Moderne Medizin & Ethik - Band 2 - Michael Kotsch - E-Book

Moderne Medizin & Ethik - Band 2 E-Book

Michael Kotsch

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Beschreibung

Betrachtung und Auseinandersetzung mit den Themen Abtreibung, Suizid/Selbstmord, Organtransplantation, Todesdefinition, Homosexualität, Bachblütentherapie u.ä. aus christlicher Perspektive. Fundierte Recherchen im Gesundheitswesen und bibelfundierte Standpunkte öffnen dem Leser die Augen zu diesen Themen.

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Michael Kotsch

MODERNE MEDIZIN & ETHIK

BAND II

ABTREIBUNG – EIN PROBLEM? SUIZID / SELBSTMORD ORGANTRANSPLANTATION UND TODESDEFINITION HOMOSEXUALITÄT

MICHAEL KOTSCHMODERNE, MEDIZIN & ETHIK BAND II

© 2013 Lichtzeichen Verlag GmbH, Lage Satz: Gerhard Friesen Umschlag: Manuela Bähr-Janzen

ISBN: 9783869549910 Bestell-Nr.: 548991

E-Book Erstellung: LICHTZEICHEN Medien www.lichtzeichen-medien.com

INHALTSVERZEICHNIS

Abtreibung - ein Problem?

Einleitung

1.   Abtreibung muss sein

2.   Religionen wollen keine Abtreibung

3.   Abtreibung ist gegen das Gesetz

4.   Wann ist der Mensch ein Mensch

5.   Abtreibung ist Mord

6.   Abtreibung ist Massenmord

7.   Abtreibung schadet der Mutter

8.   Abtreibung - Kind als Schadensfall

9.   Abtreibung ist grausam

10. Mediziner als Helfer oder Henker

11. Abtreibung - der Mensch als höheres Tier?

12. Ökonomie - Welches Leben lohnt sich?

13. Der Prozess - Mutter gegen Kind

14. Abtreibung - kein Problem für antike Christen

15. Abtreibung und die Bibel

Literatur

Selbstmord - Druckmittel und Notausgang

Einleitung

1.   Wer tötet sich?

2.   Suizid in den Religionen

3.   Suizid in der Rechtsprechung

4.   Suizid und Kirche

5.   Suizid - Möglichkeit für Christen?

6.   Was sagen die Statistiken?

7.   Selbstmord ist nicht Selbstmord

8.   Statistische Risikofaktoren

9.   Selbstmord als Hilferuf

10. Es geht auch anders

Literatur

Organtransplantation und Todesdefinition

1.   Probleme bei der Suche nach Informationen über den Tod in biblischen Texten

2.   Sterben und Tod in der Bibel

3.   Biblische Aussagen über das Totenreich

4.   Der Tod in jüdisch-rabbinischer Umwelt

7.   Theologische Bedenken gegen Hirntodkriterium und Organtransplantation

Literatur

Homosexualität

1.   Homosexualität in der Gegenwart

2.   Schwules Leben in schwuler Perspektive

3.   Homosexualität ist natürlich

4.   Homosexualität in der Geschichte

5.   Homosexualität in den Religionen

6.   Homosexualität in der Bibel

7.   Homosexualität in der Praxis

8.   Homosexualität und Gesundheit

9.   Homosexualität und ihre Ursachen

10. Begleitung Homosexueller

Literatur

Bach-Blütentherapie – sanfte Heilung?

Geschichte

Methode

Beurteilung

Psychosomatische Heilung

Literatur

ABTREIBUNG - EIN PROBLEM?

EINLEITUNG1

Der Mord an erwachsenen Menschen steht in Deutschland selbstverständlich unter Strafe. Kleine Kinder jedoch, die im Bauch der Mutter noch keine eigenen Interessen anmelden können, werden täglich bedenkenlos getötet. Abtreibung wird das dann genannt oder Abortus (=Abgang). Sicher ein unpassend verharmlosender Ausdruck für das Ende eines, wenn auch noch unscheinbaren Menschen.

In dem lange verwendeten Fachausdruck der interruptio, der sog. Schwangerschafts- Unterbrechung, wird lediglich der Zustand der Frau, nicht aber der des Kindes berücksichtigt. Der Tod des Kindes tritt geflissentlich hinter dem Ende der Schwangerschaft zurück. Auch der BegriffAbtreibung gibt vor, es gehe um einen Fremdkörper, der weg muss2 - „das werdende Leben“, das Schwangerschaftsprodukt, man macht es weg! Das Kind selbst wird an dieser Stelle medizinisch und sozial a-personal gedacht.

Sicherlich kann ein Abgang des Embryos ohne Zutun eines Menschen aus verschiedenen Gründen (Krankheit, Unfall usw.) von selbst eintreten. Ethisch problematisch sind aber nicht diese Fälle, sondern die Situationen, in denen Frauen sich ganz bewusst einer Behandlung unterziehen, die das Ende ihres Kindes in der Gebärmutter bedeutet.3 Dabei handelt es sich nicht um Ausnahmen, sondern um tausende von Kindern, die ihr Leben verlieren, bevor es eigentlich begonnen hat.

Das Statistische Bundesamt meldete für das Jahr 2008 rund 120 000 Abtreibungen (das entspricht in etwa der Einwohnerzahl einer deutschen Großstadt wie Heidelberg oder Ulm). Fachleute gehen jedoch von etwa der doppelten Anzahl aus, wenn auch die nicht gemeldeten Abtreibungen einbezogen werden. Im Vergleich zum Vorjahr gab es 2008 einen leichten Rückgang der Schwangerschaftsabbrüche, der allerdings mit der Abnahme von Frauen im gebärfähigen Alter einherging und deshalb nur bedingt aussagekräftig ist. Über einen längeren Zeitraum von 10 Jahren gesehen nahm die Zahl der Abtreibungen, insbesondere der Abtreibungen bei Teenagern deutlich zu. Knapp drei Viertel (72%) der Frauen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen ließen, waren zwischen 18 und 34 Jahren alt, 15% zwischen 35 und 39 Jahren. Fast 8% der Frauen waren 40 Jahre und älter. 41% der betreffenden Schwangeren aller Altersgruppen hatten vor dem Eingriff noch keine Lebendgeburt, sodass davon auszugehen ist, dass nicht die Vielzahl der Kinder und die damit verbundene soziale Belastung ausschlaggebend für den Schwangerschaftsabbruch gewesen sein dürfte. Fast 98% der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der Beratungsregelung vorgenommen. Medizinische und kriminologische Indikationen (Gefährdung des Lebens der Mutter oder des Kindes) waren in gut 2% der Fälle die Begründung für den Abbruch. Die meisten Schwangerschaftsabbrüche (76%) wurden mit der Absaugmethode (Vakuumaspiration) durchgeführt. Bei 11% der Schwangerschaftsabbrüche wurde das Mittel Mifegyne® verwendet. Die Eingriffe erfolgten überwiegend ambulant (97%), und zwar zu 78% in gynäkologischen Praxen und 19% ambulant im Krankenhaus.4

Mindestens 200 Kinder werden jährlich abgetrieben, die älter und reifer sind als viele Frühchen, für deren Leben die Ärzte alle medizinische Kunst einsetzen. Laut Frank Montgomery, dem Vorsitzenden des Marburger Bundes, sind es sogar 800 Kinder, die jedes Jahr nach der 20. Schwangerschaftswoche getötet werden (Spätabtreibungen). Behinderte Kinder werden relativ häufig noch später im Verlauf der Schwangerschaft abgetrieben. So geht man beispielsweise davon aus, dass bereits jetzt 90-95% aller Kinder, bei denen das Down-Syndrom (Trisomie 21) diagnostiziert wird, abgetrieben werden.

Der Lebensschutz des Kindes wird der Befindlichkeit der Eltern untergeordnet. Durch die Medien bekannt geworden ist das Oldenburger Baby (1997). Tim war Anfang der 25. Schwangerschaftswoche abgetrieben worden, nachdem Ärzte ein Down-Syndrom bei ihm festgestellt hatten. Doch das Baby atmete, als es auf die Welt kam. Neun Stunden lag es in Tücher gehüllt im Kreißsaal, kühlte auf 28 Grad ab und starb nicht. Erst dann wurde eine Frühgeborenen- Behandlung begonnen. Die Eltern verklagten den verantwortlichen Arzt wegen ihres persönlichen Leids auf Schmerzensgeld. Die leibliche Mutter des Jungen begab sich nach der gescheiterten Abtreibung in psychotherapeutische Behandlung, schließlich nahm sie sich sechs Jahre nach der Geburt des Kindes im Alter von 41 Jahren das Leben.5 Nach einer Studie der Bonner Uniklinik waren sich nur knapp die Hälfte der Frauen, die abgetrieben hatten, auch nach zwei Jahren sicher, dass sie ihre Entscheidung noch einmal so treffen würden. Deshalb plädiert die Bundesärztekammer für eine verbesserte Beratung beim Spätabbruch und fordert eine Bedenkzeit zwischen Diagnosestellung und Abbruch von mindestens drei Tagen.6

Für die Katholische Kirche ist Abtreibung nicht akzeptabel: „Die formelle Mitwirkung an einer Abtreibung ist ein schweres Vergehen. Die Kirche ahndet dieses Vergehen gegen das menschliche Leben mit der Kirchenstrafe der Exkommunikation. „Wer eine Abtreibung vornimmt, zieht sich mit erfolgter Ausführung die Tatstrafe der Exkommunikation zu” (CIC, can. 1398), „so dass sie von selbst durch Begehen der Straftat eintritt” (CIC, can. 1314) unter den im Recht vorgesehenen Bedingungen.”7

Nach der deutschen Rechtsprechung untersteht das ungeborene Kind dem Schutz des Staates. In den 70er Jahren wurde jedoch beschlossen, Abtreibungen in besonderen Notfällen straffrei zu lassen. Nach der sogenannten Indikationsregelung durften Frauen abtreiben, deren eigenes Leben gefährdet war, die annahmen, durch das Kind in eine belastende soziale oder psychische Situation zu gelangen, die befürchten mussten, ein schwer behindertes Kind zu bekommen usw. Entsprechend der heute geltenden Fristenlösung ist ein Schwangerschaftsabbruch nicht strafbar, wenn er in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft vorgenommen wird, vorausgesetzt, die Frau hat vorher eine Schwangerschafts-Konfliktberatung in Anspruch genommen.8 Faktisch führte das zu einer Legitimation jeder gewünschten Abtreibung. Behinderte Kinder dürfen nach gültigem Recht sogar bis kurz vor der Geburt straflos abgetrieben werden.

1.   ABTREIBUNG MUSS SEIN

Wer die Geschichten manch ungewollt schwangerer Frau hört, kann den Eindruck gewinnen, dass eine Abtreibung die letzte Chance der Betreffenden ist. Da ist das junge Mädchen, das von ihrem Vater vergewaltigt wurde und jetzt ein Kind erwartet. Da ist die Frau, die schon mit ihren zehn kleinen Kindern nicht zurecht kommt und nun mit dem elften schwanger geht. Da ist die junge Frau, die von ihrem Freund verlassen wurde und selbst noch in die Schule geht usw.

Abtreibungsbefürworter argumentieren, dass niemand einer Frau vorschreiben dürfe, was sie mit ihrem eigenen Körper zu machen habe. Schließlich sei es genauso wenig ein Problem, sich die Haare schneiden oder die Nase pircen zu lassen, wie einen Zellklumpen aus der Gebärmutter zu entfernen, selbst wenn dabei ein paar Körperzellen das Leben lassen müssten. Schließlich darf niemand einen Menschen zwingen, starke eigene Einschränkungen in Kauf zu nehmen, nur weil so der Tod einer anderen Person verhindert werden könne. So werde auch niemand verpflichtet, einer lebensnotwendigen Blutentnahme zuzustimmen, selbst wenn kein anderer Spender mit der erforderlichen Blutgruppe greifbar ist. Ebenso sei es mit der Schwangerschaft: Wenn der Embryo außerhalb der Gebärmutter der Frau nicht überleben könne, dürfe man die Mutter nicht zwingen, das Kind in ihrem Körper zu dulden.9 Feministinnen behaupten: „Das Abtreibungsverbot bedeutet nichts anderes als Gebärzwang. Es verletzt eine ganze Reihe von Grundrechten der Frau. Es verletzt den Kerngehalt ihres Persönlichkeitsrechts: ihr Recht auf Leben und auf Gesundheit, auf körperliche Integrität, ihre Gewissensfreiheit und ihre moralische Autonomie, ihre Entscheidungsfreiheit sowie das weltweit anerkannte grundlegende Menschenrecht auf selbstbestimmte Mutterschaft.”10 Außerdem hätten ungewollte Kinder einen äußerst erschwerten Start ins Leben. Zur Mutterschaft gedrängte Frauen würden durch das Kind unvertretbar in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und Lebensplanung eingeschränkt.

2. RELIGIONEN WOLLEN KEINE ABTREIBUNG

Abtreibung ist schlecht - weil alle Religionen darin die Tötung menschlichen Lebens erkennen.

Die meisten Religionen verurteilen den Abbruch einer Schwangerschaft deutlich. Der Grad der Missbilligung richtet sich zumeist nach den Umständen der Abtreibung und der Entwicklungsstufe des Embryos. Bei der Beurteilung des Schwangerschaftsabbruchs können die Stellung und Gesundheit der Frau, der Wille des Vaters, die Interessen der Familie, der Wert menschlichen Lebens in der entsprechenden Kultur und die Normen der jeweiligen Heiligen Schriften einen Einfluss haben.

Im Judentum ist die Abtreibung legal, wenn das Leben der Mutter bedroht ist, wenn eine Frau vergewaltigt wurde oder im Falle einer reumütigen Ehebrecherin. Generell wird Abtreibung jedoch als Mord gesehen, da schon der Fötus von Gott geschenktes und geschütztes Leben ist. Philo von Alexandrien verurteilte die Nichtjuden wegen der weit verbreiteten Praktiken von Abtreibung und Kindstötung in der Antike. Einige jüdische Autoritäten hingegen vertreten weit liberalere Auffassungen. Nach Jacob Emden ist Abtreibung erlaubt, bis das Kind den Mutterbauch verlassen hat. Dabei spiele es keine Rolle, ob das Leben der Frau bedroht sei, es genüge, dass der Embryo der Mutter Qual und Schmerzen verursache. Diese Meinung wird von der Mehrzahl der Gelehrten jedoch nicht geteilt. Einig ist man sich im Judentum darüber, dass frühe Abtreibungen am ehesten akzeptabel sind, da das Kind noch nicht vollständig entwickelt sei. So hat sich nach dem Talmud bis zum 41. Tag noch kein schützenswerter Fötus gebildet. Nicht abgetrieben werden darf ein Embryo wegen Missbildungen, es sei denn diese verursachen der Mutter unerträgliche Seelenqualen.

Im Islam ist die Schwangerschaftsverhütung legitim, die Abtreibung eines ausgebildeten Fötus hingegen steht als Tötung eines lebendigen menschlichen Wesens unter Strafe (vgl. Al-Halal wa‘l-haram). Ist das Leben der Mutter in Gefahr, wird eine Abtreibung akzeptiert. Gleiches gilt, wenn die Frau schon einen Säugling hat, da man zur Zeit Mohammeds davon ausging, dass bei erneuter Schwangerschaft die Milch versiege und das Leben des schon geborenen Kindes in Gefahr kommen könne. Wird ohne triftigen medizinischen Grund abgetrieben, muss ein Blutgeld (diya) als Buße gezahlt werden. Kinder aus sozialen Gründen zu töten wird ausdrücklich verboten: „Ihr sollt nicht eure Kinder wegen Verarmung töten - wir bescheren ihnen und euch den Lebensunterhalt.” (Sure 16,151). Da man davon ausging, dass der Fötus erst im 4. Monat beseelt würde, war die Abtreibung bis dahin ein minderes Vergehen (vgl. Sure 23,12-14).

