufmerksam.

Der zweite Aufmerksamkeitsköder: Nennen Sie Ihren Gesprächspartner beim Namen

Jeder wird sofort hellhörig, wenn er seinen eigenen Namen hört. Namen sind wahre Aufmerksamkeitsmagneten. Erwähnen Sie den Namen Ihres Gesprächspartners, wenn Sie anfangen zu reden. Beispielsweise so: »Ich möchte an das anknüpfen, was Herr Meier eben gesagt hat.« Zumindest wird Herr Meier Ihnen aufmerksam zu hören, weil gerade eben sein Name gefallen ist.

Nennen Sie öfter die Namen der Anwesenden, denn damit entsteht bei den Leuten eine Erwartungshaltung. Alle in der Runde gehen davon aus, dass gleich ihr Name fällt, jeder hört Ihnen aufmerksam zu. Damit ködern Sie die Aufmerksamkeit einer ganzen Gruppe.

Darüber hinaus hat dieser Aufmerksamkeitsköder noch einen interessanten psychologischen Effekt. Wir fühlen uns geschmeichelt, wenn jemand uns direkt mit unserem Namen anspricht, und zwar in einem positiven Zusammenhang.

Nehmen wir an, Sie sagen während einer Besprechung Folgendes: »Karin hat bereits erwähnt, dass wir hier die Auslieferung verbessern müssen. Dabei ist es strategisch sinnvoll, dass wir das Projektteam von Hans-Jürgen mit einbeziehen.« Jetzt ragen Karin und Hans-Jürgen ein klein wenig aus der Gruppe heraus. Sie wurden von Ihnen namentlich erwähnt und zwar in einem positiven Zusammenhang. Die beiden haben Ihre Aufmerksamkeit bekommen und deshalb werden die beiden Ihnen jetzt mehr Aufmerksamkeit schenken. Sie sind interessant geworden.

Ähnliches gilt auch für ein Zweiergespräch. Indem Sie Ihren Gesprächspartner namentlich ansprechen, ködern Sie seine Aufmerksamkeit. Falls jemand abwesend erscheint, fangen Sie Ihren nächsten Satz einfach mit seinem Namen an. »Wissen Sie, Herr Müller, ich habe mir darüber Gedanken gemacht. Die ganze Angelegenheit können wir uns erleichtern, indem wir …« Herr Müller hört seinen Namen und wacht aus seinen Tagträumen auf. Er kehrt zum Gespräch zurück.

Wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihr Gegenüber abgelenkt ist, können Sie den Namen auch mitten in Ihren Wortfluss einbauen: »Ich finde, die Sache muss geregelt werden, und zwar möglichst gerecht. Ich finde es schön, Frau Schmidt, dass wir jetzt darüber reden können. Wie wäre es, wenn wir …«

Die Namensnennung hat noch einen zusätzlichen positiven Effekt. Das, was Sie sagen, hört sich verbindlicher und ernst gemeinter an, wenn Sie Ihren Gesprächspartner zwischendurch mit seinem Namen ansprechen.

Der dritte Aufmerksamkeitsköder: Lassen Sie Ihre Aussage attraktiver erscheinen

Fangen Sie mit einem Satz an, der neugierig macht. Sagen Sie etwas, das alle aufhorchen lässt. Das kann ein Paukenschlag sein wie: »Ich hab einen Vorschlag, mit dem wir alles vereinfachen können.« Oder: »Es gibt da einen Punkt, an den wir alle bisher nicht gedacht haben.«

Gerade für schüchterne Menschen ist es wichtig zu lernen, wie sie ihre Aussagen mit ein wenig Tamtam einleiten können. Getreu dem Motto: Hau mal auf die Pauke.

Wirkungsvoll ist es auch, wenn Sie sich gefühlvoll präsentieren, beispielsweise so:

»Ich bin ein wenig unsicher, ob ich das jetzt überhaupt ansprechen soll.« Oder:

»Die Sache, um die es geht, ist ein wenig heikel.«

»Bei dem, was ich jetzt sage, habe ich direkt Herzklopfen. Aber das liegt daran, dass es mir wirklich wichtig ist.«

Mit so einem wirkungsvollen Einleitungssatz sagen Sie Ihrem Gegenüber: Pass auf! Hier kommt jetzt etwas, was du noch nicht kennst. Das lässt den Gesprächspartner aufhorchen. Alle werden jetzt neugierig, vor allem dann, wenn der normale Gesprächsstil eher nüchtern, sachlich und emotionslos ist. Vor so einem Hintergrund wirken solche persönlichen Aussagen wie ein Kontrastprogramm. Sie brechen aus der gewohnten Routine aus und damit wird ein neuer Reiz gesetzt.

