Lustspiele - August von Platen - E-Book

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August von Platen

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Beschreibung

Karl August Georg Maximilian Graf von Platen-Hallermünde war ein deutscher Dichter. Oft wird er August Graf von Platen oder schlicht Graf Platen genannt. Dieser Band beinhaltet seine Lustspiele" Die verhängnisvolle Gabel" und "Der romantische Oedipus."

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Lustspiele

August von Platen

Inhalt:

August Graf von Platen – Biografie und Bibliografie

Die verhängnisvolle Gabel

Ein Lustspiel in 5 Akten

Personen.

Erster Akt.

Zweiter Akt.

Dritter Akt.

Vierter Akt.

Fünfter Akt.

Der romantische Oedipus

Ein Lustspiel in 5 Akten

Personen des Lustspiels.

Personen des Zwischenspiels.

Erster Akt.

Zweiter Akt.

Dritter Akt.

Vierter Akt.

Fünfter Akt.

Nachschrift an den Romantiker.

Lustspiele, A. von Platen

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

ISBN:9783849633288

www.jazzybee-verlag.de

www.facebook.com/jazzybeeverlag

[email protected]

Dieses Werk bzw. Inhalt und Zusammenstellung steht unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz. Die Details der Lizenz und zu der Weiterverwertung dieses Werks finden Sie unter http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/. Der Inhalt und die Zusammenstellung oder Teile davon wurden der TextGrid-Datenbank entnommen, wo der Inhalt und die Zusammenstellung oder Teile davon ebenfalls unter voriger Lizenz verfügbar sind. Eine bereits bestehende Allgemeinfreiheit der Texte bleibt von der Lizensierung unberührt.