Im Hinduismus und Buddhismus wird der Schwangerschaftsabbruch mit dem Hinweis auf die allgemeine Achtung vor dem Leben (Ahimsa) abgelehnt. Außerdem ist Abtreibung nicht mit dem Gebot des Mitleidens vereinbar: Der Fötus wird als eine Seele angesehen, die nach einer neuen Inkarnation sucht, um sich weiterentwickeln zu können. Wer diesen Vorgang verhindert, stört die Chancen dieser Seele auf Reifung für das Nirwana. Jede Abtreibung hat deshalb schlechtes Karma zur Folge. Jeder an einer Schwangerschaftsunterbrechung Beteiligte muss in seinem nächsten Leben für diese Tat selber Leid ertragen. Dabei wird es als weniger verwerflich angesehen, wenn das Leben der Mutter akut bedroht ist. In den Upanischaden wird die Abtreibung deutlich verboten, außer für die Götter und hochvergeistigten Männer, denen nichts mehr schaden kann. In manchen buddhistischen Ländern ist es üblich, als Sühne für Abtreibungen kleine Figürchen im Tempel aufzustellen. In Japan soll eine spezielle religiöse Zeremonie den ungeborenen Kindern und ihren Müttern helfen, sich zu versöhnen und kein schlechtes Karma anzusammeln. Der Bodhisattva Jizo sorgt sich um Fehlgeburten und abgetriebene Föten (mizugo). Durch seinen Eingriff kann er allen Betroffenen, einschließlich des Ungeborenen, Frieden bringen. Die generelle Ablehnung der Abtreibung lässt sich auch daran ablesen, dass ein buddhistischer Mönch, der sich an einer Abtreibung beteiligt, aus der Mönchsgemeinschaft (Sangha) ausgeschlossen werden soll. Aus einem buddhistischen Kloster in Burma wird von einem Mönch berichtet, der ein illegitimes Verhältnis zu einer Frau hatte. Die Frau wurde schwanger und ließ das Kind abtreiben. Der betreffende Mönch verrichtete noch fünf Jahre später Bußübungen für seine Mitverantwortung als biologischer Vater.11

3. ABTREIBUNG IST GEGEN DAS GESETZ

Abtreibung ist schlecht - weil die Gesetze das menschliche Leben von Anfang an schützen.

Die mittelalterliche Lex Salica (507) forderte eine Strafe von 4000 Denaren für die Tötung eines Kindes im Bauch der Mutter. Kaiser Karl V. ließ die Abtreibung in seiner Peinlichen Gerichtsordnung (1532) unter Androhung von Folter und Todesstrafe verbieten. Auch die Constitutio criminalis (1768) der österreichischen Kaiserin Maria Theresia sah für Abtreibung die Todesstrafe durch das Schwert vor. Später wurden Frauen, die abgetrieben hatten lediglich ausgepeitscht. Im Allgemeinen preußischen Landrecht (1794) wurde die Strafe deutlich herabgesetzt. In Bayern konnten für Abtreibung bis zu 20 Jahren Zuchthaus verhängt werden (1813).

1871 wurde in ganz Deutschland die Abtreibung mit dem § 218 des Strafgesetzbuches neu geregelt. Demnach sollten abtreibende Frauen mit bis zu 5 Jahren Zuchthaus bzw. bei mildernden Umständen mit Gefängnis bestraft werden. Während der Weimarer Republik (1920) forderte die SPD, Abtreibungen in den ersten drei Monaten für straffrei zu erklären. 1926 wurde Abtreibung nur noch als Vergehen (bisher Verbrechen) definiert und lediglich mit Gefängnis bestraft. Ein Jahr später wurde die medizinische Indikation (das Leben der Mutter oder des Kindes ist bedroht) als Rechtfertigungsgrund für eine Abtreibung akzeptiert. Im Gesetz „Zur Verhütung erbkranken Nachwuchses” (1935) wurde von den Nationalsozialisten die Abtreibung behinderter Kinder bis zum 6. Monat befürwortet. Während des Zweiten Weltkrieges wurde mit zweierlei Maß gemessen. Deutschen Frauen wurde die Abtreibung bei Androhung der Todesstrafe verboten. War das Kind behindert oder gehörte die Mutter zu einer als minderwertig angesehenen Bevölkerungsgruppe, wurde die Abtreibung erleichtert, manchmal sogar gefordert.

Während der Nachkriegszeit blieb die Abtreibung weiterhin strafbar. In der DDR wurde die Schwangerschaftsunterbrechung aus medizinischen und eugenischen Gründen (z.B. Behinderung) legalisiert (1950-1972). In den 60er Jahren beschäftigte die Abtreibung eine breite Öffentlichkeit. Frauenrechtlerinnen forderten mit dem Slogan „Mein Bauch gehört mir” die Abschaffung von § 218. Christen, Juden und Muslime protestierten gegen Bestrebungen, die Abtreibungsgesetze zu lockern. In der DDR (1972) und in der Bundesrepublik wurden Gesetze eingebracht, nach der die Abtreibung in den ersten drei Monaten straffrei bleiben sollte. 1975 kippte das Bundesverfassungsgericht diese Regelung mit dem Hinweis auf das Grundgesetz. „Das sich im Mutterleib entwickelnde Leben steht als selbständiges Rechtsgut unter dem Schutz der Verfassung auch unter Art. 2 Abs. 2 und Art. 1 Abs. 1 GG, und hat auch Vorrang vor dem Selbstbestimmungsrecht der Frau.“12 Eine Neufassung des § 218 sah grundsätzlich eine Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren für den vor, der eine Schwangerschaft abbricht. Es konnte auch eine Geldstrafe ausgesprochen werden. Schwere Fälle sollten mit bis zu 5 Jahren Gefängnis geahndet werden. Straffrei wurden Abtreibungen aus medizinischen, kriminologischen (z.B. Vergewaltigung), eugenischen und sozialen Notlagen hervorrufenden Gründen. Die Flexibilität der sozialen Indikation führte faktisch zu einer weitgehenden Abtreibungsfreiheit. Nach der deutschen Wiedervereinigung galt im Osten die Fristenregelung und im Westen die Indikationsregelung.

Im Jahr 1995 trat das bis heute gültige Familienhilfeänderungsgesetz in Kraft. Im Zivilrecht wird erst nach der Geburt von einem rechtsfähigen Menschen (mit der Möglichkeit, klagen zu können und verklagt zu werden) gesprochen (§ 1 BGB). Nach dem Grundgesetz und mittelbar auch nach dem Strafgesetzbuch (StGB) ist schon der Embryo schützenswertes menschliches Leben. Das Leben eines Menschen ist ab dem Zeitpunkt seiner Geburt strafrechtlich geschützt. Demnach ist eine Abtreibung laut § 218 StGB eine „Straftat gegen das (ungeborene) Leben”. „(1) Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Handlungen, deren Wirkung vor Abschluss der Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutter eintritt, gelten nicht als Schwangerschaftsabbruch: (§218 StGB) (2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gegen den Willen der Schwangeren handelt oder Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung der Schwangeren verursacht. (3) Begeht die Schwangere die Tat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. (4) Der Versuch ist strafbar. Die Schwangere wird nicht wegen Versuchs bestraft.”13 Gesetzesergänzungen (§ 218 a-d) regeln dann die Ausführungsbestimmungen und die Bedingungen eines straffreien Schwangerschaftsabbruchs.14 Das Bundesverfassungsgericht hat 1993 noch einmal festgestellt, dass Abtreibung grundsätzlich strafbar ist. Allerdings nennt § 218a medizinisch und rechtlich begründete Ausnahmen. Als nicht mehr rechtswidrig wird ein Schwangerschaftsabbruch beurteilt, a. Wenn das Leben oder die Gesundheit der Mutter akut bedroht sind (medizinische Indikation), b. Wenn die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung oder eines sexuellen Missbrauchs ist (kriminologische Indikation), c. Wenn eine schwere gesundheitliche oder körperliche Missbildung des Kindes zu erwarten ist (medizinisch-soziale Indikation) und d. Wenn der Mutter aufgrund ihrer angespannten sozialen Lage keine Schwangerschaft zugemutet werden kann. Diese Indikationen müssen von einem Arzt bestätigt werden. Die Abtreibung wird dann von der Krankenkasse bezahlt. Abtreibungen aufgrund möglicher Behinderungen des Embryos können auch noch nach der 12. Schwangerschaftswoche vorgenommen werden. Unabhängig davon können Frauen aus persönlichen Gründen bis zum Ende des dritten Monats eine Abtreibung vornehmen lassen, wenn sie von einer dafür anerkannten Einrichtung einen Beratungsschein ausgestellt bekommen. Die zuständigen Beratungsstellen sollen die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigen, indem sie über mögliche Unterstützung finanzieller oder rechtlicher Art informieren. Außerdem helfen sie dabei, genauere Vorstellungen von einem Leben mit dem Kind zu bekommen und zu überlegen, ob ein solches nicht vielleicht doch möglich wäre. Die Beratung dient dem „Schutz des ungeborenen Lebens”, trotzdem liegt die endgültige Entscheidung bei der betroffenen Frau. Entscheidet sich die werdende Mutter zur Abtreibung, muss sie je nach Einkommen einen Teil oder die gesamte Summe des Eingriffs selber bezahlen. Abgetrieben wird zumeist durch die Einnahme von RU 486, wodurch eine Frühgeburt hervorgerufen wird oder durch die Zerstückelung und Absaugung des Embryos.15Weiterhin strafbar ist eine Abtreibung gegen den Willen der Schwangeren und die Werbung für Schwangerschaftsabbruch (§ 218 StGB). Seit 2008 dringt die CDU darauf, dass auch Abtreibungen mit einer medizinischen Indikation, z.B. wegen der zu erwartenden Behinderung des Kindes, eine Schwangerschaftskonfliktberatung voraus gehen muss. Ferner sollen zwischen Beratung und Abtreibung mindestens drei Tage liegen, um der Mutter eine angemessene Bedenkzeit zu ermöglichen.16

