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Any Cherubim

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Beschreibung

Das Finale, das alles enthüllt: Im letzten Teil der "Heartbreaking Rockstars" geraten Herzen aus dem Takt, während die Bühne zur Gefahr wird! Madis Leben ist immer in geregelten Bahnen verlaufen, aber das ändert sich schlagartig, als ein Skandal an der Uni sie zum Abbruch zwingt. Madi sieht darin eine unerwartete Chance, sich ihren Traum vom professionellen Tanzen zu erfüllen. Als West, der Gitarrist der Heartbreaker, in einem Coffeeshop auf Madi trifft, ist er sofort von ihr fasziniert. Eine glückliche Fügung gibt ihm die Möglichkeit, sie näher kennenzulernen, ohne seine wahre Identität zu offenbaren. Inmitten von Intrigen und der wachsenden Kritik an der Band Heartbreaker finden Madi und West Trost und Inspiration füreinander. Doch während Madis Glück zum Greifen nah scheint, verstrickt sich West immer tiefer in seine Lüge.  Zeit für ruhige Aussprachen gibt es allerdings nicht. Obwohl die Band bereits auf den Spuren der mysteriösen Vorfälle ist, ahnt niemand, welche Überraschungen das Ende der Tour noch bereithält …   4 Autorinnen. 4 Rockstars. Eine Band. Tauche ein in die fesselnde "Heartbreaking Rockstars"-Reihe, bestehend aus vier eigenständigen Geschichten, die dennoch miteinander verflochten sind und in jedem Band aus einer anderen Perspektive die gemeinsame Welt voller Geheimnisse und unerwarteter Verbindungen enthüllen.

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LIEBE UNDERCOVER

HEARTBREAKING ROCKSTARS 4

ANY CHERUBIM

PROLOG

Schweigend starre ich auf die alten Fotos, bevor ich sie in die lodernden Flammen werfe. Es sind Bilder aus vergangener Zeit, in der ich noch ein erfülltes Leben hatte und eine liebenswerte und freundliche Person war. Ich war glücklich, hatte Freunde, einen guten Job, selbst mein Chef mochte mich. Doch das ist vorbei.

»Die Heartbreaker sind schuld, nur sie allein. Hast du das vergessen?«, hallt seine Stimme in meinem Kopf. Es ist der Teufel, mein Begleiter. In den nächtlichen Stunden ist er mein Freund, hat mir die Augen geöffnet und einen Ausweg aus meiner Hölle gezeigt.

»Nein«, murmele ich beschwichtigend und beiße die Zähne zusammen, weil der aufkommende Hass mich zu verschlingen droht. Schnell trinke ich mein Glas aus, hoffe, dass der Whiskey endlich seine Wirkung tut, und werfe die Aufnahme ins Feuer. Es knistert und flackert, Funken steigen in den Nachthimmel. Das Foto verbrennt und löst sich in Asche auf. Zurück bleibt die dunkle Erinnerung in meinem Hirn, verbunden mit unendlichem Schmerz.

Ich schmecke die Verbitterung im Mund, wenn ich an damals zurückdenke. Die Zeit heilt alle Wunden, haben sie gesagt, aber das war eine Lüge. Nichts von all den Versprechungen traf ein. Auch nicht, dass Gott einen Plan für mich hat, ich müsse nur daran glauben – ha … einen Scheiß hat er. Mit der Kirche bin ich durch, auch mit den Menschen, die es angeblich gut mit mir meinten. Sie wissen nicht, dass diese Teufel ihre Klauen in meine Brust geschlagen, mein Herz herausgerissen und ihm den Kuss des Todes verpasst haben. Krank und verfault haben sie es dann zurückgesetzt, und seither ist daraus ein pumpender, pechschwarzer Klumpen geworden, der nur von einem Gedanken am Leben gehalten wird – Rache.

Anfangs ließ sich der Schmerz mit Whiskey betäuben, doch im Laufe der Zeit schaffte es nicht mal mehr der Alkohol, die Dämonen zu bezwingen.

Ich will mir nachschenken und bemerke, dass die Flasche bereits leer ist. Achtlos werfe ich sie neben die Feuerstelle, torkle zum Wohnmobil und hole aus meinem Vorrat eine neue. Ich ahne, dass mein Alkoholkonsum langsam zum Problem werden könnte, weil ich inzwischen mehr brauche, bis die lähmende und erholsame Wirkung eintritt.