August Graf von Platen – Biografie und Bibliografie

Namhafter Dichter, geb. 24. Okt. 1796 in Ansbach als Sohn des markgräflichen Oberforstmeisters Grafen P., gest. 5. Dez. 1835 in Syrakus, erhielt seit September 1806 seine Erziehung in der Kadettenschule zu München, trat im Herbst 1810 in das Pageninstitut daselbst, 1814 als Leutnant in das bayrische Infanterieregiment »König« ein, mit dem er im April 1815 ins Feld zog und noch in demselben Jahre heimkehrte, ohne ins Feuer gekommen zu sein und Paris gesehen zu haben. Des Garnisondienstes überdrüssig, nahm er nach der Rückkehr häufig längeren Urlaub, der auf Jahre ausgedehnt wurde, als P. im Februar 1818 ein Stipendium zum Universitätsstudium erlangte. Er widmete sich seit Ostern 1818 zunächst in Würzburg (bis Herbst 1819), hierauf in Erlangen (bis 1825, seit 1823 Hilfsarbeiter auf der Bibliothek) philologischen und philosophischen Studien und wurde insbes. durch Schelling tief beeinflusst. Seine »Ghaselen« (Erlang. 1821) und »Lyrischen Blätter« (Leipz. 1821), »Vermischten Schriften« (Erlang. 1822) und »Neuen Ghaselen« (das. 1823) zogen durch ihren Inhalt und vor allem durch ihre Form die Aufmerksamkeit hervorragender Schriftsteller und selbst Goethes auf sich. Stand P. zunächst noch unter den Einflüssen der Romantik und namentlich der in den 1820er Jahren viel empfohlenen Muster der spanischen Dramatik, so zeigten doch die Jugenddramen des Dichters, die während seiner Erlanger Studienzeit entstanden (»Der gläserne Pantoffel«, »Der Schatz des Rhampsinit«, »Berengar«, »Treue um Treue«), neben der Stoffwahl im Sinne der Romantiker einen selbständigen Zug zur Klarheit der Handlung und zur Bestimmtheit des Ausdrucks. Die Herbstreife des Jahres 1824, die P. nach der Schweiz und nach Venedig unternahm (sie trug als poetische Frucht die schönen »Sonette aus Venedig«), entschied insofern über seine Zukunft, als der Dichter, der noch immer im Militärverband stand, wegen Überschreitung seines Urlaubs eine beinahe dreimonatige Arreststrafe in Nürnberg zu verbüßen hatte. Zu den Reibungen mit der äußern Welt kam für den Dichter der Kampf mit auffallenden pathologischen Regungen in der eignen Brust, worüber seine Tagebücher (s. unten) nunmehr volle Klarheit gewähren. Aber unverrückbar fest stand sein hohes, leidenschaftliches Streben nach den Idealen der Kunst. Seine Entrüstung über die Stümperei vieler Nachromantiker, über die inhaltsleere Lyrik und Novellistik sowie über die geschmackswidrige Richtung der Schicksalstragödien konzentrierte sich in der nach Aristophanischem Muster geschaffenen Komödie »Die verhängnisvolle Gabel« (Stuttg. 1826). Die Gleichgültigkeit, ja Feindseligkeit, mit der in den meisten literarischen Kreisen Deutschlands sein Enthusiasmus für Reinheit und Würde der Poesie aufgenommen wurde, vermehrten den Widerwillen des Dichters gegen diese Zustände. Er trat daher 1826 eine Reise nach Italien an, die sich in einen dauernden Aufenthalt im Lande der Kunst verwandelte, dessen Eigenart ihm in allem zusagte. In Florenz, Rom und Neapel wurde der deutsche Poet heimisch, und obschon er mit Lebenssorgen zu kämpfen hatte, denen eine kleine Pension König Ludwigs I. von Bayern und ein Jahrgehalt der Cottaschen Buchhandlung nur unvollkommen abhalfen, fühlte er sich in seinem selbstgewählten Leben als »wandernder Rhapsode« frei und glücklich. Die Polemik, die er in der »Verhängnisvollen Gabel« gegen die deutschen Literaturzustände eröffnet hatte, setzte er in der Komödie »Der romantische Ödipus« (Stuttg. 1828) fort. Hier wendet er sich namentlich gegen Immermann, der Platens Ghaselen verspottet, und gegen Heine, der diese Verspottung gutgeheißen hatte. Hierdurch rief er Entgegnungen der Angegriffenen hervor, wobei Heine (vgl. dessen »Reisebilder«, Bd. 3) in noch weit gehässigerer Weise, als dies vorher P. getan hatte, den Streit auf das persönliche Gebiet hinüberspielte, freilich nicht ohne seinen überlegenen Witz zu bekunden. Doch zählte der Dichter schon zu dieser Zeit Verehrer, die, vom Ernst und von der Reinheit des Inhalts, von der Schönheit der Form seiner Dichtungen entzückt, selbst die Begrenzung des Platenschen Talents übersahen oder ableugneten. Die nächstfolgenden Jahre, die er zum größten Teil in Neapel verbrachte (wo er mit dem Maler und Dichter A. Kopisch in freundschaftlichen Verkehr trat), förderten die beste Entwickelung des Dichters. Neben zahlreichen lyrischen Gedichten und Oden in antiken Versformen, neben Balladen und Romanzen entstanden Platens letztes Drama: »Die Liga von Cambrai«, und das Märchenepos »Die Abbassiden« (geschrieben 1830; gedruckt, Stuttg. 