New love, same shit?! - Yvi Blum - E-Book

New love, same shit?! E-Book

Yvi Blum

0,0
16,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Viele unter uns sind es leid, dass ihre Beziehungen sich immer wie endlose Telenovelas anfühlen. Immer derselbe Plot, nur mit unterschiedlichen Schauspielern! In unserem Beziehungsleben wiederholen wir oft unbewusst die gleichen Muster und ziehen die falschen Partner an, weil wir uns in unserem Bindungsstil verfangen haben – sei es ängstlich oder vermeidend. Doch hier kommt die gute Nachricht: Wir können das selbst ändern! Yvi Blum, Paartherapeutin und Lovefluencerin, ist hier, um uns den Weg zu zeigen. Mit Tools, Tests und Übungen identifizieren wir unseren derzeitigen Bindungsstil, verstehen unsere Trigger und durchbrechen die alten Muster.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 340

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Unsere eBooks werden auf kindle paperwhite, iBooks (iPad) und tolino vision 3 HD optimiert. Auf anderen Lesegeräten bzw. in anderen Lese-Softwares und -Apps kann es zu Verschiebungen in der Darstellung von Textelementen und Tabellen kommen, die leider nicht zu vermeiden sind. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Impressum

© eBook: 2024 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2024 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

GU ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, www.gu.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Bild, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Projektleitung: Viola Schmid

Lektorat: Silke Panten

Bildredaktion: Simone Hoffmann

Covergestaltung: Ki36 Editorial Design, München, Nicole Pfeiffer

eBook-Herstellung: Evelynn Ruckdäschel

ISBN 978-3-8338-9343-8

1. Auflage 2024

Bildnachweis

Syndication: Bildagentur Image Professionals GmbH, Tumblingerstr. 32, 80337 München www.imageprofessionals.com

GuU 8-9343 05_2024_01

Unser E-Book enthält Links zu externen Webseiten Dritter, auf deren Inhalte wir keinen Einfluss haben. Deshalb können wir für diese fremden Inhalte auch keine Gewähr übernehmen. Für die Inhalte der verlinkten Seiten ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber der Seiten verantwortlich. Im Laufe der Zeit können die Adressen vereinzelt ungültig werden und/oder deren Inhalte sich ändern.

Die GU-Homepage finden Sie im Internet unter www.gu.de

www.facebook.com/gu.verlag

Garantie

LIEBE LESERINNEN UND LESER,

wir wollen Ihnen mit diesem E-Book Informationen und Anregungen geben, um Ihnen das Leben zu erleichtern oder Sie zu inspirieren, Neues auszuprobieren. Wir achten bei der Erstellung unserer E-Books auf Aktualität und stellen höchste Ansprüche an Inhalt und Gestaltung. Alle Anleitungen und Rezepte werden von unseren Autoren, jeweils Experten auf ihren Gebieten, gewissenhaft erstellt und von unseren Redakteur*innen mit größter Sorgfalt ausgewählt und geprüft. Haben wir Ihre Erwartungen erfüllt? Sind Sie mit diesem E-Book und seinen Inhalten zufrieden? Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung. Und wir freuen uns, wenn Sie diesen Titel weiterempfehlen, in ihrem Freundeskreis oder bei Ihrem Online-Kauf.

KONTAKT ZUM LESERSERVICE

GRÄFE UND UNZER VERLAG

Wichtiger Hinweis

Die Gedanken, Methoden und Anregungen in diesem Buch stellen die Meinung bzw. Erfahrung der Verfasserin dar. Sie wurden von der Autorin nach bestem Wissen erstellt und mit größtmöglicher Sorgfalt geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für persönlichen kompetenten medizinischen Rat. Jede Leserin, jeder Leser ist für das eigene Tun und Lassen auch weiterhin selbst verantwortlich. Weder Autorin noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.

Die automatisierte Analyse des Werkes, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen gemäß § 44b UrhG (»Text und Data Mining«) zu gewinnen, ist untersagt.

»Hast du Lust, gemeinsam mit mir auf diese spannende Reise zur Liebe und vor allem zu dir selbst zu gehen? Wir werden uns anschauen, warum wir lieben, wie wir lieben, welche Faktoren unsere Erwartungen und Annahmen über Liebe und Beziehungen beeinflussen, und schließlich, wie wir in einer Beziehung heilen können. Wenn du genau wie ich ein Mensch bist, der eher verlustängstlich und eifersüchtig ist, dann untersuchen wir, weshalb du eventuell immer wieder an den gleichen (vermeidenden)

Typ Mensch gerätst. Du erfährst außerdem, wie du für dich selbst, aber auch in Beziehungen mehr Sicherheit erlangst. Dieses Buch soll dir auf hoffentlich auch humorvolle Weise vermitteln, wie du deine wiederkehrenden Muster erkennen kannst, wie du sie veränderst und

wie du sicherer wirst – ein Prozess, den ich auch selbst durchgemacht habe. Wir schauen uns an, was du aus den Schmerzen lernen kannst, die

eine zerbrechende Beziehung oder Zurückweisung mit sich bringen, und wie du erfüllende Liebe findest – zu anderen und zu dir selbst.«

Für M., für den ich so sehr versuche, die Vergangenheit nicht zu wiederholen und ihm ein sicheres Fundament zu geben. Für A., mein Zuhause.

EIN PAAR WORTE VORAB

Wenn ich heute zurückblicke, sollte ich wohl mehrere Präsentkörbe mit Salami und Dosenwurst (das ist ein äußerst beliebtes Ding im Schwarzwald) packen und an meine früheren Dating-Partner schicken. An die Menschen, durch deren Begegnung ich Futter für dieses Buch hatte. An Männer, die mir sowohl schöne und lustige als auch tragische und durchaus traurige Momente bescherten. Denn alle diese Geschichten waren es, die mich letztlich dazu gebracht haben, die innere Berufung, nämlich die Arbeit an der Liebe, auch zu meinem Beruf zu machen. Aber ich denke, ein kleines »Danke« an dieser Stelle muss ausreichen.

Manche Geschichten, die wir später von Menschen erzählen, die lange oder kurze Zeit in unser Herz einziehen durften, sind trotz Liebeskummer am Ende irgendwie rührend und vollendet. Andere wiederum entpuppen sich auch als Fehler, Fehltritte. Sie sind im Nachhinein betrachtet einfach unnötig. In ebendiesen Geschichten muss nicht alles und jedes Detail positiv aufs eigene Leben umgedeutet oder auf Teufel komm raus ein höherer Sinn in der Sinnlosigkeit gefunden werden. Denn es gibt Begegnungen, die tun einfach nur weh. Bei diesen ist es bisweilen schwieriger, für sich selbst einen Abschluss zu finden und das Kapitel letztendlich lediglich mit der Akzeptanz dessen, dass das Ganze jetzt eben einfach nur schmerzhaft war, abzuhaken.

Dieses Buch ist für diejenigen, die oft von anderen Menschen zu hören bekommen, sie seien zu anhänglich oder vielleicht auch zu wählerisch. Es ist für jene, die in Beziehungen wie auf Eierschalen gehen und immer Angst haben, verlassen zu werden. Es ist aber auch für die Leute, die zwar eine Beziehung wollen, aber immer wieder ihre eigenen Gefühle für jemand anderen infrage stellen und schnell das Interesse verlieren. Und es ist für jene, die filmreife Eifersuchtsszenen kreieren und für die eine Welt zusammenbricht, wenn der eigene Freund zum Zocken in den Keller verschwindet oder die Partnerin allein mit ihren Freundinnen ausgeht.

Betrachte dieses Buch als deinen Marty-McFly-Moment, denn ich bin quasi du, nur aus der Zukunft. Ich kenne diese Gefühle, ich kenne die Scham, den Frust, und ich weiß, wie hoffnungslos sich manches anfühlen kann, wenn die Verlustangst ständiger Begleiter ist und man selbst immer mehr zu lieben scheint als das Gegenüber. Ich war genau da und kann dir versichern: In dir schlummert alles, was du brauchst, damit dein Gehirn nicht ständig Beweise dafür sucht, dass du nicht liebenswert bist oder sowieso wieder verlassen wirst.

Dieses Buch ist ein Ratgeber; es ist aber auch ein Teil von mir, es sind Beschreibungen meiner persönlichen Beziehungen. Natürlich habe ich sie so weit verfremdet, dass Rückschlüsse auf reale Personen für euch rein zufällig sind – nur die Beteiligten selbst können vielleicht erahnen, in welchen Zeilen sie versteckt sind. Doch all diese Menschen haben mich begleitet und mir Puzzleteile gegeben, um zu erkennen, dass ich in den vermeintlich tiefen Blicken, in jedem Tequila-Wetttrinken und jedem geteilten Song die Sicherheit gesucht habe, die ich mir selbst nicht geben konnte. Letzten Endes habe ich mich selbst gesucht und mich aus Angst vor der Angst, zurückgewiesen zu werden, immer wieder verleugnet und verloren.

Was ich heute weiß: Liebe lohnt das Risiko. Ich habe so sehr gelitten und bin trotzdem meist mit dem Herzen gleich durch die nächste Tür geprescht. Dabei habe ich immer geglaubt, dass es einfach nur leicht sein müsste. Das muss es nicht. Es muss echt sein. Für den falschen Menschen bist du nämlich immer zu viel. Und doch sind die Liebe, die du suchst, und die Beziehung, die du führst, mitunter auch ein direktes Abbild der Beziehung zu dir selbst.

Die Zeit heilt keine Wunden. Heilung heilt Wunden. Und du kannst wieder heilen. Denn nicht nur aus Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst du etwas Schönes bauen, sondern auch aus den Splittern eines gebrochenen Herzens. Manchmal bleiben die Magie und die Schönheit einer gemeinsamen Zeit in den Bruchstücken deiner Erinnerung, selbst wenn das Ende alles andere als schön und magisch war. Mit Geduld und Mut, die fragilen Teile wieder zusammenzusetzen, obwohl du dich daran schneiden könntest, kann etwas Neues und viel Stärkeres entstehen.

WIE ALLES BEGANN

Da saß ich nun mit dieser gefühlt handtellergroßen Wunde im Inneren und starrte auf den Bildschirm, ohne auch nur irgendetwas richtig wahrzunehmen. Um ehrlich zu sein, war ich nicht wirklich da. Wenn ich noch ehrlicher sein müsste, riskierte ich meinen damaligen Job. Denn nur ein Gedanke an diesen Mann reichte. Nur ein einziger Gedanke aus der Schatzkiste der Erinnerungen, die ich so vehement zu schließen versuchte, war genug, um meine Selbstbeherrschung wie ein fragiles Kartenhaus einstürzen zu lassen. Genau dieser Gedanke bahnte sich mit einer unaufhaltsamen Dringlichkeit den Weg durch meinen Kopf, um an meinem präfrontalen Cortex ein ganzes Feuerwerk an Bildern, Tönen und Gerüchen zu entzünden. Im Schnelldurchlauf rauschten dann gemeinsame Erlebnisse, kleine und doch besondere Augenblicke, Polaroidaufnahmen seines Lächelns, Arme, die von hinten meine Taille umfassten, Worte und Versprechungen und natürlich der Tag, an dem er mich an der Bahnbrücke hat gehen lassen, vor meinem inneren Auge vorbei und ließen mich fast ohnmächtig werden. Wie lange kann ein Mensch eigentlich seine Tränen zurückhalten? Fühlte es sich deshalb in diesem Moment so an, als würde ich ertrinken? Broken-Heart-Syndrom – this shit is real!

Die Quintessenz dessen, was ich über die Liebe lernen sollte, nahm ich scheinbar lange Zeit aus dem Connie-Francis-Song Die Liebe ist ein seltsames Spiel. Denn die Liebe war ganz offensichtlich ein Spiel, das ich äußerst miserabel zu spielen schien, mit der bitteren Erkenntnis, dass zum Pech im Spiel nicht zwangsläufig Glück in der Liebe dazugehörte. Laut Connie Francis nimmt uns Liebe zwar alles, wir bekommen jedoch auch einiges zurück. Weiß ich nicht, Connie, du warst wohl schon lange nicht mehr im Dating-Dschungel unterwegs.

Rückblickend kann ich über diesen meinen härtesten Liebeskummer nur sagen, dass es darin eine Phase gab, in der es wirklich nur ums nackte Überleben ging – und ja, ich habe damals meine ganze Karriere wegen eines gebrochenen Herzens riskiert. Apathisch und gelähmt, wie ich nun einmal war, bekam ich wirklich nur das Nötigste hin, ach, wenn überhaupt. Der Liebeskummer umgab mich wie eine bleierne Leere. Er warf mich abwechselnd ohnmächtig strampelnd in einen Dornenbusch oder stürzte mich in absolute Dunkelheit, in der mir mein Sein als pure, auf Hochglanz polierte Sinnlosigkeit erschien. Ebenfalls rückblickend muss ich unumwunden zugeben, wie sehr mich solche großen Gefühle faszinieren. Ich bin immer wieder erstaunt, zu welchen Emotionen wir Menschen fähig sind und dass sie eben nicht nur sprichwörtlich durch Mark und Bein gehen.

Solch ein enormer Schmerz macht etwas mit uns. Sei es der Verlust und die Zurückweisung, die wir bei Liebeserfahrungen sowohl in der Jugend als auch im Erwachsenenalter erfahren, oder eine Verletzung, die viel tiefer liegt, verborgen unter all den Schutzmauern, die wir bauten, um ebenjene Verletzung nicht mehr fühlen zu müssen – der Schmerz verändert uns. Und es ist nur allzu verständlich, dass wir alles in unserer Macht Stehende unternehmen, dass wir sämtliche Vorkehrungen treffen, um genau solch einen schrecklichen Kummer nie wieder fühlen zu müssen. Menschen haben grundsätzlich die Bestrebungen, durch ihr Handeln entweder Lust und Freude zu empfinden oder Schmerz zu vermeiden. Gerade für Letzteres entwickeln wir unüberwindbare Mauern oder auch wunderbare Strategien, die uns dann als erwachsener Mensch bisweilen ganz schön schräge Dinge tun lassen. Fünfzig Nachrichten im Messenger-Dienst deiner Wahl an das Objekt der Begierde schreiben beispielsweise, Geheimdienst-taugliche Spionage in den Privatsachen des Partners durchführen, dramatisches Türenknallen, in der leis-lauten Hoffnung, man würde vom Partner aufgehalten werden und endlich das hören, worum es eigentlich geht: »Ich verstehe, du malst dir gerade das Schlimmste aus, weil wir gestritten haben. Es hat sich nichts daran geändert, dass ich dich liebe, und ich werde mich deswegen nicht von dir trennen.« Das mag nun im ersten Moment dramatisch klingen, aber viele von uns haben tatsächlich nicht gelernt, dass Konflikte, also Bruch und natürlich Reparatur zu einer Beziehung dazugehören und sie nicht deren Ende bedeuten. Einige, insbesondere diejenigen mit einem sogenannten unsicher-ängstlichen Bindungsstil, haben sogar dann Schwierigkeiten damit, an Liebe zu glauben, wenn es keine direkten Beweise für sie gibt. Es ist wie bei Kleinkindern und dem »Guck-guck«-Spiel, nur dass es nicht um das Gesicht einer Tante geht, das plötzlich hinter zwei Händen verschwindet, sondern um das Gefühl von Vertrauen, Liebe und die Sicherheit in einer Beziehung. »Guck-guck! Oh, du hast dich drei Stunden nicht gemeldet? Du liebst mich nicht mehr. Fantastisch.« Die ewige Suche nach Beweisen dafür, nicht geliebt zu werden oder dass das jeweilige Gegenüber auf Trennung zusteuert, ist nicht nur wahre Detektivarbeit, sondern wird meist auch zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung.

Und ehe wir’s uns versehen, befinden wir uns nach der einen gescheiterten Beziehung erneut mitten auf dem Spielfeld, bereit, es diesmal anders, besser, richtig zu machen. Allerdings vergessen wir, dass wir immer eine Sache in neue Beziehungen mitnehmen: uns selbst.

So landen wir schließlich doch wieder in dem im wahrsten Sinne herzzerreißenden Szenario, in dem wir schluchzend und wütend mit Kumpels oder Freundinnen zusammensitzen, meist auch bei dem ein oder anderen Tropfen hochprozentiger Lösung. Unseren Liebeskummer und die Situationen und Momente mit dem Menschen, durch den wir diesen Kummer empfinden, sezierend und analysierend, fällt meistens dieser eine Satz: »Es liegt nicht an dir, er/sie ist einfach ein [beliebiges Schimpfwort deiner Wahl]!«

Ich war schon auf beiden Seiten dieses »Es liegt nicht an dir«. Ich hörte es und ich sagte es, stets als Trost. Nur auf das »Warum« hatte ich keine Antwort. Letztlich war es die Wissbegier, meine eigenen Erfahrungen und das, was zwischenmenschlich geschah, zu verstehen, was mich dazu brachte, der Liebe auf den Grund zu gehen. Ich wollte Beziehungen durchschauen und anderen die Antworten liefern können, die ich so lange selbst gesucht habe. Deshalb ist die Liebe heute mein Beruf, sei es als, wie ich es gerne nenne, »Lovefluencerin« im Netz oder in der Paarberatung mit sowohl verliebten als auch in Konflikte verstrickten Paaren.

Und ich möchte an dieser Stelle eine eventuell bittere Wahrheit enthüllen: Wenn wir uns in immer ähnlichen Begebenheiten wiederfinden und uns häufig selbst Dinge sagen hören wie: »Warum passiert das immer mir?!«, »Es ist genauso gewesen wie bei xyz!« oder »Sobald ich Gefühle entwickle, sind sie weg«, dann, ja, dann muss ich leider sagen: Es liegt zumindest ein klitzekleines bisschen schon auch an dir! Der eine gemeinsame Faktor all deiner Beziehungen bist du. Kenne deine Geschichte und lerne daraus, sonst bist du dazu verdammt, sie zu wiederholen. Ich bin allerdings nicht hier, um deine Gefühle zu verletzen. Bevor ich weiter aushole, daher ein wichtiger Einschub: Du kannst nichts dafür, wenn dich jemand schlecht behandelt, okay? Das zu betonen, ist mir wirklich sehr wichtig. Wir versuchen hier keine Schuldfrage zu klären. Wenn jemand nicht gut zu dir ist, ist jedwede Form von Gewalt, ob nun emotional oder körperlich, nicht dir, sondern dem gewaltausübenden Menschen anzulasten. Kein Mensch sucht sich freiwillig aus, schlecht behandelt zu werden.

Wenn uns jedoch eine bestimmte Beziehungsdynamik betreffend immer wieder das Gleiche zu passieren scheint, wenn wir wiederholt feststellen, dass wir ähnliche Menschen in unser Leben lassen, nämlich solche, die sich schnell distanzieren oder bei denen wir gefühlt einen Salto rückwärts und einen dreifachen Flickflack machen können und es trotzdem nie genug zu sein scheint – dann ist es möglich, dass wir durch unsere Prägung und Erfahrung einen Teil dazu beitragen, dass es ist, wie es ist. In der Psychologie gibt es das Phänomen des Wiederholungszwangs. Dieser von Sigmund Freud definierte Begriff beschreibt das Bestreben unseres Unterbewusstseins, insbesondere schmerzhafte oder traumatische Erfahrungen wieder zu erleben. Es gibt mehrere Theorien, warum das so ist. Eine davon lautet: Wir versuchen für die leidvolle Erinnerung mit neuen Statisten das Happy End zu schreiben, das wir damals nicht erleben konnten. Das ist auf eine tragische Weise schon wieder irgendwie schön. So kann es eben passieren, dass die eigenen Erfahrungen in der Liebe sich wie eine Daily Soap mit ziemlich talentfreien oder zumindest schlecht bezahlten Drehbuchautoren anfühlt.

DAS ERWARTET DICH

An dieser Stelle stellt sich die Frage: Kann man vielleicht auf eine andere Serie switchen oder neue Autoren für die romantischen Begegnungen engagieren? »Ja!«, möchten dich diese Buchseiten anbrüllen. Aber wir beruhigen uns kurz und stellen vorher noch eine Sache klar: Auf den ersten Blick scheint es, sämtliche Dating-Coaches Deutschlands würden nur ein einziges bestimmtes Regelwerk empfehlen, das für läppische 99 Euro plus/minus deine Großmutter zu haben ist. Darin finden sich dann sämtliche Dating- und Flirtregeln, wie Mann oder Frau sich gegenüber potenziellen Partnern und Partnerinnen verhalten soll. Wer bei akutem Liebeskummer oder aus Einsamkeit eine Lösung, Trost oder Hilfe sucht, ist bereit, nach jedem Strohhalm zu greifen. Der Zugang zu diesem Regelwerk ist mit vielen Euroscheinen gepflastert – und das gefühlte Leid öffnet den Geldbeutel schneller, als du Dispokredit sagen kannst.

Dabei ist die wahre Lösung meist an einem ganz anderen Ort zu finden – und Achtung, es klingt ein bisschen spirituell: Sie liegt in dir. Höchstwahrscheinlich auch darin, wie du als Kind Liebe erlebt hast und welche Beziehung du zu deinen ersten wichtigen Bezugspersonen hattest: Mama, Papa, Großeltern. Hier kommt die Bindungstheorie ins Spiel, die ich dir in diesem Buch gerne vorstellen möchte. Sie ist meiner Meinung nach ein großartiges Mittel, um sich selbst und andere besser zu verstehen. Ich würde sogar behaupten, sie kann ein absoluter Gamechanger für deine Liebesbeziehungen sein. Sie geht zurück auf die Psychoanalytiker John Bowlby und James Robertson sowie die Psychologin Mary Ainsworth. Es handelt sich bei der Bindungstheorie und den verschiedenen Arten, wie Menschen Bindungen aufbauen und Beziehungen führen, nicht um strikte Diagnosen, sondern vielmehr um Spektren. Der individuelle Bindungsstil kann variieren, je nachdem, mit wem eine romantische Beziehung eingegangen wird. Oftmals erkennen wir Anteile mehrerer Stile in uns selbst. Die Bindungstheorie ist meiner Meinung nach ein äußerst nützliches Tool, mit dessen Hilfe sich bestimmte Beziehungsdynamiken erkennen lassen. Nach der Erkenntnis folgt dann die Veränderung. Auch darauf werden wir in diesem Buch eingehen.

Ich hatte in meinem bisherigen Leben schmerzlich lehrreiche Begegnungen mit dem (in meiner Präferenz) männlichen Geschlecht. Dabei hatte ich aber auch sehr viele, das muss ich unumwunden zugeben, ausgesprochen glückliche, witzige und inspirierende Rendezvous, Liaisons, Techtelmechtel und mindestens einen Sieg im Tequila-Wetttrinken. Stand heute führe ich eine Beziehung auf Augenhöhe zu einem wunderbaren, inspirierenden Partner – genau so, wie ich sie mir immer ausgemalt habe. In dieser Beziehung durfte ich auch lernen: Die Sache mit der Liebe hat bisweilen weniger mit Gefühlen zu tun als mehr mit einer Serie von bewussten Entscheidungen für einen Menschen. Entscheidungen, die manchmal täglich getroffen werden – freiwillig, freudig, von ganzem Herzen zuversichtlich und manchmal aktiv bewusst. Bisweilen sind es Entscheidungen, die eine Wahl erfordern, sich bei seinem Partner oder seiner Partnerin mehr auf die positiven Seiten und Dinge zu konzentrieren, als auf diejenigen, die nicht so sind, wie man es eigentlich gerne hätte.

Hast du Lust, gemeinsam mit mir auf diese spannende Reise zur Liebe und vor allem zu dir selbst zu gehen? Wir werden uns anschauen, warum wir lieben, wie wir lieben, welche Faktoren unsere Erwartungen und Annahmen über Liebe und Beziehungen beeinflussen, und schließlich, wie wir in einer Beziehung heilen können. Wenn du genau wie ich ein Mensch bist, der eher verlustängstlich und eifersüchtig ist, dann untersuchen wir, weshalb du eventuell immer wieder an den gleichen (vermeidenden) Typ Mensch gerätst. Du erfährst außerdem, wie du für dich selbst, aber auch in Beziehungen mehr Sicherheit erlangst. Dieses Buch soll dir auf hoffentlich auch humorvolle Weise vermitteln, wie du deine wiederkehrenden Muster erkennen kannst, wie du sie veränderst und wie du sicherer wirst – ein Prozess, den ich auch selbst durchgemacht habe. Wir schauen uns an, was du aus den Schmerzen lernen kannst, die eine zerbrechende Beziehung oder Zurückweisung mit sich bringt, und wie du erfüllende Liebe findest – zu anderen und zu dir selbst.

DIE PLAYLIST ZUM BUCH

Ich möchte dich in diesem Buch auch in meine eigene Geschichte mitnehmen. Du lernst Menschen kennen, die meine Sicht auf die Liebe und die Art, wie ich heute liebe, geprägt haben. Das, was du in den Händen hältst, ist also auch ein sehr persönlicher Teil von mir.

Gespickt sind meine Geschichten mit Songs, die damals eine Rolle spielten oder die ich hörte, um mein eigenes Gefühl so richtig zu zelebrieren. Lieder, die einfach nur großartig sind, bei denen ich mich freue, dass sie mir vorgespielt wurden. Auch ein Vorteil, wenn man auf Männer steht, die irgendwas mit Musik am Hut haben.