»Trink, du Dummkopf! Oder soll deine Seele weiter brennen, wie die Fotos und Erinnerungen, die du im Feuer vernichtet hast?« Wie jede Nacht wird sein Lachen in meinem Kopf lauter, doch heute schwingt Hohn darin mit. »Du weißt, ich bin dein einziger Freund. Nur ich kann dir helfen.«

Er hat recht. Ich kippe das Glas. Meine Seele ist schon lange tot, nur meine Hülle funktioniert, um die Fassade aufrechtzuerhalten, bis ich mich gerächt habe. Ja, Rache. Das ist der Gedanke, der mich antreibt. Frieden kann es für mich nicht geben, nicht solange die Heartbreaker weiter ihr Ding machen.

Verächtlich lacht er auf. »Heartbreaker … vielmehr sind sie die Heartdestroyer. Kleine, arrogante und aufgeblasene Pisser, die keine Ahnung haben. Sie haben es nicht verdient, so beliebt, bekannt und erfolgreich zu sein. Hör endlich auf zu spielen. Sie müssen bezahlen – und zwar endgültig.«

»Aber ich habe schon einiges getan. Nash hat sich sogar den Arm gebrochen. Sie hätten beinahe die Tour abgesagt.«

»Das reicht nicht. Deine Manipulationen waren schwach, haben zu nichts geführt. Nash, Noah, Sam und West haben nicht eine Sekunde Angst verspürt. Im Gegenteil, es geht ihnen gut. Sie sind glücklich – so glücklich, wie du einst warst. Es wird Zeit, sie das Fürchten zu lehren, ihnen eine richtige Lektion zu erteilen.«

Das stimmt. Die kleinen Scheißer haben gar nichts kapiert. Stattdessen haben sie bis auf West alle Freundinnen. Sie halten mehr zusammen als jemals zuvor. Nichts habe ich bisher erreicht. Sie müssen büßen und sollen den gleichen Schmerz aushalten, den ich ertragen muss.

»So ist es gut«, sagt der Teufel zufrieden, während ich in die Flammen starre. Dort erkenne ich sein schreckliches Gesicht. Sein Blick ruht auf mir, und ein böses, breites Grinsen offenbart mir seine Idee. Er lässt mich sehen, was ich tun soll.

Mein Mund ist staubtrocken, als ich begreife, was er diesmal vorhat. »Aber … soll ich das wirklich tun?«

Mein Magen krampft, und ein leiser Hauch Gewissen steigt in mir empor.

»Ja. Lass sie alle brennen.« Hahahaha …!

1

WEST

»Tja Leute, es ist acht Uhr neunundvierzig, hier ist Radio Jam aus dem sonnenverwöhnten Arizona, und es sieht ganz so aus, als wäre der Klimawandel inzwischen bei uns angekommen. Ein Sturmtief ist für den Temperaturabfall und den Regen verantwortlich. Also, falls ihr euch über nasse Füße wundert, solltet ihr über gelbe Gummitreter nachdenken, denn es bleibt feucht und ungemütlich. Aber keine Sorge, das Tief wird vorbeiziehen. Bis dahin vertreiben wir uns die Zeit mit guter Musik von den Heartbreakern. Hier ist für euch ihr aktueller Song Set you free aus dem Album Never Mind. Schönen Dienstag«, klingt es widerlich gut gelaunt aus dem Radiowecker, der mich aus meinem wohlverdienten Schlaf reißt. Wie kann man so früh am Morgen nur so ekelhaft gut drauf sein? Und wieso zum Teufel schaltet niemand das Scheißding aus?

Genervt strecke ich den Arm aus, um es zum Schweigen zu bringen, ertaste jedoch erst warme Haut, Haare und irgendein weiches Körperteil. Ich blinzle, greife schließlich gezielt zum Wecker und betatsche so lange die Knöpfe, bis endlich wieder friedliche Ruhe herrscht. Jetzt nehme ich prasselnde Geräusche am Fenster wahr und bin endgültig wach. Ich hebe den Kopf. Schmerz dröhnt durch mein Hirn, und ich bemerke, wie dicke Regentropfen gegen das Fensterglas trommeln. Müde lasse ich mich wieder in das Kissen fallen.

Moment! Wo zur Hölle bin ich? Verwirrt schaue ich mich um. Ich liege mit zwei nackten Schönheiten in einem fremden Bett, was nicht ungewöhnlich für mich ist, aber … Stirnrunzelnd betrachte ich die schlummernden Dornröschen neben mir und versuche krampfhaft, die Erinnerung der letzten Stunden hervorzuzerren. Mein vom Alkohol vernebeltes Hirn kommt allmählich in Wallung – die gestrige Aftershowparty … die zwei sexy Miezen und ihre heißen Versprechen, die sie letzte Nacht definitiv in die Tat umgesetzt haben. Zufrieden grinsend will ich mir noch eine Pause gönnen, doch ein Gedankenblitz lässt mich augenblicklich hochschrecken.