1834). In den »Geschichten des Königreichs Neapel« (Frankf. 1838) versuchte sich P. auch in der historischen Darstellung, ohne indes auf diesem Gebiete sonderliche Erfolge zu erringen. Seiner Sympathie für die Sache der aufständischen Polen (1830–31) und seinen glühenden Hass gegen den Zaren gab er in den »Polenliedern« Ausdruck, anderen Veröffentlichung er jedoch wegen Zensurschwierigkeiten nicht denken konnte, sie erschienen erst nach seinem Tod im Druck. 1832 starb Platens Vater, und dies sowie der Wunsch, seine Beziehungen zur Cottaschen Verlagsbuchhandlung wiederum fester zu knüpfen, riefen P. nach achtjähriger Abwesenheit für kurze Zeit nach Deutschland zurück. Er lebte zwei Winter in Augsburg und München und redigierte die erste vollständige Sammlung seiner »Gedichte« (Stuttg. 1833), die sich jetzt wachsender Teilnahme und Geltung erfreuten. Im Sommer 1834 zog der Dichter wieder nach Italien, verweilte einige Zeit in Florenz und Neapel, ging im Frühling 1835 zum ersten mal nach Sizilien, kehrte im Spätsommer nach Neapel zurück und ward durch die Besorgnis vor der Cholera zu einem Winterausflug nach Sizilien bestimmt. Im September kam er nach Palermo, im November nach Syrakus, wo er im Hause seines Gastfreundes Don Mario Landolina erkrankte und starb. P. ward im Garten der Villa Landolina bestattet und sein Grab 1869 mit einem Denkstein geschmückt. In Ansbach steht eine Statue des Dichters. Der ersten Ausgabe seiner »Sämtlichen Werke« (Stuttg. 1839, in einem Band) folgten zahlreiche spätere Ausgaben (von K. Gödeke, das. 1847, 5 Bde., und 1882, 4 Bde.; von Redlich, Berl. 1883, 3 Bde. mit Biographie und Bibliographie; und von Wolff und Schweizer, Leipz. 1895, 2 Bde. mit Biographie und erläuternden Anmerkungen), obwohl der Dichter populär im eigentlichen Sinne des Wortes nicht zu werden vermochte. Der gehässigen Unterschätzung der echten Dichtergaben und des Künstlerwertes Platens folgte seit den 1840er Jahren eine wachsende Überschätzung. Der Einfluss, den seine stolze Idealität und künstlerische Formstrenge auf die jüngere Dichtergeneration gewann, war groß und in mancher Hinsicht heilsam; aber wie dem Gehalt, so fehlte auch der Form von Platens Poesie nicht nur der volkstümliche Zug, sondern auch das Verständnis für die nationale Eigenart: er sucht in seinen Ghaselen, Oden und Hymnen undeutsche und zum Teil unverständliche Formen einzubürgern und verstößt oft durch sprachwidrige Betonungen. Doch weiß er sich gelegentlich von seinen Fehlern frei zu halten und entzückt dann allerdings durch bezaubernden Wohllaut der Form. Wenn ihm weichere Gefühle verschlossen sind oder nur ein flüchtiger Hauch davon einzelne Gedichte durchdringt, so leiht er vielen starken, männlichen Regungen, dem Gefühl der Entschlossenheit, der Würde, ernster Trauer, stolzem Freiheitssinn, vor allem aber, wie in den »Polenliedern«, dem bittersten Hass den ergreifendsten Ausdruck. Seinen »Poetischen und literarischen Nachlass« gab Minckwitz (Leipz. 1852, 2 Bde.; 2. Aufl. 1854), seine »Tagebücher« gaben v. Laubmann und v. Scheffler (Stuttg. 1896–1900, 2 Bde.), dieselben im Auszug E. Petzet (Münch. 1905) heraus, der auch des Dichters »Dramatischen Nachlaß« (Berl. 1902) nach den Handschriften veröffentlichte. Vgl. Minckwitz, Graf P. als Mensch und Dichter (Leipz. 1838); »Briefwechsel zwischen P. und Minckwitz« (das. 1836); Besson, P., étude biographique et littéraire (Par. 1894); Hellmuth, Beiträge zur lyrischen Technik Platens (Programm, Krefeld 1893); C. Heinze, Platens romantische Komödien (Dissertation, Marb. 1897); Stockhausen, Studien zu Platens Balladen (Dissertation, Berl. 1899), Greulich, Platens Literatur-Komödien (Bern 1901); Unger, P. in seinem Verhältnis zu Goethe (Berl. 1903).

