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Gisele Bündchen

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Beschreibung

Private Einblicke in das Leben des international bekannten Super-Models– Gisele Bündchen von ihrer bisher persönlichsten, spirituellen Seite – wie sie keiner kennt. Gisele Bündchens Reise begann im Süden Brasiliens, wo sie zusammen mit fünf Schwestern aufwuchs, Volleyball spielte und streunenden Tieren das Leben rettete. Schon im Alter von 14 Jahren wurde sie in Sao Paulo entdeckt. Vier Jahre später, im Jahr 1998, startete ihre spektakuläre Karriere als Fashion Model. Seitdem ist Giseles Gesicht aus der Model-Branche nicht mehr wegzudenken – sie ist in fast 400 Werbekampagnen und auf über 120 Magazin-Covern erschienen, in mehr als 470 Fashion Shows einflussreicher internationaler Marken gelaufen und zu einer Ikone der Mode-Industrie geworden. Doch bis heute kennen nur wenige Giseles wahres Gesicht. Das einer Frau, deren Privatleben in Kontrast zu ihrem öffentlichen Image steht. In ihrem ersten Buch "Lessons" erzählt sie, wie sie durch die Herausforderungen ihres Lebens zu einem spirituellen Menschen wurde. Dazu gehören heute nicht nur die morgendliche Meditation und Yoga-Praxis, sondern auch eine bewusste Lebensweise und ein engagiertes Handeln für eine bessere Zukunft. Ihre persönlichen Lektionen, z. B. die Schilderung ihrer Panikattacken, berühren tief im Herzen und geben zugleich den Impuls, auf sich selbst zu vertrauen. "Ich war immer nur ein Bild ohne Stimme – indem ich nun meine Stimme erhebe, kann ich andere Frauen inspirieren, gut für sich selbst zu sorgen." Eine Reise, die von einer Kindheit barfuß in Brasilien zu einer international erfolgreichen Karriere, Mutterschaft und Ehe führte. Ein Werk von großer Offenheit und Verletzlichkeit – "Lessons" zeigt uns den Weg in ein spirituelles und sinnerfülltes Leben. "Dieses Buch zu schreiben war ein transformierender und intensiver Prozess für mich. Geschichten offenzulegen, die tief in mir verborgen sind, machte mich verletzlich und berührte mich emotional, doch dadurch, dass ich meinen Schattenseiten und meinen Unsicherheiten entgegentrat, lernte ich, wie ich mich auf einer viel tieferen Ebene selbst akzeptieren und lieben konnte. Dadurch, dass ich weitergebe, auf welche Weise ich bestimmte Herausforderungen meines Lebens meisterte, möchte ich anderen dabei helfen, ähnliche Erfahrungen und Probleme zu überwinden. Der gesamte Erlös des Buchs wird in das Projekt Água Limpa fließen, das sich zur Aufgabe gemacht hat, unsere natürlichen Wasserquellen für zukünftige Generationen zu beschützen." (Gisele Bündchen)

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Seitenzahl: 328

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Über dieses Buch

Private Einblicke in das Leben des international bekannten Super-Models– Gisele Bündchen von ihrer bisher persönlichsten, spirituellen Seite – wie sie keiner kennt.

 

Gisele Bündchens Reise begann im Süden Brasiliens, wo sie zusammen mit fünf Schwestern aufwuchs, Volleyball spielte und streunenden Tieren das Leben rettete.

Schon im Alter von 14 Jahren wurde sie in Sao Paulo entdeckt. Vier Jahre später, im Jahr 1998, startete ihre spektakuläre Karriere als Fashion Model. Seitdem ist Giseles Gesicht aus der Model-Branche nicht mehr wegzudenken – sie ist in fast 400 Werbekampagnen und auf über 120 Magazin-Covern erschienen, in mehr als 470 Fashion Shows einflussreicher internationaler Marken gelaufen und zu einer Ikone der Mode-Industrie geworden.

Doch bis heute kennen nur wenige Giseles wahres Gesicht. Das einer Frau, deren Privatleben in Kontrast zu ihrem öffentlichen Image steht. In ihrem ersten Buch »Lessons« erzählt sie, wie sie durch die Herausforderungen ihres Lebens zu einem spirituellen Menschen wurde. Dazu gehören heute nicht nur die morgendliche Meditation und Yoga-Praxis, sondern auch eine bewusste Lebensweise und ein engagiertes Handeln für eine bessere Zukunft. Ihre persönlichen Lektionen, z.B. die Schilderung ihrer Panikattacken, berühren tief im Herzen und geben zugleich den Impuls, auf sich selbst zu vertrauen.

»Ich war immer nur ein Bild ohne Stimme – indem ich nun meine Stimme erhebe, kann ich andere Frauen inspirieren, gut für sich selbst zu sorgen.«

 

Eine Reise, die von einer Kindheit barfuß in Brasilien zu einer international erfolgreichen Karriere, Mutterschaft und Ehe führte. Ein Werk von großer Offenheit und Verletzlichkeit – »Lessons« zeigt uns den Weg in ein spirituelles und sinnerfülltes Leben.

Inhaltsübersicht

WidmungEINLEITUNG1 Mit der Disziplin fängt alles an2 Herausforderungen als heimliche Chancen erkennen3 Die Qualität unseres Lebens hängt von der Qualität unserer Beziehungen ab4 Gedanken und Worte sind mächtig – setzen Sie sie weise ein5 Das, worauf Sie Ihre Aufmerksamkeit richten, wächst und gedeiht6 Die Natur: unsere größte Lehrmeisterin7 Sorgen Sie für Ihren Körper, damit er für Sie sorgen kann8 Erkenne dich selbstDANKSAGUNG
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Für Vivi, Benny und Jack

 

Vielen Dank für eure Liebe, dafür, dass ihr das Licht meines Lebens und so unglaubliche Lehrmeister seid und es mir ermöglicht, neue Pfade zu beschreiten, eine tiefere Bedeutung und einen tieferen Sinn zu entdecken. Ihr inspiriert mich jeden Tag aufs Neue, sodass ich alles in meiner Macht Stehende tue, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Amo vocês.