Fuck! Fuck! Fuck! Ich habe verschlafen!

Sofort hetze ich aus dem Bett und suche meine Klamotten, die überall im Zimmer verstreut sind. Dadurch werden die Dornröschen wach.

»Hey West! Was ist denn los?«, will Gina, Lina oder wie auch immer sie heißt, wissen. Sie streckt sich und gähnt laut, während ich versuche, in mein Shirt zu schlüpfen, und mich gleichzeitig in meiner Jeans verheddere. Ich verfange mich in den Hosenbeinen und kann mich gerade noch hüpfend am Bett abfangen.

»Ich hab verpennt. Die Jungs sind bestimmt schon ohne mich los.« Aus der Jeans, die ich eilig schließe, ziehe ich mein Handy, und wie erwartet, habe ich mehrere Anrufe und Nachrichten von Noah verpasst. Ich tippe auf Rückruf und steige in meine Boots.

»Guten Morgen. Hier spricht dein völlig unterbezahlter Weckdienst. Hast du endlich ausgeschlafen?«, flötet Noah amüsiert. Im Hintergrund höre ich die Jungs lachen.

»Sorry, Bro. Tut mir echt leid. Bin so gut wie auf dem Weg. Ich beeile mich und hole euch ein.«

»Schon mal aus dem Fenster geschaut, Schwachkopf? Es regnet in Strömen.«

Ich beuge mich etwas, um einen Blick auf den Himmel zu werfen. »Ach, halb so wild. So ein bisschen Wasser hat noch niemandem geschadet.«

»Na, dann viel Spaß.« Erneutes Gelächter ist im Hintergrund zu hören.

Augenrollend lege ich auf, stecke mein Handy in die Hosentasche, schlüpfe in meine Lederjacke und eile zur Tür.

»Hey West!«, hält mich eine der Miezen an der Tür auf. »Willst du nicht lieber zurück ins Bett kommen? Ich habe dir noch gar nicht das Nooki-Nooki gezeigt.«

Innehaltend werfe einen Blick zu der Schönheit, die mich zuckersüß angrinst und sich lasziv rekelt. ›Nooki-Nooki!‹, dröhnt es in meinem Hirn. Oh Mann! Ihr Angebot ist verlockend, und ich denke ernsthaft darüber nach.

»Sorry, ich würde ja gern, aber ich bin echt spät dran«, gebe ich von mir und bedauere es wirklich.

»Wie schade!« Schmollend verzieht sie den Mund, und mein Herz macht ein knackendes Geräusch, als es beinahe bricht. Ich bin verdammt schlecht im Nein-Sagen, erst recht, wenn das Mädchen so sexy ist und ihr Nooki-Nooki meine Fantasie extrem anregt. Doch diesmal kann ich definitiv nicht. Ich muss den Tourbus einholen.

»Wenn ich mal wieder in der Stadt bin, okay?«

»Und wann ist das?«

Ich zucke mit den Schultern und will gehen, doch sie hält mich ein weiteres Mal auf. »Aber West, was wird aus uns? Du hast gesagt, du liebst mich.«

»Das tue ich, Baby«, versichere ich ihr. »Ich liebe euch alle.« Ich zwinkere ihr grinsend zu und bin schon aus der Tür.

»Hey! Und wer bezahlt das Zimmer?«

»Mein Management«, rufe ich aus dem Flur und bin weg. Immer das Gleiche mit den Frauen. Sobald ich ihnen zu viel Aufmerksamkeit schenke, sprechen sie von Liebe. Dabei wissen sie doch, worauf sie sich einlassen. Wir haben Sex – richtig guten Sex, danach ziehe ich weiter. In dieser Nacht liebe ich die Mädchen. Das tue ich wirklich. Ich und mein Herz – sofern ich eines habe – gehören ihnen. Ich meine, ich gebe ihnen alles. Manchmal bin ich echt fertig, sodass ich es nicht mal schaffe, sauber auf Erica zu spielen.

Ich liebe die Frauen, jede auf ihre Art. Ich mag es, wie sie riechen, wie sie aussehen, wenn sie unter mir kommen und … Verdammt … es gibt so viele, bei denen ich schwach werde. Doch es gibt ein Gesetz: Keine Beziehung!

Ich bin nicht so bescheuert wie Nash, Noah und Sam und kette mich an eine einzige Frau, wenn ich alle haben und wir eine fantastische Zeit genießen können.