Die verhängnisvolle Gabel

Ein Lustspiel in 5 Akten

Xairon ey teleseias odon megaloy dia pontoy,

Kai se Poseidaon xarma pilois agagoi!

Personen.

Damon, Schultheiß von Arkadien.

Mopsus, ein Schäfer.

Schmuhl, ein Jude und Chorus der Comödie.

Sirmio, Amtsdiener.

Der Wirth zur Gabel.

Phyllis, der Mopsus Gattin.

Salome, ein Gespenst.

Erster Akt.

Haus des Schultheißen.

Damon, Phyllis, Sirmio.

DAMON.

Ortsrichter bin genannt ich in Arkadien,

Und werde streng handhaben die Gerechtigkeit:

Was weiß Sie Näheres über das Entwendete?

PHYLLIS.

Es war ein altes, zinnernes Service, o Herr!

Doch unsrer Wirthschaft unentbehrlich Eigenthum.

Ihr wißt, es sind vier Jahre nun, seit welchen ich

Den Mopsus, der ein Schäfer ist, heirathete.

Es ward ein Dutzend Kinderchen von uns erzeugt,

Da Gott mich viermal segnete mit Drillingen.

Daß ich Geschirr verbrauche, viel und mancher Art,

Was auf den Tisch kommt oder anderweitigem

Gebrauch bestimmt ist, werdet ihr begreifen, Herr!

Darum bedien' ich unzerbrechlichen Metalls

Statt irdner Waaren stets mich oder Porcellans.

DAMON.

Zur Sache, Frau! Wir leben in Arkadien,

Und kennen kaum, dem bloßen Namen nach, das Wort

Umschweif, das nur als einen technischen Begriff

Der deutschen Trauerspiele wir von dort entlehnt.

Laßt uns zur Sache kommen! 

PHYLLIS.

Ja, wir müssen auch

Zur Sache kommen; aber zur gestohlenen.

DAMON.

Wann ward's entwendet? 

PHYLLIS.

Heute Nacht. 

DAMON.

Von wem und wie?

PHYLLIS.

Durch einen Diebstahl, doch von wem, ist unbekannt.

DAMON.

Hat man Verdacht? 

PHYLLIS.

Ob man Verdacht hat, weiß ich nicht.

Wir haben allerdings Verdacht. 

DAMON.

Auf wen jedoch?

PHYLLIS.

Auf einen Juden, welcher gestern schacherte

Mit meinem Manne, während ich im Hofe war,

Und unsre Ferkel fütterte. Des Abends nun

Fand ich die ganze Tafel abgeräumt, es blieb

Nur eine Gabel übrig, weil die Zähne just

Mein Mann mit ihr, da jener stahl, sich stocherte.

DAMON.

Nur eine Gabel? Aber weilt der Jude noch

Hier in Arkadiens schäferlichem Paradies?

PHYLLIS.

Er geht umher und handelt alte Schachteln ein.

DAMON zu Sirmio.

Man such' ihn auf! Ein Schilling werd' auf seinen Kopf

Hiermit gesetzt! 

SIRMIO.

Wohl! Doch den Schilling werd' ich ihm

Wo anders hin versetzen, wenn ich ihn entdeckt.

Ab.

Damon, Phyllis.

DAMON.

Doch sage Sie, weswegen denn Ihr Bettgenoß

Den schlauen Dieb am Stehlen nicht verhinderte,

Wenn er, wie Sie behauptete, zugegen war?

PHYLLIS.

Er war zugegen, aber blos als körperlich,

Sein Geist befand sich anderwärts, er machte just

Die Reise nach der guten Hoffnung Vorgebirg.

DAMON.

Wie kam er dorthin? 

PHYLLIS.

Wißt Ihr, was Ideen sind?

DAMON.

Wie sollt' ich nicht? 

PHYLLIS.

Auch solche, die man fixe nennt?

DAMON.

Zwar schätz' ich mehr die Dukaten, die man Füchse nennt,

Doch auch von jenen weiß ich. 

PHYLLIS.

Dieses ist der Fall

Mit meinem Mopsus, welcher auf dem Vorgebirg

Der guten Hoffnung mit der Zeit ein Rittergut

Zu kaufen wünscht, und Alles diesem Zweck erspart.

DAMON.

Wie kam er darauf? 

PHYLLIS.

Durch Ideenverbindungen,

Die oft Verschiedenart'ges an einander reih'n,

Da just ich guter Hoffnung war, und niederkam

Am Tag, wo vierzig Ritter im Kalender stehn.

DAMON.

Das gäbe recht den deutschen Psychologen Stoff.

Doch gehe Sie zu Hause jetzt, bestohlne Frau!

Den Juden will ich fahen lassen, späterhin

Werd' ich Sie wieder hercitiren. 

PHYLLIS.

Doch bedenkt

Daß wir zu vierzehn Mäulern Eine Gabel nur

Im Hause haben! 

DAMON.

Unterdessen könnt ihr ja

Mit den Fingern essen! 

PHYLLIS.

Und trinken aus dem Fingerhut,

Wie ein Canarienvogel? Denn es fehlen uns

Die Becher. 

DAMON.

Trinkt, wie Diogenes, aus hohler Hand,

Aus hohler Hand zu trinken ist naturgemäß.

PHYLLIS.

Das leuchtet ein, Herr Schultheiß! Darum macht man auch,

Wenn man ein Trinkgeld fordert, eine hohle Hand.

Ich danke für den guten Rath, gestrenger Herr!

Ab.

DAMON.