In anderen europäischen Ländern wird die Abtreibung gesetzlich sehr unterschiedlich gewertet: In Frankreich wurde die Beratungspflicht vor Schwangerschaftsabbrüchen 2001 aufgehoben und die Frist für eine legale Abtreibung auf 14 Wochen erweitert (ca. 210 000 Abtreibungen pro Jahr). Die Pille danach wird hier auch an Minderjährige rezeptfrei abgegeben.17 In Belgien ist der Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche straffrei. In den liberalen Niederlanden kann eine Mutter, nach vorheriger Beratung, bis zu 20. Woche nach der Befruchtung straffrei abtreiben (ca. 28 000 Abtreibungen pro Jahr). In Großbritannien kann aus medizinischen und sozialen Gründen bis zur 24. Woche eine Schwangerschaftsunterbrechung vorgenommen werden. Im katholischen Irland darf nur abgetrieben werden, wenn das Leben der Mutter akut bedroht ist. In Polen müssen unabhängig voneinander drei Ärzte eine medizinische oder embryopathische Indikation festgestellt, um straffrei abtreiben zu dürfen (ca. 200 Abtreibungen pro Jahr). Schwangerschaftsabbrüche in Portugal sind zurzeit nur erlaubt, wenn eine Frau vergewaltigt wurde, ihr Leben in Gefahr ist oder das Kind schwer behindert zur Welt kommen würde. In einem Referendum vom Februar 2007 allerdings stimmte eine Mehrheit für die Lockerung der strengen Abtreibungsregelungen. In der Diskussion ist eine Fristenlösung, die den Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ersten 10 Wochen straffrei macht.18 Eine außerordentlich hohe Abtreibungsrate bei Teenagern findet sich in Großbritannien und Schweden.19

4. WANN IST DER MENSCH EIN MENSCH

Abtreibung ist schlecht - weil schon der Embryo ein schützenswerter Mensch ist.

Abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen wird heute kaum gefordert, einen Menschen töten zu dürfen, wenn dieser meine finanzielle, psychische oder gesundheitliche Entwicklung negativ beeinflusst. Schließlich wäre das ein Freibrief, Alte und Schwache, Arbeitslose und Behinderte straflos ins Jenseits zu befördern. Auch wird nicht ernsthaft erwogen, jeden Menschen, der nur mit fremder Hilfe überlebensfähig ist, töten zu dürfen. Das beträfe neben den Embryonen auch neugeborene Babys, pflegebedürftige Senioren oder schwer Behinderte. Das Hauptargument der Abtreibungsbefürworter in dieser Diskussion lautet: Von einem schützenswerten Menschen kann erst mit dem Zeitpunkt der Geburt ausgegangen werden. Vorher handelt es sich zwar um eine Ansammlung menschlicher Zellen, nicht aber um einen vollgültigen Menschen. Natürlich gäbe es Übergangsformen, doch zumindest in den ersten Wochen handele es sich nicht um ein menschliches Wesen mit Bewusstsein, Schmerzempfinden und eigenem Willen.

Für einen Großteil der Bevölkerung scheint es jedoch selbstverständlich zu sein, dass ein schützenswerter Mensch im Augenblick der Befruchtung entsteht. Der Bundesverband Lebensrecht e.V. hat in diesem Zusammenhang eine Umfrage bei dimap in Auftrag gegeben. Auf die Frage, ob es stimmt, dass ein neuer Mensch im Augenblick der Verschmelzung von Samen und Eizelle entsteht, antworteten 76% der Befragten mit ‘Ja’ (unabhängig ihrer religiösen Ausrichtung). Nur 17% stimmten dieser Definition nicht zu.20

Schon sehr früh ist der Embryo auch äußerlich als menschliches Wesen erkennbar. Bereits nach 14 Tagen, das Kind ist erst 1,5 mm groß, zeigen sich erste Blutgefäße. Am 18. Tag wird das Gehirn angelegt. Drei Tage später beginnt das Herz zu schlagen. Mit 28 Tagen sind bei dem winzigen Menschen (4,2 mm) alle Organsysteme angelegt. Ab der 6. Woche nimmt das Kind erste Informationen aus seiner Umgebung auf: die Lage in der Gebärmutter, den Druck auf den Körper, die Temperaturunterschiede. Mit 7 Wochen (21 mm) sind alle Organe vorhanden. Es entwickelt sich nichts Neues mehr. Nur noch Nahrung und Zeit sind nötig, um zu wachsen und zu reifen. In der 8. Woche bekommt das Kind seine eigenen unverwechselbaren Fingerabdrücke, die es sein ganzes Leben lang behalten wird. Mit 9 Wochen versucht das Kleinstkind zu greifen, wenn seine Handfläche berührt wird. Um Störungen zu vermeiden, kann es den Kopf wegdrehen. Die Finger zeigen zarte Fingernägel. Hände, Arme und Beine werden bewegt. Bei Berührung der Wangen und Lippen zuckt das Kind, als wolle es lächeln. In der 12. Woche (8 cm) ist die Entwicklung der Körperfunktionen abgeschlossen. Geschlecht und Fingernägel sind erkennbar. Das Kind ist sensibel auf Empfindungen und Erlebnisse der Mutter. Es reagiert auf Musik und ist lernfähig. Der Geschmackssinn ist bereits ausgeprägt. Das Kind schluckt mit Genuss das süßliche Fruchtwasser und lutscht am Daumen. Im 4. Monat kann das Kleinstkind greifen, schwimmen und Purzelbäume schlagen. Seine Bewegungen sind erstmals für die Mutter fühlbar. Es entwickelt seinen eigenen Schlafrhythmus. Ab der 26. Woche ist das Kind bereits außerhalb der Gebärmutter lebensfähig, denn zu diesem Zeitpunkt wird eine Flüssigkeit gebildet, die die Entfaltung der Lungenbläschen ermöglicht.

Das preußische Landrecht hatte deshalb auch schon 1794, zur Zeit der Aufklärung, eindeutig entschieden: „Die allgemeinen Rechte der Menschheit gebühren auch den noch ungeborenen Kindern schon von der Zeit der Empfängnis an“.21 In der UN-Kinderrechtserklärung heißt es dazu: „Die Vertragsstaaten erkennen an, dass jedes Kind ein angeborenes Recht auf Leben hat“ (Artikel 6).