Es regnet tatsächlich in Strömen, als ich meinen Helm aufsetze, die Lederjacke zuziehe und mich auf den Sattel meiner Harley schwinge. Bis ich unseren Tourbus einhole, werde ich bis auf die Knochen nass sein – egal. Ich drehe den Schlüssel, der Motor springt grollend an und schnurrt wie ein Kätzchen. Ich liebe das tiefe brummende Geräusch, wenn ich Gas gebe, und rase der dunklen Wolkenfront hinterher.

Nach kurzer Zeit hole ich den Tourbus ein. Mein Bike wird in den Anhänger geladen, und dann darf ich mir noch das Gespött meiner Jungs anhören, weil ich bis auf die Boxershorts durchnässt bin.

* * *

MADI

Was ist heute nur los? Als ich den Hörsaal betreten habe, wurde bereits getuschelt, geflüstert und getratscht, als hätte ich eine misslungene Schönheits-OP hinter mir … Sitzt etwa meine Nase schief? Keine Ahnung, weshalb über mich gelästert wird. Im Grunde kann es mir auch egal sein. Die letzten fünf Minuten ziehen sich wie Kaugummi, obwohl ich alles getan habe, um mich auf die Vorlesung zu konzentrieren. Ich habe fleißig meine Mitschriften vervollständigt und hoffe, dass ich heute Abend, nach der Schicht im Starbucks, nicht zu müde bin, um sie ins Reine zu übertragen.

Endlich beendet die Professorin die Lesung. Ich verlasse den Hörsaal und merke, dass das Glotzen und Gaffen nicht aufhört. Gerade will ich ein Mädchen ansprechen, das mich mitleidig anschaut, da werde ich von der Sekretärin Mrs. Philly aufgehalten.

»Mrs. Michaels … gut, dass ich Sie treffe. Dekan Saunders möchte Sie sprechen.« Sie drückt mir einen Zettel in die Hand. »Am besten machen Sie sich gleich auf den Weg«, sagt sie streng und lässt mich stehen.

Okay, jetzt bin ich mir sicher, dass irgendetwas faul ist. Der Dekan … normalerweise kümmert er sich um die finanziellen Angelegenheiten unserer Uni. Meine Hausaufgaben habe ich immer pünktlich abgegeben, meine Noten sind hart erarbeitet und ganz in Ordnung. Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen … bis auf … Diesen Gedanken verwerfe ich schnell, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand etwas davon mitbekommen haben könnte. Dennoch mache ich mich mit einem flauen Gefühl auf den Weg ins Büro des Dekans. Seine Sekretärin mustert mich ernst, als ich ihr meinen Namen sage und sie mich per Sprechanlage bei ihm anmeldet. Sie bittet mich noch um einen Moment Geduld und deutet auf einen Stuhl, auf dem ich mich setzen soll. Nervös knabbere ich am Daumennagel und wippe mit dem Fuß.

Nach mehreren Minuten ertönt ein summendes Geräusch aus der Sprechanlage auf dem Schreibtisch der Sekretärin.

»Schicken Sie sie jetzt rein«, brummt Dekan Saunders’ Stimme.

Ich schlucke meine Nervosität hinunter, ziehe den Rucksack auf die Schulter und betrete mit klopfendem Herzen sein Büro. Wie erwartet sitzt Dekan Saunders an einem voll beladenen Tisch und ist in irgendwelche Unterlagen vertieft.

Ich räuspere mich leise und warte. Ich hasse Menschen, die andere wie Luft behandeln.

»Sie wollten mich sprechen? Ich bin Madison Michaels«, sage ich etwas schüchtern.

Erst jetzt schaut er auf, zieht seine Brille ab und kneift angestrengt die Augen zusammen. »Ah ja, Mrs. Michaels. Nehmen Sie Platz.« Er deutet auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch, lehnt sich zurück und beobachtet mich, was sich unangenehm anfühlt. »Sie wissen, warum ich Sie sprechen wollte?«

»Ehrlich gesagt … nein.«

»Wirklich nicht?« Ein anzügliches Grinsen legt sich auf seine Lippen, und bei seinem merkwürdigen Unterton horche ich auf.

»Sie werden es mir bestimmt gleich verraten«, antworte ich freundlich.

»Nun, dann habe ich etwas, das Ihnen auf die Sprünge helfen wird.« Er öffnet eine Schublade und greift nach einem Umschlag. Daraus entnimmt er Fotos und breitet sie sorgfältig vor mir aus.

Mir wird schlecht. Mein Herz gerät ins Stolpern. Shit! Wir sind aufgeflogen! Wie konnte das nur passieren? Immer wieder hatte ich Adrian gesagt, dass wir vorsichtiger sein müssen. Ich spüre Dekan Saunders’ Blick, und Röte schießt in meine Wangen, als ich die eindeutigen Aufnahmen von uns betrachte.

