Mr. Big - kriminell - Robert Herbig - E-Book

Mr. Big - kriminell E-Book

Robert Herbig

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Beschreibung

Als Herbert 'Batman' Klever Marianne im Fort Blücher verscharrte, hätte er nie geglaubt, dass er Jahre später Post von einem 'Robin' bekommen würde. Uschi Rankmann ist 61 Jahre alt, fährt Harley und macht übergroße Figuren aus Ton. Bis ein ehemaliger Freund aus der Vergangenheit auftaucht und ihr Angst macht. Dazu ein historischer Mord, der von Thaddäus Koslowski erst 100 Jahre später einem Journalisten erzählt wird. Das sind nur 3 von vielen weiteren hinterlistig begangenen Morden welche uns Mr. Big gekonnt darstellt.

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Seitenzahl: 84

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MR. BIG

KRIMINELL

 

 

 

 

 

 

KURZGESCHICHTENSAMMLUNG

VON

ROBERT HERBIG

 

Impressum:

Cover: Karsten Sturm-Chichili Agency

Foto: fotolia.de

© 110th / Chichili Agency 2014

EPUB ISBN 978-3-95865-440-2

MOBI ISBN 978-3-95865-441-9

 

Urheberrechtshinweis:

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Autors oder der beteiligten Agentur „Chichili Agency“ reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

 

 

Am Haken

Tom sah auf die Uhr und stellte fest, dass er seit mehr als acht Stunden am See saß. Trotz seiner dicken Kleidung begann er zu frösteln und bekam langsam kalte Füße. Im Köcher lagen zwei mittelgroße Karpfen. Drei kleinere Rotaugen hatte er wieder zurück ins Wasser geworfen. Einen der Karpfen würde er wieder in Freiheit entlassen, er wusste nur noch nicht, welchen. Bevor er nach Hause ging, würde er eine Münze werfen. Wenn ihm das Ergebnis des Wurfes nicht gefiel, würde er Harpo ausnehmen und ihn mit nach Hause nehmen. Groucho hätte dann eben Glück gehabt.

Tom gab den Fischen, die er fing, immer berühmte Namen. Das war persönlicher, fand er. Schließlich verbrachte man ja eine gewisse Weile miteinander. Und man aß sie anschließend auf. Jedenfalls taten das die meisten Angler.

Er hörte den Mann, ohne sich umzudrehen. Reglos blieb er sitzen und lauschte. Es war ein schwerer Mann, der Probleme hatte, die rutschige Uferböschung herunter zu kommen. Er keuchte heftig. Tom hörte, wie der Mann näher kam und schwer atmend hinter ihm stehen blieb.

„Na, beißen sie?“

Tom grinste, ohne den Kopf zu wenden.

„Nur wenn man mich reizt. Oder dumme Fragen stellt.“

Der Mann schnaufte vernehmlich.

„Ich meinte die Fische.“

Tom nickte.

„Gelegentlich.“

Tom fühlte, ohne es zu sehen, dass der Mann einen Blick in den Köcher warf. Er wartete auf die nächste Frage, die kommen musste. Die Frage, die immer kam.

„Was finden die Menschen nur am Angeln?“

Tom lächelte.

„Es beruhigt die Nerven.“

„Das tut ein gutes Buch auch.“

„Lesen Sie denn Bücher?“ Tom tat, als sei er neugierig.

Der Mann zögerte mit der Antwort.

„Eigentlich nicht. Mir fehlt die Zeit. Der Job wissen Sie?“

Tom nickte.

„Man muss sich die Zeit nehmen. Wer weiß, wie viel man noch hat.“

Er stellte sich vor, wie der Mann die Worte auffassen würde.

„Wie lange sitzen Sie denn heute schon hier?“, wollte der wissen.

„Was wird das? Ein Verhör?“

„Nein, nur so. Aus Interesse.“

„Acht Stunden.“

„Hmm, doch schon so lange.“

„Brauche ich etwa ein Alibi? Ich war den ganzen Tag allein, Sie sind der erste Besucher heute.“ Ein kurzes Lachen war zu hören.

Tom holte die Schnur ein und spießte mehrere Maiskörner auf den Haken.

Dazwischen zwei große Tauwürmer. Dann holte er aus und warf den Schwimmer etwa fünfzehn Meter weit nach links in den ruhigen See.

Rechts war das Ufergelände für Angler gesperrt, es war als Laichgebiet gekennzeichnet und stand unter Naturschutz. Obwohl ihn niemand kontrollierte, hielt sich Tom an das Verbot, dort zu angeln. Jeder gute Angler würde das tun.