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EINLEITUNG

Dieses Foto wurde für mein erstes Modelbook aufgenommen. Ich war vierzehn. © Tarciso De Lima

Hätte ich die Absicht, mein bisheriges Leben chronologisch aufzuzeichnen, könnte die Kurzfassung folgendermaßen lauten:

Ich heiße Gisele Caroline Bündchen. Die letzten dreiundzwanzig Jahre habe ich als Fashion Model gearbeitet. Geboren wurde ich 1980, und aufgewachsen bin ich in Horizontina, einer Kleinstadt im Süden Brasiliens, eine Autostunde von der Stelle entfernt, an der man über den Fluss nach Argentinien übersetzt. Ich bin in der fünften Generation Deutschbrasilianerin, väterlicher- wie mütterlicherseits. Meine Eltern sprachen Deutsch miteinander, mit meinen fünf Schwestern und mir hingegen Portugiesisch. Ich bin ein mittleres Kind und habe früher oft mit meiner Zwillingsschwester Pati darüber gestritten, wer von uns beiden denn nun die Dritte und wer die Vierte ist. Als Kind wollte ich entweder Profi-Volleyballerin oder aber Tierärztin werden.

Als ich dreizehn war, schrieb meine Mutter, die sich wegen meiner schlechten Haltung Sorgen machte – ich war damals bereits 1,80 Meter groß –, mich zusammen mit zwei meiner Schwestern für einen Modelkurs bei uns in der Stadt ein. Zum Abschluss des Kurses wurden wir auf einen Kurztrip nach Curitiba, São Paulo und Rio de Janeiro mitgenommen. Die 27-stündige Busfahrt dorthin erschien uns endlos. Ein paar der Mütter begleiteten uns, darunter unsere. In einem Kaufhaus in São Paulo kam ein Mann mit dem berühmt-berüchtigten Satz »Willst du Model werden?« auf mich zu. Ich rief nach meiner Mutter, die auch gleich angerannt kam. Aber er – sein Name war Zeca – scoutete tatsächlich für das Elite Model Management. Wir trafen uns mit ihm in seinem Büro, wo er meiner Mutter riet, mich für einen nationalen Modelwettbewerb, den Elite Look of the Year, einzuschreiben, was sie auch tat. Ich konnte es kaum glauben, als ich dort Zweite wurde und ein Ticket für einen Flug nach Ibiza bekam, damit ich am weltweiten Model-Look-Wettbewerb von Elite teilnehmen konnte. Das war mein erster Flug, meine erste Reise in ein anderes Land. Irgendwie schaffte ich es unter die zehn Finalistinnen – und dann ging alles Schlag auf Schlag.

Ein Jahr später, 1995, zog ich nach São Paulo, um meine Modelkarriere zu starten. Da war ich gerade mal vierzehn.

Ich mit vierzehn während des Finales beim Elite-Model-Look-Wettbewerb in São Paulo, 1994.

Wie Sie sich vorstellen können, war es ein großer Schritt, von einer Kleinstadt mit gerade mal 17000 Einwohnern in die größte Stadt Brasiliens zu ziehen.

Ein Foto aus der ersten Zeit, ein Blick hinter die Kulissen bei einem Shooting in Rio de Janeiro; da war ich sechzehn.

Nachdem ich ein paar Monate in São Paulo gearbeitet hatte, wurde ich von der Agentur nach Tokio geschickt, wo ich drei Monate lebte und für Kataloge modelte. Mein Durchbruch kam erst einige Jahre später in London, als der Designer Alexander McQueen mich für seine Prêt-à-porter-Schau auswählte. Da hieß es für mich: ohne Shirt über den Laufsteg, völlig verkrampft, nur mit einem weißen, in letzter Sekunde von einer Visagistin aufgemalten Shirt, während künstlicher Regen von der Decke prasselte. Nach der Show von Alexander McQueen bekam ich in der Branche den Spitznamen »The Body« verpasst – und der blieb hängen.

1999 modelte ich für Versace, Ralph Lauren, Chloé, Missoni, Valentino, Armani und Dolce & Gabbana. Die Vogue erwählte mich zu derjenigen, die das Ende der »Heroin chic«-Ära des Modelns einleiten sollte. In dem Jahr war ich einmal auf der Titelseite der französischen Vogue und dreimal auf amerikanischen Vogue-Ausgaben. Die Überschrift eines der Leitartikel lautete: »Rückkehr der Kurven«. In dem Jahr gewann ich auch den Model of the Year Award von Vogue. Im Frühling 2000 lief ich in New York, Mailand und Paris für Marc Jacobs, Donna Karan, Calvin Klein, Christian Dior, Prada, Valentino und viele weitere bekannte Marken. Von 1998 bis 2003 war ich bei jeder Werbekampagne von Dolce & Gabbana dabei, und von 2000 bis 2007 gehörte ich zu den Victoria’s-Secret-Engeln. In den letzten zwanzig Jahren war ich auf den Titelseiten von 1200 Zeitschriften, wurde in 450 Modestrecken abgelichtet und lief auf fast 500 Fashion Shows. 2015 zog ich mich bewusst etwas vom Modeln zurück, weil ich mich mehr auf meine Familie und eigene Projekte konzentrieren wollte. Das letzte Mal lief ich 2016 bei den Olympischen Sommerspielen in Rio über einen Laufsteg, während ein Pianist Tom Jobims Song »The Girl from Ipanema« spielte. Es war der bislang längste Laufsteg meiner Karriere, und es war ein elektrisierender Moment! Für mich war es wie die Krönung alles Vorangegangenen.

***

All das oben Genannte ist passiert – auch wenn ich viele Details ausgelassen habe. Das ist die Geschichte meines öffentlichen Ichs. Doch das Leben, das ich in der Öffentlichkeit gelebt habe, hat nur sehr wenig Bezug zu der Person, die ich wirklich bin, oder zu dem, was mir wirklich wichtig ist, woran ich glaube oder was ich der Welt zurückgeben möchte. Das Komische ist, dass ich, obwohl ich für meine Arbeit als Model bekannt bin, niemals das Gefühl hatte, tatsächlich die Person auf den Laufstegen, in den Magazinen oder Werbespots zu sein. In der Schule in Brasilien hatten meine Klassenkameraden mich immer wegen meiner Größe, meines Gewichts und meines Aussehens gehänselt. Meiner Meinung nach kann kein Erfolg im Erwachsenenalter, mag er auch noch so groß sein, das Bild, das man als Kind von sich hatte, grundlegend verändern.