»Nun, Mrs. Michaels … können Sie sich vorstellen, in welche Situation Sie mich damit gebracht haben? Der gute Ruf unserer Universität steht auf dem Spiel.«

»Ich kann das erklären«, versuche ich zu retten, was noch zu retten ist, aber Mr. Saunders unterbricht mich.

»Dafür ist es nun zu spät. Der halbe Campus spricht bereits darüber.«

Scheiße! Jetzt wird mir das seltsame Verhalten meiner Kommilitonen klar. »Adrian und ich … Ich meine, Professor Dawson und ich –«

»Hören Sie auf, Mrs. Michaels«, faucht er mich plötzlich an. »Ich bin schon sehr lange Dekan dieser Universität, und hübsche junge Frauen wie Sie kenne ich zur Genüge. Sie haben sich an Professor Dawson rangemacht und ihn verführt. Mit Ihrem Aussehen und Ihrem Charme glauben Sie, sich alles herausnehmen zu können. Sie sind nur auf Ihren eigenen Vorteil aus.«

»Nein, so war das nicht«, wehre ich mich vehement.

»Sie wären nicht die erste Studentin, die das versucht.«

Wie kann er nur so etwas denken? Tausend Gedanken schießen mir durch den Kopf, und je länger er weiterspricht, desto mehr ahne ich, dass wir in ernsthaften Schwierigkeiten stecken. Ich wusste, dass es gefährlich ist, eine Beziehung mit einem Professor einzugehen, aber es war alles ganz anders. Adrian war der erste Mensch, der mir zugehört hat, mich verstand und mir das Gefühl gab, wichtig zu sein. Anfangs hat er mich nur fördern wollen, mir gesagt, dass er großes Potenzial in mir sieht. Er half mir beim Lernen, zeigte Verständnis für mich, und so kamen wir uns immer näher. Wir können doch nichts dafür, dass wir uns verliebt haben. Wie soll ich dem Dekan erklären, dass wir uns wirklich lieben? »So ist es nicht, Mr. Saunders. Das müssen Sie mir glauben. Ich liebe Adrian, und er liebt mich.«

Verachtend schüttelt er den Kopf. »Ich kenne Professor Dawson sehr gut. Er ist ein hochgeschätzter Kollege und eine Koryphäe seines Fachs, und das Wichtigste ist, er ist verheiratet.«

»Er lebt in Scheidung«, verteidige ich mein Verhalten. Zumindest hat er mir das gesagt.

Der Dekan lacht. »Er und seine Frau Morin erwarten Nachwuchs. Erst kürzlich war ich zum Abendessen eingeladen, und die beiden haben nicht den Eindruck gemacht, dass sie sich trennen wollen.«

Sie ist schwanger und lebt mit ihm unter einem Dach? Das kann nicht sein. Ich erinnere mich an unsere letzte Liebesnacht, als er sagte, wie sehr er sich freut, unsere Beziehung endlich offiziell bekannt geben zu können. Ich müsste mich nur noch etwas gedulden. Verunsichert schlucke ich und weiß nicht, was ich darauf entgegnen soll.

»Wie auch immer, Mrs. Michaels, wie ich bereits sagte, solch ein Skandal ist für diese Akademie untragbar. Deshalb sehe ich mich gezwungen, Ihnen das Stipendium zu entziehen. Bitte packen Sie noch heute Ihre Sachen und verlassen Sie unverzüglich diese Universität. Ein Wachmann vom Sicherheitspersonal wird Sie vom Campus begleiten. Um die Formalitäten kümmern wir uns. Guten Tag, Mrs. Michaels.« Damit wendet er sich wieder seinen Unterlagen zu und lässt mich im Regen stehen.

Mir dreht sich der Magen um. Das ist das absolute Worst-Case-Szenario, das ich mir nur vorstellen kann. Für einen kurzen Moment denke ich an Mom, die mir die Hölle auf Erden bereiten wird. Viel schlimmer wird es aber für Adrian sein. Ich weiß, wie sehr er seine Arbeit liebt. Wenn er seinen Posten verliert … oh mein Gott – diesen Gedanken wage ich nicht zu Ende zu spinnen. »Und was ist mit … Professor Dawson?«

Dekan Saunders erbarmt sich zu einer Antwort: »Er ist genau wie ich der Meinung, dass das die beste Lösung ist. Ich spreche also auch in seinem Sinne. Ach, und ich erwarte Diskretion. Andernfalls sollten Sie über die Konsequenzen nachdenken, die Ihrer Familie und der Anwaltskanzlei Ihrer Mutter bevorstehen. Guten Tag, Mrs. Michaels.«

Der Dekan widmet sich seinen Unterlagen und ignoriert mich.