Das deutsche Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht plädieren für den Schutz des Embryos: „Wo menschliches Leben existiert, kommt ihm Menschenwürde zu; es ist nicht entscheidend, ob der Träger sich dieser Würde bewusst ist und sie selbst zu wahren weiß. Die von Anfang an im menschlichen Sein angelegten potenziellen Fähigkeiten genügen, um die Menschenwürde zu begründen.”22 „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“,23 sagt das Grundgesetz. „Jeder im Sinne“ dieses Artikels „ist jeder Lebende, anders ausgedrückt: jedes Leben besitzende, menschliche Individuum, jeder ist daher auch das noch ungeborene menschliche Wesen“, so der Wortlaut der Entscheidung des BVG.24

Abtreibungsbefürworter hingegen betonen den Unterschied zwischen Embryo und Neugeborenem. Für sie nimmt das Bewusstsein eines Menschen im Laufe seiner Entwicklung zu und damit seine Schutzwürdigkeit. Der Embryo ist für sie nicht selbständiges Leben. Er kann sich nur im und durch den Körper der Frau entwickeln, in vollständiger Abhängigkeit. „Der Embryo ist nicht, was er erst wird. So wie eine Raupe noch kein Schmetterling ist.”25Peter Schaber dazu: „Es ist meiner Meinung nach keineswegs so, dass der moralische Status des Embryos von der Befruchtung bis zur Geburt unverändert bleibt. Ich würde bei der Zusprechung von Menschenwürde verschiedene Entwicklungsstufen des Embryos unterscheiden. Für mich sind bestimmte Eigenschaften wie etwa der Beginn der Gehirnentwicklung oder die einsetzende Empfindungsfähigkeit moralisch von Belang. Je mehr sich der Embryo dem Zeitpunkt der Geburt nähert, desto moralisch gewichtiger scheint mir das Wesen.”26 Der Embryo sei einem Ei vergleichbar. Für die meisten Menschen mache es aber einen Unterschied, ob sie ein Ei oder ein lebendes Huhn in kochendes Wasser werfen. Ähnlich sei es mit der Tötung eines Embryos im Vergleich zu der eines voll entwickelten Menschen.27

Für den Zeitpunkt, von dem an man von einem schützenswerten Menschen sprechen muss, werden folgende Vorschläge diskutiert: Geburt, Lebensfähigkeit, Bewegung des Fötus, Einsetzen des Bewusstseins und Befruchtung der Eizelle.

Die Geburt als Kriterium für den Beginn eines Schützenswerten menschlichen Lebens ist nur schwer nachzuvollziehen. Das Kind unterscheidet sich kurz vor und kurz nach der Geburt nur unwesentlich voneinander und verfügt zu beiden Zeitpunkten über die gleiche Fähigkeit, Schmerz zu empfinden oder andere Reize wahrzunehmen. Der wesentlichste Unterschied liegt in der bloßen Sichtbarkeit des Babys (wobei Ärzte auch schon das ungeborene Kind per Ultraschall begutachten können) und in der Beendigung der innigen körperlichen Verbindung mit der Mutter mit der Durchtrennung der Nabelschnur. Folglich ist dieses Kriterium für die Definition des schützenswerten Lebensbeginns nicht wirklich überzeugend.28

Andere erklären das Kind ab dem Zeitpunkt zu einem schützenswerten Menschen, zu dem es außerhalb der Mutter überleben kann. Aufgrund moderner Medizintechnik ist das selbstständige Überleben heute jedoch immer früher möglich. Folglich ist diese Definition äußerst ungenau und jeweils abhängig von der momentanen Forschungslage und den Möglichkeiten des örtlichen Krankenhauses. Dieser Sachverhalt führt allerdings zu einigen Problemen, da sich, wenn Schwangere von einem Ort zum anderen reisen, der Status für das Ungeborene ändern würde. Mit der weiteren Entwicklung der medizinischen Technik müssten Vertreter dieser Position auch eine beständige Anpassung des Zeitpunktes der schützenswerten Menschwerdung vornehmen. Der spätest mögliche Zeitpunkt einer legitimen Abtreibung wäre damit abhängig vom momentanen Forschungsstand und den örtlichen medizinischen Möglichkeiten. Eine solch variable Definition scheint wenig plausibel.

Ein weiteres der diskutierten Kriterien für den Schwangerschaftsabbruch ist die Bewegung des Fötus. Dabei macht es durchaus einen Unterschied, ob man den Zeitpunkt wählt, zu dem die Mutter die Bewegung spürt (etwa 16. Woche) oder den frühesten Zeitpunkt, zu dem sich der Fötus bewegt (etwa 8. Woche). Die Frage ist zudem, ob eine solche Definition nicht konsequenterweise zur Diskriminierung von Menschen mit fehlendem physischem Bewegungsvermögen führt, z.B. Personen im Koma oder mit schweren Lähmungen. Folglich müssten entsprechend dieser Argumentation auch Schlafende, die sich nicht bewegen, den zentralen Aspekt ihres Menschseins zumindest zeitweise verlieren. Auch ist es wenig überzeugend, das Menschsein lediglich an seinen eigenständigen Bewegungen festzumachen, da diese weder spezifisch für den Menschen noch für jedes Individuum einheitlich feststellbar sind.

Recht willkürlich erscheint die gegenwärtig gültige Gesetzesregelung, nach der ein Mensch erst nach Ablauf von drei Monaten absoluten juristischen Schutz genießt, es sei denn, er leidet unter einer schweren Behinderung. Vorher kann das menschliche Wesen unter bestimmten Bedingungen legitim abgetrieben, d.h. getötet werden. Ohne detailliertere Kriterien erscheint die Datierung schützenswerten Menschseins auf eine bestimmten Schwangerschaftswoche willkürlich.

Das Kriterium des Bewusstseins ist etwas außer Mode gekommen, da unklar ist, ab wann der Fötus in der Lage ist, Schmerz zu empfinden und erst recht, ab wann man ihm Bewusstsein zusprechen kann.29

Trotzdem wird noch da und dort das Bewusstsein des Embryo als einschneidendes Kennzeichen des Menschseins genannt. Die neuen Bioethiker wie Norbert Hoerster und Dieter Birnbacher verneinen das Lebensrecht des frühen Embryos, andere lassen offen, wann der Mensch seine Individualität und Personalität gewinnt. Man spricht je nach Gutdünken in der Frühentwicklung bis zur Nidation oder bis zur Gehirnentwicklung vom werdenden Menschen, einem vorprogrammierten Organismus, von Kindern und deren Vorstufen“.30 Maria E. Overdick-Gulden kritisiert: „Man glaubt sich berechtigt, den Menschen- und Personenbegriff zu spalten, rückt Person in die Nähe von Persönlichkeit und ermächtigt sich am Schreibtisch oder im parlamentarischen Beschluss zu einer Art Herr über Leben und Tod. Man vertritt die individuelle Interessenlage der Erwachsenenwelt und kommt den Wünschen jener entgegen, die sie zu äußern vermögen.”31

Nach dem ehemaligen Kultur-Staatsminister Nida-Rümelin ist schützenswertes Menschsein abhängig von dem Selbstbewusstsein und der Selbstachtung des jeweiligen Wesens: „Die Achtung der Menschenwürde ist dort angebracht, wo die Voraussetzungen erfüllt sind, dass ein menschliches Wesen entwürdigt werden, ihm seine Selbstachtung genommen werden kann.“ Doch „die Selbstachtung eines menschlichen Embryos lässt sich nicht beschädigen.”32 Mit einem solchen Kriterium wären aber nicht nur Embryonen, sondern auch Säuglinge und Kleinkinder sowie all jene Menschen, die keine Selbstachtung entwickeln können oder sie in einer Krankheit, z. B. einer schweren Depression, verloren haben, von der Anerkennung ihrer Würde ausgeschlossen. Man ist versucht zu fragen, ob eine Person auch weiterhin ein schützenswerter Mensch ist, wenn er schläft oder nach einem Unfall ins Koma fällt, also keine Selbstachtung zeigen kann.

Einige Ethiker und Philosophen wollen erst von einem schützenswerten Menschen sprechen, wenn dieser eine Persönlichkeit hat. Die Persönlichkeit wird am Bewusstsein festgemacht. Das wiederum läuft im Gehirn ab. Konsequent wird der Embryo in einer frühen Phase seiner Entwicklung, in der noch kein Großhirn ausgebildet ist, nicht als Mensch angesehen und kann so bedenkenlos abgetrieben werden.

Zwar ist es richtig, dass sich das Bewusstsein erst im Laufe der Zeit entwickelt und beim erwachsenen Menschen seine volle Entfaltung erreicht, das schließt aber nicht aus, dass diese Persönlichkeit vorher schon in der Potenz (in der Anlage, im Ansatz) vorhanden ist und sich im Lauf der Zeit lediglich immer mehr entwickelt. Wenn auch die Ausbildung der Großhirnrinde nicht mit dem Entstehen der Persönlichkeit gleichgesetzt werden kann, bietet sie doch die Möglichkeit dazu. So kommt dem Gehirn für das Werden eines menschlich-personalen Wesens entscheidende Bedeutung zu. Aber auch schon zu einem viel früheren Zeitpunkt weiß man, dass sich bei ungestörter Weiterentwicklung ein Mensch mit Bewusstsein und Freiheit entfaltet. Wenn auch jede spätere Phase dieser Entwicklung die frühere überbietet, geht sie doch aus der früheren hervor und trägt die späteren im Ansatz in sich. Schon mit der Befruchtung der Eizelle ist der Startschuss für die spätere Entwicklung gegeben; der Chromosomensatz enthält die Erbinformation für diese Persönlichkeit. Zur vollen Entfaltung braucht das entstandene Leben zwar den Schutz und die Versorgung im Mutterbauch. All diese Einflüsse fügen aber der Erbinformation nicht etwas prinzipiell Neues hinzu, sondern wecken und entwickeln nur, was in ihr enthalten ist. Darüber hinaus ist es problematisch, den Menschen in seiner Ganzheit lediglich an dem Entwicklungsgrad eines seiner Organe (hier des Gehirns) festzumachen.33

In Variation zum Bewusstsein wird gelegentlich auch das Selbstbewusstsein / die Selbstbestimmungsfähigkeit eines Wesens als notwendiges Kennzeichen seines schützenswerten Menschseins angesehen. Auch dieser Definition vollgültigen Menschseins muss entgegengehalten werden, dass weder das Neugeborene noch das Kleinstkind, aber auch nicht der senile Alte, der schwer psychisch Geschädigte oder der schlafende Mensch aktiv, sondern nur potentiell über seine Selbstbestimmungsfähigkeit verfügt. Diesen Menschen aber ihr Menschsein abzuerkennen, scheint weder logisch noch wünschenswert.34

Für die Behauptung, dass sich mit der Einnistung des Embryo in der Gebärmutter (Nidation) die eigentliche Menschwerdung vollziehe, werden verschiedene Gründe angeführt:

-   Bis zum Beginn der Nidation (bis zum 6. oder 7. Tag nach der Befruchtung) kann der Embryo in mehrere Individuen auseinander fallen (eineiige Zwillinge oder Mehrlinge). Umgekehrt konnten im Tierversuch mehrere Gebilde in diesem Stadium zu einem einzigen vereinigt werden, das sich zu einem größeren Tier entwickelte. Daraus scheint sich zu ergeben, dass das menschliche Individuum erst nach Abschluss der Nidation lebensfähig ist.

-   Erst in der Nidation wird der Keim vom Organismus der Mutter angenommen. Medizinische und juristische Kreise sprechen erst ab diesem Zeitpunkt von Schwangerschaft.

-   Von den befruchteten Eizellen gehen vor der Nidation 30 bis 50 Prozent zugrunde. Scheinbar sieht auch der Körper der Mutter den Embryo erst ab seiner Einnistung als schützenswertes Wesen an.

Auch gegen diese Definition des Menschen erheben sich allerdings erhebliche Bedenken:35

-   Die Biologie benennt die Vereinigung der väterlichen und der mütterlichen Chromosomen als den entscheidenden Anfang der Entwicklung einer neuen eigenständigen Persönlichkeit.

-   Der mütterliche Organismus nimmt den Embryo nicht erst in der Nidation an, sondern sorgt für ihn in sehr angepasster Weise schon vorher.

-   Die Möglichkeit der (ziemlich seltenen) Teilung eines aus dem befruchteten Ei entstandenen Gebildes zu mehreren und der Vereinigung mehrerer zu einem bis zum Ende der Nidation richtet sich nicht gegen das Personsein des Embryos. Medizinisch kann auch aus der Zelle eines Erwachsenen durch Klonen ein neuer Mensch gezüchtet werden, ohne dass der Spender oder der neue Mensch dadurch seine Persönlichkeit verlieren.

-   Zusammen mit dem Absterben befruchteter Eier vor der Nidation sollte beachtet werden, dass vor 150 Jahren ein Großteil der Säuglinge in den ersten Tagen nach der Geburt starb, ohne dass jemand daraus den Schluss gezogen hätte, man brauche die Neugeborenen nicht als zu bewahrendes menschliches Leben zu achten, weil die Natur selbst sie nicht achte. Außerdem können Menschen während ihres ganzen potentiellen Lebens sterben, ähnlich wie Embryonen in dieser frühen Phase ihres Lebens sterben können. Aus der Möglichkeit des Sterbens kann aber kein Rückschluss auf schützenswertes Menschsein gezogen werden.

-   Biologen kündigen heute an, dass es in absehbarer Zukunft möglich sein wird, ein befruchtetes menschliches Ei in einer künstlichen Gebärmutter heranreifen zu lassen.

Man müsste für den Fall des Gelingens fragen, ob derart entwickelte Wesen nie Menschen würden, weil ja die (angeblich entscheidende) Nidation unterbleibt.

Paul Kirchhof, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht, will zumindest den juristischen Schutz des Embryos an der Nidation festmachen, wobei er betont, dass es sich auch schon vorher um eindeutig menschliches Leben handelt: „Der Schutz des ungeborenen menschlichen Lebens kommt ihm seit der Nidation zu, weil es sich bei dem Ungeborenen um individuelles, in seiner genetischen Identität und damit in seiner Einmaligkeit und Unverwechselbarkeit bereits festgelegtes, nicht mehr teilbares Leben handelt, das sich im Prozess des Wachsens und sich Entfaltens nicht erst zum Menschen, sondern als Mensch entwickelt.”36 Nach Kirchhof muss demnach jeder Embryo spätestens seit der Nidation als schützenswerter Mensch betrachtet werden. Jede Abtreibung ist deshalb als Tötung dieses menschlichen Wesens zu verstehen.

Schlussendlich muss mit dem Rechtswissenschaftler Josef Isensee resümiert werden: Das Menschsein nimmt seinen Anfang in der Verschmelzung von weiblicher und männlicher Keimzelle. „Die Interpretationsansätze, die den Beginn des Lebens zu einem späteren Zeitpunkt, als dem der Verschmelzung ansetzen, stoßen auf die Schwierigkeit, dass der biologische Entwicklungsprozess kontinuierlich verläuft und keine Einschnitte und Sprünge erkennen lässt. Auch die Nidation, die als Kriterium vorgeschlagen wird, bildet keine Zäsur. … Letztlich haften an allen Versuchen, den Lebensschutz auf einen Zeitpunkt nach der Kernverschmelzung zu verlegen, Momente der Willkür. Willkürfrei und folgerichtig ist die Anknüpfung an die Verschmelzung. Das Grundgesetz schützt das Leben von Anfang an.”37Alles Weitere ist nicht die Entwicklung des lebendigen Keims zum Menschen, sondern die Entwicklung als Mensch.

5. ABTREIBUNG IST MORD

Abtreibung ist schlecht - weil dabei Menschen schuldlos ermordet werden.

Wie soeben gezeigt, ist der logisch und biologisch einzig sinnvolle Termin für den Anfang eines neuen menschlichen Lebens die Vereinigung von Ei und Samenzelle. Wird der zu diesem Zeitpunkt einsetzende Entwicklungsprozess nicht unterbrochen, wird nach neun Monaten ein fertiger Mensch geboren. Auch wenn der Embryo im Bauch der Mutter genauso wenig wie das Neugeborene oder ein seniler Senior seine eigenen Interessen alleine vertreten oder unabhängig von der Hilfe anderer überleben kann, muss er doch, wie diese, als Mensch angesehen werden. Weder Geburt noch Einnistung der befruchteten Eizelle sind Eingriffe in das Leben, die den Menschen zu etwas prinzipiell anderem machen. Für den betreffenden Menschen sind diese Einschnitte ähnlich dem Erlernen der Sprache oder der Pubertät, die biologische bzw. psychische Veränderungen herbeiführen, aber kein anderes Lebewesen schaffen. Es handelt sich folglich schon beim Embryo um einen vollwertigen Menschen. Einen Mensch direkt oder indirekt zu töten, wird in der Bibel von Gott strikt verboten (2Mo 20,13; 5Mo 5,17; Mt 5,21). Lediglich der Staat darf in denen von Gott gesetzten Ausnahmen wie Todesstrafe (1Mo 9,5f; 2Mo 21,12; Röm 13,3f) oder Krieg (Neh 4,8.14; Röm 13,4) einem Menschen das Leben nehmen. Auch wenn Eltern ihre Kinder zur Zeit des Alten Testaments körperlich züchtigen durften (Spr 13,24; 22,15; 23,13f), eine Verletzung, die zum Tod eines Kindes führt, war generell verboten (Spr 19,18). Bei der Abtreibung, die das Leben des Kindes bewusst beenden will, handelt es sich um einen Mord, den keine Ausnahmeregelung der Bibel legitimiert.

6. ABTREIBUNG IST MASSENMORD

Abtreibung ist schlecht - weil dadurch das Leben ganzer Bevölkerungsteile vernichtet wird.

Im April 2003 entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe, dass Abtreibungskritiker die gegenwärtige Praxis des Schwangerschaftsabbruchs als neuen Holocaust bezeichnen dürfen.38

Nach Angaben des statistischen Bundesamtes wurden 2005 in Deutschland 124 023 Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen. 3177 Abtreibungen wurden mit einer medizinischen Gefährdung der Mutter und 21 mit kriminologischer Indikation begründet. Die weitaus meisten Schwangerschaftsabbrüche (120 825) erfolgten nach einer Pflichtberatung auf Wunsch der Mutter. 2049 Kinder wurden nach der 12. Schwangerschaftswoche abgetrieben, davon 171 sogar noch nach der 23. Woche.39

Nach Schätzungen der WHO werden jedes Jahr weltweit rund 46 Millionen Kinder abgetrieben. Geschätzte 20 Millionen davon finden illegal und unter hygienisch prekären Bedingungen statt, was in 40 % dieser Fälle zu schweren medizinischen Komplikationen führt. Im Bezug auf je 1000 Frauen werden in Deutschland jährlich 7,6, in Frankreich 16,2, in Großbritannien 16,6, in Rumänien 51,6 und in Russland 54,2 Kinder abgetrieben.40

Intensiv wirbt der UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) mit den Geldern seiner Mitglieder für Abtreibungen als Regulierungsinstrument des Bevölkerungswachstums zahlreicher Entwicklungs- und Schwellenländer. In China stellt sich der UNFPA hinter die Ein-Kind-Politik des kommunistischen Regimes. Neutrale Schätzungen sprechen von bis zu 10 Millionen Abtreibungen pro Jahr in China. Einen Ansturm gibt es auch auf die 200 In-Vitro-Fertilisations-Kliniken41, deren Eingriff männliche Nachkommen sicherstellen sollen. Sozusagen nebenher werden hier zahlreiche überflüssige Embryonen produzieren, die nach der Therapie vernichtet werden. Durch die langjährige geschlechtsspezifische Abtreibungspraxis fehlen in China rund 50 Millionen Frauen. Aus Protest gegen die Abtreibungspolitik der UNO verweigerte die USA dem UNFPA 35 Millionen Dollar, die für weltweite Abtreibungskampagnen eingesetzt werden sollten.42

Auch die EU finanziert mit ihren Entwicklungshilfegeldern Werbung und Durchführung von Abtreibungen in Asien und Afrika. Die EU-Abgeordnete Dana Rosemary Scallon entdeckte durch ihre Recherchen, dass die EU-Kommission bereits seit dem Jahr 2001 50 Millionen Euro aus dem Fischerei-Haushalt sowie etwa 16 Millionen Euro aus weiteren Haushaltslinien abgezweigt und zur Finanzierung von Abtreibungsmaßnahmen in Afrika bereitgestellt hatte.43 Bislang verbieten noch 47 von 49 der von der EU unterstützten Entwicklungsländer die Abtreibung oder binden sie an strenge Reglementierungen. Dagegen will die EU mit den Mitteln der Entwicklungshilfe vorgehen. In der so genannte Sandbaek-Verordnung beschloss das EU-Parlament 2003 erhebliche Mittel (73,95 Mio. EUR für die Jahre 2003-2006) in die Förderung von Empfängnisverhütungs- und Abtreibungskampangen zu investieren. Stefan Rehder kommentiert diese Entscheidung: „Länder, die sich weigern, Abtreibungen durch die EU finanzieren zu lassen, müssen damit rechnen, ganz aus der Förderung herauszufallen. Dass die EU Millionen von Euro mobilisiert, mit denen Jahr für Jahr Verhütung, Sterilisationen und Abtreibungen finanziert werden sollen, liegt nach Ansicht nicht weniger Beobachter daran, dass Familien in Entwicklungsländern in der Regel zwar nicht mehr Kinder haben, als sie wünschen, wohl aber mehr als die an Rohstoffen und Einfluss interessierten Industrieländern wünschen.“44

Eine Entschließung des EU-Parlaments aus dem Jahr 2002 empfiehlt den neuen Mitgliedsstaaten in Mittel- und Osteuropa, „dass Abtreibungzur Gewährleistung der reproduktiven Gesundheit und Rechte der Frau legal, sicher und für alle zugänglich sein sollte“. Die Regierungen der Mitgliedstaaten und der Beitrittsländer werden aufgefordert, „auf jegliche Verfolgung von Frauen, die illegal abgetrieben haben, zu verzichten“.45

7. ABTREIBUNG SCHADET DER MUTTER

Abtreibung ist schlecht – weil sie für Frauen oftmals ein traumatisches Erlebnis ist.

Ganz offensichtlich stellt die Abtreibung einen schwerwiegenden Eingriff in den Körper einer Frau dar. Abtreibungen können nachhaltige gesundheitliche Auswirkungen auf betroffene Frauen haben. Chirurgische Abtreibungen können zu Infektionen führen, insbesondere, wenn nicht alle Reste des Embryos und der Gebärmutterschleimhaut entfernt wurden. Darüber hinaus können Verletzungen der Gebärmutter zu längeren Blutungen führen. Wenn auch nicht in großem Umfang, so liegen doch zahlreiche Berichte über Verwachsungen im Unterleib, Menstruationsstörungen, Unfruchtbarkeit und ein erhöhtes Risiko für Eileiterschwangerschaften infolge einer Abtreibung vor. Als Nebenwirkungen der Abtreibungspille Mifegyne (RU 486) werden Herz- Kreislauf-Versagen, Blutungen, Bauchkrämpfe und Übelkeit genannt. Ärzte und Therapeuten verweisen in diesem Zusammenhang auf das Post Abortion Syndrom (PAS). Direkt im Anschluss an die Abtreibung und anlässlich der Rückerinnerung, können verstärkt psychische Probleme auftreten (unkontrolliertes Weinen, Angstzustände, Stimmungsschwankungen, Überaktivität, Konzentrationsschwäche, Depression, Selbstmordgedanken, Sexualstörungen, Suchtverhalten, Reue und Schuldgefühle). Zahlreiche Frauen werden durch äußere Ereignisse an ihre Abtreibung erinnert, so durch den hypothetischen Geburtstermin, durch den Jahrestag der Abtreibung oder durch die Begegnung mit Kindern, die das Alter des selbst erwarteten Kindes haben.46

Da viele Frauen eine emotionale Beziehung zu dem in ihnen heranwachsenden Leben aufbauen, kann die Abtreibung als traumatisches Erlebnis erfahren werden, das negative Auswirkungen in verschiedenen Lebensbereichen zur Folge hat. Da für die meisten Frauen die Abtreibung eine außergewöhnliche Erfahrung ist, bleibt sie intensiv in Erinnerang. Selbstverständlich werden dann auch Lebensvarianten durchgespielt, in denen das Kind geboren worden wäre. Hat die betreffende Frau noch weitere Kinder, kann es nach einer zeitlichen Verzögerung zur Einsicht in die ganze Tragweite des eigenen Handelns kommen. Erst später wird vielen Frauen bewusst, dass sie eine menschliche Existenz in ihren frühesten Anfängen verhindert bzw. ausgelöscht haben. Da sich die von ihrer Schwangerschaft überraschte Frau zeitweilig in einer Art Schockzustand befinden kann, ist es möglich, dass sie sich von Ärzten, Partner oder Freunden zu einer Abtreibung gedrängt fühlt, was ihr zumeist erst im Nachhinein ganz bewusst wird. Daraus können sich schwerwiegende Spannungen zu den Personen ergeben, die sie für die Abtreibungsentscheidung verantwortlich macht.47

8. ABTREIBUNG - KIND ALS SCHADENSFALL

Abtreibung ist schlecht - weil Kinder zuerst eine Bereicherung und keine Schädigung der Eltern sind.

Menschen sind in jedem Stadium ihres Lebens, auch als Kinder, wertvoll und verfügen über eine persönliche Würde. Aus christlicher Sicht sind sie von Gott gewollte und geschaffene Individuen und beachtliche Geschenke an ihre Eltern (5Mo 7,13; 28,4; Ps 127,3; 128,3.6; Mal 2,14f).

In der Konsequenz des Abtreibungsdenkens, die den Embryo erst entmenschlicht, um ihn hinterher mit gutem Gewissen töten zu können, wird der unerwünschte Zellhaufen sogar als Schädiger der eigenen Lebensqualität angesehen. Nicht nur, dass der junge Mensch ohne Scheu getötet wird, sollte er sich entschließen, doch am Leben zu bleiben, oder gelingt der Tötungsversuch nicht wie geplant, können Kind und Arzt zu Beklagten werden, die sich wegen des großen Schadens, der den Eltern durch das Überleben ihres Nachkommen entstanden sein soll, rechtfertigen müssen.

„Kann das Kind ein Schaden sein? ‘Wird es in Zukunft als unmoralisch gelten, die Geburt von Kindern mit gravierenden genetischen Defekten zuzulassen? Und können diese Kinder später rechtlich gegen ihre Eltern vorgehen’, weil sie solche Chancenlosigkeit ‘nicht verhindert haben’, fragt der Nobelpreisträger James Watson rhetorisch. … In seinem Plädoyer für die völlige Privatisierung der Abtreibung im Fall einer kindlichen Behinderung will er „allen Bürgern die Aussicht auf Hoffnung und Menschenwürde’ und ‘eine bessere Zukunft’ eröffnen. Sein eugenisches Vorurteil wird deutlich, wenn er behinderten Föten ein ‘produktives Leben’ in Abrede stellt und sie aus dem Tötungsverbot ausnehmen will, da ihre Tötung eine ‘Erleichterung’ für die Eltern und die Vermeidung ‘erschütternder Tragödien’ darstelle.”48 Watson kennt den Weg nach Eden: die in alle Lebensbereiche ausgeweitete Genetik. Er meint zu wissen, ‘warum wir Gott nicht mehr die Zukunft des Menschen überlassen dürfen“.49

Der Mannheimer Anwalt Dr. Phillip zitiert diesbezüglich aus einem am 3. März 1997 im 6. Senat des BGH ergangenen Urteil: „Darin ist von einem Schadensersatzanspruch gegen den Arzt die Rede, der die Geburt eines – wie hier wegen angeblich fehlerhafter vorgeburtlicher Untersuchung schwerstbehindert zur Welt gekommenen – Kindes zu verantworten“ hat. Allein „die Formulierung des BGH, , das genetisch belastete Kind sei wegen fehlerhafter Untersuchung zur Welt gekommen’“, ist, so Phillip, „ebenso schockierend wie die Aussage, der Arzt habe die Geburt eines Kindes ‘zu verantworten“.50 Schließlich hat diese bizarre Situation inzwischen eine makabere Ergänzung erfahren: Die Eltern eines Kindes, das sieben Stunden nach der Entbindung an seiner angeborenen Erkrankung starb, verlangten Schadensersatz mit der Begründung, sie hätten bei korrekter ärztlicher Aufklärung den geschädigten Fötus abgetrieben und sich damit die Beerdigungskosten erspart.51

„Zu dem Thema wrongful birth [fälschliche Geburt] gibt es mittlerweile Varianten bis hin zur erfolgreichen Klage eines behinderten Kindes gegen seine Eltern wegen seines wrongful life vor dem französischen Court de Cassation.52 Dass Nicholas Perruches’ Behinderung nur hätte verhindert werden können, wenn man ihn getötet hätte, wurde in der Urteilsbegründung nicht reflektiert. Wurde er „zu Unrecht nicht abgetrieben?“, hakte Knut Wiebe in der Zeitschrift für Lebensrecht nach – und kommt zum Ergebnis: „Ein Recht auf Nichtexistenz kann nicht begründet werden! Als verheerende Nebenwirkung führt eine solche Rechtsprechung zur Entsolidarisierung der Gesellschaft. Behinderung ist nicht mehr natürliche Disposition, sondern ein vom Arzt zu vermeidender Zustand unendlichen Leids.”53 An dieser Stelle werden der Wert eines Menschen und sein Lebensrecht an seiner vollen Funktions- und Leistungsfähigkeit gemessen. Jedes geistige oder körperliche Defizit müsste folglich zu einer Reduzierung des Lebensrechtes führen. Demnach wäre es konsequent, auch den schon geborenen Menschen, je nach ihrer Lebenssituation, einen unterschiedlichen Grad von Lebensrecht zuzusprechen: Ein im Vollbesitz seiner Kräfte stehender Mensch hätte ein 100%iges Lebensrecht, jemand mit einer Gehprothese bekäme vielleicht nur noch 80% Lebensrecht zugesprochen. Das kann meinem Erachten nach nicht wünschenswert sein.

9. ABTREIBUNG IST GRAUSAM

Abtreibung ist schlecht - weil hier Menschen grausam und schmerzvoll getötet werden.

Bei der Abtreibung handelt es sich im Gegensatz zu den Ausführungen ihrer Befürworter um eine grausame Tötung menschlichen Lebens. Medizinische Studien haben gezeigt, dass der Embryo schon in einem sehr frühen Stadium schmerzempfindlich ist. Filmaufnahmen vorgenommener Abtreibungen dokumentieren die Panik des Embryos während seiner Tötung. Der Herzschlag beschleunigt sich, das Baby zuckt und versucht der Spritze des Arztes auszuweichen. Je weiter die Schwangerschaft voran geschritten ist, desto beängstigender wird der Todeskampf des Kindes.

Der größte Teil der Spätabtreibungen wird mit der Prostagladinmethode durchgeführt. Hier wird der Frau ein wehenauslösendes Medikament gespritzt. Dadurch wird eine Frühgeburt eingeleitet. Bis das Kind auf diese Weise geboren wird, vergehen im Mittelwert etwa 10 Stunden. Das bedeutet in vielen Fällen, dass die Mütter spüren, wie ihre Kinder im Todeskampf um sich treten. Betroffene Frauen berichten, dass ihr Kind nach der eingeleiteten Frühgeburt noch geschrien hat. Laut Christian Albring, Fortbildungsleiter zum Schwangerschaftsabbruch der Ärztekammer Niedersachsen, kommen 30% dieser Kinder lebend zur Welt.54

Um das Überleben des Kindes nach der Geburt zu verhindern, setzen einige Ärzte Kaliumchlorid ein. Der Arzt punktiert mit einer langen Nadel die Bauchdecke der Frau. Danach sticht er die Nadel unter Ultraschallsicht in das Herz des Ungeborenen. Das Herz des Kindes hört sofort auf zu schlagen. - Kaliumchlorid unterbindet die Reizleitung am Herzen. - Falls sich das Kind sehr viel bewegt, kann es einige Zeit dauern, bis der Arzt die Nadel in Position bringen kann.55

Inwieweit der Embryo den psychischen Stress der Mutter und deren Ablehnung mitempfindet, ist bislang nur ansatzweise untersucht worden. Einige Daten deuten jedoch darauf hin, dass Kinder schon in einer sehr frühen Phase ihrer Entwicklung Stimmungen und Sinneseindrücke aus ihrer Umgebung aufnehmen können.

10. MEDIZINER ALS HELFER ODER HENKER

Abtreibung ist schlecht - weil Ärzte gezwungen werden, unschuldige Menschen zu töten, statt ihnen zu helfen.

Seit Jahrhunderten orientieren sich europäische Mediziner am so genannten Hippokratischen Eid. Darin heißt es unter anderem: „…Meine Verordnungen werde ich treffen zu Nutz und Frommen der Kranken, nach bestem Vermögen und Urteil; ich werde sie bewahren vor Schaden und willkürlichem Unrecht. Ich werde niemandem, auch nicht auf eine Bitte hin, ein tödliches Gift verabreichen oder auch nur dazu raten. Auch werde ich nie einer Frau ein Abtreibungsmittel geben. Heilig und rein werde ich mein Leben und meine Kunst bewahren. …“56 Fast unbemerkt hat sich mit der Akzeptanz der Abtreibung ein grundlegender Wandel im Selbstverständnis ärztlicher Arbeit vollzogen.

Pflegepersonal und Ärzte werden, wenn sie ihre Arbeit ernst nehmen, durch Abtreibungen schweren Gewissensproblemen ausgesetzt. Auch werden sie gezwungen, gegen die Ideale ihres Berufsstandes - Menschen zu helfen und Leben zu retten - zu verstoßen. Allerdings steht die Abtreibung der hippokratischen Medizinethik und dem vom Weltärztebund 1948 empfohlenen Genfer Ärzte-Gelöbnis,