Als ich mit dem Modeln anfing, fühlte ich mich – obwohl ich doch angeblich das Aussehen eines Models hatte – ziemlich unwohl. Somit war es meinem Selbstvertrauen auch nicht gerade zuträglich, dass ich von ein paar Leuten in der Branche gesagt bekam, meine Augen seien zu klein, Nase und Brüste hingegen zu groß. Mit meinen vierzehn Jahren konnte mich nichts mehr verunsichern oder befangener machen als ein Designer, der sagte, ich sei hübsch; ein Fotograf, der mir sagte, wie ich mich hinstellen sollte; oder ein Redakteur, der meinen Körper, meine Brüste, Augen oder Nase kommentierte, als stünde ich gar nicht mit im Raum.

In dem Bestreben, mich zu schützen und nicht verletzt zu werden oder mich auf ein Objekt reduziert zu sehen, fing ich deshalb im Alter von achtzehn an, einen Schutzwall um mich zu errichten. Mein privates Ich war Gisele, das Model Gisele hingegen war sie, die andere. So nannte ich sie tatsächlich – sie. Sie war eine Schauspielerin. Eine Performerin. Ein Chamäleon. Ein erfundenes Wesen, das die Fantasie eines Designers verkörperte. Ich kam zu dem vereinbarten Job und hörte mir an, was Fotograf, Stylist und Visagist jeweils wollten. Die Verbindung ihrer Ideen schuf eine besondere Stimmung, und mit einem Mal konnte ich sie sehen, sie spüren. Modeln war für mich eine Möglichkeit, alle Facetten meiner Persönlichkeit zu erkunden, selbst die, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie besaß. Indem ich zu ihr wurde, konnte ich jedem Gefühl, jeder Haltung Ausdruck verleihen. Als würde ich mich, indem ich mich von mir selbst löste, gewissermaßen befreien, während ich mein wahres Ich wunderbar verborgen hielt. Sie konnte sexy oder prüde sein. Sie konnte eine Soldatin sein oder eine ungezügelte Frau. Sie konnte ein Gesicht, ein Körper oder etwas dazwischen sein. Modeln war nie mein Traum gewesen – als Kind hatte ich noch nicht einmal gewusst, dass das ein richtiger Beruf ist. Ich erachtete das Ganze einfach nur als Möglichkeit, Geld zu verdienen. Türen öffneten sich – erst eine, dann die nächste –, und ich ging einfach hindurch. Es hatte auch eine praktische Komponente. Als Kind hatte ich manchmal gehört, wie meine Eltern sich des Geldes wegen stritten. Ich dachte, wenn ich es mit dem Modeln versuchte – und vielleicht auch noch gut darin war –, könnte ich meine Familie unterstützen, statt nur ein weiteres Kind zu sein, das durchgefüttert werden wollte. Also beschloss ich, die Gelegenheit, die sich mir bot, beim Schopf zu packen und abzuwarten, was daraus würde.

Statt jedoch über sie zu schreiben, möchte ich mich hier darauf konzentrieren, wer ich bin. In diesem Buch habe ich die Lektionen versammelt, die mir geholfen haben, zu einem bewussteren und glücklicheren Leben zu finden; die mich dazu inspiriert haben, die Schwierigkeiten, denen ich mich im Lauf der Jahre stellen musste (darunter auch Panikattacken), zu überwinden und dabei ein tieferes Verständnis für mich selbst und die Welt um mich herum zu erlangen.

Ein paar dieser Lektionen habe ich auf die harte Tour gelernt – ich musste sie am eigenen Leib erfahren. Andere lernte ich, indem ich über die Jahre hinweg meine Mitmenschen beobachtete und so darauf schloss, was man besser nicht tun und wie man sich besser nicht verhalten sollte. In jedem Kapitel dieses Buchs finden sich Geschichten, die auf meinen persönlichen Erfahrungen beruhen; sie veranschaulichen meinen Lernprozess und das, was sich zum jeweiligen Zeitpunkt in meinem Leben ereignete. Auf diesem Weg haben mich sehr viele Lehrmeister begleitet. Unter anderem habe ich entdeckt, dass die Natur selbst die mächtigste Lehrmeisterin und Heilerin überhaupt ist. Und ich habe gelernt, auf meine innere Stimme zu achten, was mir zu vielen wichtigen Erkenntnissen verholfen hat, auch dann, wenn ich eigentlich gar nichts davon wissen wollte. Ich habe gelernt, dass Gedanken, Worte und Handeln stets miteinander verbunden sind und warum wir vorsichtig damit umgehen müssen. Ich fing an, Körper, Seele und Geist mit Meditation, gesundem Essen und einer positiven Einstellung zu versorgen – mit dem Ergebnis, dass ich eine tiefere Klarheit erlangte und besser verstand, was meine Bestimmung ist. Jetzt erzähle ich meine Geschichte und hoffe, damit anderen eine Inspiration und Hilfe zu sein.

Wenn also das Model, über das ich zuvor sprach, sie ist, wer bin dann ich?

Wenn ich mich mit einem Wort beschreiben müsste, dann wäre das: einfach. Ich bin ein Barfuß-Jeans-und-T-Shirt-Girl. Meine Familie wird das bestätigen. Seit ich denken kann, habe ich versucht, das Leben zu verstehen, war neugierig und wollte mehr wissen. Als ich meine Heimatstadt dann verließ und anfing zu modeln, lernte ich die Welt natürlich ganz neu und anders kennen. Über die nächsten beiden Jahrzehnte war ich damit beschäftigt, herauszufinden, wer ich bin.

Ich als Baby zu Hause in Horizontina, 1981.

Wie gesagt, diese Gisele unterscheidet sich stark von mir als öffentlicher Person. Ich wurde in eine Familie der Mittelschicht geboren, in einer Stadt im Süden Brasiliens namens Três de Maio. Meine Familie, das sind meine Eltern, die immer hart gearbeitet haben, und ihre sechs Töchter: Raque, Fofa, Pati, Gise (das bin ich), Gabi und Fafi. Meine Mutter war bei einer örtlichen Bank angestellt. Mein Vater war Unternehmer, er hat in der Immobilienbranche gearbeitet, als Vertreter und so weiter – er hatte viele unterschiedliche Jobs. Dabei hat er immer gelesen, gelernt und etwas erschaffen, er war – und ist noch immer – ein Freigeist. Heute arbeitet er als Motivationsredner und Soziologe, der sich mit mir zusammen für Umweltprojekte engagiert.