Geschockt starre ich ihn an und kann mich nicht bewegen. Das ist Erpressung. Ich soll den Rauswurf stillschweigend hinnehmen. Allerdings ist es dieser eine Satz, der mich in meinen Grundfesten erschüttert und am meisten irritiert. ›Er ist genau wie ich der Meinung, dass das die beste Lösung ist. Ich spreche also auch in seinem Sinne.‹

Adrian will, dass ich gehe? Wie ist das möglich? Wir sind doch ein Paar. Ohne mein Zutun stehe ich auf und verlasse völlig neben mir das Büro, laufe aus dem Vorzimmer die Flure entlang. Tränen steigen auf, als die Angst nach mir greift. Ich kann nicht zurück nach New York, auf keinen Fall. Das alles muss ein Missverständnis sein.

Ich muss augenblicklich zu Adrian. Waren all seine Liebesschwüre und Zukunftspläne eine Lüge? Der Verlust meines Studienplatzes durch die Beziehung zu meinem Professor ist die absolute Katastrophe. Wie soll ich das nur meiner Mom beibringen? Mom und meine Schwester Sally haben auch Jura studiert, sind erfolgreiche Juristinnen und führen seit Jahren eine angesehene Anwaltskanzlei. Nur ich bin die große Enttäuschung der Michaels’, dabei war Mom regelrecht erleichtert, als ich das Stipendium erhielt, und froh, dass ich endlich zur Vernunft komme. Panik brodelt in mir hoch, weil ich über die Konsequenzen nachdenke. Sie wird mich nach New York zurückholen. Ich bin ziemlich durch den Wind, als ich den Hörsaal erreiche. Voller Hoffnung, dass Adrian alles geradebiegen kann, öffne ich die Tür einen Spalt.

Ich höre ein Lachen und bemerke, dass die Tür nur angelehnt ist. Er ist in einem Gespräch. Also warte ich lieber und sorge dafür, dass man uns nicht gerade jetzt zusammen sieht. Das würde die Gerüchteküche nur noch mehr anheizen.

Das Gekicher der Studentin klingt eine Spur zu privat, zu sexy, zu … Neugierig spähe ich zwischen dem Türspalt hindurch. Adrian lehnt lässig am Pult, und die junge Frau steht ein wenig zu nahe bei ihm. Bilde ich mir das nur ein, oder …?

»Für heute habe ich keine Lesung mehr. Das bedeutet, ich könnte dir ein paar Nachhilfestunden in meinem Fachgebiet geben. Gehen wir zu mir?« Vielsagend zuckt er dabei die Brauen, worauf sie ihm an den Schritt greift.

»Deine Nachhilfe habe ich dringend nötig, Professor«, säuselt sie.

Geschockt stoße ich den Atem aus und weiche zurück. Unfähig, auch nur einen geraden Gedanken zu fassen, kann ich nicht glauben, wovon ich eben Zeuge wurde. Adrian hat mich belogen. Alles ist gelogen – die Pläne, sich von seiner Frau scheiden zu lassen, um mit mir zusammen zu sein, seine vorgeheuchelten Gefühle und … seine Liebe zu mir. Der Schmerz in meiner Brust wird so unerträglich, dass ich rückwärts stolpere, und dann kann ich nicht anders und renne. Ich flüchte mich in die Damentoilette und schließe mich ein. Erst jetzt kann ich meine Tränen nicht länger zurückhalten. Ich bin fassungslos, will mich an die Hoffnung klammern, mir das alles nur eingebildet zu haben, doch eine Stimme tief in mir flüstert, dass das die Realität ist.

Dieser Schweinehund! Wie konnte ich nur so dumm sein? Langsam wird mir klar, warum er mich ein paarmal versetzt hat, wieso er zu manchen Treffen zu spät kam und weshalb er in den letzten Wochen angeblich so viel arbeiten musste. Wie konnte ich nur so blind und dämlich sein? Dass der Dekan ihn deckt, ist ein starkes Stück, aber dagegen kann ich nichts tun. Meine Mutter darf davon erst mal nichts erfahren.

Mein Studienplatz ist futsch, meine finanzielle Situation war vorher schon angespannt. Am liebsten würde ich mich vergraben. Denn eines ist sicher, zu meiner Mom nach New York gehe ich auf keinen Fall. Das ist ein absolutes Desaster.

2

WEST

Das Waldorf Astoria in Phoenix scheint mit unserer Ankunft überfordert zu sein. Aus dem Radio haben wir erfahren, dass Fans seit Stunden den Eingangsbereich des Hotels belagern und es auch an der Zufahrtsstraße zu Behinderungen gekommen ist, was die Polizei nun regelt.