Ich habe dir alle im Buch erwähnten Lieder auf > als »New love, same shit?!«-Playlist zusammengestellt, für den Fall, dass auch du dich von den Songs mitreißen lassen möchtest.

Herzlichst und in Liebe

Yvi, eine Paartherapeutin

MATTEO, MEINE ERSTE GROSSE LIEBE

Wir hören: Savage Garden Truly Madly Deeply

Es war der 27. Mai 1999 um 16:10 Uhr. Kein anderes Ereignis, weder meinen ersten Kuss noch mein Abitur geschweige denn mein erstes Mal habe ich noch so deutlich in Erinnerung wie den Moment, in dem ich mich zum ersten Mal und auf den ersten Blick verliebte. Gut, es gab da im Kindergarten diesen einen Jungen, den ich mit dreieinhalb Jahren das erste Mal an der Garderobe gesehen hatte. Steffen. Mit ihm hatte ich beim St.-Martinsumzug Händchen gehalten – ob er das ebenso wollte wie ich, kann ich heute gar nicht mehr sagen. Ich war damals bestimmend genug, dass er einfach nicht anders konnte, als sein Laternchen schwingend an meiner Seite zu gehen. Dafür hatte ich auch einen zu starken Griff. Ein bewundernswertes Selbstbewusstsein.

Doch diese Begegnung Jahre später als Jugendliche, die war anders. Sie war in ihrer Unschuld etwas ganz Besonderes, denn in mir wuchs ein rasanter Sturm heran, der gleichzeitig mit absoluter Ruhe und vollkommener Zufriedenheit einherging. Ich war 13 Jahre alt und hatte meine Katze zuvor recht abenteuerlich mit dem Fahrrad zu unserem Tierarzt transportiert. Während der Behandlung öffnete sich die Hintertür der Praxis und er betrat den Raum: Matteo, 14 Jahre alt, jobbte damals neben der Schule bei meinem Tierarzt. Meine Erinnerung ist bis heute ganz klar: Er trug eine beige Baggy Pants (es war Ende der 1990er-Jahre und deutscher Hip-Hop war einfach das Ding) und ein weißes T-Shirt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass in dem Moment, als Matteo den Raum betrat, auch ein paar Sonnenstrahlen mit hereinkamen und hinter dem Behandlungstisch ein Gospelchor auftauchte.

Wie versteinert stand ich anschließend vor dem Behandlungstisch und konnte gar nicht wegschauen, so schön fand ich diesen Menschen. Ich wusste nicht, wie und wann, mir war lediglich klar, dass ich ihn wiedersehen wollte. Es waren wie gesagt die späten 90er, ergo hatte ich kein Smartphone, und Social Media gab es auch nicht. (Kann sich das noch irgendjemand vorstellen?) Zumindest nicht wirklich. Klar, wir hatten damals noch das Telefonbuch, in dem man alle persönlichen Daten nachschlagen konnte. (Das wäre immerhin heute nicht mehr denkbar.) Doch einen Menschen erst mal online zu suchen, um sich vorab ein Bild zu machen – das war einfach nicht drin.

Deshalb musste meine investigative Recherche analog stattfinden. Echte Menschen fungierten dabei als Suchmaschine, face to face stellte ich meine Suchanfragen an jede Person aus unserem Dorf, redete mit Menschen, die ich eigentlich nicht kannte und mit denen ich bis dato maximal ein paar Sätze oder auch Blicke auf einem Dorffest ausgetauscht hatte. Es wundert mich heute nicht mehr, dass ich später als Journalistin beim Radio angefangen habe. Meine damalige Mission war jedenfalls klar und es blieb keine Zeit für Schüchternheit, Berührungsängste oder irgendeine Form von Scham. Während ich mich also so öffnete und ganz klar benannte, dass ich in einer im wahrsten Sinne des Wortes »Herzensangelegenheit« unterwegs war, um meinen Schwarm endlich wiederzufinden, durfte ich die Erfahrung machen, dass mir wirklich jeder ohne zu zögern helfen wollte. Und während der aufregenden Suche nach allen Informationen, die ich brauchte, um das Puzzle Matteo Stück für Stück zusammenzusetzen, schenkte mir eine seiner Klassenkameradinnen dann noch etwas ganz Besonderes: ein Foto, also so eines, das man in der Hand halten konnte. »Du«, hatte ich das Mädchen mit dem Zeigefinger auf sie zeigend auf dem Schulhof angesprochen, »ich bin total in Matteo verliebt und brauche Hilfe.«

Wenn ich heute daran zurückdenke, weiß ich wirklich nicht, wie ich darauf reagieren würde, spräche mich eine fremde Person einfach so an und würde mir ihr Herz vor die Füße werfen. Wenn ich heute allerdings mein Kind mit seinen drei Jahren beobachte, wie es frei, unvoreingenommen und darüber hinaus selbstbewusst auf andere Kinder zugeht und mit dem Herzen auf der Zunge fragt: »Willst du mein Freund sein?«, dann wirkt meine damalige Kontaktaufnahme vielleicht nicht mehr ganz so verrückt.

Ich glaube, meine Freundinnen und ich waren damals alle ähnlich unbedarft mit unseren 13, 14 Jahren, sodass dieses Mädchen wie selbstverständlich und ohne zu zögern mit »Ja, klar« antwortete. Sie nahm mich bei der Hand und zog mich quer über den Schulhof. Während ich hinter ihr her stolperte, kreuzte mein Blick plötzlich den von Matteo. Er lächelte, grüßte mich mit einem freundlichen »Hallo« und meine kleine Welt blieb kurz stehen. Mit großer Sicherheit setzte auch mein Herz für einige Takte aus. Mit dem Gefühl, alles erreicht zu haben, was ich jemals wollte – denn schließlich konnte sich Matteo noch an mich erinnern –, wurde ich von dem fremden Mädchen weiter in die Klassenräume geführt.

Als ich den Raum betrat, war ich total beseelt, weil ich auf demselben Boden laufen durfte und womöglich auch noch dieselbe Luft einatmete wie mein damaliger Schwarm. Überall in diesem Klassenzimmer gab es Tische, Stühle und Kreidestücke, die er auch schon mal berührt hatte … Ich weiß, »crazy in love« bekommt bei diesen Schilderungen noch mal eine völlig neue Dimension. Doch genau dieses Aufgehen in und Erfülltsein von einem riesigen, unerklärlichen Gefühl für einen anderen Menschen war ein Teil ebenjener Magie, die die ansonsten recht seltsame Pubertät voller Unsicherheiten und der Suche nach Zugehörigkeit und vor allem sich selbst so ausmacht.