Etwa fünf Minuten lang passierte gar nichts. Noch immer stand der Mann direkt hinter Tom.

„Gibt es denn etwas Langweiligeres als Angeln?“

Wieder musste Tom grinsen.

„Ja.“

„Und was soll das sein?“

„Jemandem beim Angeln zusehen.“

Tom hörte, wie der Mann scharf die Luft einzog.

„Sie machen sich über mich lustig?“

Tom zuckte die Schulter.

„Sie haben damit angefangen.“

Am gegenüberliegenden Ufer stand die Abendsonne über den hohen Bäumen und tauchte den See in ein sanftes, rötliches Licht.

Noch eine halbe Stunde, schätzte Tom, dann würde er aufbrechen müssen. Er wollte nicht im Dunkeln hier sitzen.

Aber vorher musste er noch die Münze werfen. Wegen Harpo und Groucho. Das würde er gerne alleine tun, ohne Beobachtung. Er müsste den Kerl also loswerden. Die Frage war nur, wie?

Die Entscheidung wurde ihm abgenommen. Der Mann seufzte plötzlich hörbar.

„Wenn ihnen das so viel Spaß macht, dann will ich sie auch nicht länger stören, Herr Buschhoff. Auf Wiedersehen.“

Tom hörte, wie der Mann sich umdrehte und Richtung Böschung ging.

In aller Ruhe legte Tom die Angel auf die Halter und drehte sich endlich um.

„Kommissar Kleist?“

Der Mann blieb stehen.

„Ja?“

„Sie sind doch nicht gekommen, um sich mit mir über das Angeln zu unterhalten. Oder den Sonnenuntergang zu genießen. Haben Sie Daniel mittlerweile gefunden?“

Tom bemerkte beiläufig, dass Kommissar Kleist immer noch diesen hässlichen Trenchcoat trug. Wie damals, vor drei Monaten, als Tom ihn das erste Mal gesehen hatte. Auf dem Präsidium in der Schillerstraße, zweiter Stock, Zimmer 204.

Tom saß eine Stunde lang alleine im Verhörzimmer, bevor Kleist hereinkam, den Trenchcoat auf einen Haken hängte und sich ihm gegenübersetzte …

„Mein Name ist Kleist, Hauptkommissar Walter Kleist, Herr Buschhoff. Ich untersuche mit meinem Kollegen, Kommissar Zufall, nein, lachen Sie nicht, der heißt wirklich so, also wir beide untersuchen den Mord an Ihrem Geschäftspartner Herrn Walser.“ Dann sah er Tom in die Augen.

„Steht denn schon fest, dass Daniel tot ist und ermordet wurde, Herr Kommissar?“, fragte Tom ruhig. Kleist schüttelte den Kopf.

„Nein, definitiv noch nicht. Wir gehen intern aber von einem Gewaltverbrechen aus. Wie sie wissen, fehlt uns als letzter Beweis nur die Leiche Ihres verschwundenen Geschäftspartners.“

„Sofern er denn wirklich tot ist“, warf Tom ein. Kleist legte den Aktenordner auf den Tisch und erhob sich.

„Reden wir mal Tacheles, Herr Buschhoff. Meinem Gefühl nach haben Sie ihren Partner aus Habgier kaltblütig ermordet und die Leiche verschwinden lassen. Staatsanwalt Wecker ist zwar anderer Meinung, aber ich konnte ihn überzeugen, mir die Untersuchung zu überlassen. Sie haben meiner Meinung nach Firmengelder unterschlagen. Herr Walser hat das bemerkt, Sie zur Rede gestellt, Ihnen vielleicht sogar mit der Polizei gedroht, darum musste er sterben. In ein paar Tagen werden wir seine Leiche finden, dann bricht Ihr Kartenhaus zusammen. Bisher habe ich noch jeden erwischt, der sich für besonders schlau hielt.“

Tom nickte.

„Man hat sich schon jede Mühe gegeben, meinen Partner zu finden, Herr Kommissar. Allerdings ohne Erfolg. Staatsanwalt Wecker hat unsere Häuser durchsuchen und die Gärten umgraben lassen, sogar Spürhunde wurden eingesetzt.“

Kleist beugte sich zu Tom hin.