Manchmal fühlt sich unser Erfolg immer noch unwirklich an, wenn man bedenkt, wo wir vor fünf Jahren noch standen. Aus unserer kleinen Garagenband ist eine der erfolgreichsten und bekanntesten Rockbands geworden. Das ist einfach unfassbar für mich.

Langsam lenkt Ben, unser Fahrer, den Tourbus vor den Eingang des Hotels, während wir von kreischenden Fans jubelnd empfangen werden.

»Also, bis jetzt kommt die Tour megagut an, findest du nicht auch? Wir haben einen neuen Rekord bei den Ticketverkäufen, und wenn es so weitergeht, erreichen wir für unser Album Platin-Status«, sagt Nash zufrieden, der neben mir sitzt und mit dem unverletzten Arm der Menschenmenge am Straßenrand zuwinkt. Ich kann immer noch nicht fassen, wie sehr er sich verändert hat, seit er mit Joy zusammen ist. Zwischenzeitlich haben wir uns alle Sorgen um ihn gemacht. Aber Joy hat ihn auf links gedreht, gewaschen, geschleudert und zum Trocknen an die Luft gehängt, und siehe da, unser Leadsänger ist wie neu – zum Glück.

»Jungs? Alle mal herhören«, ruft Ashley, unsere Managerin, und zieht die Aufmerksamkeit auf sich. »Wir werden uns länger als gewöhnlich in Phoenix aufhalten, da einige Termine anstehen. Um den Marketing-Plan und alles andere mit euch zu besprechen, schlage ich vor, wir treffen uns später im Konferenzraum des Hotels. Sagen wir …« Sie schaut auf ihre Armbanduhr. »So gegen siebzehn Uhr?«

»Geht klar, Chefin«, rufe ich und grinse breit, weil ich weiß, dass sie es nicht mag, wenn ich sie so anspreche. Anfangs hatte ich Probleme, ihr zu vertrauen, dank unseres Hobby-Seelendoktors Sam, den wir manchmal ›Freud‹ nennen, habe ich sie im Laufe der Zeit besser kennengelernt und hinter ihre Fassade schauen können. Jetzt weiß ich, dass sie nett ist. Zwar nicht so nett, dass ich sie vögeln würde, aber sie macht Sam glücklich, und nur das zählt für mich. Wenn ich ihre Nerven nicht überstrapaziere, kommen wir gut klar.

Sam tritt in den beengten Gang im Bus neben sie, und wieder tauschen die beiden verliebte Blicke aus. Augenrollend wende ich mich ab. Urgh! Wie hat das nur passieren können? Nacheinander sind meine Jungs alle in die Liebesfalle getappt, und ich bin umgeben von Paaren, die sich fortlaufend verträumt anglotzen, sich küssen, permanent anfassen oder sich ständig nette Dinge sagen. Mir wird schon beim Zuschauen ganz übel.

Ich bin der Einzige, der übrig geblieben ist.

»Roll nicht so mit den Augen, West«, ruft mir Noah lachend von der gegenüberliegenden Sitzreihe zu. »Dich wird es auch noch erwischen, und dann wirst du genauso verrückt nach einer Frau sein, wie wir es sind.«

Kopfschüttelnd verziehe ich das Gesicht. »No Way, mein Freund. Du weißt, meine einzig wahre Liebe ist und bleibt Erica. Daran wird keine Frau etwas ändern. Ausgeschlossen!«

»Abwarten, West, abwarten«, mischt sich Sam ein und grinst verliebt Ashley an.

Oh Mann! Ich habe ja nichts gegen die Freundinnen meiner Jungs, inzwischen mag ich die Mädels sogar. Sie sind in Ordnung, aber manchmal sind die sechs mir echt nicht ganz geheuer. Fehlt noch, dass einer von ihnen auf die Idee kommt, zu heiraten oder – noch schlimmer – Zwerge in die Welt zu setzen. Obwohl … So eine Miniversion der Heartbreaker könnte ich mir gut vorstellen. Für mich ist das alles nichts. Ich liebe meine Freiheit, und daran wird keine Frau etwas ändern. Basta!

Nach einer heißen Dusche und einem Snack vom Zimmerservice liege ich auf dem Bett und zappe mich durch die Kanäle. Wie so oft bleibe ich bei meinem Lieblingssender Bikelive hängen und überlege, ob ich nach der Tournee für einige Wochen eine Auszeit nehme und mit meiner Harley durch die USA reise. Ich mag es, unerkannt und fernab vom Trubel ein Normalsterblicher zu sein. Ich vermisse es sogar manchmal. Ich frage mich, welchen Weg ich wohl eingeschlagen hätte, wenn wir nicht den Plattenvertrag bekommen hätten.