Matteos Klassenkameradin zeigte mir eine Foto-Pinnwand, versehen mit Steckbriefen aller Schülerinnen und Schüler der Klasse. Kurzerhand machte sie Matteos Bild los und drückte es mir in die Hand. Später klebte ich dieses Bild in mein Tagebuch und hütete es wie einen ganz besonderen Schatz. Dieses Lächeln auf dem Bild war für mich die Bravo-Starschnitt-Version eines echten Menschen. Das Foto habe ich heute noch. Damals wurde ich mehrfach gefragt, ob ich die diebische Elster gewesen sei. Heute schäme ich mich nicht mehr, mein Verbrechen zuzugeben.

Durch den Mut, mich mit fremden Menschen auseinanderzusetzen und sie um Hilfe zu bitten, weil ich Matteo so gerne kennenlernen wollte, war ich einerseits wirklich ganz fürchterlich und extrem creepy, andererseits bin ich so auch in meinen ersten richtigen Freundeskreis gerutscht: die Art von Clique, die sich jeden Tag am See trifft, Lagerfeuer macht und auf Traktortreffen geht. Es war eine wunderbare Zeit. Eine Zeit, in der ich lernte, dass es Menschen gibt, die ein Glas Sonnenblumenöl vor Festen trinken, um mehr Alkohol zu vertragen, eine Zeit, in der ich voller Hoffnung war, aber auch meinen ersten richtigen Liebeskummer hatte. Nach mehreren Monaten Freundschaft und gemeinsamen Unternehmungen gestand ich Matteo irgendwann meine Liebe. Alle wussten um meine Gefühle, er selbst wusste auch schon lange, dass ich verliebt in ihn war. Der Tag und der Moment, den ich in Gedanken schon so häufig durchgespielt hatte, gestaltete sich dann ohne Schnörkel ganz beiläufig, während wir unsere Räder fit machten für eine Fahrradtour. Ich wusste einfach, dass ich mich heute mitteilen wollte. Mit einem Herzen, das mir in den Bauchraum zu rutschen schien, gestand ich also. Matteo sah mich freundlich an und sagte: »Ich weiß das schon.« Doch er erwiderte meine Gefühle nicht. Statt diesen Korb als solchen zu akzeptieren und nicht persönlich zu nehmen, war für mich klar, dass ich mich vielleicht einfach nur verändern müsse, um doch noch Matteos Liebe zu gewinnen. In den folgenden Monaten unserer Teeniefreundschaft gab ich mir die größte Mühe, anders zu sein – innerlich wie äußerlich, inklusive blondierter Haare und fraglicher Crash-Diäten. Ich war wie in Truly Madly Deeply, diesem Song von Savage Garden, immer bemüht, eben das zu sein, von dem ich dachte, dass Matteo es wollte oder bräuchte. Kleine Zuwendungen seinerseits hielten mich zusätzlich bei der Stange. Wir haben uns nie geküsst. Es gab nur Momente wie die eine Nacht am Baggersee, in der wir zu viert auf einer Decke lagen, mein Kopf dabei auf seiner Brust ruhte und wir Hand in Hand die Sterne beobachteten, während ich seinem Herzschlag lauschte. In dieser Nacht hätte ich für immer so liegen bleiben wollen, »truly, madly, deeply«. Es hätte wirklich nicht kitschiger, romantischer, aber auch schöner sein können.

Doch Matteo hatte selbst auch einen Matteo. Sie hieß Tatjana, hatte blaue Augen und blonde Haare. Ich kann mich gut daran erinnern, wie ich mit Matteo auf der Heimfahrt von irgendeinem Fest auf der Rückbank saß. Vor uns auf dem Beifahrersitz saß Tatjana. Matteo hielt ihren Haustürschlüssel und betrachtete ihn mehrfach hin und herschwenkend in seiner Hand, als überlege er genau, wie er sie ansprechen sollte. Ich beobachtete, wie er den Schlüssel in seiner Hand musterte und sich immer wieder mit seinem Blick in ihren Nackenhaaren verfing. Ich erinnere mich noch, wie sehr ich mir wünschte, dass er so sehnsüchtig und liebevoll nach links, zu mir, schauen würde.

Ich war dieser unerwiderten Liebe wahnsinnig treu. Auch wenn Matteo immer mal wieder eine Freundin hatte, konnte ich es nicht mit meinen Gefühlen vereinbaren, irgendetwas mit jemand anderem anzufangen. Und das ist der eigentliche Knackpunkt, den ich heute rückblickend mit all dem psychologischen Wissen, das ich nun in mir trage, besonders spannend finde. Wer sich auf niemanden einlässt und nur einer Fantasie nachhängt, kann auch nicht richtig verletzt werden, weil er sich niemals wirklich zeigen muss. Ich habe meine eigenen Gefühle groß gemacht, so groß, dass es mir unmöglich erschien, solche unfassbar intensiven Emotionen erneut für jemand anderen aufzubauen. Dann könnte ich mich und meine Gefühle ja selber kaum mehr ernst nehmen, wenn ich die einfach so auch für jemand anderen entwickeln würde. Dann wäre diese Liebesgeschichte, die ich so gigantisch im Stil aller romantischen Komödien mit Sarah Michelle Gellar gezeichnet hatte, am Ende nur eine Karikatur der Realität gewesen. Was dem Außenseiter oder der Außenseiterin mit den unerwiderten Gefühlen am Ende eines Films nämlich immer passiert: das Happy End. Daran hielt ich mich mit meiner Hoffnung genauso erbittert fest wie an unzähligen externen Faktoren, die ich vorschieben konnte: ein paar Kilo abnehmen, die Haare verändern, ein tolles Hobby haben. Ich wollte ein Jemand werden, denn ich dachte leider, ich sei ein Niemand.

Deswegen idealisierte ich es, dieses »Nicht-gewählt-Werden«. Das sollte mich noch eine Weile auf meinem Weg begleiten. Erst spät lernte ich, Menschen nicht mehr auf ein Podest zu stellen und den Glauben loszulassen, dass ich nur genug tun, mich beweisen, auf eine bestimmte Art aussehen oder Dinge erreicht haben müsse, um geliebt zu werden. Das war für mich ein sehr langer Prozess. Und ich weiß: Ich bin damit nicht allein – und du bist es, falls du das kennen solltest, genauso wenig.