„Wir werden ihn finden, darauf gebe ich ihnen mein Wort!“

Das war Ende Dezember gewesen. Zwei Tage vor Silvester, um genau zu sein. Daniels geschiedene Frau hatte sich am ersten Weihnachtsfeiertag an die Polizei gewandt, weil sie Thomas, den Patensohn von Tom über Silvester zu seinem Vater bringen wollte. Trotz mehrfacher Versuche war es ihr nicht gelungen, Kontakt zu Daniel herzustellen.

Tom wurde befragt, alle Mitarbeiter der Firma, Daniel blieb unauffindbar.

Ein Flugticket nach Buenos Aires tauchte in Daniels verwaisten Schreibtisch auf, das aber nicht benutzt worden war. Tom machte auf Bitte des Staatsanwaltes eine Aufstellung der Firmengelder und teilte ihm bestürzt mit, dass etwa 600.000 Euro vom gemeinsamen Konto verschwunden waren.

„Aha. Da hätten wir das Motiv.“ Staatsanwalt Wecker triumphierte.

Tom gab zu Protokoll, Daniel habe ihn am 21. Dezember überraschend von einem Kurzurlaub informiert. Er wolle vor Silvester wieder zurück sein.

„Ziel der Reise?“, fragte Wecker. Tom zuckte die Schultern.

„Ich nahm damals an, Daniel wolle Ski fahren. Gefragt habe ich ihn nicht.“

Für Staatsanwalt Wecker schien das Ganze ziemlich klar zu sein. Das fehlende Geld, ein genügend großer Vorsprung, um Daniels Spuren zu verwischen. Ein typischer Fall.

„Den finden wir nicht mehr. Der sitzt irgendwo in Südamerika und lässt sich die Sonne auf den Bauch brennen. Ich kenn mich da aus, Herr Buschhoff.“

Tage später wurde Tom ins Präsidium gerufen.

Dort teilte man ihm mit, dass die Untersuchung von einem anderen Beamten noch einmal aufgenommen wurde. Es gäbe da noch einige Fragen an ihn.

Kleist machte nie einen Hehl daraus, dass er Daniel für tot und Tom für dessen Mörder hielt. Fast drei Monate lang versuchte er alles, um das zu beweisen. Ohne Erfolg.

Jetzt stand er vor Tom am Ufer des kleinen Sees. Groß, schwer und böse aussehend. Nein, eigentlich sah er nicht böse aus, eher verärgert. Die Abendsonne färbte sein Gesicht rötlich und nahm ihm ein paar der harten Linien.

„Staatsanwalt Wecker hat den Fall gestern zu den Akten gelegt. Es ... es wird keine weiteren Ermittlungen mehr gegen Sie geben. Eigentlich bin ich nur gekommen, um Ihnen das zu sagen.“ Kleist war immer leiser geworden. Tom spürte, wie schwer Kleist das Gesagte gefallen war. Tom verzog keine Miene.

„Es war eine schwere Zeit, Herr Kommissar. Für uns beide.“

Kleist legte den Kopf leicht schief und schüttelte den Kopf.

„An meiner Meinung hat sich nichts geändert. Ich halte Sie immer noch für einen Mörder. Doch ohne eine Leiche kann ich es ihnen leider nicht beweisen. Sie haben Glück gehabt, wie es scheint.

Auf Wiedersehen, Herr Buschhoff. Petri Heil, so sagt man doch bei Ihnen, oder?“

Tom nickte nachdenklich.

„Auf Wiedersehen, Herr Kommissar. Petri Dank.“

Viele Minuten lang blieb Tom danach noch völlig still auf der Bank sitzen. Er hatte sich nach vorne gebeugt, die Ellbogen lagen auf seinen Oberschenkeln. Er holte seine Angel ein, packte alles in seine Angeltasche, Groucho und Harpo ließ er frei. Er sah den beiden zu, wie sie schnell davonschwammen. Irgendwann würde er es schaffen, einen gefangenen Fisch auch zu töten. Irgendwann würde er es übers Herz bringen. Irgendwann. Nicht heute.

Er lehnte sich langsam zurück und sah zum Rundweg hin, dorthin wo Kleist verschwunden war. Aus den Augenwinkeln heraus nahm er rechts im Laichgebiet eine Bewegung wahr. Dort hatte die Frühlingssonne längst begonnen, langsam die immer noch vorhandene Eisdecke aufzutauen. Tom sah eine große Bisamratte, die sich vorsichtig aus dem Ufergestrüpp auf die Eisfläche begab, sich immer wieder misstrauisch schnuppernd zu ihm umdrehte um dann, etwa fünfundzwanzig Meter vom Ufer entfernt stehen zu bleiben.

Batman und Robin