Wir hatten das Glück, in unserem Garten viele Obstbäume zu haben – Avocados, Pitanga (eine Art rote Kirsche), Pfirsiche, Guaven, Papaya, eine Jellypalme (oder gewöhnliche Geleepalme) und dreierlei Mandarinen (die mag ich am liebsten) –, deren Früchte ich vorne in meinem T-Shirt sammelte und ins Haus trug.

Die Natur hat mir sehr viel bedeutet, schon immer. Ich hatte das Gefühl, als wäre die Erde oder der Sand unter meinen Füßen ein Teil von mir, als wäre ich Natur. Und ich weiß noch, wie gerne ich zum Hof meiner Großmutter fuhr, die ihre Kühe molk, die meisten ihrer Nahrungsmittel selbst anbaute und ihre Kleider selbst nähte.

Mein Vater und meine Mutter (mit Gabi auf dem Arm), in der Mitte Raque und Fofa bei Patis und meiner Geburtstagsparty (ich stehe vorne links und ziehe eine Schnute). Brasilianische Geburtstagskuchen werden für gewöhnlich mit Kondensmilch zubereitet und sind einfach nur köstlich!

Sie bereitete uns leckere Sachen zu, wie cuca, eine deutsche Version von Panettone, in der allerdings kleine Erdbeerstücke oder Trauben mitgebacken werden und die sie mit frischer Sahne servierte, noch warm aus dem Milcheimer.

Ich wurde im römisch-katholischen Glauben erzogen, meine Mutter nahm uns jeden Sonntag mit in die Kirche. Wie meine Schwestern war auch ich nicht gerade begeistert davon, in einer harten Holzbank sitzen und einem Priester zuhören zu müssen. Aber das Singen gefiel mir (meine Mutter hat eine wunderschöne tragende Sopranstimme), genau wie das Essen nach der Messe, das die Kirchgängerinnen aufgereiht hatten – Krautsalat, Pasta und churrasco, Spieße von gegrilltem Rind und Hühnchen – und über das wir uns zusammen mit den anderen Kindern hermachten. Die Geschichten in der Bibel gefallen mir bis heute, ich erzähle sie sogar meinen Kindern. Doch als ich klein war, habe ich immer weiter nachgehakt, wollte das Warum verstehen und fing irgendwann auch an, das, was mir beigebracht wurde, zu hinterfragen.

Eines Tages, ich war etwa zwölf oder dreizehn, nahmen wir im Religionsunterricht das dritte Buch Mose durch. Ich meldete mich, wollte wissen, wie die Aussage »Auge um Auge, Zahn um Zahn« neben dem existieren könne, was Jesus uns lehrte, nämlich, dass wir unsere Feinde lieben und auch die andere Wange hinhalten sollten. Wie passte das zusammen? Mir ging es nicht darum, mich hervorzutun, es ergab für mich nur einfach keinen Sinn. Statt jedoch die Frage zu beantworten oder ein Gespräch darüber anzuregen, sah die Lehrerin mich erst überrascht, dann genervt an und schickte mich schließlich zum Rektor. Mir war nicht bewusst, dass ich etwas falsch gemacht hatte! (Und das denke ich noch immer nicht.)

Links: Patis und meine Geburtstagsparty 1987, Horizontina. Ich denke, man sieht mir an, wie glücklich ich bin, nachdem ich ein ganzes Jahr auf Fofura, meine allerliebste Lieblingspuppe, warten musste.

Rechts: Pati und ich spielten wahnsinnig gern mit den Küken bei meiner Großmutter, hier 1983. Bei ihr war ich als Kind am liebsten.

Warum bekam ich keine Antwort? Wenn sie diese Frage nicht beantworten konnte, wer dann? Meine Eltern bestimmt nicht, die waren viel zu sehr damit beschäftigt, arbeiten zu gehen und ihre sechs Mädchen großzuziehen. So sammelten sich immer mehr Fragen an, auf die ich eine Antwort suchte. Wer war ich? Warum war ich auf der Welt? Wie hatte die Welt angefangen? Und mit der Zahl der Fragen wuchs auch mein Widerstand gegen jegliches System, das behauptete: Das sind die Fakten, so funktioniert es, und es gibt nur diesen einen Weg.

Vielleicht bin ich aufgrund meiner beständigen Suche so fasziniert von der spirituellen Welt. Abends bete ich zu Gott, zu meinem Stern, zu meinen Schutzengeln. In frühen Jugendjahren habe ich viel gelesen, Bücher nicht nur über die Religion, sondern auch über den Glauben, über Metaphysik und Mythologie. Das sind nach wie vor meine Lieblingsthemen. Irgendwann hat sich in mir die Überzeugung festgesetzt, dass wir alle in einer von Illusionen geleiteten Welt leben und dass meine – unsere – Aufgabe darin besteht, herauszufinden, wer wir wirklich sind und zu welchem Zweck wir auf dieser Welt sind. Alles, was wir erleben, Gutes und Schlechtes, hat eine Bedeutung, selbst wenn wir sie nicht sofort verstehen. Alles passiert, damit wir lernen.

Meinen Kindern sage ich: Gott ist eine Energie, die hinter der Schöpfung von allem steht. Gott zeigt sich in den Bergen, den Meeren, dem Himmel, den Bäumen, dem Licht der Sonne, den Tieren und den Jahreszeiten. Ohne Natur gäbe es nichts und niemanden. Die Natur ist göttlich, sie hält uns am Leben.

Heute, mit achtunddreißig, habe ich das Gefühl, an der Schwelle zu einem ganz neuen Leben zu stehen – gewissermaßen eine Wiedergeburt zu erleben. Ich habe es mir zum Ziel gesetzt, weiter zu lernen, meine Fähigkeiten auszubauen, um die Gaben, über die ich verfüge, für gute Werke einzusetzen. Ich bin der Meinung, dass sehr viele Menschen durch die stete Flut an Informationen und die unzähligen schlechten Nachrichten besorgt und abgelenkt sind, und hoffe, dass dieses Buch zu einem Werkzeug der Inspiration wird, dass es hilft, vielmehr innere, spirituelle Werte in den Vordergrund zu rücken. Als ich jung war, konnte ich nicht vorhersehen, wo ich zwanzig Jahre später stehen würde. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, im Moment zu leben, ständig Entscheidungen zu fällen. Irgendwann habe ich gelesen, dass wir, wenn wir unser Leben rückblickend betrachten, einen Handlungsstrang erkennen können, einen roten Faden oder Plan, wie von einer unsichtbaren Kraft angelegt – und dass die Geschehnisse und sogar die Begegnungen, die uns zum jeweiligen Zeitpunkt zufällig oder unwichtig erschienen, letzten Endes für unsere Geschichte unabdingbar waren. Unser Leben spielt auch im Leben anderer eine wichtige Rolle. Als wären diese Leben Zahnräder in dem einen großen Traum eines einsamen Träumers, in dem alle anderen ebenfalls träumen. Rückblickend sieht es so aus, als würden wir unser Leben unbewusst gemeinsam gestalten – doch wie und mit wem?

Ich weiß, dass ich noch immer relativ jung bin, doch wenn ich auf mein bisheriges Leben zurückblicke, empfinde ich große Dankbarkeit. Mir haben sich unglaubliche Gelegenheiten geboten, und ich habe hart dafür gearbeitet, aus jeder das Beste zu machen. Mein Leben ist mir nicht in den Schoß gefallen. Mit vierzehn habe ich die Entscheidung getroffen, nach São Paulo zu gehen. Genau wie ich viele Jahre später die Entscheidung traf, meinen Mann zu heiraten oder unsere zwei Kinder zu bekommen. Genauso gut hätte ich immer in Brasilien bleiben können. Ich hätte Profi-Volleyballerin werden können (darin war ich ziemlich gut) oder auch Tierärztin. Ich hätte jemand anderen heiraten oder niemals heiraten und keine Kinder bekommen können. Das Leben, das ich heute lebe, ergibt sich aus einer Anhäufung von Dutzenden von Entscheidungen, die ich irgendwann getroffen habe. Als ich jünger war, habe ich die Türen genutzt, die sich mir öffneten. Inzwischen bin ich älter und habe angefangen, selbst Türen aufzustoßen. Wenn wir bewusstere Entscheidungen treffen, weil wir über mehr Selbsterkenntnis verfügen, dann werden wir uns mehr nach dem Sinn und Zweck unseres Lebens ausrichten – worin auch immer der bestehen mag.

Im Lauf der Jahre haben mir Freunde wie Fremde anvertraut, womit Mädchen und Frauen in ihrem Leben zu kämpfen haben. Sie erzählten mir, ihre Töchter oder Freundinnen müssten sich mit Depression, Beklemmung, Essstörungen und Selbstverletzung auseinandersetzen – und als Antwort habe ich ihnen von einigen meiner schwierigen Erfahrungen berichtet in der Hoffnung, sie zu unterstützen, indem ich sie wissen lasse, dass sie damit nicht allein sind. Wir alle werden heutzutage mit Bildern davon bombardiert, wie wir aussehen sollen, wie wir uns verhalten sollen. Und ja, ich weiß, dass ich über zwei Jahrzehnte in einer Branche gearbeitet habe, die dazu tendiert, unerreichbare Bilder von Schönheit, Style und Glamour zu idealisieren. Genauso ist mir bewusst, dass die sozialen Medien nur die besten Momente unseres Lebens präsentieren, nicht die schlimmsten. Auf meiner eigenen Instagram-Seite finden sich nicht viele Fotos von mir mit Kopfschmerzen oder dunklen Augenringen, wenn ich mich mal wieder die ganze Nacht um ein krankes Kind kümmern musste.

Das Leben kann voller Magie sein. Aber sein Leben sinnvoll zu leben verlangt einem auch Arbeit, Konzentration, Geduld, Mitgefühl, Entschlossenheit und Disziplin ab. Neid, oder sich mit jemand anderem zu vergleichen – mit wem auch immer –, ist reinstes Gift. Neid verleiht einem nur das Gefühl, niemals gut genug zu sein. Ich glaube, dass jeder Einzelne von uns auf ganz eigene Weise einzigartig ist. Wir alle verfügen über etwas Besonderes, das nur wir der Welt geben können.

Viele Frauen, die ich kenne, sind schlicht überfordert. Ob sie nun auf die Highschool gehen und zu viele Dinge in ihrem Terminplan unterbekommen wollen oder mit dreißig oder vierzig völlig am Ende sind, weil sie versuchen, eine gute Mutter, eine perfekte Ehefrau, eine Heldin bei der Arbeit oder gar alles auf einmal zu sein – sie alle haben kaum einen Moment für sich. Sie haben die Verbindung zur Natur und zu sich selbst verloren. Sie suchen nach Antworten, die irgendwo außerhalb liegen sollen, ohne zu ahnen, dass die wichtigsten Antworten in ihnen selbst zu finden sind. Irgendwann einmal war ich genau so eine Frau. Somit schreibe ich dieses Buch natürlich auch für mein jüngeres Ich. Hätte mir jemand dieses Wissen vermittelt, als ich Teenager war oder eine junge Frau, wäre mein eigener Weg vielleicht etwas einfacher gewesen. Außerdem möchte ich dieses Wissen an meine Kinder weitergeben. Ständig frage ich mich: Wie könnte ich ihnen helfen, mit etwas fertigzuwerden, wenn sie nicht meine Kinder wären? Oder wenn ich nicht hier wäre? Was kann ich ihnen Wertvolles und Wichtiges mit auf den Weg geben? Die Lektionen in diesem Buch sind die, die ich meinen Kindern als Leitbild für ihr eigenes Leben mitgeben möchte.