DAS MÄRCHEN DER MÄRCHENHAFTEN LIEBE

Wir hören: The Carpenters Top Of The World

Wenn wir ergründen möchten, welche Faktoren dazu beitragen, wie wir auf die Liebe losgehen, dann kommen wir nicht darum herum, in unserer Vergangenheit zu forschen. Und während wir unser Rüstzeug für alles Zwischenmenschliche so betrachten und die eventuellen Mängel, Macken oder absolut unverständlichen Funktionen dieser Werkzeuge beim Händler reklamieren möchten, landen wir ziemlich schnell in unserer Kindheit, bei den ersten Bezugspersonen.

Jeder Mensch, der schon mal therapeutische Hilfe oder Beratungen in Anspruch genommen hat, wird sich irgendwann mit Fragen nach der Kindheit konfrontiert sehen. »Wie war das früher?«, »Woran erinnert Sie das?«, »Haben Sie so etwas schon einmal erlebt?« Manchmal haben wir zwar den Eindruck, dass beispielsweise ein problematisches Verhältnis zur Mutter oder ein abwesender Vater alleinige Ursache für spätere Beziehungsprobleme sind. Nun, ganz werden wir unsere ersten Beziehungserfahrungen nicht ausklammern können. Die Verbindung, die zu uns als Mensch durch unsere Eltern hergestellt wird, und auch die erste Liebesbeziehung, die wir erleben, hat einen prägenden Einfluss darauf, wie wir später die Liebe sehen und wie wir uns in romantischen Beziehungen verhalten. Alles auf die Eltern zu schieben, wäre allerdings etwas kurz gedacht. Deshalb möchte ich gerne mit dir zusammen verschiedene weitere Einflussfaktoren beleuchten, die bestimmen, wie und mit welchen Farben wir ein Bild von Liebe malen.

WAS KONSUMIEREN WIR DA EIGENTLICH IN FILMEN UND SONGS?

Beginnen wir mit der Popkultur: Serien, Filme, Lieder. Hierzu erreichte mich vor einiger Zeit eine spannende Frage auf meinem Instagram-Account @lebenliebeschnaps: »Sag mal, Yvi, meine Freundinnen und ich diskutierten gestern Abend darüber, welche positiven Vorbilder wir eigentlich in der Popkultur in Sachen Beziehungen haben. Kannst du dazu was sagen, vielleicht fällt dir etwas ein?« Ich halte es da mit den Worten von Meredith Grey: »I have no story. I’m just a girl in a bar.«1 Nein. Mir fiel nichts ein. Zumindest nicht auf Anhieb. Viel schneller bin ich dabei, alle meine geliebten Serien, Filme und Songs auf einer Herzschmerz-Skala von eins bis toxisch zu bewerten. Die Popkultur und die Liebe, respektive die Popkultur und die Vorstellung, die wir von Beziehungen und Verliebtheit durch Songs und Filme annehmen, inklusive der Erwartungen, die infolgedessen in uns wachsen, sind alles andere als gesund. Wir sehen und hören eine Idealisierung der romantischen Beziehung und Verliebtheit. In der Popkultur wird gerne suggeriert, dass Liebe, wenn sie denn dann gefunden wird, weitestgehend aalglatt und ohne Probleme verläuft. Doch nicht nur Beziehungen werden idealisiert. Der ganze Dating-Prozess verläuft wie im Märchen. Wir reden von Liebesbriefen, Blumensträußen und Menschen, die sich unglaublich ins Zeug legen, wenn es um die Planung von Verabredungen geht. Im echten Leben, wenn wir jetzt mal ganz ehrlich sind, da haben wir bisweilen mehr als nur eine frustrierende Komponente im Dating-Prozess. Das Gefühl beispielsweise, die eigene Zeit zu verschwenden, oder Gespräche, die in unangenehmes Stocken geraten. Manchmal kommen schwer zu unterdrückende Gedanken von »In welcher Freakshow bin ich denn jetzt gelandet?« über »Das hat er oder sie jetzt nicht wirklich getan?!« bis hin zu »Gibt es denn gar keine normalen Typen mehr?«. Immer wieder gibt es Menschen, die uns gegenübersitzen und anscheinend gar nicht merken, dass sie nur von sich reden. Es gibt Peinlichkeiten, Unsicherheiten oder Griffe so tief ins Klo, dass man wirklich jedem Installateur für Gas, Wasser und Heizung den Job streitig machen könnte.

Auch der erste Kuss wird in der Popkultur bisweilen eher realitätsfremd dargestellt. Mein erster Kuss war mit 14 Jahren beim Flaschendrehen in Italien, zum Glück mit Sascha, den ich sehr niedlich fand. Nur haarscharf schlitterte ich damals an Tobi vorbei, den ich ein paar Runden zuvor mehrfach dabei beobachtet hatte, wie er Küssen so wirken ließ, als beiße er in einen Burger. Also, nix gegen Tobi, doch in mir war einerseits Angst davor gewachsen, die Nächste zu sein, und andererseits hatte ich eine gewisse Form der Neugierde empfunden, ob das, was er da schmatzend tat, eigentlich wehtat. Es hatte zumindest stark danach ausgesehen. Doch der Gott des Flaschendrehens war mir an diesem Abend wohlgesonnen und zeigte mit seinem Flaschenhals auf den Hottie der Runde. Ich erinnere mich heute mehr an den Moment vor meinem ersten Kuss als an den Kuss selbst, und ich glaube, dass auch genau in diesen wenigen Sekunden die Magie liegt, wenn man denn an eine solche glauben möchte. Diese wenigen Millisekunden, prall gefüllt mit Fragen, wie es wohl sein würde, wie sich die Lippen, die Zunge anfühlen und was man riechen und schmecken würde. Später gab es noch viele andere erste Küsse im leichten bis mittelschweren Tequila-Nebel auf Steintreppen, auf Parkbänken, im Taxi oder auf meiner Couch. Viele davon waren wenig romantisch, eher unsicher, fordernd oder überraschend überrumpelnd – überraschumpelnd quasi. Einfach so gar nicht wie im Fernsehen. Hier gibt es nämlich märchenhafte Liebes- oder Dating-Rituale, und die erzeugen meiner Meinung nach viel psychischen Druck, weil man scheinbar eine ganze Menge leisten muss. Beim vierten Date haben die Hüllen zu fallen, vorher dagegen auf gar keinen Fall – das kann bestenfalls irritieren, wenn diese ungeschriebene Regel nicht eingehalten wird, und schlimmstenfalls nötigen, das jetzt tun zu müssen.