Ich imponire, seh' ich wohl, dem Bauernvolk

Durch meine schwer erworbene Gelehrsamkeit,

Für die ich in Leipzig manchen Scheffel Schweiß geschwitzt.

Ich könnte selbst ankaufen mir ein Rittergut,

Wenn ich verhandeln könnte den Arkadiern

Die Excerptenstöße, welche dort ich angehäuft.

Doch nicht mit Dünger wägen sie sie hier mir auf,

Und selbst die Käsehändler sind mit Druckpapier

Auf lange Zeit vom Dresdner Liederkranz versorgt,

Der, wie ich höre, reißende Geschäfte macht;

Doch wär' er klug, er machte blos zerreißende. –

Da kommt der Jude; doch ich will von fern zuerst

Ausspähen seinen äußerlichen Habitus,

Und ob er lange Finger oder kurze hat?

Damon, Sirmio, Schmuhl.

SIRMIO.

Nur den Schnappsack aufgebunden! oder, Herr! ich schlage d'rein,

Und mein Stock auf Seinem Rücken lehr' Ihm dann das Mein und Dein!

SCHMUHL.

Laß Er los mich! Ich gehöre nicht zum Schacherjudenpack.

SIRMIO.

Auch die besten Juden schachern: nur herab den Bettelsack!

SCHMUHL.

Laß Er mich, ich bin ein großer Astronom und Negromant,

Der Natur geheime Kräfte sind mir alle wohlbekannt.

SIRMIO.

Ja, das will ich glauben, jeder diebische, geheime Kniff.

SCHMUHL.

Sey Er nicht so grob, erheb' Er Seine Seele zum Begriff!

SIRMIO.

Moses sagt: Du sollst nicht stehlen, oder du empfängst den Lohn!

SCHMUHL.

War das Moses aus Aegypten oder Moses Mendelsohn?

SIRMIO.

Foppt Er mich? 

DAMON.

Des Juden Stimme hab' ich irgendwo gehört.

SIRMIO.

Nur herunter mit dem Schnappsack! 

SCHMUHL.

Laß Er ziehn mich ungestört!

SIRMIO.

Was ist d'rin? Es klirrt und klappert? 

SCHMUHL.

Talismane mancher Art,

Raritäten, die auf Reisen ich gesammelt und erspart:

Ein'ge Wiener Leckerbissen, Katechismen aus Turin,

Aus Morea Griechenschädel, und Scholastik aus Berlin.

SIRMIO.

Alle diese Dinge wären keinen halben Batzen werth,

Nimmer glaub' ich, daß ein Jude sich mit solchem Zeug beschwert.

Zwar die Leckerei'n begreif' ich: der nur ist ein großer Mann,

Der vom Himmel nichts erbittet – außer was man essen kann!

Von den Katechismen schweig' ich: denn der Glaube gilt für blind,

Und die Pfaffen necke keiner, weil sie unversöhnlich sind.

Aber sag' Er, was mit Seinen Griechenschädeln soll geschehn?

SCHMUHL.

Dosen lass' ich aus den Knochen für die Diplomaten drehn.

SIRMIO.

Aber die scholast'schen Phrasen? 

SCHMUHL.

Sag' ich jungen Leuten her,

Die sie wörtlich wiederholen, weil ihr Hirn gedankenleer:

Manche, denen nichts das Leben lehrte, setzen sich in Kopf,

Sie begriffen Erd' und Himmel, wenn von Worten voll ihr Kropf.

DAMON.

Nein! Ich halte mich nicht länger. Bist du nicht der Jude Schmuhl?

SCHMUHL.

Aufzuwarten.

DAMON.

O der Freude! Sirmio, bring' Er einen Stuhl!

Kennst du mich noch?

SCHMUHL.

Mein Gedächtniß ist verworren und verstört.

DAMON.

Damon aus Arkadien bin ich, der in Leipzig Jus gehört!

SCHMUHL.

Wär' es möglich? Find' ich einen akademischen Cumpan?

DAMON.

Geh' Er Sirmio! Dieser war es nicht, die Sach' ist abgethan.

Sirmio ab.

Laß dich tausendmal umarmen! Lege weg den Sack und Hut!

SCHMUHL bei Seite.

Oefters vor Gerichte stand ich, selten lief es ab so gut.

DAMON.

Nun gesteh mir im Vertrauen, ob du der Entwender bist?

SCHMUHL.