Deshalb sind die ersten Sätze in einem Roman oder einer Erzählung so wichtig. Diese ersten Sätze, die dort stehen, entscheiden darüber, ob wir Lust haben, weiterzulesen, oder das Buch zur Seite legen.

Der vierte Aufmerksamkeitsköder: Sprechen Sie intensiv und spannend

Von Ihrer Art zu reden hängt es ab, ob Ihr Gegenüber langsam wegdämmert oder Ihnen aufmerksam zuhört. Je monotoner Sie sprechen, desto eher driftet der Zuhörer weg. Wenn Ihre Wortbeiträge so klingen, als würden Sie eine Anleitung fürs Autogene Training vorlesen, versinken Ihre Zuhörer ganz schnell in entspannte Tagträume. Monotones Sprechen hat immer das gleiche Tempo, immer die gleiche Stimmlage. Es kennt keine Höhen und keine Tiefen und keine Abwechslung.

Gewöhnen Sie sich eine Sprechweise an, die Sie variieren können. Beispielsweise so: Benutzen Sie neben langen Sätzen auch immer mal wieder kurze, knackige Sätze. Mit kurzen Sätzen können Sie Ihre zentrale Botschaft eindrucksvoller im Gehirn der Zuhörer verankern. Schauen Sie dabei Ihr Gegenüber oder die Gruppe an. Wenn Sie eine zentrale Botschaft rüberbringen wollen, reden Sie in einem dramatischen Tonfall, als würden Sie einen Krimi nacherzählen und gleich verraten, wer der Mörder ist.

Plappern Sie nicht wie ein stetiger Wasserfall. Machen Sie auch mal eine Pause, die dafür sorgt, dass ein wichtiger Satz im Raum stehen bleibt und im Kopf der Zuhörer nachhallen kann. Das schafft Konzentration und – wenn Sie es geschickt anstellen – eine atemlose Spannung. Sie werden durch diese abwechslungsreiche Sprechweise die volle Aufmerksamkeit Ihres Gegenübers bekommen, auch wenn Sie nur ganz alltägliche Dinge erklären wie das Ausfüllen eines Formulars oder die Überprüfung eines Kostenvoranschlags.

Wie Sie Ihre eigenen Aufmerksamkeitsköder herstellen

Womöglich steht Ihnen nur noch eine kleine Hemmung im Weg. Wie viele andere Menschen auch, sind Sie vielleicht ein wenig zu sehr auf ein angepasstes Verhalten programmiert. Und das kann bedeuten, dass Sie sich scheuen, die Aufmerksamkeit anderer Leute zu erregen. Sie möchten sich auf keinen Fall danebenbenehmen oder dumm auffallen. Aber um die Aufmerksamkeit anderer Leute auf sich zu lenken, brauchen Sie einen auffälligen Köder. Sie können sich kein Gehör verschaffen, solange Sie sich möglichst unauffällig benehmen. Kennen Sie diese Filmszenen, bei denen während einer Hochzeitsfeier eine Rede gehalten wird? Wie sorgt der Redner dafür, dass die plappernde Hochzeitsgesellschaft ihm Aufmerksamkeit schenkt? Er steht auf, nimmt ein Messer und klopft damit gegen ein Glas. Das ergibt eine Art Glockenton. Damit fällt er auf und alle sind aufmerksam.

Achten Sie ab jetzt darauf, welche Aufmerksamkeitsköder andere Leute einsetzen. Kennen Sie jemanden, der oft im Mittelpunkt steht und von allen beachtet wird? Hören Sie auf, neidisch oder eifersüchtig auf solche Leute zu sein. Lernen Sie von dem Betreffenden. Gehen Sie ohne Vorurteile an die Sache heran.

Mit welchen Ködern arbeitet dieser Mittelpunkts-Mensch? Wenn Sie in eine neutrale Beobachterrolle gehen, können Sie leichter erkennen, wie diese Person die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Wie betritt so ein Mittelpunkts-Mensch den Raum? Wie begrüßt er die anderen Leute? Wie setzt dieser Mensch seine Körpersprache ein?

Was Ihnen auffällt, gehört Ihnen. Natürlich müssen Sie dieses Verhalten nicht hundertprozentig kopieren, aber Sie können sich die eine oder andere Scheibe davon abschneiden.

Hier noch ein paar Tipps, die Ihnen in einer Redesituation helfen.

WIE SIE DAFÜR SORGEN KÖNNEN, DASS MAN IHNEN ZUHÖRT

Wenn Sie selbst sehr engagiert sind, können Sie die Aufmerksamkeit Ihrer Mitmenschen leichter ködern. Lassen Sie beim Reden zu, dass Ihre Motivation und Ihr Engagement einfach aus Ihnen heraussprudeln. Leidenschaft ist ein sehr wirksamer Aufmerksamkeitsköder.Stellen Sie den Nutzen heraus. Wir werden sofort sehr aufmerksam, wenn es für uns etwas Nützliches oder Interessantes zu hören gibt. Sie können diese Nützlichkeit mit ein paar Worten ankündigen, indem Sie beispielsweise sagen: »Was jetzt kommt, ist wichtig. Und zwar …« oder »Das wirklich Interessante an der Sache ist …«Versuchen Sie nicht, die Aufmerksamkeit Ihrer Mitmenschen stundenlang zu ködern. Reden Sie lieber kurz und klug statt langatmig und belanglos.Vermeiden Sie es, einen einzigen Aufmerksamkeitsköder ständig zu wiederholen. Er nutzt sich ab. Trauen Sie sich, hin und wieder (spielerisch) etwas Neues auszuprobieren.Lernen Sie den Wiegeschritt. Gehen Sie nach vorn, reden Sie und seien Sie dabei präsent und deutlich. Anschließend gehen Sie zurück in die Zuhörerrolle und nehmen das auf, was andere sagen.

Indem Sie einen oder mehrere Aufmerksamkeitsköder einsetzen, sorgen Sie dafür, dass Ihr Gegenüber das beachtet, was Sie sagen. Aber das ist noch keine Garantie dafür, dass Sie am Ende auch Beifall oder die gewünschte Zustimmung bekommen. Dennoch ist das Ködern der Aufmerksamkeit immer der erste Schritt, um überhaupt ein Gespräch in Gang zu setzen.

In der Kommunikation mit anderen Menschen gibt es einen Grundsatz, der auch hier sehr hilfreich ist:

Sie können bestimmen, was Sie sagen, aber Sie können nicht bestimmen, wie Ihr Gesprächspartner darauf reagiert.

Konzentrieren Sie sich in einem Gespräch oder in einem Meeting auf Ihren Teil der Kommunikation. Das reicht. Versuchen Sie nicht zu kontrollieren, wie das, was Sie sagen, auf der anderen Seite ankommt. Das wäre viel zu anstrengend und funktioniert auch nicht.

Mein Freund beachtet mich nicht

»Ich lebe seit fünf Jahren in einer Beziehung. Mein Freund und ich gehen oft zusammen auf eine Party oder eine Feier. Immer wenn wir dort angekommen sind, ignoriert er mich. Er tanzt nicht mit mir und er redet auch nicht mit mir. Wie kann ich dafür sorgen, dass er mich während der Party mehr beachtet?«

ZUERST EMPFEHLE ICH IHNEN EINE KLARE KOMMUNIKATION. Reden Sie mit Ihrem Freund darüber. Gut möglich, dass er unterschwellig gemerkt hat, wie unzufrieden Sie sind. Aber unterschwellige Botschaften reichen nicht. Reden Sie mit ihm unter vier Augen und sagen Sie Ihrem Freund deutlich, welches Verhalten Sie sich von ihm wünschen.

Seien Sie bitte sehr präzise. Was genau verstehen Sie unter Beachtetwerden? Heißt das, Sie wollen mit ihm vier Stunden lang Händchen halten? Oder soll er den ganzen Abend nur mit Ihnen reden und tanzen? Oder reicht es, wenn er Sie ein Mal umarmt?

Sagen Sie ihm ganz genau, welche Art von Beachtung Sie sich wünschen. Und dann hören Sie Ihrem Freund zu. Welche Bedürfnisse hat er auf der Party? Und was könnten Sie tun, damit er das bekommt, was er sich wünscht.

Ja, das Ganze ist fast so wie ein gegenseitiges Handelsabkommen. Und das funktioniert am besten, wenn beide Seiten das bekommen, was ihnen guttut. Fangen Sie an, mit Ihrem Freund darüber zu verhandeln.

Ich habe noch einen Gedanken, den ich gern hinzufügen möchte. Überlegen Sie, ob Sie sich von Ihrem Freund etwas unabhängiger machen können. Anders gesagt: Ihr Freund muss nicht automatisch dafür zuständig sein, dass Sie sich auf einer Party wohlfühlen. Sie brauchen seine Aufmerksamkeit nicht, weil Sie selbst eine wandelnde Aufmerksamkeitsquelle sind.

Fangen Sie damit an, andere Leute mehr zu beachten. Seien Sie aufmerksam für die Menschen, die auf der Party sind. Reden Sie mit ihnen, hören Sie ihnen zu, tanzen und lachen Sie mit den anderen. Bei der Gelegenheit können Sie schnell mal bei Ihrem Partner vorbeischauen und ihn auch liebevoll beachten. Sie müssen nicht im Beachtungsdefizit sitzen und sehnsüchtig auf Ihren Freund warten. Sie können aus dem Vollen schöpfen und Ihre Aufmerksamkeit allen anderen Menschen (und ihm) schenken.

Sei aufmerksam und deine Beziehungen blühen auf

Aufmerksamkeit ist ein sehr mächtiges Werkzeug in der Kommunikation. Sie können damit Beziehungen entstehen lassen und sie auch vertiefen. Das, was Sie aufmerksam beachten, wächst. Aber Sie können mit mangelnder Aufmerksamkeit auch das Gegenteil bewirken. Wenn Sie eine Beziehung nicht mehr beachten, vertrocknet diese Beziehung. Das gilt für jede Art von Beziehungen, also auch für Freundschaften und Geschäftsbeziehungen.

Einer meiner Teilnehmer erzählte mir in einer Seminarpause, wie er sein derzeitiges Familienleben verbessert hat. Er war geschieden und hatte wieder geheiratet. Seine jetzige Frau brachte zwei kleine Kinder mit in die Ehe. Aus seiner ersten Ehe hatte er einen älteren Sohn. Jetzt wollte er nicht die gleichen Fehler machen, die dazu geführt hatten, dass die erste Beziehung schiefging.

»FRÜHER WAR FÜR MICH ALLES SELBSTVERSTÄNDLICH. Mein Sohn und meine Frau waren einfach da und ich habe das Geld verdient. Ich habe oft Arbeit mit nach Hause genommen und am Wochenende hatte ich keine Lust, etwas zu unternehmen. Ich war erschöpft, wollte meine Ruhe. Das ging jahrelang so und irgendwann haben meine Frau und ich nur noch miteinander geredet, wenn es darum ging, irgendetwas zu organisieren oder zu reparieren. Die längsten Unterhaltungen hatten wir, wenn wir uns gestritten haben. Ganz zum Schluss gab es nicht einmal mehr einen Streit, wir hatten uns einfach nichts mehr zu sagen.

Meine Ehe ist damals zerbrochen, weil wir nebeneinander gelebt haben statt miteinander zu leben. Den Fehler will ich nicht noch einmal machen. In der jetzigen Partnerschaft achte ich sehr darauf, dass mein Job nicht alles dominiert. Wir verbringen Zeit als Familie, gemeinsam mit den Kindern. Aber verabreden uns auch zu zweit, als Paar – ohne die Kinder. Und das Wichtigste: Wir reden miteinander.«

Wirklich füreinander da sein

Unsere Beziehungen können sich verschlechtern, ohne dass dabei ein einziges böses Wort fällt. Das geschieht, wenn die alltägliche Routine, der Haushalt, der Job und alles andere, die ganze Aufmerksamkeit bekommt. Dann bleibt für den jeweiligen Partner kaum noch etwas übrig. Die Partnerschaft droht einzugehen, obwohl nach außen hin alles harmonisch aussieht.