Dreiundzwanzig Jahre lang war ich Schülerin der Fashion-Schule, und eines der ersten Dinge, die ich gelernt habe, war, wie oberflächlich sie sein kann. Häufig fühlte ich mich als Model hin- und hergerissen oder hatte ein schlechtes Gewissen. Modeln war nicht meine Leidenschaft, ich habe mich nicht damit identifiziert. Es war einfach eine Gelegenheit, Geld zu verdienen, die sich für mich aufgetan hatte, als ich sehr jung war, und die ich ergriffen hatte. Damit will ich nicht sagen, dass ich für die Chancen, die ich bekam, oder den Menschen, die sie mir eingeräumt haben, nicht überaus dankbar wäre. Wenn ich heute sichtbar bin und wahrgenommen werde, dann wegen meiner Arbeit als Fashion Model. Jetzt kann ich etwas von dem, was ich erreicht habe, einsetzen, um die Aufmerksamkeit anderer auf die Projekte zu lenken, die mir wirklich wichtig sind und meiner Meinung nach einen positiven Einfluss auf die Welt haben werden. Die meisten Menschen kennen mich nur als Bild. Als Objekt. Als weiße Leinwand, auf die sie ihre eigenen Geschichten, Träume oder Fantasien projizieren können – was verrückterweise genau dem entspricht, wie ich selbst an die Arbeit herangegangen bin, wenn ich zu ihr wurde, zu der anderen! Dreiundzwanzig Jahre lang war ich zudem ein Bild ohne Stimme. Auch das habe ich mit vielen Frauen gemein. Haben sich nicht die meisten von uns irgendwann einmal anhören müssen, dass unsere Ansichten es nicht wert sind, gehört zu werden, ob wir nun bei einem Meeting übergangen, online kritisiert oder auf einen Haufen Körperteile reduziert wurden? Mir zu erlauben, offen und verletzlich zu sein, nicht sie, sondern ich, Gisele, ist sehr beängstigend. Ich werde mich nicht länger absondern oder verstecken können. Gleichzeitig fühlt sich nichts eigenartiger an, als zum Objekt für die Projektionen eines anderen zu werden, das können Sie mir glauben. Bekannt und gleichzeitig unbekannt zu sein erscheint mir nicht länger richtig. Das Leben ist nicht immer einfach, es ist kein Märchen, wir alle müssen uns gewissen Schwierigkeiten stellen, ganz egal, wer wir sind. Meine Hoffnung ist, dass ich, indem ich meine Stimme erhebe, andere Frauen animiere, dasselbe zu tun, insbesondere in einer Zeit, in der Frauen einander mehr denn je unterstützen müssen.

Während des Gaucho Festivals in Horizontina, September 1986. Ich bin die im gelben Kleid.

Schließlich kommen Veränderungen nur dann zustande, wenn wir bereit sind, uns für unsere Überzeugungen einzusetzen.

Die Lektionen in diesem Buch stellen keine Regeln dar. Als jemand, der den Status quo seit jeher hinterfragt, will ich bestimmt nicht zu irgendjemandes Status quo werden. Ein paar der Lektionen mögen vertraut klingen oder sind einfach ein Appell an den gesunden Menschenverstand. Mir geht es darum, gewisse Überzeugungen im Kontext meines Lebens und meiner Erfahrungen zu interpretieren. Und wie die meisten Menschen lerne ich stets dazu und bemühe mich, jeden Tag besser zu werden. Sollten die Lektionen hilfreich sein – wunderbar. Sollten eine, zwei oder alle acht bei Ihnen keinen Anklang finden, dann lassen Sie es dabei bewenden und wenden sich anderen Dingen zu. Vergessen Sie nicht: Als ich heranwuchs, habe ich alles und jeden hinterfragt, der behauptete, eine Antwort zu haben, und vielleicht geht es Ihnen genauso. Ich möchte mich nicht als Expertin darstellen, ganz und gar nicht. Es ist einfach so, dass diese Lektionen für mich funktioniert und mir geholfen haben, mein Leben besser zu machen, indem ich ihm eine tiefere Bedeutung verliehen habe.

Und wenn Sie nur eine Botschaft aus diesem Buch mitnehmen, dann hoffentlich die, wie wichtig es ist, dass Sie Ihr Leben voller Liebe leben. Sich selbst lieben. Andere Menschen lieben. Die Welt lieben, in der wir alle leben. Lassen Sie alles andere außer Acht, aber leben Sie bitte kein Leben ohne Liebe.

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Mit der Disziplin fängt alles an

Disziplin ist ein Wort, mit dem man sich nur schwer anfreunden kann, insbesondere wenn man jung ist. Kann ich mich damit nicht erst in ein paar Jahren befassen? Dieses Wort klingt, als gehöre es zum Militär oder in ein Internat oder auf eine Liste von Regeln und Vorschriften, die uns von dem abhalten, was wir wirklich tun wollen. Disziplin kann einem vorkommen wie der Feind von Spaß und Glück, wie ein Komplott, das Erwachsene geschmiedet haben, um jegliche Freude und Inspiration im Keim zu ersticken.

Aber dem ist nicht so. Disziplin ist viel mehr als nur harte Arbeit, doch mit ihr kommt der ganze Prozess in Gang. Ich war schon immer extrem strukturiert und sehr fleißig, ob ich nun meinen Schwestern beim Hausputz half, Sport machte, mich in der Schule anstrengte oder modelte – selbst heute noch, als Frau und arbeitende Mutter. Deshalb spüre ich eine so starke Verbindung zu dieser ersten Lektion: Mit der Disziplin fängt alles an. Ich glaube, dass sämtliche Erfolge, die ich in meinem Leben verbuchen kann, das Ergebnis von Konzentration, harter Arbeit, Engagement und Pünktlichkeit sind; dass ich alles, was notwendig war oder worum ich gebeten wurde, rechtzeitig erledigt und bei allem hundert Prozent gegeben habe – und noch immer gehe ich an alles im Leben so heran. Kurz gesagt: mit Disziplin.

Bei uns zu Hause war Disziplin wichtig. Bei sechs Kindern, lauter Mädchen, die alle durcheinanderplapperten, war das unerlässlich. Meine Mutter zum Beispiel hatte den ganzen Tag keine ruhige Minute und kümmerte sich um uns, so gut sie nur konnte. Jeden Morgen stand sie um sechs auf und mixte uns unsere Frühstücksshakes aus Avocados, Bananen oder Äpfeln mit Milch und ein bisschen Zucker; manchmal bereitete sie auch torradas zu, das sind Sandwiches mit geschmolzenem Käse. Nach dem Frühstück brachte sie oder unser Vater uns zur Schule, dann ging es für meine Mutter zur Arbeit, und zur Mittagszeit kam sie nach Hause, damit wir alle zusammen essen konnten. An den Wochenenden stand sie sogar noch früher auf, um sich um die Wäsche der ganzen Familie zu kümmern und für die kommende Woche vorzukochen und einzufrieren.

Der Tag, an dem Pati und ich zur Welt kamen, der 20. Juli 1980. Meine Schwestern und meine Großmutter mütterlicherseits kamen uns besuchen.

Bei acht Menschen, die sich drei Schlafzimmer und zwei Bäder teilten, war meinen Schwestern und mir sehr früh klar, dass wir mithelfen mussten.