Altes Zinn und Eisen braucht' ich; denn ich bin ein Alchymist,

Und so hoff' ich, daß man mich der Kleinigkeiten nicht beraubt.

DAMON.

O der Wissenschaft ist Alles, was sie fördern kann, erlaubt!

Diese Bauersleute nützen ihr Geräth zu niederm Zweck:

Ist ein Teller blos vorhanden, um zu schneiden drauf den Speck?

Ward der Pfanne kein genetisch höherer Beruf bescheert,

Als um Brei darin zu kochen, ist sie kaum des Stehlens werth!

SCHMUHL.

Ja, du bist der Alte! Du benimmst mir eine große Last.

DAMON.

Aber eine Gabel hast du doch vergessen in der Hast.

SCHMUHL.

Wenn du es erlaubst, so geh' ich auf ein Andermal darum,

Und ich schenke diese Gabel dir voraus als Pretium.

DAMON.

Güt'ger Freund! Doch nun erzähle, wie es dir bisher erging!

SCHMUHL.

Noch in Leipzig –

DAMON.

Theures Leipzig, wo ich öfters Grillen fing!

Zwar in den Collegien hatten Langeweile wir genug.

Aber sonderlich bei Gottsched. 

SCHMUHL.

Jetzo hat man sie bei Krug.

DAMON.

Leipzig soll mir Keiner schimpfen! 

SCHMUHL.

Brave Leute fand ich dort.

DAMON.

Ja, die Sachsen sollen leben! Aber fahre weiter fort.

SCHMUHL.

Noch in Leipzig ergab ich mich ganz, wie du weißt, Schwarzkünsten und chemischen Studien,

Und der Chiromantie und der Pyromantie und der Negromantie des Agrippa;

D'rauf las ich für mich Pfaff's Astrologie, und in Göttingen trieb ich Punktirkunst;

Doch trieb ich es nur insgeheim, weil dort schon ein denkender Mensch ein Phantast heißt.

Laut rühmen sie sich in derselbigen Stadt, daß nie die Naturphilosophen

Bei ihnen gediehn, ja, daß ein Poet, wie Bürger, vor Hunger beinah starb.

Die Vorigen. Sirmio.

SIRMIO bei Seite.

Aufreizt mich der Sinn, zu belauschen das Paar, nicht länger bezähm' ich die Neugier.

Was mag nun wohl an den Herrn Schultheiß der fatale Hebräer verschachern?

Und es stachen ihm doch aus dem Schnappsack vor die gestohlenen Messer und Gabeln.

SCHMUHL.

Als einst bei Nacht ich im Mondschein saß auf der Plesse romantischen Trümmern,

Und ein Zephyr strich durch's Buchengezweig, und über ' die Felder der Eb'ne;

Da erschien mir ein Geist, den lang' ich citirt, Inhaber beträchtlicher Schätze,

Der Salome hieß, denn es war das Gespenst von einer arkadischen Ahnfrau!

Sie begann, und ich selbst, aufhorcht' ich genau, denn sie redete wienerisch Hochdeutsch:

Du vergeudest die Zeit durch Goldmacherei, statt wirkliche Schätze zu heben!

In Arkadien liegt ein beträchtliches Geld drei Schuh tief unter der Erde;

Und fragst du mich, wo? antwort' ich, es liegt verschlossen in eiserner Kiste,

In des Mopsus Hof, der Schäfer und Schaf, just unter dem hölzernen Hundstall.

SIRMIO.

O erfreuliche Post! Ich eile davon, um zuerst zu ertheilen die Nachricht.

Ab.

SCHMUHL.

Und Salome fuhr, nach kurzem Verzug, im Gespräch fort folgendermaßen:

Doch hüte dich auch vor dem tückischen Schatz, weil ihm unsühnbare Blutschuld

Anhaftet und er mir ein Erbtheil ist von meinem ermordeten Ehherrn,

Den ich, sein Weib, in die andere Welt, unschuldiger Weise, gefördert.

Von Kindheit auf, wie noch jetzt als Geist, fühlt' ich brechpulvrigen Abscheu

Vor Spinnen, und floh dieß häßliche Thier noch mehr als Laster und Sünde.

Als Abends ich einst mit meinem Gemahl, dem behaglichen, saß an der Tafel,

Spann plötzlich, weh! sich ein solches Gethüm von der Decke herab in den Mund mir: