Morgens pfeift der Wasserkessel - Karin Hermanns - E-Book

Morgens pfeift der Wasserkessel E-Book

Karin Hermanns

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Beschreibung

Demenzerkrankte Menschen durch den Tag zu begleiten ist eine große Herausforderung. Die jeder Tageszeit zugeordneten Geschichten, Gedichte, Rätsel, Gebete und Lieder dieses Vorlesebandes helfen, den Alltag zu strukturieren und ein würdevolles und liebevolles Umfeld für die Erkrankten zu schaffen. Mit vielen prakitschen Tipps für die Gestaltung des Tagesablaufs!

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Karin Hermanns

Mit dementen Menschen durch den Tag: Vorlesegeschichten, Gedichte, Gebete, Rätsel und Lieder

Kaufmann Verlag

Weitere Vorlesegeschichten für Menschen mit Demenz von Karin Hermanns:

• Samstags ist Badetag

• Heute fahren wir ins Grüne

• Kaffeeklatsch und Sonntagsbraten

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

1. Auflage 2015

© 2015 Verlag Ernst Kaufmann, Lahr

Dieses Buch ist in der vorliegenden Form in Text und Bild urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags Ernst Kaufmann unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Nachdrucke, Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Abbildungen: Cover © Arestov Andrew – Fotolia.com, Alekss – Fotolia.com,

Inhalt: © Karin Hermanns

(Bei allen nicht weiter gekennzeichneten Gebeten handelt es sich um Volksgut)

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015

ISBN Buch 978-3-7806-3157-2

E-book 978-3-7806-9219-1 (Epub)

E-book 978-3-7806-9220-7 (mobi)

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

In den Tag finden

Wissenswertes

Glück am Morgen (Geschichte)

Die güldne Sonne (Lied)

Lobet den Herren (Lied)

Begleite mich (Gebet)

Hab Dank (Gebet)

Morgengeflüster (Gebet)

Morgenstund hat Gold im Mund (Gedicht)

Wach auf, meins Herzens Schöne (Lied)

Wenn morgens der Hahn kräht (Geschichte)

Bruder Jakob (Lied)

Der Gast im Schlafsack (Geschichte)

Der süße Brei (Geschichte)

Kleine Rätsel für zwischendurch

Positives Denken (Geschichte)

Morgens früh um sechs (Gedicht)

Mitten am Tag

Wissenswertes

Macht der Gewohnheit (Geschichte)

Ein Mops kam in die Küche (Lied)

Petersilie, Suppenkraut (Lied)

Backe, backe Kuchen (Lied)

Das pünktliche Mittagessen (Geschichte)

Kleine Rätsel für zwischendurch

Der verschollene Nachtisch (Geschichte)

Danket dem Herrn (Lied)

Vor dem Essen (Gebet)

Nach dem Essen (Gebet)

Segne, Vater, diese Gaben (Lied)

Dankt dem Herrn mit frohem Mut (Lied)

Trost erleben

Wissenswertes

Kommt ein Vogel geflogen (Geschichte)

Trostreime

Häschen in der Grube (Lied)

Der Rosenkavalier (Geschichte)

Das Haus verliert nichts (Geschichte)

Wer nur den lieben Gott lässt walten (Lied)

Psalm 23

Befiehl du deine Wege (Lied)

Auf Adlerflügeln getragen (Gedicht)

Verse aus Psalm 91

Segen des Engels (Segensspruch)

Entspannen und träumen

Wissenswertes

Tanz im Regen (Geschichte)

O du lieber Augustin (Lied)

Alter schützt vor Torheit nicht (Geschichte)

Ein Mann, der sich Kolumbus nannt (Lied)

Widele, wedele (Lied)

Jetzt fahrn wir übern See (Lied)

Mein Hut, der hat drei Ecken (Lied)

Froh zu sein bedarf es wenig (Lied)

Der Kurschatten (Geschichte)

Wer will fleißige Handwerker seh’n (Lied)

Drei Chinesen mit dem Kontrabass (Lied)

Mit Ruhe in die Nacht

Wissenswertes

Der Mond ist aufgegangen (Lied)

Nächtliche Ruhestörung (Geschichte)

Kleine Rätsel zur Nacht

Wer hat die schönsten Schäfchen? (Lied)

Die Blümelein, sie schlafen (Lied)

Nun ruhen alle Wälder (Lied)

Abend wird es wieder (Lied)

Die Sternschnuppe (Geschichte)

Sterntaler (Geschichte)

Schlaf, Kindlein, schlaf! (Lied)

Weißt du, wie viel Sternlein stehen? (Lied)

Das Findelkind (Geschichte)

Guten Abend, gut Nacht (Lied)

Abends, will ich schlafen gehen (Lied)

Müde bin ich (Gebet)

Bitte zur Nacht (Gebet)

Heiliger Schutzengel (Gebet)

Vaterunser (Gebet)

Mondnacht (Gedicht)

Vorwort

Wer mit einem an Demenz erkrankten Menschen lebt oder mit ihm im institutionellen Rahmen umgeht, steht häufig vor der nicht einfachen Aufgabe, den Tag mit dem Erkrankten zu strukturieren und mit sinnvoller Aktivität zu füllen. Dabei kommt es nicht darauf an, von morgens bis abends ein umfangreiches Beschäftigungs- oder gar Therapieprogramm auf die Beine zu stellen, sondern immer wieder einmal am Tag etwas anzubieten und gemeinsam zu erleben, was Halt, Geborgenheit und Freude ermöglicht, den Stress, der mit der Krankheit verbunden ist, mindert und die aktuelle Lebensqualität aller Beteiligten verbessert.

In erster Linie brauchen Demenzerkrankte Menschen, auf die sie sich verlassen können, die freundlich, wertschätzend und geduldig mit ihnen umgehen und sie – soweit die Krankheit dies in den verschiedenen Phasen zulässt – an einem ganz normalen Alltag und Leben teilnehmen lassen. Geschichten, Lieder, Gedichte, Gebete, kleine Aufgaben und Anregungen, wie sie in diesem Buch angeboten werden, können dabei eine nützliche Hilfe sein. Sie berühren das Erleben zu verschiedenen Tageszeiten, können trösten, aktivieren oder Entspannung bewirken oder einfach nur Langeweile vertreiben.

Wie viel und welche Anregung einem an Demenz erkrankten Menschen guttut, ist individuell sehr verschieden und bedarf eines ständigen, flexiblen Hinschauens und Einfühlens vonseiten des Anbietenden, um weder zu über- noch zu unterfordern. Da sich die Befindlichkeiten der Erkrankten auch an einem einzigen Tag sehr schnell ändern können, gilt es sorgfältig auszuwählen, was der jeweiligen Situation entspricht und vom Betroffenen mit Freude auf- und angenommen werden kann. Wenn ein Tag gelingen soll, sollte ein Gleichgewicht zwischen Beschäftigung und Muße, Anspannung und Entspannung sowie geplanter und zufälliger Aktivität angestrebt werden.

In den Tag finden

Mahlzeiten sind Möglichkeiten, zu genießen!

Wissenswertes

Niemand wird gern durch einen schrillen Wecker oder ein lautes Kommando aus dem Bett gerissen. Wecken Sie deshalb Demenzerkrankte immer sanft, lassen Sie Licht ins Zimmer und sorgen Sie dafür, dass die Zimmertemperatur ausreichend warm ist. Demenzerkrankte frieren leicht und wollen deshalb manchmal das Bett nicht gern verlassen. Eine ans Bett gebrachte gesüßte, warme Tasse Kaffee oder Kakao wirkt oft Wunder, bringt den Kreislauf in Gang und erleichtert das Aufstehen.

Manchmal ist auch das Singen eines Morgenlieds hilfreich, weil Singen meist die Laune hebt und eine gute Stimmung verbreitet.

Die Morgentoilette sollte liebevoll und zärtlich geschehen, damit sie leichter akzeptiert werden kann. Falls Körperpflege nicht zugelassen wird, kann man es zu einer anderen Tageszeit probieren. Mitunter ist auch Ablenken eine Lösung, oder eine Lieblingsmusik dabei abzuspielen. Kleidung und Frisur sollten so vereinfacht werden, dass man beides gut handeln kann. Es ist hilfreich, den eigenen Anspruch zu senken, statt etwas zu erzwingen und Aggression und Unmut bei den Betroffenen zu erzeugen. Das Schneiden von Finger- und Fußnägeln, gegen das oft protestiert wird, lässt sich auch gut im Schlaf oder in Etappen erledigen.