Wir haben immer ein Familienfoto vor dem Weihnachtsbaum gemacht, der in einer Ecke unseres Hauses stand. Oben, von links nach rechts: Raque und meine Zwillingsschwester Pati. Unten, von links nach rechts: Walter, mein Großvater väterlicherseits, Gabi, Fofa, ich mit breitem Grinsen und meine Großmutter väterlicherseits, Lucilla, mit Baby Fafi auf dem Schoß.

Jede von uns hatte eine Putzaufgabe zu erledigen, bevor wir zum Spielen nach draußen durften. Wenn Raque oder Fofa die Glocke läutete, ging es für uns an die Arbeit. Für gewöhnlich war ich für die Badezimmer zuständig, und häufig schrubbte ich die Fugen zwischen den Fliesen so lange mit einer Zahnbürste, dass man davon hätte essen können. Damit ich mich wohlfühlen kann, müssen meine Räume sauber und ordentlich sein. Sobald meine Umgebung unordentlich ist, kann ich nicht mehr klar denken. Bei meinen Schwestern und mir war es so, dass wir für die Nächstjüngere immer auch als inoffizielle »Mama« agierten. Mit acht Jahren wechselte ich Fafi die Windeln und half meinen älteren Schwestern in der Küche beim Frittieren von Empanadas – mit Hühnchen, Rind oder Käse und Spinat gefüllten Teigtaschen –, die wir zusammen mit unserer Mutter aus Resten zubereitet hatten.

Das habt ihr toll gemacht, sagten meine Eltern, wenn meine Schwestern und ich etwas gut gemacht hatten. Jedes Mal. Wenn wir höflich waren. Wenn wir taten, worum wir gebeten wurden. Wenn wir uns anstrengten, gute Noten bekamen oder ein gutes Volleyballspiel hinlegten. Aber auch wenn etwas nicht so lief wie geplant, wir uns aber angestrengt und alles gegeben hatten, lobten uns unsere Eltern. Das habt ihr toll gemacht war ein riesiges Kompliment. Es hat mich immer auf meine Bemühungen stolz sein lassen.

Ob es nun um das Schrubben der Badezimmerfliesen, eifriges Lernen, gute Schulnoten oder um Sport ging, bei allem war ich enorm fokussiert und motiviert. Als ich mit zehn Jahren anfing, Volleyball zu spielen, sagte ich mir: Wenn ich gut werden will, muss ich jeden Tag mindestens zwei Stunden trainieren, um es ins Team zu schaffen, vielleicht sogar in das Team eine Klasse über mir. Meine Hausaufgaben ging ich genauso an. War ich in einem Fach nicht gut, blieb ich notfalls die ganze Nacht wach und lernte so lange, bis ich eine Eins bekam. Disziplin war für mich nie ein abstrakter Begriff oder etwas, in das ich später irgendwann hineinwachsen würde. Sie war schon immer ein Teil von mir – ich wollte mein Bestes geben, meine Eltern stolz machen, niemanden hängen lassen. Wollte ich bei irgendetwas Erfolg haben, dann stellte ich mir nicht nur vor, was ich wollte, oder wartete darauf, dass es eintraf oder jemand es mir aushändigte. Mir war klar, dass ich etwas dafür tun musste. Auch dann, wenn ich Angst hatte oder mir etwas unerreichbar erschien. Ich habe immer hundert Prozent gegeben, immer mein Bestes, weil ich wusste, dass ich mir ansonsten Vorwürfe machen würde. Dabei lag meiner Disziplin das starke Gefühl zugrunde, dass ich alles, was ich mir vorgenommen hatte, auch erreichen konnte, wenn ich mir nur genug Mühe gab. Und machte mir etwas Angst, gab ich mich nicht etwa geschlagen. Ich stellte mich der Herausforderung.

Mit der Zeit wurde ich immer disziplinierter, vielleicht, weil ich die positiven Ergebnisse sah. Als ich mit vierzehn mein Zuhause und meine Familie verließ, um nach São Paulo zu ziehen und eine Modelkarriere zu beginnen, hatte ich einen Entschluss gefasst. Für mich stand fest: Ich komme nicht mit leeren Händen nach Hause zurück. Ich werde meine Eltern und Schwestern nicht enttäuschen. Ich werde mich nach allen Kräften bemühen und tun, was ich tun muss, auch wenn das heißt, Tag und Nacht zu arbeiten. Ohne Disziplin hätte ich vielleicht den nächsten Bus nach Hause genommen. Die Arbeit war sehr anstrengend, ich vermisste meine Familie, und häufig war ich einsam. Aber ich blieb in São Paulo und machte weiter.

Meine Freundin Maqui, ich, meine Freundin Karina und meine Schwester Pati in unseren paquitas-Outfits kurz vor unserem Auftritt beim Musikfestival in Horizontina 1992.

Eine Gelegenheit folgte auf die nächste, unaufhörlich, und ich strengte mich weiter an.

Nachdem ich 1999 den Vertrag mit Victoria’s Secret unterschrieben hatte, arbeitete ich 350 Tage im Jahr. In einer typischen Saison fanden bis zu sechs Shows an einem Tag statt, gefolgt von den Fittings für die Shows am nächsten Tag. Haar-Styling und Make-up fingen zum Teil um sechs Uhr morgens an, und die Fittings konnten bis zum Morgengrauen dauern. Ganz egal, ob ich in der Nacht zuvor erst um zwei ins Bett gekommen war – die Fittings waren ein Muss. Und ich war jeden Morgen pünktlich da. Es ging da nicht sonderlich glamourös zu. Nur selten bot mir jemand ein Glas Wasser an, und manche Leute nahmen kein Blatt vor den Mund und teilten mir rundheraus mit, was sie zu kritisieren hatten.

In einem kleinen Boot, auf dem Weg zu einem Werbe-Shooting, umgeben von Eisbergen in Island, 1998. Es war eiskalt!