Mein Handy reißt mich aus den Gedanken. Ich werfe einen Blick auf das Display und grinse beim Abnehmen. »Hi Dad.«

»Na, mein Sohn! Wie läuft es?«

Es ist schön, seine Stimme zu hören.

»Gut. Wir sind gerade in Phoenix angekommen und haben im Hotel eingecheckt.«

»Sehr gut. Deine Schwester sammelt eifrig alle Zeitungsausschnitte, und die Myers von nebenan hören das neue Album in Dauerschleife. Wir sind mächtig stolz auf dich, mein Junge.«

Ein leises Gefühl von Heimweh durchdringt mich. Das passiert jedes Mal, wenn ich mit meiner Familie spreche. »Danke, Dad.«

»Und … was macht die andere Sache?«

Ich runzle die Stirn. »Was meinst du?«

Ich höre, wie er zögert und zu flüstern beginnt. »Na, du weißt schon … die seltsamen Vorfälle, die geschehen sind.«

Grinsend richte ich mich auf. Mein Vater, der alte Hobbykriminologe. Seine Leidenschaft für mysteriöse Fälle kommt mal wieder ganz in ihm durch. »Dad, wieso flüsterst du?«

»Du kennst deine Mom. Wenn sie davon erfährt, dann …«

»Richard? Ist das etwa Wesley?«, ruft Mom im Hintergrund.

»Zu spät«, murmle ich amüsiert.

Offensichtlich hält mein Vater den Hörer zu, und ich bekomme nur undeutlich mit, wie Mom sich das Telefon erkämpft.

»Wesley! Endlich! Du hattest versprochen, du meldest dich früher.«

»Sorry, Mom. Wir sind erst in Phoenix angekommen«, erkläre ich.

»Du weißt doch, dass ich mir Sorgen mache«, beschwert sie sich.

»Ich weiß, aber ist das nicht dein Job?« Ich lache. »Brauchst du nicht. Alles ist gut.«

»Trinkst und isst du auch genug?«

Genervt rolle ich mit den Augen, weil sie die ewige Glucke ist. »Ich bin alt genug und kann auf mich selbst aufpassen.«

»Ja, das merke ich«, sagt sie mit ironischem Unterton. »Im Fernsehen kam ein Beitrag, dass du das einzige Bandmitglied bist, das noch Single ist. Gefühlt täglich sieht man dich mit anderen Frauen. Als Mutter mache ich mir eben Gedanken. Wie willst du jemals ein anständiges Mädchen finden?«

»Oh Mom!« Ich schnaube müde und fühle mich wie früher, wenn sie genau darauf achtete, mit wem ich spielte und meine Zeit verbrachte. »Erstens sollst du nicht alles glauben, was in der Glotze über uns kommt, zweitens: Wer sagt, dass ich ein anständiges Mädchen will?«

»Wesley!«, entfährt es ihr. »Nimm dir an deinen Freunden ein Beispiel.«

»Amanda«, höre ich meinen Vater im Hintergrund. »Lass dem Jungen seinen Spaß. Das ist die Zeit seines Lebens. Er weiß schon, was er tut.«

Wenigstens Dad versteht mich.

»Lass nur die Finger von den Drogen, Sohn, und mäßige dich beim Alkohol«, ermahnt er mich.

»Alles klar, Dad«, erwidere ich und grinse, weil es ganz gut ist, dass meine Eltern eben nicht alles wissen.

»Ich muss los! Machs gut und ruf bald wieder an, ja?«, verabschiedet sich Mom und übergibt Dad den Hörer.

»Mach ich, Mom.«

»So, aber jetzt erzähl«, sagt Dad, sobald Mom fort ist. »Es war in allen Nachrichtensendern, dass Nash sich den Arm gebrochen hat, als er auf der Bühne im Boden eingekracht ist.«

Da spricht mein Dad ein ernstes Thema an, denn zu Beginn habe ich mich schwergetan, an Manipulationen zu glauben, doch inzwischen ist auch mir klar, dass das alles keine Zufälle mehr sind. Erinnerungen drängen sich auf, und ich habe wieder vor Augen, wie Erica und die Mikrofonkabel verschwunden waren, ein Scheinwerfer während eines Soundchecks herunterkrachte und mich beinahe getroffen hätte und Nash auf der Bühne durch eine gelöste Bodenplatte fiel und sich den Arm brach. Manchmal frage ich mich, ob der geplatzte Reifen unseres Tourbusses auch fingiert war.