Liest man eine Geschichte oder ein Gedicht nach dem Frühstück vor, wird das meist mit Freude aufgenommen und stärkt das Gefühl von gemeinschaftlichem Erleben. Die Geschichten im Buch knüpfen an die Erinnerungswelt Demenzerkrankter an und sind inhaltlich leicht verständlich. Wenn sie langsam und deutlich und unter Blickkontakt vorgelesen werden, können Demenzerkrankte ihnen in der Regel gut folgen und auch eigene Kommentare dazu abgeben, sodass ein Gespräch entstehen kann.

Glück am Morgen

Ein Sonnenstrahl fiel ins Zimmer und weckte Olga aus ihren Träumen. Gähnend und sich den Schlaf aus den Augen reibend spähte sie zur Uhr an der Wand. Ach du liebe Güte, es war schon halb acht und höchste Zeit, aufzustehen. Olgas Kanarienvogel Hansi piepste schon energisch unter seinem Tuch, das nachts über seinem Käfig hing, und wartete, dass sein Frauchen es endlich herunternahm. Ihm war nach frischem Futter zumute und gegen ein erfrischendes Vogelbad, das Olga ihm immer morgens an die heruntergeklappte Käfigtür hängte, hätte er auch nichts einzuwenden gehabt. „Ich komm’ ja gleich“, beruhigte Olga ihren Piepmatz, reckte und streckte sich und fuhr erst einmal im Bett mit den Beinen in der Luft Fahrrad. Das brachte den Kreislauf in Gang und erleichterte das Aufstehen.

Schnell schlüpfte sie dann in ihre karierten Puschen und befreite Hansi von seiner Verdunkelung. Der belohnte sie dafür sofort mit einem Morgenständchen und fing aus vollem Hals, besser voller Kehle, an zu singen. Gleich würde er wieder einen Konkurrenten bekommen, den er gar nicht leiden konnte, denn nicht lange nachdem sich Olga in der Küche zu schaffen gemacht hatte, pfiff der Wasserkessel auf dem Herd so laut, dass Hansi beleidigt verstummte. Olga goss das kochende Wasser auf das frisch gemahlene Kaffeepulver und schenkte sich, nachdem der Kaffee sich gesetzt hatte, eine große Tasse davon ein. In kleinen Schlucken ließ sie das heiße Gesöff dann genüsslich die Kehle herunterrinnen und freute sich über die wohlige Wärme in ihrem Magen und die belebende Wirkung. „Eine Tasse am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen“, dachte sie und schaute aus dem Küchenfenster.

Auf der Straße begann gerade das Leben zu erwachen. Ihre Nachbarin Schulze drehte mit Rollo, ihrem Kurzhaardackel, ihre gewohnte Morgenrunde. Aufgeregt schnüffelte der an jeder Ecke und hob sein Bein. Und dann dauerte es nicht lange, da fuhr der Milchmann mit seinem kleinen Wägelchen hinter dem Fahrrad an Olgas Fenster vorbei und winkte ihr fröhlich zu. Wegen des holprigen Straßenpflasters hüpften die Milchflaschen lustig im Kasten auf und ab und machten dabei Musik.

Im Bäckerladen gegenüber füllten sich gerade die Brötchenschütten mit frischen warmen Brötchen und Olga entschloss sich, sich heute einmal eins zu gönnen. Sie kramte einige Groschen aus ihrer Blechdose im Küchenschrank, in der sie immer etwas für Extras zurücklegte, zog rasch ihren Mantel über ihre geblümte Küchenschürze und machte sich in Richtung Bäckerladen auf den Weg.

Die würzige Morgenluft drang tief in Olgas Lungen und vertrieb den letzten Rest der nächtlichen Müdigkeit. Um nicht in einem der vielen Schlaglöcher im Schotter des Gehwegs zu landen, hielt Olga ihren Blick fest auf den Boden gerichtet, als plötzlich etwas Glitzerndes am Straßenrand ihre Aufmerksamkeit erregte. Olga blieb stehen und inspizierte dieses Etwas genauer. Nicht zu fassen, da lag doch tatsächlich ein 5-Mark-Stück und blinkte in der Morgensonne. Ein richtiges kleines Vermögen, dachte Olga und hob es so unauffällig wie möglich auf, um