Das erste Werkzeug in der Kommunikation, die Aufmerksamkeit, ist der Beginn einer Verbindung zwischen zwei Menschen. Aber diese Verbindung will immer wieder belebt werden.

DIE INSELN DER AUFMERKSAMKEIT ODER WIE SIE IHRE PARTNERSCHAFT AUS DER ROUTINE RAUSHOLEN

Wenn Sie es wichtig finden, eine Beziehung zu haben, dann schenken Sie dieser Beziehung auch Zeit und Aufmerksamkeit.Im täglichen Einerlei entsteht ganz von selbst eine Routine. Sorgen Sie dafür, dass Ihre gemeinsame freie Zeit nicht völlig von dieser Routine besetzt wird.Schaffen Sie ganz bewusst und absichtlich Inseln der Aufmerksamkeit. Das sind bestimmte Zeitabschnitte, die Sie nur für Ihre Partnerschaft reservieren. Termine, die Sie für Ihre Beziehung frei halten.Achten Sie vor allem auf die Qualität des Zusammenseins. Seien Sie wirklich füreinander aufmerksam, als würden Sie sich zum ersten Mal treffen. Seien Sie neugierig auf Ihr Gegenüber, auch wenn Sie glauben, Sie würden den anderen in- und- auswendig kennen.Schenken Sie sich gegenseitig Aufmerksamkeit, ohne Druck und ohne dass irgendetwas Bestimmtes passieren muss. Das Ganze ist keine Pflichtveranstaltung, sondern ein gegenseitiges Geschenk.Die Insel der Aufmerksamkeit ist ausschließlich für Sie beide da. Es ist die Zeit, in der Sie nur Ihre Beziehung pflegen.

Wir sehnen uns nach wohlwollender Aufmerksamkeit. Dabei geht es nicht in erster Linie um die Menge oder die Dauer der Aufmerksamkeit. Viel wichtiger ist die Qualität.

Also nicht endlos lange nebeneinander sitzen, sondern für eine – vielleicht nur kurze – Zeitspanne ganz für den anderen da sein. Den Gesprächspartner aufmerksam beachten, ohne abgelenkt zu sein. Richtig zuhören, ohne dabei in irgendwelchen Papieren zu blättern, ohne die SMS auf dem Handy zu checken, ohne den Geschirrspüler auszuräumen, ohne dass der Fernseher läuft. Die Aufmerksamkeit bündeln, statt sie in zahllosen Nebenaktivitäten zu zerstreuen.

Dabei können zehn Minuten genaues Zuhören und Auf-den-anderen-Eingehen viel wirksamer sein als eine Stunde unkonzentriertes Schwatzen. Zehn Minuten wirklich für den anderen da sein hilft der Beziehung mehr als ein ganzer Abend, den man gemeinsam vor dem Fernseher verbringt.

Lass dich mal wieder blicken

Unsere gebündelte, klare Aufmerksamkeit hat die Kraft, uns aus der Einsamkeit herauszuholen. Wobei Einsamkeit nichts mit der Anwesenheit oder Abwesenheit von anderen Leuten zu tun hat. Wir können uns inmitten einer Menschenmasse oder im Beisein unserer Freunde einsam fühlen.

Aufmerksamkeit ist immer auch ein Sich-Einlassen auf den anderen. Je aufmerksamer wir für jemanden sind, desto mehr Verbindung entsteht zu diesem Menschen. Umgekehrt gilt: Wenn wir unaufmerksam sind, fühlen wir uns unverbunden.

Wer sich einsam fühlt, fühlt sich zuwenig verbunden mit anderen Menschen. Aber noch wichtiger: Derjenige schenkt anderen Menschen auch zu wenig Aufmerksamkeit.

Wenn Sie sich einsam fühlen und das ändern wollen, dann fangen Sie damit an, Ihren Mitmenschen, wo immer Sie sie treffen, wohlwollende Aufmerksamkeit zu schenken. Dabei ist, wie gesagt, nicht die Dauer der Aufmerksamkeit, sondern die Qualität entscheidend.