Ich erinnere mich gut daran, wie ich als Teenager und junge Erwachsene ein schönes Model nach dem anderen traf – es gab so viele, also konnte ich es kaum glauben, dass ich diejenige war, die für so viele Jobs gebucht wurde. Warum? Ich vermute mal, dass meine Disziplin dabei eine große Rolle gespielt hat. Ich habe hart gearbeitet, aber immer auch versucht, jemand zu sein, mit dem man gerne zusammen ist und Spaß haben kann. Alle Jobs fußen auf Zusammenarbeit, das ist beim Modeln nicht anders. Ich bin nie zu spät gekommen, nicht ein einziges Mal. Immer gab ich alles. Einmal musste ich für einen Job in Island zwischen lauter Eisbergen auf einem schwimmenden künstlichen Eisberg stehen und hatte nur ein dünnes Trägerkleidchen an. Mir war eiskalt, außerdem befürchtete ich, ich könnte ausrutschen und ins eisige Wasser fallen, und trotzdem lächelte ich und gab mir die größte Mühe, mir nicht anmerken zu lassen, wie viel Angst ich hatte. Ich sagte mir, es sei egal, wenn ich zitterte oder meine Lippen blau anliefen. Ich wollte nur meinen Job gut machen.

Genau genommen war ich einfach glücklich, dort zu sein! Ich war so dankbar für jede Chance, die ich bekam. Wie sollte man sich mit diesem Job nicht für einen Glückspilz halten, und wenn man sich dafür zehnmal an einen Eisberg lehnen musste? Das musste doch auch allen anderen in diesem Job so gehen, oder? Einer der Gründe, weshalb ich im Modeln so gut wurde, liegt vermutlich darin, dass ich nicht von Natur aus fotogen war. Sehr viele Models sehen auf einem Foto einfach großartig aus. Ich jedoch hatte das Gefühl, dass ich nicht gut aussehen würde, wenn ich einfach nur vor der Kamera stand. Ich musste lebendig werden, mehr wie eine Schauspielerin oder Tänzerin sein, um etwas Besonderes daraus zu machen. Mir war es wichtig, gute Arbeit abzuliefern, gleichzeitig wollte ich mich aber nie durch das Modeln definieren lassen. Tatsächlich wurde ich nie zu einem Model; ich modelte. Für gewöhnlich arbeitete ich von morgens bis abends und ging danach nach Hause, wo ich mit meinem Hund Vida kuschelte und las. Partys, Glamour, schicke Klamotten oder mir die Nächte um die Ohren schlagen, das war nichts für mich. Ich war glücklich, wenn ich einfach nur nach Hause gehen und ein neues Buch anfangen konnte.

Wenn es sich einrichten lässt, modele ich auch heute noch. Arbeiten macht mir Spaß, ich bin unglaublich gerne kreativ, und meine Arbeit bietet mir so viele Möglichkeiten, etwas zu lernen. Es ist mir wichtig, weiter zu lernen, und es ist typisch für mich, aus neuen Erfahrungen Nutzen ziehen zu wollen. Aber das war nicht immer einfach, und es war ganz bestimmt kein Weg ohne Hindernisse. Heute betrachte ich gar nichts als selbstverständlich – eigentlich habe ich das noch nie. Ich habe vor, weiterhin hart zu arbeiten und bei allem, was ich tue, hundert Prozent zu geben. Etwas anderes kann ich mir für mich gar nicht vorstellen.

Will man etwas erreichen, dann gibt es meiner Meinung nach vier grundlegende Schritte – zumindest trifft das bei mir zu. Allem voran steht die Klarheit.

Am Anfang steht immer ein Traum. Doch zunächst einmal muss der Traum klar umrissen werden, und noch wichtiger ist es zu verstehen, weshalb man diesen Traum hat. Ob mit vierzehn, zwanzig oder siebenundzwanzig, nie habe ich mir gesagt: »Mein Ziel ist es, ein großartiges Model zu werden.« Mein Schwerpunkt lag vielmehr darauf, bei dem, was ich tue, die Beste zu sein, was nichts anderes heißt, als mein Bestes zu geben. Tatsächlich hätte ich alle möglichen Berufe erwählen können! Doch für welchen ich mich auch entschieden hätte, ich wusste, ich würde die Beste sein müssen. Nicht die Beste im Vergleich zu anderen, sondern die beste Version meiner selbst in diesem Beruf.

Meiner Erfahrung nach gibt es einem eine Richtung vor, wenn man klar für sich bestimmt, was man will, und es entfacht das innere Feuer, das einen antreibt. Vielleicht sind Sie ein Zweier-Schüler, der Einsen bekommen möchte. Vielleicht wollen Sie in einer Sportart brillieren. Eine wunderbare Ehefrau und Mutter sein. Erfolg im Beruf haben. Ein wundervoller Mensch sein. Vielleicht wollen Sie regelmäßig Sport treiben oder jeden Tag meditieren. Dann seien Sie sich über Folgendes im Klaren: Inwiefern hilft Ihnen das Erreichen dieser Ziele beim Erreichen eines übergeordneten Ziels? Warum ist es Ihnen so wichtig? Was sind Sie bereit zu tun, um Ihren Zielen näher zu kommen? Was brauchen Sie dafür?

Ebenso wichtig ist es, vernünftige Erwartungen zu haben. Aus persönlicher Erfahrung weiß ich um die Gefahr, seine Erwartungen zu hoch anzusetzen, und wie einfach es in einem solchen Fall ist, zu scheitern, sich selbst zu kritisieren oder sich als Versager zu fühlen, einfach nur, weil man völlig unrealistisch war.

Sobald Ihnen klar ist, was Sie erreichen wollen, müssen Sie sich fokussieren – und viele kleine Veränderungen vornehmen, die Sie vorwärtsbringen. An dieser Stelle kommt der anstrengende Teil. Was unternehmen Sie, um Ihr Ziel zu erreichen? Müssen Sie dafür Ihre tägliche Routine ändern, auf gewisse Verhaltensweisen, vielleicht sogar auf bestimmte Menschen in Ihrem Leben verzichten? Wenn Sie ein Zweierschüler sind, der überall Einsen bekommen will, dann heißt das vielleicht eine Stunde früher aufstehen, um zu lernen, oder sich zusätzliche Hilfe bei einem Lehrer oder einer Lerngruppe erbitten. Vielleicht müssen Sie sich auch nach einem Mentor oder Vorbild umsehen, jemandem, der Ihnen den Weg weisen kann.

Der dritte Schritt heißt Engagement. Das bedeutet auch auf lange Sicht am Ball bleiben, sich zu Erreichtem beglückwünschen, sich gleichzeitig aber auf die Bereiche konzentrieren, die noch verbessert werden müssen. Wie