Was uns die Popkultur außerdem vermittelt und uns alle vermutlich so sehr überrascht wie das jährliche Weihnachtsfest, sind stereotype Geschlechterrollen in Form von starken, dominanten Männern, die die passiven, oft objektifizierten Frauen beschützen müssen. Die Romcom Eine wie keine vermittelte in den 1990er-Jahren, dass die talentierte Künstlerin schlicht ihre hässliche Brille gegen ein eng anliegendes Kleid und hohe Schuhe tauschen musste, damit Highschool-Schönling Freddie Prinze junior sich endlich in die Frau verliebte. Überhaupt kamen sich die beiden nur deshalb näher, weil er eine Wette darüber abgeschlossen hatte, dass er jedes noch so hässliche Entlein in eine Abschlussballkönigin verwandeln könnte. Aussehen ist eben alles, nicht wahr?

Schließlich verherrlicht die Popkultur sogar ungesunde (die Allgemeinheit würde sagen: toxische) Beziehungsmuster, in denen starke Eifersucht, besitzergreifendes oder gar gewalttätiges Verhalten als normal oder romantisch angesehen werden. Ein Nein akzeptieren – ha! Da haben wir die Rechnung ohne Ghettoblaster oder auf Karton geschriebene Liebesbotschaften wie in dem Film Tatsächlich…Liebe gemacht. Meine persönliche Historie betrachtend gab es mindestens einen Mann, der meine Zurückweisung nicht akzeptierte und gerade dadurch erst recht nicht lockerließ. Auf den Strauß heliumgefüllter Luftballons in lustiger Tierform wartete ich jedoch vergebens. Da hatte mir Hollywood echt was vorgemacht, denn der einzige Verehrer, der einst unangekündigt vor meiner Haustüre wartete, wollte mir lediglich eine Gurke in die Hand drücken, if you know what I mean.

Gerade zu diesem Punkt der Toxizität könnte ich eine unendlich lange Liste an Beispielen schreiben. Nehmen wir zum Beispiel Songs wie Love The Way You Lie von Eminem und Rihanna, der eine sowohl körperlich als auch emotional gewalttätige Beziehung beschreibt. Oder Robin Thickes Blurred Lines, ein Song, der Frauen nicht nur objektifiziert, sondern unangemessenes, gar übergriffiges Verhalten von Männern gegenüber Frauen auch noch normalisiert. Immerhin hat Pharrell Williams später in Interviews gesagt, der Songtext sei ihm heute peinlich.

Doch dann gibt es immer noch all die Paare, deren Beziehungen in Serien oder Filmen verherrlicht wird, obwohl deren Dynamiken mehr als nur fragwürdig sind. Bei Edward und Bella in Twilight schmachteten die Menschen in Kinosälen, während sie beobachteten, wie der Vampirjunge seine Klassenkameradin stalkt, beispielsweise nachts in ihr Zimmer einsteigt, um sie beim Schlafen zu beobachten. Am Ende entscheidet sie sich, ihr ganzes Leben für ihn aufzugeben. Chuck und Blair in Gossip Girl befinden sich in einer ständigen On-off-Beziehung, in der sie entweder fast schon krankhaft süchtig nacheinander sind und sich gegenseitig vergöttern oder sich zum Ziel setzen, das jeweilige Gegenüber bis teilweise zur totalen Vernichtung fertigzumachen. Auch Grease handelt weniger von einer zauberhaften Liebe zwischen Danny (John Travolta) und Sandy (Olivia Newton-John) als mehr davon, dass Danny seinen geplanten Sommerflirt sexuell bedrängt. Er versichert, dass niemand die beiden sehen könne, bevor Sandy aus seinem Auto aussteigt. Am Ende verändern sich beide, um den jeweils anderen zurückzuerobern. Danny wechselt das Outfit und Sandy ihr ganzes Wesen. Vom braven Schulmädchen hin zu einer rauchenden, schwarzes Leder tragenden verruchten Lady. Als großer Fan der ersten Staffeln von Grey’s Anatomy möchte ich noch Meredith Grey und Derek McDreamy nennen, die beide insbesondere in ihrer Anfangsphase massive Bindungsprobleme hatten. So hielt Derek Dinge geheim – vor allem dann, wenn es für ihn gut passte –, war eifersüchtig und verbal ausfällig, wenn Meredith andere Menschen datete, obwohl sie nicht mehr zusammen waren. Derek war schließlich verheiratet und wollte es noch mal mit seiner Frau probieren wollte, von der er – haha, du ahnst es – Meredith zuvor nichts gesagt hatte. An dieser Stelle dürfte klar werden: Wir könnten ewig so weitermachen und noch viele Beispiele aufspüren.

Natürlich können Filme und Serien auch dazu inspirieren, nach Liebe zu suchen, an Liebe und Beziehungen zu glauben, die Vorstellung, den eigenen Alltag und die Persönlichkeit mit jemandem zu teilen, schön zu finden und generell Lust zu entwickeln, andere Menschen kennenzulernen. Vorwiegend verkaufen uns Filme, Serien, Songs und Bücher allerdings Drama, extreme Höhen und Tiefen und viel Herzschmerz als Liebe. Wir sehen glattgebügelte Beziehungen, in denen die gegenseitige Anziehung nie zu schwinden scheint und in denen Leidenschaft, große Gesten und ständige Liebesbekundungen vorherrschend sind. Eine kurze Klarstellung: Diese Songs und Filme zu konsumieren, von ihnen auch emotional berührt zu werden, bedeutet nicht, dass man destruktive Verhaltensmuster unterstützt oder, wie sie mittlerweile oft genannt wird, Toxizität in Beziehungen befürwortet. Es ist lediglich wichtig, zu verstehen, dass das, was wir uns zuführen, und das, womit wir aufwachsen, natürlich auch einen Einfluss auf unsere Wahrnehmung haben kann. Und diese Wahrnehmung dürfen wir eben hin und wieder dann auch kritisch hinterfragen.

Um die Frage, die mich auf Instagram erreichte, doch noch zu beantworten: Ein positives Beispiel für Beziehungen aus der fiktionalen Welt sind Lilly und Marshall aus How I met Your Mother