Ein wirkliches Hinsehen, ein zugewandtes Kopfnicken, das achtsame Grüßen und die ernst gemeinte Frage »Wie geht’s?« – das alles dauert nur Sekunden, vielleicht ein paar Minuten. Aber es zahlt sich aus. Sie werden erstaunt sein, wie viel positive Beachtung Sie zurückbekommen.

Es ist fast unmöglich, dass Sie sich einsam fühlen, während Sie einem anderen Menschen Ihre Aufmerksamkeit schenken.

ZUSAMMENFASSUNG

Jeder Kontakt zu einem anderen Menschen beginnt zuerst damit, dass wir diesem Menschen unsere Aufmerksamkeit schenken.Wir können dafür sorgen, dass wir gehört und gesehen werden, indem wir die Aufmerksamkeit unserer Mitmenschen ködern.Die wirkungsvollsten Aufmerksamkeitsköder sind: andere Menschen wirklich aufmerksam beachten, eine abwechslungsreiche Ausdrucksweise, den anderen mit Namen ansprechen und spannende verbale Aufmacher.Entscheidend ist nicht die Dauer der Aufmerksamkeit, sondern die Qualität. Das bedeutet, dass wir uns dem anderen ganz zuwenden, ohne durch Handy, Fernsehen, Zeitunglesen etc. abgelenkt zu sein.Aufmerksamkeit sorgt für Verbindung. Auch unsere langfristigen Beziehungen brauchen immer wieder unsere Aufmerksamkeit, sonst vertrocknen sie.

DAS ZWEITE WERKZEUG:

Der Kontakt

Das erste Werkzeug, die Aufmerksamkeit, öffnet die Tür zu unserem Gegenüber. Wir bemerken den anderen. Und das könnte bereits alles sein. Es muss jetzt nicht weitergehen. Wir können dem Mann, der im Flugzeug neben uns sitzt, kurz unsere Aufmerksamkeit schenken, »Hallo« sagen und dann schweigend ein Buch lesen. Wir sehen unseren Nachbarn da hinten im Supermarkt, nicken ihm aus der Entfernung zu und das war’s.

Abb. 2

Auf den anderen zugehen – so entsteht der Kontakt

Wenn wir aber mehr wollen, beispielsweise mit ihm ein Gespräch führen, zusammenarbeiten oder flirten wollen, dann reicht die bloße Aufmerksamkeit nicht aus. Wir brauchen ein zweites Werkzeug. Dieses zweite Werkzeug ist der Kontakt. Mit dem Kontakt gehen wir einen Schritt weiter. Wir fangen an, eine Verbindung zu unserem Gegenüber aufzubauen.

Ich habe mir früher über diese Dinge nie ausführlich Gedanken gemacht, bis ich jemanden beobachtet habe, dem es schwerfiel, einen tragfähigen Kontakt zu anderen Menschen herzustellen.

Das Ganze passierte während meiner Arbeit. Eigentlich war es nicht meine Arbeit, sondern die eines jungen Kollegen. Er kam frisch von der Uni und stand ganz am Anfang seiner Karriere als Kommunikationstrainer. Er bat mich, in einem seiner Seminare als Beobachterin dabei zu sein. Er wollte ein Feedback von mir, dem alten Hasen. (Zum Glück hat er mich nicht »alter Hase« genannt, sondern er nannte mich einen »Vollblut-Profi«. Ich war geschmeichelt und ich habe mich breitschlagen lassen.) Es ging um ein Rhetoriktraining, das er leitete.

Was dort passierte, hat mir die Augen geöffnet. Zum ersten Mal ist mir bewusst geworden, wie wichtig ein guter Kontakt ist, wenn man andere Menschen für sich gewinnen will.

Kein Kontakt – ich hab noch so viel zu tun

DIE SITUATION SAH SO AUS: ICH KAM SCHON FRÜH IN DEN RAUM, IN DEM SEIN RHETORIKTRAINING STATTFINDEN SOLLTE. Ich setzte mich nach hinten, an den Rand. Mein junger Kollege kam kurz

Copyright © 2011 Kösel-Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlag: Weiss Werkstatt, München Umschlagmotiv und Illustrationen im Innenteil: Eva Gnettner, Weiss Werkstatt, München Redaktion: Silke Uhlemann, München

eISBN 978-3-641-06005-3

www.koesel.de

www.randomhouse.de

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